Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 17. Dez. 2015 - L 6 KR 31/13

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2015:1217.L6KR31.13.0A
bei uns veröffentlicht am17.12.2015

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. März 2013 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Übernahme bzw. Erstattung von Fahrtkosten für die Fahrt zu ambulanten Behandlungen, insbesondere Kontrolluntersuchungen wegen der Folgen einer Nierentransplantation, hat.

2

Der 1945 geborene Kläger wurde 1999 mit einer Nierentransplantation versorgt. Er war Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit der Bescheinigung eines Grades der Behinderung von 100 und dem Merkzeichen RF. Mit einem Schreiben vom 30. März 2004 wandte er sich an die Beklagte und teilte mit, er unterziehe sich 4-mal pro Jahr einer ambulanten Behandlung in der Universitätsklinik H. Er beantrage die (weitere) Übernahme der Fahrtkosten. Beigefügt war ein Attest des Allgemeinmediziners Dr. R. vom Vortag, wonach die Fahrten nach H. aus medizinischen Gründen notwendig seien.

3

Mit Schreiben vom 14. April 2004 wandten sich die Ärzte des Transplantationszentrums der Universitätsklinik und Poliklinik für Urologie in H. an die Beklagte und führten aus, bei dem Kläger müsse eine Immunsuppression zur Verhinderung einer Abstoßung der Transplantatniere durchgeführt werden. Daraus ergebe sich eine deutlich erhöhte Infektionsanfälligkeit. Die Abstoßungsgefahr bestehe auf unbestimmte Zeit fort. Zur Früherkennung von Veränderungen im Transplantat sei die Einrichtung mit besonderen diagnostischen Mitteln ausgestattet. Einige der Untersuchungen seien ausschließlich im dortigen Forschungslabor durchführbar. Das Ergebnis der Untersuchungen werde in enger Zusammenarbeit und Beratung eines Teams von transplantationserfahrenen Klinikern, Laborärzten und Naturwissenschaftlern gewonnen. Deren Erfahrung sei für das Langzeit-Management unerlässlich, während die mitbetreuenden niedergelassenen Ärzte eine wichtige Kontrollfunktion am Wohnort des Patienten ausübten. Durch das Zusammenwirken von Nephrologen und Urologen am Transplantationszentrum würden zudem doppelte Fahrten und Arztvorstellungen vermieden. Da viele Patienten die Fahrtkosten nicht aufbringen könnten, bestünde die Gefahr, dass die optimale Therapiesteuerung durch ein spezialisiertes Zentrum nicht aufrecht erhalten werden könne. Mittelfristig sei dann eine Verkürzung der Funktionsdauer der transplantierten Niere möglich. Die Kriterien für eine Kostenübernahme sollten denjenigen bei Dialysepatienten entsprechen.

4

In einem Bericht vom 23. Juni 2004 teilte der Nephrologe Dr. R. von der genannten Einrichtung mit, der Kläger stelle sich alle vier Monate in der Einrichtung vor. Der Kläger unterziehe sich einem Therapieschema in Form der Steuerung der immunsuppressiven Behandlung mit Nachkontrollen zur Früherkennung von pathologischen Veränderungen im Nierentransplantat. Der Kläger sei deutlich infektionsgefährdet.

5

Mit Stellungnahme vom 14. Juli 2004 vertrat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung die Auffassung, ein Ausnahmefall für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung liege hier nicht vor. Der Versicherte sei nicht in einer Weise beeinträchtigt, bei der die Beförderung zur Vermeidung von Schäden an Leib und Leben unerlässlich sei. Eine Übernahme der Fahrtkosten komme nicht in Betracht.

6

Mit Bescheid vom 29. Juli 2004 führte die Beklagte aus, Fahrtkosten könnten zukünftig nicht mehr übernommen werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen lägen insbesondere nach den Krankentransport-Richtlinien nicht vor. Es fehle beim Kläger an einer hohen Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum i. S. v. § 8 Abs. 2 dieser Richtlinien. Dieses Merkmal sei erfüllt, wenn ärztliche Behandlungen etwa wöchentlich notwendig seien. Die lebenslange Einnahme von Medikamenten, die das Immunsystem schwächten, betreffe alle von einer Transplantation Betroffenen. Gleichwohl nähmen diese – auch unter Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel – am gesellschaftlichen Leben teil. Die Rechnung vom April 2004 werde als letzte übernommen.

7

Der Kläger legte am 20. August 2004 gegen den Bescheid Widerspruch ein und verwies auf gesundheitliche Beeinträchtigungen, wie eine jüngst verschlechterte Schwerhörigkeit.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Die Beklagte führte aus, ein Ausnahmefall im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 4 SGB V liege beim Kläger nicht vor. Durch die ambulante Behandlung würde keine stationäre oder teilstationäre Krankenbehandlung vermieden, weil eine solche nicht notwendig sei. Es handele sich auch nicht um einen Ausnahmefall im Sinne der Krankentransport-Richtlinien.

9

Mit der noch am gleichen Monat beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er könne die Fahrt nach H. wegen des frühen Untersuchungsbeginns und aus gesundheitlichen Gründen nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Ein Fahrzeug besitze er nicht.

10

Das Sozialgericht hat Befundberichte eingeholt, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf Bl. 13 - 20 d. A. Bezug genommen wird.

11

Das zuständige Sozialgericht Magdeburg hat nach Verweisung der Streitsache mit Urteil vom 22. März 2013 die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verpflichtet, dem Kläger auf den Antrag vom 30. März 2004 die Fahrtkosten für die Untersuchungen im Transplantationszentrum in H. zu erstatten. Es hat ausgeführt, der Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V. Es handele sich um eine nachstationäre Behandlung i. S. v. § 115 a SGB V. Nach § 9 des Transplantationsgesetzes könnten auch über einen Zeitraum von 3 Monaten nach einer Operation hinaus in medizinisch begründeten Einzelfällen nachstationäre Leistungen erbracht werden. Kontrolluntersuchungen könnten zudem auch nach deren Beendigung fortgeführt werden, um die weitere Krankenbehandlung oder Maßnahme der Qualitätssicherung wissenschaftlich zu begleiten oder zu unterstützen. Um eine solche Maßnahme handele es sich hier. Aus der Einbeziehung der Kontrolluntersuchungen nach Organübertragungen in § 115 a SGB V folge deren Gleichsetzung mit vor- und nachstationären Behandlungen i. S. des § 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V. Damit seien sie von den in § 60 Abs. 1 SGB V geregelten ambulanten Behandlungen zu trennen. Im Übrigen hätten auch Organspender Anspruch auf Fahrtkostenerstattung, was erst recht für Organempfänger gelten müsse.

12

Gegen das ihr am 19. April 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. Mai 2013 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, der Fahrtkostenanspruch lasse sich nicht auf § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V i. V. m. § 115 a Abs. 2 Satz 4 SGB V stützen. Es fehle schon an Ausführungen zu der Voraussetzung, wonach eine an sich gebotene voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung letztlich nicht durchgeführt wird. Diese Voraussetzung sei auch nicht erfüllt. Das Transplantationszentrum habe selbst auf den Fall des § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V verwiesen. Um einen solchen handele es sich aber nicht, weil die Voraussetzungen der Transportrichtlinien nicht erfüllt seien. Die durchgeführten Behandlungen fänden in der dafür vorgesehenen Ambulanz des Klinikums statt. Im Übrigen erfülle der Kläger auch die persönlichen Voraussetzungen einer Fahrtkostenerstattung nach § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. § 8 Abs. 3 Krankentransport-Richtlinien nicht. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Höhe nach ggf. nur ein Anspruch auf eine Kilometerpauschale von 0,20 EUR/km, höchstens 130,- EUR pro Reise, bestünde. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf Bl. 101- 112, 153 f. d. A., Bezug genommen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. März 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,

16

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Erstattung für zurückliegende Fahrten in Höhe von insgesamt 1218,- EUR erfolgen soll und zukünftige Fahrtkosten zur Universitätsklinik H. nach einer Kilometerpauschale von 0,30 EUR bei 140 km pro Hin- und Rückfahrt zu erstatten sind.

17

Zur Erläuterung seines Antrages weist er darauf hin, dass er eine Kostenerstattung für 29 zurückliegende Fahrten zur Universitätsklinik H. nach den im Antrag genannten Größen geltend macht. Er vertritt die Auffassung, die Kontrollbehandlungen dienten der Vermeidung eines stationären Krankenhausaufenthaltes. Das lasse sich bereits allein daraus schließen, dass die vorgenommenen Untersuchungen auch nur dort durchgeführt werden könnten. Insofern verweise er auf ein Attest der Universitätsklinik vom 14. August 2013, Bl. 132 f. d. A.

18

Der Kläger hat in einem Erörterungstermin am Entscheidungstag mitgeteilt, er nehme außer den Behandlungen, die unmittelbar der Transplantationsnachsorge gälten, weitere regelmäßige Behandlungen wahr bzw. habe dies zeitweise getan. So habe er bis etwa zum Jahreswechsel 2014/15 durchschnittlich zweimal jährlich die Medizinische Hochschule H. aufgesucht. Dort seien Untersuchungen bezüglich einer Hepatitis durchgeführt worden, weil diese zur Vermeidung einer Zerstörung des Transplantats nicht auf herkömmliche Weise behandelt werden könne. Weiterhin suche er einmal jährlich die Praxis Dr. M. in St. auf, wo er auf Hautkrebs untersucht werde. Insoweit habe die eingeschränkte Nierenfunktion auch Auswirkungen auf die Haut. Über einen Zeitraum hinweg, der schon vor 2004 zurückreiche, habe er die Zuzahlungsgrenze ausgeschöpft und sei jeweils von weiteren Zuzahlungen befreit gewesen. Er verfüge weiterhin über einen Schwerbehindertenausweis mit dem alleinigen Merkzeichen RF, wohingegen die Feststellung der Voraussetzungen des Merkzeichens aG abgelehnt worden sei. Pflegebedürftig sei er nicht.

