Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 16. Nov. 2016 - L 6 KR 204/15

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2016:1116.L6KR204.15.00
16.11.2016

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 13. November 2015 und der Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2012 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 60,61 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine Zinszahlung aus einer Beitragserstattung.

2

Mit einem am 16. Juli 2008 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben teilte die private Versicherungsgesellschaft V. mit, dass der Kläger am 1. August 2008 eine Versicherungsleistung i. H. v. 27.916,60 EUR erhalten habe. Es handele sich um Leistungen aus seiner Direktversicherung bzw. einer ehemaligen Direktversicherung, aus der eine einmalige Kapitalzahlung als Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erfolgte.

3

Mit zwei Bescheiden vom 9. September 2008 setzte die Beklagte zusätzliche Beiträge aus dem Versorgungsbezug für die Kranken- und Pflegeversicherung fest. Hiergegen legte der Kläger am 12. September 2008 Widerspruch ein und führte aus, er habe die Beitragszahlung zu rund 80 % privat mit eigenen Beiträgen bestritten. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage und wies schließlich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. September 2010 (1 BVR 1660/08) hin. Weiterhin legte er ein Schreiben der V. vom 6. Januar 1997 vor, nach dem er selbst seit dem 1. Januar 1997 alle Rechte aus der Versicherung übernommen habe (Eingang bei Gericht am 23. November 2010). Unter dem 10. April 2011 (Eingang bei der Beklagten am 13. April 2011) bescheinigten die G.-Versicherungen (Rechtsnachfolger der V.) dass der Kläger privat 17.766,98 EUR in die Versicherung eingezahlt habe und sein Arbeitgeber 3.706,78 EUR. Weitere Angaben zur Aufteilung der ausgezahlten Versicherungsleistung könne man noch nicht machen. Am 19. Mai 2011 konkretisierte die Versicherung ihre bisherige Meldung, dass beitragspflichtige Versorgungsleistung lediglich ein Betrag von 4.818,94 EUR sei.

4

Mit Bescheiden vom 18. Juni 2011 korrigierte die Beklagte die bisherige Beitragsfestsetzung und stellte für die Krankenversicherung eine Überzahlung von 949,20 EUR und von weiteren 124,08 EUR in der Pflegeversicherung fest. Zinsen setzten sie jeweils nicht fest. Mit Bescheid vom 27. Oktober 2011 erläuterte sie, dass ein vollständiger Erstattungsantrag erst nach Vorliegen der am 19. Mai 2011 ausgestellten qualifizierten Bescheinigung vorgelegen habe. Daraufhin habe man über die Rückforderung mit Bescheid vom 6. Juli 2011 entschieden und die Beiträge am 13. Juli 2011 erstattet. Eine Verzinsung käme erst ab 1. Juli 2011 in Betracht. Da der zu verzinsende Zeitraum aber mit dem Ablauf des letzten Kalendermonats vor der Zahlung des Erstattungsbetrages durch den Versicherungsträger ende, ergebe sich vorliegend kein Verzinsungszeitraum. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2012 zurück und vertiefte die bisherige Begründung.

5

Hiergegen hat der Kläger am 6. Juli 2012 Klage erhoben und ausgeführt, in dem Widerspruch gegen den Beitragsbescheid sei bereits der Erstattungsantrag selbst zu sehen. Auf eine Mitwirkung eines Dritten (hier der Lebensversicherung) komme es nicht an. Es sei auch unerheblich, aus welchen Gründen Beiträge nicht richtig berechnet worden seien. Der Kläger hat eine Berechnung vorgelegt, mit der er die aufgelaufenen Zinsansprüche rechnerisch nach den einzelnen Monaten aufgeschlüsselt und mit 60, 61 EUR beziffert hat (Bl. 32 Gerichtsakte).

6

Mit Urteil vom 13. November 2015 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an einem vollständigen Erstattungsantrag, wie die Beklagte zutreffend dargelegt habe. Es hat im Tenor seiner Entscheidung die Berufung zugelassen.

7

Gegen die ihm am 24. November 2015 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 22. Dezember 2015 Berufung eingelegt und seinen erstinstanzlichen Vortrag vertieft.

8

Der Kläger beantragt,

9

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 13. November 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 60,61 EUR an ihn zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Berufung zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

13

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

14

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

15

Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klage ist begründet. Hierüber konnte der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

16

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von insgesamt 60,61 EUR gemäß § 27 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV).

17

a) Die fehlende Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs vor dem 18. Juni 2011 steht dem Begehren des Klägers nicht entgegen. Ein Anspruch auf Erstattung von Beiträgen (§ 26 SGB IV) kann zwar erst fällig werden, wenn er von dem erstattungspflichtigen Versicherungsträger zu erfüllen ist. Das ist bei Beiträgen, die mittels Beitragsbescheid gefordert worden sind, erst der Fall, nachdem dieser Bescheid aufgehoben worden ist. Solange das nicht geschehen ist, muss auch eine mit der Klage angefochtene Beitragsforderung von dem in Anspruch genommenen Adressaten des Bescheids zunächst erfüllt werden, da die Klage insoweit keine aufschiebende Wirkung hat (§ 97 Abs. 1 SGG). Insofern ist der Bescheid die formelle Rechtsgrundlage für die Beitragsentrichtung. Erst wenn diese Rechtsgrundlage beseitigt ist, kann der Erstattungsanspruch fällig werden. Allerdings wird der Beitragsbescheid regelmäßig - wie auch hier - mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben.

18

Maßgeblich ist, dass die Verzinsung eines Anspruchs nicht stets seine Fälligkeit voraussetzt. Insoweit gelten Abweichungen für Beiträge im Sozialversicherungsrecht. Die Regelungen des SGB IV zur Verzinsung von Ansprüchen gegen Sozialleistungsträger sind nicht mit den zivilrechtlichen Regelungen über Verzugszinsen und Prozesszinsen (§§ 288, 291 Bürgerliches Gesetzbuch) vergleichbar. Besonders deutlich wird dies an § 24 SGB IV, der anstelle von Verzugszinsen, Prozesszinsen und Schadensersatzansprüchen allein Säumniszuschläge vorsieht. Aber auch § 27 SGB IV zeigt deutliche Unterschiede gegenüber dem Zivilrecht. Er stellt weder auf die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs noch auf ein Verschulden des Versicherungsträgers noch auf die Höhe eines dem Erstattungsberechtigten etwa entstandenen Schadens (z.B. gezahlte Bankzinsen) ab. Diese Eigenständigkeit der Verzinsung sozialrechtlicher Ansprüche schließt es aus, ohne weiteres von bürgerlich-rechtlichen Normen auszugehen oder dort entwickelte Grundsätze heranzuziehen (BSG, 16. April 1985 - 12 RK 19/83, SozR 2100 § 27 Nr. 3, Rn. 27). Die Voraussetzungen der Verzinsung solcher Ansprüche sind somit allein dem § 27 SGB IV zu entnehmen (so BSG, a.a.O.).

19

b) Der nach § 27 SGB IV erforderliche Antrag liegt vor. Denn in einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid ist zugleich ein Erstattungsantrag enthalten. Dies gilt selbst dann, wenn die Beiträge (für die Folgemonate) zu dieser Zeit noch nicht entrichtet waren. Der zu unterstellende Erstattungsantrag wirkt dann für später entrichtete Beiträge fort (vgl. BSG, a.a.O.).

20

Hiergegen lässt sich nicht einwenden, diese Auffassung sei mit dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung (des § 27 Abs. 1 SGB IV) nicht vereinbar, weil sie auf eine allgemeine Zinspflicht im Sozialrecht hinauslaufe. Denn dies gilt nur für die Fälle des Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid, einer unter Vorbehalt erfolgten unfreiwilligen Erfüllung einer Beitragsforderung sowie den weiteren Einschränkungen des § 27 SGB IV. Es wäre lebensfremd, neben dem Antrag auf Aufhebung bzw. Abänderung eines angefochtenen Beitragsbescheides noch einen gesonderten Antrag auf Erstattung etwa zu viel gezahlter Beiträge zu verlangen (so überzeugend BSG, 26. Juni 1986 - 2 RU 25/85, juris). Ein von einem Sozialversicherungsträger durch einen Beitragsbescheid in Anspruch genommener Beitragspflichtiger, der gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegt, lässt dadurch nämlich nicht nur erkennen, dass er den Grund und/oder die Höhe der Beitragsforderung bestreitet, sondern dass er im Falle der vollständigen bzw. teilweisen Aufhebung des angefochtenen Beitragsbescheides die Erstattung der von ihm etwa zu viel gezahlten Beiträge verlangen werde. Angesichts der fehlenden aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Klage (vgl. § 97 Abs. 1 SGG) sowie zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ist der Beitragsschuldner regelmäßig gezwungen, die geforderten Beträge zunächst zu entrichten.

21

c) Jener mit dem Widerspruch gestellte Erstattungsantrag war auch vollständig im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB IV, da weitere Angaben weder von der Beklagten verlangt wurden noch für den Kläger erkennbar notwendig waren.

22

Es obliegt grundsätzlich dem Sozialversicherungsträger, vor der Festsetzung der Beiträge durch Bescheid die tatbestandlichen und rechtlichen Voraussetzungen hierfür abschließend zu prüfen. Dies folgt aus dem Grundsatz der Amtsermittlung und der Beweislastverteilung. Besonderheiten mögen insbesondere gelten, wenn ein Beitragsschuldner seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, falsche Angaben macht oder gar versucht, die Beitragspflicht rechtswidrig zu umgehen. Solche oder vergleichbare Fallgestaltungen liegen hier nicht vor.

23

Ansonsten erklärt der Sozialversicherungsträger konkludent mit dem Erlass eines Beitragsbescheides ohne weitere Einschränkungen (wie beispielsweise einer vorläufigen Festsetzung oder Hinweis auf Verletzung von Mitteilungspflichten), dass er die Entscheidungsgrundlage als vollständig erachtet. Zumindest wenn wie hier der Streit zwischen den Beteiligten nicht im tatsächlichen, sondern (auch) in unterschiedlichen Rechtsauffassungen liegt, hat der Beitragsschuldner keinen Anlass, weitere Angaben zu machen. Aus § 27 SGB IV kann nicht abgeleitet werden, dass der Antragssteller unaufgefordert Angaben ins Blaue hinein abzugeben hat, selbst wenn der Träger der Sozialversicherung durch seinen Bescheid (und den nachfolgenden Schriftverkehr einschließlich des Widerspruchsbescheides) klar zu erkennen gibt, dass er die Beitragserhebung ohne weitere Ermittlungen als rechtmäßig ansieht. Insoweit handelt die Beklagte widersprüchlich und treuwidrig, wenn sie nun auf die Notwendigkeit weiterer Angaben verweist.

24

Dieses Ergebnis bestätigt auch der Wortlaut von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Dieser spricht von der Vollständigkeit des Antrags, nicht der Vollständigkeit der (objektiven) Entscheidungsgrundlage. Maßgeblich ist also im Regelfall die Sicht des Sozialversicherungsträgers.

25

Aus Sinn und Zweck von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ergibt sich nichts anderes. Insbesondere vermag der Senat keinen Wertungswiderspruch zwischen § 27 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB IV und § 27 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SGB IV zu erkennen (so aber Sächsisches LSG, 6.5.2014 - L 1 KR 126/13 NZB, Rn. 37, juris). Diese beiden Fallgruppen sind so unterschiedlich, dass eine verschiedene Behandlung sogar naheliegt. Ein Beitragsschuldner, der keine Beitragserstattung beantragt, ist nicht in gleichem Maße schutzwürdig wie derjenige, der sich gegen die Beitragsfestsetzung wendet und damit eine sofortige Erstattung verlangt.

26

Zudem kann nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SGB IV zwar der Zinsanspruch bei Fehlen eines entsprechenden Erstattungsantrages erst nach Erlass des Bescheides entstehen; die Ermittlungen können aber bereits lange vorher abgeschlossen sein und die Entscheidungsgrundlage - aufgrund von Rechtsanwendungsfehlern - schon bei Erlass des später angefochtenen Beitragsbescheides vollständig sein.

27

Teilweise wird zwar vereinfachend davon ausgegangen, dass ein Erstattungsantrag erst dann vollständig sei, wenn er alle Angaben enthält, die dem Versicherungsträger eine Entscheidung darüber ermöglichen (siehe nur Kreikebohm in Kreikebohm, SGB IV, 2. Aufl. § 27 Anm. 7; Udsching in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 27 Rn. 3; Dahm in Eichenhofer/Wenner, SGB IV, § 27 Rn. 14). Jedoch hat das BSG ausgeführt, ein vollständiger Leistungsantrag liege vor, wenn der zuständige Leistungsträger durch ihn in die Lage versetzt wird, den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe zu überprüfen, d.h. die von Amts wegen durchzuführende (§ 20 Sozialgesetzbuch 10. Buch - SGB X) Ermittlung des Sachverhalts zügig aufzunehmen und die ggf. noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen (s. hierzu und zum Folgenden BSG, 22.06.1989, 4 RA 44/88 SozR 1200 § 44 Nr. 24 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung; siehe hierzu auch LSG Baden-Württemberg, 21.06.2012 - L 7 R 923/11; LSG Baden-Württemberg, 16.6.2015 - L 9 R 4503/14, Rn. 24, juris; Mette in Beck-online § 27 SGB IV, Rn. 7). Insbesondere hat das BSG auch einen durch einen Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid gestellten Erstattungsantrag als vollständig behandelt, obwohl im anschließenden Gerichtsverfahren umfangreich entscheidungsrelevante Tatsachen nachermittelt wurden (BSG 16.4.1985, 12 RK 19/83, SozR 2100 § 27 Nr. 3 i.V.m. BSG, 22.02.1980 - 12 RK 34/79, SozR 2200 § 172 Nr. 14). Die Auffassung des Sozialgerichts, es sei insoweit nicht auf die Auskunft durch Dritte angekommen, lässt sich dieser Fallgestaltung nicht entnehmen und ist dort jedenfalls nicht als entscheidungserheblich erkennbar.

28

Dieser Rspr. des BSG schließt sich der Senat an. Denn § 27 SGB IV setzt den Amtsermittlungsgrundsatz nicht außer Kraft.

29

Zudem liegt nach allgemeiner Ansicht ein vollständiger Leistungsantrag jedenfalls vor, wenn ein Leistungsträger Antragsvordrucke (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch 1. Buch - SGB I) herausgegeben hat, sobald der Antragsteller den Vordruck für den Antrag auf die begehrte Leistung vollständig ausgefüllt und auch die darin als beizubringend bezeichneten (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) Unterlagen eingereicht hat (BSG, 22. Juni 1989 - 4 RA 44/88, SozR 1200 § 44 Nr. 24; Seewald in: KassKomm, SGB IV, § 27 Rn. 7; Udsching in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 27 Rn. 3; Lüdke/Winckler, PK-Kommentar SGB IV, § 27 Rn. 5; Dahm in Eichenhofer/Wenner, SGB IV, § 27 Rn. 14; Figge in: Jahn, SGB IV, § 27 Rn. 7). Besonderheiten können gelten, wenn der Antragsteller über den Antragsvordruck hinaus durch weitere erhebliche Angaben (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB I), Erklärungen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB I) oder die Vorlage weiterer Beweisurkunden (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) bei der Bearbeitung des Antrags mitzuwirken hat (§ 65 Abs. 1 und 3 SGB I; enger LSG Baden-Württemberg, 16. Juni 2015 - L 9 R 4503/14, Rn. 24, juris).

30

Insoweit kann ein Antrag (hier in Form des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid) zumindest dann als vollständig angesehen werden, wenn ein Informationsdefizit und damit die Unvollständigkeit des Antrags allein in den Verantwortungsbereich des Versicherungsträgers fällt (LSG Niedersachsen-Bremen, 18. November 2008 - L 12 AL 185/05, in Juris; s. auch LSG Niedersachsen-Bremen, 29. April 2014 - L 2 R 387/13, Juris; LSG Baden-Württemberg, 16. Juni 2015 - L 9 R 4503/14, Rn. 27, juris; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I, Stand März 2005, § 44 SGB I Rn. 13; ähnlich Baier in Krauskopf, SGB IV, § 27 Rn. 5). Durch den Antrag muss der Versicherungsträger lediglich in die Lage versetzt werden, das Verfahren einzuleiten, um gegebenenfalls weitere Ermittlungen vorzunehmen. Ermittlungen, z.B. beim Arbeitgeber oder anderen Leistungsträgern, gehen zu Lasten des zuständigen Trägers.

31

Die Auffassung der Beklagten läuft darauf hinaus, dass in vielen Fällen auch bei einer Aufhebung oder Änderung eines Beitragsbescheides erst mit der Rechtskraft des Urteils ein "vollständiger" Erstattungsantrag gestellt sein könnte. Dies würde aber zu dem untragbaren Ergebnis führen, dass der Träger der Sozialversicherung während der gesamten Zeit seit Erlass des Beitragsbescheides bis zur Rechtskraft des Urteils in dem Genuss des zu viel gezahlten Beitrages wäre, ohne bei der vollständigen oder teilweisen Rückzahlung wenigstens die Zinsen in Höhe von 4 v.H. zahlen zu müssen (vgl. BSG, 26.6.1986 - 2 RU 25/85, Rn. 22, juris; siehe auch BSG, 17.5.2001 - B 12 KR 31/00 R, SozR 3-2500 § 240 Nr. 38, Rn. 18). Denn in vielen Fallkonstellationen wird es dem Betroffenen nicht möglich sein, mit der Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid zugleich seine Klage auf Erstattung nebst Zinsen zu erheben (vgl. BSG, 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B, SozR 4-1500 § 160a Nr. 6, Rn. 14). Typischerweise würde für die Leistungsklage auf die Erstattungssumme sogar ein Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da der Erstattungsanspruch für den Fall einer sich mit Aufhebung des Beitragsbescheides herausstellen fehlenden Beitragsforderung nicht streitig ist.

