Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 30. Mai 2018 - L 6 U 4/16

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2018:0530.L6U4.16.00
bei uns veröffentlicht am30.05.2018

Tenor

Die Übernahme der Kosten des auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz eingeholten Gutachtens von Prof. Dr. med. T. W. auf die Staatskasse wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für die Erstellung des Gutachtens durch Prof. Dr. W. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Staatskasse.

2

In der Sache stritten die Beteiligten, ob bei der Klägerin eine Berufskrankheit nach der Nummer 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 5101) festzustellen war.

3

Die Klägerin ist 1960 geboren und war in dem Universitätsklinikum L. als Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin (MTLA) beschäftigt. Nach dem Bericht der Hautärztin Dr. H. vom 15. Februar 2009 hatte sie dabei Umgang mit Fotochemikalien, Entwickler, Fixierer und Lösungsmitteln. Dabei seien teilweise Handschuhe getragen worden. Bei einer Testung am 2. Februar 2009 habe die Klägerin auf Diazolidinylharnstoff reagiert. Es beständen Rötungen an den Fingern, Oberarmen und Bauch. Nach den Angaben der Klägerin trete dies arbeitsabhängig auf und bessere sich an den Wochenenden. Als Diagnose stellte die Ärztin ein irritativ-toxisches Handekzem bei Sensibilisierung gegenüber Diazolidinylharnstoff und atopischer Disposition. Eine Sensibilisierung gegenüber Formaldehyd sei bekannt; diese Testung sei daher nicht wiederholt worden.

4

Das Dr. N. Hautschutzzentrum berichtete im Weiteren, dass die Klägerin seit Winter 2005 an einer Hauterkrankung leide. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin seit 16 Jahren als MTLA und vor allem im Forschungsbereich Molekularbiologie tätig gewesen. Bei Ekzembeginn habe ein beruflicher und privater Stress bestanden. 2009 sei sie innerbetrieblich in die Analytik (Forschung) umgesetzt worden. Hierbei habe sie unter anderem Proteine auf Röntgenfilme aufbringen müssen und sei kurzzeitig Entwickler- und Fixierlösungen ausgesetzt gewesen. Ein direkter Hautkontakt habe nicht bestanden. Nach intensiver Exposition zu Entwicklerchemikaliendämpfen beim Zerlegen einer Maschine habe die Klägerin ein Wiederauftreten der Erkrankung festgestellt. Auch habe sie Umgang mit chemischen Dämpfen ohne direkten Hautkontakt. Im Allergiepass von 2007 seien diverse Substanzen eingetragen. Relevant sei nach Angaben der Klägerin nur Formaldehyd. Es liege ein atopisches Ekzem vor, das durch unspezifische Reize und die bei der Arbeit benutzten Stoffe getriggert worden sei. Die Sensibilisierung gegenüber Formaldehyd sei wahrscheinlich berufsbedingt. Die psychische Beteiligung spiele eine große Rolle.

5

Bei einer Arbeitsplatzbegehung im Juli 2009 konnte festgestellt werden, dass alle Laborräume eine funktionsfähige Raumlüftung sowie spezielle Abzüge und Sicherheitswerkbänke aufwiesen. Auch die Lagerräume und Schränke wurden abgesaugt. Im Fotolabor sei ein Entwicklerautomat vorhanden gewesen, der mit einer Raumabsaugung ausgestattet gewesen sei, die nach den Herstellerangaben die doppelte Leistungsfähigkeit wie vorgeschrieben habe. Insgesamt würden alle Hautschutzvorsorgemaßnahmen eingehalten. Es bestehe generell kein direkter Hautkontakt, sondern allenfalls eine inhalative Aufnahme von Spuren der verwendeten Entwickler- und Fixierlösungen (geringste Konzentrationen), die über die Raumlüftung und Abzüge nicht unmittelbar und vollständig abgeführt würden. Als Ursache für Hauterscheinungen komme Formaldehyd kaum in Frage. In der Analytik seien keine Desinfektionsmittel erforderlich.

6

Unter dem 29. April 2009 stufte das Dr. N. Hautschutzzentrum die Erkrankung der Klägerin als Verschlimmerung eines atopischen Ekzems mit Sensibilisierung gegenüber Formaldehyd ein. Es handele sich zwar um eine beruflich verschlimmerte Hautkrankheit, diese sei aber nicht schwer oder wiederholt rückfällig.

