Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 13. Sept. 2018 - L 5 SF 294/17 B E

bei uns veröffentlicht am13.09.2018

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 7. November 2017 geändert.

Die Vergütung der Beschwerdegegnerin für ihre Tätigkeit im Verfahren S 40 AS 12/14 wird auf insgesamt 362,95 EUR festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der anwaltlichen Vergütung. Die Beschwerdegegnerin war den Klägern in dem Klageverfahren S 40 AS 12/14 im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigte beigeordnet. Hierbei handelte es sich um eine Untätigkeitsklage nach § 88 SGG, die auf die Bescheidung eines Leistungsantrags nach dem SGB II gerichtet war. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage, da sie den Leistungsantrag bereits positiv längere Zeit vor Klageerhebung beschieden habe. Daraufhin erklärte die Beschwerdegegnerin den Rechtsstreit für erledigt und beantragte, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Mit Beschlüssen vom 28. September 2015 hat das Sozialgericht der Beklagten die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Kläger auferlegt und mit weiterem Beschluss den Klägern unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin Prozesskostenhilfe bewilligt.

2

In ihrer Kostenrechnung vom 5. Oktober 2015 beantragte die Beschwerdegegnerin die Festsetzung von 702,10 EUR beantragt, und zwar

3

Nr. 3102 VV–RVG (mit Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV–RVG

        

um 90 % wegen 4 Auftraggebern)

570,00 EUR

Post– und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV–RVG

  20,00 EUR

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV–RVG

112,10 EUR

        

------------------

Gesamtsumme

702,10 EUR

        

==========

4

Mit Festsetzungsbeschluss vom 8. Oktober 2015 reduzierte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle diesen Betrag auf

5

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV–RVG

        

incl. Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV–RVG

190,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV–RVG

  20,00 EUR

Umsatzsteuer

  39,90 EUR

        

------------------

Gesamtbetrag

249,90 EUR

        

==========

6

Zur Begründung führte sie aus, dass Umfang und rechtliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie Bedeutung für die Kläger und ihre Einkommensverhältnisse sämtlich unterdurchschnittlich, teilweise deutlich unterdurchschnittlich seien. Von daher sei die Verfahrensgebühr in Höhe von 1/3 der Mittelgebühr angemessen.

7

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Erinnerung der Beschwerdegegnerin mit der Begründung, dass die anwaltliche Tätigkeit hier sehr wohl als durchschnittlich zu bewerten sei, da Unterlagen gesichtet und sie auf die Schriftsätze der Beklagten geantwortet habe.

8

Der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig–Holsteinischen Landessozialgericht hat die Zurückweisung der Erinnerung beantragt, weil auch nach seiner Auffassung sämtliche Kriterien des § 14 RVG unterdurchschnittlich seien. Bei der Untätigkeitsklage komme es auf die materielle Rechtslage nicht an und diese brauche daher vom Rechtsanwalt weder geprüft noch dargelegt zu werden. Sein Arbeitsaufwand beschränke sich auf die Überwachung der Frist des § 88 SGG. Auch die Bedeutung der Angelegenheit liege unter dem Durchschnitt, weil lediglich eine Bescheiderteilung verfolgt werde. Da auch die Einkommens– und Vermögensverhältnisse der Kläger unter dem Durchschnitt lägen, sei die Verfahrensgebühr deutlich unterhalb der Mittelgebühr anzusetzen.

9

Mit Beschluss vom 7. November 2017 hat das Sozialgericht Kiel den Kostenfestsetzungsbeschluss geändert und den Erstattungsbetrag der Beschwerdegegnerin auf 514,44 EUR erhöht. Zur Begründung hat es auf die Rechtsprechung der Kostenkammer des Sozialgerichts Kiel verwiesen, bei der das sog. „Kieler Kostenkästchen“ für die Bestimmung der angemessenen Anwaltskosten zugrunde gelegt werde. Dieses hat das Sozialgericht in dem Beschluss näher erläutert und zum konkreten Fall ausgeführt, dass Umfang, Schwierigkeit, Bedeutung und Einkommensverhältnisse zwar sämtlich unterdurchschnittlich, teilweise deutlich unterdurchschnittlich seien, hier aber die weitere anwaltliche Tätigkeit der Beschwerdegegnerin nach ihrer Erledigungserklärung zum Kostenantrag berücksichtigt werden müsse. Unter Anwendung des „Kieler Kostenkästchens“ errechne sich die Verfahrensgebühr auf 412,30 EUR und der Gesamtbetrag auf 514,44 EUR, der zu erstatten sei. In der Rechtsmittelbelehrung hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass gegen diese Entscheidung Rechtsmittel nicht gegeben seien.