19

Das Gericht hat einen Befundbericht der Fachärztin für Innere Medizin/Nephrologie Dr. R. am 20. Juli 2015, Bl. 175 – 177 d. A., eingeholt. Dr. R. hat mitgeteilt, der Kläger befinde sich seit 1999 in etwa vierwöchentlichem Abstand in ihrer Sprechstunde.

20

Die Akte der Beklagten – Az. 047 553 458 000 – hat bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

21

Die zumindest gem. §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat Erfolg.

22

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2004 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil er rechtmäßig ist.

23

Darüber kann der Senat entscheiden, ohne dass zuvor weitere Träger als denkbar leistungspflichtig im Sinne von § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen gewesen wären. Für die Vergangenheit kommt eine Erstattung von Fahrtkosten durch einen Sozialhilfeträger schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger die Fahrten zu den Kontrolluntersuchungen selbst organisiert und deren Kosten getragen hat. Insofern besteht der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 1 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII – G. v. 27.12.2003, BGBl. I S. 3022). Für die Gegenwart und Zukunft ist zunächst Sozialhilfebedürftigkeit des Klägers schon nach dessen eigenem Vortrag und eigener Einschätzung nicht erkennbar, da er über laufende Einnahmen in Form von Sozialleistungen von insgesamt knapp 1200,- EUR netto monatlich verfügt und zudem Eigentümer zweier Grundstücke ist, die er aktuell zu veräußern versucht. Zudem kommt jedenfalls ein Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten in der geltend gemachten pauschalierten Form gegen einen Sozialhilfeträger nicht in Betracht, weil die Kosten allenfalls als konkreter Bedarf zur Grundsicherung im Alter nach § 42 Nr. 1 SGB XII als deren Teil zu tragen wären und gegenüber einer Fahrtkostenübernahme eine andere Leistung darstellten. Leistungen einer Fahrtkostenübernahme in Form der Hilfe zur Gesundheit im Sinne des Fünften Kapitels des SGB XII sind ebenso wenig vorgesehen, zumal die Leistungserbringung wesentlich unter Verweisung auf das SGB V erfolgt.

24

Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Übernahme der Fahrtkosten nach § 60 Abs. 1, 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V – i. d. F. d. G. v. 14.11.03, BGBl. I S. 2190). Vielmehr unterliegt er dem grundsätzlichen Ausschluss von Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung in § 60 Abs. 1 S. 2 SGB V.

25

Es geht beim Kläger schon dem Ansatz nach nicht um Fahrten im Zusammenhang mit einer stationären Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 2 Nr. 1 SGB V, nicht um Rettungsfahrten im Sinne von § 60 Abs. 2 Nr. 3 SGB V und nicht um Fahrten, während denen eine besondere Betreuung oder Ausstattung des Transportmittels erforderlich ist im Sinne von § 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V.

26

Es handelt sich aber auch nicht um Fahrten im Sinne von § 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V, weil durch die Behandlungen im Transplantationszentrum der Universitätsklinik H. nicht eine gebotene stationäre Krankenhausbehandlung ersetzt wird. Sowohl der voll- als auch der teilstationären Behandlung ist eigen, dass sie nicht auf eine Erledigung innerhalb eines Tages angelegt sind (BSG, Urt. v. 4.3.2004 – B 3 KR 4/03 R – Juris, Rn. 28). Gerade dies ist aber bei den Kontrolluntersuchungen des Klägers in der Universitätsklinik H. der Fall. Der Kläger hält sich nicht für eine vorab festgelegte Abfolge von Behandlungen in kurzen Zeitabständen dort auf, sondern für eine jeweils einzelne, auf einen Tag angelegte Nachuntersuchung, die jeweils zu einem abgeschlossenen Ergebnis führt. Selbst wenn der nächste Termin für eine Kontrolluntersuchung im Wesentlichen feststehen sollte, ist nicht eine besondere Verdichtung der Behandlungsmaßnahmen im Krankenhaus das damit verfolgte Ziel, sondern ist die Wahrung des stets eingehaltenen größeren Zeitabstandes erforderlich, bevor die alten Untersuchungsergebnisse überholt sein können und einer erneuten Überprüfung bedürfen. Dies ergibt sich aus der weitmaschigen Terminvergabe, die nach den entsprechenden Auskünften der Universitätsklinik H. medizinisch bedingt ist.

27

Auch für vor- oder nachstationäre Behandlungen nach §§ 115 a SGB V gilt im Übrigen, dass die Fahrkostenerstattung nach § 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V nur für den Fall möglich ist, dass sie gebotene stationäre Behandlungen ersetzen. Das ist – wie dargelegt – nicht der Fall. Schon deshalb kann sich der Senat der Begründung des Sozialgerichts nicht anschließen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob die in § 115 a Abs. 2 S. 4 SGB V geregelten Kontrolluntersuchungen Teil der nachstationären Behandlung sein sollen. Der Wortlaut der Vorschrift, wobei es sich um Untersuchungen "nach Beendigung der nachstationären Behandlung" handelt, spricht im Übrigen deutlich dagegen.

28

Der geltend gemachte Anspruch auf Fahrkostenerstattung lässt sich auch nicht im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 3 SGB V auf die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 S. 1 Nr. 12 SGB V stützen.

29

Der ambulante Operationen betreffende Anspruch aus § 7 Abs. 2 Buchst. c der Krankentransport-Richtlinien (i.d.F. v. 22.1.2004, BAnz S. 1342 bzw. der letzten Änderung v. 21.12.2004, BAnz 2005, S. 2937) ist schon thematisch nicht berührt.

30

Der Kläger wird auch nicht im Sinne von § 8 Abs. 2 Krankentransport-Richtlinien in einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweist. Ein Therapieschema in diesem Sinne stellt das Zusammenwirken der Kontrolluntersuchungen an der Universitätsklinik H. und der immunsuppressiven Behandlung in einer Praxis niedergelassener Ärzte dar, die der Transplantationsnachsorge dienen. Demgegenüber betreffen weder die Hepatitisbehandlung in H. noch die Hautkrebsvorsorge bei Dr. M. ein Therapieschema, das durch die Grunderkrankung vorgegeben ist. Dass die Grunderkrankung auch andere Krankheitsbilder möglicherweise behandlungsbedürftig mitbeeinflusst, reicht dazu nicht aus.

31

Die sich aus der Transplantationsnachsorge ergebende Häufigkeit von Behandlungen stellt keine hohe Behandlungsfrequenz dar. Es handelt sich insgesamt im Höchstfall um 17 Behandlungen jährlich, verteilt auf 13 Behandlungen in der Gemeinschaftspraxis in A., die sich aus einem ca. vierwöchentlichen Abstand nach dem Bericht von Dr. R. ergibt, und bis zu vier – zuletzt zwei – Behandlungen in der Universitätsklinik, die der Kläger aufgelistet hat. Eine hohe Behandlungsfrequenz wird auch im Falle – wie hier – unbegrenzter Behandlungsdauer jedenfalls nicht erreicht, wenn sie in einem Jahr 18 Fälle unterschreitet (vgl. schon Urt. des Senats v. 16.4.2015 – L 6 KR 49/14 – Juris, mit Nachweis weiterer Rechtsprechung der Landessozialgerichte, Rn. 43), die durchschnittlich als Arztkontakte Versicherter anfallen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23.1.2013 – L 4 KR 17/10 – Juris, Rn. 49 mit Quellennachweis).

32

Worin eine hohe Behandlungsfrequenz im Sinne der Krankentransportrichtlinien zu sehen ist, ist im Vergleich mit den Regelbeispielen in Anl. 2 der Krankentransport-Richtlinien zu ermitteln. Dabei lässt die notwendige Häufigkeit der dort aufgezählten Strahlentherapien mit mehrmals wöchentlich keinen Schluss auf diejenige bei unbegrenzt andauernden Behandlungen zu, weil diese Therapie zeitlich überschaubar begrenzt durchgeführt wird (BSG, Urt. v. 28.7.2008 – B 1 KR 27/07 R – Juris, Rn. 31). Eine Behandlungsfrequenz, die die durchschnittliche Zahl von Arztkontakten Versicherter nicht erreicht, kann umgekehrt das Merkmal besonderer Ausnahmefälle in § 8 Abs. 1 Krankentransport-Richtlinien nicht ausfüllen. Dieses Merkmal verbietet es nach Auffassung des Senats auch, die Chemotherapie mit Behandlungsabfolgen von drei bis vier Wochen innerhalb einer Zeit von bis zu acht Monaten (vgl. hierzu BSG, a.a.O.) allein in den Mittelpunkt einer vergleichenden Betrachtung zu stellen. Vielmehr vermitteln die Regelbeispiele allein keine ausreichende Orientierung, weil sie teils eine hohe Behandlungsfrequenz bei unbegrenzter Dauer – Dialyse – und teils eine niedrigere Behandlungsfrequenz bei begrenzter Dauer – Chemotherapie – zum Gegenstand haben, eine hohe Behandlungsfrequenz im Vorschriftensinne aber schon mit umso größerem Abstand einzelner Behandlungen erreicht wird, je länger die vorhersehbare Gesamtdauer zu veranschlagen ist (BSG, a.a.O.).

33

Die in § 8 Abs. 3 Krankentransport-Richtlinien genannten Anspruchsvoraussetzungen bestimmter Merkzeichen nach dem Schwerbehindertenrecht oder die Feststellung der Pflegestufe 2 oder 3 nach dem Recht der gesetzlichen Pflegeversicherung erfüllt der Kläger nicht. Auch eine den genannten Voraussetzungen vergleichbare Einschränkung der Mobilität hat der Kläger nicht. Weder aus den eingeholten Befundberichten noch aus dem Vortrag des Klägers selbst ergeben sich insoweit Einschränkungen seiner Fähigkeit, Wege zurückzulegen. So nennt er auch als einzigen Grund, weshalb er die Universitätsklinik in H. mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichen kann, die unzureichende Verbindung, um rechtzeitig zum üblichen Bestelltermin dort anzukommen. Seiner Selbsteinschätzung zur Pflegebedürftigkeit folgt das Gericht ebenfalls, da der Kläger ausweislich seiner Mitteilung des Todes Angehöriger allein lebt.