32

Zugleich ergäben sich rechtsstaatliche Bedenken gegen die Bestimmtheit des § 27 SGB IV, wenn es für die Vollständigkeit des Antrages auf Ermittlungen im Gerichtsverfahren ankommen würde. Der Beginn der Verzinsung kann in typischen Fällen wie z.B. der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit oder Streit über beitragsrelevante Rechtsfragen nicht davon abhängen, welche Gerichtsinstanzen gegebenenfalls welche Beweiserhebungen vorgenommen haben. Sogar im abschließenden Urteil kann unklar bleiben, ob es auf das Ergebnis der Beweiserhebung oder unaufgefordert vorgelegter weiterer Beweismittel überhaupt ankam.

33

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGB IV ist der Erstattungsanspruch nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. "Nach Ablauf eines Kalendermonats" bedeutet, dass die Verzinsungspflicht frühestens nach Ablauf des auf den Antrag oder die Bekanntgabe folgenden Kalendermonats beginnt, somit hier ab dem 1. Oktober 2008. Dies hat der Kläger bei Berechnung seiner Forderung berücksichtigt.

34

Bezüglich der Höhe des Anspruchs verweist der Senat auf die rechnerischen Darlegungen des Klägers, die mathematisch korrekt sind.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

36

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Der Senat schließt sich der klaren Rechtsprechung des BSG an (vgl. insbesondere BSG 16.4.1985, 12 RK 19/83, SozR 2100 § 27 Nr. 3 i.V.m. BSG, 22.2.1980 - 12 RK 34/79, SozR 2200 § 172 Nr. 14), die - wie dargelegt - von der Literatur und der ganz überwiegenden Rspr. der übrigen Sozialgerichte geteilt wird.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 16. Nov. 2016 - L 6 KR 204/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 16. Nov. 2016 - L 6 KR 204/15

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 16. Nov. 2016 - L 6 KR 204/15 zitiert 15 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 60 Angabe von Tatsachen


(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,2. Änderungen

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 26 Beanstandung und Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge


(1) Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches entsp

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 24 Säumniszuschlag


(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgeru

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 44 Verzinsung


(1) Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. (2) Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sech

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 65 Grenzen der Mitwirkung


(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus eine

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 27 Verzinsung und Verjährung des Erstattungsanspruchs


(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 16. Nov. 2016 - L 6 KR 204/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 16. Nov. 2016 - L 6 KR 204/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 16. Juni 2015 - L 9 R 4503/14

bei uns veröffentlicht am 16.06.2015

Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. September 2014 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand 1 Streitig ist ein Zinsanspru

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Juni 2012 - L 7 R 923/11

bei uns veröffentlicht am 21.06.2012

Tenor Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. Januar 2011 abgeändert und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 5. September 2008 aufgehoben.Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.Die K

Referenzen

(1) Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge. Gleiches gilt für zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Absatz 2 Satz 1 bestimmten Frist.

(2) Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten.

(3) Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat. Soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind, entfällt sein Erstattungsanspruch.

(4) In den Fällen, in denen eine Mehrfachbeschäftigung vorliegt und nicht auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 vorliegen, hat die Einzugsstelle nach Eingang der Entgeltmeldungen von Amts wegen die Ermittlung einzuleiten, ob Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden. Die Einzugsstelle kann weitere Angaben zur Ermittlung der zugrunde zu legenden Entgelte von den Meldepflichtigen anfordern. Die elektronische Anforderung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung zu erfolgen. Dies gilt auch für die Rückübermittlung der ermittelten Gesamtentgelte an die Meldepflichtigen. Die Einzugsstelle hat das Verfahren innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen aller insoweit erforderlichen Meldungen abzuschließen. Das Verfahren gilt für Abrechnungszeiträume ab dem 1. Januar 2015. Das Nähere zum Verfahren, zu den zu übermittelnden Daten sowie den Datensätzen regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.

(1a) (weggefallen)

(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. Januar 2011 abgeändert und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 5. September 2008 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Verzinsung einer Rentennachzahlung.
Der im 1945 geborene Kläger beantragte am 29. November 2005 formlos Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Die Beklagte übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 den förmlichen Vordruck für den Rentenantrag „R 100“. Nachdem der Kläger sich trotz Erinnerung vom 23. Januar 2006 nicht gemeldet hatte, lehnte die Beklagte den Antrag auf Zahlung der Rente unter Berufung auf § 66 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) mit Bescheid vom 6. März 2006 ab, da das Rentenantragsformular nicht eingesandt worden sei. Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2006) und Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (Urteil vom 10. Juli 2007 - S 11 R 2304/06 -) blieben erfolglos. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 11 R 4254/07) erklärten die Beteiligten im Rahmen eines Erörterungstermins vom 16. Oktober 2007 das Verfahren übereinstimmend für erledigt, nachdem der Kläger der Beklagten kurz zuvor, nämlich am 28. September 2007, den Vordruck „R 100“ für den Rentenantrag übersandt hatte. Die Beklagte führte weitere Ermittlungen u.a. für den Zeitraum vor Vollendung des 17. Lebensjahres des Klägers, den Monat Juli 1972 und die Monate April 1980 bis Juli 1980 durch, ließ sich die Personenstandsdaten des Klägers und seines Sohnes bestätigen und bewilligte mit Bescheid vom 13. Februar 2008 auf den Antrag vom 29. November 2005 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit rückwirkend ab dem 1. September 2005. Für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis 29. Februar 2008 errechnete sie einen Rentennachzahlungsanspruch in Höhe von 31.232,52 EUR. Eine Verzinsung wurde abgelehnt, weil seit Eingang des vollständigen Leistungsantrags keine sechs Kalendermonate vergangen seien. Der Nachzahlungsbetrag wurde noch im Februar 2008 an den Kläger überwiesen.
Der Kläger erhob Widerspruch und machte u.a. die Verzinsung der Rentennachzahlung geltend. Es habe dem Grunde nach ein Anspruch auf die am 26. November 2005 formlos beantragte Altersrente bestanden. Mit dem ablehnenden Rentenbescheid vom 6. März 2006 sei ohne zwingende Notwendigkeit und Grund die Zahlung der Rente abgelehnt worden. Nach § 44 Abs. 2, 2. Halbsatz des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) werde damit die Verzinsung begründet, zumindest soweit die Ansprüche aus dem Versicherungsverlauf unstrittig gewesen seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2008 und (offenbar weil in dieser Entscheidung die Widerspruchsbegründung des Klägers nicht beachtet worden war) erneut mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 als unbegründet zurück. Nach § 44 Abs. 2 SGB I beginne die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim zuständigen Leistungsträger. Der Formantrag sei erst am 28. September 2007 eingegangen, so dass die im Februar 2008 überwiesene Nachzahlung nicht habe verzinst werden müssen.
Bereits am 31. Juli 2008 hatte der Kläger Klage zum SG erhoben. Mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2011 hat das SG - nach vorheriger Abtrennung weiterer Verfahrensgegenstände - die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Verzinsungsanspruch bezüglich der Rentennachzahlung. Die Verzinsung beginne frühestens sechs Monate nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages. Wenn das Gesetz von einem vollständigen Leistungsantrag spreche, so verlange es, dass der Sachverhalt vollständig dargelegt werde, um die im Gesetz bestimmten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Sozialleistungen nach Grund und Höhe zu überprüfen und sein Entstehen feststellen zu können. Der Kläger habe die erforderlichen Angaben zur Sachverhalts-aufklärung nicht gemacht. Zu aufklärungsbedürftigen Lücken im Versicherungsverlauf, die sich auf die Rentenhöhe auswirkten, hätten Angaben gefehlt. Erst im September 2007 habe damit ein vollständiger Leistungsantrag vorgelegen.
Gegen diesen ihm am 4. Februar 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 4. März 2011 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Die Begründung, dass der Gesetzgeber zwingend einen vollständigen Leistungsantrag vorsehe, möge für sonstige Sozialleistungen wie Wohngeld, Arbeitslosengeld II u.a. wohl zutreffen. Bei der Altersrente bestehe der entscheidende Unterschied zu den sonstigen Sozialleistungen darin, dass ein Rechtsanspruch auf selbst erworbene Leistungsansprüche bereits vorliege, die bei der Beklagten auf dem Rentenkonto ersichtlich seien. Die Anträge hätten damit allenfalls ergänzenden Charakter. Dies habe die Beklagte in ihrer zeitnahen Rentenauskunft vom 18. März 2005 detailliert bestätigt und den frühesten möglichen Rentenbeginn zum 1. September 2005 benannt. Damit sei dem Grunde nach auch § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I als Leistungsvoraussetzung erfüllt. Auf die Verzinsung bezogen sei damit § 44 Abs. 2 SGB I vollständig anzuwenden, nicht nur der 1. Halbsatz. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 6. März 2006 und Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2006 den sowieso bestehenden Leistungsanspruch komplett abgelehnt und sich damit unnötig in Zugzwang gebracht. Sie hätte auch mitteilen können, dass nach Aktenlage vorläufig eine Rente bewilligt werde, denn nach § 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I sei dafür die Rechtsgrundlage vorhanden. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten die Rentenzahlung ursächlich erheblich verzögert und sich deshalb die Zinszahlung selbst zuzurechnen. Der Zinsanspruch nach § 44 Abs. 2 SGB I bestehe ab dem 6. April 2006 auf Grund des ergangenen Bescheides vom 6. März 2006.
Mit Schreiben vom 7. Juni 2012 hat der Kläger ferner die Feststellung beantragt, dass der Bescheid vom 6. März 2006 rechtswidrig gewesen sei, da er die bestehenden Ansprüche des Klägers verletzt habe und damit ein Zinsanspruch vom 6. April 2006 an bestehe, berechnet auf der Basis des zu diesem Zeitpunkt auf dem Rentenkonto bestehenden Guthabens.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. Januar 2011 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7. Juli 2008 und 5. September 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Rentennachzahlung ab dem 6. April 2006 bis zum Monat vor der Auszahlung in gesetzlicher Höhe zu verzinsen, sowie festzustellen, dass der Bescheid vom 6. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2006 rechtswidrig war.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Beschwerdewertgrenze von mehr als 750,- EUR ist angesichts der erheblichen Höhe der im Falle eines Obsiegens des Klägers zu verzinsenden Nachzahlung (31.232,52 EUR), der (gesetzlichen) Zinshöhe von vier vom Hundert und der Dauer des geltend gemachten Zinszeitraumes (6. April 2006 bis Januar 2008) ersichtlich überschritten.
15 
Die Berufung hat jedoch in der Sache nur insoweit Erfolg, als der Kläger mit seiner gemäß § 54 Abs. 1 SGG erhobenen Anfechtungsklage (auch) den Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 angreift. Im Übrigen hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Nachzahlungsbetrag, der in unmittelbarem Anschluss zur Auszahlung gelangte, ist nicht zu verzinsen.
16 
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Ansprüche auf Sozialleistungen werden nach § 41 Abs. 1 SGB I mit ihrem Entstehen fällig. Sie entstehen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 40 Abs. 1 SGB I). Ungeachtet einer bereits eingetretenen Fälligkeit beginnt die Verzinsung nach § 44 Abs. 2 SGB I allerdings frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger bzw. beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.
17 
Bei der vorliegend im Streit stehenden Altersrente handelt es sich um eine Leistung, die nur auf Antrag gewährt wird (§ 115 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch). Damit richtet sich die Verzinsung nach § 44 Abs. 1, 2 Halbsatz 1 SGB I, weshalb die Verzinsungspflicht sechs Monate nach vollständigem Eingang des Leistungsantrags beginnt. Vollständiger Leistungsantrag in diesem Sinne war erst der Antrag des Klägers vom 28. September 2007, mit dem er die Rente unter Verwendung des von der Rentenversicherung herausgegebenen Antragsvordrucks „R 100“ beantragte. Entsprechend hätte die Verzinsung - wie die Beklagte zutreffend ausführt - frühestens am 1. April 2008, nämlich sechs Kalendermonate nach Antragseingang, beginnen können, also erst zu einem Zeitpunkt, zu dem die Nachzahlung bereits ausgezahlt war, weshalb diese nicht zu verzinsen ist.
18 
Für den Eingang des vollständigen Leistungsantrags im Sinne der genannten Regelung ist nicht auf den formlosen Rentenantrag vom 26. November 2005 (Eingang bei der Beklagten am 29. November 2005) abzustellen. Denn dieser Antrag war nicht vollständig und versetzte die Beklagte nicht in die Lage, über die begehrte Rente in vollem Umfang zu entscheiden. Eine teilweise Entscheidung über den Antrag - wie sie der Kläger für möglich hält - sieht das Gesetz nicht vor und wäre aufgrund fehlender Daten ohnehin nicht möglich gewesen.
19 
Wie das Bundessozialgericht (BSG) in Fortsetzung einer ständigen Rechtsprechung bereits klargestellt hat (BSG SozR 1200 § 44 Nr. 16 m.w.N.), liegt - woran keine strengen Anforderungen zu stellen sind (vgl. BSG USK 82246 S. 1133) - ein "vollständiger" Leistungsantrag im Sinne von § 44 Abs. 2, 1. Alternative SGB I vor, wenn der zuständige Leistungsträger durch ihn in die Lage versetzt wird, den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe zu überprüfen, d. h. die von Amts wegen durchzuführende (§ 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch) Ermittlung des Sachverhalts zügig aufzunehmen und die ggf. noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen (BSG, Urteil vom 22. Juni 1989, SozR 1200 § 44 Nr. 24). Für den Antragsteller bedeutet Vollständigkeit des Leistungsantrags, die Amtsermittlung des Leistungsträgers in dem im Rahmen seiner Mitwirkungsmöglichkeit und -pflichten (§ 60, 65 SGB I) zumutbaren Umfang vorzubereiten und zu ermöglichen. Ein Leistungsantrag ist daher nicht erst dann "vollständig" im Sinne des Gesetzes, wenn der Leistungsträger allein schon durch ihn in die Lage versetzt wird, das Leistungsbegehren abschließend zu verbescheiden (BSG a.a.O.; Bundesverwaltungsgericht Buchholz 436.0 § 5 Nr. 3). In diesem Sinne reicht es aus, wenn der Antrag alle Tatsachen enthält, die der Antragsteller zur Bearbeitung seines Antrags angeben muss (BSG, a.a.O.).
20 
Unverkennbar ist nach alledem der genaue Zeitpunkt des Fristbeginns wegen der wechselseitigen Abhängigkeit von Amtsermittlung (§§ 20 ff SGB X) und Mitwirkungsobliegenheiten bei der Antragstellung (§§ 60, 65 SGB I) im Einzelfall unter Umständen von Zufälligkeiten abhängig und nur unter abwägender Beurteilung der beiderseitigen Handlungspflichten feststellbar. Dies widerstreitet dem Konzept des Gesetzgebers, die Verzinsung aus Gründen größtmöglicher Verwaltungsvereinfachung ausschließlich vom Zeitablauf (BT-Drucks 7/868, S. 30), also von einem objektiv bestimmten und leicht feststellbaren Kriterium abhängig zu machen. In diesem Zusammenhang erlangt Bedeutung, dass der Gesetzgeber die Grundlinien des Zusammenwirkens von Leistungsträgern und Berechtigten bei der Antragstellung modellhaft vorgezeichnet hat: Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I sind die Leistungsträger verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke. Sie haben nach § 16 Abs. 3 SGB I auch darauf hinzuwirken, dass klare und sachdienliche Anträge gestellt werden. Entsprechend sollen die Antragsteller nach § 60 Abs. 2 SGB I vorgesehene Antragsvordrucke für die Angaben benutzen, die sie nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB I zu machen haben. Sind die Angaben "unvollständig", hat der Leistungsträger gemäß § 16 Abs. 3 SGB I unverzüglich auf ihre Ergänzung hinzuwirken. Ersichtlich ermächtigt das Gesetz die Leistungsträger, denen bekannt ist, welche Angaben und Unterlagen für die zügige Bearbeitung eines Antrags typischerweise erforderlich sind, nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der Grenzen der Mitwirkungspflichten (§§ 60, 65 SGB I) zweckmäßig gestaltete Antragsvordrucke zur - obligatorischen - Benutzung (§ 60 Abs. 2 SGB I) durch die Antragsteller herauszugeben, um es diesen zu ermöglichen, einen von vornherein vollständigen Leistungsantrag zu stellen (vgl. BSG, a.a.O.).
