Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 03. Feb. 2009 - L 4 KA 2/07

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2009:0203.L4KA2.07.0A
bei uns veröffentlicht am03.02.2009

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte den Honoraranspruch der Klägerin für eine Zahnersatzversorgung zu Recht abgelehnt hat.

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Die Klägerin ist eine in L. niedergelassene Vertragszahnärztin. Mit Datum vom 26. November 1996 erhielt die Beigeladene einen von der Klägerin erstellten Heil- und Kostenplan über geschätzte Gesamtkosten in Höhe von 11.325,98 DM für die prothetische Versorgung von Ober- und Unterkiefer sowie außerdem einen Antrag für eine Parodontalbehandlung für die bei der Beigeladenen versicherte R. P. (geb. 1948). Die Beigeladene ließ den Heil- und Kostenplan durch den Zahnarzt Dr. H. begutachten, der eine prothetische Versorgung der Restzähne im Oberkiefer als medizinisch indiziert ansah, hinsichtlich des Unterkiefers davon ausging, dass die vorhandene Versorgung mit einer Metallgussprothese ausreiche und im Übrigen eine parodontale Vorbehandlung für dringend erforderlich hielt. Mit Datum vom 5. Dezember 1996 übersandte die Klägerin der Beigeladenen einen zweiten Heil- und Kostenplan für eine prothetische Versorgung der Versicherten R. P. allein im Oberkiefer über geschätzte Gesamtkosten in Höhe von 6.298,61 DM. Mit Schreiben vom 12. Dezember 1996 sandte die Beigeladene der Klägerin den PA-Plan der Versicherten R. P. bewilligt zurück und bat um erneute Übersendung eines Heil- und Kostenplanes nach abgeschlossener Behandlung. Die Klägerin begann mit der Zahnersatzbehandlung im Oberkiefer am 5. Dezember 1996 und schloss diese am 23. Dezember 1996 ab.

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Die Beigeladene lehnte die Beteiligung an den Kosten des Zahnersatzes mit der Begründung ab, nach der PA-Abrechnung sei die Parodontalbehandlung am 16. Januar 1997 beendet, der Zahnersatz jedoch bereits am 23. Dezember 1996 eingegliedert worden. Damit habe die Klägerin gegen die Vorschriften insbesondere des § 2 der Anlage 12 zum Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) verstoßen, wonach erst nach Rückgabe des Heil- und Kostenplanes an den Zahnarzt mit der prothetischen Behandlung begonnen werden solle. Außerdem sei ihr durch dieses Verhalten die Möglichkeit verwehrt, eine Nachbegutachtung des Heil- und Kostenplanes vom 5. Dezember 1996 durchführen zu lassen. In dem von der Klägerin über ihren Vergütungsanspruch gegen die Beigeladene geführten Rechtsstreit blieben Klage (Sozialgericht Kiel S 13 KA 240/99), Berufung (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 1 KR 49/00) und Revision (B 1 KR 29/02 R) ohne Erfolg. Das Bundessozialgericht (BSG) legte mit Urteil vom 25. März 2003 dar, die Feststellungsklage sei jedenfalls deshalb unzulässig, weil die Klägerin ihre Rechte mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen könne. Wenn der Vertragszahnarzt die prothetische Versorgung ungeachtet der fehlenden Genehmigung der Krankenkasse bereits durchgeführt habe, könne und müsse er gegebenenfalls unmittelbar auf Vergütung der erbrachten Leistungen klagen. Ob die Genehmigung hätte erteilt werden müssen, sei dann nur noch eine Vorfrage für die Entscheidung über den Vergütungsanspruch. Weiter heißt es in dem Urteil, der mit der Vorlage des Behandlungsplans und dem Genehmigungserfordernis verfolgte Zweck entfalle (jedoch), wenn die Zahnersatzversorgung bereits durchgeführt worden sei. Eine nachträgliche Genehmigung durch die Krankenkasse ergebe dann keinen Sinn mehr. Dabei könne dahinstehen, ob die vorherige Genehmigung der prothetischen Behandlung schon vor Inkrafttreten der jetzigen gesetzlichen Regelung in § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB V eine zwingende Voraussetzung für den Leistungsanspruch des Versicherten und damit auch für den Vergütungsanspruch des Zahnarztes gewesen sei oder ob wegen der Formulierung des § 2 Abs. 2 der Anlage 12 zum BMV-Z als Sollvorschrift das Fehlen der Genehmigung früher einen Vergütungsanspruch nicht in jedem Fall ausgeschlossen habe (unter Hinweis auf die Auffassung des 6. Senats des BSG im Urt. v. 22. Juni 1983, BSGE 55, 150, 158). Denn auch wenn Ersteres anzunehmen wäre, hätte darüber die KZÄV im Vergütungsstreit zu befinden.