34

Zudem bestand im vorliegenden Fall für die Beklagte kein Anlass, einer vergleichbaren Mobilitätseinschränkung durch Begutachtungen nachzugehen. Stehen rechtliche Hindernisse den vorausgesetzten Feststellungshandlungen auf den Gebieten des Schwerbehindertenrechts oder der Pflegepflichtversicherung nicht entgegen, ist es Angelegenheit des Versicherten, diese zu erwirken. Es bedarf eines besonderen Feststellungsinteresses, wenn der Versicherte sich außerhalb dieser Obliegenheit auf vergleichbare Tatbestände berufen will. Beim Kläger liegen keine Einschränkungen vor, auf Grundlage des festgestellten Grades der Behinderung von 100 die Voraussetzungen eines jedweden Merkzeichens feststellen zu lassen oder als gesetzlich Pflegeversicherter Feststellungen zu einer Pflegestufe treffen zu lassen, soweit die Voraussetzungen vorlägen.

35

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG und folgt hier dem Unterliegen des Klägers.

36

Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da er die Frage nach einer Mindestgrenze einer hohen Behandlungsfrequenz für den Fall einer unbegrenzten Behandlungsdauer für klärungsbedürftig hält.


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Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen: 1. die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,2. die zusätzlichen

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(1) Die Entnahme von Organen bei verstorbenen Spendern darf nur in Entnahmekrankenhäusern nach § 9a durchgeführt werden. (2) Die Übertragung von Organen verstorbener Spender sowie die Entnahme und Übertragung von Organen lebender Spender darf nur

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 23. Jan. 2013 - L 4 KR 17/10

bei uns veröffentlicht am 23.01.2013

Tenor Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. November 2009 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten

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(1) Die Krankenkasse übernimmt nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat. Die Übernahme von Fahrkosten nach Satz 3 und nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 für Fahrten zur ambulanten Behandlung erfolgt nur nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse. Für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung gilt die Genehmigung nach Satz 4 als erteilt, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

1.
ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“,
2.
eine Einstufung gemäß § 15 des Elften Buches in den Pflegegrad 3, 4 oder 5, bei Einstufung in den Pflegegrad 3 zusätzlich eine dauerhafte Beeinträchtigung der Mobilität, oder
3.
bis zum 31. Dezember 2016 eine Einstufung in die Pflegestufe 2 gemäß § 15 des Elften Buches in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung und seit dem 1. Januar 2017 mindestens eine Einstufung in den Pflegegrad 3.

(2) Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages

1.
bei Leistungen, die stationär erbracht werden; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist, oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus,
2.
bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist,
3.
bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport),
4.
bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach § 115a oder § 115b, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.
Soweit Fahrten nach Satz 1 von Rettungsdiensten durchgeführt werden, zieht die Krankenkasse die Zuzahlung in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt von dem Versicherten ein.

(3) Als Fahrkosten werden anerkannt

1.
bei Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels der Fahrpreis unter Ausschöpfen von Fahrpreisermäßigungen,
2.
bei Benutzung eines Taxis oder Mietwagens, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
3.
bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
4.
bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer den jeweils auf Grund des Bundesreisekostengesetzes festgesetzten Höchstbetrag für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch die Kosten, die bei Inanspruchnahme des nach Nummer 1 bis 3 erforderlichen Transportmittels entstanden wären.

(4) Die Kosten des Rücktransports in das Inland werden nicht übernommen. § 18 bleibt unberührt.

(5) Im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden Reisekosten nach § 73 Absatz 1 und 3 des Neunten Buches übernommen. Zu den Reisekosten nach Satz 1 gehören bei pflegenden Angehörigen auch die Reisekosten, die im Zusammenhang mit der Versorgung Pflegebedürftiger nach § 40 Absatz 3 Satz 2 und 3 entstehen. Die Reisekosten von Pflegebedürftigen, die gemäß § 40 Absatz 3 Satz 3 während einer stationären Rehabilitation ihres pflegenden Angehörigen eine Kurzzeitpflege nach § 42 des Elften Buches erhalten, hat die Pflegekasse des Pflegebedürftigen der Krankenkasse des pflegenden Angehörigen zu erstatten.

(1) Die Entnahme von Organen bei verstorbenen Spendern darf nur in Entnahmekrankenhäusern nach § 9a durchgeführt werden.

(2) Die Übertragung von Organen verstorbener Spender sowie die Entnahme und Übertragung von Organen lebender Spender darf nur in Transplantationszentren nach § 10 vorgenommen werden. Sind Organe im Geltungsbereich dieses Gesetzes entnommen worden, ist ihre Übertragung nur zulässig, wenn die Organentnahme nach § 11 Absatz 4 Satz 5 durch die Koordinierungsstelle organisiert und unter Beachtung der weiteren Regelungen nach § 11 durchgeführt worden ist. Die Übertragung vermittlungspflichtiger Organe ist darüber hinaus nur zulässig, wenn die Organe durch die Vermittlungsstelle unter Beachtung der Regelungen nach § 12 Absatz 3 Satz 1 vermittelt worden sind.

(3) Die mögliche Entnahme und Übertragung eines Organs hat Vorrang vor der Entnahme von Geweben; sie darf nicht durch eine Gewebeentnahme beeinträchtigt werden. Die Entnahme von Geweben bei einem möglichen Spender von Organen nach § 9a Absatz 2 Nummer 1 ist erst dann zulässig, wenn eine von der Koordinierungsstelle beauftragte Person dokumentiert hat, dass die Entnahme oder Übertragung von Organen nicht möglich ist oder durch die Gewebeentnahme nicht beeinträchtigt wird.

(1) Die Krankenkasse übernimmt nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat. Die Übernahme von Fahrkosten nach Satz 3 und nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 für Fahrten zur ambulanten Behandlung erfolgt nur nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse. Für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung gilt die Genehmigung nach Satz 4 als erteilt, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

1.
ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“,
2.
eine Einstufung gemäß § 15 des Elften Buches in den Pflegegrad 3, 4 oder 5, bei Einstufung in den Pflegegrad 3 zusätzlich eine dauerhafte Beeinträchtigung der Mobilität, oder
3.
bis zum 31. Dezember 2016 eine Einstufung in die Pflegestufe 2 gemäß § 15 des Elften Buches in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung und seit dem 1. Januar 2017 mindestens eine Einstufung in den Pflegegrad 3.

(2) Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages

1.
bei Leistungen, die stationär erbracht werden; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist, oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus,
2.
bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist,
3.
bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport),
4.
bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach § 115a oder § 115b, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.
Soweit Fahrten nach Satz 1 von Rettungsdiensten durchgeführt werden, zieht die Krankenkasse die Zuzahlung in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt von dem Versicherten ein.

(3) Als Fahrkosten werden anerkannt

1.
bei Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels der Fahrpreis unter Ausschöpfen von Fahrpreisermäßigungen,
2.
bei Benutzung eines Taxis oder Mietwagens, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
3.
bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
4.
bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer den jeweils auf Grund des Bundesreisekostengesetzes festgesetzten Höchstbetrag für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch die Kosten, die bei Inanspruchnahme des nach Nummer 1 bis 3 erforderlichen Transportmittels entstanden wären.

(4) Die Kosten des Rücktransports in das Inland werden nicht übernommen. § 18 bleibt unberührt.

(5) Im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden Reisekosten nach § 73 Absatz 1 und 3 des Neunten Buches übernommen. Zu den Reisekosten nach Satz 1 gehören bei pflegenden Angehörigen auch die Reisekosten, die im Zusammenhang mit der Versorgung Pflegebedürftiger nach § 40 Absatz 3 Satz 2 und 3 entstehen. Die Reisekosten von Pflegebedürftigen, die gemäß § 40 Absatz 3 Satz 3 während einer stationären Rehabilitation ihres pflegenden Angehörigen eine Kurzzeitpflege nach § 42 des Elften Buches erhalten, hat die Pflegekasse des Pflegebedürftigen der Krankenkasse des pflegenden Angehörigen zu erstatten.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:

1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden,
2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b,
3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7,
4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a,
b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.

(1) Die Krankenkasse übernimmt nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat. Die Übernahme von Fahrkosten nach Satz 3 und nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 für Fahrten zur ambulanten Behandlung erfolgt nur nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse. Für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung gilt die Genehmigung nach Satz 4 als erteilt, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

1.
ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“,
2.
eine Einstufung gemäß § 15 des Elften Buches in den Pflegegrad 3, 4 oder 5, bei Einstufung in den Pflegegrad 3 zusätzlich eine dauerhafte Beeinträchtigung der Mobilität, oder
3.
bis zum 31. Dezember 2016 eine Einstufung in die Pflegestufe 2 gemäß § 15 des Elften Buches in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung und seit dem 1. Januar 2017 mindestens eine Einstufung in den Pflegegrad 3.

(2) Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages

1.
bei Leistungen, die stationär erbracht werden; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist, oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus,
2.
bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist,
3.
bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport),
4.
bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach § 115a oder § 115b, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.
Soweit Fahrten nach Satz 1 von Rettungsdiensten durchgeführt werden, zieht die Krankenkasse die Zuzahlung in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt von dem Versicherten ein.

(3) Als Fahrkosten werden anerkannt

1.
bei Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels der Fahrpreis unter Ausschöpfen von Fahrpreisermäßigungen,
2.
bei Benutzung eines Taxis oder Mietwagens, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
3.
bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
4.
bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer den jeweils auf Grund des Bundesreisekostengesetzes festgesetzten Höchstbetrag für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch die Kosten, die bei Inanspruchnahme des nach Nummer 1 bis 3 erforderlichen Transportmittels entstanden wären.

