Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 29. Juni 2011 - L 9 SO 16/10

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2011:0629.L9SO16.10.0A
bei uns veröffentlicht am29.06.2011

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 27. Januar 2010 geändert und unter Abänderung der Bescheide vom 26. April 2005, 18. Mai 2005 und 27. Mai 2005 in der Fassung des betreffenden Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 der Beklagte verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum von Januar bis Juni 2005 den Regelsatz für einen Haushaltsvorstand zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat der Beklagte zu 1/4 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt für den Zeitraum von Juni 2004 bis Juni 2005 im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) sowie dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), die Gewährung des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand und von Unterkunftskosten.

2

Die Klägerin ist 1985 geboren. Sie ist voll erwerbsgemindert und verfügt über einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 v. H. mit den Merkzeichen „G“ und „B“. Die Klägerin wurde 2003 in den Ausbildungsbereich der N... Werkstätten aufgenommen und ist seit Mai 2005 in dem Arbeitsbereich der Werkstatt beschäftigt. Sie wohnt zusammen mit ihren Eltern im Haus ihrer Mutter. Dort stehen ihr zwei miteinander verbundene Zimmer zur eigenen Verfügung mit einer Gesamtquadratmeterzahl von 28 und ein Flur von ca. 5 qm. Neben diesen Zimmern befinden sich im ersten Stock des Hauses das Schlafzimmer der Mutter sowie ein Badezimmer, das von der Klägerin und ihrer Mutter genutzt wird. Sie kann die Küche in dem Haus im Erdgeschoss in Anspruch nehmen. Eine darüber hinausgehende räumliche Abtrennung der Wohnräume der Klägerin zum übrigen Wohnbereich des Hauses besteht nicht.

3

Am 30. Januar 2004 wurde der Klägerin ein Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG ausgehändigt. Die Klägerin reichte den Antrag ausgefüllt am 11. Juni 2004 zurück und legte einen Mietvertrag mit ihrer Mutter über ein Zimmer, eine Toilette und die Mitbenutzung der Küche im elterlichen Haus zum 1. Juni 2003 vor zu einer monatlichen Miete inklusive Betriebskosten und Heizung von 350,00 EUR. Laut einer ebenfalls eingereichten Vermieterbescheinigung bestanden Mietrückstände für den Zeitraum von Juni 2003 bis Februar 2004. Außerdem reichte sie Kontoauszüge ein, aus denen hervorgeht, dass die Miete für die Monate März bis Mai 2004 abgebucht wurde.

4

Der Beklagte gewährte Leistungen nach dem GSiG für den Zeitraum von Juni bis Dezember 2004 zunächst mit Bescheid vom 27. April 2005 in Höhe von 70,30 EUR und mit Änderungsbescheid vom 18. Juli 2005 in Höhe von 107,80 EUR. Mit Bescheid vom 26. April 2005 gewährte er Leistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum von Januar bis April 2005 und mit Bescheid vom 18. Mai 2005 für den Monat Mai 2005. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 12. am 26. Mai 2005 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 27. Mai 2005 gewährte der Beklagte Leistungen nach dem SGB XII für Juni 2005. Dagegen legte die Klägerin am 16. Juni 2005 Widerspruch ein. In allen Bescheiden war in die Berechnung des Bedarfs der Regelsatz für Haushaltsangehörige eingeflossen und ausgeführt worden, dass Unterkunftskosten nicht übernommen werden könnten, weil der Mietvertrag als nicht ernstlich angesehen werde. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. April 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18. Juli 2005 wurde hinsichtlich der Unterkunftskosten und des Regelsatzes mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2006 zurückgewiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom selben Tage wurden die Widersprüche hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und des Regelsatzes gegen die Bescheide vom 26. April, 18. und 27. Mai 2005 zurückgewiesen.

5

Die Klägerin hat am 24. Februar 2006 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, sie habe Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten von 350,00 EUR im Monat. Ihre Eltern seien nach Vollendung ihres – der Klägerin - 18. Lebensjahres nicht mehr bereit, für sie zu sorgen und sie mietfrei wohnen zu lassen. Sie führe in dem Haus auch ein selbstständiges Leben. Allerdings könne die Wohnung nicht räumlich abgetrennt werden, da sie wegen ihrer Krankheit (Epilepsie) ständiger akustischer Beaufsichtigung bedürfe. Im Laufe des Verfahrens hat die Klägerin Kontoauszüge vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass im Jahre 2004 für den Zeitraum von Februar bis Mai Miete gezahlt worden ist, für das Jahr 2005 Miete für die Monate Oktober und November, für das Jahr 2006 für Mai und den Zeitraum von Juli bis November. Ab Januar 2007 – ausgenommen Februar 2007 – ist die Miete regelmäßig überwiesen worden.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