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Im September 2003 machte die Klägerin den Vergütungsanspruch für die im Dezember 1996 bei der Versicherten R. P. durchgeführte Zahnersatzbehandlung gegenüber der Beklagten geltend. Diese lehnte das Vergütungsbegehren mit Bescheid vom 11. November 2003 ab. Die Klägerin habe das Genehmigungsverfahren nach § 2 Abs. 2 der Anlage 12 zum BMV-Z nicht eingehalten. Danach solle mit der prothetischen Behandlung erst nach Erteilung der Kostenübernahmeerklärung und Rückgabe des Heil- und Kostenplanes an den Zahnarzt begonnen werden. Dieser Weg sei von der Klägerin nicht eingehalten worden, da diese ohne Kostenübernahmeerklärung mit der Behandlung begonnen und diese auch zu Ende geführt habe. Daher bestehe grundsätzlich kein vertragszahnärztlicher Vergütungsanspruch. Ein sachlicher Grund, der die vorzeitige Behandlung im Ausnahmefall rechtfertige, liege nicht vor.

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Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch führte die Klägerin aus, sie habe einen sachlichen Grund gehabt, mit der Behandlung zu beginnen und diese auch fortzusetzen. Die Prothese der Versicherten sei defekt gewesen. Es habe sich um eine Notfallversorgung gehandelt. Der Restzahnbestand habe sich auf 5 defekte Frontzähne beschränkt. Eine Kaumöglichkeit habe für die Versicherte nicht mehr bestanden. Außerdem habe die Beklagte selbst darüber zu entscheiden, ob eine Nachholung oder Ersetzung der Genehmigung aufgrund des vorliegenden Ausnahmefalles möglich sei.

