Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 04. Mai 2010 - L 4 KA 49/08

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2010:0504.L4KA49.08.0A
bei uns veröffentlicht am04.05.2010

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 9/10 der Kosten des gesamten Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnung von Arzneimitteln im Jahr 2003.

2

Der Kläger war als Internist in B zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte in Schleswig-Holstein vom 29. Oktober 2003 wurde ihm die Zulassung entzogen. Zur Begründung bezog sich der Zulassungsausschuss insbesondere auf ein Urteil des Amtsgerichts Meldorf vom 27. März 2001 (21 Ds 315 Js 440), mit dem der Kläger wegen fahrlässiger Tötung (grob fehlerhafte Behandlung des Patienten S) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden war, auf ein Urteil des Berufsgerichts für Heilberufe vom 26. Februar 2003 (BG 29/02 - Verurteilung des Klägers zu einer Geldbuße von 2.000,00 EUR u. a. wegen des Vorwurfs, dass er ausgehend von einer gestellten Fehldiagnose unbeirrt und uneinsichtig an seiner Behandlungsmethode festgehalten habe) sowie ein zum Zeitpunkt der Zulassungsentziehung noch nicht abgeschlossenes Verfahren um die Entziehung der Approbation. Den gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Berufungsausschuss mit Bescheid vom 24. Februar 2004 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. Über die dagegen beim Sozialgericht Kiel (S 15 KA 139/04) erhobene Klage wurde nicht entschieden, nachdem im Einverständnis mit dem Kläger das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden war. Mit Bescheid vom 20. August 2003 widerrief das Landesamtes für Gesundheit und Arbeitssicherheit des Landes Schleswig-Holstein die Approbation des Klägers und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung bezog sich das Landesamt auf den Sachverhalt, der der strafrechtlichen Verurteilung zu Grund lag und führte ergänzend aus, dass die vom Kläger praktizierte Behandlungsmethode zur Therapie der Herzinsuffizienz mit der Applikation hoher Dosen oraler Nitrate, meist zusätzlich zu einer Behandlung mit sog. Nachlastsenkern wie ACE-Hemmern in keiner Weise wissenschaftlich vertretbar sei und außerhalb des gesicherten ärztlichen therapeutischen Spielraums liege. Dies werde durch eine gutachtliche Stellungnahme des Prof. Dr. Sa vom 30. Juni 2003 bestätigt. Eine Häufung von offenkundig fehlerhaften Behandlungen zeige, dass es sich bei dem Fall des verstorbenen Patienten S nicht um einen tragischen Einzelfall gehandelt habe. Gegen die Anordnung des Sofortvollzugs gerichtete Anträge des Klägers blieben ohne Erfolg (Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 2. Oktober 2003 - 2 B 51/03, Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2004 - 3 MB 25/03). Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2004 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 15. März 2005 - 2 A 196/04; Beschlüsse des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. September 2005 und vom 30. November 2005 - 3 LA 47/05). Das Begehren des Klägers, das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren wieder aufzunehmen, ist Gegenstand eines beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 7 A 62/08 anhängigen Verfahrens.

3

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2003 beantragte die zu 1. beigeladene Krankenkasse die Feststellung eines sonstigen Schadens gemäß § 12.3 der in Schleswig-Holstein geltenden Prüfvereinbarung vom 15. März 1995 und machte zur Begründung geltend, dass Verordnungen des Klägers aus dem ersten Quartal 2003 gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie gegen die Arzneimittelrichtlinien verstoßen hätten. U. a. sei die Verordnung hoher Dosen von Nitraten für diverse Patienten aufgefallen. Neben der Verordnung von Nitraten, zu denen neben ISDN Stada, Isoket retard, Monostenase long und Isomet auch die Medikamente Tensobon und Andante gezählt wurden, machte die Beigeladene Schäden aufgrund von Verordnungen verschiedener Arzneimittel geltend, die gegen die Arzneimittelrichtlinien verstießen. Weitere entsprechende Anträge stellte die Beigeladene mit Schreiben vom 11. Dezember 2003 für das Quartal II/2003, mit Schreiben vom 13. Mai 2004 für das Quartal III/2003 und mit Schreiben vom 24. August 2004 für das Quartal IV/2003.

4

Mit Bescheid vom 10. Februar 2005 setzte der Prüfungsausschuss nach Anhörung des Klägers für die Quartale I/2003 bis IV/2003 wegen unwirtschaftlicher Verordnung von Arzneimitteln (Verordnung hoher Dosen von Nitraten und Verordnungen, die gegen die Arzneimittelrichtlinien verstoßen) gegen den Kläger einen Schadensersatz in Höhe von 5.570,94 EUR fest.

5

Auf den Widerspruch des Klägers änderte der Beklagte den Beschluss des Prüfungsausschusses mit Bescheid vom 1. Juni 2006 insoweit ab, als der Schadensersatz auf einen Betrag von 5.347,86 EUR reduziert wurde. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Kläger habe mehreren versicherten Patienten in den Quartalen I/2003 bis IV/2003 Präparate unter Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verordnet. Die verordneten Präparate ISDN Stada, Isoket retard, Monostenase long, Isomonit und Tensobon seien sämtlich Präparate, die Nitrate in verschiedenen Zusammensetzungen enthielten. Der Kläger habe dazu eine Therapie zur Behandlung der Herzinsuffizienz entwickelt. Es sei nicht bekannt, dass die Therapie des Klägers in der wissenschaftlichen Literatur anerkannt sei. Der Hinweis des Klägers, dass die Therapie im Westküstenklinikum in Heide übernommen worden sei, vermöge die Schlussfolgerung, dass die Therapie den Regeln der ärztlichen Kunst entspreche, nicht zu tragen. Es handele sich um vereinzelte Stimmen, die in die wissenschaftliche Literatur keinen Eingang gefunden hätten. Bei der Berechnung des Schadens seien zugunsten des Klägers abweichend von dem Antrag der beigeladenen Krankenkasse 200 mg Nitrate als Tageshöchstdosis angesetzt worden. Abweichend von dem angefochtenen Bescheid des Prüfungsausschusses seien die Kosten für die Verordnung des Bluthochdruckmittels Andante für den Patienten P nicht in die Berechnung des Schadens einzubeziehen, weil die Arznei bei diesem Patienten zulassungsgerecht eingesetzt worden sei. Dagegen hätte der Kläger das Medikament Thym Uvocal nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnen dürfen, weil dieses aus tierischen Thymus-Peptiden gewonnen werde und damit unter Ziffer 17.1.m der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (AMR) falle. Es handele sich um Organhydrolysat. Außerdem hätten hinsichtlich der Patienten Ba, D und H keine Diagnosen vorgelegen, die eine Verordnung dieses Präparates zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung zuließen. Die Präparate Venalot und Venalot depot hätte der Kläger in näher bezeichneten Fällen nicht verordnen dürfen. Die Präparate dürften nur unter der Voraussetzung verordnet werden, dass zuvor allgemeine, nicht medikamentöse Maßnahmen genutzt worden seien. Mangels entsprechender Stellungnahme des Klägers könne nicht auf derartige Maßnahmen geschlossen werden, sodass insoweit zu Recht Schadensersatz festgesetzt worden sei. Das Präparat NAC dürfe nur zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden, wenn mehr als geringfügige Gesundheitsstörungen vorlägen. Dies lasse sich bei näher bezeichneten Patienten nicht feststellen. Deswegen sei auch insoweit Schadensersatz gerechtfertigt. Das Präparat Remifemin sei der Patientin T nach einer Uterustotalextirpation und damit außerhalb des vorgesehenen Anwendungsbereichs (Regelblutung) verordnet worden. Das Präparat Magnesium ratio habe der Kläger als Antikonvulsivum für einen an Epilepsie erkrankten Patienten und damit ebenfalls außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs verordnet. Entsprechendes gelte für das Präparat Neuro Stada, das das Vorliegen eines – im konkreten Fall nicht festgestellten - Vitaminmangels voraussetze. Das Mittel Hepar SL forte, das für die Behandlung dispeptischer Beschwerden besonders bei funktionellen Störungen des ableitenden Gallensystems zugelassen sei, habe der Kläger bei unklaren abdominellen Beschwerden eingesetzt. Gemäß Ziffer 17.2 der Arzneimittelrichtlinien hätte das Präparat nur unter der Voraussetzung verordnet werden dürfen, dass zuvor allgemeine nicht medikamentöse Therapien genutzt wurden, hierdurch aber das Behandlungsziel nicht erreicht werden konnte. Eine blinde Therapie, wie sie der Kläger im Widerspruchsverfahren beschrieben habe, sei weder sinnvoll noch entspreche sie dem Stand der medizinischen Erkenntnisse.

6

Dagegen hat sich der Kläger mit der am 27. Juni 2006 erhobenen Klage gewandt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass unabhängig davon, dass ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht vorliege, jedenfalls ein Schaden nicht eingetreten sei, weil jede andere Behandlung mindestens zu entsprechenden Kosten geführt hätte. Ferner habe die Beklagte zu Unrecht das Medikament Tensobon zu den Nitraten gezählt. Tensobon enthalte keine Nitrate. Sein Wirkstoff sei Captopril, ein vasodilatierender Hemmstoff des Renin-Angiotensin-Systems. Die Verschreibung von Tensobon sei sachgerecht gewesen. Hinsichtlich dieses Präparates liege eine Entscheidung des Beklagten mit nachvollziehbarer Begründung nicht vor. Soweit in dem Bescheid des Beklagten ausgeführt werde, dass seine Therapie in der wissenschaftlichen Literatur nicht anerkannt worden sei, sei dies nicht maßgeblich. Jede Neuerung benötige Zeit, um bekannt zu werden. Die Therapie sei erfolgreich. Sie werde zwischenzeitlich von Kliniken und Ärzten praktiziert, auch im Rahmen der Weiterbehandlung seiner früheren Patienten. Unangemessene, unzulässige Dosierungen seien nicht gewählt worden. Von Maximaldosen sei die gewählte Dosierung weit entfernt. Es existiere auch sonst kein Therapieansatz zur Behandlung von Myokardinsuffizienz. Den Patienten sei nachhaltig geholfen worden. Dadurch seien bei weitem kostspieligere Behandlungen erspart worden. Was früher vorschnell und ohne jede weitere Prüfung als Einzelstimme von ihm abgetan worden sei, habe sich durchgesetzt. Auch der Einsatz von NAC sei gerechtfertigt gewesen. Längere bronchiale Infekte seien unbehandelt oft Ursprung einer chronischen Bronchitis mit dann erheblichen Krankheitskosten. Das Präparat Thym Uvocal sei der Patientin Ha verordnet worden, die an einer malignen multipel metastasierenden Erkrankung gelitten habe und nach mehreren Operationen nicht mehr bereit gewesen sei, sich erneut operieren zu lassen. Den Thymuspeptiden werde eine Immunstimulation zuerkannt. Sie würden so auch bei der Behandlung der Immunschwächekrankheit eingesetzt. In diesem Sinne sei der Einsatz bei der Patientin geschehen. Die Präparate Venalot und Venalot depot seien Patienten verordnet worden, die unter einer akuten Phlebitis gelitten hätten, die mit Stützverbänden behandelt worden seien. Die Verordnung des Präparats Remifemin sei ebenfalls geboten gewesen, da die Patientin Thede aufgrund der operativen Organentfernung (Uterus und Ovarien) an einer vorgezogenen Menopause mit Beschwerden gelitten habe. Entsprechendes gelte für die Verordnung des Präparats Magnesium ratio an den Patienten G, der an Epilepsie erkrankt sei. Sowohl bei Abhängigkeitserkrankungen als auch bei allen Anfallsleiden spiele die Beobachtung des Patienten eine entscheidende Rolle. So könnten auch Übelkeiten verschiedenster Genese zu konvulsiven Ereignissen führen. Auch das Präparat Neuro Stada habe er zu Recht verschrieben. Bei dem Krankheitsbild der Patientin R sei das klinische Bild therapieführend. Die zeitlich begrenzte hoch dosierte Gabe neurotropher Medikamente sei eine probate Therapie bei diesen Krankheitsbildern. Einen therapieführenden Vitaminnachweis gebe es nicht. Das von ihm verordnete Präparat Hepar SL forte sei zur Behandlung dispeptischer Beschwerden zugelassen. Lang anhaltende Dispepsien führten oft zur Arbeitsunfähigkeit, die dann den Kostenträger mehr belaste als dieses relativ preiswerte Medikament. Deshalb sei dieses Medikament so rechtzeitig eingesetzt worden.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

den Bescheid des Beklagten vom 1. Juni 2006 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Mit Urteil vom 11. Juli 2008 hat das Sozialgericht Kiel die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen.

12

Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 12. September 2008 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt.

13

In der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2010 hat die Beklagte den Klaganspruch teilweise anerkannt, indem sie auf die Honorarkürzung wegen der Verordnung der Medikamente Thym-Uvocal, Venalot, Venalot Depot und Remifemin plus verzichtet. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

14

Der Kläger beantragt,

15

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. Juli 2008 und den Bescheid des Beklagten vom 1. Juni 2006 aufzuheben, soweit dem Klaganspruch nicht bereits durch das Teilanerkenntnis vom heutigen Tage entsprochen worden ist.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen, soweit das Begehren des Klägers nicht mit Teilanerkenntnis vom heutigen Tage anerkannt worden ist.

18

Zur Begründung trägt der Beklagte vor: Bei dem Präparat Tensobon handele es sich um ein Kombinationspräparat mit einem ACE-Hemmer und einem Diuretikum als Inhaltsstoffe. Andante enthalte den Wirkstoff Bunazosin, der ebenfalls zur Behandlung des Bluthochdrucks eingesetzt werde. Die Beanstandung der Verordnung der beiden Medikamente beziehe sich auf die Verordnungsmenge bei gleichzeitig hochdosierter Nitrattherapie. Das Medikament Venostasin dürfe als Venentherapeutikum nach Ziffer 17.2 AMR nur unter der Voraussetzung verordnet werden, dass zuvor allgemeine nicht medikamentöse Maßnahmen genutzt wurden. Für die Verordnung von Venostasin an die Patientin S habe der Kläger keine Begründung abgegeben. Im Behandlungsschein finde sich lediglich die Diagnose „Varizen der unteren Extremitäten ohne Ulzeration/Entzündung“. Das Medikament Neuro Stada sei nur zur Behandlung von Vitaminmangelzuständen oder von Krankheitsbildern, die auf einen Mangel des jeweiligen Vitamins zurückzuführen seien, zugelassen. Insofern sei ergänzend festzustellen, dass Neuro Stada hier außerhalb der Zulassung angewendet worden sei. Die neurologischen Ausfälle der behandelten Patientin seien hier am ehesten mit einer Nervenschädigung oder -irritation im Rahmen einer Operation in Verbindung zu bringen, nicht aber auf einen Vitaminmangel zurückzuführen. Bezogen auf die Medikamente NAC, Magnesium Ratio und Hepar SL Forte wiederholt die Beklagte im Wesentlichen die Begründung aus den angefochtenen Bescheiden.