(4) Die Kosten des Rücktransports in das Inland werden nicht übernommen. § 18 bleibt unberührt.

(5) Im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden Reisekosten nach § 73 Absatz 1 und 3 des Neunten Buches übernommen. Zu den Reisekosten nach Satz 1 gehören bei pflegenden Angehörigen auch die Reisekosten, die im Zusammenhang mit der Versorgung Pflegebedürftiger nach § 40 Absatz 3 Satz 2 und 3 entstehen. Die Reisekosten von Pflegebedürftigen, die gemäß § 40 Absatz 3 Satz 3 während einer stationären Rehabilitation ihres pflegenden Angehörigen eine Kurzzeitpflege nach § 42 des Elften Buches erhalten, hat die Pflegekasse des Pflegebedürftigen der Krankenkasse des pflegenden Angehörigen zu erstatten.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. November 2009 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten für Fahrten in die Transplantationszentren B. und H. sowie die Erstattung bereits angefallener Kosten.

2

Dem 1964 geborenen Kläger ist seit 2004 ein Grad der Behinderung von 70 ohne Merkzeichen zuerkannt. Er war bis zum 30. April 2007 bei der Beklagten krankenversichert und wechselte zum 1. Mai 2007 zur IKK D., die zum 1. Januar 2009 mit der Beigeladenen fusionierte.

3

Am 19. September 2001 wurde ihm eine von seinem Bruder gespendete Niere implantiert. Bis einschließlich 2003 übernahm die Beklagte die mit dieser Behandlung im Zusammenhang stehenden notwendigen Fahrkosten des Klägers. Am 16. Februar 2004 beantragte der Nephrologe Dipl.-Med. R. für den Kläger bei der Beklagten die weitere Übernahme von Fahrkosten für Fahrten zu Kontrolluntersuchungen in das Transplantationszentrum B. und zum Nephrologen nach Q. In den ersten beiden Jahren nach der Transplantation sei es mehrfach zu Abstoßungsreaktionen gekommen. Es seien alle Möglichkeiten aufzubieten gewesen, um die Nierenfunktion zu erhalten. Derzeit sei der Zustand etwas stabilisiert, es gebe jedoch ca. zwei bis drei kritische Phasen im Jahr. Wegen der Immunsuppression sei der Kläger vermehrt infektanfällig und müsse besonders den Kontakt zu großen Menschenkollektiven meiden. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei daher nicht möglich. Es sei dem Kläger auch nicht möglich, lange Strecken zu laufen oder viele Treppen zu steigen. Er müsse mindestens einmal monatlich zur Kontrolle in die Ambulanz nach Q. und wenigstens einmal vierteljährlich zur Kontrolle in das Transplantationszentrum nach B.

4

Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Nierentransplantationsambulanz der ... in B. durch deren Leiterin Prof. Dr. R. und die Assistenzärztin E. mit Schreiben vom 5. Mai 2004 mit, eine ambulante Vorstellung des Klägers sei mindestens einmal pro Quartal erforderlich. Zwischenkontrollen könnten auch im Dialysezentrum M. erfolgen. Eine Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei auf Grund der immunsuppressiven Therapie und der damit einher gehenden Infektionsgefahr aus medizinischen Gründen nicht zu empfehlen, aber möglich. Auf Grund der aufwendigen Kontrolluntersuchungen sei ein rechtzeitiges Eintreffen des Klägers in der Ambulanz wichtig, weshalb auch die Anbindung des Wohnortes an öffentliche Verkehrsmittel zu berücksichtigen sei. Es werde daher gebeten, dem Kläger die für die notwendigen Fahrten entstehenden Aufwendungen zu erstatten. Die aktuelle Medikation wurde im Einzelnen aufgelistet.

5

Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung nach Aktenlage durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung S. (MDK), der am 21. Mai 2004 ausführte, die Vorstellungen des Klägers in der nephrologischen Ambulanz sowie im Nierentransplantationszentrum seien medizinisch notwendig, die Kriterien des § 8 Krankentransportrichtlinie (KrTrans-RL) seien jedoch nicht erfüllt. Das Transplantationsgesetz (TPG) sehe die Vorstellung der Patienten in der die Transplantation vornehmenden Einrichtung vor. Dies sei auf Grund der dortigen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Erkrankungssituation des Versicherten nachvollziehbar. Eine Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln werde zwar nicht empfohlen, aber als möglich angesehen. Im Zusammenhang mit den notwendigen Laboruntersuchungen müsse eine möglichst frühe Vorstellung in der Einrichtung erfolgen. Dies sei nach Fahrplan der öffentlichen Verkehrsmittel und Anbindung des Wohnortes erschwert oder sogar unmöglich. Die medizinischen Voraussetzungen für eine Kostenübernahme seien nicht erfüllt.

6

Mit Schreiben vom 3. Juni 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme für Fahrkosten zur ambulanten Behandlung ab. Die Kriterien des § 8 KrTrans-RL seien nicht erfüllt, da keine hohe Behandlungsfrequenz (mehrmals im Monat) vorliege und die bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen keine Indikation für eine Kostenübernahme der Transportkosten seien.

7

Dagegen legte der Kläger am 14. Juni 2004 Widerspruch ein. Er führte aus: Sein Gesundheitszustand habe sich im Vergleich zum letzten Jahr, als die Beklagte die Kosten noch übernommen habe, nicht wesentlich verändert. Die Fahrten zur Transplantationsnachsorge seien weiterhin medizinisch zwingend notwendig. Auch § 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) sei nicht geändert worden. Geändert hätten sich lediglich die Zuzahlungsregeln. Er habe bei einem Einkommen von 658,00 EUR im Monat bereits eine Belastung mit Beiträgen von etwa 130,00 EUR monatlich. Er könne daher die Kosten für die Fahrten nach B. und nach Q. nicht lange selbst aufbringen. Er habe im vergangenen Jahr allein 33 Arzttermine in Q. wahrgenommen und in der Zeit von Januar bis Juni 2004 12 Arzttermine in Q. und zwei in B ... Das seien durchschnittlich 1,7 Arztbesuche pro Woche. Wenn nach dem TPG die Fahrten zur Nachsorge erforderlich seien, müsse die Krankenkasse auch nach § 60 SGBV die Fahrkosten übernehmen, da eine Kassenleistung vorliege und die Therapie über einen längeren Zeitraum andauere. Nach den erheblichen finanziellen Investitionen in die Lebendnierentransplantation müsse sich die Beklagte auch um den Erhalt des Spenderorgans kümmern.

8

Mit Bescheid vom 2. Juli 2004 ergänzte die Beklagte ihre Begründung zur ablehnenden Entscheidung vom 3. Juni 2004 und erteilte dem Kläger einen Bescheid mit entsprechender Rechtsmittelbelehrung. Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein (Eingang bei der Beklagten am 9. Juli 2004).

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2004 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Fahrten zur ambulanten Behandlung bzw. zu Kontrolluntersuchungen durch die Nierentransplantationsambulanz in B. und durch die nephrologische Gemeinschaftspraxis in Q. erfolgten weder mit einem qualifizierten Rettungswagen noch als Krankentransport. Durch die ambulante Behandlung werde keine ansonsten notwendige Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt. Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme in besonderen Ausnahmefällen seien nach der Aussage des MDK nicht erfüllt. Ein Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten bestehe daher nicht.

10

Dagegen hat der Kläger am 10. November 2004 beim Sozialgericht Dessau Klage erhoben. Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht Magdeburg (Beschluss vom 4. März 2005) hat der Kläger in der Sache ausgeführt: Aus § 60 SGB V ergebe sich die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Fahrkosten, wenn die Fahrten im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig seien. Nach dem Transplantationsgesetz sei die Nachsorge solange erforderlich, bis das Transplantat seine Funktion erfülle. Die Vorschriften des Transplantationsgesetzes seien im Zusammenhang mit § 60 SGB V zu lesen. Zudem sei eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich, da ohne die Kontrolluntersuchungen der Verlust des Transplantates drohe. Es sei bereits wieder eine Niereninsuffizienz der Stufe II festzustellen, da die Niere nach einer Infektion großen Schaden erlitten habe. Die Krankentransportrichtlinien hätten keinen Gesetzescharakter. Sie sollten lediglich eine einheitliche Ermessenspraxis für die Genehmigung von Fahrten zur ambulanten Behandlung in besonderen Ausnahmefällen sicherstellen. Bei seinem Krankheitsbild sei eine Abweichung von den Richtlinien geboten. Bei vier Fahrten zum Transplantationszentrum nach B. beliefen sich die reinen Benzinkosten für die dann insgesamt 2.000 km auf etwa 263,00 EUR. Seine soziale Stellung habe sich seit Oktober 2004 nahhaltig verschlechtert. Da er die Fahrkosten nicht mehr aufbringen könne, fahre er seit Dezember 2004 nicht mehr zum Transplantationszentrum nach B., sondern nur noch in die Uniklinik H ... Er hat folgende Fahrkosten aufgeführt:

11

2003: 1.484,70 EUR (von der Beklagen noch voll übernommen),
2004: 970,90 EUR,
2005: 428,75 EUR (bis Juli 268,45 EUR, von Juli bis Dezember 160,30 EUR),
2006: bis 3. August 153,30 EUR.

12

Die Beklagte hat entgegnet, der Gemeinsame Bundesausschuss sehe die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 und 2 der von ihm erlassenen KrTrans-RL bei Fahrten zur Dialyse sowie zur onkologischen Strahlen- oder Chemotherapie als erfüllt an. Zudem könnten Fahrkosten genehmigt werden, wenn ein vergleichbarer Schweregrad und eine vergleichbare Behandlungsintensität der Erkrankung vorliege. Nach den Ausführungen des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) sei bei einer mindestens zweimal wöchentlichen Behandlung über einen Zeitraum von mindestens sechs Wochen oder bei einer mindestens einmal wöchentlichen Behandlung über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten von einer vergleichbaren Behandlungsintensität auszugehen. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger nicht erfüllt. Der Kläger erfülle auch nicht die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 3 KrTrans-RL, da er nicht über einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" und auch nicht über einen Einstufungsbescheid gemäß SGB XI in die Pflegestufen 2 oder 3 verfüge und keine vergleichbare Mobilitätseinschränkung vorliege.