die Bescheide vom 27. April 2005 und 18. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 sowie die Bescheide vom 26. April 2005, 18. Mai 2005, 27. Mai 2005 und 18. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 jeweils abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juni 2004 bis zum 30. Juni 2005 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz und nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes sowie von Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 350,00 EUR zu gewähren.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat vorgetragen, es sei fragwürdig, ob der Mietvertrag ernstlich gemeint sei. Darauf komme es aber letztlich nicht an, denn bei mehreren Personen in einer Unterkunft würden die Unterkunftskosten nach Kopfteilen auf die einzelnen Bewohner aufgeteilt. Da die Mutter der Klägerin sich weigere, Angaben über die Hauslasten zu machen, könnten auch keine Unterkunftskosten übernommen werden.

11

Das Sozialgericht Schleswig hat mit Beschluss vom 20. Januar 2010 der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt unter Beiordnung von Rechtsanwältin S..., Norderstedt.

12

Mit Urteil vom 27. Januar 2010 hat das Sozialgericht Schleswig die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen. Zwischen der Klägerin und ihren Eltern bestehe eine Haushaltsgemeinschaft. Für ein gemeinschaftliches Wirtschaften spreche bereits die räumliche Situation innerhalb des Hauses. Die Klägerin verfüge lediglich über einen eigenen Wohn- und Schlafbereich. Die übrigen Räumlichkeiten des Hauses würden gemeinsam mit ihren Eltern genutzt. Die Klägerin verrichte auch die Dinge des täglichen Lebens nicht eigenständig allein. In der Haushaltsgemeinschaft sei die Mutter als Haushaltsvorstand anzusehen. Daher habe die Klägerin lediglich Anspruch auf den Regelsatz als Haushaltsangehörige. Wegen der Haushaltsgemeinschaft habe die Klägerin auch keinen eigenen Anspruch auf gesonderte Unterkunftskosten, sondern nur nach dem so genannten Kopfteilprinzip. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. März 2010 zugestellt worden.

13

Die Klägerin hat am 15. April 2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, ihre Wohn- und Lebenssituation sei identisch mit derjenigen von behinderten Menschen in betreuten Einrichtungen. Sie erhalte Überwachung und Anleitung von ihren Eltern, weil sie darauf wegen ihrer Behinderung angewiesen sei. Außerdem benutze sie das Bad im Obergeschoss nur zusammen mit ihrer Mutter. Der Vater schlafe im Erdgeschoss und benutze das dortige Bad. Sie esse zusammen mit ihren Eltern lediglich deswegen, um eine ausgewogene Ernährung sicherzustellen. Außerdem trage sie über die Unterkunftskosten auch zu den Generalkosten des Hauses bei.

14

Die Klägerin beantragt,

15

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 27. Januar 2010 aufzuheben, die Bescheide vom 27. April 2005 und 18. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 sowie die Bescheide vom 26. April 2005, 18. Mai 2005 und 27. Mai 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 des Beklagten jeweils abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr - der Klägerin - für die Zeit vom 1. Juni 2004 bis zum 30. Juni 2005 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz und nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes sowie von Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 350,00 EUR zu gewähren.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Er hat zur Sache nicht Stellung genommen.

19

Der Senat hat mit Beschluss vom 15. März 2011 der Klägerin für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S..., N…, bewilligt.

20

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet.

22

Soweit das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 27. Januar 2010 und die angegriffenen Bescheide Unterkunftskosten nicht gewähren und auch für den Zeitraum von Juni 2004 bis Dezember 2004 lediglich der Regelsatz für einen Haushaltsangehörigen zugrunde gelegt wird, sind diese Entscheidungen nicht zu beanstanden, verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten und können nicht aufgehoben werden.

23

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Unterkunftskosten.

24

Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG und dem SGB XII werden gewährt, wenn die betreffende Person einen entsprechenden Bedarf hat. Hinsichtlich der Unterkunftskosten ist maßgeblich, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (vgl. Berlit in LPK SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rdn. 19). Hier liegt ein Mietvertrag vor, der die Miete auf 350,00 EUR monatlich inklusive Betriebskosten und Heizung festsetzt.