19

Der Senat hat die Akte des Amtsgerichts Meldorf (21 Ds 315 Js 440), die Akte des Berufsgerichts für Heilberufe (BG 29/02), die Akte des Sozialgerichts Kiel (S 15 KA 139/04), die die Entziehung der Approbation des Klägers betreffenden Verwaltungsvorgänge des Landesamtes für Gesundheit und Arbeitssicherheit des Landes Schleswig-Holstein, die Akten des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts zu den Aktenzeichen 3 MB 25/03 (2 B 51/03) und 3 LA 47/05 (2 A 196/04) und die Akte des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zum Aktenzeichen 7 A 62/08 sowie die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Diese haben dem Senat in der mündlichen Verhandlung und Beratung vorgelegen. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf den Inhalt der Prozessakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

20

Die statthafte (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG), Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist - soweit der Beklagte dem Begehren des Klägers nicht mit dem in der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2010 abgegebenen Teilanerkenntnis entsprochen hat - nicht zu beanstanden.

21

Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses ist § 106 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V - in der hier maßgebenden Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626). Nach dieser Vorschrift wird die Wirtschaftlichkeit der Verordnung u. a. durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen entweder nach Durchschnittswerten und/oder nach Stichproben geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Da sich die Prüfung hier auf die Verordnungsweise des Klägers im Jahr 2003 bezieht, ist noch die in Schleswig-Holstein geltende Prüfvereinbarung vom 15. März 1995 maßgebend (vgl. BSG, Urt. v. 9. April 2008 - B 6 KA 34/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 18). § 12 Abs. 1 und Abs. 3 dieser Prüfvereinbarung berechtigen auch zu Einzelfallprüfungen bezogen auf die Verordnung von Arzneimitteln, die gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen bzw. deren Verordnung unzulässig ist, weil sie aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind.

22

Die Anträge der zu 1. beigeladenen Krankenkasse auf Prüfung sind innerhalb der in § 12 Abs. 4 der Prüfvereinbarung geregelten Frist von neun Monaten gestellt worden. Dies ist auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen worden. Auch dass sich der Beklagte zur Durchführung einer Einzelfallprüfung anstelle einer Prüfung nach Durchschnittswerten entschlossen hat, ist nicht zu beanstanden. Die Prüfmethode der Einzelfallprüfung kann auch gewählt werden, um die Wirtschaftlichkeit des Umfangs der Verordnung in einzelnen Behandlungsfällen zu überprüfen (BSG, Urt. v. 27. Juni 2007 – B 6 KA 44/06 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 17).

23

Der angefochtene Bescheid ist bezogen auf den Regress für die Verordnung der Nitrate ISDN Stada, Isoket retard, Monostenase long und Isomet in einer die doppelte Standarddosierung übersteigenden Menge nicht zu beanstanden. Der Kläger hat seinen Patienten die genannten Nitrate in einem Umfang verordnet, der die Dosierungsempfehlungen aus der sog. roten Liste und auch aus der (u. a. im Internet in dem Arzneimittel-Informationssystem des Bundes unter www.pharmnet-bund.de abrufbaren) Fachinformation bei Weitem übersteigt. Hintergrund dieser Verordnungsweise des Klägers war ein von ihm verfolgtes und teilweise selbst entwickeltes Behandlungskonzept. Wie sich aus einem vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegten Manuskript mit der Überschrift „Therapie der Herzmuskelschwäche durch fortgesetzte Vasodilatation: Eine bisher unbekannte Möglichkeit der Behandlung von Myokardinsuffizienz und kardialen Erregungsleitungsstörungen“ ergibt, geht der Kläger davon aus, dass eine Myokardinsuffizienz mit der Applikation hoher Dosen oraler Nitrate in Kombination mit ACE-Hemmern, Alphablockern und AT1-Antagonisten erfolgreich behandelt werden könne. Der fachkundig besetzte Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass es sich dabei nicht um ein wissenschaftlich anerkanntes Behandlungskonzept handelt. Der Kläger hat zum Beleg seiner Auffassung lediglich allgemein geltend gemacht, dass derartige Behandlungen auch von anderen Ärzten durchgeführt würden und sich durchsetzen würden. Jede Neuerung benötige Zeit. Zum Beleg hat er sich im Widerspruchsverfahren auf ein Antwortschreiben des Prof. Dr. M bezogen, dem er sein Manuskript eingereicht hatte. Aus diesem Antwortschreiben geht jedoch lediglich hervor, dass Prof. Dr. M bereit ist, sich das Manuskript trotz erheblicher zeitlicher Belastung durchzusehen. Dafür, dass es auch nur zu der vom Kläger angestrebten Veröffentlichung des Manuskripts gekommen wäre, gibt es keine Anhaltspunkte. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das vom Kläger vorgelegte Manuskript keine Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien wiedergibt, sondern Erfahrungen aus dem beruflichen Alltag des Klägers sowie aus Tierversuchen. Aus Sicht des Senats kann dahingestellt bleiben, ob an die systematische Verordnung von Medikamenten in einem die Dosierungsempfehlungen weit übersteigenden Umfang die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie bei der Verordnung außerhalb des Indikationsgebietes, für das die Zulassung erfolgt ist (u. a. Vorliegen kontrollierter klinischer Prüfungen der Phase III, vgl. dazu z. B. BSG, Urt. v. 26. September 2006 – B 1 KR 14/06, SozR 4-2500 § 31 Nr. 6 m. w. N.). Jedenfalls genügt ein von dem die Verordnung durchführenden Arzt verfasstes, im Wesentlichen auf Erfahrungen aus eigener Tätigkeit sowie aus Tierversuchen beruhendes und soweit ersichtlich nicht veröffentlichtes Manuskript den zu stellenden Anforderungen eindeutig nicht. Zwar ist die Auffassung des Klägers, nach der jede Neuerung Zeit benötige, nicht in Zweifel zu ziehen. Die Finanzierung der in dieser Zeit durchzuführenden Forschung ist jedoch nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, sodass sie wissenschaftlich (noch) nicht anerkannte Therapieformen nicht zu finanzieren hat. Das gilt besonders, wenn von dem behandelnden Arzt - wie hier - noch nicht einmal wissenschaftlichen Standards entsprechende Studien am Menschen als Beleg für die Wirksamkeit der Behandlungsmethode benannt werden können. Daher ist es aus Sicht des Senats jedenfalls nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den die Dosierungsempfehlungen um mehr als das Doppelte übersteigenden Verordnungsumfang als unwirtschaftlich beanstandet hat. Der Senat folgt damit auch der im Verfahren um den Widerruf der Approbation des Klägers eingeholten Stellungnahme des Prof. Dr. S, der nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat, dass es sich bei dem vom Kläger verfolgten Behandlungskonzept nicht um eine international gesicherten Standards entsprechende geeignete Form der Therapie der Herzinsuffizienz handelt und dass die vom Kläger durchgeführten Therapien nur im Rahmen einer von einer Ethikkommission genehmigten wissenschaftlichen Studie medizinisch zu vertreten gewesen wären.

24

Weder bei dem Arzneimittel Andante und noch bei Tensobon handelt es sich um Nitrate. Davon abweichende Angaben in der Begründung des angefochtenen Bescheides sind nicht zutreffend. Die Beklagte hat die Begründung des Bescheides jedoch im Berufungsverfahren in rechtlich nicht zu beanstandender Weise konkretisiert und klargestellt, dass der Regress darauf beruht, dass der Kläger auch diese beiden Blutdruck senkenden Medikamente im Rahmen des dargestellten, mit gesicherten medizinischen Standards unvereinbaren medizinischen Behandlungskonzepts und in Kombination mit hoch dosierten Nitraten in ebenfalls überhöhter Dosierung verordnet hat. Daher ist auch bezogen auf diese Arzneimittel eine unwirtschaftliche Verordnungsweise jedenfalls bezogen auf die die empfohlene Tagesdosis (1 Tablette Andante täglich entsprechend etwa 100 Tabletten pro Quartal) bzw. eine das doppelte der maximalen Tagesdosis (2 Tabletten Tensobon täglich entsprechend etwa 196 Tabletten pro Quartal) übersteigende Verordnungsmenge festzustellen.

25

Die Verordnung des Venentherapeutikums Venostasin setzt nach Ziffer 17.2 j) AMR in der hier maßgebenden Fassung des Jahres 2003 voraus, dass zuvor allgemeine nicht medikamentöse Maßnahmen genutzt wurden, hierdurch aber das Behandlungsziel nicht erreicht werden konnte und eine medikamentöse Behandlung mit dem Arzneimittel zusätzlich erforderlich ist. Dazu hat der Kläger bezogen auf die Behandlung der Patientin S keine Angaben gemacht, auch nachdem der Beklagte die Begründung des angefochtenen Bescheides im Berufungsverfahren ergänzt hat, sodass der Senat das Vorliegen der in Ziffer 17.2 j) AMR genannten Voraussetzungen nicht feststellen kann. Der Senat hat auch keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der genannten einschränkenden Bestimmung in Ziffer 17.2 AMR, weil damit kein Ausschluss von Arzneimitteln aus der Krankenversicherung geregelt wird, der im Jahr 2003 dem Verordnungsgeber vorbehalten war (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 3. November 2004 - L 4 KA 27/02, NZS 2005, 596, m.w.N.), sondern die Verordnung lediglich unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht wird (zu dieser Unterscheidung vgl.: BSG, Urt. v. 10. Mai 2005 - B 1 KR 25/03, SozR 4-2500 § 34 Nr. 2 = BSGE 94, 302, juris Rz. 25).

26

Bezogen auf den Regress wegen der Verordnung der Arzneimittel Neuro Stada, NAC, Magnesium ratio sowie Hepar SL in den vier streitgegenständlichen Quartalen folgt der Senat den Gründen des angefochtenen Bescheides und sieht insoweit gem. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 3 SGG von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Der Kläger hat dazu im Klageverfahren und im Berufungsverfahren keine Aspekte vorgetragen, die er noch nicht im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hätte und mit denen sich der Beklagte im angefochtenen Bescheid noch nicht auseinandergesetzt hätte. Lediglich bezogen auf die Verordnung des Arzneimittels Hepar SL an den Patienten D im Quartal III/2003 ist zu ergänzen, dass der Kläger dieses Medikament nach seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren probatorisch verordnet hat, bevor er dem Kläger schlackenreiche Kost empfohlen hat. Hinweise auf die Nutzung nicht medikamentöser Maßnahmen vor der Verordnung oder Gründe, davon abzusehen, sind dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Nach der dargestellten Regelung in Ziffer 17.2 AMR (in der Fassung des Jahres 2003), die nach Buchst. b) auch für Gallenwegs- und Lebertherapeutika und damit für die Verordnung von Hepar SL gret, hätten nichtmedikamentöse Maßnahmen wie die erfolgte Empfehlung schlackenreicher Kost der Verordnung des Medikaments zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung vorausgehen müssen und nicht erst nachträglich erfolgen dürfen.

27

Der Kläger kann gegen den von der Beklagten geltend gemachten Regress auch nicht mit Erfolg einwenden, dass ein Schaden nicht vorliege, weil jede andere Behandlung mindestens zu entsprechenden Kosten geführt hätte. Der Senat geht mit der ständigen Rechtsprechung von der Geltung eines normativen Schadensbegriffs im gesamten Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfung aus. Es entspricht dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, dass eine „Vorteilsausgleichung“ nicht erfolgt, sofern Leistungen in Anspruch genommen bzw. erbracht wurden, die in dieser Form nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung hätten erbracht werden dürfen (Urt. des Senats vom 9. Mai 2006 – L 4 KA 14/04, MedR 2007, 313 m. w. N.). Die Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler und inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (vgl. BSG, Urt. v. 17. März 2005 – B 3 KR 2/05 R, BSGE 94, 213 = SozR 4-5570 § 30 Nr. 1).

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass die Verpflichtung der Beklagten, 1/10 der außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, bereits aus dem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnis folgt. Ergänzend ist klarzustellen, dass die Beklagte nicht nur 1/10 der außergerichtlichen Kosten sondern auch 1/10 der Gerichtskosten zu tragen hat. Die Kosten der Beigeladenen sind gem. § 197a SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil diese sich nicht mit eigenen Anträgen am Kostenrisiko beteiligt haben.

29

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 04. Mai 2010 - L 4 KA 49/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 04. Mai 2010 - L 4 KA 49/08

Referenzen - Gesetze

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 04. Mai 2010 - L 4 KA 49/08 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106 Wirtschaftlichkeitsprüfung


(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und d

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 136


(1) Das Urteil enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidun

Prüfvereinbarung - EEMD-ZVAnl I | § 12 Mitwirkungspflichten


(1) Anbieter und Mauterheber sowie die von diesen hinzugezogenen Personen und Unternehmen, insbesondere der nationale Betreiber, der den Mauterhebungsdienst im Auftrag des Mauterhebers betreibt, arbeiten während der Durchführung des Prüfverfahrens, i

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 04. Mai 2010 - L 4 KA 49/08 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 04. Mai 2010 - L 4 KA 49/08 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 09. Mai 2006 - L 4 KA 14/04

bei uns veröffentlicht am 09.05.2006

Tenor Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Juni 2004 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigel

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 03. Nov. 2004 - L 4 KA 27/02

bei uns veröffentlicht am 03.11.2004

Tenor Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. Mai 2002 sowie der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2000 aufgehoben. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im gesamten Verfahren.

Referenzen

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Anbieter und Mauterheber sowie die von diesen hinzugezogenen Personen und Unternehmen, insbesondere der nationale Betreiber, der den Mauterhebungsdienst im Auftrag des Mauterhebers betreibt, arbeiten während der Durchführung des Prüfverfahrens, insbesondere während des Verfahrens zur Prüfung der Erfüllung aller Vorgaben für das EETS-Gebiet BFStrMG, zusammen. Der Mauterheber stellt dem Anbieter solche Informationen zur Verfügung, die für die Vertragserfüllung erforderlich sind und seinem unmittelbaren Einwirkungsrecht unterliegen.

(2) Anbieter und Mauterheber informieren die jeweils andere Partei unverzüglich und nachvollziehbar über Störungen während der Durchführung des Prüfverfahrens. Der Mauterheber ist berechtigt, das Prüfverfahren so lange auszusetzen, bis der Anbieter nachgewiesen hat, dass nicht unerhebliche Störungen ausgeschlossen sind.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. Mai 2002 sowie der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2000 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im gesamten Verfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses für das I. Quartal 1999.

2

Der Kläger ist als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Rahmen der ambulanten Versorgung von zwei bei der Beigeladenen versicherten Patienten verordnete er im Januar und März 1999 das Medikament Xenical. Dieses Arzneimittel war im Juli 1998 durch die zuständigen Behörden zugelassen worden. Anwendungsgebiet ist danach die Behandlung von adipösen Patienten mit einem Körpermassenindex (body mass index - BMI) von wenigstens 30 kg/m² oder von übergewichtigen Patienten (BMI wenigstens 28 kg/m²) mit begleitenden Risikofaktoren. Arzneilich wirksamer Bestandteil des Medikaments ist Orlistat, das die Resorption der mit der Nahrung aufgenommenen Fette im Darm einschränkt.