7

Die Beklagte holte das Gutachten des Facharztes für Dermatologie und Venerologie Prof. Dr. J. vom 14. März 2011 ein. Bei seinen Testungen waren die bisherigen multiplen Hautreaktionen nicht reproduzierbar. Der Gutachter betonte hierzu, das bei der Klägerin ehemals positiv getestete Formaldehyd weise nach gängigen Studien die geringste Reproduzierbarkeit innerhalb der Standard-Allergene aus. Allerdings zeige die Untersuchung auch eine deutliche Minderung der Barrierefunktion der Haut, die hinweisgebend auf eine atopische Disposition sei. Dementsprechend lautete die Diagnose von Prof. Dr. J. auf einen Zustand nach atopischem Handekzem bei generalisierter atopischer Dermatitis.

8

Mit Bescheid vom 27. April 2011 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Erkrankung der Haut als BK 5101 ab und stützte sich zur Begründung vor allem auf das Gutachten von Prof. Dr. J ... Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und verwies auf die Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte. Seit der Arbeitsplatzkarenz sei eine deutliche Besserung eingetreten. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und wiederholte und vertiefte ihre bisherigen Ausführungen.

9

Hiergegen hat die Klägerin am 26. September 2011 Klage am Sozialgericht Magdeburg erhoben und betont, sie sei vor den ersten Hauterscheinungen im Jahre 2005 erscheinungsfrei gewesen. Mit Urteil vom 15. Dezember 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Dr. J. gestützt.

10

Gegen die ihr am 21. Dezember 2015 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 14. Januar 2016 Berufung eingelegt und ausgeführt, Prof. Dr. J. betone selbst, dass insbesondere bei Formaldehyd eine geringe Reproduzierbarkeit der allergischen Reaktionen bekannt sei. Es stehe aufgrund der Testungen der sie behandelnden Ärzte fest, dass sie gegenüber Formaldehyd allergisch reagiere. Dies hätten Untersuchungen durch Dr. A. und Privatdozent Dr. S. bestätigt.

11

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß § 109 SGG durch Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. W ... Dieser hat unter dem 31. März 2017 ausgeführt, die Klägerin habe bei seiner Untersuchung allergisch auf Formaldehyd sowie einige weitere Stoffe reagiert. Allerdings hat der Sachverständige ebenfalls Hinweise auf eine gestörte Hautbarriere gefunden. Zusammenfassend hat er ausgeführt, dass leider der kausale Zusammenhang der Sensibilisierung gegen Formaldehyd und der Triggerung von Ekzemen durch die Arbeit nicht eindeutig sei. Die Klägerin beschreibe verschiedene Arbeitsabläufe, bei denen ein Kontakt zu Formaldehyd oder Formaldehydfreisetzern zumindest nicht auszuschließen sei. Daher werde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer Sensibilisierung im beruflichen Kontext ausgegangen. Damit liege eine beruflich bedingte und auch wiederholt rückfällige Hauterkrankung vor.

12

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Sachverständige selbst betont habe, dass im Nachhinein keine Feststellung möglich sei, ob die gestörte Hautbarriere oder Kontakte zu Berufsstoffen die wesentliche Ursache sei. Es sei auch nicht nachgewiesen, in welcher Höhe die Klägerin überhaupt bei ihrer beruflichen Tätigkeit Formaldehyd ausgesetzt gewesen sei.

13

Mit Urteil vom 19. April 2018 hat der Senat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt:

14

"Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK 5101.

15

Berufskrankheiten sind Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats bezeichnet hat und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 36 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Die Feststellung einer Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII setzt voraus (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rn. 3; Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII, Rn. 14), dass in der Person des Versicherten zunächst die arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, das heißt, dass er in seinen versicherten Tätigkeiten schädigenden Einwirkungen der streitigen Berufskrankheit ausgesetzt gewesen ist, die geeignet gewesen sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes im Sinne des sogenannten "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, bewiesen sein (BSG, 27.6.2006, B 2 U 5/05 R; BSG, 2.4.2009, B 2 U 9/08 R; LSG Nordrhein-Westfalen, 9.11.2016, L 17 U 620/15, Rn. 40, alle zit. nach juris).

16

Dies ist hier nicht der Fall, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Diesem Beweismaßstab des "Vollbeweises" genügt es nicht, wenn Dr. Prof. W. von einer beruflich bedingten Hauterkrankung ausgeht, weil "aufgrund der Beschreibungen der Klägerin" ein Kontakt zu Formaldehyd oder Formaldehydfreisetzern "zumindest nicht auszuschließen" sei. Das Dr. N. Hautschutzzentrum hat unwidersprochen ausgeführt, dass ein direkter Hautkontakt nicht bestanden hat. Dies haben die Ermittlungen der Beklagten objektiviert. Insbesondere bei der Arbeitsplatzbegehung im Jahre 2009 konnte ein Hautkontakt von Berufsstoffen generell ausgeschlossen werden; auch im Übrigen wurden alle Hautschutzvorsorgemaßnahmen eingehalten. Es ist lediglich zur inhalativen Aufnahme von Spuren von Entwickler- und Fixierlösungen in geringen Konzentrationen gekommen, die trotz Raumlüftung und Abzügen nicht unmittelbar und vollständig abgeführt wurden. Insbesondere Formaldehyd wurde nicht verwandt.