21 
Dem ist bei Auslegung und Anwendung des § 44 Abs. 2 SGB I Rechnung zu tragen: Wenn ein Leistungsträger Antragsvordrucke (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) herausgegeben hat, liegt ein vollständiger Leistungsantrag spätestens vor, sobald der Antragsteller den Vordruck für den Antrag auf die begehrte Leistung vollständig ausgefüllt und auch die darin als beizubringend bezeichneten (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I) Unterlagen eingereicht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller - etwa aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls - über den Antragsvordruck hinaus durch weitere erhebliche Angaben (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGB I), Erklärungen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 SGB I) oder die Vorlage weiterer Beweisurkunden (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I) bei der Bearbeitung des Antrags mitzuwirken hat (§ 65 Abs. 1 und 3 SGB I). Denn das Gesetz nimmt im Interesse der Berechtigten an einem möglichst einfach gestalteten Zugang zu den Sozialleistungen (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) die mit einem notwendig typisierenden Vordruck unvermeidbar verbundene Pauschalierung der Anforderungen an einen "vollständigen" Leistungsantrag in Kauf. Andererseits legt es dem Antragsteller für den Einzelfall - abgesehen von der Pflicht zur Benutzung des Vordrucks (§ 60 Abs. 2 SGB I) - keine über §§ 60, 65 SGB I hinausgehenden Mitwirkungspflichten beim Antrag auf. Daher ist er auch bei Benutzung eines in genereller Betrachtung ermessensfehlerfrei ausgestalteten Antragsvordrucks nicht zu Angaben oder zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet, soweit dies für die Leistung nicht erheblich (§ 60 Abs. 1 SGB I), unangemessen (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) oder unzumutbar (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I) ist oder der Leistungsträger sich durch geringeren Aufwand als er die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) oder ein Verweigerungsrecht (§ 65 Abs. 3 SGB I) besteht. Ein Antrag kann also "vollständig" sein, obwohl der Antragsvordruck "unvollständig" ausgefüllt ist oder darin angeforderte Unterlagen nicht eingereicht worden sind, wenn im Einzelfall im Blick hierauf keine Mitwirkungspflicht (§§ 60 Abs. 1, 65 Abs. 1 und 3 SGB I) bestanden hat (vgl. BSG, a.a.O.).
22 
Danach war der 29. November 2005 wirksam gestellte Leistungsantrag des Klägers erst mit Eingang des von der Beklagten herausgegebenen und vom Kläger ausgefüllten Antragsvordruck am 28. September 2007 vollständig. Bis zu diesem Zeitpunkt fehlten u.a. insbesondere Angaben zum Krankenversicherungsschutz des Klägers, zum (laufenden) Bezug von Arbeitsentgelt und zur Bankverbindung. Ohne diese Angaben waren der Beklagten weder eine Entscheidung über den geltenden gemachten Anspruch auf Altersrente noch eine Auszahlung der evtl. bewilligten Rente möglich (zu den u.a. maßgeblich zu prüfenden Vorschriften hinsichtlich des Krankenversicherungsschutzes vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 11, 255 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und § 106 SGB VI; zur Relevanz des Bezuges von Arbeitsentgelt neben einer Rente vgl. § 34 Abs. 2 SGB VI; zur regelmäßig erfolgenden Auszahlung der Rente auf ein Konto des Empfängers vgl. § 118 Abs. 1 SGB VI und § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I). Ob daneben wegen der zunächst noch fehlenden Bestätigung der Personenstandsdaten des Klägers und seines Sohnes erst mit deren Eingang am 13. Dezember 2007 (vgl. Bl. 64 der Verwaltungsakte) von Vollständigkeit des Leistungsantrages ausgegangen werden kann, kann offen bleiben, weil dieser Zeitpunkt nach dem Zeitpunkt des Eingangs des Formantrages liegt und erst recht keinen Verzinsungsanspruch auslösen würde.
23 
Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe aufgrund des zunächst unvollständigen Antrages die Möglichkeit gehabt, eine „Teilentscheidung“ über den erhobenen Anspruch aufgrund der im Rentenkonto gespeicherten Daten zu treffen, gibt es hierfür im Gesetz keine Grundlage. Vielmehr hat der Leistungsträger im Gegenteil darauf hinzuwirken, dass klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden (§ 16 Abs. 3 SGB I). Dies ist vorliegend im Rahmen des Verwaltungsverfahrens geschehen. Dass der Kläger mit dem formlosen Antrag Vorschusszahlungen auf seine Rente begehrt hätte (zu dieser dem Ermessen der Verwaltung unterliegenden Möglichkeit vgl. § 42 SGB I), ist weder diesem Antrag noch seinem weiteren Vorbringen zu entnehmen.
24 
Schließlich kann - anders als der Kläger meint - auch nicht der Ablehnungsbescheid vom 6. März 2006 zur Grundlage einer am 6. April 2006 beginnenden Verzinsung gemacht werden. Zwar regelt § 44 Abs. 2, 2. Halbsatz SGB I, dass die Verzinsung einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung beginnt, wenn ein Antrag fehlt. Denknotwendig setzt die Anwendung der Norm aber eine positive Entscheidung über den Leistungsanspruch voraus (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 73. Ergänzungslieferung 2012, § 44 SGB I, Rdnr. 24), weil es sonst bereits an einem verzinsbaren Kapital fehlt. So liegen die Verhältnisse hier, weil sich aufgrund der ablehnenden Entscheidung der Beklagten vom 6. März 2006 gerade keine Feststellung eines Leistungsanspruchs des Klägers und mithin kein verzinsbarer Betrag ergab. Ob der auf § 66 SGB I gestützte Ablehnungsbescheid rechtmäßig oder rechtswidrig war, ist dabei unerheblich, denn auch bei Rechtswidrigkeit der damaligen Ablehnungsentscheidung kann ein Verzinsungsanspruch nicht entstehen, weil der Verzinsungsbeginn bei ablehnenden Entscheidungen nicht gesetzlich geregelt ist. Das gilt auch dann, wenn die Leistung später zugestanden wird (vgl. Seewald, a.a.O., Rdnr. 25). Abzustellen ist damit für den Verzinsungsbeginn nach § 44 Abs. 2, 2. Halbsatz SGB I auf die Bekanntgabe der positiven Entscheidung über die Rentengewährung, also den Rentenbescheid der Beklagten vom 13. Februar 2008. Danach hätte eine Verzinsung erst am 1. April 2008 zu beginnen. Zu diesem Zeitpunkt war die Leistung bereits ausgezahlt. Die Konstellation, in der sich die Beteiligten durch (außergerichtlichen) Vergleich auf die Gewährung der Leistung einigen mit der Folge, dass der Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches als „Entscheidung“ über die Leistung anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1991, SozR 3-1200 § 44 Nr. 3) liegt nicht vor. Denn die am 16. Oktober 2007 vor dem LSG Baden-Württemberg (L 11 R 4254/07) abgegebene beiderseitige Erledigungserklärung ist zum Einen kein Vergleich und erkennt zum Anderen keinen Leistungsanspruch zu.
25 
Die Berufung ist jedoch begründet, soweit der Kläger mit der Anfechtungsklage den Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 angreift. Dieser Widerspruchsbescheid ist aufzuheben, weil er ein unstatthafter zweiter Widerspruchsbescheid ist. Denn der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 13. Februar 2008 war durch den Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2008 wirksam und damit abschließend beschieden worden, auch wenn die Beklagte dabei - offenbar versehentlich - die Widerspruchsbegründung des Klägers außer Acht gelassen hatte.
26 
Der Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 hat denjenigen vom 7. Juli 2008 nicht aufgehoben. Dies ist weder ausdrücklich erfolgt, noch kann der zweite Widerspruchsbescheid derart ausgelegt oder umgedeutet werden.
27 
Der Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 ist, auch wenn er denjenigen vom 7. Juli 2008 in seinem Regelungsgehalt weder geändert noch ersetzt, sondern lediglich wiederholt hat, nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens geworden. Neuer Verwaltungsakt im Sinne des § 96 SGG kann auch ein Widerspruchsbescheid sein (BSG, Urteil vom 4. Mai 1994, SozR 3-4100 § 249c Nr. 4). Es erscheint angemessen, § 96 SGG jedenfalls entsprechend anzuwenden, wenn ein Widerspruch während eines anhängigen Klageverfahrens erneut beschieden wird. Hierdurch wird der Rechtsschutz des Klägers nicht aus Gründen so genannter Prozessökonomie in verfassungswidriger Weise (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 1994, SozR 3-5850 § 1 Nr. 1).
28 
Der Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. In zulässiger objektiver Klagehäufung (§ 56 SGG) hat der Kläger auch eine Anfechtungsklage dagegen erhoben, dass sein Widerspruch - erneut - zurückgewiesen wurde. Die Widerspruchsstelle der Beklagten war jedenfalls nicht befugt, während des Gerichtsverfahrens einen zweiten Widerspruchsbescheid zu erlassen. Das Widerspruchsverfahren als notwendige Prozessvoraussetzung war nämlich mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2008 abgeschlossen. Damit endeten prozessrechtlich Zuständigkeit und Kompetenz der Widerspruchsstelle; sie durfte nach Erlass des Widerspruchsbescheides nicht mehr tätig werden, weil ein Widerspruch, über den sie hätte befinden müssen, nicht mehr anhängig war (vgl. BSG, a.a.O.; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 6. Juli 1992 - 12 UE 262/91 - ; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 85 Rdnr. 7b). Mit Anhängigkeit der Anfechtungsklage war die Verfahrensherrschaft auf das Gericht übergegangen. Der zuvor mit dem Widerspruch angefochtene Bescheid war in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2008 (§ 95 SGG) Gegenstand der Klage geworden.
29 
Erstmals im Berufungsverfahren hat der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 6. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2006 begehrt. Hiermit bezieht der Kläger in das ursprüngliche Klageverfahren ein weiteres Klagebegehren ein. Diese als Klageänderung anzusehende Klageerweiterung wäre nach § 99 Abs. 1 SGG jedoch nur zulässig, wenn entweder die übrigen Beteiligten einwilligen würden oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hielte oder ein Fall des § 99 Abs. 3 SGG vorläge, der hier jedoch nicht gegeben ist. Auch eine Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung ist weder ausdrücklich noch stillschweigend erfolgt. Insbesondere hat sich die Beklagte auf die Klageänderung weder in einem Schriftsatz noch in der mündlichen Verhandlung eingelassen (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnrn. 8a und 9, jeweils m.w.N.).
30 
Eine Sachdienlichkeit der Klageerweiterung ist nicht gegeben. Eine Klageänderung ist stets dann sachdienlich, wenn sie dazu führt, dass der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren beigelegt und endgültig bereinigt werden kann, so dass ein neuer Prozess vermieden wird (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 10 m.w.N.). Nicht sachdienlich ist hingegen eine Klageänderung dann, wenn sie dazu führt, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 10a m.w.N.) oder es sich um Klageanträge handelt, bei denen erkennbar nicht alle Prozessvoraussetzungen gegeben sind und über die daher ohnehin nicht in der Sache entschieden werden kann (BSG, Urteil vom 23. März 1993 - 4 RA 39/91 - ; Leitherer, a.aO., § 99 Rdnr. 10a).
31 
Der Senat kann ohnehin über den vom Kläger erhobenen Feststellungsantrag nicht entscheiden, weil dieser Antrag unzulässig ist. Damit fehlt es auch an einer Sachdienlichkeit der Klageänderung. Mit einer Feststellungsklage kann - was allein hier in Betracht kommt - die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Das Feststellungsinteresse stellt eine besondere Form des Rechtsschutzbedürfnisses dar (Castendiek in Hk-SGG, 3. Auflage, § 55 Rdnr. 26).
32 
Der Senat kann offen lassen, ob § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erweiternd dahingehend ausgelegt werden kann, dass mit einer Feststellungsklage (nachträglich) auch die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes, insbesondere eines erledigten Verwaltungsaktes, festgestellt werden kann (zweifelnd BSG, Urteil vom 24. Juli 1996 - 7 KlAr 1/95 - ). Denn die Voraussetzungen für eine zulässige Feststellungklage liegen ohnehin nicht vor. Der Bescheid vom 6. März 2006 hat sich durch die mit Bescheid vom 13. Februar 2008 erfolgte Rentenbewilligung erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Er ist gegenstandslos geworden, denn die Beklagte hält an der mit dem Bescheid vom 6. März 2006 verfügten Rentenversagung nicht mehr fest. Vielmehr hat sie die Rente auf der Grundlage der Antragstellung vom 29. November 2005 rückwirkend in vollem Umfang bewilligt. Der Bescheid kann ein aktuelles Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten damit nicht mehr regeln. Zwar können grundsätzlich auch vergangene Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein (vgl. BSG, Urteil vom 15. März 1995, SozR 3-2500 § 120 Nr. 5; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 55 Rdnr. 8), doch fehlt es insoweit an einem Feststellungsinteresse des Klägers. Ein solches kommt nur in besonderen Fällen in Entsprechung zu den Grundsätzen bei der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG in Betracht, nämlich bei Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse oder zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses (vgl. Keller, a.a.O., Rdnr. 15b m. w. N.). Keine dieser Konstellationen wird vom Kläger behauptet (zur Substantiierungspflicht vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 16/06 R - m.w.N. ) oder ergibt sich aus der Aktenlage. Dass der Kläger meint, er könne aus der evtl. Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 6. März 2006 einen Zinsanspruch herleiten, ist - wie bereits dargelegt - von vornherein unzutreffend und kann deshalb ein Interesse (Rechtsschutzbedürfnis) für eine entsprechende Feststellung nicht begründen.
33 
Auch als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs. 1 Satz 3 SGG) ist der Antrag nicht zulässig. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein berechtigtes Interesse, das erledigte ursprüngliche Verfahren mit dem veränderten Ziel einer Feststellung der Rechtswidrigkeit fortzusetzen, kann nach der Rechtsprechung (vgl. z.B. BSG Urteil vom 18. Mai 2011, SozR 4-2500 § 33 Nr. 34; Keller, a.a.O., § 131 Rdnr. 7b m.w.N.) in Betracht kommen bei Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse und Präjudiziabilität des Verfahrens für einen anderen Rechtsstreit. Diese Voraussetzungen liegen jedoch beim Kläger schon deshalb nicht vor, weil es an einem vorangegangenen Verfahren, das als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt werden könnte, fehlt. Die Fortsetzungsfeststellungsklage setzt nämlich voraus, dass sich während des Rechtsstreits ein mit der Anfechtungsklage angegriffener Verwaltungsakt erledigt (vgl. Keller, a.a.O. Rdnr. 7, 7b m.w.N.). Der Zweck jener Klageart liegt darin, den Kläger nicht um die Früchte des Rechtsstreits zu bringen, wenn sich der angefochtene Bescheid erledigt. Zwar hatte vorliegend der Kläger den Bescheid vom 6. März 2006 ursprünglich mit einer Anfechtungsklage vor dem SG angegriffen (S S 11 R 2304/06), doch wurde der Rechtsstreit in der Berufungsinstanz (L 11 R 4254/07) durch beiderseitige Erledigungserklärungen beendet. Eine Grundlage für eine Fortsetzungsfeststellungsklage besteht daher nicht mehr.
34 
Eine Sachdienlichkeit im dargestellten Sinne liegt damit nicht vor. Die im Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 6. März 2006 zu sehende Klageänderung ist somit mangels Sachdienlichkeit unzulässig; die hierauf gerichtete Klage (als unzulässig) abzuweisen (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 14; Roller in Hk-SGG, a.a.O., § 99 Rdnr. 17).
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Angesichts des geringen Anteils des klägerischen Obsiegens bestand im Rahmen der zu treffenden Kostenentscheidung keine Veranlassung für den Senat, der Beklagten die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Klägers (zum Teil) aufzuerlegen.
36 
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.