10

Gegen den nach der Abschlussverfügung am 20. November 2017 abgeschickten Beschluss richtet sich die am 27. November 2017 beim Sozialgericht Kiel eingegangene Beschwerde des Beschwerdeführers, in der dieser zur Begründung auf seine Stellungnahme im Erinnerungsverfahren verweist. Die Beschwerde sei zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteige und die Frist von 2 Wochen nach Zustellung der Entscheidung nicht überschritten sei. Da auch das Sozialgericht ausnahmslos von einer unterdurchschnittlichen Bewertung ausgegangen sei, komme lediglich eine Festsetzung der Verfahrensgebühr deutlich unterhalb der Mittelgebühr in Betracht.

11

Die Beschwerdegegnerin ist der Auffassung, dass die Beschwerde bereits wegen § 178 Satz 1 SGG ausgeschlossen sei, weil das SGG eine eigenständige und in sich geschlossene Verfahrensordnung darstelle und die Regelungen des RVG auch nach der Rechtsprechung des Schleswig–Holsteinischen Landessozialgerichts keine Anwendung fänden.

II.

12

Der Senat entscheidet gemäß § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG durch den Einzelrichter.

13

Die Beschwerde ist zulässig. Nach § 1 Abs. 3 RVG in der Fassung ab 1. August 2013 gehen die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegenden Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. Aufgrund dieser Ergänzung des § 1 RVG findet die bisherige Rechtsprechung, nach der wegen des abschließenden Normengefüges der §§ 172 ff. SGG die Beschwerde an das Landessozialgericht gegen die Entscheidung des Sozialgerichts ausgeschlossen war (vgl. die von der Beschwerdegegnerin zitierte Entscheidung des Schleswig–Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. Januar 2011 – L 1 B 266/09 SF E – n.w.N.), keine Anwendung mehr (so ständige Rechtsprechung des beschließenden Senats, zgl. etwa Beschluss vom 31. Januar 2014 – L 5 SF 526/14 B E). Da die Ergänzung des § 1 RVG um den Absatz 3 mit Wirkung ab 1. August 2013 gilt, findet diese Neuregelung auch auf den vorliegenden Fall Anwendung, da der Beschluss des Sozialgerichts nach diesem Zeitpunkt datiert. Der für die Zulässigkeit maßgebende Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 EUR wird überstiegen und, unabhängig davon, dass die Rechtsmittelbelehrung unzutreffend war, die in § 33 Abs. 3 Satz 3 bestimmte Beschwerdefrist von 2 Wochen eingehalten.

14

Die Beschwerde ist auch teilweise begründet. Zwischen den Beteiligten unstreitig ist eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV–RVG und eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV–RVG für 3 weitere Personen (= zuzüglich 90%) entstanden. Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren ist nur die Höhe der Verfahrensgebühr bei der hier zugrunde liegenden Untätigkeitsklage einschließlich der sich daran orientierenden Umsatzsteuer.

15

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger und ihre Einkommens– und Vermögensverhältnisse, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Der für die Bestimmung der angemessenen Gebühr auf das sog. „Kieler Kostenkästchen“ gestützten Argumentation des Sozialgerichts folgte der Senat in seiner Rechtsprechung dabei nicht (vgl. etwa Beschluss vom 18. Juni 2015 – L 5 SF 494/13 B E). Die darin niedergelegten Grundsätze begegnen nämlich hinsichtlich einiger Prämissen und Pauschalierungen erheblichen Bedenken.