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Mit Beschluss/Widerspruchsbescheid vom 16. August 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Behandlung sei unter Verstoß gegen das formale Genehmigungserfordernis des § 30 Abs. 4 SGB V sowie § 2 Abs. 2 der Anlage 12 zum BMV-Z durchgeführt worden. Eine vorherige Genehmigung für die prothetische Versorgung im Oberkiefer habe nicht vorgelegen. Vielmehr sei der ursprüngliche Heil- und Kostenplan, der eine Versorgung im Ober- und Unterkiefer vorgesehen habe, ausdrücklich abgelehnt worden; des Weiteren sei die Vertragszahnärztin mit Schreiben vom 12. Dezember 1996 darauf hingewiesen worden, dass ein neuer Heil- und Kostenplan für den Oberkiefer nach Abschluss der PAR-Behandlung einzureichen sei. Nach den eigenen Eintragungen der Vertragszahnärztin im PAR-Status sei die PAR-Behandlung jedoch erst am 16. Januar 1997 abgeschlossen worden. Die Einhaltung des Genehmigungsverfahrens sei vorliegend auch nicht im Ausnahmefall verzichtbar gewesen. Die gemäß Urteil des BSG der KZV obliegende Prüfung, ob eine Nachholung oder Ersetzung der Genehmigung in Betracht komme, ergebe, dass dies nicht der Fall sei. Eine Nachholung der Kostenübernahmeerklärung sei von der Beigeladenen im Laufe des Verfahrens wiederholt und nachdrücklich abgelehnt worden. Da durch den vorzeitigen Beginn der Zahnersatz-Behandlung eine Prüfung, ob eine hinreichende parodontale Vorbehandlung durchgeführt worden und die Behandlung somit richtlinienkonform erfolgt sei, von der Vertragszahnärztin vereitelt worden sei, sei eine Nachholung der Genehmigung auch nicht mehr möglich. Aber auch eine Ersetzung der Genehmigung komme nicht in Betracht. Eine Ersetzung, d.h. einen Verzicht auf das vorherige Genehmigungserfordernis, sehe die Vorschrift des § 1 Abs. 2 der Anlage 12 zum BMV-Z nur vor, soweit Maßnahmen zur Wiederherstellung der Funktion von Kronen, Brücken und Prothesen einschließlich Erweiterung vorgenommen würden (ggf. i.V.m. zusätzlichen Leistungen nach den Pos. 18,19,21,93,98f,g,h sowie für die Erneuerung des Primär- oder Sekundärteils einer Teleskop- oder Konuskrone). Da es sich bei der Bestimmung des § 2 Abs. 2 der Anlage 12 zum BMV-Z um eine „Soll“-Vorschrift handele, sei das Vorliegen einer Kostenübernahmeerklärung des Weiteren verzichtbar in atypischen Ausnahmefällen, insbesondere in solchen, in denen das Abwarten der Genehmigung für die Beteiligten nicht zumutbar sei. Um einen solchen Fall handele es sich vorliegend jedoch nicht. Zwar sei nach dem Gutachten des Dr. H., das sich auf den ursprünglichen Heil- und Kostenplan vom 26. November 1996 bezogen habe, die medizinische Versorgung im Oberkiefer indiziert gewesen, jedoch sei eine parodontale Vorbehandlung erforderlich gewesen; bereits hieraus ergebe sich, dass eine sofortige Durchführung der ZE-Versorgung nicht angezeigt gewesen sei. Einen Notfall, der eine ohne jeglichen Zeitverlust durchzuführende ZE-Versorgung bedingt hätte, habe der Gutachter nicht festgestellt. Auch sei im Rahmen der ZE-Behandlung keine Extraktion durchgeführt worden. Des Weiteren wiesen insbesondere die zahnärztlichen Mitglieder der Widerspruchsstelle darauf hin, dass die Vornahme einer definitiven Versorgung als Notfallbehandlung fachlich nicht sinnvoll sei. Im Rahmen einer Notfallversorgung wäre vielmehr eine provisorische Versorgung angezeigt gewesen. Weiterhin sei auch die schnelle Abfolge von PAR-Behandlung (Oberkiefer-Behandlung am 4. Dezember 1996) und Beginn der ZE-Versorgung mit der Präparation am 5. Dezember 1996 fachlich nicht nachvollziehbar. Es liege somit ein nicht heilbarer Verstoß gegen das formale Genehmigungserfordernis vor, der dazu führe, dass ein Vergütungsanspruch für die durchgeführte Versorgung nicht bestehe.

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Gegen den ihr am 3. Dezember 2004 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 30. Dezember 2004 Klage bei dem Sozialgericht Kiel erhoben und zur Begründung ausgeführt: Ein beigefügtes Foto des Restzahnbestandes der Versicherten belege, dass die Patientin nicht mehr über eine Kaufunktion verfügt habe. Wenn die Genehmigung hätte abgewartet werden sollen, wäre eine Behandlung mit Zahnersatz erst nach mehreren Monaten möglich gewesen. Eine Übergangsprothese hätte nur zu einem minimalen optischen Verbesserungseffekt geführt. Außerdem wären sowohl für die Patientin als auch für die Kasse Mehrkosten in Höhe von etwa 800 Euro entstanden. Zu bedenken sei darüber hinaus, dass es sich bei der Patientin um eine ältere Versicherte gehandelt habe, die gerade aus den neuen Bundesländern ohne Zähne eingereist gewesen sei. Dieser Zustand habe so schnell wie möglich beseitigt werden sollen, zumal Weihnachten vor der Tür gestanden habe und das gemeinsame Weihnachtsessen mit der Familie nicht an den fehlenden Zähnen habe scheitern sollen. Die Patientin sei mit der neuen Prothese im Oberkiefer vollends zufrieden gewesen. Es habe zudem um die Jahreswende das Gerücht gegeben, dass die Krankenkassen bestimmte Zahnersatzversorgungen nicht mehr zahlen würden. Somit sei der Verdacht entstanden, die Kasse schiebe ihre Entscheidung über den Heil- und Kostenplan auf, um eventuelle Kosten zu sparen.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Bescheid vom 11. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2004, zugestellt am 3. Dezember 2004, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Vergütung für die zahnärztliche Versorgung der Patientin R. P. zu gewähren.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat sich insbesondere auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen und ergänzend ausgeführt: Wie sich aus dem PAR-Plan ergebe, habe die Versicherte 1996 bereits seit 12 Jahren einen herausnehmbaren Zahnersatz gehabt. Ihre Entscheidung entspreche dem Zweck des Genehmigungsverfahrens. Die Klägerin habe die Genehmigung des Heil- und Kostenplanes nicht abgewartet. Ein Ausnahmefall liege nicht vor. Der Vortrag der Klägerin überzeuge nicht. Die mangelnde Kaufunktion könne nicht durch ein Foto des Restzahnbestandes bewiesen werden und auch nicht durch die Bemerkung im Parodontalstatus über den 12 Jahre alten vorhandenen Zahnersatz. Der Vortrag bezüglich des minimalen optischen Verbesserungseffekts durch provisorische Versorgung sei viel sagend. Der Vergütungsanspruch der Klägerin sei überdies seit 2001 verjährt.