Gründe

 
14 
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Beschwerdewertgrenze von mehr als 750,- EUR ist angesichts der erheblichen Höhe der im Falle eines Obsiegens des Klägers zu verzinsenden Nachzahlung (31.232,52 EUR), der (gesetzlichen) Zinshöhe von vier vom Hundert und der Dauer des geltend gemachten Zinszeitraumes (6. April 2006 bis Januar 2008) ersichtlich überschritten.
15 
Die Berufung hat jedoch in der Sache nur insoweit Erfolg, als der Kläger mit seiner gemäß § 54 Abs. 1 SGG erhobenen Anfechtungsklage (auch) den Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 angreift. Im Übrigen hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Nachzahlungsbetrag, der in unmittelbarem Anschluss zur Auszahlung gelangte, ist nicht zu verzinsen.
16 
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Ansprüche auf Sozialleistungen werden nach § 41 Abs. 1 SGB I mit ihrem Entstehen fällig. Sie entstehen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 40 Abs. 1 SGB I). Ungeachtet einer bereits eingetretenen Fälligkeit beginnt die Verzinsung nach § 44 Abs. 2 SGB I allerdings frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger bzw. beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.
17 
Bei der vorliegend im Streit stehenden Altersrente handelt es sich um eine Leistung, die nur auf Antrag gewährt wird (§ 115 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch). Damit richtet sich die Verzinsung nach § 44 Abs. 1, 2 Halbsatz 1 SGB I, weshalb die Verzinsungspflicht sechs Monate nach vollständigem Eingang des Leistungsantrags beginnt. Vollständiger Leistungsantrag in diesem Sinne war erst der Antrag des Klägers vom 28. September 2007, mit dem er die Rente unter Verwendung des von der Rentenversicherung herausgegebenen Antragsvordrucks „R 100“ beantragte. Entsprechend hätte die Verzinsung - wie die Beklagte zutreffend ausführt - frühestens am 1. April 2008, nämlich sechs Kalendermonate nach Antragseingang, beginnen können, also erst zu einem Zeitpunkt, zu dem die Nachzahlung bereits ausgezahlt war, weshalb diese nicht zu verzinsen ist.
18 
Für den Eingang des vollständigen Leistungsantrags im Sinne der genannten Regelung ist nicht auf den formlosen Rentenantrag vom 26. November 2005 (Eingang bei der Beklagten am 29. November 2005) abzustellen. Denn dieser Antrag war nicht vollständig und versetzte die Beklagte nicht in die Lage, über die begehrte Rente in vollem Umfang zu entscheiden. Eine teilweise Entscheidung über den Antrag - wie sie der Kläger für möglich hält - sieht das Gesetz nicht vor und wäre aufgrund fehlender Daten ohnehin nicht möglich gewesen.
19 
Wie das Bundessozialgericht (BSG) in Fortsetzung einer ständigen Rechtsprechung bereits klargestellt hat (BSG SozR 1200 § 44 Nr. 16 m.w.N.), liegt - woran keine strengen Anforderungen zu stellen sind (vgl. BSG USK 82246 S. 1133) - ein "vollständiger" Leistungsantrag im Sinne von § 44 Abs. 2, 1. Alternative SGB I vor, wenn der zuständige Leistungsträger durch ihn in die Lage versetzt wird, den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe zu überprüfen, d. h. die von Amts wegen durchzuführende (§ 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch) Ermittlung des Sachverhalts zügig aufzunehmen und die ggf. noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen (BSG, Urteil vom 22. Juni 1989, SozR 1200 § 44 Nr. 24). Für den Antragsteller bedeutet Vollständigkeit des Leistungsantrags, die Amtsermittlung des Leistungsträgers in dem im Rahmen seiner Mitwirkungsmöglichkeit und -pflichten (§ 60, 65 SGB I) zumutbaren Umfang vorzubereiten und zu ermöglichen. Ein Leistungsantrag ist daher nicht erst dann "vollständig" im Sinne des Gesetzes, wenn der Leistungsträger allein schon durch ihn in die Lage versetzt wird, das Leistungsbegehren abschließend zu verbescheiden (BSG a.a.O.; Bundesverwaltungsgericht Buchholz 436.0 § 5 Nr. 3). In diesem Sinne reicht es aus, wenn der Antrag alle Tatsachen enthält, die der Antragsteller zur Bearbeitung seines Antrags angeben muss (BSG, a.a.O.).
20 
Unverkennbar ist nach alledem der genaue Zeitpunkt des Fristbeginns wegen der wechselseitigen Abhängigkeit von Amtsermittlung (§§ 20 ff SGB X) und Mitwirkungsobliegenheiten bei der Antragstellung (§§ 60, 65 SGB I) im Einzelfall unter Umständen von Zufälligkeiten abhängig und nur unter abwägender Beurteilung der beiderseitigen Handlungspflichten feststellbar. Dies widerstreitet dem Konzept des Gesetzgebers, die Verzinsung aus Gründen größtmöglicher Verwaltungsvereinfachung ausschließlich vom Zeitablauf (BT-Drucks 7/868, S. 30), also von einem objektiv bestimmten und leicht feststellbaren Kriterium abhängig zu machen. In diesem Zusammenhang erlangt Bedeutung, dass der Gesetzgeber die Grundlinien des Zusammenwirkens von Leistungsträgern und Berechtigten bei der Antragstellung modellhaft vorgezeichnet hat: Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I sind die Leistungsträger verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke. Sie haben nach § 16 Abs. 3 SGB I auch darauf hinzuwirken, dass klare und sachdienliche Anträge gestellt werden. Entsprechend sollen die Antragsteller nach § 60 Abs. 2 SGB I vorgesehene Antragsvordrucke für die Angaben benutzen, die sie nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB I zu machen haben. Sind die Angaben "unvollständig", hat der Leistungsträger gemäß § 16 Abs. 3 SGB I unverzüglich auf ihre Ergänzung hinzuwirken. Ersichtlich ermächtigt das Gesetz die Leistungsträger, denen bekannt ist, welche Angaben und Unterlagen für die zügige Bearbeitung eines Antrags typischerweise erforderlich sind, nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der Grenzen der Mitwirkungspflichten (§§ 60, 65 SGB I) zweckmäßig gestaltete Antragsvordrucke zur - obligatorischen - Benutzung (§ 60 Abs. 2 SGB I) durch die Antragsteller herauszugeben, um es diesen zu ermöglichen, einen von vornherein vollständigen Leistungsantrag zu stellen (vgl. BSG, a.a.O.).
21 
Dem ist bei Auslegung und Anwendung des § 44 Abs. 2 SGB I Rechnung zu tragen: Wenn ein Leistungsträger Antragsvordrucke (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) herausgegeben hat, liegt ein vollständiger Leistungsantrag spätestens vor, sobald der Antragsteller den Vordruck für den Antrag auf die begehrte Leistung vollständig ausgefüllt und auch die darin als beizubringend bezeichneten (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I) Unterlagen eingereicht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller - etwa aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls - über den Antragsvordruck hinaus durch weitere erhebliche Angaben (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGB I), Erklärungen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 SGB I) oder die Vorlage weiterer Beweisurkunden (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I) bei der Bearbeitung des Antrags mitzuwirken hat (§ 65 Abs. 1 und 3 SGB I). Denn das Gesetz nimmt im Interesse der Berechtigten an einem möglichst einfach gestalteten Zugang zu den Sozialleistungen (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) die mit einem notwendig typisierenden Vordruck unvermeidbar verbundene Pauschalierung der Anforderungen an einen "vollständigen" Leistungsantrag in Kauf. Andererseits legt es dem Antragsteller für den Einzelfall - abgesehen von der Pflicht zur Benutzung des Vordrucks (§ 60 Abs. 2 SGB I) - keine über §§ 60, 65 SGB I hinausgehenden Mitwirkungspflichten beim Antrag auf. Daher ist er auch bei Benutzung eines in genereller Betrachtung ermessensfehlerfrei ausgestalteten Antragsvordrucks nicht zu Angaben oder zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet, soweit dies für die Leistung nicht erheblich (§ 60 Abs. 1 SGB I), unangemessen (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) oder unzumutbar (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I) ist oder der Leistungsträger sich durch geringeren Aufwand als er die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) oder ein Verweigerungsrecht (§ 65 Abs. 3 SGB I) besteht. Ein Antrag kann also "vollständig" sein, obwohl der Antragsvordruck "unvollständig" ausgefüllt ist oder darin angeforderte Unterlagen nicht eingereicht worden sind, wenn im Einzelfall im Blick hierauf keine Mitwirkungspflicht (§§ 60 Abs. 1, 65 Abs. 1 und 3 SGB I) bestanden hat (vgl. BSG, a.a.O.).
22 
Danach war der 29. November 2005 wirksam gestellte Leistungsantrag des Klägers erst mit Eingang des von der Beklagten herausgegebenen und vom Kläger ausgefüllten Antragsvordruck am 28. September 2007 vollständig. Bis zu diesem Zeitpunkt fehlten u.a. insbesondere Angaben zum Krankenversicherungsschutz des Klägers, zum (laufenden) Bezug von Arbeitsentgelt und zur Bankverbindung. Ohne diese Angaben waren der Beklagten weder eine Entscheidung über den geltenden gemachten Anspruch auf Altersrente noch eine Auszahlung der evtl. bewilligten Rente möglich (zu den u.a. maßgeblich zu prüfenden Vorschriften hinsichtlich des Krankenversicherungsschutzes vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 11, 255 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und § 106 SGB VI; zur Relevanz des Bezuges von Arbeitsentgelt neben einer Rente vgl. § 34 Abs. 2 SGB VI; zur regelmäßig erfolgenden Auszahlung der Rente auf ein Konto des Empfängers vgl. § 118 Abs. 1 SGB VI und § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I). Ob daneben wegen der zunächst noch fehlenden Bestätigung der Personenstandsdaten des Klägers und seines Sohnes erst mit deren Eingang am 13. Dezember 2007 (vgl. Bl. 64 der Verwaltungsakte) von Vollständigkeit des Leistungsantrages ausgegangen werden kann, kann offen bleiben, weil dieser Zeitpunkt nach dem Zeitpunkt des Eingangs des Formantrages liegt und erst recht keinen Verzinsungsanspruch auslösen würde.
23 
Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe aufgrund des zunächst unvollständigen Antrages die Möglichkeit gehabt, eine „Teilentscheidung“ über den erhobenen Anspruch aufgrund der im Rentenkonto gespeicherten Daten zu treffen, gibt es hierfür im Gesetz keine Grundlage. Vielmehr hat der Leistungsträger im Gegenteil darauf hinzuwirken, dass klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden (§ 16 Abs. 3 SGB I). Dies ist vorliegend im Rahmen des Verwaltungsverfahrens geschehen. Dass der Kläger mit dem formlosen Antrag Vorschusszahlungen auf seine Rente begehrt hätte (zu dieser dem Ermessen der Verwaltung unterliegenden Möglichkeit vgl. § 42 SGB I), ist weder diesem Antrag noch seinem weiteren Vorbringen zu entnehmen.
24 
Schließlich kann - anders als der Kläger meint - auch nicht der Ablehnungsbescheid vom 6. März 2006 zur Grundlage einer am 6. April 2006 beginnenden Verzinsung gemacht werden. Zwar regelt § 44 Abs. 2, 2. Halbsatz SGB I, dass die Verzinsung einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung beginnt, wenn ein Antrag fehlt. Denknotwendig setzt die Anwendung der Norm aber eine positive Entscheidung über den Leistungsanspruch voraus (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 73. Ergänzungslieferung 2012, § 44 SGB I, Rdnr. 24), weil es sonst bereits an einem verzinsbaren Kapital fehlt. So liegen die Verhältnisse hier, weil sich aufgrund der ablehnenden Entscheidung der Beklagten vom 6. März 2006 gerade keine Feststellung eines Leistungsanspruchs des Klägers und mithin kein verzinsbarer Betrag ergab. Ob der auf § 66 SGB I gestützte Ablehnungsbescheid rechtmäßig oder rechtswidrig war, ist dabei unerheblich, denn auch bei Rechtswidrigkeit der damaligen Ablehnungsentscheidung kann ein Verzinsungsanspruch nicht entstehen, weil der Verzinsungsbeginn bei ablehnenden Entscheidungen nicht gesetzlich geregelt ist. Das gilt auch dann, wenn die Leistung später zugestanden wird (vgl. Seewald, a.a.O., Rdnr. 25). Abzustellen ist damit für den Verzinsungsbeginn nach § 44 Abs. 2, 2. Halbsatz SGB I auf die Bekanntgabe der positiven Entscheidung über die Rentengewährung, also den Rentenbescheid der Beklagten vom 13. Februar 2008. Danach hätte eine Verzinsung erst am 1. April 2008 zu beginnen. Zu diesem Zeitpunkt war die Leistung bereits ausgezahlt. Die Konstellation, in der sich die Beteiligten durch (außergerichtlichen) Vergleich auf die Gewährung der Leistung einigen mit der Folge, dass der Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches als „Entscheidung“ über die Leistung anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1991, SozR 3-1200 § 44 Nr. 3) liegt nicht vor. Denn die am 16. Oktober 2007 vor dem LSG Baden-Württemberg (L 11 R 4254/07) abgegebene beiderseitige Erledigungserklärung ist zum Einen kein Vergleich und erkennt zum Anderen keinen Leistungsanspruch zu.
25 
Die Berufung ist jedoch begründet, soweit der Kläger mit der Anfechtungsklage den Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 angreift. Dieser Widerspruchsbescheid ist aufzuheben, weil er ein unstatthafter zweiter Widerspruchsbescheid ist. Denn der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 13. Februar 2008 war durch den Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2008 wirksam und damit abschließend beschieden worden, auch wenn die Beklagte dabei - offenbar versehentlich - die Widerspruchsbegründung des Klägers außer Acht gelassen hatte.
26 
Der Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 hat denjenigen vom 7. Juli 2008 nicht aufgehoben. Dies ist weder ausdrücklich erfolgt, noch kann der zweite Widerspruchsbescheid derart ausgelegt oder umgedeutet werden.
27 
Der Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 ist, auch wenn er denjenigen vom 7. Juli 2008 in seinem Regelungsgehalt weder geändert noch ersetzt, sondern lediglich wiederholt hat, nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens geworden. Neuer Verwaltungsakt im Sinne des § 96 SGG kann auch ein Widerspruchsbescheid sein (BSG, Urteil vom 4. Mai 1994, SozR 3-4100 § 249c Nr. 4). Es erscheint angemessen, § 96 SGG jedenfalls entsprechend anzuwenden, wenn ein Widerspruch während eines anhängigen Klageverfahrens erneut beschieden wird. Hierdurch wird der Rechtsschutz des Klägers nicht aus Gründen so genannter Prozessökonomie in verfassungswidriger Weise (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 1994, SozR 3-5850 § 1 Nr. 1).
28 
Der Widerspruchsbescheid vom 5. September 2008 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. In zulässiger objektiver Klagehäufung (§ 56 SGG) hat der Kläger auch eine Anfechtungsklage dagegen erhoben, dass sein Widerspruch - erneut - zurückgewiesen wurde. Die Widerspruchsstelle der Beklagten war jedenfalls nicht befugt, während des Gerichtsverfahrens einen zweiten Widerspruchsbescheid zu erlassen. Das Widerspruchsverfahren als notwendige Prozessvoraussetzung war nämlich mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2008 abgeschlossen. Damit endeten prozessrechtlich Zuständigkeit und Kompetenz der Widerspruchsstelle; sie durfte nach Erlass des Widerspruchsbescheides nicht mehr tätig werden, weil ein Widerspruch, über den sie hätte befinden müssen, nicht mehr anhängig war (vgl. BSG, a.a.O.; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 6. Juli 1992 - 12 UE 262/91 - ; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 85 Rdnr. 7b). Mit Anhängigkeit der Anfechtungsklage war die Verfahrensherrschaft auf das Gericht übergegangen. Der zuvor mit dem Widerspruch angefochtene Bescheid war in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2008 (§ 95 SGG) Gegenstand der Klage geworden.
29 
Erstmals im Berufungsverfahren hat der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 6. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2006 begehrt. Hiermit bezieht der Kläger in das ursprüngliche Klageverfahren ein weiteres Klagebegehren ein. Diese als Klageänderung anzusehende Klageerweiterung wäre nach § 99 Abs. 1 SGG jedoch nur zulässig, wenn entweder die übrigen Beteiligten einwilligen würden oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hielte oder ein Fall des § 99 Abs. 3 SGG vorläge, der hier jedoch nicht gegeben ist. Auch eine Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung ist weder ausdrücklich noch stillschweigend erfolgt. Insbesondere hat sich die Beklagte auf die Klageänderung weder in einem Schriftsatz noch in der mündlichen Verhandlung eingelassen (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnrn. 8a und 9, jeweils m.w.N.).
30 
Eine Sachdienlichkeit der Klageerweiterung ist nicht gegeben. Eine Klageänderung ist stets dann sachdienlich, wenn sie dazu führt, dass der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren beigelegt und endgültig bereinigt werden kann, so dass ein neuer Prozess vermieden wird (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 10 m.w.N.). Nicht sachdienlich ist hingegen eine Klageänderung dann, wenn sie dazu führt, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 10a m.w.N.) oder es sich um Klageanträge handelt, bei denen erkennbar nicht alle Prozessvoraussetzungen gegeben sind und über die daher ohnehin nicht in der Sache entschieden werden kann (BSG, Urteil vom 23. März 1993 - 4 RA 39/91 - ; Leitherer, a.aO., § 99 Rdnr. 10a).
31 
Der Senat kann ohnehin über den vom Kläger erhobenen Feststellungsantrag nicht entscheiden, weil dieser Antrag unzulässig ist. Damit fehlt es auch an einer Sachdienlichkeit der Klageänderung. Mit einer Feststellungsklage kann - was allein hier in Betracht kommt - die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Das Feststellungsinteresse stellt eine besondere Form des Rechtsschutzbedürfnisses dar (Castendiek in Hk-SGG, 3. Auflage, § 55 Rdnr. 26).
32 
Der Senat kann offen lassen, ob § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erweiternd dahingehend ausgelegt werden kann, dass mit einer Feststellungsklage (nachträglich) auch die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes, insbesondere eines erledigten Verwaltungsaktes, festgestellt werden kann (zweifelnd BSG, Urteil vom 24. Juli 1996 - 7 KlAr 1/95 - ). Denn die Voraussetzungen für eine zulässige Feststellungklage liegen ohnehin nicht vor. Der Bescheid vom 6. März 2006 hat sich durch die mit Bescheid vom 13. Februar 2008 erfolgte Rentenbewilligung erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Er ist gegenstandslos geworden, denn die Beklagte hält an der mit dem Bescheid vom 6. März 2006 verfügten Rentenversagung nicht mehr fest. Vielmehr hat sie die Rente auf der Grundlage der Antragstellung vom 29. November 2005 rückwirkend in vollem Umfang bewilligt. Der Bescheid kann ein aktuelles Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten damit nicht mehr regeln. Zwar können grundsätzlich auch vergangene Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein (vgl. BSG, Urteil vom 15. März 1995, SozR 3-2500 § 120 Nr. 5; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 55 Rdnr. 8), doch fehlt es insoweit an einem Feststellungsinteresse des Klägers. Ein solches kommt nur in besonderen Fällen in Entsprechung zu den Grundsätzen bei der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG in Betracht, nämlich bei Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse oder zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses (vgl. Keller, a.a.O., Rdnr. 15b m. w. N.). Keine dieser Konstellationen wird vom Kläger behauptet (zur Substantiierungspflicht vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 16/06 R - m.w.N. ) oder ergibt sich aus der Aktenlage. Dass der Kläger meint, er könne aus der evtl. Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 6. März 2006 einen Zinsanspruch herleiten, ist - wie bereits dargelegt - von vornherein unzutreffend und kann deshalb ein Interesse (Rechtsschutzbedürfnis) für eine entsprechende Feststellung nicht begründen.
33 
Auch als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs. 1 Satz 3 SGG) ist der Antrag nicht zulässig. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein berechtigtes Interesse, das erledigte ursprüngliche Verfahren mit dem veränderten Ziel einer Feststellung der Rechtswidrigkeit fortzusetzen, kann nach der Rechtsprechung (vgl. z.B. BSG Urteil vom 18. Mai 2011, SozR 4-2500 § 33 Nr. 34; Keller, a.a.O., § 131 Rdnr. 7b m.w.N.) in Betracht kommen bei Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse und Präjudiziabilität des Verfahrens für einen anderen Rechtsstreit. Diese Voraussetzungen liegen jedoch beim Kläger schon deshalb nicht vor, weil es an einem vorangegangenen Verfahren, das als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt werden könnte, fehlt. Die Fortsetzungsfeststellungsklage setzt nämlich voraus, dass sich während des Rechtsstreits ein mit der Anfechtungsklage angegriffener Verwaltungsakt erledigt (vgl. Keller, a.a.O. Rdnr. 7, 7b m.w.N.). Der Zweck jener Klageart liegt darin, den Kläger nicht um die Früchte des Rechtsstreits zu bringen, wenn sich der angefochtene Bescheid erledigt. Zwar hatte vorliegend der Kläger den Bescheid vom 6. März 2006 ursprünglich mit einer Anfechtungsklage vor dem SG angegriffen (S S 11 R 2304/06), doch wurde der Rechtsstreit in der Berufungsinstanz (L 11 R 4254/07) durch beiderseitige Erledigungserklärungen beendet. Eine Grundlage für eine Fortsetzungsfeststellungsklage besteht daher nicht mehr.
34 
Eine Sachdienlichkeit im dargestellten Sinne liegt damit nicht vor. Die im Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 6. März 2006 zu sehende Klageänderung ist somit mangels Sachdienlichkeit unzulässig; die hierauf gerichtete Klage (als unzulässig) abzuweisen (Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 14; Roller in Hk-SGG, a.a.O., § 99 Rdnr. 17).
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Angesichts des geringen Anteils des klägerischen Obsiegens bestand im Rahmen der zu treffenden Kostenentscheidung keine Veranlassung für den Senat, der Beklagten die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Klägers (zum Teil) aufzuerlegen.
36 
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. September 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist ein Zinsanspruch des Klägers.