13

Das Sozialgericht Magdeburg hat die Beklagte mit Urteil vom 11. November 2009 unter Änderung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, die Kosten für die Fahrten des Klägers in die Transplantationszentren B. und H. gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu erstatten. Es hat ausgeführt: Der Anspruch ergebe sich aus § 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V. § 115a SGB V regele explizit Kontrolluntersuchungen nach Organtransplantationen und eröffne damit den Anwendungsbereich des § 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V. Ein Vermeiden oder Verkürzen einer stationären bzw. teilstationären Krankenhausbehandlung liege in der Natur der Sache der Kontrolluntersuchungen nach Organübertragungen. Zudem würden die Krankenkassen nach einem Besprechungsergebnis ihrer Spitzenverbände auch die Fahrkosten zu Kontrolluntersuchungen des Organsspenders unabhängig davon übernehmen, ob diese im Krankenhaus innerhalb der nachstationären Behandlung oder nach Beendigung der nachstationären Behandlung im Rahmen des § 115 a Abs. 2 Sätze 4 und 7 SGB V oder im Rahmen der ambulanten Behandlung erfolgten. Dies müsse erst recht für den Organempfänger gelten, der aufgrund des Eingriffs ein weit höheres Risiko trage und einer besonderen fachärztlichen Betreuung in einem Transplantationszentrum bedürfe. Im Übrigen, d.h. bezüglich der Übernahme der Fahrkosten zur einmal monatlichen Kontrolle in der Gemeinschaftspraxis in Q., hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 8 KrTrans-RL nicht erfüllt seien.

14

Gegen das der Beklagten am 20. Januar 2010 zugestellte Urteil hat sie am 17. Februar 2010 Berufung eingelegt. Sie hat ausgeführt, ein Vermeiden oder Verkürzen einer stationären bzw. teilstationären Krankenhausbehandlung liege nicht in der Natur der Kontrolluntersuchungen nach Organübertragung. Die in § 9 TPG genannte Frist von drei Monaten für die nachstationäre Krankenhausbehandlung könne in medizinisch begründeten Einzelfällen verlängert werden. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall. Die Transplantation liege beim Kläger bereits neun Jahre zurück. Die jetzt noch erforderlichen Kontrolluntersuchungen würden im nächstgelegenen Transplantationszentrum ambulant durchgeführt. Dadurch werde keine ansonsten notwendige stationäre Behandlung vermieden oder verkürzt. Aus der in § 115a Abs. 2 Satz 4 SGB V genannten Möglichkeit, Kontrolluntersuchungen bei Organtransplantationen nach § 9 TPG auch nach Beendigung der nachstationären Behandlung fortführen zu dürfen, könne kein Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten abgeleitet werden. Diese Kontrolluntersuchungen dienten dazu, die weitere Krankenhausbehandlung oder Maßnahmen der Qualitätssicherung wissenschaftlich zu begleiten oder zu unterstützen. Daraus könne jedoch keine Leistungspflicht der Beklagten abgeleitet werden.

15

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

16

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

17

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Er hat ausgeführt, die Rechtsauffassung des Sozialgerichts werde durch die fachärztliche Stellungnahme von Dipl.-Med. R. untermauert, der die Untersuchung des Klägers in einem Transplantationszentrum als notwendige Regelleistung ansehe. Er könne in einem Transplantationszentrum auf Grund der dort zur Verfügung stehenden Mittel qualitativ besser versorgt werden. Die Kontrolluntersuchungen hätten den gleichen Stellenwert, die der Gesetzgeber den vor- und nachstationären Behandlungen beigemessen habe. Sie dienten der Therapiesteuerung, der immunsuppressiven Behandlung sowie der Früherkennung von Problemen und Funktionsstörungen der Transplantatniere. Die Kostenerstattungspflicht für die Fahrten zu den Therapiezentren ergebe sich auf Grund der Gefahr einer Abstoßung der Transplantatniere und der damit verbundenen erneuten Dialysepflichtigkeit auf unbestimmte Zeit. In einem solchen Fall sei mit weit höheren Kosten zu rechnen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien Häufigkeit und Gesamtdauer der Behandlung in Beziehung zu den Regelbeispielen zu setzen. Daher sei nicht allein die Behandlungsfrequenz, sondern auch deren Dauer entscheidend. Der Kläger habe sich einer lebenslangen Therapie zu unterziehen. Im Falle einer Klageabweisung sei daher jedenfalls die Revision zuzulassen. Derzeit unterziehe er sich monatlichen Kontrolluntersuchungen bei dem Nephrologen Dipl.-Med. R. und halbjährlichen Kontrolluntersuchungen im Therapiezentrum an der Universitätsklinik H. Nach B. fahre er aus Kostengründen nicht mehr. Er hat die Arztbesuche aus den Jahren 2006 bis 2011 im Einzelnen aufgelistet und ein bestätigendes Schreiben des behandelnden Nephrologen Dipl.-Med. R. vom 11.09.2012 beigefügt, der nochmals zur medizinischen Notwendigkeit der Wahrnehmung dieser Termine vorgetragen hat. Hierauf, sowie auf ein Schreiben von Dipl.-Med. R. vom 7. April 2010, wird ergänzend Bezug genommen.

20

Wegen des Krankenkassenwechsels des Klägers zum 1. Mai 2007 zur IKK D., die zum 1. Januar 2009 mit der T.- Krankenkasse fusionierte, hat der Senat diese mit Beschluss vom 7. Dezember 2012 zum Verfahren beigeladen. Sie hat sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen, aber keinen Antrag gestellt. Anschließend haben die Beteiligten übereinstimmend ihre Zustimmung zur Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

21

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf ihren Inhalt ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

22

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

23

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

24

I. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind lediglich die Fahrten des Klägers in die Transplantationszentren B. und H. Da nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig geworden, soweit das Sozialgericht die Klage im Übrigen – d.h. in Bezug auf die Kosten für Fahrten zu der Gemeinschaftspraxis nach Q. (Dipl.-Med. R.) – abgewiesen hat.

25

Zum Streitgegenstand des Berufungsverfahrens gehören in Bezug auf die Fahrten des Klägers in die Transplantationszentren B. und H. sowohl die Erstattung der hierfür bereits aufgewandten Fahrkosten seit Anfang 2004 als auch die Übernahme zukünftiger Fahrkosten. Der insoweit nicht ganz eindeutige Klageantrag ist im Hinblick auf den klägerischen Vortrag ohne weiteres so zu verstehen, dass nicht nur die Erstattung bereits entstandener Kosten, sondern auch eine Kostenübernahme in der Zukunft begehrt wird. In diesem Sinne ist auch der Tenor des erstinstanzlichen Urteils – trotz der Formulierung "erstatten" – zu verstehen. Eine Begrenzung auf bereits entstandene Kosten ist der Entscheidung an keiner Stelle zu entnehmen. In der Praxis wird eine Fahrkostenübernahme – jedenfalls soweit es um Fahrten mit dem privaten PKW geht – durch die Krankenkasse regelmäßig im Wege einer nachträglichen Erstattung tatsächlich angefallener Kosten durchgeführt, was die Wortwahl hinreichend begründet. Zudem ist der gesetzlichen Regelung des § 60 SGB V keine eindeutige Zuordnung zum Sachleistungsgrundsatz oder dem Ausgleich der Fahrkosten zu entnehmen (vgl. hierzu unter II. 2.).

26

II. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erstattung bereits aufgewandter Fahrkosten noch auf Übernahme der geltend gemachten zukünftigen Kosten für Fahrten in die Transplantationszentren B. bzw. H. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2004 in der Fassung des Bescheides vom 2. Juli 2004 in der weiteren Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2004 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

27

1. Ein möglicher Fahrkostenanspruch kann sich nach § 19 Abs. 1 SGB V längstens für die Zeit der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten, d. h. längstens bis zum 30. April 2007 gegen diese richten. Denn die Leistungspflicht einer Krankenkasse ist an die Mitgliedschaft gebunden. Nach § 19 Abs. 1 Halbsatz 1 SGB V erlischt der Anspruch auf Leistungen mit dem Ende der Mitgliedschaft. Das Bundessozialgericht hat in einer Entscheidung vom 18.05.2011 (B 3 KR 7/10 R, zitiert nach juris) ausdrücklich klargestellt, dass der auf einen Monat begrenzte nachgehende Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 4 SGB V im Falle eines Krankenkassenwechsels keine Anwendung findet. Für die ab 1. Mai 2007 zu gewährenden Leistungsansprüche wäre daher ggf. die Beigeladene zuständig. Da dem Kläger jedoch auch für die Zeit ab 1. Mai 2007 kein Fahrkostenanspruch zusteht, kommt eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 SGB V nicht in Betracht.

28

2. Als Anspruchsgrundlage kommt auch für den zurückliegende Zeiträume betreffenden Fahrkostenerstattungsanspruch grundsätzlich nur § 60 Abs. 1 SGB V (in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung nach Art. 1 Nr. 37 des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 [GMG], BGBl. I S. 2190) in Betracht. Ein Rückgriff auf § 13 Abs. 3 SGB V ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 28. Juli 2008 – B 1 KR 27/07 R, zitiert nach juris) für den geltend gemachten Erstattungsanspruch entbehrlich. Nach dieser Rechtsprechung handelt es sich zwar beim Krankentransport in der Regel um eine Naturalleistung, auch wenn § 60 Abs. 1 SGB V vorsieht, dass die Krankenkasse "die Kosten" für Fahrten unter bestimmten Voraussetzungen "übernimmt". Bei wirklichkeitsnaher Betrachtung kommt eine Naturalleistung aber insbesondere bei Rettungsfahrten und Fahrten mit speziellen Krankenkraftwagen in Betracht, nicht jedoch bei Fahrten des Versicherten im privaten Pkw oder bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Der Anspruch des Versicherten aus § 60 Abs. 1 SGB V ist in diesen Fällen von vornherein auf Ausgleich der Kosten gerichtet.