25

Weiter ist zu fragen, ob ein grundsicherungsrechtlicher Bedarf besteht, weil tatsächlich Aufwendungen getätigt werden und der im Mietvertrag festgelegte Inhalt tatsächlich vollzogen wird, also die Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen (BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R -, recherchiert bei juris, Rdn. 27; BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 31/07 R -, recherchiert bei juris, Rdn. 20). Als der Mietvertrag zum 1. Juni 2003 geschlossen wurde, war offenbar nicht ernstlich beabsichtigt, dass die Klägerin den vereinbarten Mietzins von 350,00 EUR zahlen sollte. Ab diesem Zeitpunkt ist nämlich eine Mietzahlung nicht erfolgt. Auch wenn der Vortrag der Klägerin stimmen sollte, ihre Eltern seien nach ihrem 18. Geburtstag am 11. Mai 2003 nicht mehr bereit, für Unterhalt und Miete aufzukommen, haben sie das offenbar getan. Die Klägerin sah sich auch nicht dem Druck ihrer Eltern ausgesetzt, die Miete zu zahlen, denn sonst hätte sie unmittelbar zu diesem Zeitpunkt einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen gestellt. Erst nachdem die Klägerin am 30. Januar 2004 den Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe abgeholt hatte und ihr offenbar mitgeteilt worden war, unter welchen Voraussetzungen Leistungen gewährt werden können, sind ab Februar 2004 Abbuchungen für die Miete zu verzeichnen. Abbuchungen sind aber nur für den Zeitraum von Februar bis zum Mai 2004 nachgewiesen. Für den Zeitraum danach sind keine Abbuchungen erfolgt, obwohl auf dem Konto der Klägerin noch ein Guthaben vorhanden war. Auch das spricht dafür, dass die Klägerin nicht dem Druck ausgesetzt war, Miete zu zahlen. Ein Bedarf ist somit nicht entstanden. Während des gesamten streitigen Zeitraums von Juni 2004 bis Juni 2005 sind keine Überweisungen verzeichnet.

26

Bei Verträgen unter nahen Angehörigen sind an den Nachweis der Ernsthaftigkeit hohe Anforderungen zu stellen. Auch wenn sich ein Fremdvergleich verbietet (BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 37/08 R -), ist es geboten, die Ernsthaftigkeit und die näheren Umstände eines Vertragsschlusses besonders sorgfältig zu untersuchen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 13. Mai 2009 – L 11 AS 177/09 B -). Insbesondere, wenn umgehend nach Erreichen der Volljährigkeit ein Mietvertrag geschlossen wird und sich die Lebensumstände insoweit nicht verändern, als der gerade volljährig gewordene Mensch weiterhin in seinem Kinder- bzw. Jugendzimmer verbleibt und er weiterhin im Hause seiner Eltern wohnt, spricht vieles dafür, dass sich auch die finanziellen Verhältnisse tatsächlich nicht ändern. Hier wurde der Mietvertrag umgehend nach Erreichen der Volljährigkeit abgeschlossen und unmittelbar nach Inkrafttreten des SGB XII vorgelegt. Mietzahlungen sind erst nachgewiesen, nachdem die Klägerin ihren Antrag auf Sozialleistungen abgeholt hat. Mietzahlungen wurden jedoch nur für den Zeitraum von Februar bis Mai 2004 nachgewiesen. Auch das spricht – wie bereits ausgeführt - nicht für die Ernsthaftigkeit des Mietvertrages.

27

Schließlich sind die Angaben hinsichtlich der Mietzahlungen widersprüchlich. Nachdem zunächst in der vorgelegten Vermieterbescheinigung angegeben worden war, dass Mietrückstände für den Zeitraum von Juni 2003 bis Februar 2004 bestünden, hat der Vater der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2011 vorgetragen, er habe für seine Tochter die Miete an die Mutter gezahlt. Diese Aussagen sind nicht miteinander in Verbindung zu bringen und die Zahlung der Miete durch den Vater an seine Ehefrau für die Tochter erschließt sich vom Sinngehalt her für den Senat nicht.

28

Das kann aber letztlich dahinstehen, denn im Übrigen hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass bei einer Unterkunft, die von mehreren Personen genutzt wird, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, die Zuordnung aus Praktikabilitätsgründen grundsätzlich unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität entsprechend einer Aufteilung nach Kopfteilen erfolgt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Februar 2008 – L 28 AS 1065/07 -, recherchiert bei juris, Rdn. 23 m. w. N.). Das trifft auch hier zu. Voraussetzung für die Übernahme von Unterkunftskosten wäre daher für den maßgeblichen Zeitraum, dass die Mutter der Klägerin als Eigentümerin des Hauses mitteilt, wie hoch die Hauslasten sind. Das hat sie für diesen Zeitraum jedoch nicht getan, obwohl der Beklagte sie hierzu wiederholt aufgefordert und zugesichert hat, dann anteilmäßig die Unterkunftskosten zu übernehmen, wie er das für einen späteren Zeitraum nach entsprechendem Nachweis auch getan hat. Ein Anspruch auf Kosten der Unterkunft für die Zeit von Juni 2004 bis Juni 2005 bestand somit nicht.