16

Nach den Kriterien des § 14 RVG ist eine Untätigkeitsklage grundsätzlich als deutlich unterdurchschnittlich zu bewerten und mit der halben Mittelgebühr der Nr. 3102 VV–RVG angemessen vergütet. Das gilt auch hier. So weisen sowohl die Urkundsbeamtin als auch der Kostenprüfungsbeamte und letztlich auch das Sozialgericht zutreffend darauf hin, dass Umfang und Schwierigkeit der rechtsanwaltlichen Tätigkeit bei der Untätigkeitsklage regelmäßig nur gering sind, da sie allein auf den Erlass des Bescheides bzw. Widerspruchsbescheides durch den Leistungsträger und nicht auf die Klärung eines materiell–rechtlichen Rechtsverhältnisses gerichtet ist. So beschränkt sich die Klagebegründung, wie auch hier, auf die Darlegung, dass der Leistungsantrag oder der Widerspruch nicht innerhalb der in § 88 SGG vorgegebenen Frist beschieden worden ist. Hinzu kommen allerdings häufig noch, wie hier, Ausführungen zu der Frage, ob außergerichtliche Kosten von der Beklagten zu übernehmen sind. Auch die Bedeutung für den Kläger ist regelmäßig nur eine geringe, da die Untätigkeitsklage nicht auf eine endgültige Regelung gerichtet ist. Diese erfolgt vielmehr ggf. in einem nachfolgenden Verfahren. Die Einkommens– und Vermögensverhältnisse sind hier – unstreitig – ebenfalls unterdurchschnittlich.

17

Vor diesem Hintergrund sieht der Senat die halbe Mittelgebühr für die Höhe der anwaltlichen Kosten als angemessen an (vgl. auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 25. Juni 2018 – L 12 SF 174/18 –; Hessisches LSG, Beschluss vom 13. Januar 2014 – L 2 AS 250/13 B –).  Mit ihr sind das Gespräch mit dem Mandanten, ggf. eine Akteneinsicht sowie die Fertigung der Untätigkeitsklageschrift und die Erörterung hinsichtlich der Kostenfrage abgegolten. Entgegen der Auffassung des Urkundsbeamten und des Kostenprüfungsbeamten beschränkte sich die anwaltliche Tätigkeit der Beschwerdegegnerin nämlich nicht auf eine reine Fristenprüfung, sondern es folgte eine Prüfung und ein Schriftverkehr mit der Beklagten darüber, in welchem Umfang diese außergerichtliche Kosten der Kläger zu tragen verpflichtet war. Im Ergebnis bedeutet das, dass die anwaltliche Vergütung wie folgt festzusetzen ist:

18

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV–RVG

        

zzgl. Erledigungsgebühr Nr. 1008 VV–RVG (90 %)

285,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV–RVG

  20,00 EUR

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV–RVG

  57,95 EUR

        

------------------

Gesamtbetrag

362,95 EUR

        

=========

19

Dieser Beschluss ist nach § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gebührenfrei.

20

Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).

21

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 RVG).


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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren


(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 88


(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 1 Geltungsbereich


(1) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bemisst sich nach diesem Gesetz. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als besonderer Vertreter nach den §§ 57 und 58 der Zivilprozessordnung, n

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 178


Gegen die Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet. Die §§ 173 bis 175 gelten entsprechend.

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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 25. Juni 2018 - L 12 SF 174/18

bei uns veröffentlicht am 25.06.2018

Tenor I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des SG Augsburg vom 28. März 2018 sowie die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 18. Dezember 2017 abgeändert. Für das Klageverfahren mit dem Az.: S 11 AS 1279/17

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(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

Gegen die Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet. Die §§ 173 bis 175 gelten entsprechend.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bemisst sich nach diesem Gesetz. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als besonderer Vertreter nach den §§ 57 und 58 der Zivilprozessordnung, nach § 118e der Bundesrechtsanwaltsordnung, nach § 103b der Patentanwaltsordnung oder nach § 111c des Steuerberatungsgesetzes. Andere Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Partnerschaftsgesellschaften und sonstige Gesellschaften stehen einem Rechtsanwalt im Sinne dieses Gesetzes gleich.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung). Es gilt ferner nicht für eine Tätigkeit als Vormund, Betreuer, Pfleger, Verfahrenspfleger, Verfahrensbeistand, Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Sachwalter, Mitglied des Gläubigerausschusses, Restrukturierungsbeauftragter, Sanierungsmoderator, Mitglied des Gläubigerbeirats, Nachlassverwalter, Zwangsverwalter, Treuhänder oder Schiedsrichter oder für eine ähnliche Tätigkeit. § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 4 Absatz 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes bleiben unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des SG Augsburg vom 28. März 2018 sowie die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 18. Dezember 2017 abgeändert. Für das Klageverfahren mit dem Az.: S 11 AS 1279/17 werden die vom Beschwerdegegner zu erstattenden Kosten auf 202,30 EUR festgesetzt.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist die Höhe der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG.