29

3. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind.

30

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Fahrkostenübernahme nach § 60 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SGB V. Aus dieser Vorschrift ergibt sich ein Anspruch auf Fahrkostenübernahme in Höhe des Betrages, der den sich aus § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrag je Fahrt übersteigt, soweit die Voraussetzungen der unter den Ziffern 1 bis 4 im einzelnen aufgeführten Katalogfälle vorliegen. Die Katalogfälle des § 60 Abs. 2 Ziffer 1 bis 3 SGB V (für stationäre Leistungen, Rettungsfahrten, Krankentransporte) sind nicht einschlägig. Ein Anspruch des Klägers lässt sich auch nicht aus Ziffer 4 dieser Vorschrift herleiten. Voraussetzung sind danach Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung oder zu einer Behandlung nach § 115a oder § 115b SGB V, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.

31

Mit der mit Wirkung zum 1. Januar 1993 eingefügten Regelung zur Übernahme der Fahrkosten wollte der Gesetzgeber Anreize für die Vermeidung oder Verkürzung stationärer Behandlungen schaffen (vgl. FraktE-GSG BT-Drucks 12/3608 Teil B, zu Nr. 28, S. 82, Begr. zu § 60). Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V ist daher, dass durch die ambulante bzw. die vor- oder nachstationäre Behandlung nach § 115a SGB V oder die ambulante Operation in einem Krankenhaus nach § 115b SGB V eine sonst gebotene voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung – zumindest teilweise – ersetzt wird.

32

Durch die Kontrolluntersuchungen in den Transplantationszentren B. bzw. H. ist weder eine an sich gebotene voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) vermieden oder verkürzt worden noch war eine stationäre Krankenhausbehandlung nicht ausführbar.

33

In der Rechtsprechung ist nicht vollständig geklärt, wann eine (voll- oder teil-)stationäre Krankenhausbehandlung trotz einer an ihrer Stelle tatsächlich durchgeführten ambulanten bzw. vor- oder nachstationären Behandlung noch als "an sich geboten" i. S. v. § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V angesehen werden kann. Ein Anspruch auf (voll- oder teil-)stationäre Krankenhausbehandlung setzt grundsätzlich deren medizinische Erforderlichkeit voraus. Kann das Behandlungsziel durch eine ambulante Behandlung bzw. durch eine vor- oder nachstationäre Behandlung erreicht werden, ist eine (voll- oder teil-)stationäre Krankenhausbehandlung in der Regel nicht erforderlich. Wenn der Anwendungsbereich des § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V nicht verschlossen bleiben und das gesetzgeberische Ziel nicht auf Kosten der Gesundheit der Versicherten erreicht werden soll, kann es nur um den Grenzbereich gehen, in dem eine (voll- oder teil-)stationäre Krankenhausbehandlung zwar "an sich", d.h. grundsätzlich erforderlich ist, aber im konkreten Fall aufgrund der besonderen Umstände nicht unbedingt notwendig erscheint. Das Merkmal der "an sich" gebotenen Krankenhausbehandlung entspricht dem des § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V für die Gewährung häuslicher Krankenpflege. Hierzu hat das BSG entschieden, diese könne in Anspruch genommen werden, wenn (weitere) Krankenhausbehandlung medizinisch "nicht zweifelsfrei geboten" sei und eine ambulante Behandlung "vertretbar" scheine; in jedem Fall kämen nur akute Behandlungsfälle in Betracht (vgl. BSG, Urt. v. 18.02.1997 – 1 RK 23/96 – SozR 3-2500 § 60 Nr. 1; BSG, Urt. v. 28.01.1999 – B 3 KR 4/98 R – BSGE 83, 254).

34

Die Beurteilung, ob ein so bestimmter Grenzbereich vorliegt, hängt damit von den zur Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V entwickelten Kriterien ab. Danach ist entscheidend, ob die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden kann. Hierzu zählen die spezielle apparative Ausstattung, das geschulte Pflegepersonal sowie die Rufbereitschaft und jederzeitige Eingriffsmöglichkeit eines Arztes (BSG, Urt. v. 12.12.1979 – 3 RK 13/79 – BSGE 49, 216, 217; BSG, Urt. v. 12.11.1985 – 3 RK 45/83 – BSGE 59, 116, 117).

35

Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V nicht erfüllt. Zur Durchführung der Kontrolluntersuchungen bedurfte es weder der voll- noch der teilstationären Behandlung in einem Krankenhaus mit seiner speziellen medizinisch-organisatorischen Infrastruktur. Die Kontrolluntersuchungen erfolgten zwar aufgrund der personellen und/oder apparativen Ausstattung in den Universitätskliniken B. bzw. H. Dort wurden aber lediglich ambulante körperliche Untersuchungen des Klägers sowie umfassende Laboruntersuchungen in der entsprechend hierfür vorgehaltenen Ambulanz durchgeführt. Das in einer zeitlich durchgängigen Behandlungs- oder Kontrollnotwendigkeit liegende Kriterium der voll- oder teilstationären Behandlung erfüllen die beim Kläger durchgeführten Kontrolluntersuchungen jedoch nicht. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass jemals in Erwägung gezogen worden sein könnte, diese Untersuchungen unter voll- oder teilstationären Bedingungen durchzuführen. Medizinische Gesichtspunkte, die dafür sprechen könn-ten, sind nicht ersichtlich. Da nie zweifelhaft war, dass diese Untersuchungen ambulant bzw. im Rahmen einer vor- oder nachstationärer Behandlung im Sinne des § 115a SGB V durchgeführt werden, fallen sie nicht in den Grenzbereich zur stationären Behandlung.

36

Unerheblich ist, ob die Kontrolluntersuchungen im Rahmen einer vor- oder nachstationären Behandlung im Sinne des § 115a SGB V durchgeführt wurden. Der Senat hält dies wegen der gesetzlich vorgegebenen zeitlichen Begrenzung der nachstationären Behandlung bei Organübertragungen nach § 9 Abs. 1 TPG auf längstens drei Monate nach Beendigung der stationären Behandlung (§ 115a Abs. 2 Satz 2 SGB V) für zweifelhaft. Zwar kann die Frist in medizinisch begründeten Einzelfällen im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt verlängert werden (§ 115a Abs. 2 Satz 3 SGB V), beim Kläger fand die Nierentransplantation jedoch bereits im September 2001 statt und die Kontrolluntersuchungen sind seitdem bis heute notwendig. Im Ergebnis kann aber offen bleiben, ob und ggf. wie lange die Kontrolluntersuchungen noch im Rahmen nachstationärer Behandlungen stattgefunden haben, denn nach § 60 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V setzt ein Anspruch auf Fahrkostenübernahme durch die Krankenkasse auch bei Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung im Krankenhaus im Sinne des § 115a SGB V voraus, dass dadurch eine an sich gebotene voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) zumindest teilweise ersetzt wird. Zwar werden vor- und nachstationäre Behandlungen häufig gerade zur Vermeidung oder Verkürzung einer stationären oder teilstationären Krankenhausbehandlung eingesetzt. Dies ist aber keine zwingende Voraussetzung für vor- oder nachstationäre Krankenhausbehandlungen. Da die durchgeführten Kontrolluntersuchungen nicht eine an sich erforderliche (voll- oder teil-)stationäre Krankenhausbehandlung ersetzt haben, kann die Auffassung des Sozialgerichts, die Vermeidung einer (voll- oder teil-)stationären Krankenhausbehandlung liege in der Natur der Sache, nicht überzeugen.

37

Anhaltspunkte dafür, dass die Kontrolluntersuchungen beim Kläger nach Beendigung der nachstationären Behandlung durchgeführt wurden, um die weitere Krankenbehandlung oder Maßnahmen der Qualitätssicherung wissenschaftlich zu begleiten oder zu unterstützen (§ 115a Abs. 2 Satz 4 SGB V), liegen nicht vor. Vielmehr hat Dipl.-Med. R. im Schreiben vom 7. April 2010 ausdrücklich ausgeführt, ein Besuch im Nierentransplantationszentrum ausschließlich zur wissenschaftlichen Dokumentation sei nie erforderlich gewesen. Dafür fehlten den Transplantationszentren und anderen Einrichtungen die entsprechenden Kapazitäten. Darüber hinaus würde ein Fahrkostenanspruch nach § 60 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V auch dann an der Voraussetzung des Vermeidens oder Verkürzens einer an sich gebotenen Krankenhausbehandlung scheitern, da es für solche wissenschaftlich begleiteten oder unterstützten Kontrolluntersuchungen in Bezug auf die dabei anfallenden Fahrkosten keine Sonderregelungen gibt.

38

4. Ein Anspruch auf Fahrkostenerstattung folgt auch nicht aus § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. § 8 Abs. 2 KrTransp-RL. Danach werden Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen übernommen, die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB V festgelegt hat. Der GBA hat diese besonderen Ausnahmefälle in § 8 Abs. 2 KrTransp-RL festgelegt. Danach sind Voraussetzungen für eine Verordnung und Genehmigung von Fahrten zur ambulanten Behandlung,

39

dass der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweist

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und dass diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtigt, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist.

41

Diese Voraussetzungen sind in den in Anlage 2 der Richtlinie genannten Ausnahmefällen erfüllt, wobei diese Liste nicht abschließend ist (§ 8 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 KrTransp-RL). Nach Anlage 2 sind Ausnahmefälle gemäß § 8 in der Regel die Dialysebehandlung, die onkologische Strahlentherapie und die onkologische Chemotherapie.