Der 1955 geborene Kläger erlitt im Mai 2009 einen Schlaganfall, infolgedessen seine Ehefrau als Betreuerin am 11.08.2009 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung stellte. Hierbei gab sie an, der Kläger sei vom 04.04. bis zum 30.06.1986 arbeitslos gewesen. Die Frage nach Anrechnungszeiten (u.a. Arbeitslosigkeit oder Leistungen von der Agentur für Arbeit) verneinte sie, der Fragebogen für Anrechnungszeiten V0410 wurde dementsprechend nicht ausgefüllt. Auf die Bitte der Beklagten, hinsichtlich der Arbeitslosigkeit einen Nachweis zu übersenden, teilte die Ehefrau des Klägers telefonisch am 06.10.2009 mit, dass es sich bei der Zeit vom 04.04. bis 30.06.1986 um eine Zeit zwischen zwei Beschäftigungen ohne Meldung bei einem Arbeitsamt gehandelt habe. Unterlagen über Arbeitslosigkeit lägen nicht vor. Schriftlich wiederholte sie diese Angabe mit Schreiben vom 06.10.2009 („war nicht arbeitssuchend gemeldet“). Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag auf Rentengewährung mit Bescheid vom 19.10.2009 ab, da die Zeit vom 04.04. bis 30.06.1986 nicht mit einer Anwartschaftserhaltungszeit belegt sei und damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Mit Schreiben vom 27.01.2011 legte der Kläger, nunmehr vertreten durch einen Rechtsanwalt, Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.10.2009 ein und führte u.a. aus, er habe sich sofort nach Erhalt der fristlosen Kündigung seines letzten Arbeitgebers an das Arbeitsamt H. gewandt und um Vermittlung entsprechender Stellen gebeten. Soweit er sich noch erinnere, sei er dreimal beim Arbeitsamt gewesen, und es seien ihm verschiedene potentielle Arbeitgeber genannt worden. Es möge sein, dass er versehentlich parallel dazu nicht auch einen Arbeitslosengeldantrag gestellt habe. Hierauf komme es jedoch nicht an. Fakt sei, dass er sich sofort beim Arbeitsamt gemeldet und sich habe vermitteln lassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2011 wies die Beklagte diesen Widerspruch als verspätet zurück. Die hiergegen gerichtete Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG, S 3 R 2621/11) wurde übereinstimmend für erledigt erklärt.
Gleichzeitig wertete die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 27.01.2011 im Einvernehmen mit dem Kläger als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und lehnte mit Bescheid vom 20.09.2012 die Rücknahme des Bescheides vom 19.10.2009 ab, da der Kläger weder neue Beweismittel vorgelegt noch neue Tatsachen vorgetragen habe, die geeignet seien, eine für ihn günstigere Entscheidung zu treffen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2013 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 07.03.2013 Klage vor dem SG (S 3 R 666/13) und legte zusammen mit der Klageschrift einen Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes N. vom 09.06.1986, einen Aufhebungsbescheid vom 01.07.1986, einen Leistungsnachweis vom 05.08.1987 sowie einen Abhilfebescheid vom 09.09.1987 vor, aus denen sich die Gewährung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 04.04.1986 bis 30.06.1986 ergibt. Mit Schreiben vom 25.03.2013 gab die Beklagte daraufhin ein Anerkenntnis ab und anerkannte auf Grundlage eines Leistungsfalles vom 12.05.2009 ab dem 01.06.2009 einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit. Dieses Anerkenntnis wurde zur Erledigung des Rechtsstreits angenommen. Mit Rentenbescheid vom 12.06.2013 bewilligte die Beklagte aufgrund des Anerkenntnisses vom 25.03.2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung, beginnend am 01.06.2009. Für die Zeit bis zum 30.09.2013 betrage die Nachzahlung 20.419,29 EUR (Auszahlung im Juli 2013). Auf Seite 6 des Bescheides führte die Beklagte aus, nach § 44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bestehe kein Anspruch auf Verzinsung, weil seit Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim zuständigen Leistungsträger keine sechs Kalendermonate vergangen seien.
Gegen diesen Rentenbescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 02.07.2013 Widerspruch ein mit der Begründung, aufgrund des Antragsschreibens vom 27.01.2011 sei der Beklagten bewusst geworden bzw. hätte sie erkennen müssen, dass der Kläger über keine gesicherten Unterlagen verfüge in Bezug auf den Zeitraum von April bis Juni 1986. Die Beklagte wäre deshalb verpflichtet gewesen, beim Arbeitsamt H. alias N. Rückfrage zu halten. Auch wenn die individuellen Akten nach Ablauf von vier Jahren vernichtet worden sein sollten, betreffe diese Vernichtungsaktion nie und nimmer die Auszahlungslisten der einzelnen Arbeitsämter. Dies bedeute, dass die Beklagte bei Kontaktierung des Arbeitsamtes H. mit allein dem Namen und den persönlichen Kontaktdaten des Klägers mit Sicherheit auf den Bewilligungsbescheid bzw. den Leistungsnachweis vom streitgegenständlichen Zeitraum gestoßen wäre. Ergänzend führte der Kläger aus, die Urkunden des Arbeitsamtes H. habe die Ehefrau des Klägers beim umbaubedingten Aufräumen wiedergefunden. Deren Inhalt sei ihr nicht mehr erinnerlich gewesen.
Weiterhin wandte sich der Kläger gegen eine fehlende Rentennachzahlung für Zeiten des Bezuges von Übergangsgeld.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, erst mit Vorlage der Bescheinigungen des Arbeitsamtes N. über den Zeitraum der Arbeitslosigkeit, die mit dem Schreiben des Bevollmächtigten vom 06.03.2013 vorgelegt worden seien (Eingang bei der Beklagten am 15.03.2013), seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt, sodass diese habe bewilligt werden können. Nach § 44 SGB I bestehe kein Anspruch auf Verzinsung, weil seit Eingang des vollständigen Leistungsantrages (15.03.2013) beim zuständigen Leistungsträger keine sechs Kalendermonate vergangen seien. Ein Anspruch auf Rentennachzahlung für die Zeiten, in denen Übergangsgeld gezahlt worden sei, bestehe nicht, da der Anspruch bereits als erfüllt gelte.
Hiergegen hat der Kläger am 17.01.2014 beim SG Klage erhoben mit der Begründung, er und seine Ehefrau seien irrigerweise davon ausgegangen, dass er nicht arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Erst Ende Januar 2013 seien die fraglichen Unterlagen wieder aufgefunden worden, deren Inhalt bis dato vollkommen unbekannt gewesen sei. Es frage sich, wie seinerzeit und jetzt zu entscheiden gewesen wäre, wenn die fraglichen Unterlagen nicht mehr aufgefunden worden wären. Dann wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, von sich aus beim Arbeitsamt H. bzw. N. zu recherchieren. Bei entsprechender elektronischer Recherche wäre die Beklagte schon im Februar 2011 auf die hier interessierenden Leistungsvorgänge gestoßen, sodass die Verzinsungspflicht ab dem 01.09.2011 ausgelöst werde.
10 
Die Beklagte hat hierzu dargelegt, Arbeitsämter vernichteten ihre Unterlagen komplett nach fünf Jahren, so dass Anfragen im Februar 2011, knapp 25 Jahre später, nicht angezeigt gewesen seien.
11 
Die Anspruch auf Zahlung von Rente während des Bezugs von Übergangsgeld ist zuletzt nicht mehr geltend gemacht worden.
12 
Mit Gerichtsbescheid vom 12.09.2014 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, maßgebend im Sinne des § 44 SGB I sei der vollständige Leistungsantrag, d.h. der Antrag, mit dem der Sachverhalt vollständig dargelegt werde, um die im Gesetz bestimmten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Sozialleistungen überprüfen und sein Entstehen feststellen zu können. Vorliegend hätten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Anrechnungszeiten gem. § 252 Abs. 2 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) für die vom Kläger beantragte Rente wegen voller Erwerbsminderung ersichtlich erst vorgelegen, nachdem der Kläger über seinen Anwalt mit dem Klageschriftsatz vom 06.03.2013 im Verfahren S 3 R 666/13 Unterlagen des Arbeitsamts N. über die Bewilligung von Arbeitslosengeld in der Zeit vom 04.04.1986 bis 30.06.1986 übersandt habe. Zwar liege ein vollständiger Leistungsantrag, wenn ein Leistungsträger Antragsvordrucke herausgegeben habe, spätestens dann vor, sobald der Antragsteller den Vordruck für den Antrag auf die begehrte Leistung vollständig ausgefüllt und auch die darin als beizubringend bezeichneten Unterlagen eingereicht habe. Bei Benutzung eines grundsätzlich ermessensfehlerfrei ausgestalteten Antragsvordruckes sei der Antragsteller nicht zu Angabe oder zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet, soweit u.a. der Leistungsträger sich durch geringeren Aufwand als er die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen könne (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I). Hier habe sich die Beklagte nicht durch geringeren Aufwand als der Kläger die erforderlichen Kenntnisse über den Arbeitslosengeldbezug im Jahr 1986 beschaffen können. Sie habe über keine Daten für eine rentenrechtliche Zeit des Klägers im genannten Zeitraum verfügt. Arbeitsämter vernichteten ihre Unterlagen komplett nach fünf Jahren, sodass eine Anfrage durch die Beklagte im Februar 2011, knapp 25 Jahre später, weder angezeigt noch sinnvoll gewesen sei.
13 
Hiergegen richtet sich die am 14.10.2014 beim SG eingelegte Berufung, mit der der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft hat.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. September 2014 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Rentennachzahlung in Höhe von 20.419,27 EUR für die Zeit vom 01.09.2011 bis 30.06.2013 mit 4 % zu verzinsen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Mit Schreiben vom 17.03.2015 hat der Senat den Zeugen H., Mitarbeiter der Arbeitsagentur N., um Auskunft gebeten, ob dort noch Informationen über den Kläger und seine Arbeitslosmeldung/seinen Arbeitslosengeldbezug im Zeitraum vom 04.04.1986 bis 01.07.1986 vorliegen. Mit Schreiben vom 18.03.2015 hat der Zeuge H. ausgeführt, in der Arbeitsagentur N. lägen keine Unterlagen mehr über den Kläger vor, es lasse sich daher nicht nachvollziehen, ob er im streitigen Zeitraum arbeitslos gemeldet gewesen sei und Arbeitslosengeld bezogen habe. Aus datenschutzrechtlichen Gründen werde die Leistungsakte normalerweise für eine Dauer von fünf Jahren aufbewahrt bzw. würden die Datensätze in der Arbeitsvermittlung nach maximal fünf Jahren gelöscht.
19 
In einem Erörterungstermin am 23.04.2015 ist der Sachverhalt mit den Beteiligten besprochen worden, ohne dass ein Ergebnis erzielt werden konnte.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte, der Akte des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet, da kein Anspruch auf Verzinsung besteht.
22 
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 v.H. zu verzinsen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift beginnt die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.
23 
Vorliegend ging der vollständige Antrag erst mit Zusendung der Klageschrift im Verfahren S 3 R 666/13 am 15.03.2013 bei der Beklagten ein. Da sie bereits drei Monate später mit Bescheid vom 12.06.2013 die begehrte Rente bewilligt und diese im Juli 2013 und damit innerhalb der 6-Monats-Frist ausbezahlt hat, scheidet eine Verzinsung aus.
24 
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt ein vollständiger Leistungsantrag vor, wenn der zuständige Leistungsträger durch ihn in die Lage versetzt wird, den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe zu überprüfen, d.h. die von Amts wegen durchzuführende (§ 20 SGB X) Ermittlung des Sachverhalts zügig aufzunehmen und die ggf. noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen (s. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 22.06.1989, 4 RA 44/88 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, in Juris). Wenn ein Leistungsträger Antragsvordrucke (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) herausgegeben hat, liegt ein vollständiger Leistungsantrag spätestens vor, sobald der Antragsteller den Vordruck für den Antrag auf die begehrte Leistung vollständig ausgefüllt und auch die darin als beizubringend bezeichneten (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) Unterlagen eingereicht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller über den Antragsvordruck hinaus durch weitere erhebliche Angaben (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB I), Erklärungen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB I) oder die Vorlage weiterer Beweisurkunden (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) bei der Bearbeitung des Antrags mitzuwirken hat (§ 65 Abs. 1 und 3 SGB I). Das Gesetz nimmt im Interesse der Berechtigten an einem möglichst einfach gestalteten Zugang zu den Sozialleistungen die mit einem notwendig typisierenden Vordruck unvermeidbar verbundene Pauschalierung der Anforderungen an einen „vollständigen“ Leistungsantrag in Kauf. Andererseits legt es dem Antragsteller für den Einzelfall - abgesehen vor der Pflicht zur Benutzung des Vordrucks - keine über die §§ 60, 65 SGB I hinausgehenden Mitwirkungspflichten beim Antrag auf. Daher ist er auch bei Benutzung eines in genereller Betrachtung ermessensfehlerfrei ausgestalteten Antragsvordrucks nicht zu Angaben oder zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet, soweit dies für die Leistung nicht erheblich (§ 60 Abs. 1 SGB I), unangemessen (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) oder unzumutbar (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I) ist oder der Leistungsträger sich durch geringeren Aufwand als er die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) oder ein Verweigerungsrecht (§ 65 Abs. 3 SGB I) besteht. Ein Antrag kann also „vollständig“ sein, obwohl der Antragsvordruck „unvollständig“ ausgefüllt ist oder darin angeforderte Unterlagen nicht eingereicht worden sind, wenn im Einzelfall im Blick hierauf keine Mitwirkungspflicht im Sinne der §§ 60, 65 SGB I bestanden hat (siehe hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2012, L 7 R 923/11 und BSG, Urteil vom 22.06.1989 a.a.O.). Im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X ist nicht der Antrag, der dieses Verfahren auslöst, für die Verzinsung maßgebend, sondern der frühere, auf die Sachleistung gerichtete Antrag, es sei denn, erst durch den § 44-Antrag sind die Leistungsvoraussetzungen vervollständigt worden (BSG, Urteil vom 17.11.1981, 9 RV 26/81 in Juris; LSG Niedersachsen, Urteil vom 29.04.2014, L 2 R 387/13; siehe auch Terminbericht des BSG vom 17.12.2014, B 8 SO 17/13 R, jeweils in Juris).
25 
Vorliegend war der Antrag des Klägers vom 11.08.2009 insofern unvollständig, als darin die Frage nach Anrechnungszeiten, die im Versicherungsverlauf nicht enthalten seien, unzutreffend verneint und dementsprechend auch der Vordruck V0410 nicht ausgefüllt und die darin unter Ziff. 4.1 gestellte Frage, ob der Versicherte bei einer deutschen Agentur für Arbeit (Arbeitsamt), einer Kommune, einer Arbeitsgemeinschaft oder einem Jobcenter arbeitslos gemeldet gewesen sei, nicht beantwortet wurde. Ebenso wenig wurden die in dem Fragebogen für Anrechnungszeiten V0410 angeforderten Beweismittel beigefügt. In der Folgezeit wurde auch dem Verlangen der Beklagten, Beweisurkunden im Sinne des § 60 Abs. 1 Ziff. 3 SGB I in Bezug auf die Zeit der Arbeitslosigkeit vorzulegen, nicht entsprochen. Vielmehr wurde telefonisch ausdrücklich vorgetragen, Unterlagen über die Arbeitslosigkeit lägen nicht vor (Telefonat vom 06.10.2009, Bl. 28 der Verwaltungsakte). Am 06.10.2009 bestätigte die Ehefrau des Klägers sogar handschriftlich, dieser sei nicht arbeitssuchend gemeldet gewesen.
26 
Der Kläger war auch zur Vorlage eines Nachweises über seine Arbeitslosigkeit verpflichtet, so dass nicht argumentiert werden kann, trotz unvollständigen Ausfüllens des Antragsvordrucks sei von einem vollständigen Antrag im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB I auszugehen. Zwar bestimmte die Zweite Verordnung über die Erfassung von Daten für die Träger der Sozialversicherung und für die Bundesanstalt für Arbeit - 2. Datenerfassungs-Verordnung (2. DEVO) in der Fassung vom 21.03.1984 - in § 13 Abs. 1, dass Ausfallzeiten (heute Anrechnungszeiten) von Versicherten der Rentenversicherung innerhalb eines Monats nach bekannt gewordenem Abschluss nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 unter Angabe der Versicherungsnummer auf Magnetband nach den Anlagen der 2. DEVO an die Datenstelle oder die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu melden waren und dass nach Abs. 2 Ziff. 2 der Vorschrift für die Meldung die Bundesanstalt für Arbeit zuständig war, sofern es sich um einen Tatbestand im Sinne des § 1259 Abs. 1 Nr. 3a Reichsversicherungsordnung (RVO) handelte. Insofern wäre eigentlich das damalige Arbeitsamt N. verpflichtet gewesen, die Zeit des Leistungsbezuges als Ausfallzeit der Beklagten zu melden. Dies wurde so vom Arbeitsamt auch im Aufhebungsbescheid vom 01.07.1986 bestätigt, worin es heißt, die Zeit des Leistungsbezuges sei dem Rentenversicherungsträger als Ausfallzeit-Tatbestand gemeldet worden. Bei erfolgreicher Meldung wäre diese Ausfallzeit (heute Anrechnungszeit) im Versicherungsverlauf des Klägers vermerkt worden und hätte es eines gesonderten Nachweises nicht bedurft. Tatsächlich jedoch ist eine solche Berücksichtigung im Versicherungsverlauf unterblieben, ohne dass sich heute noch feststellen ließe, worauf bzw. auf wessen Fehlverhalten dieser Fehler beruht. Insofern war die Beklagte nach Ausfüllen des Antragsformulars gerade nicht in der Lage, die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen, sondern war auf die Mitwirkung des Klägers gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 (Vorlage von Beweisurkunden) angewiesen. Dementsprechend sieht auch der Vordruck VO410 (Fragebogen für Anrechnungszeiten) unter Ziffer 4 ausdrücklich vor, dass Beweismittel zu einer Zeit der Arbeitslosigkeit, die nicht im Versicherungsverlauf enthalten sind, vorzulegen sind.
27 
Der unvollständige Antrag war auch nicht als vollständig anzusehen bzw. zu behandeln. Zwar kann ein unvollständiger Antrag als vollständig angesehen werden, wenn ein Informationsdefizit und damit die Unvollständigkeit des Antrags allein in den Verantwortungsbereich des Versicherungsträgers fällt (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.11.2008, L 12 AL 185/05, in Juris; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I, Stand März 2005, § 44 SGB I Rdnr. 13; s. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.04.2014, L 2 R 387/13, Juris). Eine solche Konstellation ist indessen vorliegend nicht gegeben, ohne dass es darauf ankommt, ob die Verantwortung für die anfängliche Lücke im Versicherungsverlauf bei der Beklagten liegt, wenn ihr der Fehler in der Übertragung unterlaufen sein sollte, oder beim damaligen Arbeitsamt, sofern dieses die Ausfallzeit (heute Anrechnungszeit) nach der 2. DEVO nicht korrekt übermittelt hat. Denn zum einen fällt das Informationsdefizit nicht in den alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten, weil auch der Kläger durch zunächst fehlerhafte Informationen und anschließende Nichtvorlage bei ihm vorhandener Unterlagen eine Mitverantwortung an der Unvollständigkeit des Antrags trägt, zum anderen ist auch die (theoretische) Möglichkeit denkbar, dass das Arbeitsamt N. die Leistungsbewilligung nachträglich wieder aufgehoben hat und aus diesem Grund eine Löschung im Versicherungsverlauf erfolgt ist. In diesem Fall läge schon gar kein Informationsdefizit vor, das die Beklagte zu verantworten hätte. Den unvollständigen Antrag wegen eines im alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten liegenden Informationsdefizits als vollständig anzusehen, scheidet mithin aus.
28 
Das Argument des Klägers, die Beklagte hätte bei der Arbeitsagentur nachfragen müssen, überzeugt nicht: Zwar besteht nach § 65 Abs. 1 Ziff. 3 SGB I die Mitwirkungspflicht nach den §§ 60 bis 64 nicht, soweit der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Jedoch wäre eine Nachfrage seitens der Beklagten bei der Arbeitsagentur für Arbeit erfolglos geblieben, da sowohl die Leistungsakte als auch die Datensätze in der Arbeitsvermittlung nach maximal fünf Jahren gelöscht werden. Hierauf hat die Beklagte zu Recht hingewiesen, und die Richtigkeit dieses Vorbringens ist durch die Aussage des Zeugen H., eines Mitarbeiters der Bundesagentur für Arbeit, gegenüber dem Senat vom 18.03.2015 bestätigt worden. Soweit der Kläger vorträgt, die Heranziehung von Auszahlungslisten wäre erfolgversprechend gewesen, kann dies dahinstehen. Die Beklagte selber hätte solche Auszahlungslisten nicht zur Verfügung gehabt, sondern hätte nichts anderes tun können, als sich wie das Gericht schriftlich an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden und nach Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. des Arbeitslosengeldbezugs zu fragen. Zusätzlich zu veranlassen, dass 25 Jahre alte Auszahlungslisten durchforstet werden, die - sofern überhaupt noch vorhanden, woran angesichts der Aussage des Zeugen Bedenken bestehen - unter Umständen noch nicht einmal in digitalisierter Form, sondern in Papierform vorliegen, hätte jedenfalls keinen geringeren Aufwand im Sinne des § 65 Abs. 1 Ziff. 3 SGB X gegenüber dem des Klägers bedeutet, nämlich in seinem eigenen Haus nach den fraglichen Unterlagen zu suchen.
29 
Im Ergebnis lag somit am 11.08.2009 kein vollständiger Antrag vor im Sinne des § 44 SGB I, da der Nachweis der Arbeitslosigkeit fehlte und ohne diese Anrechnungszeit eine Lücke im Versicherungsverlauf bestand.
30 
Hieran hat sich auch durch den Überprüfungsantrag (§ 44 SGB X) des Klägerbevollmächtigten vom 27.01.2011 nichts geändert. Zwar wurde nun vorgetragen, der Kläger sei tatsächlich arbeitslos gemeldet gewesen, doch wurden nach wie vor die hierfür erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, gemäß § 60 Abs. 1 Ziff. 3 SGB X erneut ausdrücklich die Vorlage von Beweismitteln zu verlangen, da die Ehefrau des Klägers zuvor das Vorhandensein von Unterlagen ausdrücklich verneint hatte und auch anzunehmen gewesen wäre, dass der Klägerbevollmächtigte im Rahmen seines Überprüfungsantrages solche vorgelegt hätte, sofern sie ihm zur Verfügung gestanden hätten.
31 
Somit ist der vollständige Antrag einschließlich der dazugehörigen Unterlagen erst mit der Klageschrift vom 06.03.2013 am 15.03.2013 bei der Beklagten eingegangen. Indem sie die begehrte Rente bereits mit Bescheid vom 12.06.2013 bewilligt und im Juli 2013 ausbezahlt hat, scheidet eine Verzinsung nach § 44 Abs. 2 SGB I aus, da diese frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger beginnt.
32 
Da der Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden ist, war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg hatte.
34 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