3

Die beigeladene Krankenkasse beantragte am 13. September 1999 bei dem Prüfungsausschuss die Feststellung eines sonstigen Schadens gemäß § 12 Abs. 3 der für Schleswig-Holstein zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen geschlossenen gemeinsamen Prüfvereinbarung vertragsärztliche Versorgung vom 15. Mai 1995 (PV). In der dazu abgegebenen Stellungnahme erklärte der Kläger, dass die beiden behandelten Patienten unter schwerer sekundärer Erkrankung aufgrund ihrer massiven Adipositas litten. Alle anderen Versuche zur Bekämpfung des Übergewichts seien erfolglos gewesen. Nach der Auskunft "seines Apothekers" sei die Verordnung des Medikaments Xenical zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung zulässig. Mit Beschluss vom 13. Oktober 1999/Bescheid vom 20. Dezember 1999 setzte der Prüfungsausschuss den Schadenersatz auf 376,20 DM fest. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beschwerdeausschuss mit Beschluss vom 3. Mai 2000/Bescheid vom 22. Juni 2000 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Bei dem Medikament Xenical handele es sich um einen Appetitzügler. Unter dieser Rubrik sei das Präparat auch in der "Roten Liste" aufgeführt. Gemäß Nr. 17.1.j) der Arzneimittelrichtlinien (AMR) dürften Abmagerungsmittel und Appetitzügler nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Da die Verordnung des Medikaments Xenical gegen die genannte Bestimmung der AMR verstoße, sei der Widerspruch zurückzuweisen.

4

Dagegen hat der Kläger am 19. Juli 2000 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Arzneimittel Xenical werde zur Behandlung der Adipositas in Verbindung mit einer leicht kalorienreduzierten Kost eingesetzt. Es handele sich um ein auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von der zuständigen Bundesoberbehörde überprüftes innovatives Arzneimittel. Dieses Arzneimittel sei gerade bezogen auf Fälle der vorliegenden Art auch verordnungsfähig. Bestimmungen der AMR stünden dem nicht entgegen. Das folge bereits aus der Formulierung der Nr. 17 AMR, in der es ausdrücklich nur heiße, dass für die dort genannten Arzneimittel "im Allgemeinen" die Voraussetzungen für eine Verordnung zulasten der Krankenkasse nicht gegeben seien, weil das Behandlungsziel ebenso durch nicht medikamentöse Maßnahmen erreicht werden könne. Daraus folge, dass in bestimmten Fällen eine Verordnung und Erstattung möglich sei. Im vorliegenden Fall habe der Kläger Patienten mit schwerer und schwerster Fettleibigkeit (body mass index über 30) behandelt, die im Zusammenhang mit der Adipositas mehrere sekundäre Erkrankungen ausgebildet hätten. Diese müssten mit teuren Medikamenten behandelt werden. Bei Menschen mit Essstörungen könne das Übergewicht auch nicht mit Diäten angegangen werden. Daher sei eine medikamentöse Behandlung des Übergewichts zwingend erforderlich. Bei diesem Einsatz des Arzneimittels handele es sich auch nicht um eine Maßnahme zur Gewichtsreduzierung im Rahmen der Pflege eines bestimmten Lebensstils, wie sie Nr. 17 AMR im Auge habe. Zudem sei der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht befugt, Arzneimittel von der Erstattungsfähigkeit auszugrenzen. § 92 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei eine entsprechende Verordnungsermächtigung nicht zu entnehmen. Zudem sei § 31 in Verbindung mit § 34 SGB V zu entnehmen, dass ein untergesetzlicher Ausschluss der Verordnungsfähigkeit allein durch eine Rechtsverordnung und nicht durch eine Richtlinie wie die AMR möglich sei. § 34 Abs. 3 SGB V enthalte eine Verordnungsermächtigung gerade auch für den Ausschluss von Arzneimitteln wegen ihrer Unwirtschaftlichkeit. Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfe der Ausschluss der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln wegen ihrer substantiellen Bedeutung nicht in der Form von Richtlinien geregelt werden. Das Grundgesetz verbiete die Delegation derartiger Kompetenzen an Gremien wie den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

den Prüfbescheid vom 13. Oktober 1999 in Form des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2000 aufzuheben und den Antrag der AOK Hamburg vom 10. September 1999 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides verwiesen.

10

Die Beigeladene hat ebenfalls auf den angefochtenen Beschluss sowie auf die Ausführungen des Beklagten Bezug genommen.

11

Mit Urteil vom 29. Mai 2002 hat das Sozialgericht Kiel die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe die Verordnung des Arzneimittels Xenical durch den Kläger in zwei Fällen zu Recht beanstandet. Bei dem Arzneimittel handele es sich um einen Appetitzügler, der auch in dieser Weise eingesetzt worden sei, so dass die Verordnung des Medikaments eindeutig gegen Nr. 17.1.j) AMR verstoße. Diese Richtlinien seien entgegen der Bezeichnung für den Vertragsarzt bindend. Das ergebe sich aus dem Wortlaut zu Nr. 17.1 AMR. Danach dürften Appetitzügler nicht verordnet werden. Die weniger stringente Einleitungsbestimmung zu Nr. 17 AMR beziehe sich auf die Gesamtregelung. Die speziellere Regelung unter Nr. 17.1.j) AMR gehe dieser allgemeinen Regelung vor. Der Ausschluss der Verordnungsfähigkeit widerspreche auch nicht § 34 SGB V. Der Gesetzgeber sei befugt, ähnliche oder gleichartige Aufgaben an mehrere untergesetzliche Normgeber zu verteilen. Das Verordnungsverbot widerspreche auch nicht höherrangigem Recht. Bei Appetitzüglern und Abmagerungsmitteln handele es sich nicht um Medikamente, auf deren Verordnung der Versicherte nach den Vorschriften des SGB V einen Leistungsanspruch habe. Es handele sich bei Übergewicht auch erheblichen Ausmaßes nicht um eine eigenständige Krankheit. Soweit der Übergewichtigkeit der Patienten z. B. eine psychische Erkrankung oder eine Stoffwechselerkrankung zugrunde läge, seien diese Krankheiten zu behandeln, nicht aber die Übergewichtigkeit als solche. Darüber hinaus könne das Behandlungsziel auch durch eine bloße Nahrungsmengenreduzierung erreicht werden, soweit keine Stoffwechselerkrankung vorliege.

12

Gegen das ihm am 30. Juli 2002 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 29. August 2002 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend trägt er insbesondere vor: Bei der Adipositas handele es sich nach heutigem medizinischen Erkenntnisstand und auch nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation um eine eigenständige Erkrankung. Daher sei die Begründung des Sozialgerichts, nach der kein Behandlungsanspruch bestehe, weil die Adipositas keine Krankheit darstelle, nicht tragfähig. Zudem verkenne das Sozialgericht, dass die Krankenbehandlung regelmäßig nicht nur auf die Beseitigung bzw. Linderung der ausgebildeten Beschwerden und Symptome gerichtet sei, sondern auch auf die Beseitigung ihrer Ursachen. Die behandelten Patienten hätten unter einer ganz erheblichen Adipositas mit zahlreichen Folgeerkrankungen gelitten. Einer der beiden Patienten sei zudem unfallbedingt schwerbehindert, so dass er eine geeignete sportliche Betätigung nicht ausüben könne. Bemühungen, eine Gewichtsreduzierung durch nicht medikamentöse Maßnahmen zu erreichen, seien über Jahre hinweg ohne nennenswerten Erfolg geblieben. Außerdem habe das Sozialgericht zu Unrecht angenommen, dass Nr. 17.1.j) AMR eine absolute Ausschlussregelung zu entnehmen sei, die neben § 34 SGB V und der auf dieser Grundlage erlassenen Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung gelte und in gleicher Weise zwingend sei. Die Regelungen der AMR müssten im Wege der verfassungskonformen Auslegung als Leitlinien verstanden werden, von denen in begründeten Einzelfällen abgewichen werden dürfe. Auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ermächtige § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V nicht dazu, im Rahmen der AMR die Behandlung bestimmter Krankheiten oder Krankheitssymptome zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen. Dass die AMR nicht als verbindliche Negativliste verstanden werden könne, werde auch durch aktuelle Entscheidungen der Instanzgerichte insbesondere zur Behandlung erektiler Dysfunktionen bestätigt. Die Behandlung von Adipositas mit Xenical sei auch nicht unwirtschaftlich. Die medikamentöse Therapie solle insbesondere eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten des Patienten nicht ersetzen, sondern mit dieser einhergehen. Die Einnahme von Xenical zwinge den Patienten geradezu zu einer Disziplinierung seines Essverhaltens. Wenn der Patient unter der Behandlung mit Xenical weiterhin zu fettreich esse, träten als Nebenwirkung dünnflüssige und kaum anhaltbare Fettstühle auf und es komme zu Blähungen und Bauchschmerzen. Das Medikament diene der Fettreduzierung bei solchen Patienten, die mit Diätplänen alleine nicht mehr Erfolg versprechend therapierbar seien. Dies geschehe durch die Verminderung der Aufnahme des mit der Nahrung zugeführten Fettes um ca. 30 %. Darüber hinaus sei in der Praxis als zusätzlicher psychischer Wirksamkeitsnachweis zu beobachten, dass der Patient durch den rasch merkbaren Erfolg einerseits und die oben genannten Nebenwirkungen bei zu fetter Ernährung andererseits zu einer adäquaten Ernährung angehalten werde. Schließlich könne der Regress auch deshalb keinen Bestand haben, weil eine Verpflichtung zum Schadenersatz ausgesprochen worden sei, obgleich eine vorherige Beratung des Arztes nicht erfolgt sei. Den Bescheiden der Prüfgremien sei nicht zu entnehmen, weshalb statt einer Pflichtberatung als Sanktion sogleich ein Schadenersatz festgesetzt worden sei. Die Festsetzung des Schadenersatzes ohne vorherige Beratung sei unverhältnismäßig.

13

Der Kläger beantragt,

14

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. Mai 2002 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2000 aufzuheben.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Er bezieht sich zur Begründung auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und führt ergänzend aus: Die Verordnung von Abmagerungsmitteln und Appetitzüglern sei nach den AMR von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Bei den vom Kläger angegebenen Urteilen handele es sich lediglich um Einzelfallentscheidungen. Außerdem sei die zur Behandlung erektiler Dysfunktionen ergangene Rechtsprechung nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Eine Gewichtsreduktion sei im Gegensatz zu einer erektilen Dysfunktion ohne Medikamente durch die Reduzierung der Nahrungsmenge möglich. Daher sei die Behandlung mit Xenical auch unwirtschaftlich. Die Wirkung von Xenical bestehe lediglich darin, dass ein Teil des mit der Nahrung zugeführten Fettes nicht über die Verdauungsorgane aufgenommen, sondern unverdaut ausgeschieden werde. Voraussetzung zur Behandlung mit Xenical sei ohnehin eine kalorienreduzierte Kost. Der gleiche Erfolg wie unter der Behandlung mit Xenical sei auch zu erzielen, wenn lediglich die Kalorien- und insbesondere die Fettzufuhr mit der Nahrung reduziert werde. Diese Aussagen habe auch das Sozialgericht Kiel in seinem Urteil vom 29. Mai 2002 getroffen. Wenn der behandelnde Arzt der Meinung sei, dass eine Gewichtsreduzierung aufgrund der massiven Adipositas ohne Medikamente nicht möglich gewesen wäre, hätte er eine Verordnung auf Privatrezept, nicht jedoch zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung vornehmen müssen.

18

Die Beigeladene schließt sich ebenfalls der Begründung des sozialgerichtlichen Urteils an und führt ergänzend aus: Zu berücksichtigen sei, dass mit Xenical keine kausale Behandlung der Adipositas durchgeführt werde, sondern dass das Medikament von seinem Wirkungsmechanismus her lediglich die Fettresorption durch die Verdauungsorgane beeinflusse und sich daher bei konsequent eingehaltener fettarmer Diät auf das Gewicht des Patienten kaum auswirke. Aufgrund seiner blockierenden Wirkung sei das Präparat vielmehr geeignet, die Patienten zu verleiten, ihrem Körper ruhigen Gewissens weiterhin durch die Nahrung zu viel Fett zuzuführen. Daher müsse sogar von einer contraproduktiven Wirkung von Xenical hinsichtlich der Bereitschaft des Patienten, an einer kausalen Behandlung in Gestalt der Veränderung der Essgewohnheiten mitzuwirken, ausgegangen werden. Es könne nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sein, eine solche Therapie zu finanzieren.

19

Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Prozessakte haben dem Senat vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

20

Die statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts und der Bescheid des Beklagten waren aufzuheben. Der Beklagte hat keinen Anspruch gegen den Kläger auf Ersatz eines Schadens wegen der Verordnung des Medikaments Xenical. Der Kläger hat sich im Berufungsverfahren auch zu Recht nur noch gegen den Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2000 gewandt, weil nur dieser und nicht der Bescheid des Prüfungsausschusses vom 20. Dezember 1999 Gegenstand des Gerichtsverfahrens wird (vgl. BSG, Urteil vom 9. März 1994 - 6 RKa 5/92 - BSGE 74, 59 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 22).

21

Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die gesetzlich geregelten Prüfungsarten hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Sie sind danach auch befugt, Regresse wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln festzusetzen. Von dieser Kompetenz haben die Partner der Gesamtverträge in Schleswig-Holstein mit der 1995 in Kraft getretenen Gemeinsamen Prüfvereinbarung vertragsärztliche Versorgung vom 15. Mai 1995 (PV) Gebrauch gemacht. § 12 Abs. 3 PV bestimmt: "Der Prüfungsausschuss entscheidet auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadenersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind (hierunter fallen auch Verordnungen, die gegen die Arzneimittel-Richtlinien verstoßen) oder fehlerhafte Ausstellung von Bescheinigungen." Für die Entscheidung über derartige Anträge sind die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung umfassend zuständig (BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 52).

22

Die Beigeladene hat den Antrag auf Prüfung innerhalb der in § 12 Abs. 4 PV geregelten Frist von 9 Monaten nach Eingang der Überweisungsscheine gestellt. Der Antrag ist auch wirksam gestellt worden. Insbesondere hat die Beigeladene den Antrag begründet. Im Übrigen ist die PV unwirksam, soweit sie von den Vorschriften des Zehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abweichende Anforderungen an eine wirksame Antragstellung regelt (BSG, Urteil vom 27. Juni 2001 - B 6 KA 66/00 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 53).