17

Es ist auch insbesondere im vorliegenden Fall nicht möglich, aus der Art der Erkrankung zwingend auf eine entsprechende Exposition zu schließen. Selbst wenn man eine Exposition mit Schadstoffen zu Gunsten der Klägerin unterstellen würde, läge keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine berufliche Verursachung der Hauterkrankung vor. Dies ist nur der Fall, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht (vgl. BSG, 12.4.2005, B 2 U 27/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil des Senats vom 12.6.2014, L 6 U 60/12, juris Rn. 41).

18

Allein ein zeitliches Zusammentreffen der Verschlimmerung einer schon bestehenden Hauterkrankung mit der Berufsausübung kann den Nachweis einer relevanten Einwirkung nicht ersetzen. Ein solcher ist aber nicht erkennbar. Zudem war die Klägerin zum Zeitpunkt der ersten Hauterscheinungen im Jahre 2005 bereits seit 16 Jahren als MTLA tätig; eine zeitliche Korrelation mit dem Beginn der Arbeitstätigkeit und der Exposition ist damit nicht erkennbar. Aber auch das Ende der beruflichen Tätigkeit im Labor führte nicht zu einer Besserung. Die Klägerin hat gegenüber Prof. Dr. J. berichtet, nach der Umsetzung in die Poststelle und damit Vermeidung von jeglichen Laborchemikalien seien die Hauterscheinungen durchgehend weiter vorhanden gewesen.

19

Dagegen besserten sich nach den Angaben der Klägerin im Dr. N. Hautschutzzentrum ihre Hauterscheinungen im Jahre 2007 nach "Ausmisten" im häuslichen Bereich. Dies lässt auch andere Ursachen als naheliegend erscheinen.

20

Hinzu kommt, dass sowohl Prof. Dr. J. als auch Dr. Prof. W. eine deutliche Minderung der Barrierefunktion der Haut festgestellt haben. Auch Dr. H. hat unter anderem eine atopische Disposition diagnostiziert, also eine genetisch determinierte Bereitschaft zu einer allergischen Reaktion. Ausschließlich eine solche Erkrankung konnte Prof. Dr. J. feststellen."

21

Mit Schreiben vom 7. Mai 2018 hat die Klägerin beantragt,

22

die Kosten für die Erstellung des Gutachtens durch Prof. Dr. W. der Staatskasse aufzuerlegen.

23

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

II.

24

Die Kosten des von Prof. Dr. W. gemäß § 109 SGG erstatteten Gutachtens sind nicht auf die Landeskasse zu übernehmen.

25

A. Über diese Frage hatte der Senat durch alle nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Berufsrichter zu entscheiden. Gemäß § 155 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 SGG entscheidet zwar der Vorsitzende bzw. gemäß § 155 Abs. 4 SGG der Berichterstatter über Kosten, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht. Da der Rechtsstreit hier ohne mündliche Verhandlung erledigt wurde, kann sich aber kein vorbereitendes Verfahren mehr anschließen (anders LSG Saarland, 29.6.2011, L 2 U 99/05, Rn. 11, juris; ähnlich LSG Berlin-Brandenburg, 5.3.2008, L 14 B 133/08 AS ER; a.A. Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 12. Aufl. 2017, § 155 Rn. 8 m.w.N.). Soweit teilweise argumentiert wird, mit dieser Formulierung würden auch die Fälle erfasst, in denen nach einer die Hauptsache beendenden Entscheidung noch über Kosten (wie hier etwa nach § 109 SGG) zu entscheiden ist, so vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.

26

In systematischer Auslegung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass in § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 SGG ausdrücklich bestimmte Fälle der Erledigung der Hauptsache gesondert genannt sind. Sofern ein Verfahren aber nach der Erledigung bezüglich der Nebenentscheidungen automatisch in ein vorbereitendes Verfahren zurückfällt, hätte der Gesetzgeber hier in dem gleichen Satz einen Sachverhalt doppelt geregelt. Dies liegt nicht nahe. Umgekehrt ist im Falle einer abschließenden Entscheidung für eine Aussetzung oder Ruhen des Verfahrens kein Raum mehr.