29

Ebenso hat die Klägerin keinen Anspruch auf Berücksichtigung des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand im Zeitraum von Juni bis Dezember 2004. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GSiG umfasst die bedarfsorientierte Grundsicherung den für die Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach dem Zweiten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Nach § 22 Abs. 2, Abs. 5 BSHG werden die Regelsätze durch eine Verordnung geregelt. Nach § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 22 BSHG (Regelsatzverordnung) vom 20. Juli 1962 (BGBl. I, S. 515) in der Fassung vom 14. November 2003 (BGBl. I, S. 2190) sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Regelsatzverordnung Regelsätze für den Haushaltsvorstand und für sonstige Haushaltsangehörige festzusetzen. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 Regelsatzverordnung betragen die Regelsätze für Haushaltsangehörige von Beginn des 19. Lebensjahres an 80 v. H. des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand. Als Haushaltsvorstand ist die Person anzusehen, die nach ihrer Stellung in der Haushaltsgemeinschaft für die Generalunkosten der gemeinsamen Haushaltsführung aufzukommen hat (Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 16. Aufl. 2002, § 2 Regelsatzverordnung, Rn. 6). Haushaltsvorstand in dem Haushalt der Klägerin und ihrer Eltern sind nach dieser Definition entweder der Vater oder die Mutter. Die Klägerin selbst ist somit Haushaltsangehörige. Sie hatte nach diesen Bestimmungen Anspruch auf 80 % des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand. Das ist auch in die Berechnung eingestellt worden.

30

Dem angegriffenen Urteil und den Bescheiden vom 26. April 2005, 18. und 27. Mai 2005 in der Fassung des betreffenden Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 ist aber insoweit nicht zu folgen, als diese den Regelsatz für einen Haushaltsvorstand für den Zeitraum von Januar bis Juni 2005 versagen. Für diesen Zeitraum hat die Klägerin nach der Rechtsprechung des BSG Anspruch auf den so genannten Eckregelsatz von 100 %. Das BSG hat entschieden (Urteil vom 19. Mai 2009 – B 8 SO 8/08 R; Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 17/09 R), dass nach Inkrafttreten des SGB XII und des Sozialgesetzbuches, Zweites Buch (SGB II), am 1. Januar 2005 nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen seien, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII bilden. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 9. Dezember 2009 (L 9 SO 12/08) entschieden, dass gerade unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes für einen Haushaltsangehörigen lediglich 80 % des Eckregelsatzes zu gewähren seien. Auf die zugelassene Revision hat das BSG das Urteil des erkennenden Senates jedoch aufgehoben (Urteil vom 9. Juni 2011 – B 8 SO 11/10 R). Der Senat hält es daher für geboten, seine Auffassung nicht weiter zu vertreten und sich der Meinung des BSG anzuschließen. Zur Haushaltsgemeinschaft nach § 19 SGB XII gehören nur minderjährige Kinder. Die Klägerin war zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits volljährig, so dass sie der Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII nicht zuzurechnen ist. Somit ist bei ihr für die Zeit von Januar 2005 bis Juni 2005 der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand zu berücksichtigen.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und orientiert sich an dem jeweiligen Obsiegen der Beteiligten.

32

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.


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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 29. Juni 2011 - L 9 SO 16/10 zitiert 5 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 19 Leistungsberechtigte


(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. (2)

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Tenor Die Klage wird abgewiesen.Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand  1 Der Kläger begehrt von dem beklagten Grundsicherungsträger vorliegend laufende Leistungen der Grundsicherung in Form von Kosten für Unterkunft und Heizung für die Leistun

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(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005.

2

Der 1982 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H"). Bis einschließlich Januar 2005 zahlte sein Vater Unterhalt. Der Kläger erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und bewohnt mit seiner Mutter eine gemeinsame Wohnung. Bis 31.12.2004 bezog er Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII(Bescheid vom 28.4.2005 für Januar 2005, vom 4.4.2005 für Februar bis Juni 2005, vom 23.6.2005 für Juli 2005 und vom 12.7.2005 für August 2005 bis Juni 2006, alle Bescheide erlassen von der Stadt Bad Schwartau im Namen und im Auftrag des Beklagten; Widerspruchsbescheid des Beklagten nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 5.10.2005).