42

Es ist nicht zweifelhaft, dass die Fahrten des Klägers zu den Kontrolluntersuchungen im Zusammenhang mit einer Hauptleistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig waren und sind. Es besteht dennoch kein Anspruch auf Übernahme der notwendigen Fahrkosten, da das Tatbestandsmerkmal einer "hohen Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum" in Bezug auf ein durch die Grunderkrankung vorgegebenes Therapieschema im Sinne von § 8 Abs. 2 KrTransp-RL nicht erfüllt ist.

43

Die Voraussetzung einer hohen Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum bezieht sich nach § 8 Abs. 2 KrTransp-RL auf das durch die Grunderkrankung vorgegebene Therapieschema. Ein Therapieschema erfordert ein Muster, das die Behandlung von vorneherein in festgelegte Phasen und Schritte einteilt (vgl. hierzu LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17.06.2010 – L 10 KR 1/09 – zitiert nach juris sowie Waßer in juris-pk, § 60 Rn. 78). Einem solchen Therapieschema folgen die regelmäßig beim Kläger erforderlichen Kontrolluntersuchungen, die er einmal monatlich beim Facharzt und zusätzlich im Jahr 2004 einmal im Quartal in der Nierentransplantationsambulanz der Universitätsklinik in B., später einmal im Halbjahr in der Universitätsklinik in H. wahrgenommen hat.

44

Die darüber hinaus vom Kläger aufgeführten Arzttermine beruhen demgegenüber nicht auf einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema. Soweit der Kläger Termine bei Ärzten anderer Fachrichtungen, wie beispielsweise beim Orthopäden angibt, fehlt bereits jeglicher Bezug zur Grunderkrankung. Die außerhalb der regelmäßigen Kontrollen durchgeführten Arzttermine beim Nephrologen bzw. in einer der Universitätskliniken stehen zwar im Zusammenhang mit der Grunderkrankung, sie folgen aber keinem vorgegebenen Therapieschema mit von vorneherein festgelegten Behandlungsphasen und -schritten. Es handelt sich hierbei vielmehr, wie der Kläger selbst und der behandelnde Nephrologe Dipl-Med. R. angegeben haben, um Arztkonsultationen, die aufgrund akuter kritischer Krankheitsphasen erforderlich waren und daher einem von vorneherein festgelegten Therapieschema nicht zugänglich sind. Die außerhalb eines durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschemas wahrgenommenen Arzttermine bleiben bei der Beurteilung der hohen Behandlungsfrequenz außer Betracht.

45

Das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals "hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum" i. S. von § 8 Abs 2 KrTransp-RL ist danach zu bestimmen, ob die Behandlung, zu deren Ermöglichung die Fahrten durchgeführt werden sollen, mit den in Anlage 2 der RL genannten anderen Behandlungsformen von ihrem zeitlichen Ausmaß her wertungsmäßig vergleichbar ist; dabei ist die Häufigkeit einerseits und die Gesamtdauer andererseits gemeinsam zu den Regelbeispielen in Beziehung zu setzen. Dieser Maßstab ergibt sich aus der Absicht des Gesetzgebers, ab 1. Januar 2004 Fahrkosten in der ambulanten Behandlung grundsätzlich gar nicht mehr zu erstatten und nur in "besonderen" Ausnahmefällen etwas anderes gelten zu lassen, nicht aber schon breitflächig allgemein in Härtefällen. Vor diesem Hintergrund muss sich die Auslegung an den in Anlage 2 KrTransp-RL genannten nicht abschließenden Beispielen der Dialysebehandlung, der onkologischen Strahlentherapie sowie der onkologischen Chemotherapie orientieren (vgl. BSG, Urt. v. 28.07.2008 – B 1 KR 27/07 R, zitiert nach juris).

46

Unter Berücksichtigung der angeführten Regelbeispiele, die jeweils regelmäßig mehr als eine Behandlung wöchentlich erfordern, ist den Anforderungen an eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum bei den vom Kläger wahrgenommenen Kontrolluntersuchungen einmal monatlich beim Facharzt und zusätzlich einmal im Quartal bzw. einmal im Halbjahr in einer Universitätsklinik jedenfalls nicht Genüge getan. Dies gilt trotz des unabsehbaren Zeitraums, während dessen die Kontrolluntersuchungen beim Kläger weiterhin erforderlich sind.

47

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 28.07.2008 – B 1 KR 27/07 R, zitiert nach juris) ist das Merkmal der "hohen Behandlungsfrequenz" in Abhängigkeit von dem Merkmal "über einen längeren Zeitraum" auszulegen. Bei einer über einen längeren Zeitraum erforderlichen Behandlung kann daher eine hohe Behandlungsfrequenz auch schon dann vorliegen, wenn die Behandlung nicht zweimal wöchentlich notwendig ist.

48

Bei den in der Anlage 2 der KrTransp-RL aufgeführten Beispielsfällen erstreckt sich die Behandlung bei der Strahlentherapie regelmäßig auf einen Zeitraum von 4 bis 7 Wochen und bei der Chemotherapie auf Behandlungszyklen von jeweils 3 bis 4 Wochen in mittleren und fortgeschrittenen Stadien einer Behandlungsdauer von insgesamt etwa 4 bis 8 Monaten (vgl. BSG, Urt. v. 28.07.2008 – B 1 KR 27/07 R, zitiert nach juris). Das Bundessozialgericht hat in der genannten Entscheidung vom 28. Juli 2007 eine wöchentliche Behandlung bei unabsehbarer Behandlungsdauer noch als ausreichend anerkannt. Bei monatlichen Behandlungen wird die hohe Behandlungsfrequenz demgegenüber auch dann verneint, wenn sich die Behandlung auf einen unabsehbaren Zeitraum erstreckt (vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 30.07.2008 – L 1 KR 17/07 - unzureichend seien langwierige psychiatrische Behandlungen im Abstand von drei bis vier Wochen; Hessisches LSG, Urt. v. 26.06.2008 – L 7 SO 43/08 B ER, SAR 2008, 99 - monatliche Nachkontrollen, jeweils zitiert nach juris).

49

Dem schließt sich der Senat an. Denn statistisch werden in Deutschland durchschnittlich ca. 18 Arztkontakte jährlich pro Versichertem gezählt (Bericht der Gmünder Ersatzkasse vom 15. Januar 2009, aufrufbar im Internet unter http://www.gek.de/presse/meldungen/pm/archiv-2009/2009-01-15.html). Diese Arztkontakte werden zwar nicht im Hinblick auf ein einzelnes Behandlungsschema erforderlich, wie es § 8 Abs. 2 KrTransp-RL vorgibt. Das Zahlenmaterial macht aber deutlich, dass jedenfalls nicht von einer "hohen Behandlungsfrequenz" ausgegangen werden kann, wenn die Anzahl der durch ein Behandlungsschema vorgegebenen Arztbesuche noch unterhalb der durchschnittlich pro Versichertem in Anspruch genommenen Arztkontakte liegt.

50

Es ist nicht zu beanstanden, dass § 8 Abs. 2 KrTrans-RL nur auf Häufigkeit und Dauer der Behandlung abstellt und sowohl die im konkreten Fall zurückzulegende Fahrtstrecke als auch die jeweilige wirtschaftliche Lage des Versicherten außer Betracht lässt. Zwar verfolgt die Norm den Zweck, Versicherte in bestimmten Ausnahmefällen von krankheitsbedingten Fahrkosten und somit finanziell zu entlasten. Auch kann die tatsächliche Belastung des Versicherten durch die Fahrkosten nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Entfernung zwischen seinem Wohnort und dem nächst erreichbaren geeigneten Behandlungsort (vgl. § 3 Abs. 2 KrTrans-RL) sowie seiner wirtschaftlichen Lage bestimmt werden. Dass die Krankentransportrichtlinie diese Aspekte außer Betracht lässt und nur an Behandlungsdauer und Behandlungshäufigkeit des jeweiligen Behandlungsschemas anknüpft, ist aber mit der gesetzlichen Grundlage in § 60 Abs. 1 SGB V vereinbar. Denn abweichend von der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Regelung, wonach undifferenziert Fahrkosten in "Härtefällen" zu zahlen waren, hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 1 SGB V in der ab dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (GMG, BGBl. I 2190) stärker auf die medizinische Notwendigkeit der im Zusammenhang mit der Krankenkassenleistung erforderlichen Fahrt abgestellt und die Möglichkeit der Krankenkassen, Fahrkosten generell in Härtefällen zu übernehmen, verfassungskonform beseitigt (BSG, Urt. v. 26.09.2006 - B 1 KR 20/05 R, SozR 4-2500 § 60 Nr. 1). Eine Berücksichtigung der konkreten Entfernung zum jeweiligen Wohnort des Versicherten und seiner finanziellen Verhältnisse stünde hierzu in Widerspruch. Die daraus resultierenden Belastungen sind nicht allein durch die ambulante Behandlung veranlasst, wie es bei den Kriterien der Häufigkeit und der Dauer der Behandlung der Fall ist.