23

Das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Medikament Xenical, das der Kläger verordnet hat, unter die Ausschlussregelung in Nr. 17.1.j) der Arzneimittelrichtlinien (AMR in der Fassung vom 31. August 1993, Bundesanzeiger Nr. 246 vom 31. Dezember 1993, zuletzt geändert am 3. August 1998, Bundesanzeiger Nr. 182 vom 29. September 1998, in Kraft getreten am 30. September 1998) fällt. Bei Xenical handelt es sich um ein "Abmagerungsmittel" oder einen "Appetitzügler" im Sinne von Nr. 17.1.j) AMR. Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass Xenical nicht in erster Linie den "Appetit" des Patienten beeinflusst, sondern die Aufnahme von Fett durch den Darm reduziert. Es kommt jedoch nicht darauf an, auf welche Weise das Medikament wirkt. Auch wenn Xenical nicht als "Appetitzügler" anzusehen sein mag (so ausdrücklich die Angabe in der Packungsbeilage), handelt es sich jedenfalls um ein Abmagerungsmittel. Dafür spricht auch die Aufnahme von Xenical in die Anlage 8 der derzeit geltenden, zuletzt durch Bekanntmachung vom 16. März 2004 (BAnz Nr. 77 S. 8905) geänderten Arzneimittelrichtlinien, nach der es sich um ein peripher wirkendes Abmagerungsmittel handelt. Allerdings hat der Gesetzgeber mit der zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Änderung des § 34 Abs. 1 SGB V nicht nur Arzneimittel zur "Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits", sondern auch "zur Regulierung des Körpergewichts" ausgeschlossen. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die Arzneimittel zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits von den Arzneimitteln zur Regulierung des Körpergewichts zu unterscheiden und abzugrenzen wären. Vielmehr handelt es sich insoweit nur um eine Klarstellung.

24

Nach dem Wortlaut der AMR gilt der Ausschluss von Abmagerungsmitteln und Appetitzüglern ohne Ausnahmen. Zwar regeln die AMR in der Überschrift zu Nr. 17, dass für die nachstehend aufgeführten Therapieverfahren und Arzneimittel die Voraussetzungen für die Verordnung "im allgemeinen" und "von den erwähnten Ausnahmen abgesehen" fehlen, so dass angenommen werden könnte, dass es sich nicht um generelle Ausschlussregelungen handeln würde. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass sich die Überschrift unter Nr. 17 sowohl auf Nr. 17.1 als auch auf Nr. 17.2 bezieht. Nr. 17.2 regelt keinen generellen Ausschluss, sondern erlaubt die Verordnung unter näher geregelten Voraussetzungen. Dagegen gilt für die unter Nr. 17.1 bezeichneten Mittel nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut, dass sie "- von den genannten Ausnahmen abgesehen - nicht verordnet werden" dürfen. Ausnahmen sind dort z. B für Würz- und Süßstoffe oder Obstsäfte geregelt, nicht jedoch für Abmagerungsmittel und Appetitzügler. Abmagerungsmittel und Appetitzügler sollen nach dem Wortlaut der AMR generell von der Verordnungsfähigkeit ausgeschlossen werden.

25

Die AMR unterscheiden in Nr. 17.1 j) auch nicht danach, ob im Einzelfall eine medizinische Notwendigkeit zur Behandlung von Übergewicht besteht, oder ob es um eher ästhetische Gesichtspunkte oder die Verbesserung der Lebensqualität geht. Auch wenn das Ziel der Ausschlussregelung in Nr. 17.1 j) in erster Linie darin bestehen wird, Medikamente auszuschließen, die in der Regel nicht medizinisch notwendig sind, sondern eher der Erhöhung der Lebensqualität (life style) dienen (so die Begründung im GKV-Modernisierungsgesetz zu der seit 1. Januar 2004 geltenden entsprechenden gesetzlichen Regelung), ist dem Wortlaut der Bestimmung keine solche Einschränkung zu entnehmen. Vielmehr sind mit der Formulierung alle Arzneimittel angesprochen, die der Regulierung des Körpergewichts dienen.

26

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sind die Regelungen der AMR in der hier maßgebenden zuletzt am 3. August 1998 geänderten und am 30. September 1998 in Kraft getretenen Fassung jedoch unwirksam, soweit sie den generellen Ausschluss von Abmagerungsmitteln und Appetitzüglern von der Verordnung durch den Arzt vorsehen, weil es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt und der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen insbesondere nicht dazu ermächtigt ist, unwirtschaftliche Arzneimittel von der Versorgung auszuschließen.

27

Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 30. September 1999 (B 8 KN 9/98 KR R - BSGE 85, 36 = SozR 3-2500 § 27 Nr. 11) zu § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V in der Fassung vor der Änderung durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG vom 14. November 2003, BGBl. I 2190) entschieden hat, bezieht sich die dort enthaltene Ermächtigung nur auf den Erlass von Vorschriften zur Sicherung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung. Sie gibt dem Bundesausschuss nicht die Befugnis, selbst Inhalt und Grenzen des Arzneimittelbegriffs festzulegen.

28

In dem Ausschluss von Medikamenten, die der Gewichtsreduzierung dienen, liegt eine unzulässige Einschränkung des Krankheitsbegriffs oder jedenfalls des Anspruchs auf Krankenbehandlung. Zwar ist auch in der medizinischen Wissenschaft umstritten, ob der Adipositas als solcher Krankheitswert zukommt. Einigkeit besteht aber darüber, dass bei starkem Übergewicht (im allgemeinen ab einem BMI von wenigstens 30) eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich ist, weil anderenfalls ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen besteht (BSG, Urteil vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - BSGE 90, 289 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 1). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob das erhöhte Körpergewicht selbst als Krankheit anzusehen ist oder ob darin nur ein Risikofaktor für das Auftreten anderer schwererwiegender Erkrankungen gesehen wird. Jedenfalls besteht eine Therapieindikation (BSG, a.a.O.). Die Leistungspflicht der Krankenversicherung kann auch nicht mit der Erwägung verneint werden, dass Ursache für das Übergewicht das krankhafte Essverhalten der Patienten und nicht eine medikamentös zu behandelnde Funktionsstörung ist. Vom Leistungsanspruch in der Krankenversicherung sind auch mittelbare Therapien umfasst, wenn sie ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind, sowie dem allgemein anerkannten Stand wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen. Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung zur Behandlung von Übergewicht durch die Applikation eines Magenbandes (BSG, Urteil vom 19. Februar 2003, a.a.O.) ausgeführt hat, sind unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer chirurgischen Behandlung zunächst Behandlungsalternativen unter anderem in Gestalt einer medikamentösen Therapie zu prüfen.

29

Danach ist eine Regelung in den AMR wie die vorliegende, die dahin zu verstehen ist, dass Arzneimittel, die dem Ziel der Gewichtsreduzierung dienen, umfassend von der Verordnungsfähigkeit ausgeschlossen sind, von der Ermächtigungsgrundlage in § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V nicht gedeckt. Dieses Ergebnis wird durch die mit dem GKV-Modernisierungsgesetz zum 1. Januar 2004 in Kraft getretene Änderung des § 92 SGB V bestätigt. Darin ist jetzt ausdrücklich geregelt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auch die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen kann, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind. Weil die dahingehende Ermächtigung in der hier maßgebenden Fassung des § 92 SGB V vor der Änderung durch das GKV-Modernisierungsgesetz noch nicht enthalten war, sind Regelungen in den AMR, die die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, als unwirksam anzusehen (vgl. zum Ausschluss von Viagra: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Januar 2003 - L 16 KR 7/02 -, Breithaupt 2003, 485; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. August 2003 - L 4 KR 24/02 -, veröffentlicht in JURIS, anhängig beim BSG, Az. B 1 KR 25/03 R).

30

Dass der Bundesausschuss nicht ermächtigt ist, unwirtschaftliche Arzneimittel aus der Krankenversicherung auszuschließen, folgt auch daraus, dass der Gesetzgeber eine solche Entscheidung in § 34 Abs. 3 SGB V (in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 20. Dezember 1991, BGBl. I 2325) ausdrücklich dem Verordnungsgeber vorbehalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 1999 - B 1 KR 9/97 R - BSGE 85, 132 = SozR 3-2500 § 27 Nr. 12; BSG, Urteil vom 19. März 2002 - B 1 KR 36/00 R = SozR 3-2500 § 138 Nr. 2). Zwar ist der Gesetzgeber möglicherweise nicht gehindert, miteinander konkurrierende Rechtssetzungsbefugnisse von Verordnungs- und Richtliniengeber zu begründen und es der Verwaltung bzw. den Gerichten zu überlassen, etwaige Normwidersprüche durch Auslegung zu ermitteln und nach dem Grundsatz des Vorrangs der höherrangigen Rechtsnorm zu lösen. Ob und in welcher Form ein solches Nebeneinander von Regelungszuständigkeiten bestehen soll, muss aber im Gesetz klar zum Ausdruck kommen. Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen muss erkennbar sein, ob der Richtliniengeber für die betreffende Sachmaterie überhaupt zuständig sein soll und wenn ja, ob er neben dem Verordnungsgeber eigene, ergänzende Vorschriften erlassen oder seine Kompetenz nur in Anspruch nehmen darf, solange der Verordnungsgeber selbst von seiner Regelungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht hat. Eine entsprechende Regelung hat der Gesetzgeber erst mit dem GKV-Modernisierungsgesetz m.W.v. 1. Januar 2004 in § 34 Abs. 1 SGB V vorgesehen. Dagegen enthält die im vorliegenden Fall maßgebende Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch keine Bestimmungen, die das Verhältnis der Verordnungsermächtigung in § 34 Abs. 3 SGB V zu der Ermächtigung des Bundesausschusses in § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V regeln.

31

Dass der Bundesausschuss nicht ermächtigt ist, Regelungen zu treffen, für die der Gesetzgeber in § 34 Abs. 3 SGB V den Erlass einer Rechtsverordnung vorgesehen hat, wird auch durch die Entstehungsgeschichte des § 34 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestätigt. Ursprünglich hatte die Bundesregierung in § 34 Abs. 4 Satz 1 SGB V des Gesetzentwurfs zur Strukturreform im Gesundheitswesen vorgesehen, dass der Bundesausschuss in Richtlinien über die Arzneimittelverordnung bestimmt, welche Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, weil sie dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht entsprechen (BT-Drucks. 11/2237, S. 19). Damit sollte also ursprünglich der Bundesausschuss ermächtigt werden, unwirtschaftliche Arzneimittel aus der Krankenversicherung auszunehmen. § 34 Abs. 4 SGB V des Entwurfs ist jedoch nicht Gesetz geworden. Vielmehr ist durch die am 1. Januar 1989 in Kraft getretene Vorschrift des § 34 Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht der Bundesausschuss, sondern der Bundesminister für Arbeit- und Sozialordnung ermächtigt worden, nach § 31 SGB V unwirtschaftliche Arzneimittel auszuschließen. Das zeigt, dass eine entsprechende Verwerfungskompetenz dem Bundesausschuss nicht zukommen sollte (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; LSG Niedersachsen, a.a.O.).

32

Nach allem kann festgestellt werden, dass die Verordnung des Arzneimittels Xenical nicht gegen wirksame Regelungen der AMR verstößt. Die Verordnung von Xenical ist auch nicht durch § 34 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ausgeschlossen. Xenical gehört nicht zu den nach § 34 Abs. 1 SGB V ausgeschlossenen Arzneien zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten u. a., und Xenical fällt auch nicht unter die Arzneimittel, die nach der aufgrund von § 34 Abs. 3 SGB V erlassenen Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Insbesondere handelt es sich bei Xenical nicht um ein unwirtschaftliches Arzneimittel mit nicht nachgewiesenem therapeutischen Nutzen im Sinne von § 3 der Verordnung; der arzneilich wirksame Bestandteil Orlistat ist in der Anlage 2 der Verordnung nicht enthalten.

33

Der mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Regress kann auch nicht damit begründet werden, dass für die Verordnung von Xenical aus anderen Gründen keine Leistungspflicht der Krankenversicherung bestehe. Allerdings umfasst die Zuständigkeit des Beklagten nicht nur die Feststellung von Schäden bei Verstößen gegen Verordnungsausschlüsse, die ausdrücklich im Gesetz, in den Arzneimittelrichtlinien oder in der Rechtsverordnung zu § 34 Abs. 3 SGB V geregelt sind. Es besteht eine umfassende Zuständigkeit der Gremien der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Verstößen, die damit begründet werden, dass der Vertragsarzt Medikamente verordnet hat, für die die gesetzliche Krankenkasse nicht leistungspflichtig ist (BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 52).

34

Die Verordnung des Medikaments Xenical an die beiden Patienten des Klägers war von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst. Wie oben dargelegt, besteht in der Medizin Einigkeit darüber, dass bei starkem Übergewicht (im allgemeinen ab einem BMI von wenigstens 30) eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich ist. Dass das Medikament Xenical nicht unmittelbar an der Behandlung einer dem Übergewicht möglicherweise zugrundeliegenden seelischen Störung oder eines krankhaften Essverhaltens ansetzt, steht der Leistungspflicht der Krankenversicherung nicht entgegen; auch mittelbare Therapien werden vom Leistungsanspruch umfasst, wenn sie ansonsten die in § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V geregelten Anforderungen erfüllen, also ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind sowie dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen (vgl. zum Magenband: BSG, Urteil vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - BSGE 90, 289 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 1).

35

Der Regelung in den Arzneimittelrichtlinien über den Ausschluss von Abmagerungsmitteln und Appetitzüglern kann kein Hinweis darauf entnommen werden, dass diese Medikamente unter medizinischen Gesichtspunkten generell nicht zur Krankenbehandlung erforderlich oder nicht geeignet wären. Hintergrund des Ausschlusses dürfte vielmehr die auch im Zusammenhang mit dem Ausschluss von Arzneimitteln zur Behandlung von erektiler Dysfunktion geäußerte Befürchtung sein, dass diese Arzneimittel nicht zum Zwecke der Krankenbehandlung, sondern als sog. Life-style Arzneimittel verordnet werden könnten. Dafür spricht, dass Xenical in der Anlage 8 der Arzneimittelrichtlinien in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 2004 (BAnz. Nr. 77, S. 8905) unter dieser Überschrift geführt wird. In die gleiche Richtung weist die Begründung zum gesetzlichen Ausschluss von Abmagerungsmitteln von der Verordnungsfähigkeit in dem Entwurf des GKV-Modernisierungsgesetz (BT-Drucks. 15/1525 zu Nr. 22 a) cc)): Danach handelt es sich u.a. bei Abmagerungsmitteln um "Arzneimittel zur Anwendung bei kosmetischen Befunden, deren Behandlung in der Regel nicht medizinisch notwendig ist" und um "Arzneien zur Erhöhung der Lebensqualität". Allerdings bestehen im Hinblick auf die vom Kläger dargestellte - mit den Angaben in der Packungsbeilage übereinstimmende - Wirkungsweise (Unannehmlichkeiten und Beschwerden bei zu fettreicher Ernährung) keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Befürchtung bezogen auf Xenical begründet sein könnte. Im übrigen hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung zur Behandlung mittels Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie (SKAT - BSG, Urteil vom 30. September 1999, a.a.O.) offengelassen, ob solche Erwägungen unter Zugrundelegung des hier maßgebenden Rechts (vor der Änderung durch das GKV-Modernisierungsgesetz) überhaupt geeignet wären, eine Leistungspflicht der Krankenversicherung zu verneinen.