3

Die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, "dem Kläger seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro im Monat zu gewähren", hatte teilweise Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat den Beklagten verurteilt, "dem Kläger für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren" und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 21.1.2008). Die Berufung mit dem Antrag, "den Beklagten zu verurteilen, ihm - dem Kläger - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes/Alleinstehenden sowie unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens 100 Euro im Monat und unter Berücksichtigung der Beiträge für Sterbe-, Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Haftpflichtversicherung zu gewähren" hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 9.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Berufung sei hinsichtlich der geltend gemachten Versicherungsbeiträge schon unzulässig, weil der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt habe. Die Berufung im Übrigen sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Eckregelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er weder dem zusammen mit seiner Mutter bestehenden Haushalt vorstehe noch neben seiner Mutter einen eigenen Haushalt in der gemeinsam mit ihr bewohnten Wohnung führe. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei insoweit nicht zu folgen. Dem Kläger stehe auch kein über den bereits bewilligten Betrag von 27,50 Euro (wegen Psoriasis) hinausgehender Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung wegen der geltend gemachten Allergien zu. Den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei ein Mehrbedarf nicht zu entnehmen, sodass sein tatsächlicher Mehrbedarf konkret festzustellen sei. Ein Mehrbedarf wegen der Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie sei im Alter des Klägers unwahrscheinlich; letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Die pauschale Bescheinigung des Hausarztes sei zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet. Der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien.

4

Mit seiner Revision macht der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats eine Verletzung der §§ 42 Satz 1, 28 SGB XII iVm der Regelsatzverordnung (RSV) sowie einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) geltend. Wegen der nach Art 3 GG gebotenen Gleichbehandlung könne eine den reduzierten Eckregelsatz begründende Haushaltsersparnis nur dann angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII bildeten. Daneben rügt der Kläger Verfahrensfehler sowie einen Verstoß gegen § 33 SGB XII. Zu Unrecht habe das LSG hinsichtlich der Versicherungsbeiträge die Berufung als unzulässig angesehen. Mangels Beschränkung des Streitgegenstandes hätte das LSG über die geltend gemachten Versicherungsbeiträge materiell entscheiden müssen. Übernahmefähig seien jedenfalls die Beiträge für die Sterbegeldversicherung nach § 33 SGB XII. Soweit es den ernährungsbedingten Mehrbedarf betreffe, rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 42 Satz 1 Nr 3, 30 Abs 5 SGB XII. Der ernährungsbedingte Mehraufwand lasse sich betragsmäßig nicht verallgemeinern. Zu diesem Schluss komme zwar auch das LSG; es habe dann aber die ihm obliegende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, weil es kein Sachverständigengutachten zu der von ihm angezweifelten Kuhmilchallergie des damals anwaltlich nicht vertretenen Klägers eingeholt habe, das einen Mehrbedarf von zumindest 100 Euro bestätigt hätte.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Bescheide vom 4.4.2005, 28.4.2005 und 23.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Entgegen der Auffassung des LSG war die Berufung insgesamt zulässig. Ob der Kläger in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG zu Grund und Höhe der Leistungen - auch des ernährungsbedingten Mehraufwands - sowie zur Zuständigkeit des Beklagten nicht abschließend entschieden werden, auch wenn ihm entgegen den Ausführungen des LSG im streitbefangenen Zeitraum der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und für Alleinstehende in Höhe von 100 vH (Eckregelsatz) an Stelle des Regelsatzes für Haushaltsangehörige in Höhe von 80 vH des Eckregelsatzes zusteht.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Bescheide vom 4.4.2005, vom 28.4.2005 und vom 23.6.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.10.2005 (§ 95 SGG), soweit (höhere) Leistungen für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 abgelehnt worden sind. Der Bescheid vom 28.4.2005 betrifft die Grundsicherungsleistung für den Monat Januar 2005, der Bescheid vom 4.4.2005 die Grundsicherungsleistung für die Zeit vom Februar 2005 bis 30.6.2005. Insoweit ersetzen diese Bescheide durch jeweils höhere Leistungsbewilligungen als zuvor den Bescheid vom 23.12.2004, mit dem ursprünglich die Leistung für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 bewilligt worden war, aber auch die Bescheide vom 10.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Januar 2005) und vom 3.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Februar 2005), die sich damit erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -). So wird in den Bescheiden vom 4.4.2005 und vom 28.4.2005 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bescheide "alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII" aufheben, "soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen". Der Bescheid vom 4.4.2005 nennt zwar nur die Leistung für den Monat Februar 2005 in Höhe von 602,92 Euro; Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist aber der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Danach regelt der Bescheid die Leistung nicht nur für den Monat Februar 2005, sondern für die Zeit bis zum Ende des ursprünglich durch den Bescheid vom 23.12.2004 vorgesehenen Bewilligungszeitraums bis 30.6.2005. Dies zeigt schon die Bezeichnung als "Bescheid über die Änderung von laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung", die, ginge es nur um den vergangenen Monat Februar 2005, nicht nachvollziehbar wäre. Auch der Änderungsgrund, nämlich "Anerkennung des Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung ab dem 1.2.2005" zeigt, dass nicht nur der Monat Februar 2005, sondern die gesamte Zeit ab 1.2.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts gemeint ist. Gleiches gilt auch für die Anlage zum Bescheid, die die Bedarfsberechnung "ab dem Monat 02/05" mitteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 23.6.2005, der Leistungen für den Monat Juli 2005 regelt. Dieser ist nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden(vgl dazu Urteil des Senats vom 14.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr 10). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hingegen nicht der Bescheid vom 12.7.2005, der die Leistungen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 30.6.2006 regelt. Zwar war auch dieser Bescheid nach der Rechtsprechung des Senats (aaO) Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG und nicht - wie das LSG meint - mangels Widerspruch bestandskräftig geworden. Mit seiner Revision hat der Kläger aber den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.7.2005 begrenzt.