51

Die Differenzierung des Gesetz- und des Richtliniengebers ist auch mit Blick auf das Gebot des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart verschieden zu behandeln, sachgerecht. Auch wenn berücksichtigt wird, dass der Zweck des § 8 Abs. 2 KrTrans-RL auf Entlastung von hohen Fahrkosten zielt, die durch bestimmte Behandlungsschemata ausgelöst werden, war der Richtliniengeber nicht gehalten, auf die absolute Höhe der aufgewendeten Fahrkosten und ihre wirtschaftliche Tragbarkeit im Einzelfall abzustellen. Zum einen ist die Wahl des Wohnortes von vielen Gesichtspunkten aus dem Privatkreis des Versicherten abhängig und wird häufig von unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten begleitet (etwa im ländlichen Bereich). Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei großer Entfernung und einem Behandlungsschema, das die zeitlichen Maßgaben der in der Anlage 2 KrTransp-RL angeführten Beispielsfälle erfüllt (etwa einer Dialyse), für Versicherte mit weitem Anfahrtsweg auch entsprechend höhere Fahrkosten von der Versichertengemeinschaft aufzubringen sind als für Versicherte, die in näherer Umgebung des Behandlungsortes wohnen. Zum anderen stehen für die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Versicherten im Einzelfall andere soziale Sicherungssysteme zur Verfügung (SGB II, SGB XII). Wenn die Regelung somit allein danach differenziert, welche Kosten aus rein medizinischen Gründen erhöht und unterstützungswürdig sind, erscheint dies auch angesichts der Bedeutung einer Kostendämpfung in der Gesetzlichen Krankenversicherung für das Allgemeinwohl angemessen. Gerade im Gesundheitswesen hat der Kostenaspekt für gesetzgeberische Entscheidungen erhebliches Gewicht (vgl. BVerfG v. 20.3.2001 – 1 BvR 491/96, BVerfGE 103, 172 (184)). Schließlich ist auch die Praktikabilität der Regelung zu bedenken: Die Feststellung von Behandlungsfrequenz und Dauer eines medizinischen Behandlungsschemas durch die Krankenkassen erscheint problemlos. Die weiteren Feststellungen der konkreten Höhe von Fahrkosten und ihrer wirtschaftlichen Tragbarkeit für den Versicherten bedeuten hingegen einen erheblichen und sachfremden Zusatzaufwand.

52

Das SGB V sieht inzwischen bezüglich zahlreicher Leistungen Zuzahlungen und teilweise sogar einen vollständigen Leistungsausschluss vor (vgl. nur § 34 SGB V: ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel). Der Gesetzgeber hat hinsichtlich dieser Leistungsausschlüsse ebenso wie in Bezug auf die vom Gesetz nicht umfassten Fahrkostenansprüche nicht an die Belastungsgrenze nach § 62 SGB V angeknüpft, die nur für Zuzahlungen einschlägig ist. Leistungen, die medizinisch erforderlich sind, aber nicht von der Gesetzlichen Krankenkasse getragen werden, fallen daher in den Bereich der Eigenvorsorge und ggf. in den Leistungsbereich anderer Sozialleistungsträger.

53

Die vom Kläger zu tragenden Fahrkosten können nicht mit einer Vorenthaltung der gesamten medizinischen Leistung gleichgesetzt werden. Die höchsten Fahrkosten sind nach seinem Vortrag im Jahr 2004 in Höhe 970,90 EUR angefallen. Daraus ergibt sich eine monatliche Belastung von 80,91 EUR. In den folgenden Jahren sind die Fahrkosten auf deutlich weniger als die Hälfte gesunken (2005: 428,75 EUR = 35,73 EUR monatl.; 2006: 262,80 EUR = 21,90 EUR monatl.). Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass sich aus der Verfassung kein Anspruch auf bestimmte Leistungen der Krankenbehandlung ableiten lässt (vgl. hierzu ausführlich Beschl. v. 06.12.2005 – 1 BVR 347/98, zitiert nach juris). Die in Bezug auf die Fahrkosten gesetzlich vorgesehenen Leistungsbegrenzungen sind auch mit Rücksicht auf die sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz ergebende objektiv-rechtliche Pflicht des Staates, sich schützend und fördernd vor die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen nicht verfassungswidrig, soweit dem Versicherten damit Kosten in einem solchen Rahmen zugemutet werden. Denn aus dieser Belastung lässt sich jedenfalls keine Unverhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung ableiten. Auch wenn in der Gesetzlichen Krankenversicherung abhängig Beschäftigte mit mittleren und niedrigen Einkommen sowie Rentner pflichtversichert sind, führt eine Kostenbelastung in diesem Rahmen regelmäßig noch nicht dazu, dass die eigentliche Behandlung gar nicht oder nur unter unzumutbaren Bedingungen in Anspruch genommen werden könnte.

54

5. Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch auf Fahrkostenübernahme nach § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. § 8 Abs. 3 KrTrans-RL, da er nicht im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" oder eines Einstufungsbescheides gemäß dem Elften Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) in die Pflegestufe 2 oder 3 ist und auch nicht von einer vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen ist. Hierfür reichen Einschränkungen bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, bei der Bewältigung langer Strecken zu Fuß oder beim Steigen vieler Treppen nicht aus. Nach den Ausführungen des Nephrologen Dipl.-Med. R. in seinem Schreiben vom 16. Februar 2004 liegen beim Kläger keine darüber hinausgehenden Mobilitätseinschränkungen vor.

55

Die Begrenzung des Anspruchs auf einen Personenkreis, der in seiner persönlichen Mobilität aus gesundheitlichen Gründen besonders stark eingeschränkt ist, erscheint – auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – sachgerecht. Zudem kann zur Abgrenzung auf die gesetzlich festgelegten Kriterien der Merkzeichen und der Pflegestufen zurückgegriffen werden.

56

6. Es besteht auch kein Anspruch auf Fahrkostenerstattung aus § 60 Abs. 5 SGB V i. V. m. § 53 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB IX. Nach § 60 Abs. 5 SGB V werden im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Fahr- und andere Reisekosten nach § 53 Abs. 1 bis 3 SGB IX übernommen.

57

Bei den Fahrten zu den Kontrolluntersuchungen des Klägers handelt es sich nicht um Fahrkosten im "Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation". Vielmehr gehören die Kontrolluntersuchungen zu den Behandlungsmaßnahmen der Akutmedizin.

58

Durch das GKV-GesundheitsreformG 2000 vom 22.12.1999 sind Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 11 Abs. 2 SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 2000 an nicht mehr als Unterfall der in § 11 Abs. 1 SGB V genannten Leistungsarten anzusehen, die auf Vorsorge vor und Bekämpfung von Krankheiten ausgerichtet sind, sondern als eigenständige Leistungen. Sie dienen dazu, den Folgen von Krankheiten in Form von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen vorzubeugen, sie zu beseitigen oder zu bessern oder wesentliche Verschlimmerungen abzuwenden (Frakt.Entw. BT-Drucks. 14/1245 S. 61; AusBer BT-Drucks. 14/1977 S. 160). Zu systematischer Unklarheit (KassKomm/Höfler, § 11 SGB V Rn. 13) führt aber, dass die Reha-Leistungen weiterhin der Krankenbehandlung in § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V zugeordnet sowie die Reha-Ansprüche der §§ 33, 40 bis 43 im Fünften Abschnitt Erster Titel "Krankenbehandlung" des SGB V aufgeführt sind. § 60 SGB V unterscheidet – wie § 11 SGB V – die medizinische Rehabilitation, bei der es um die Folgen von Krankheiten geht, von der Vorsorge vor und der Bekämpfung von Krankheiten selbst. Fahrkosten in Zusammenhang mit Krankenbehandlung werden in Abs. 1 und 2 geregelt, solche in Zusammenhang mit medizinischer Rehabilitation in Abs. 5 (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.2008 – B 1 KR 22/07, NZS 2009, 217 Rn. 25). Die Kontrolluntersuchungen gehören zu den Maßnahmen zur Bekämpfung der Krankheit selbst. Sie dienen der Medikamenteneinstellung und Früherkennung von Abstoßungsreaktionen und anderen Unregelmäßigkeiten. Es geht nicht darum, Folgen der Krankheit in Form von etwaigen Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen vorzubeugen, sie zu beseitigen oder zu bessern oder wesentliche Verschlimmerungen abzuwenden.

59

7. Die Beklagte hat dem Kläger die Fahrkosten auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zweites Buch SozialgesetzbuchSGB II) bzw. der Sozialhilfe (Zwölftes Buch SozialgesetzbuchSGB XII) zu erstatten.

60

Gemäß § 14 SGB IX muss der für Leistungen zur Teilhabe erstangegangene Rehabilitationsträger allerdings grundsätzlich auch prüfen, ob der geltend gemachte sozialrechtliche Leistungsantrag von einem anderen Träger nach dessen Leistungsrecht zu erfüllen ist. Leitet er den Antrag nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen an den zuständigen Träger weiter, bleibt er zur Bescheidung des Antrags unter Anwendung des maßgeblichen Leistungsrechts zuständig. Ob die Beklagte im vorliegenden Fall den Antrag des Klägers auf Befreiung von den Fahrkosten unter den gegebenen Umständen als einen auf Leistung nach dem SGB II bzw. SGB XII gerichteten Antrag auslegen musste, kann aber dahinstehen. Denn bei den zur Erstattung beantragten Fahrkosten handelte es sich nicht um eine Rehabilitationsleistung zur Teilhabe. § 14 SGB IX findet daher keine Anwendung. Zur Teilhabe werden zwar gemäß § 5 Nr. 1 SGB IX u. a. auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht. Dazu zählt nach dem Leistungskatalog des § 26 Abs. 2 SGB IX auch die ärztliche Behandlung (Nr. 1). Dies gilt aber nur, soweit sie im Rahmen der medizinischen Rehabilitation erbracht wird, also darauf zielt, den Folgen von Krankheiten in Form von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen vorzubeugen, sie zu beseitigen oder zu bessern oder wesentliche Verschlimmerungen abzuwenden (vgl. Brodkorb in Hauck/Noftz, SGB IX § 26 Rn. 15 f. m. w. N.).

61

8. Eine Beiladung des Sozialhilfe- bzw. Grundsicherungsträgers gemäß § 75 Abs 1, 2 SGG war nicht veranlasst, da der Kläger Leistungen der Sozialhilfe oder der Grundsicherung nicht beantragt hat. Ein Anspruch aus dem SGB II oder dem SGB XII auf rückwirkende Erstattung von Kosten besteht grundsätzlich nicht.

62

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

63

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da es sich um eine Einzelfallentscheidung auf geklärter Rechtsgrundlage handelt.


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.