21 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet, da kein Anspruch auf Verzinsung besteht.
22 
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 v.H. zu verzinsen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift beginnt die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.
23 
Vorliegend ging der vollständige Antrag erst mit Zusendung der Klageschrift im Verfahren S 3 R 666/13 am 15.03.2013 bei der Beklagten ein. Da sie bereits drei Monate später mit Bescheid vom 12.06.2013 die begehrte Rente bewilligt und diese im Juli 2013 und damit innerhalb der 6-Monats-Frist ausbezahlt hat, scheidet eine Verzinsung aus.
24 
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt ein vollständiger Leistungsantrag vor, wenn der zuständige Leistungsträger durch ihn in die Lage versetzt wird, den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe zu überprüfen, d.h. die von Amts wegen durchzuführende (§ 20 SGB X) Ermittlung des Sachverhalts zügig aufzunehmen und die ggf. noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen (s. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 22.06.1989, 4 RA 44/88 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, in Juris). Wenn ein Leistungsträger Antragsvordrucke (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) herausgegeben hat, liegt ein vollständiger Leistungsantrag spätestens vor, sobald der Antragsteller den Vordruck für den Antrag auf die begehrte Leistung vollständig ausgefüllt und auch die darin als beizubringend bezeichneten (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) Unterlagen eingereicht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller über den Antragsvordruck hinaus durch weitere erhebliche Angaben (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB I), Erklärungen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB I) oder die Vorlage weiterer Beweisurkunden (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) bei der Bearbeitung des Antrags mitzuwirken hat (§ 65 Abs. 1 und 3 SGB I). Das Gesetz nimmt im Interesse der Berechtigten an einem möglichst einfach gestalteten Zugang zu den Sozialleistungen die mit einem notwendig typisierenden Vordruck unvermeidbar verbundene Pauschalierung der Anforderungen an einen „vollständigen“ Leistungsantrag in Kauf. Andererseits legt es dem Antragsteller für den Einzelfall - abgesehen vor der Pflicht zur Benutzung des Vordrucks - keine über die §§ 60, 65 SGB I hinausgehenden Mitwirkungspflichten beim Antrag auf. Daher ist er auch bei Benutzung eines in genereller Betrachtung ermessensfehlerfrei ausgestalteten Antragsvordrucks nicht zu Angaben oder zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet, soweit dies für die Leistung nicht erheblich (§ 60 Abs. 1 SGB I), unangemessen (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) oder unzumutbar (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I) ist oder der Leistungsträger sich durch geringeren Aufwand als er die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) oder ein Verweigerungsrecht (§ 65 Abs. 3 SGB I) besteht. Ein Antrag kann also „vollständig“ sein, obwohl der Antragsvordruck „unvollständig“ ausgefüllt ist oder darin angeforderte Unterlagen nicht eingereicht worden sind, wenn im Einzelfall im Blick hierauf keine Mitwirkungspflicht im Sinne der §§ 60, 65 SGB I bestanden hat (siehe hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2012, L 7 R 923/11 und BSG, Urteil vom 22.06.1989 a.a.O.). Im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X ist nicht der Antrag, der dieses Verfahren auslöst, für die Verzinsung maßgebend, sondern der frühere, auf die Sachleistung gerichtete Antrag, es sei denn, erst durch den § 44-Antrag sind die Leistungsvoraussetzungen vervollständigt worden (BSG, Urteil vom 17.11.1981, 9 RV 26/81 in Juris; LSG Niedersachsen, Urteil vom 29.04.2014, L 2 R 387/13; siehe auch Terminbericht des BSG vom 17.12.2014, B 8 SO 17/13 R, jeweils in Juris).
25 
Vorliegend war der Antrag des Klägers vom 11.08.2009 insofern unvollständig, als darin die Frage nach Anrechnungszeiten, die im Versicherungsverlauf nicht enthalten seien, unzutreffend verneint und dementsprechend auch der Vordruck V0410 nicht ausgefüllt und die darin unter Ziff. 4.1 gestellte Frage, ob der Versicherte bei einer deutschen Agentur für Arbeit (Arbeitsamt), einer Kommune, einer Arbeitsgemeinschaft oder einem Jobcenter arbeitslos gemeldet gewesen sei, nicht beantwortet wurde. Ebenso wenig wurden die in dem Fragebogen für Anrechnungszeiten V0410 angeforderten Beweismittel beigefügt. In der Folgezeit wurde auch dem Verlangen der Beklagten, Beweisurkunden im Sinne des § 60 Abs. 1 Ziff. 3 SGB I in Bezug auf die Zeit der Arbeitslosigkeit vorzulegen, nicht entsprochen. Vielmehr wurde telefonisch ausdrücklich vorgetragen, Unterlagen über die Arbeitslosigkeit lägen nicht vor (Telefonat vom 06.10.2009, Bl. 28 der Verwaltungsakte). Am 06.10.2009 bestätigte die Ehefrau des Klägers sogar handschriftlich, dieser sei nicht arbeitssuchend gemeldet gewesen.
26 
Der Kläger war auch zur Vorlage eines Nachweises über seine Arbeitslosigkeit verpflichtet, so dass nicht argumentiert werden kann, trotz unvollständigen Ausfüllens des Antragsvordrucks sei von einem vollständigen Antrag im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB I auszugehen. Zwar bestimmte die Zweite Verordnung über die Erfassung von Daten für die Träger der Sozialversicherung und für die Bundesanstalt für Arbeit - 2. Datenerfassungs-Verordnung (2. DEVO) in der Fassung vom 21.03.1984 - in § 13 Abs. 1, dass Ausfallzeiten (heute Anrechnungszeiten) von Versicherten der Rentenversicherung innerhalb eines Monats nach bekannt gewordenem Abschluss nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 unter Angabe der Versicherungsnummer auf Magnetband nach den Anlagen der 2. DEVO an die Datenstelle oder die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu melden waren und dass nach Abs. 2 Ziff. 2 der Vorschrift für die Meldung die Bundesanstalt für Arbeit zuständig war, sofern es sich um einen Tatbestand im Sinne des § 1259 Abs. 1 Nr. 3a Reichsversicherungsordnung (RVO) handelte. Insofern wäre eigentlich das damalige Arbeitsamt N. verpflichtet gewesen, die Zeit des Leistungsbezuges als Ausfallzeit der Beklagten zu melden. Dies wurde so vom Arbeitsamt auch im Aufhebungsbescheid vom 01.07.1986 bestätigt, worin es heißt, die Zeit des Leistungsbezuges sei dem Rentenversicherungsträger als Ausfallzeit-Tatbestand gemeldet worden. Bei erfolgreicher Meldung wäre diese Ausfallzeit (heute Anrechnungszeit) im Versicherungsverlauf des Klägers vermerkt worden und hätte es eines gesonderten Nachweises nicht bedurft. Tatsächlich jedoch ist eine solche Berücksichtigung im Versicherungsverlauf unterblieben, ohne dass sich heute noch feststellen ließe, worauf bzw. auf wessen Fehlverhalten dieser Fehler beruht. Insofern war die Beklagte nach Ausfüllen des Antragsformulars gerade nicht in der Lage, die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen, sondern war auf die Mitwirkung des Klägers gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 (Vorlage von Beweisurkunden) angewiesen. Dementsprechend sieht auch der Vordruck VO410 (Fragebogen für Anrechnungszeiten) unter Ziffer 4 ausdrücklich vor, dass Beweismittel zu einer Zeit der Arbeitslosigkeit, die nicht im Versicherungsverlauf enthalten sind, vorzulegen sind.
27 
Der unvollständige Antrag war auch nicht als vollständig anzusehen bzw. zu behandeln. Zwar kann ein unvollständiger Antrag als vollständig angesehen werden, wenn ein Informationsdefizit und damit die Unvollständigkeit des Antrags allein in den Verantwortungsbereich des Versicherungsträgers fällt (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.11.2008, L 12 AL 185/05, in Juris; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I, Stand März 2005, § 44 SGB I Rdnr. 13; s. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.04.2014, L 2 R 387/13, Juris). Eine solche Konstellation ist indessen vorliegend nicht gegeben, ohne dass es darauf ankommt, ob die Verantwortung für die anfängliche Lücke im Versicherungsverlauf bei der Beklagten liegt, wenn ihr der Fehler in der Übertragung unterlaufen sein sollte, oder beim damaligen Arbeitsamt, sofern dieses die Ausfallzeit (heute Anrechnungszeit) nach der 2. DEVO nicht korrekt übermittelt hat. Denn zum einen fällt das Informationsdefizit nicht in den alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten, weil auch der Kläger durch zunächst fehlerhafte Informationen und anschließende Nichtvorlage bei ihm vorhandener Unterlagen eine Mitverantwortung an der Unvollständigkeit des Antrags trägt, zum anderen ist auch die (theoretische) Möglichkeit denkbar, dass das Arbeitsamt N. die Leistungsbewilligung nachträglich wieder aufgehoben hat und aus diesem Grund eine Löschung im Versicherungsverlauf erfolgt ist. In diesem Fall läge schon gar kein Informationsdefizit vor, das die Beklagte zu verantworten hätte. Den unvollständigen Antrag wegen eines im alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten liegenden Informationsdefizits als vollständig anzusehen, scheidet mithin aus.
28 
Das Argument des Klägers, die Beklagte hätte bei der Arbeitsagentur nachfragen müssen, überzeugt nicht: Zwar besteht nach § 65 Abs. 1 Ziff. 3 SGB I die Mitwirkungspflicht nach den §§ 60 bis 64 nicht, soweit der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Jedoch wäre eine Nachfrage seitens der Beklagten bei der Arbeitsagentur für Arbeit erfolglos geblieben, da sowohl die Leistungsakte als auch die Datensätze in der Arbeitsvermittlung nach maximal fünf Jahren gelöscht werden. Hierauf hat die Beklagte zu Recht hingewiesen, und die Richtigkeit dieses Vorbringens ist durch die Aussage des Zeugen H., eines Mitarbeiters der Bundesagentur für Arbeit, gegenüber dem Senat vom 18.03.2015 bestätigt worden. Soweit der Kläger vorträgt, die Heranziehung von Auszahlungslisten wäre erfolgversprechend gewesen, kann dies dahinstehen. Die Beklagte selber hätte solche Auszahlungslisten nicht zur Verfügung gehabt, sondern hätte nichts anderes tun können, als sich wie das Gericht schriftlich an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden und nach Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. des Arbeitslosengeldbezugs zu fragen. Zusätzlich zu veranlassen, dass 25 Jahre alte Auszahlungslisten durchforstet werden, die - sofern überhaupt noch vorhanden, woran angesichts der Aussage des Zeugen Bedenken bestehen - unter Umständen noch nicht einmal in digitalisierter Form, sondern in Papierform vorliegen, hätte jedenfalls keinen geringeren Aufwand im Sinne des § 65 Abs. 1 Ziff. 3 SGB X gegenüber dem des Klägers bedeutet, nämlich in seinem eigenen Haus nach den fraglichen Unterlagen zu suchen.
29 
Im Ergebnis lag somit am 11.08.2009 kein vollständiger Antrag vor im Sinne des § 44 SGB I, da der Nachweis der Arbeitslosigkeit fehlte und ohne diese Anrechnungszeit eine Lücke im Versicherungsverlauf bestand.
30 
Hieran hat sich auch durch den Überprüfungsantrag (§ 44 SGB X) des Klägerbevollmächtigten vom 27.01.2011 nichts geändert. Zwar wurde nun vorgetragen, der Kläger sei tatsächlich arbeitslos gemeldet gewesen, doch wurden nach wie vor die hierfür erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, gemäß § 60 Abs. 1 Ziff. 3 SGB X erneut ausdrücklich die Vorlage von Beweismitteln zu verlangen, da die Ehefrau des Klägers zuvor das Vorhandensein von Unterlagen ausdrücklich verneint hatte und auch anzunehmen gewesen wäre, dass der Klägerbevollmächtigte im Rahmen seines Überprüfungsantrages solche vorgelegt hätte, sofern sie ihm zur Verfügung gestanden hätten.
31 
Somit ist der vollständige Antrag einschließlich der dazugehörigen Unterlagen erst mit der Klageschrift vom 06.03.2013 am 15.03.2013 bei der Beklagten eingegangen. Indem sie die begehrte Rente bereits mit Bescheid vom 12.06.2013 bewilligt und im Juli 2013 ausbezahlt hat, scheidet eine Verzinsung nach § 44 Abs. 2 SGB I aus, da diese frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger beginnt.
32 
Da der Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden ist, war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg hatte.
34 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. September 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist ein Zinsanspruch des Klägers.
Der 1955 geborene Kläger erlitt im Mai 2009 einen Schlaganfall, infolgedessen seine Ehefrau als Betreuerin am 11.08.2009 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung stellte. Hierbei gab sie an, der Kläger sei vom 04.04. bis zum 30.06.1986 arbeitslos gewesen. Die Frage nach Anrechnungszeiten (u.a. Arbeitslosigkeit oder Leistungen von der Agentur für Arbeit) verneinte sie, der Fragebogen für Anrechnungszeiten V0410 wurde dementsprechend nicht ausgefüllt. Auf die Bitte der Beklagten, hinsichtlich der Arbeitslosigkeit einen Nachweis zu übersenden, teilte die Ehefrau des Klägers telefonisch am 06.10.2009 mit, dass es sich bei der Zeit vom 04.04. bis 30.06.1986 um eine Zeit zwischen zwei Beschäftigungen ohne Meldung bei einem Arbeitsamt gehandelt habe. Unterlagen über Arbeitslosigkeit lägen nicht vor. Schriftlich wiederholte sie diese Angabe mit Schreiben vom 06.10.2009 („war nicht arbeitssuchend gemeldet“). Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag auf Rentengewährung mit Bescheid vom 19.10.2009 ab, da die Zeit vom 04.04. bis 30.06.1986 nicht mit einer Anwartschaftserhaltungszeit belegt sei und damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Mit Schreiben vom 27.01.2011 legte der Kläger, nunmehr vertreten durch einen Rechtsanwalt, Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.10.2009 ein und führte u.a. aus, er habe sich sofort nach Erhalt der fristlosen Kündigung seines letzten Arbeitgebers an das Arbeitsamt H. gewandt und um Vermittlung entsprechender Stellen gebeten. Soweit er sich noch erinnere, sei er dreimal beim Arbeitsamt gewesen, und es seien ihm verschiedene potentielle Arbeitgeber genannt worden. Es möge sein, dass er versehentlich parallel dazu nicht auch einen Arbeitslosengeldantrag gestellt habe. Hierauf komme es jedoch nicht an. Fakt sei, dass er sich sofort beim Arbeitsamt gemeldet und sich habe vermitteln lassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2011 wies die Beklagte diesen Widerspruch als verspätet zurück. Die hiergegen gerichtete Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG, S 3 R 2621/11) wurde übereinstimmend für erledigt erklärt.
Gleichzeitig wertete die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 27.01.2011 im Einvernehmen mit dem Kläger als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und lehnte mit Bescheid vom 20.09.2012 die Rücknahme des Bescheides vom 19.10.2009 ab, da der Kläger weder neue Beweismittel vorgelegt noch neue Tatsachen vorgetragen habe, die geeignet seien, eine für ihn günstigere Entscheidung zu treffen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2013 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 07.03.2013 Klage vor dem SG (S 3 R 666/13) und legte zusammen mit der Klageschrift einen Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes N. vom 09.06.1986, einen Aufhebungsbescheid vom 01.07.1986, einen Leistungsnachweis vom 05.08.1987 sowie einen Abhilfebescheid vom 09.09.1987 vor, aus denen sich die Gewährung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 04.04.1986 bis 30.06.1986 ergibt. Mit Schreiben vom 25.03.2013 gab die Beklagte daraufhin ein Anerkenntnis ab und anerkannte auf Grundlage eines Leistungsfalles vom 12.05.2009 ab dem 01.06.2009 einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit. Dieses Anerkenntnis wurde zur Erledigung des Rechtsstreits angenommen. Mit Rentenbescheid vom 12.06.2013 bewilligte die Beklagte aufgrund des Anerkenntnisses vom 25.03.2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung, beginnend am 01.06.2009. Für die Zeit bis zum 30.09.2013 betrage die Nachzahlung 20.419,29 EUR (Auszahlung im Juli 2013). Auf Seite 6 des Bescheides führte die Beklagte aus, nach § 44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bestehe kein Anspruch auf Verzinsung, weil seit Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim zuständigen Leistungsträger keine sechs Kalendermonate vergangen seien.
Gegen diesen Rentenbescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 02.07.2013 Widerspruch ein mit der Begründung, aufgrund des Antragsschreibens vom 27.01.2011 sei der Beklagten bewusst geworden bzw. hätte sie erkennen müssen, dass der Kläger über keine gesicherten Unterlagen verfüge in Bezug auf den Zeitraum von April bis Juni 1986. Die Beklagte wäre deshalb verpflichtet gewesen, beim Arbeitsamt H. alias N. Rückfrage zu halten. Auch wenn die individuellen Akten nach Ablauf von vier Jahren vernichtet worden sein sollten, betreffe diese Vernichtungsaktion nie und nimmer die Auszahlungslisten der einzelnen Arbeitsämter. Dies bedeute, dass die Beklagte bei Kontaktierung des Arbeitsamtes H. mit allein dem Namen und den persönlichen Kontaktdaten des Klägers mit Sicherheit auf den Bewilligungsbescheid bzw. den Leistungsnachweis vom streitgegenständlichen Zeitraum gestoßen wäre. Ergänzend führte der Kläger aus, die Urkunden des Arbeitsamtes H. habe die Ehefrau des Klägers beim umbaubedingten Aufräumen wiedergefunden. Deren Inhalt sei ihr nicht mehr erinnerlich gewesen.