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Die Klägerin ist dem Verjährungseinwand entgegengetreten. Es müsse berücksichtigt werden, dass der Lauf der Verjährung im vorliegenden Fall durch gerichtliche Geltendmachung unterbrochen worden sei. Die Beklagte sei in dem vorangegangenen Verfahren gegen die Krankenkasse beigeladen gewesen.

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Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 17. Oktober 2006 abgewiesen. Nach § 19 BMV-Z obliege es den kassenzahnärztlichen Vereinigungen, die vom Zahnarzt eingereichten Honorarforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und gegebenenfalls zu berichtigen. Dazu gehörten auch die von dem Zahnarzt in Rechnung gestellten (Fremd-) Laborkosten, wenn Leistungen berechnet würden, die nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen nicht abrechnungsfähig seien. Vorliegend sei die Vergütung für die prothetische Versorgung des Oberkiefers der Versicherten R. P. nicht abrechnungsfähig. Nach § 1 Abs. 1 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Anlage 12 zum BMV-Z) stelle der Vertragszahnarzt anhand der Diagnose einen Heil- und Kostenplan auf, der der Krankenkasse vorzulegen sei. Die Krankenkasse könne diesen Plan entweder vollständig genehmigen und gebe ihn dann über den Patienten an den Zahnarzt zurück (§ 2 Abs. 1) oder sie leite das Gutachterverfahren ein (§ 3 Abs. 1), nach dessen Durchführung sie vollständig genehmigen, vollständig ablehnen oder differenziert entscheiden dürfe. Diese Verfahrensweise sei von der Klägerin nicht eingehalten worden. Der von ihr am 5. Dezember 1996 bei der Beigeladenen eingereichte Heil- und Kostenplan sei von der Beigeladenen nicht genehmigt worden, weil bei der Versicherten nach vorgenommener Begutachtung durch Dr. H. vorrangig eine Parodontosebehandlung hätte durchgeführt werden müssen. Dennoch habe die Klägerin ihre Behandlung bei der Versicherten fortgesetzt und den Unterkiefer (gemeint: Oberkiefer) der Versicherten mit einer Prothese versorgt. Damit liege ein Verstoß gegen das formale Genehmigungserfordernis des § 30 Abs. 4 SGB V sowie § 2 Abs. 2 der Anlage 12 zum BMV-Z vor. Die Einhaltung dieses Genehmigungsverfahrens sei zwingend. Sie schaffe für den Zahnarzt insoweit Rechtssicherheit, als gemäß § 2 Abs. 3 der Anlage 12 zum BMV-Z Behandlungen, für die die Krankenkasse aufgrund eines Heil- und Kostenplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt habe, nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit unterlägen. Die Genehmigung des Heil- und Kostenplanes durch die Krankenkasse bringe damit für alle Beteiligten, auch für die Krankenkasse und die kassenzahnärztliche Vereinigung, zum Ausdruck, dass die geplante Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen ausreichend und zweckmäßig sei, das Maß des Notwendigen nicht überschreite und wirtschaftlich erbracht werde (§§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 SGB V). Deshalb solle auch mit der prothetischen Behandlung erst nach Rückgabe des Heil- und Kostenplanes an den Zahnarzt begonnen werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 12 zum BMV-Z). Das auf bundesmantelvertraglicher Ebene von den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung geschaffene Regelwerk zur Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen stelle sich damit als ein in sich geschlossenes System dar, das das Procedere der Versorgung in diesem Bereich abschließend normiere. Gleichzeitig kennzeichne die als Soll-Vorschrift ausgestaltete Norm des § 2 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 12 zum BMV-Z, dass im Ausnahmefall hiervon abgewichen werden