11

Entgegen der Auffassung des LSG hat der Kläger den Streitgegenstand nicht auf Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt. Wenn er in der ersten Instanz beantragt hat, den Beklagten zu höheren Leistungen zu verurteilen, "insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro", so ist hierin nicht eine Beschränkung des Streitgegenstandes zu sehen, sondern nur eine - entbehrliche - Beschreibung des von ihm für einschlägig erachteten Leistungsgrundes (vgl dazu BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R). Erst recht wird dies vorliegend durch das Wort "insbesondere" deutlich, das der Annahme einer abschließenden Aufzählung (oder Begrenzung) des Begehrens entgegensteht. Auch haben die Beteiligten einzelne Teile des Anspruchs gerade nicht durch Teilvergleich oder -anerkenntnis geregelt (vgl dazu: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 14). Mangels entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes ist damit die vom LSG gezogene Schlussfolgerung, die Berufung sei hinsichtlich der Versicherungsbeiträge unzulässig, falsch.

12

Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Richtiger Beklagter ist der Landrat des Kreises Ostholstein als beteiligtenfähige Behörde iS von § 70 Nr 3 SGG. Danach sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt (Behördenprinzip). Eine entsprechende Bestimmung enthält § 5 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 2.11.1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt 144, in der Bekanntmachung vom 4.8.1965, GVBl 53, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 14.3.2011 - GVBl 72). Behörde in diesem Sinne ist der Landrat (vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 f = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSGE 100, 131 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Hieran ändert auch nichts, dass die Leistungsbescheide von der Stadt Bad Schwartau erlassen wurden, die nach der Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe vom 15.1.2003 tätig geworden ist; denn die Heranziehung durch die genannte Satzung erfolgt nicht in einem auftragsähnlichen Verhältnis zum Handeln in eigenem Namen (zu dieser Voraussetzung: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f), sondern nach § 1 der Heranziehungssatzung wurde diese vielmehr "beauftragt" und wurde erkennbar "im Namen des Kreises Ostholstein" und damit für dessen beteiligtenfähige Behörde, den Landrat, tätig.

13

Bei der Entscheidung, ob dem Kläger höhere Leistungen zustehen, sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen (vgl dazu BSGE 99, 262 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 82 Nr 3) gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben) in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 zu prüfen. Danach können Personen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1) oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann(Nr 2), auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhalten. Der Anspruch besteht nur, sofern der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann (§ 19 Abs 2 Satz 1 SGB XII).

14

Der Senat vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Kreis Ostholstein der hier örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe ist (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) vom 15.12.2005 (GVBl 568) iVm § 97 SGB XII ist der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zuständig; örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 1 AG-SGB XII die Kreise und kreisfreien Städte. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei gemäß § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten, zu dem jegliche Feststellungen des LSG fehlen. Diese wird es ggf nachzuholen haben, zumal - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - der Kläger Mitte 2004 seinen Hauptwohnsitz in Hamburg genommen hat und seine Mutter angibt, man halte sich (nur) "in den Ferien und am Wochenende in Bad Schwartau auf".