Weiterhin wandte sich der Kläger gegen eine fehlende Rentennachzahlung für Zeiten des Bezuges von Übergangsgeld.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, erst mit Vorlage der Bescheinigungen des Arbeitsamtes N. über den Zeitraum der Arbeitslosigkeit, die mit dem Schreiben des Bevollmächtigten vom 06.03.2013 vorgelegt worden seien (Eingang bei der Beklagten am 15.03.2013), seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt, sodass diese habe bewilligt werden können. Nach § 44 SGB I bestehe kein Anspruch auf Verzinsung, weil seit Eingang des vollständigen Leistungsantrages (15.03.2013) beim zuständigen Leistungsträger keine sechs Kalendermonate vergangen seien. Ein Anspruch auf Rentennachzahlung für die Zeiten, in denen Übergangsgeld gezahlt worden sei, bestehe nicht, da der Anspruch bereits als erfüllt gelte.
Hiergegen hat der Kläger am 17.01.2014 beim SG Klage erhoben mit der Begründung, er und seine Ehefrau seien irrigerweise davon ausgegangen, dass er nicht arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Erst Ende Januar 2013 seien die fraglichen Unterlagen wieder aufgefunden worden, deren Inhalt bis dato vollkommen unbekannt gewesen sei. Es frage sich, wie seinerzeit und jetzt zu entscheiden gewesen wäre, wenn die fraglichen Unterlagen nicht mehr aufgefunden worden wären. Dann wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, von sich aus beim Arbeitsamt H. bzw. N. zu recherchieren. Bei entsprechender elektronischer Recherche wäre die Beklagte schon im Februar 2011 auf die hier interessierenden Leistungsvorgänge gestoßen, sodass die Verzinsungspflicht ab dem 01.09.2011 ausgelöst werde.
10 
Die Beklagte hat hierzu dargelegt, Arbeitsämter vernichteten ihre Unterlagen komplett nach fünf Jahren, so dass Anfragen im Februar 2011, knapp 25 Jahre später, nicht angezeigt gewesen seien.
11 
Die Anspruch auf Zahlung von Rente während des Bezugs von Übergangsgeld ist zuletzt nicht mehr geltend gemacht worden.
12 
Mit Gerichtsbescheid vom 12.09.2014 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, maßgebend im Sinne des § 44 SGB I sei der vollständige Leistungsantrag, d.h. der Antrag, mit dem der Sachverhalt vollständig dargelegt werde, um die im Gesetz bestimmten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Sozialleistungen überprüfen und sein Entstehen feststellen zu können. Vorliegend hätten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Anrechnungszeiten gem. § 252 Abs. 2 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) für die vom Kläger beantragte Rente wegen voller Erwerbsminderung ersichtlich erst vorgelegen, nachdem der Kläger über seinen Anwalt mit dem Klageschriftsatz vom 06.03.2013 im Verfahren S 3 R 666/13 Unterlagen des Arbeitsamts N. über die Bewilligung von Arbeitslosengeld in der Zeit vom 04.04.1986 bis 30.06.1986 übersandt habe. Zwar liege ein vollständiger Leistungsantrag, wenn ein Leistungsträger Antragsvordrucke herausgegeben habe, spätestens dann vor, sobald der Antragsteller den Vordruck für den Antrag auf die begehrte Leistung vollständig ausgefüllt und auch die darin als beizubringend bezeichneten Unterlagen eingereicht habe. Bei Benutzung eines grundsätzlich ermessensfehlerfrei ausgestalteten Antragsvordruckes sei der Antragsteller nicht zu Angabe oder zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet, soweit u.a. der Leistungsträger sich durch geringeren Aufwand als er die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen könne (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I). Hier habe sich die Beklagte nicht durch geringeren Aufwand als der Kläger die erforderlichen Kenntnisse über den Arbeitslosengeldbezug im Jahr 1986 beschaffen können. Sie habe über keine Daten für eine rentenrechtliche Zeit des Klägers im genannten Zeitraum verfügt. Arbeitsämter vernichteten ihre Unterlagen komplett nach fünf Jahren, sodass eine Anfrage durch die Beklagte im Februar 2011, knapp 25 Jahre später, weder angezeigt noch sinnvoll gewesen sei.
13 
Hiergegen richtet sich die am 14.10.2014 beim SG eingelegte Berufung, mit der der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft hat.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. September 2014 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Rentennachzahlung in Höhe von 20.419,27 EUR für die Zeit vom 01.09.2011 bis 30.06.2013 mit 4 % zu verzinsen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Mit Schreiben vom 17.03.2015 hat der Senat den Zeugen H., Mitarbeiter der Arbeitsagentur N., um Auskunft gebeten, ob dort noch Informationen über den Kläger und seine Arbeitslosmeldung/seinen Arbeitslosengeldbezug im Zeitraum vom 04.04.1986 bis 01.07.1986 vorliegen. Mit Schreiben vom 18.03.2015 hat der Zeuge H. ausgeführt, in der Arbeitsagentur N. lägen keine Unterlagen mehr über den Kläger vor, es lasse sich daher nicht nachvollziehen, ob er im streitigen Zeitraum arbeitslos gemeldet gewesen sei und Arbeitslosengeld bezogen habe. Aus datenschutzrechtlichen Gründen werde die Leistungsakte normalerweise für eine Dauer von fünf Jahren aufbewahrt bzw. würden die Datensätze in der Arbeitsvermittlung nach maximal fünf Jahren gelöscht.
19 
In einem Erörterungstermin am 23.04.2015 ist der Sachverhalt mit den Beteiligten besprochen worden, ohne dass ein Ergebnis erzielt werden konnte.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte, der Akte des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet, da kein Anspruch auf Verzinsung besteht.
22 
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 v.H. zu verzinsen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift beginnt die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.
23 
Vorliegend ging der vollständige Antrag erst mit Zusendung der Klageschrift im Verfahren S 3 R 666/13 am 15.03.2013 bei der Beklagten ein. Da sie bereits drei Monate später mit Bescheid vom 12.06.2013 die begehrte Rente bewilligt und diese im Juli 2013 und damit innerhalb der 6-Monats-Frist ausbezahlt hat, scheidet eine Verzinsung aus.
24 
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt ein vollständiger Leistungsantrag vor, wenn der zuständige Leistungsträger durch ihn in die Lage versetzt wird, den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe zu überprüfen, d.h. die von Amts wegen durchzuführende (§ 20 SGB X) Ermittlung des Sachverhalts zügig aufzunehmen und die ggf. noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen (s. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 22.06.1989, 4 RA 44/88 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, in Juris). Wenn ein Leistungsträger Antragsvordrucke (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) herausgegeben hat, liegt ein vollständiger Leistungsantrag spätestens vor, sobald der Antragsteller den Vordruck für den Antrag auf die begehrte Leistung vollständig ausgefüllt und auch die darin als beizubringend bezeichneten (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) Unterlagen eingereicht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller über den Antragsvordruck hinaus durch weitere erhebliche Angaben (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB I), Erklärungen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB I) oder die Vorlage weiterer Beweisurkunden (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) bei der Bearbeitung des Antrags mitzuwirken hat (§ 65 Abs. 1 und 3 SGB I). Das Gesetz nimmt im Interesse der Berechtigten an einem möglichst einfach gestalteten Zugang zu den Sozialleistungen die mit einem notwendig typisierenden Vordruck unvermeidbar verbundene Pauschalierung der Anforderungen an einen „vollständigen“ Leistungsantrag in Kauf. Andererseits legt es dem Antragsteller für den Einzelfall - abgesehen vor der Pflicht zur Benutzung des Vordrucks - keine über die §§ 60, 65 SGB I hinausgehenden Mitwirkungspflichten beim Antrag auf. Daher ist er auch bei Benutzung eines in genereller Betrachtung ermessensfehlerfrei ausgestalteten Antragsvordrucks nicht zu Angaben oder zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet, soweit dies für die Leistung nicht erheblich (§ 60 Abs. 1 SGB I), unangemessen (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) oder unzumutbar (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I) ist oder der Leistungsträger sich durch geringeren Aufwand als er die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) oder ein Verweigerungsrecht (§ 65 Abs. 3 SGB I) besteht. Ein Antrag kann also „vollständig“ sein, obwohl der Antragsvordruck „unvollständig“ ausgefüllt ist oder darin angeforderte Unterlagen nicht eingereicht worden sind, wenn im Einzelfall im Blick hierauf keine Mitwirkungspflicht im Sinne der §§ 60, 65 SGB I bestanden hat (siehe hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2012, L 7 R 923/11 und BSG, Urteil vom 22.06.1989 a.a.O.). Im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X ist nicht der Antrag, der dieses Verfahren auslöst, für die Verzinsung maßgebend, sondern der frühere, auf die Sachleistung gerichtete Antrag, es sei denn, erst durch den § 44-Antrag sind die Leistungsvoraussetzungen vervollständigt worden (BSG, Urteil vom 17.11.1981, 9 RV 26/81 in Juris; LSG Niedersachsen, Urteil vom 29.04.2014, L 2 R 387/13; siehe auch Terminbericht des BSG vom 17.12.2014, B 8 SO 17/13 R, jeweils in Juris).
25 
Vorliegend war der Antrag des Klägers vom 11.08.2009 insofern unvollständig, als darin die Frage nach Anrechnungszeiten, die im Versicherungsverlauf nicht enthalten seien, unzutreffend verneint und dementsprechend auch der Vordruck V0410 nicht ausgefüllt und die darin unter Ziff. 4.1 gestellte Frage, ob der Versicherte bei einer deutschen Agentur für Arbeit (Arbeitsamt), einer Kommune, einer Arbeitsgemeinschaft oder einem Jobcenter arbeitslos gemeldet gewesen sei, nicht beantwortet wurde. Ebenso wenig wurden die in dem Fragebogen für Anrechnungszeiten V0410 angeforderten Beweismittel beigefügt. In der Folgezeit wurde auch dem Verlangen der Beklagten, Beweisurkunden im Sinne des § 60 Abs. 1 Ziff. 3 SGB I in Bezug auf die Zeit der Arbeitslosigkeit vorzulegen, nicht entsprochen. Vielmehr wurde telefonisch ausdrücklich vorgetragen, Unterlagen über die Arbeitslosigkeit lägen nicht vor (Telefonat vom 06.10.2009, Bl. 28 der Verwaltungsakte). Am 06.10.2009 bestätigte die Ehefrau des Klägers sogar handschriftlich, dieser sei nicht arbeitssuchend gemeldet gewesen.
26 
Der Kläger war auch zur Vorlage eines Nachweises über seine Arbeitslosigkeit verpflichtet, so dass nicht argumentiert werden kann, trotz unvollständigen Ausfüllens des Antragsvordrucks sei von einem vollständigen Antrag im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB I auszugehen. Zwar bestimmte die Zweite Verordnung über die Erfassung von Daten für die Träger der Sozialversicherung und für die Bundesanstalt für Arbeit - 2. Datenerfassungs-Verordnung (2. DEVO) in der Fassung vom 21.03.1984 - in § 13 Abs. 1, dass Ausfallzeiten (heute Anrechnungszeiten) von Versicherten der Rentenversicherung innerhalb eines Monats nach bekannt gewordenem Abschluss nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 unter Angabe der Versicherungsnummer auf Magnetband nach den Anlagen der 2. DEVO an die Datenstelle oder die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu melden waren und dass nach Abs. 2 Ziff. 2 der Vorschrift für die Meldung die Bundesanstalt für Arbeit zuständig war, sofern es sich um einen Tatbestand im Sinne des § 1259 Abs. 1 Nr. 3a Reichsversicherungsordnung (RVO) handelte. Insofern wäre eigentlich das damalige Arbeitsamt N. verpflichtet gewesen, die Zeit des Leistungsbezuges als Ausfallzeit der Beklagten zu melden. Dies wurde so vom Arbeitsamt auch im Aufhebungsbescheid vom 01.07.1986 bestätigt, worin es heißt, die Zeit des Leistungsbezuges sei dem Rentenversicherungsträger als Ausfallzeit-Tatbestand gemeldet worden. Bei erfolgreicher Meldung wäre diese Ausfallzeit (heute Anrechnungszeit) im Versicherungsverlauf des Klägers vermerkt worden und hätte es eines gesonderten Nachweises nicht bedurft. Tatsächlich jedoch ist eine solche Berücksichtigung im Versicherungsverlauf unterblieben, ohne dass sich heute noch feststellen ließe, worauf bzw. auf wessen Fehlverhalten dieser Fehler beruht. Insofern war die Beklagte nach Ausfüllen des Antragsformulars gerade nicht in der Lage, die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen, sondern war auf die Mitwirkung des Klägers gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 (Vorlage von Beweisurkunden) angewiesen. Dementsprechend sieht auch der Vordruck VO410 (Fragebogen für Anrechnungszeiten) unter Ziffer 4 ausdrücklich vor, dass Beweismittel zu einer Zeit der Arbeitslosigkeit, die nicht im Versicherungsverlauf enthalten sind, vorzulegen sind.
27 
Der unvollständige Antrag war auch nicht als vollständig anzusehen bzw. zu behandeln. Zwar kann ein unvollständiger Antrag als vollständig angesehen werden, wenn ein Informationsdefizit und damit die Unvollständigkeit des Antrags allein in den Verantwortungsbereich des Versicherungsträgers fällt (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.11.2008, L 12 AL 185/05, in Juris; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I, Stand März 2005, § 44 SGB I Rdnr. 13; s. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.04.2014, L 2 R 387/13, Juris). Eine solche Konstellation ist indessen vorliegend nicht gegeben, ohne dass es darauf ankommt, ob die Verantwortung für die anfängliche Lücke im Versicherungsverlauf bei der Beklagten liegt, wenn ihr der Fehler in der Übertragung unterlaufen sein sollte, oder beim damaligen Arbeitsamt, sofern dieses die Ausfallzeit (heute Anrechnungszeit) nach der 2. DEVO nicht korrekt übermittelt hat. Denn zum einen fällt das Informationsdefizit nicht in den alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten, weil auch der Kläger durch zunächst fehlerhafte Informationen und anschließende Nichtvorlage bei ihm vorhandener Unterlagen eine Mitverantwortung an der Unvollständigkeit des Antrags trägt, zum anderen ist auch die (theoretische) Möglichkeit denkbar, dass das Arbeitsamt N. die Leistungsbewilligung nachträglich wieder aufgehoben hat und aus diesem Grund eine Löschung im Versicherungsverlauf erfolgt ist. In diesem Fall läge schon gar kein Informationsdefizit vor, das die Beklagte zu verantworten hätte. Den unvollständigen Antrag wegen eines im alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten liegenden Informationsdefizits als vollständig anzusehen, scheidet mithin aus.
28 
Das Argument des Klägers, die Beklagte hätte bei der Arbeitsagentur nachfragen müssen, überzeugt nicht: Zwar besteht nach § 65 Abs. 1 Ziff. 3 SGB I die Mitwirkungspflicht nach den §§ 60 bis 64 nicht, soweit der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Jedoch wäre eine Nachfrage seitens der Beklagten bei der Arbeitsagentur für Arbeit erfolglos geblieben, da sowohl die Leistungsakte als auch die Datensätze in der Arbeitsvermittlung nach maximal fünf Jahren gelöscht werden. Hierauf hat die Beklagte zu Recht hingewiesen, und die Richtigkeit dieses Vorbringens ist durch die Aussage des Zeugen H., eines Mitarbeiters der Bundesagentur für Arbeit, gegenüber dem Senat vom 18.03.2015 bestätigt worden. Soweit der Kläger vorträgt, die Heranziehung von Auszahlungslisten wäre erfolgversprechend gewesen, kann dies dahinstehen. Die Beklagte selber hätte solche Auszahlungslisten nicht zur Verfügung gehabt, sondern hätte nichts anderes tun können, als sich wie das Gericht schriftlich an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden und nach Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. des Arbeitslosengeldbezugs zu fragen. Zusätzlich zu veranlassen, dass 25 Jahre alte Auszahlungslisten durchforstet werden, die - sofern überhaupt noch vorhanden, woran angesichts der Aussage des Zeugen Bedenken bestehen - unter Umständen noch nicht einmal in digitalisierter Form, sondern in Papierform vorliegen, hätte jedenfalls keinen geringeren Aufwand im Sinne des § 65 Abs. 1 Ziff. 3 SGB X gegenüber dem des Klägers bedeutet, nämlich in seinem eigenen Haus nach den fraglichen Unterlagen zu suchen.
29 
Im Ergebnis lag somit am 11.08.2009 kein vollständiger Antrag vor im Sinne des § 44 SGB I, da der Nachweis der Arbeitslosigkeit fehlte und ohne diese Anrechnungszeit eine Lücke im Versicherungsverlauf bestand.
30 
Hieran hat sich auch durch den Überprüfungsantrag (§ 44 SGB X) des Klägerbevollmächtigten vom 27.01.2011 nichts geändert. Zwar wurde nun vorgetragen, der Kläger sei tatsächlich arbeitslos gemeldet gewesen, doch wurden nach wie vor die hierfür erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, gemäß § 60 Abs. 1 Ziff. 3 SGB X erneut ausdrücklich die Vorlage von Beweismitteln zu verlangen, da die Ehefrau des Klägers zuvor das Vorhandensein von Unterlagen ausdrücklich verneint hatte und auch anzunehmen gewesen wäre, dass der Klägerbevollmächtigte im Rahmen seines Überprüfungsantrages solche vorgelegt hätte, sofern sie ihm zur Verfügung gestanden hätten.
31 
Somit ist der vollständige Antrag einschließlich der dazugehörigen Unterlagen erst mit der Klageschrift vom 06.03.2013 am 15.03.2013 bei der Beklagten eingegangen. Indem sie die begehrte Rente bereits mit Bescheid vom 12.06.2013 bewilligt und im Juli 2013 ausbezahlt hat, scheidet eine Verzinsung nach § 44 Abs. 2 SGB I aus, da diese frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger beginnt.
32 
Da der Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden ist, war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg hatte.
34 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