36

Im vorliegenden Fall ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass es - anders als bei der Verordnung von SKAT zur Behandlung einer erektilen Dysfunktion - um die Versorgung mit einem für die vorgesehene Verwendung zugelassenen Arzneimittel geht. Damit stellen sich die unter dem Stichwort "Off-Label-Use" in Rechtsprechung und Literatur diskutierten Fragen im vorliegenden Fall nicht: Xenical ist ein Arzneimittel speziell zur Behandlung von Übergewicht. Als Anwendungsgebiet wird in der bei der European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA) niedergelegten "Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels" ausgeführt, dass Xenical in Verbindung mit einer leicht hypokalorischen Kost zur Behandlung von adipösen Patienten mit einem BMI von ³ 30 kg/m² oder von übergewichtigen Patienten mit einem BMI von ³ 28 kg/m² mit begleitenden Risikofaktoren angezeigt ist. Nach dem Vorbringen des Klägers waren diese Voraussetzungen bei beiden behandelten Patienten erfüllt. Der Senat hat keine Bedenken, der Entscheidung diese Angaben des Klägers zu Grunde zu legen. Sie sind auch von den anderen Beteiligten nicht in Zweifel gezogen worden.

37

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Zulassung eines Medikaments im Grundsatz Mindestvoraussetzung für eine wirtschaftliche Verordnungsfähigkeit (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 5. März 1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085 = Breith. 1997, 764; BSG, Urteil vom 23. Juli 1998 - B 1 KR 19/96 R - BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5). Die Frage, ob aus der Zulassung eines Arzneimittels nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) umgekehrt gefolgert werden kann, dass die Verordnung des Arzneimittels innerhalb seines Anwendungsbereichs auch den im SGB V geregelten Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit entspricht, ist dagegen in der Rechtsprechung bisher nicht abschließend geklärt (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 1998, a.a.O.). Der Senat geht davon aus, dass in der Zulassung eines Arzneimittels zumindest ein Indiz dafür gesehen werden muss, dass die Verordnung in einem Anwendungsgebiet, auf das sich die Zulassung erstreckt, auch wirtschaftlich ist. Denn der Zweck des AMG besteht auch darin, für die Wirksamkeit der Arzneimittel zu sorgen (§ 1 AMG). Gem. gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 3 AMG darf die Zulassungsbehörde die Zulassung versagen, wenn dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist. Vor diesem Hintergrund können die Einwände des Beklagten sowie des Beigeladenen, die sich gegen die Wirksamkeit des Medikaments richten, nicht überzeugen. Die Wirksamkeit des Medikaments ist im Rahmen des Zulassungsverfahrens geprüft worden. Es kann nicht Aufgabe des Gerichts sein, diese aufwändigen medizinischen Untersuchungen einer erneuten Überprüfung zu unterziehen. Nach den vorliegenden Daten zur Effektivität der Therapie beträgt die Differenz des durchschnittlichen Gewichtsverlusts nach einem Jahr Behandlungsdauer 3,9 kg bei Anwendung von Orlistat gegenüber Placebobehandlung und zusätzlicher hypokalorischer Diät (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Arzneimittel-Schnellinformation im Internet, Stand: 3. November 2004 unter Bezug auf Sjöström, L. et al., The Lancet 1998, 352). Damit entspricht die Wirkung möglicherweise nicht den Erwartungen von Patienten mit Adipositas. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich um Durchschnittswerte handelt und dass das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 19. Februar 2003 (a.a.O.) zur Leistungspflicht der Krankenkasse für die operative Applikation eines Magenbandes ausdrücklich gefordert hat, dass vor einem chirurgischen Eingriff mit dem Ziel der Gewichtsreduktion zunächst zu prüfen ist, ob eine solche vollstationäre chirurgische Behandlung auch unter Berücksichtigung von Behandlungsalternativen, zu denen das Bundessozialgericht ausdrücklich die medikamentöse Therapie gezählt hat, notwendig und wirtschaftlich ist. Vor diesem Hintergrund kann der Versuch einer medikamentösen Therapie des Übergewichts mit einem genau für diese Indikation zugelassenen Arzneimittel nach Auffassung des Senats nicht als unwirtschaftlich angesehen werden, wenn es - wie im vorliegenden Fall - auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine kostengünstigere medikamentöse Behandlung oder eine andere kostengünstigere oder effektivere Behandlungsweise zur Verfügung stünde. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass vorangegangene Versuche der Behandlung des Übergewichts der Patienten über Jahre hinweg erfolglos geblieben sind und dass die Möglichkeiten der Gewichtsreduktion mittels Bewegungstherapie zudem bezogen auf einen der beiden behandelten Patienten wegen der Behinderung eingeschränkt waren. Die Richtigkeit dieser Angaben des Klägers ist auch von den anderen Beteiligten nicht in Zweifel gezogen worden.

38

Da die Verordnung des Arzneimittels nach allem nicht unzulässig war, kam es hier auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob angesichts der Komplexität und der ungeklärten Verbindlichkeit einzelner Bestimmungen der AMR ausnahmsweise zu fordern ist, dass vor einem Regress eine Beratung erfolgen muss (vgl. Spellbrink, Wirtschaftlichkeitsprüfung im Kassenarztrecht nach dem Gesundheitsstrukturgesetz, Rdz. 849) nicht an.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung, da die Klage bis zu diesem Tag rechtshängig geworden ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 12/01 R - SozR 3- 2500 § 116 Nr. 24).

40

Der Senat hat die Revision nicht nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, weil sich die für die Entscheidung maßgebenden Rechtsfragen aufgrund der Änderung insbesondere der § 34 Abs. 1, § 92 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz nicht mehr in gleicher Weise stellen werden (vgl. BSG, Beschluss vom 28. November 1975 - 12 BJ 150/75 - SozR 1500 § 160a Nr. 19).


(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Juni 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) im gesamten Verfahren sind erstattungsfähig.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) im gesamten Verfahren sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses für die Quartale IV/99 bis II/00.

2

Die Klinik für Allgemeine Pädiatrie der Klägerin (Universitätsklinikum S.) ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Die Beigeladene zu 1) stellte im August 2000 und November 2000 Anträge auf Prüfung eines besonderen Schadens im Hinblick auf die in den Quartalen IV/99, I/00 und II/00 erfolgte Behandlung der bei ihr versicherten, 1986 geborenen Patientin M. C. mit dem Medikament Granditropin. Dieses enthalte als Wirkstoff gentechnisch hergestelltes Somatropin und sei ein in Deutschland nicht zugelassenes Arzneimittel, welches gemäß § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) für einzelne Patienten eingeführt werden könne. In Deutschland seien mehrere Arzneimittel zugelassen und verfügbar, die ebenfalls gentechnisch hergestelltes Somatropin als Wirkstoff enthielten.

3

Mit Beschlüssen/Bescheiden vom 4. April 2001/27. August 2001 setzte der Prüfungsausschuss nach Anhörung der Klägerin Schadensersatz für die Quartale IV/99 und I/00 in Höhe von 46.427,04 DM und für das Quartal II/00 in Höhe von 17.410,14 DM fest. Er schloss sich in seiner Begründung im Wesentlichen der Antragsbegründung an. Die Frage nach der Qualität und Unbedenklichkeit von Granditropin stelle sich insbesondere, weil das Präparat lediglich in Georgien zugelassen sei, einem Land, in dem die Gleichwertigkeit der an eine Arzneimittelzulassung geknüpften Qualitätsstandards im Vergleich zu den hier geltenden Maßstäben mehr als fraglich erscheine.

4

Mit ihren dagegen jeweils gerichteten Widersprüchen trug die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Entscheidung des Prüfungsausschusses werde der Sach- und Rechtslage nicht gerecht. Es werde vorsorglich gerügt, dass die Beigeladene zu 1) mit ihrem Antrag vom 24. August 2000 (Quartale IV/99 und I/00) die Antragsfrist nach § 12 Abs. 4 Satz 3 der Prüfvereinbarung vom 13. Juni 1995 (im Folgenden: PV) nicht eingehalten habe. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) verstoße die Verordnung des hier streitigen Präparates nicht gegen die Grundsätze, die das BSG in diversen Urteilen zur Verordnungs- und Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln entwickelt habe. Die Entscheidung des BSG vom 30. September 1999 (B 8 KN 9/98 KR R - „SKAT") befasse sich mit dem indikationsfremden Einsatz eines Arzneimittels, um den es hier nicht gehe. Unabhängig davon habe das BSG in seinem Urteil ausdrücklich offen gelassen, ob ein zulassungsüberschreitend eingesetztes Medikament verordnungs- und erstattungsfähig sei. Das Urteil des BSG vom 08. März 1995 (1 RK 8/94 - „Edelfosin“) betreffe einen Fall, in dem das nach dem Arzneimittelgesetz vorgesehene Zulassungsverfahren noch nicht erfolgreich abgeschlossen gewesen sei. Das hier streitige Präparat Granditropin sei indes nach dem AMG nicht zulassungspflichtig. Entgegen der Ansicht des Prüfungsausschusses werde die Verordnung von Granditropin auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass zum Zeitpunkt der Verordnung wirkstoffgleiche, nach dem AMG zugelassene Arzneimittel verfügbar gewesen seien. Denn das etwaige Bestehen einer Versorgungslücke sei kein Tatbestandsmerkmal des § 73 Abs. 3 AMG. Unabhängig davon habe es sich auch bei dem Präparat Norditropin um ein Arzneimittel gehandelt, das bis Ende 1999 als nur in Dänemark zugelassenes Medikament in Deutschland nur nach § 73 Abs. 3 AMG habe eingeführt und verordnet werden dürfen; erst seit Dezember 1999 sei es nach dem AMG anerkannt. Entgegen der Annahme des Prüfungsausschusses werde das Präparat Granditropin nicht in Georgien, sondern in Österreich durch die Firma R. hergestellt. Es sei in Georgien nach dem dortigen nationalen Recht zugelassen. Die nationalen Zulassungsverfahren in Georgien und in Deutschland seien, was die Qualität der Arzneimittelprüfung anbelange, durchaus vergleichbar. Im Übrigen komme es darauf nicht an. In dem Verfahren über die von der Vertreiberfirma zwischenzeitlich bei der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) beantragte europaweite Zulassung von Granditropin seien sowohl die Betriebsstätten in Österreich als auch in Deutschland begutachtet worden und ohne Beanstandung geblieben. Darüber hinaus sei das Präparat vom Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Schwerpunktprobe nach § 65 Abs. 1 AMG geprüft worden; auch hier habe es keine Beanstandungen gegeben. Entgegen der Praxis der Beigeladenen zu 1) werde das Präparat Granditropin von anderen gesetzlichen Krankenkassen ohne weiteres erstattet.

5

Im Rahmen der Anhörung vor dem beklagten Beschwerdeausschuss trug die Klägerin ausweislich des angefochtenen Bescheides ergänzend vor: Die betroffene Patientin leide an einem Ullrich-Turner-Syndrom; sie sei schwer kleinwüchsig. Granditropin solle für das Turner-Syndrom zugelassen werden. Eine Therapiestudie der Firma sei bei Behandlungsbeginn am 28. November 1997 noch offen gewesen. Durch das Einbringen des Kindes in die Studie seien der Gesetzlichen Krankenversicherung Kosten für 2 Jahre in Höhe von 160.000 DM erspart worden. Es sei deshalb selbstverständlich gewesen, nach Auslaufen der Studie am 16. November 1999 die Präparate der Herstellerfirma, die die Studie finanziert habe, weiter zu verordnen und nicht die zugelassenen deutschen Präparate alternativ einzusetzen. Es gebe zwar 5 Präparate, die für die Behandlung des Turner-Syndroms zugelassen seien, aber die Zulassung des 6. Präparates würde die Kosten aller Präparate senken. Eine entsprechende Norditropin-Simplexx-Verordnung wäre zwar günstiger gewesen, da aber die Therapie zweifellos indiziert gewesen sei, seien lediglich die entstandenen Mehrkosten in Rechnung zu stellen. Die Patientin habe durch die Therapie die untere Wachstumsgrenze erreicht. Ohne Therapie hätte lediglich eine Körpergröße von 1,30 cm bis 1,40 cm erreicht werden können.

6

Der beklagte Beschwerdeausschuss wies die Widersprüche durch Beschluss/Bescheid vom 5. Juni 2002/29. Oktober 2002 zurück. Die Behandlung sei nach Darstellung der Anamnese erforderlich gewesen, jedoch hätte die Behandlung des Turner-Syndroms zu Kassenlasten mit hierfür zugelassenen Medikamenten erfolgen müssen. Die vom BSG für den Off-Label-Use aufgestellten Kriterien könnten hier nicht greifen. Danach müssten zur Behandlung einer Erkrankung mit einem hierfür nicht zugelassenen Medikament mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen müsse - wie im vorliegenden Fall - eine lebensbedrohende oder nachhaltig lebensverändernde Erkrankung vorliegen. Dann müsse die Datenlage erkennen lassen, dass das verwendete Präparat sich zumindest in der Phase 3 der Studie befinde oder das Präparat müsse zur Zulassung für die therapierte Indikation anstehen. Dieser Sachverhalt liege nach Aussage des Herrn Prof. Dr. Sa. hier vor. Dennoch hätte die Klinik für Pädiatrie das Präparat Granditropin nicht zu Kassenlasten verordnen dürfen, da es in Deutschland nicht zugelassen gewesen sei. Zur Behandlung des Turner-Syndroms hätten zugelassene Präparate zur Verfügung gestanden. Damit sei die weitere vom BSG für die Zulässigkeit eines Off-Label-Use angenommene Voraussetzung, nämlich das Nichtvorhandensein für die Behandlung der jeweiligen Erkrankung zugelassener Präparate, in diesem Fall eindeutig nicht erfüllt. Es sei eindeutig zu erkennen, dass Herr Prof. Dr. Sa. das Präparat nur aus Gefälligkeit gegenüber der Pharmafirma weiter verordnet habe, da diese die Patientin im Rahmen einer Studie über zwei Jahre kostenlos mit dem Präparat versorgt habe. Aufgrund der Tatsache, dass hier ein nicht zugelassenes Präparat verordnet worden sei und Behandlungsalternativen in Form von zugelassenen Präparaten möglich gewesen wären, komme er nicht umhin, die Widersprüche zurückzuweisen.