15

Unberücksichtigt bleiben kann allerdings, wenn der Beklagte der zuständige Leistungsträger ist, dass die Heranziehungssatzung vom 15.1.2003 naturgemäß keine Regelungen über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu den Aufgaben nach dem noch nicht existierenden SGB XII treffen konnte. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers sollte die Rechtsgrundlage für den Erlass der Satzung (§ 4 Abs 3 Nr 1 GSiG iVm § 2 des Gesetzes zur Ausführung des GSiG vom 30.11.2002 - GVBl 239) nämlich zunächst nicht entfallen. Dies zeigt schon Art 15 Haushaltsstrukturgesetz (vom 15.12.2005 - GVBl 568), mit dem das AG-GSiG aufgehoben wurde. Die Aufhebung erfolgte nach Art 17 Haushaltsstrukturgesetz nicht rückwirkend zum 1.1.2005 oder zumindest mit dem Tag nach der Veröffentlichung, sondern erst zum 1.1.2007. Dementsprechend ist die abweichend (vgl § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -) von § 88 Abs 1 Satz 2 SGB X auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 4 AG-SGB XII vom 15.12.2005 (GVBl 568) zulässigerweise ergangene Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 13.12.2006 erst am 1.1.2007 in Kraft getreten ist (§ 6 der Heranziehungssatzung vom 13.12.2006) und die alte Satzung behielt bis zu diesem Zeitpunkt ihre gesetzliche Grundlage. Die Satzung vom 15.1.2003 erfasst nach ihrem Sinn und Zweck dann unabhängig von der Bezeichnung des Gesetzes alle Aufgaben im Zusammenhang mit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - also auch die nach §§ 41 ff SGB XII für die Zeit ab dem 1.1.2005. Welche rechtlichen Konsequenzen eine Beauftragung ohne gesetzliche Ermächtigung hätte, kann deshalb dahinstehen. Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).

16

Das LSG hat auch zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs keine Feststellungen getroffen; diese wird es nachholen müssen. In der Sache geht es dem Kläger um insgesamt höhere Leistungen (siehe oben). Insoweit hat das LSG jedenfalls zu Unrecht den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen bei der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt. Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305) und ggf dem auf diesen Bedarf anzurechnenden Einkommen (§§ 82 ff SGB XII idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch), hier den an den Kläger erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen (vgl dazu BSGE 99, 137 ff RdNr 23 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11).

17

Der maßgebliche Regelsatz beträgt 345 Euro, nicht aber - wovon der Beklagte zu Unrecht ausgeht - 276 Euro. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1 Satz 2 der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(idF vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand Anspruch auf 100 % des Regelsatzes; dieser betrug nach § 1 der Schleswig-Holsteinischen Regelsatzverordnung nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.12.2004 (GVBl 505) bzw (für Juli 2005) nach § 1 der Landesverordnung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.8.2005 (GVBl 331) 345 Euro; der Regelsatz für den Haushaltsvorstand gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV). Die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige betragen nach § 3 Abs 2 RSV bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vH (Nr 1) und nach Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2).

18

Der Kläger ist kein Haushaltsangehöriger im Sinne der RSV. Die abgestufte Regelsatzhöhe beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242). Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw GSiG abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet(BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; BSGE 106, 62 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Gutzler in juris Praxiskommentar SGB XII , § 28 SGB XII RdNr 42), dass seit dem 1.1.2005 mit dem Systemwechsel durch das Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden(anders für das bis zum 31.12.2004 geltende Recht des BSHG BSGE 104, 207 ff RdNr 18 f = SozR 4-3530 § 6 Nr 1).

19

Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig. Er lebte deshalb nicht in einer eine Bedarfs- oder Einsatzgemeinschaft rechtfertigenden Beziehung zu seiner Mutter. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(in der hier maßgebenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) gehören nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger im streitigen Zeitraum - in Bedarfsgemeinschaften einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688 S 13). Betroffen ist hier ein Zeitraum vor der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II. Die Regelung gilt nicht rückwirkend, was nicht zuletzt § 68 Abs 1 SGB II belegt, wonach § 7 SGB II in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung sogar weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 1.7.2006 beginnen (Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 15/08 R - RdNr 15).

20

Ebenso wenig lebt der Kläger mit seiner Mutter in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, sodass dem Kläger - unterstellt, er hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 durchgängig statt 276 Euro (80 % des Eckregelsatzes für Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahres an) nominal 345 Euro zustehen (vgl auch BSGE 106, 62 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).

21

Die vom LSG hiergegen erhobene Kritik, die sich insbesondere auf die Regelungen der RSV stützt, verkennt die Tragweite von Art 3 GG. Es kann insbesondere nicht eingewandt werden, der Gesetzgeber habe auch die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 SGB II auf erwerbsfähige Hilfebedürftige ab dem 25. Lebensjahr zu erweitern. Bis zu einer etwaigen Änderung ist eine verfassungsrechtlich gebotene Harmonisierung nur möglich, indem der Kläger als Alleinstehender im Sinne der RSV zu behandeln ist, nicht aber, indem die RSV die Auslegung des SGB II diktiert. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010, wonach der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst zu verankern ist (BVerfGE 125, 175 ff, 223 und 256; vgl auch Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 40 SGB XII RdNr 18). Ob für die Zeit ab 1.1.2011 im Hinblick auf die Regelungen des Regelbedarfsermittlungsgesetzes vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine andere Wertung vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