27

Zudem lässt sich die Gegenansicht mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht in Übereinstimmung bringen. Wenn der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, nach Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache den Senat nicht mehr mit noch zu treffenden Neben-entscheidungen zu befassen, hätte er eine andere Formulierung als den Hinweis auf ein vorbereitendes Verfahren gewählt. Nach den Gesetzesmaterialien handelt sich hierbei um Entscheidungen, die im Zusammenhang mit einer vom Senat erlassenen Sachentscheidung ergehen (Bundestagsdrucksache 12/1217, Seite 53, Begründung zu § 155; so auch Wagner in Hennig. SGG, § 155 Rn. 33).

28

Es wäre schließlich mit dem Grundsatz des gesetzlichen Richters nicht zu vereinbaren, wenn z.B. die Festsetzung des Streitwertes im verfahrensbeendenden Urteil/Beschluss durch den Senat und im Falle der im Ermessen des Senates stehenden späteren Beschlussfassung dann lediglich durch den Berichterstatter erfolgen würde. Auch in dem vorliegenden Verfahren wäre es dem Senat grundsätzlich bei der Entscheidungsfindung in der Hauptsache auch möglich gewesen, ohne Antrag über die Kosten des Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG zu entscheiden. Die Besetzung der Richterbank kann schlechthin nicht im freien Belieben des Senats liegen. Aus diesem Zweck des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) folgt, dass im Einzelnen bestimmt werden muss, wer im Sinne dieser Vorschrift "gesetzlicher" Richter ist. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG enthält also nicht nur das Verbot, von Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, abzuweichen. Die Forderung nach dem "gesetzlichen" Richter setzt vielmehr einen Bestand von Rechtssätzen voraus, die für jeden Streitfall den Richter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet demnach auch dazu, Regelungen zu treffen, aus denen sich der gesetzliche Richter ergibt (BVerfG, 8.4.1997, 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322-335, Rn. 26).

29

B. Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem Versicherten beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts selbst trägt. Bei der Entscheidung des Gerichts, ob der Antragsteller die Kosten des Gutachtens (endgültig) zu tragen hat oder diese der Landeskasse aufzuerlegen sind, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (siehe Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 109 Rn. 16). Wesentliches Kriterium ist insoweit die Frage, welche Bedeutung das Gutachten für das Gerichtsverfahren gewonnen hat. Maßgeblich abzustellen ist hierbei darauf, ob durch das Aufzeigen neuer, bisher noch nicht berücksichtigter Gesichtspunkte die Aufklärung des Sachverhalts objektiv gefördert worden ist. Berücksichtigungsfähig ist weiterhin, ob das Gutachten zur Erledigung des Rechtsstreits beigetragen hat oder nach dem Gutachten eine weitere von Amts wegen durchzuführende Beweisaufnahme erforderlich geworden ist. Dies bedeutet auch, dass eine Kostenübernahme dann ausscheidet, wenn das Gutachten für das anhängige Verfahren nichts Neues gebracht hat (Keller, a.a.O., Rn. 16a, m.w.N.).

30

Unter Berücksichtigung dessen sind die Kosten des Gutachtens nicht der Landeskasse aufzuerlegen. Maßgeblich hierfür ist, dass sich der Senat in seinem Urteil wie oben dargestellt entscheidend auf den Umstand gestützt hat, dass am Arbeitsplatz der Klägerin nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine einschlägige Exposition feststellbar war. Hierfür konnte das eingeholte medizinische Gutachten keine weiteren Erkenntnisse erbringen.

31

Keine Bedeutung hat es, dass auch dieser medizinische Sachverständige nach der Befragung der Klägerin sich zu dieser Problematik auf der Basis von deren Angaben geäußert hat. Für die tatsächlichen Expositionsbedingungen der Klägerin ist er als Mediziner nicht sachverständig. Auch die ausschließliche Anknüpfung an die Angaben der Klägerin genügt den Anforderungen nicht. Medizinische Schlüsse auf eine nach dem Berufskrankheitenrecht feststellbare hinreichende Exposition hat er nicht überzeugend ziehen können.

32

Unerheblich ist, dass der Sachverständige im Ergebnis für die Anerkennung der hier streitigen Berufskrankheit plädiert hat. Entscheidend ist allein, ob der Sachverständige insoweit für das Urteil des Senates neue Erkenntnisse aufgezeigt hat. Dies ist nicht der Fall.

33

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 30. Mai 2018 - L 6 U 4/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 30. Mai 2018 - L 6 U 4/16

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 30. Mai 2018 - L 6 U 4/16 zitiert 10 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 109


(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 9 Berufskrankheit


(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 155


(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen. (2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhe

Referenzen

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.