Im zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren (S 11 AS 1279/17) hatte der Beschwerdeführer am 27.10.2017 Untätigkeitsklage erhoben, die auf Bescheidung eines Widerspruchs vom 21.7.2017 gegen den Bescheid vom 7.7.2017 gerichtet war. Zur Begründung der Untätigkeitsklage trug der Beschwerdeführer vor, dass der Beklagte bislang den Widerspruch der Klägerin nicht innerhalb der Frist des § 88 Abs. 2 SGG beschieden habe. Ein sachlicher Grund für die Untätigkeit des Beklagten sei weder vorgetragen noch sonst erkennbar, weshalb Klage geboten sei. Gleichzeitig beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Klägerin.

Am 22.11.2017 erließ der Beklagte einen Widerspruchsbescheid, mit dem er den Widerspruch der Klägerin wegen Verfristung als unzulässig zurückwies. Gleichzeitig beantragte der Beklagte mit Schriftsatz vom 22.11.2017, die Klage abzuweisen. Zu dem Schreiben des Beklagten forderte das Gericht den Beschwerdeführer am 23.11.2017 zur Stellungnahme auf und bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits am 5.12.2017. Mit Schriftsatz vom 28.11.2017 erklärte die Klägerin durch den Beschwerdeführer den Rechtsstreit für erledigt und beantragte zugleich eine Kostengrundentscheidung gemäß § 193 SGG. Den Antrag auf Kostengrundentscheidung erklärte der Beschwerdeführer am 11.12.2017 für erledigt.

Mit Beschluss vom 30.11.2017 gewährte das Sozialgericht (SG) der Klägerin Prozesskostenhilfe ab Klageerhebung und ordnete den Beschwerdeführer bei.

Am 6.12.2017 beantragte der Beschwerdeführer, seine Vergütung für das Klageverfahren in Höhe von 678,30 EUR festzusetzen. Dabei setzte er eine Verfahrensgebühr von 550,00 EUR sowie eine Telekommunikationspauschale von 20,00 EUR an.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG setzte mit Beschluss vom 18.12.2017 die dem Beschwerdeführer zu erstattenden Gebühren und Auslagen in Höhe von 107,10 EUR, im Einzelnen wie folgt fest:

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV: 75,00 €

Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV: 15,00 €

Nettobetrag: 90,00 €

Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV: 17,10 €

Gesamtbetrag: 107,10 €

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 75,00 Euro abzugelten sei, weil es sich bei einer Untätigkeitsklage um eine der einfachsten Tätigkeiten eines Rechtsanwalts handle. Im Wesentlichen beschränke sich die Tätigkeit auf die Prüfung der Frist und die Einlegung der Klage. Die Untätigkeitsklage sei hier mit sieben Zeilen begründet worden. Der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien als deutlich unterdurchschnittlich zu bewerten. Die Bedeutung der Angelegenheit sei für die Klägerin im Vergleich zu anderen Klagen vor Gericht ebenfalls weit unterdurchschnittlich gewesen. Es sei auch von deutlich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen auszugehen. Insgesamt handle es sich um einen deutlich unterdurchschnittlichen Fall, der mit einer Gebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 75,00 Euro ausreichend entschädigt sei.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 28.12.2017 Erinnerung eingelegt. Nach seiner Auffassung sei die Verfahrensgebühr in beantragter Höhe angemessen.

Mit Beschluss vom 28. März 2018 wies das SG die Erinnerung zurück. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, der Arbeitsaufwand in der vorliegenden Untätigkeitsklage, sei als deutlich unterdurchschnittlich anzusehen. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bei der Bearbeitung sei ebenfalls als deutlich unterdurchschnittlich einzustufen. Auch die Bedeutung der Angelegenheit sei als unterdurchschnittlich zu bewerten, da im Rahmen einer Untätigkeitsklage der Rechtsanspruch in der Sache selbst nicht durchgesetzt werden könne, sondern es um die Rechtswegeröffnung gehe und zudem nicht erkennbar sei, dass die Klägerin durch die verspätete Verbescheidung ihres unzulässigen Widerspruchs in tatsächlicher, ideeller, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht besonders betroffen gewesen sei. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin stufte das SG auch als deutlich unterdurchschnittlich ein, ebenso wie das Haftungsrisiko des Beschwerdeführers. Unter Abwägung der genannten entscheidenden Bemessungskriterien komme das Gericht zu dem Ergebnis, dass als „objektiv“ richtige Gebühr grundsätzlich hier die Verfahrensgebühr nur in Höhe der Mindestgebühr entstanden sei. Weil der Beschwerdeführer zudem die Terminsbestimmung sowie die Abladung habe entgegennehmen müssen, könne die in der Festsetzung vom 18.12.2017 bestimmte Höhe der Verfahrensgebühr aber noch als sachgerecht angesehen werden.