7

Hiergegen hat die Klägerin am 26. November 2002 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Entgegen der Auffassung des Beklagten gehe es hier nicht um einen sog. „Off-Label-Use“. Im Gegenteil handele es sich bei dem Medikament Granditropin um ein damals nach § 73 Abs. 3 AMG in Deutschland zulässig eingesetztes Medikament. Damit seien die angefochtenen Entscheidungen schon wegen fehlerhafter Begründung abzuändern und die beiden Beschlüsse des Prüfungsausschusses aufzuheben. Auch der Sache nach sei eine die Festsetzung des Schadensersatzes rechtfertigende unwirtschaftliche Behandlung nicht gegeben. Eine gleich wirksame Medikation mit einem in Deutschland zugelassenen Medikament wäre im vorliegenden Fall nur zu höheren Kosten möglich gewesen. Angesichts des Umstandes, dass die Patientin bereits seit längerem mit dem Medikament Granditropin behandelt worden sei, habe es den Regeln ärztlicher Kunst entsprochen, die Therapie mit diesem Medikament fortzusetzen, um den Therapieerfolg nicht zu gefährden, da bei einer Langzeittherapie jeder Wechsel schädlich für die Compliance sei. Der Einsatz eines nach § 73 Abs. 3 AMG verordneten Medikaments könne nicht zur Unwirtschaftlichkeit der Verordnung führen. Schon aus den Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG folge eine genauso intensive Wirksamkeitsgewähr wie aus der deutschen Arzneimittelzulassung. § 73 Abs. 3 AMG setze nämlich u.a. voraus, dass das Medikament aus einem Staat eingeführt werde, in dem es in den Verkehr gebracht werden dürfe. Weder bestünden Erkenntnisse noch sei die Annahme gerechtfertigt, dass ein in einem anderen Staat zugelassenes Medikament einer weniger intensiven Wirksamkeitskontrolle unterzogen worden sei als in Deutschland. Dies gelte insbesondere im vorliegenden Fall, in dem der Wirkstoff für das Medikament in Deutschland (Baden-Württemberg) entwickelt worden sei. Außerdem sei mit der Zulassung bis Ende des Jahres zu rechnen. Hinzu komme im konkreten Einzelfall, dass das Medikament Granditropin zur Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms und der damit verbundenen massiven Kleinwüchsigkeit sehr wohl geeignet sei. Dies habe gerade die Behandlung der Patientin M.C. bewiesen. Darüber hinaus liege auch im Ergebnis keine unwirtschaftliche Verordnungsweise vor. Unstreitig dürfte sein, dass die Patientin wegen ihrer Kleinwüchsigkeit habe behandelt werden müssen. Wäre die Behandlung nicht mit dem tatsächlich eingesetzten Medikament Granditropin erfolgt, hätte stattdessen ein anderes Medikament eingesetzt werden müssen. Beispielsweise habe das Medikament Zomacton im Jahr 2000 124,96 DM/mg gekostet, das Medikament Granditropin dagegen lediglich 109,61 DM/mg. Im Regress würden als Verbrauch der Patientin M. C. 582 mg angegeben. Hieraus errechne sich eine Ersparnis bei Einsatz des Medikamentes Granditropin in Höhe von 582 mg x 15,35 DM = 8.933,70 DM. Unberücksichtigt bleibe bei dieser Berechnung die eventuelle Notwendigkeit einer Verlängerung der Behandlung aufgrund von Problemen bei der Medikamentenumstellung. Von einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise könne daher nicht ansatzweise die Rede sein.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 29. Oktober 2002 aufzuheben.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Beigeladene zu 1) hat sich der Begründung des angefochtenen Bescheides angeschlossen und sich zudem auf die Urteile des BSG vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - sowie des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2003 - L 5 KR 53/03 - bezogen. Beide Urteile stützten ihre Auffassung, wonach die Verordnung des Medikaments Granditropin nicht unter die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung falle, da das Präparat in Deutschland nicht zugelassen sei.

13

Die Beigeladene zu 2) hat sich nicht zur Sache geäußert.

14

Das Sozialgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 8. Juni 2004 durch Urteil vom selben Tage der Klage stattgegeben. In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Ein sonstiger Schaden im Sinne von § 106 SGB V i.V.m. § 48 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 12 Abs. 3 der PV vom 15. Mai 1995 liege hier nicht vor. Nach § 12 Abs. 3 PV entscheide der Prüfungsausschuss auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen seien (hierunter fielen auch Verordnungen, die gegen die Arzneimittel-Richtlinien verstießen) oder fehlerhafte Ausstellung von Bescheinigungen. Die Feststellung eines Schadensersatzes nach § 12 Abs. 3 PV setze materiell-rechtlich voraus die Verordnung von ausgeschlossenen Leistungen (1.), die Unzulässigkeit der Verordnung (2.) - hiermit sei nach Auffassung der Kammer die schuldhafte Begehung (also zumindest Fahrlässigkeit) gemeint - sowie (3.) einen hieraus der Krankenkasse entstandenen Schaden. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Die Verordnung des Medikaments Granditropin gehöre nicht grundsätzlich zu den aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossenen Leistungen. Versicherte hätten nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse nach Satz 2 Ziffer 3 grundsätzlich auch die Versorgung mit Arzneimitteln. Dieser Grundsatz erfahre seine Konkretisierung in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach der Anspruch bestehe auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen seien. Bei dem Medikament Granditropin handele es sich um ein grundsätzlich apothekenpflichtiges Arzneimittel. Nicht im Gesetz geregelt sei die Frage, ob ein Arzneimittel schon dann als Arzneimittel gelte, wenn es auf dem Markt sei oder erst dann, wenn es nach dem AMG zugelassen sei. Diese Frage sei indes jedenfalls seit den Urteilen des BSG vom 30. September 1999 - B 8 KN 9/98 - KR R (SKAT-Entscheidung) und 19. März 2002 - B 1 KR 37/00 R (Sandoglobulin-Entscheidung) dahingehend zu beantworten, dass als Arzneimittel grundsätzlich nur ein nach dem AMG zugelassenes Medikament anzusehen sei. Das Medikament Granditropin sei zur Zeit der Verordnungen grundsätzlich zugelassen gewesen, allerdings nicht in Deutschland, sondern nur in Georgien. Diese Zulassung außerhalb Deutschlands stehe indes einer Verordnungsfähigkeit nicht immer entgegen. Grundsätzlich dürften zulassungspflichtige Arzneimittel nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG nach Deutschland nur importiert werden, wenn sie hier auch zugelassen seien. Allerdings mache Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift von diesem Grundsatz eine Ausnahme. Danach dürften abweichend von Abs. 1 Satz 1 AMG nicht in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel nach Deutschland importiert werden, wenn sie in dem Land, aus dem sie importiert würden, zugelassen und von Apotheken bestellt seien. Weitere Voraussetzung nach Satz 2 sei, dass solche Arzneimittel nur in geringen Mengen und auf besondere Bestellung einzelner Personen bezogen würden und nur im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes abgegeben würden sowie, soweit es sich nicht um Arzneimittel aus Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum handele, nur auf ärztliche Verschreibung bezogen würden. Dass die Ausnahmevoraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG hier vorlägen, sei zwischen den Beteiligten nicht streitig. Soweit der Beklagte allerdings darauf abstelle, dass gleichwohl ein Import nicht habe stattfinden dürfen, da es in Deutschland zugelassene Alternativmedikamente gebe, gehe diese Ansicht fehl. Die "Notwendigkeit des Imports" sei kein Tatbestandsmerkmal des § 73 Abs. 3 AMG. Die Zulässigkeit des Imports eines Arzneimittels nach den Vorschriften des AMG sage zunächst nichts über die Verordnungsfähigkeit auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Zum Verhältnis des AMG zum SGB V habe sich das BSG in seiner Sandoglobulin-Entscheidung allerdings dahingehend geäußert, dass bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung davon ausgegangen werden könne, dass damit zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt seien. Unbeschadet der unterschiedlichen Zielsetzung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht rechtfertige dies die Vorgreiflichkeit der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Anwendung eines Medikaments im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Aus diesen grundsätzlichen Erwägungen sei abzuleiten, dass das AMG nicht nur in seinen Grundsätzen, sondern auch in dem Ausnahmefall des § 73 Abs. 3 Anwendung finde. Im Rahmen des § 73 Abs. 3 AMG seien daher Verordnungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zulässig. Wenn die Verordnung des Medikaments Granditropin in diesem Ausnahmefall zulässig gewesen sei, könne ein Verschulden nicht vorliegen. Schließlich lasse der Bescheid auch Ausführungen zum konkreten Schaden vermissen. Die AOK Hamburg habe die Kosten für Medikamente zwei Jahre lang gespart. Hier hätte eine Gegenrechnung erfolgen müssen, welche Kosten entstanden wären, wenn die Patientin über den kompletten Behandlungszeitraum mit einem zugelassenen Medikament behandelt worden wäre.

15

Gegen das ihr am 5. Juli 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. August 2004 eingelegte Berufung der Beigeladenen zu 1), die zur Begründung im Wesentlichen vorträgt: Das Sozialgericht führe zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen die Urteile des BSG vom 30. September 1999 - B 8 KN 9/98 KR R - und vom 19. März 2002 - B 1 KR 37/00 R - an. Diese zum „Off-Label-Use“ ergangenen Urteile schlössen bei Vorliegen einer deutschen arzneimittelrechtlichen Zulassung auch auf die Erfüllung der Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Hier liege weder eine deutsche Zulassung für Granditropin vor, noch sei ein „Off-Label-Use" gegeben. Beide zitierten Entscheidungen seien daher für die Entscheidungsbegründung des Sozialgerichts ungeeignet. Denn bei einem „Off-Label-Use" sei eine Prüfung des Präparates im Inland bereits erfolgt, wenn auch auf einem anderen Anwendungsgebiet. In dem vorliegenden Fall sei hingegen eine nationale Zulassung gerade nicht gegeben, eine Risikoprüfung im Inland folglich nicht erfolgt. Aufgrund einer ausländischen, hier georgischen, arzneimittelrechtlichen Zulassung könne jedoch nicht auf das Vorliegen der Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts geschlossen werden, da ausländische Zulassungskriterien nicht identisch seien mit denen, die bei einem nationalen Zulassungsverfahren geprüft würden. Das Vorliegen einer ausländischen Zulassung sei keine Gewähr für das Vorliegen dieser Standards der wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung. Entgegen der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung werde die Leistungspflicht gesetzlicher Krankenkassen auch nicht durch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG begründet. Sinn und Zweck dieser im Abschnitt „Ein- und Ausfuhr" des AMG stehenden Norm sei es nicht, eine erforderliche nationale Zulassung zu ersetzen. Vielmehr sei sie eine Ausnahmevorschrift, die das In-Verkehr-Bringen von Medikamenten, die keine nationale Zulassung besitzen, unter bestimmten Voraussetzungen von der Strafbarkeit der Einfuhr nach § 96 AMG befreie. Würde allein durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen begründet, ließen sich für die Qualitätssicherung unvermeidbare strenge nationale Zulassungskriterien auf einfachstem Wege durch eine ausländische Zulassung umgehen, sobald andere Zulassungsverfahren abweichende Qualitätsstandards aufwiesen. Dies würde eine Qualitätsminderung und fehlende Risikoprüfung zur Folge haben. Auf die Leistungspflicht gesetzlicher Krankenkassen könne dann nicht mehr geschlossen werden, es müsste in jedem Einzelfall durch ein eigenständiges Verfahren geprüft werden, ob das Medikament mit ausländischer Zulassung den Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entspreche. Auch die in dem angefochtenen Urteil zitierten Entscheidungen unterschieden ausdrücklich, dass die Verordnung eines Medikaments nach legaler Einfuhr zwar zulässig sein könne, unabhängig hiervon jedoch die Leistungspflicht der Krankenkassen beurteilt werden müsse. Danach stehe auch die Therapiefreiheit unter dem Vorbehalt des Leistungsrechts, wobei das Interesse des Beitragszahlers am sinnvollen - im Rahmen des AMG abgesicherten - Einsatz der Mittel höher zu bewerten sei als das Interesse des Erkrankten an medizinischen Versuchen, d.h. an der Verwendung letztlich - nach unserem Rechtssystem - ungesicherter Präparate. In seinem Urteil vom 18. Mai 2004 (B 1 KR 21/02 R) habe das BSG daher auch entschieden, dass für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen eine deutsche oder EU-weite Zulassung Mindestvoraussetzung sei. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Kiel sei ein Schaden im Sinne von § 48 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 12 Abs. 3 der Prüfungsvereinbarung Schleswig-Holstein bereits dann gegeben, wenn zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen verordnet würden, die aus ihrer Leistungspflicht ausgeschlossen seien. Auf ein Verschulden des verordnenden Arztes oder die Kosten für eine Alternativbehandlung komme es nicht an. Zunächst finde sich hierzu in der Prüfungsvereinbarung Schleswig-Holstein keine Grundlage. Auch die bislang zu der „Off-Label-Use"-Problematik ergangenen Urteile des BSG setzten bei Schadensersatzansprüchen nach erfolgter Leistung außerhalb der Leistungspflicht nicht ein Verschulden des behandelnden Arztes voraus. Zudem könne ein Preisvergleich des Medikaments mit ausländischer Zulassung und eines vergleichbaren Medikaments mit deutscher Zulassung nach dem AMG nicht dazu führen, dass sie sich ggf. Kosten für eine Alternativbehandlung entgegenhalten lassen müsse. Denn dann wäre letztlich die Verordnung von Präparaten, denen die erforderliche deutsche Zulassung fehle, immer dann sanktionslos, wenn das Präparat mit ausländischer Zulassung preisgünstiger sei als vergleichbare hier zugelassene Medikamente. Darüber hinaus wäre in diesem Falle auch die mit den bereits erwähnten Risiken verbundene Umgehung des nationalen Zulassungsverfahrens gleichsam „durch die Hintertür" möglich; dies könne nicht richtig sein.

16

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

17

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 08. Juni 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

18

Der Beklagte schließt sich dem Antrag und dem Vorbringen der Beigeladenen zu 1) an.