22

Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nicht erkennbar, dass sich aus der Gewährung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Sinne einer Besserstellung gegenüber Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II ergäbe. Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass eine Mutter und ihr in Haushaltsgemeinschaft lebendes erwachsenes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, insgesamt nur 180 % des Regelsatzes bzw der Regelleistung erhielten, so bezieht sich das nur auf die seit dem 1.7.2006 geltende Rechtslage (Gesetz vom 24.3.2006 - BGBl I 558), die ab diesem Zeitpunkt ggf auf das SGB XII zu übertragen wäre. Ebenso falsch ist die Auffassung des LSG, dass die Mutter, wenn sie Leistungsbezieherin nach dem SGB II wäre, nur 80 % des Eckregelsatzes beanspruchen könnte. Die Auffassung des LSG schließlich, es gebe keinen sachlichen Grund für einen höheren Leistungsanspruch des Klägers im Verhältnis zu einem in Bedarfsgemeinschaft oder in gemischter Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehepaares, weil hier wie da von einer Haushaltsersparnis auszugehen sei, verkennt die gesetzgeberische Entscheidung zu den Personenbeziehungen, bei denen im Falle eines Zusammenlebens von Einsparungen auszugehen ist. Der Senat hat nicht die sozialpolitische Sinnhaftigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung zu bewerten und ggf eine Korrektur vorzunehmen.

23

Soweit es die Versicherungsbeiträge betrifft, wird das LSG jedenfalls für den Monat Januar, in dem der Kläger Unterhaltsleistungen bezogen hat, zu prüfen haben, inwieweit die Beiträge als mögliche Abzüge vom Einkommen gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (vgl § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII; dazu BSGE 104, 207 ff RdNr 20 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). Für die Zeit ab Februar 2005 ist - sieht man von der Sterbegeldversicherung ab - mangels Einkommens des Klägers eine "Berücksichtigung" der Versicherungsbeiträge im Sinne einer Übernahme durch den Beklagten nicht möglich. Soweit Versicherungsbeiträge Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts und die Beiträge angemessen sind, werden sie im Übrigen in der Regel pauschal durch den Regelsatz abgegolten. Etwas anderes gilt nach § 33 Abs 2 SGB XII allerdings für ein angemessenes Sterbegeld. Nach § 33 SGB XII(idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) können die erforderlichen Kosten übernommen werden, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf ein angemessenes Sterbegeld zu erfüllen. Zwar umfasste die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 SGB XII(in den hier maßgebenden Fassungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bzw ab 30.3.2005 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005) bis 31.12.2008 nicht Leistungen nach § 33 SGB XII(erst mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2008, 2933 - wurden mit Wirkung vom 1.1.2009 die Vorsorgebeiträge entsprechend § 33 SGB XII in den Katalog des § 42 Satz 1 SGB XII aufgenommen). Die Übernahme der Kosten für ein angemessenes Sterbegeld scheidet deswegen aber nicht aus. Soweit § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII einen Vorrang der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt, gilt dies nur, soweit §§ 41 ff SGB XII Leistungen auch tatsächlich vorsehen; einen Ausschluss von Leistungen des Dritten Kapitels regelt § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff). Ob die Voraussetzungen des § 33 SGB XII vorliegen, wird das LSG deshalb ggf prüfen müssen.

24

Das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben. Nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6). Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28). Das LSG hat zu der behaupteten Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie lediglich ausgeführt, diese seien im Alter des Klägers unwahrscheinlich, Letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, woher das LSG ausreichende Sachkunde über Therapiemöglichkeiten von Allergien besitzt, ist es für einen ernährungsbedingten Mehraufwand nicht entscheidend, ob ein bestimmtes Nahrungsmittel bei der Ernährung weggelassen werden kann; dies ist bei einer Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel selbstverständlich. Entscheidend ist vielmehr, ob und durch welche Nahrungsmittel es ersetzt werden muss und ob hierdurch Mehrkosten entstehen. Wenn - wovon das LSG zu Recht ausgeht - insoweit eine pauschale Bescheinigung des Hausarztes zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet ist, hätte es sich aufgedrängt, weitere Ermittlungen zu einem etwaigen Mehrbedarf anzustellen und dabei nicht die einzelne Allergie isoliert betrachten. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen. Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.

25

Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob - unterstellt, der Kläger hat einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII - aus anderen Gründen eine höhere Leistung zu erbringen ist und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.