Seine dagegen erhobene Beschwerde hat der Beschwerdeführer nicht begründet.

Der Staatskasse ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens und des erstinstanzlichen Klageverfahrens des SG mit dem Az.: S 11 AS 1278/17 verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.

1) Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der an sich nach § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zuständige Einzelrichter die Sache zur Entscheidung auf den Senat übertragen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).

2) Zur Anwendung kommen für die Gebührenfestsetzung die Regelungen des RVG in der ab dem 1.8.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.7.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.) (RVG a.F.), denn der unbedingte Auftrag i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG für die Klage ist dem Beschwerdeführer nach dem 31.7.2013 erteilt worden.

3) Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

4) Zwischen den Beteiligten unstreitig ist eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG angefallen. Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren L 12 SF 174/18 ist nur Höhe der Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG bei einer Untätigkeitsklage. Zum Streitgegenstand zählt auch die darauf fallende Umsatzsteuer.

Der dem Beschwerdeführer zuerkannte Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf §§ 45 ff. RVG. Bei Betragsrahmengebühren gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG, um die es hier geht, ist im Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV RVG) jeweils ein Gebührenrahmen vorgesehen. Zentrale Bedeutung hat bei der Gebührenfestsetzung § 14 RVG. Ausgangspunkt für die Vergütungsfestsetzung bei Betragsrahmengebühren ist die Bestimmung der konkreten Gebühr durch den Rechtsanwalt. Das Leistungsbestimmungsrecht des Rechtsanwalts gehört in seiner Ausübung zum Entstehungstatbestand des Vergütungsanspruchs (vgl. die Entscheidung des 15. Senats des BayLSG vom 21.03.2011, Az.: L 15 SF 204/09 B E, m.w.N.). Dies gilt auch, wenn der Rechtsanwalt einen Anspruch auf die Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von PKH geltend macht (a.a.O.).

Der Gesetzgeber hat dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, um nach Möglichkeit Streit über die billige Gebühr zu vermeiden. Der Rechtsanwalt hat die Gebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen und dabei die Kriterien des § 14 RVG zu berücksichtigen. Verbindlich ist die von ihm vorgenommene Bestimmung der Gebühr nur, wenn sie tatsächlich billigem Ermessen entspricht. Im Fall einer nicht verbindlichen, d.h. nicht der Billigkeit entsprechenden Bestimmung der Gebühr durch den Rechtsanwalt, wird die Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren bestimmt (a.a.O.). Der gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (Kostenbeamter), im Fall der Erinnerung das gemäß § 56 Abs. 1 RVG zuständige Gericht und im Fall der Beschwerde das Beschwerdegericht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG sind befugt und verpflichtet, die vom Rechtsanwalt bestimmten Gebühren auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen und bei Feststellung der Unbilligkeit die Gebühr selbst festzusetzen.

Bei der Bestimmung der billigen Gebühr anhand der Kriterien von § 14 Abs. 1 RVG wird dem Rechtsanwalt zu Recht und im Einklang mit der Systematik des § 315 BGB ein gewisser Spielraum bzw. Toleranzrahmen zugestanden. In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung hält der Senat eine vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr für noch verbindlich, wenn sie bis zu 20% von der Gebühr abweicht, die der Kostenbeamte und ggf. das Gericht bzw. Beschwerdegericht für angemessen halten (vgl. die oben genannte Entscheidung des 15. Senats, m.w.N.; vgl. auch Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., § 14, Rdnr. 12, m.w.N.; Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 14, Rdnr. 24).

Für „Normalfälle“ bzw. „Durchschnittsfälle“, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt, ist die Mittelgebühr, also die Mitte des Gebührenrahmens, zu Grunde zu legen (vgl. Mayer, a.a.O., Rdnr. 10; Hartmann, a.a.O., Rdnr. 14). Der Gebührenrahmen der Nr. 3102 VV RVG reicht von 50,00 EUR bis 550,00 EUR, die Mittelgebühr beträgt 300,00 EUR.