19

Die Klägerin beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Nicht das AMG, sondern die § 2 Abs. 1 S. 3 und 12 Abs. 1 SGB V bestimmten die inhaltlichen Grenzen für die Leistungspflicht der Krankenkassen. Diese Grenzziehung falle für nach dem AMG zugelassene Arzneimittel deshalb leicht, weil im Rahmen der Zulassungsprüfung ebenfalls der Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments zu erbringen sei. Der Zulassung komme damit insoweit eine Indizwirkung zu. Für (noch) nicht zugelassene Medikamente sei hingegen die Frage der Leistungspflicht der Krankenkassen im Hinblick auf Qualität und Wirksamkeit des Medikaments für den jeweiligen Einzelfall gesondert zu überprüfen. Jedoch könne selbstverständlich auch der auf der Grundlage des § 73 Abs. 3 AMG erfolgende Einsatz eines (noch) nicht zugelassenen Arzneimittels die Kriterien der §§ 2 Abs. 1 S. 3 und 12 Abs. 1 SGB V erfüllen und damit die Leistungspflicht der Krankenkassen auslösen. Grundlage für die - nötigenfalls nachträglich durch das angerufene Gericht - vorzunehmende Überprüfung könnten dabei insbesondere die im Zusammenhang mit dem Einsatz des Medikaments erarbeiteten Studienergebnisse oder im Ausland durchgeführte Arzneimittelprüfungen sein. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 18. Mai 2004 (B 1 KR 21/02 R) sowie vom 19. Oktober 2004 (B 1 KR 27/02 R) stünden dem nicht entgegen. In dem Urteil vom 18. Mai 2004 verweise das Gericht vielmehr ebenfalls darauf, dass es zu Qualität und Wirkungsweise eines Arzneimittels zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben müsse, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt sei. Die folgenden Ausführungen des BSG könnten, gerade auch angesichts seiner früheren Entscheidungen, so verstanden werden, dass bei nicht zugelassenen Medikamenten der Nachweis im Sinne der §§ 2 Abs. 1 S. 3 und 12 Abs. 1 SGB V grundsätzlich möglich sei, es sei denn, ein Zulassungsantrag des Herstellers sei bereits abschlägig beschieden worden. Darauf, ob diese Entscheidung bestandskräftig geworden sei, solle es nicht ankommen. Die Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit des Medikaments Granditropin sei in mehreren klinischen Phase-III-Studien mit über 1000 Patienten in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und Georgien nachgewiesen, und die Ergebnisse der klinischen Studien seien veröffentlicht worden. Eine Publikationsliste sei als Anlage beigefügt. Die Erteilung der bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) im zentralen Zulassungsverfahren beantragten EU-weiten arzneimittelrechtlichen Zulassung durch die Europäische Kommission werde für September 2005 erwartet. Darüber hinaus lägen zwischenzeitlich bereits arzneimittelrechtliche Zulassungen für Granditropin in den Staaten Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Kasachstan vor. Im Fall der Patientin M. C. lägen jedenfalls auch die vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 19. Oktober 2004 wieder aufgegriffenen Kriterien eines Ausnahmefalls vor. Die Ausführungen des Beklagten zu der Frage des Vorliegens eines kausalen Schadens i.S.d. § 12 Abs. 3 der Gemeinsamen Prüfvereinbarung seien unrichtig. Die betreffende Bestimmung der Prüfvereinbarung regele nicht „Sanktionen“ im Sinne einer Geldstrafe für eine unzulässige Verordnung von Leistungen, sondern einen Schadensersatzanspruch. Dies setze aber voraus, dass durch die Verordnung der jeweils im Streit stehenden Leistung der Krankenkasse tatsächlich ein Schaden entstanden sei. Nach der sog. Differenzhypothese seien ersparte Aufwendungen bei der Berechnung des Schadens im Wege der Vorteilsausgleichung grundsätzlich anzurechnen (unter Hinweis auf Palandt-Heinrichs, 62. Aufl. 2003, Vorb. v. § 249, Rdn. 141). Zur weiteren Begründung bezieht sich die Klägerin auf eine „gutachterliche Stellungnahme zur Erstattungsfähigkeit von Granditropin durch die gesetzliche Krankenversicherung....“ der Rechtsanwälte Frehse und Mack, Münster, aus April 2005 (Bl.100-104 GA).

22

Die Beigeladene zu 1) erwidert darauf im Wesentlichen: Eine „notstandsähnliche Situation“, wie sie der von der Klägerin zitierten Entscheidung zu Visudyne (Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R -) zugrunde liege, habe hier nicht bestanden. Zum Zeitpunkt der Behandlung seien in Deutschland andere Medikamente zur Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms zugelassen gewesen. Es handele sich bei dieser Erkrankung auch nicht um eine derart seltene Erkrankung, dass eine Erforschung aus Gründen der Singularität ausscheide. An dem Ergebnis änderten auch die von der Klägerin angegebenen Phase-III-Studien nichts. Das BSG führe in der Entscheidung zu Visudyne aus, dass der Qualitätsnachweis bereits im Zeitpunkt der Behandlung vorliegen müsse. Die von der Klägerin angegebenen Veröffentlichungen datierten aus den Jahren 2002 und später, das Schreiben der EMEA sogar erst aus dem Jahre 2004; die Behandlung sei aber bereits in den Jahren 1999 und 2000 durchgeführt worden, so dass diese Studien jedenfalls keinen Qualitätsnachweis erbringen könnten. Es liege auch ein sonstiger Schaden gemäß § 12 Nr. 3 der Prüfvereinbarung vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Regelungen des Zivilrechts nicht anwendbar. Das BSG habe in dem Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R - zu der schleswig-holsteinischen Prüfvereinbarung - klargestellt, dass es für die Festsetzung eines Regresses wegen Verstoßes gegen die AMR bzw. wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nicht auf ein Verschulden des Arztes ankomme. Der „Schaden", der durch einen Verordnungsregress auszugleichen sei, entspreche nach Auffassung des BSG demjenigen, der durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise i.S.d. § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V verursacht werde. Nach den Regelungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung könnten zu Gunsten der Klägerin allenfalls kompensatorische Einsparungen berücksichtigt werden. Dies setze aber voraus, dass zwischen dem Mehraufwand auf der einen und den Kostenüberschreitungen auf der anderen Seite ein kausaler Zusammenhang bestehe. Ein Solcher sei aber nicht gegeben, wenn ein ganz anderes Medikament hätte eingesetzt werden müssen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats am 9. Mai 2006 gewesen sind.

Entscheidungsgründe

24

Die statthafte (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,00 €, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Festsetzung eines Schadensersatzes im Zusammenhang mit der Verordnung des Medikaments Granditropin durch die Klägerin rechtmäßig. Streitgegenstand sind dabei nur der Beschluss/Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2002/29. Oktober 2002, nicht hingegen die Beschlüsse/Bescheide des Prüfungsausschusses (ständige Rechtsprechung; u.a. BSG, Urteil vom 9. März 1994 - 6 RKa 5/92 - BSGE 74, 59).

25

Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die gesetzlich geregelten Prüfungsarten hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Diese Regelung beinhaltet eine Ermächtigungsgrundlage auch für Regresse wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 52). Entsprechend ist in § 12 Abs. 3 der von den Partnern der Gesamtverträge Schleswig-Holstein vereinbarten hier anzuwendenden „Gemeinsame(n) Prüfvereinbarung vertragsärztliche Versorgung“ vom 15. Mai 1995 bestimmt, dass der Prüfungsausschuss auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen entscheidet, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind (hierunter fallen auch Verordnungen, die gegen die Arzneimittel-Richtlinien verstoßen) oder wegen fehlerhafter Ausstellung von Bescheinigungen.

26

Die Beigeladene zu 1) hat die Anträge auf Prüfung jeweils innerhalb der in § 12 Abs. 4 PV geregelten Frist von neun Monaten nach Eingang der Überweisungsscheine gestellt. Für den auf das Quartal II/00 bezogenen Antrag, der im November 2000 einging, ergibt sich dies ohne jegliche weitere Prüfung daraus, dass die Frist von neun Monaten auch für evtl. vor Ablauf des Quartals eingereichte Überweisungsscheine nicht vor April 2000 begonnen haben kann. Gleiches gilt für das Quartal I/00 bezogen auf den im August 2000 eingegangenen Antrag. Hinsichtlich des Quartals IV/99 könnte etwas anderes nur dann gelten, wenn Überweisungsscheine für dieses Quartal bereits vor dem 29. November 1999 (Eingang des Antrages 28. August 2000) eingegangen wären. Hiervon ist jedoch nach der üblichen Abrechnungspraxis nicht auszugehen. Die Klägerin hatte die Einhaltung der Frist auch lediglich pauschal in Zweifel gezogen, ohne jedoch konkrete dagegen sprechende Umstände vorzutragen.

27

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 12 Abs. 3 PV liegen vor, weil es sich bei dem Medikament Granditropin bezogen auf die streitigen Quartale um eine aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossene Leistung handelte.

28

Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bezogen auf die Versorgung mit Arzneimitteln ergibt sich aus § 27 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB V. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 3 der Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln. Der Umfang der Versorgung mit Arzneimitteln ist in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S. 1520) bestimmt. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandsmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch des Versicherten unterliegt dabei allerdings den sich aus §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Danach umfasst er nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Bezogen auf die Arzneimitteltherapie bedeutet dies, dass es zu Qualität und Wirkungsweise eines Arzneimittels zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben muss, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG fehlt es deshalb an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Arzneimitteltherapie, wenn das verwendete Mittel nach den Regelungen des Arzneimittelrechts einer Zulassung bedarf und diese Zulassung nicht erteilt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - BSGE 93, 1 mit Nachweisen zur std. Rspr.; Urteil vom 23. Juli 1998 - B 1 KR 19/96 R - BSGE 82, 233).

29

Dass es sich bei Granditropin um ein gemäß § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) i. d. F. durch Gesetz vom 25. Februar 1998 (BGBl. I S. 374) zulassungspflichtiges Arzneimittel handelt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Es handelt sich bei diesem Medikament um ein Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG. Für dieses Medikament lag eine innerstaatlich wirksame Zulassung in den Quartalen IV/99 bis II/00 nicht vor. Weder hatte die zuständige Bundesoberbehörde dafür eine Arzneimittelzulassung erteilt noch hatten die Kommission der EG oder der Rat der EU das In-Verkehr-Bringen des Mittels genehmigt. Der Antrag bei der europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) auf die EU-weite arzneimittelrechtliche Zulassung im zentralen Zulassungsverfahren wurde vielmehr nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin erst im April 2004 gestellt. Abgesehen davon ist aus der ständigen Rechtsprechung des BSG abzuleiten, dass nur die tatsächlich erfolgte Zulassung die Voraussetzungen für die Verordnungsfähigkeit des Medikamentes zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt, nicht hingegen ein noch laufendes Zulassungsverfahren. Entsprechend hat das BSG in dem Urteil vom 19. Oktober 2004 (- B 1 KR 27/02 R - BSGE 93, 236) betreffend das Medikament „Visudyne“ dargelegt, dass nach dem Zeitpunkt der Behandlung eine in Deutschland wirksame Arzneimittelzulassung erteilt worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis; Zulassungs- und zulassungsähnliche Akte, die sich auf die Leistungspflicht der Krankenkassen auswirkten, könnten regelmäßig nur Wirkungen für die Zukunft entfalten. Da Versicherte und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen geschützt werden sollten, würde die nachträgliche Kostenübernahme für eine zum Zeitpunkt der Behandlung noch nicht zweifelsfrei geklärte Therapie auf eine Gefährdung hinauslaufen; es müsse aber schon zum Zeitpunkt der Behandlung geklärt sein, ob die erhofften Vorteile der Therapie die möglicherweise zu befürchtenden Nachteile überwögen. In diesem Zusammenhang hat sich das BSG auf die Rechtsprechung zur Verordnungsfähigkeit bislang nicht anerkannter Mittel und Methoden zu Lasten der Krankenversicherung bezogen (BSG, a.a.O, juris, Rz. 26 mit entsprechenden Nachweisen). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung bedurfte es keiner näheren Ermittlungen, ob für das Medikament Granditropin zwischenzeitlich eine in Deutschland wirksame Arzneimittelzulassung erteilt worden ist.

30

Die zum Zeitpunkt der Behandlung allein erfolgte Zulassung in Georgien entfaltet keine der innerstaatlichen Zulassung entsprechenden Rechtswirkungen. Selbst die nationale Zulassung eines Arzneimittels in einem anderen EU-Mitgliedsstaat entfaltet nicht ohne weiteres Rechtswirkungen in allen anderen Mitgliedsstaaten (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - a.a.O.; vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R - a.a.O.). Da Georgien kein EU-Mitgliedsstaat ist, bedarf es in diesem Zusammenhang keines näheren Eingehens auf die ausführlichen Darlegungen des BSG zu der Frage der Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem EU-Recht unter den Gesichtspunkten der Dienstleistungsfreiheit und der Warenverkehrsfreiheit (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - a.a.O., juris Rz. 18 ff.).

31

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist bezogen auf die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung die in § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG geregelte Einfuhrmöglichkeit eines im Ausland zugelassenen Arzneimittels im Einzelfall nicht mit der innerstaatlichen Zulassung des Medikaments gleichzusetzen. Das BSG hat hierzu in dem Urteil vom 18. Mai 2004 (- B 1 KR 21/02 R - a.a.O; juris, Rz. 17) - für den Senat überzeugend - dargelegt, zwar habe der Versicherte nach Abschnitt A.3 der gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V erlassenen AMR grundsätzlich Anspruch auf die Versorgung mit allen nach dem AMG verkehrsfähigen Arzneimitteln, dies aber nur, sofern sie nicht aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien oder nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur eingeschränkt verordnet werden dürften. Da das Zulassungserfordernis für im Rahmen der Krankenbehandlung begehrte Arzneimittel aus dem gesetzlichen und somit höherrangigen Gebot der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hergeleitet werde, könnten diese Bestimmungen schon von daher keine Leistungspflicht der Beklagten begründen. Unbeschadet dessen werde ein in einem anderen Staat zulässig in den Verkehr gebrachtes Fertigarzneimittel aber auch nicht schon dadurch "verkehrsfähig", dass § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG es erlaube, dieses Mittel im Einzelfall (in geringer Menge und auf besondere Bestellung über eine Apotheke) nach Deutschland einzuführen. Denn bei einer derartigen Beschaffung eines Fertigarzneimittels entfalle zwar die Strafbarkeit des In-Verkehr-Bringens ohne Zulassung (§ 96 Nr. 5 AMG), das generelle In-Verkehr-Bringen stelle aber gleichwohl eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 73 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2, § 97 Abs. 2 Nr. 8 AMG). Da das deutsche Arzneimittelrecht in Bezug auf die generelle Arzneimittelfreigabe ausschließlich die deutsche oder die EU-weite Arzneimittelprüfung für maßgeblich erkläre und im Übrigen Vorbehalte gegen die Sicherheit und Qualität von im Ausland nach dortigen nationalen Vorschriften zugelassenen Präparaten zum Ausdruck bringe, sei die im Einzelfall mögliche rechtmäßige Arzneimittelbeschaffung aus dem Ausland nicht geeignet, eine zulassungsähnliche Wirkung herbeizuführen. Denn damit würde letztlich das nationale arzneimittelrechtliche Zulassungserfordernis für den fast 90 % der Bevölkerung betreffenden Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung allgemein durch eine untergesetzliche Regelung außer Kraft gesetzt.