21 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet, da kein Anspruch auf Verzinsung besteht.
22 
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 v.H. zu verzinsen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift beginnt die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.
23 
Vorliegend ging der vollständige Antrag erst mit Zusendung der Klageschrift im Verfahren S 3 R 666/13 am 15.03.2013 bei der Beklagten ein. Da sie bereits drei Monate später mit Bescheid vom 12.06.2013 die begehrte Rente bewilligt und diese im Juli 2013 und damit innerhalb der 6-Monats-Frist ausbezahlt hat, scheidet eine Verzinsung aus.
24 
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt ein vollständiger Leistungsantrag vor, wenn der zuständige Leistungsträger durch ihn in die Lage versetzt wird, den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe zu überprüfen, d.h. die von Amts wegen durchzuführende (§ 20 SGB X) Ermittlung des Sachverhalts zügig aufzunehmen und die ggf. noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen (s. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 22.06.1989, 4 RA 44/88 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, in Juris). Wenn ein Leistungsträger Antragsvordrucke (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) herausgegeben hat, liegt ein vollständiger Leistungsantrag spätestens vor, sobald der Antragsteller den Vordruck für den Antrag auf die begehrte Leistung vollständig ausgefüllt und auch die darin als beizubringend bezeichneten (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) Unterlagen eingereicht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller über den Antragsvordruck hinaus durch weitere erhebliche Angaben (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB I), Erklärungen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB I) oder die Vorlage weiterer Beweisurkunden (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) bei der Bearbeitung des Antrags mitzuwirken hat (§ 65 Abs. 1 und 3 SGB I). Das Gesetz nimmt im Interesse der Berechtigten an einem möglichst einfach gestalteten Zugang zu den Sozialleistungen die mit einem notwendig typisierenden Vordruck unvermeidbar verbundene Pauschalierung der Anforderungen an einen „vollständigen“ Leistungsantrag in Kauf. Andererseits legt es dem Antragsteller für den Einzelfall - abgesehen vor der Pflicht zur Benutzung des Vordrucks - keine über die §§ 60, 65 SGB I hinausgehenden Mitwirkungspflichten beim Antrag auf. Daher ist er auch bei Benutzung eines in genereller Betrachtung ermessensfehlerfrei ausgestalteten Antragsvordrucks nicht zu Angaben oder zur Vorlage von Beweisurkunden verpflichtet, soweit dies für die Leistung nicht erheblich (§ 60 Abs. 1 SGB I), unangemessen (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) oder unzumutbar (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I) ist oder der Leistungsträger sich durch geringeren Aufwand als er die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) oder ein Verweigerungsrecht (§ 65 Abs. 3 SGB I) besteht. Ein Antrag kann also „vollständig“ sein, obwohl der Antragsvordruck „unvollständig“ ausgefüllt ist oder darin angeforderte Unterlagen nicht eingereicht worden sind, wenn im Einzelfall im Blick hierauf keine Mitwirkungspflicht im Sinne der §§ 60, 65 SGB I bestanden hat (siehe hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2012, L 7 R 923/11 und BSG, Urteil vom 22.06.1989 a.a.O.). Im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X ist nicht der Antrag, der dieses Verfahren auslöst, für die Verzinsung maßgebend, sondern der frühere, auf die Sachleistung gerichtete Antrag, es sei denn, erst durch den § 44-Antrag sind die Leistungsvoraussetzungen vervollständigt worden (BSG, Urteil vom 17.11.1981, 9 RV 26/81 in Juris; LSG Niedersachsen, Urteil vom 29.04.2014, L 2 R 387/13; siehe auch Terminbericht des BSG vom 17.12.2014, B 8 SO 17/13 R, jeweils in Juris).
25 
Vorliegend war der Antrag des Klägers vom 11.08.2009 insofern unvollständig, als darin die Frage nach Anrechnungszeiten, die im Versicherungsverlauf nicht enthalten seien, unzutreffend verneint und dementsprechend auch der Vordruck V0410 nicht ausgefüllt und die darin unter Ziff. 4.1 gestellte Frage, ob der Versicherte bei einer deutschen Agentur für Arbeit (Arbeitsamt), einer Kommune, einer Arbeitsgemeinschaft oder einem Jobcenter arbeitslos gemeldet gewesen sei, nicht beantwortet wurde. Ebenso wenig wurden die in dem Fragebogen für Anrechnungszeiten V0410 angeforderten Beweismittel beigefügt. In der Folgezeit wurde auch dem Verlangen der Beklagten, Beweisurkunden im Sinne des § 60 Abs. 1 Ziff. 3 SGB I in Bezug auf die Zeit der Arbeitslosigkeit vorzulegen, nicht entsprochen. Vielmehr wurde telefonisch ausdrücklich vorgetragen, Unterlagen über die Arbeitslosigkeit lägen nicht vor (Telefonat vom 06.10.2009, Bl. 28 der Verwaltungsakte). Am 06.10.2009 bestätigte die Ehefrau des Klägers sogar handschriftlich, dieser sei nicht arbeitssuchend gemeldet gewesen.
26 
Der Kläger war auch zur Vorlage eines Nachweises über seine Arbeitslosigkeit verpflichtet, so dass nicht argumentiert werden kann, trotz unvollständigen Ausfüllens des Antragsvordrucks sei von einem vollständigen Antrag im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB I auszugehen. Zwar bestimmte die Zweite Verordnung über die Erfassung von Daten für die Träger der Sozialversicherung und für die Bundesanstalt für Arbeit - 2. Datenerfassungs-Verordnung (2. DEVO) in der Fassung vom 21.03.1984 - in § 13 Abs. 1, dass Ausfallzeiten (heute Anrechnungszeiten) von Versicherten der Rentenversicherung innerhalb eines Monats nach bekannt gewordenem Abschluss nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 unter Angabe der Versicherungsnummer auf Magnetband nach den Anlagen der 2. DEVO an die Datenstelle oder die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu melden waren und dass nach Abs. 2 Ziff. 2 der Vorschrift für die Meldung die Bundesanstalt für Arbeit zuständig war, sofern es sich um einen Tatbestand im Sinne des § 1259 Abs. 1 Nr. 3a Reichsversicherungsordnung (RVO) handelte. Insofern wäre eigentlich das damalige Arbeitsamt N. verpflichtet gewesen, die Zeit des Leistungsbezuges als Ausfallzeit der Beklagten zu melden. Dies wurde so vom Arbeitsamt auch im Aufhebungsbescheid vom 01.07.1986 bestätigt, worin es heißt, die Zeit des Leistungsbezuges sei dem Rentenversicherungsträger als Ausfallzeit-Tatbestand gemeldet worden. Bei erfolgreicher Meldung wäre diese Ausfallzeit (heute Anrechnungszeit) im Versicherungsverlauf des Klägers vermerkt worden und hätte es eines gesonderten Nachweises nicht bedurft. Tatsächlich jedoch ist eine solche Berücksichtigung im Versicherungsverlauf unterblieben, ohne dass sich heute noch feststellen ließe, worauf bzw. auf wessen Fehlverhalten dieser Fehler beruht. Insofern war die Beklagte nach Ausfüllen des Antragsformulars gerade nicht in der Lage, die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und die begehrte Leistung zu bewilligen, sondern war auf die Mitwirkung des Klägers gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 (Vorlage von Beweisurkunden) angewiesen. Dementsprechend sieht auch der Vordruck VO410 (Fragebogen für Anrechnungszeiten) unter Ziffer 4 ausdrücklich vor, dass Beweismittel zu einer Zeit der Arbeitslosigkeit, die nicht im Versicherungsverlauf enthalten sind, vorzulegen sind.
27 
Der unvollständige Antrag war auch nicht als vollständig anzusehen bzw. zu behandeln. Zwar kann ein unvollständiger Antrag als vollständig angesehen werden, wenn ein Informationsdefizit und damit die Unvollständigkeit des Antrags allein in den Verantwortungsbereich des Versicherungsträgers fällt (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.11.2008, L 12 AL 185/05, in Juris; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I, Stand März 2005, § 44 SGB I Rdnr. 13; s. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.04.2014, L 2 R 387/13, Juris). Eine solche Konstellation ist indessen vorliegend nicht gegeben, ohne dass es darauf ankommt, ob die Verantwortung für die anfängliche Lücke im Versicherungsverlauf bei der Beklagten liegt, wenn ihr der Fehler in der Übertragung unterlaufen sein sollte, oder beim damaligen Arbeitsamt, sofern dieses die Ausfallzeit (heute Anrechnungszeit) nach der 2. DEVO nicht korrekt übermittelt hat. Denn zum einen fällt das Informationsdefizit nicht in den alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten, weil auch der Kläger durch zunächst fehlerhafte Informationen und anschließende Nichtvorlage bei ihm vorhandener Unterlagen eine Mitverantwortung an der Unvollständigkeit des Antrags trägt, zum anderen ist auch die (theoretische) Möglichkeit denkbar, dass das Arbeitsamt N. die Leistungsbewilligung nachträglich wieder aufgehoben hat und aus diesem Grund eine Löschung im Versicherungsverlauf erfolgt ist. In diesem Fall läge schon gar kein Informationsdefizit vor, das die Beklagte zu verantworten hätte. Den unvollständigen Antrag wegen eines im alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten liegenden Informationsdefizits als vollständig anzusehen, scheidet mithin aus.
28 
Das Argument des Klägers, die Beklagte hätte bei der Arbeitsagentur nachfragen müssen, überzeugt nicht: Zwar besteht nach § 65 Abs. 1 Ziff. 3 SGB I die Mitwirkungspflicht nach den §§ 60 bis 64 nicht, soweit der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Jedoch wäre eine Nachfrage seitens der Beklagten bei der Arbeitsagentur für Arbeit erfolglos geblieben, da sowohl die Leistungsakte als auch die Datensätze in der Arbeitsvermittlung nach maximal fünf Jahren gelöscht werden. Hierauf hat die Beklagte zu Recht hingewiesen, und die Richtigkeit dieses Vorbringens ist durch die Aussage des Zeugen H., eines Mitarbeiters der Bundesagentur für Arbeit, gegenüber dem Senat vom 18.03.2015 bestätigt worden. Soweit der Kläger vorträgt, die Heranziehung von Auszahlungslisten wäre erfolgversprechend gewesen, kann dies dahinstehen. Die Beklagte selber hätte solche Auszahlungslisten nicht zur Verfügung gehabt, sondern hätte nichts anderes tun können, als sich wie das Gericht schriftlich an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden und nach Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. des Arbeitslosengeldbezugs zu fragen. Zusätzlich zu veranlassen, dass 25 Jahre alte Auszahlungslisten durchforstet werden, die - sofern überhaupt noch vorhanden, woran angesichts der Aussage des Zeugen Bedenken bestehen - unter Umständen noch nicht einmal in digitalisierter Form, sondern in Papierform vorliegen, hätte jedenfalls keinen geringeren Aufwand im Sinne des § 65 Abs. 1 Ziff. 3 SGB X gegenüber dem des Klägers bedeutet, nämlich in seinem eigenen Haus nach den fraglichen Unterlagen zu suchen.
29 
Im Ergebnis lag somit am 11.08.2009 kein vollständiger Antrag vor im Sinne des § 44 SGB I, da der Nachweis der Arbeitslosigkeit fehlte und ohne diese Anrechnungszeit eine Lücke im Versicherungsverlauf bestand.
30 
Hieran hat sich auch durch den Überprüfungsantrag (§ 44 SGB X) des Klägerbevollmächtigten vom 27.01.2011 nichts geändert. Zwar wurde nun vorgetragen, der Kläger sei tatsächlich arbeitslos gemeldet gewesen, doch wurden nach wie vor die hierfür erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, gemäß § 60 Abs. 1 Ziff. 3 SGB X erneut ausdrücklich die Vorlage von Beweismitteln zu verlangen, da die Ehefrau des Klägers zuvor das Vorhandensein von Unterlagen ausdrücklich verneint hatte und auch anzunehmen gewesen wäre, dass der Klägerbevollmächtigte im Rahmen seines Überprüfungsantrages solche vorgelegt hätte, sofern sie ihm zur Verfügung gestanden hätten.
31 
Somit ist der vollständige Antrag einschließlich der dazugehörigen Unterlagen erst mit der Klageschrift vom 06.03.2013 am 15.03.2013 bei der Beklagten eingegangen. Indem sie die begehrte Rente bereits mit Bescheid vom 12.06.2013 bewilligt und im Juli 2013 ausbezahlt hat, scheidet eine Verzinsung nach § 44 Abs. 2 SGB I aus, da diese frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger beginnt.
32 
Da der Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden ist, war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg hatte.
34 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen.

(2) Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.

(3) Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.