Die vorliegend vom Beschwerdeführer vorgenommene Bestimmung der angefallenen Verfahrensgebühr ist nicht verbindlich. Auch unter Berücksichtigung des Toleranzrahmens von 20% entspricht der Ansatz der Verfahrensgebühr in Höhe von 550,00 EUR nicht billigem Ermessen. Der Kostenbeamte durfte und musste die Gebühr neu festsetzen, ohne an die Bestimmung durch den Beschwerdeführer gebunden zu sein. Die von dem Kostenbeamten festgesetzte und durch das SG bestätigte Gebühr in Höhe von 75,00 EUR ist demgegenüber aber zu niedrig angesetzt. Die Verfahrensgebühr ist vielmehr mit der halben Mittelgebühr zu berücksichtigen.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Nach den Kriterien des § 14 RVG ist eine Untätigkeitsklage als deutlich unterdurchschnittlich zu bewerten. Wie weit eine übliche Untätigkeitsklage von einem durchschnittlichen sozialrechtlichen Verfahren abweicht, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (doppelte Mindestgebühr, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1.12.2014, L 19 AS 2043/14 B und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.6.2007, L 18 B 732/07 AS; vierfache Mindestgebühr, LSG Sachen, Beschluss vom 2.7.2004, L 2 B 73/03 AL-PKH; halbe Mittelgebühr, SG München, Beschluss vom 14.7.2011, S 22 SF 596/11 E; Hessisches LSG, Beschlüsse vom 13.1.2014, L 2 AS 250/13 B vom 21.3.2012, L 2 AS 517/11 B und vom 6.2.2012, L 2 R 2/11 B; SG Gießen, Beschluss vom 1.8.2016, S 23 SF 48/14 E mit Anm. Loytved, jurisPR-SozR 20/2016 Anm. 6, juris; 60% der Mittelgebühr, SG Hamburg, Beschluss vom 21.03.2007, S 61 AS 1905/06).

Unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 RVG ist nach Auffassung des Senats im Regelfall die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes im Rahmen einer Untätigkeitsklage mit der halben Mittelgebühr der Nr. 3102 VV RVG (Mittelgebühr 300,00 EUR, halbe Mittelgebühr 150,00 EUR) angemessen vergütet. Der Aufwand des Rechtsanwalts für das Verfahren ist gering, denn das Interesse des Klägers ist im Wesentlichen gerichtet auf den Erlass eines Bescheides bzw. Widerspruchsbescheides durch den Leistungsträger und nicht auf die Klärung eines materiell-rechtlichen Rechtsverhältnisses. Es handelt sich um eine einfache anwaltliche Tätigkeit. Dementsprechend beschränkt sich auch vorliegend die Klagebegründung auf die Darlegung, dass der eingelegte Widerspruch nicht innerhalb der in § 88 SGG vorgegebenen Frist beschieden worden ist, ohne dass hierfür ein Grund vorliege. Zudem musste der Beschwerdeführer noch die Terminsmitteilung sowie die Abladung entgegennehmen. Der Ansatz der halben Mittelgebühr berücksichtigt auch, dass es sich bei der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG um eine eigenständige, besondere Klageart in Form einer Bescheidungsklage handelt (SG Frankfurt, Beschluss vom 17.4.2018, S 7 SF 300/15 E, juris; Leitherer in: Meyer/Ladewig /Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 88 Rn. 2).

Mit der halben Mittelgebühr sind das Gespräch mit dem Mandanten, ggf. die Akteneinsicht, sowie die Fertigung der Untätigkeitsklageschrift abgegolten. Auch kann sich der Rechtsanwalt bei der Abfassung der Klageschrift nicht auf eine reine Fristenprüfung beschränken, sondern muss zudem überprüfen, ob es Gründe für das Ausbleiben eines Widerspruchsbescheides gibt. Dabei handelt es sich um die typischen Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes vor Erhebung einer Untätigkeitsklage, die dementsprechend in der pauschalisierten Gebührenhöhe Berücksichtigung finden. Bei dem pauschalisierenden Gebührenansatz ist es auch nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt den Nachweis sämtlicher Einzelhandlungen führt, sofern nicht besondere Anhaltspunkte hierfür Anlass geben (so auch Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 13.1.2014, L 2 AS 250/13 B, juris). So ist es vorliegend unschädlich, dass der Beschwerdeführer beispielsweise keine Akteneinsicht genommen hat.

Daraus ergibt sich folgende Rechnung:

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV RVG 150,00 EUR

Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

Nettobetrag 170,00 EUR

Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 32,30 EUR

insgesamt 202,30 EUR

Da der Beschwerdeführer eine Verfahrensgebühr in Höhe der Höchstgebühr begehrt, war die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.