32

Soweit das BSG in der Visudyne-Entscheidung vom 19. Oktober 2004 (- B 1 KR 27/02 R - a.a.O.) eine Ausnahme für den Fall einer seltenen Krankheit angenommen hat, mit der Konsequenz, dass sich die Krankenkasse unter bestimmten Umständen im Einzelfall nicht auf die fehlende Verkehrsfähigkeit eines Medikamentes berufen dürfe, liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Das BSG hat sich in der genannten Entscheidung sehr ausführlich mit der Problematik sehr seltener und wegen der Seltenheit nicht hinreichend erforschter und erforschbarer Krankheiten insbesondere bei Kindern auseinandergesetzt und dabei eine Parallele zu der Rechtsprechung betreffend die Leistungspflicht der Krankenkassen bei der zulassungsüberschreitenden Anwendung eines Medikaments gezogen. Letztlich hat es den Grundsatz aufgestellt, dass, sofern der Patient/die Patientin an einer sehr seltenen, einer systematischen Erforschung von darauf bezogenen Therapiemöglichkeiten nicht zugänglichen Erkrankung, für die keine anderen Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stünden, leide, eine Leistungsgewährung in Betracht komme (juris, Rz. 28). Es müsse eine notstandsähnliche Situation vorliegen, in der eine lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung behandelt werden solle, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stehe (juris, Rz. 34).

33

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar möglicherweise um eine „sehr seltene“ Erkrankung. Der genannten Entscheidung sind allerdings keine exakten Angaben zu entnehmen, wann eine solche anzunehmen ist. Den Ausführungen des BSG (a.a.O.) betreffend Art. 3 Abs. 1 EWGV 141/2000 vom 16. Dezember 1999 über "Arzneimittel für seltene Leiden", wonach ein solches Leiden vorliege, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Personen daran erkrankten (juris, Rz. 39) könnte man aber entnehmen, dass das BSG dies als Richtwert für eine (sehr) seltene Erkrankung ansieht. Diese Voraussetzung dürfte bei dem sog. Ullrich-Turner-Syndrom, an dem die Patientin M.C. leidet, unter Zugrundelegung im Internet zugänglicher Zahlenangaben gegeben sein. Die Erkrankung, die auf einer Chromosomenanomalie bei Mädchen beruht, tritt danach mit einer Häufigkeit von 1:2500 Mädchengeburten auf (vgl. www.turner-syndrom.de), nach anderen Erkenntnissen ist die Erkrankungsrate sogar noch geringer (vgl. „wikipedia“: 1:4000). Die weitere Voraussetzung einer nicht erforschten und nicht anders therapierbaren Erkrankung ist hingegen nicht gegeben. Zum einen ist, soweit ersichtlich, die Ursache des Ullrich-Turner-Syndroms, nämlich ein Gendefekt im Bereich der X-Chromosomen, sehr wohl erforscht. Eine kausale Behandlung der Erkrankung insgesamt gibt es nicht. Von der Klägerin wird auch nicht behauptet, dass Granditropin eine solche Behandlung beinhalte. Möglich ist allerdings die Behandlung eines Teils der Auswirkungen Ullrich-Turner-Syndroms, u.a. der damit regelhaft verbundenen Kleinwüchsigkeit. Die Behandlung erfolgt insoweit durch Substitution bzw. ergänzende Gabe eines Wachstumshormons. Medikamente mit dem entsprechenden Wirkstoff Somatropin gibt es bereits seit langer Zeit. So ist z. B. einer Internetveröffentlichung (Biotechnologie im Verband forschender Arzneimittelhersteller e. V.) eine Liste von fünf Medikamenten mit dem Wirkstoff Somatropin mit Zulassung zwischen 1988 und 1992 zu entnehmen, was auch den Ausführungen der Klägerin selbst entspricht, wonach zum Zeitpunkt der Behandlung bereits fünf Medikamente für die Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms in Deutschland zugelassen gewesen seien. Dies haben sowohl Prof. Dr. Sa., der die Versicherte der Beigeladenen zu 1) mit Granditropin behandelt hat, als auch der Vertreter des Beklagten in dem Erörterungstermin im März 2006 bestätigt. Dass Granditropin eine ganz andere Wirkungsweise gehabt hätte als die übrigen Medikamente und damit eine bisher nicht gegebene Therapiemöglichkeit geschaffen hätte, hat die Klägerin in dem gesamten Verfahren nicht vorgetragen. Die Annahme eines Ausnahmefalles in dem genannten Sinne scheitert damit an dem Vorhandensein einer Behandlungsalternative.

34

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - GesR 2006, 72; auch veröffentlicht in juris), in dem das BVerfG für Fälle einer lebensbedrohlichen bzw. regelhaft tödlich verlaufenden Krankheit unter bestimmten Umständen einen Behandlungsanspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung unmittelbar aus Art. 2 GG hergeleitet und in diesen Fällen die Rechtsprechung des BSG zu § 135 SGB V für mit dem Grundgesetz nicht vereinbar angesehen hat. Das BSG hat mit Urteil vom 4. April 2006 (- B 1 KR 7/05 R -) betreffend die Behandlung einer an einem metastasierenden Darmkrebs erkrankten Klägerin mit dem in Deutschland nicht zugelassenen, über eine Apotheke aus Kanada importierten Medikament „Tomudex“ entschieden, dass zwar die vom BVerfG (a.a.O.) entwickelten Grundsätze zum Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden sinngemäß auch auf den Bereich der Arzneimittelversorgung zu übertragen seien, soweit hier ausfüllungsbedürftige Versorgungslücken bestünden. Dies hat das BSG in dem Falle der lebensbedrohlich erkrankten Klägerin bejaht, bei der es - dies ist ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt in dem Beschluss des BVerfG - zudem im konkreten Fall an einer Behandlungsalternative fehlte, weil das für die Behandlung ihrer Krankheit zugelassene Präparat bei ihr zu anderen schweren Gesundheitsstörungen führte. Im vorliegenden Fall gab es dagegen eine Behandlungsalternative, da, wie dargelegt, zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlung der Klägerin außerhalb der klinischen Studie im Jahre 1999 mehrere Präparate mit dem Wirkstoff Somatropin für die Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms zugelassen waren. Dass das Fehlen einer Behandlungsalternative nicht allein daraus abgeleitet werden kann, dass die Klägerin zuvor im Rahmen der Studie mit Granditropin behandelt worden war, so dass sich im Falle der Umstellung auf eines der zugelassenen Präparate „Compliance“-Probleme ergeben haben würden, bedarf keiner näheren Erörterung.

35

Der Beigeladenen zu 1) ist auch ein Schaden im Sinne des § 12 Abs. 3 PV entstanden. Bei dem Arzneikostenregress handelt es sich um einen besonderen - verschuldensunabhängigen - Typus des Schadensersatzes, für dessen Begründung das Bestehen eines Schadens unabdingbare Voraussetzung ist. Aus der Rechtsnatur des Arzneikostenregresses ist abzuleiten, dass er - höchstens - in der Höhe festgesetzt werden kann, der den Krankenkassen durch unwirtschaftlichen Mehraufwand entstanden ist (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 6 RKa 5/96 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 38 - ). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass in jedem Fall ersparte Aufwendungen gegengerechnet werden müssten. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Schadensbegriff im Sinne der genannten Vorschriften über die Wirtschaftlichkeitsprüfung nämlich ein auch normativer Schadensbegriff. Es entspricht dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, dass eine „Vorteilsausgleichung“ nicht erfolgt, sofern Leistungen in Anspruch genommen bzw. erbracht wurden, die - in dieser Form - nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung hätten erbracht werden dürfen. In dem Urteil vom 21. Februar 2006 (- B 1 KR 29/04 R - veröffentlicht in juris) betreffend den Kostenerstattungsanspruch einer Klägerin, bei der eine künstliche Befruchtung mittels „ICSI“ erfolgt war, hat das BSG dargelegt, nach der Rechtsprechung des Senats handele es sich bei der künstlichen Befruchtung mittels ICSI um eine andere Behandlungsmethode als bei der extrakorporalen Befruchtung mittels IVF. Auch soweit sich die Indikationsbereiche - denkmöglich - überschnitten und erst auf Grund des Wirtschaftlichkeitsgebots die Anwendung der ICSI-Methode ausscheide, bestehe kein Anspruch auf die Erstattung wenigstens der tatsächlich nicht angefallenen IVF-Kosten. Nach der Rechtsprechung des Senats erfasse § 13 Abs. 3 SGB V nur die beim Versicherten konkret entstandenen Kosten, nicht aber die fiktiven Kosten für eine Leistung, die ebenfalls in Frage gekommen wäre oder die Ersparnis der Krankenkasse (unter Hinweis auf die Entscheidungen BSGE 79, 125, 128; BSGE 86, 66, 76; dementsprechend zum Recht der Leistungserbringer z. B. BSGE 74, 154, 158; BSGE 80, 1, 3 f; SozR 4-2500 § 39 Nr. 3 S. 25 f; BSGE 94, 213, 220 m.w.N.). Auch unter dem Gesichtspunkt der sog. Stellvertreterleistung vermöge die Klägerin unter Geltung des SGB V für einen Kostenerstattungsanspruch nichts für sich herzuleiten (unter Hinweis auf das Senatsurteil SozR 3-2500 § 38 Nr. 4 S. 27 f m.w.N).

36

Die in dem Urteil des BSG vom 21. Februar 2006 zitierten Entscheidungen betreffen unterschiedliche Konstellationen aus dem Leistungs- und Leistungserbringerrecht. So ist in dem Urteil vom 4. Mai 1994 (- 6 RKa 40/93 - BSGE 74, 154 [158]) dargelegt, scheide (nach alledem) ein vertraglicher Vergütungsanspruch aus, so könne die Klägerin eine Abgeltung der von ihr erbrachten Dialyseleistungen auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten, etwa nach den zivilrechtlichen Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ( §§ 812 ff, 818 Abs. 2 BGB) verlangen. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machten, hätten innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die kassenärztliche (vertragsärztliche) Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollziehe. Das werde dadurch erreicht, dass dem Arzt oder sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die er unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirke, auch dann keine Vergütung zustehe, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht seien. Ihre Steuerungsaufgabe könnten die genannten Regelungen nicht erfüllen, wenn der Arzt oder der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. In dem Urteil vom 18. Dezember 1996 (- 6 RKa 66/95 - BSGE 80, 1 [4]) betreffend die Erstattung von Honoraren u.a. für zahnärztliche Leistungen, die der dort beigeladene Zahnarzt nicht nach den vertraglichen Bestimmungen erbracht hatte, hat das BSG dargelegt, die Klägerin (KZÄV) könne sich ebensowenig wie der rechtswidrig handelnde Zahnarzt selbst darauf berufen, die beanstandeten Leistungen seien qualitativ einwandfrei gewesen, so dass die Kosten für eine anderweitige Behandlung erspart worden seien. In dem Urteil vom 17. März 2005 (- B 3 KR 2/05 R - BSGE 94, 213 [220]) betreffend die Abgabe eines nicht zugelassenen Medikaments durch einen Apotheker ist dargelegt, der Kläger könne von der Beklagten eine Vergütung des Medikaments auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten, etwa auf Grund entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ( §§ 812 ff, 818 Abs. 2 BGB i.V.m. § 69 Satz 3 SGB V) beanspruchen. Dem stehe entgegen, dass die Leistungen unter Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen erbracht worden seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht und zum Leistungsrecht der GKV hätten Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machten, innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollziehe. Das werde dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt, dem Apotheker oder dem sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt würden, auch dann keine Vergütung zustehe, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich seien (mit zahlreichen Nachweisen zur bisherigen Rspr.) Denn die Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt, der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer oder der Apotheker die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (unter Hinweis auf BSGE 74, 154, 158). Soweit in dem Urteil vom 4. März 2004 (- B 3 KR 4/03 R - BSGE 92, 223) ein Bereicherungsanspruch des Krankenhausträgers bejaht - und zudem von der KK anerkannt - worden sei, habe es sich lediglich um einen Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift gehandelt, die nicht der Sicherstellung der Qualität der Leistungserbringung diene. Das Krankenhaus habe sich nicht außerhalb des krankenhausrechtlichen Leistungssystems der GKV gestellt.

37

Diese Entscheidungen, auch wenn sie nicht unmittelbar zu einem sonstigen Schaden im Sinne der Vorschriften über der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergangen sind, belegen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG unter Berücksichtigung des Gesamtgefüges des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsrechts einschließlich des Leistungserbringerrechts der Schadensbegriff ein normativer Begriff ist, der das Gegenrechnen ersparter Aufwendungen in einer Fallgestaltung wie der Vorliegenden ausschließt. Im Übrigen erschöpft sich auch der zivilrechtliche Schadensbegriff, auf den die Klägerin immer wieder abstellt, nicht in einer Saldierung der Vermögenslage des Geschädigten vor und nach der Schädigung, sondern er beinhaltet wertende Elemente im Sinne eines normativen Schadensbegriffs (vgl. Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Auflage, 2006, Vorbemerkung § 249, Rz. 13, 14). Dies gilt gerade auch bei der Frage, welche im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis erlangten Vorteile der Geschädigte sich Schaden mindernd anrechnen lassen muss (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorbemerkung § 249, Rz. 122).

38

Auch soweit im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung so genannte kompensatorische Einsparungen berücksichtigt werden können, können diese Erwägungen auf einen Schaden, der aus der Verordnung eines nicht zugelassenen Medikaments resultiert, nicht angewendet werden. Kompensatorische Einsparungen betreffen die Wirtschaftlichkeit des ärztlichen Handelns im engeren Sinne, d.h. die Frage, ob der Arzt durch die von ihm gewählte - grundsätzlich zulässige, jedoch quantitativ über das Maß des Notwendigen hinausgehende - Behandlungsweise an anderer Stelle Kosten eingespart hat. Die Behandlung mit einem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnungsfähigen Medikament, bei der es an der Grundvoraussetzung einer Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fehlt, beinhaltet hingegen nicht lediglich ein - quantitatives - Mehr an einer Stelle, dass durch ein - quantitatives - Weniger an anderer Stelle teilweise kompensiert wird. Es handelt sich vielmehr bei der erbrachten Leistung um ein - qualitatives - Anderes, nämlich um eine systemfremde Leistung, die demzufolge auch nicht wirtschaftlich bewertet und mit der systemgerechten, eigentlich zu erbringenden Leistung saldiert werden könnte. Zudem würde eine andere Betrachtung zu dem von der Beigeladenen zu 1) zu Recht als systemwidrig bewerteten Ergebnis führen, dass sie, gleichsam „durch die Hintertür“, gleichwohl zur Kostenübernahme für ein nicht zugelassenes Arzneimittel verpflichtet wäre, weil dieses preiswerter war als das zugelassene. Dies würde der vom BSG in den zitierten Entscheidungen genannten Steuerungsfunktion widersprechen (im Ergebnis ebenso Engelhardt in Hauck/Noftz, SGB V, Loseblattsammlung, Erg.-Lfg. 8/04, K § 106 Rz. 91).

39

Die Schadenshöhe, d.h. die durch die Verordnung des Medikaments Granditropin entstandenen Kosten, ist zwischen den Beteiligten unstreitig, und es gibt auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung des Schadens.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) sind erstattungsfähig, da sie sich durch die Stellung eines eigenen Sachantrages an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat. Die Beigeladene zu 2) hat sich nicht durch die Stellung eines eigenen Sachantrages an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt; ihre außergerichtlichen Kosten sind deshalb nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).

41

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen im Hinblick auf die umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung zu den entscheidungserheblichen Fragen nicht vor.


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.