könne. Anhaltspunkte für eine Notfallbehandlung ergäben sich weder aus der Akte noch aus dem Vorbringen der Klägerin. Gegen einen Notfall spreche bereits der Behandlungsablauf. Denn die Klägerin habe schon am 26. November 1996 einen Heil- und Kostenplan für die Versicherte R. P. erstellt gehabt, die sich bereits seit dem 14. November 1996 bei ihr in Behandlung befunden habe. Gründe, weshalb zunächst eine provisorische Behandlung bei der Versicherten nicht möglich gewesen sein sollte, seien nicht ersichtlich. Aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin, wonach eine provisorische Maßnahme zusätzliche Kosten verursacht und außerdem lediglich zu einem minimalen optischen Verbesserungseffekt geführt hätte, entnehme die Kammer, dass medizinische Gründe einer provisorischen Versorgung der Versicherten selbst aus Sicht der Klägerin nicht entgegengestanden hätten. Der weitere Vortrag der Klägerin, es habe sich bei der Versicherten um eine ältere Patientin gehandelt, erschließe sich für die Kammer nicht nachvollziehbar; die Versicherte, Jahrgang 1948, sei zum Behandlungszeitpunkt 48 Jahre alt gewesen. Die Bezugnahme auf die neuen Bundesländer ergebe nach Auffassung der Kammer keinen Sinnzusammenhang im Hinblick auf einen Ausnahmetatbestand zu § 2 Abs. 2 der Anlage 12 zum BMV-Z. Ebenso führe der Aspekt, dass zum Behandlungszeitpunkt die Weihnachtstage vor der Tür gestanden hätten, nicht zur Begründung eines Ausnahmefalles im Sinne der Vorschrift über das Genehmigungserfordernis. Hierfür sei ein medizinischer Sachzusammenhang erforderlich. Soweit die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausgeführt habe, sie habe ihr Vorgehen mit dem Gutachter Dr. H. telefonisch abgestimmt, seien der Akte Anhaltspunkte hierfür nicht zu entnehmen. Der Widerspruchsbescheid der Beigeladenen vom 25. Februar 1998, der Gegenstand der vorangegangenen Gerichtsverfahren gewesen sei, beinhalte, dass am 7. Februar 1997 ein Telefonat zwischen der Sachbearbeiterin bei der Beigeladenen und dem Gutachter Dr. H. stattgefunden habe. Dr. H. habe ausdrücklich klargestellt, dass er weder telefonisch noch schriftlich eine Genehmigung erteilt habe, wozu er auch nicht berechtigt gewesen wäre. Überdies wäre auch eine telefonische Abstimmung nicht verbindlich, da ihr mangels Schriftlichkeit die Zusicherungseigenschaft fehle. Die Kammer halte deshalb eine Beweisaufnahme bezüglich dieser Behauptung der Klägerin für nicht erforderlich.

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Gegen das ihr am 12. Januar 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 12. Februar 2007 eingegangene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie vorträgt: Das Sozialgericht sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass ein atypischer Ausnahmefall vorliege, wenn das Abwarten der Genehmigung für die Beteiligten, insbesondere den Versicherten, nicht zumutbar sei. Es habe dann jedoch diese Frage auf medizinische Gründe reduziert; damit werde die Frage der Zumutbarkeit nicht umfassend gewürdigt. Sie stelle zwar nicht in Abrede, dass eine provisorische Behandlung durch eine Übergangsprothese möglich gewesen wäre, habe jedoch gleichzeitig auf den minimalen optischen Verbesserungseffekt und auf die erheblichen Mehrkosten hingewiesen, die dadurch entstanden wären. Dies könne bei der Prüfung der Zumutbarkeit nicht außer Acht gelassen werden. Schon das Ziel, unnötige Mehrkosten zu vermeiden, müsse als zureichender Grund für die Ausnahme von der Regel anerkannt werden. Die persönlichen Umstände - bevorstehendes Weihnachtsfest - seien noch hinzugekommen. Etwas Anderes könnte nur dann gelten, wenn die tatsächlich durchgeführte Behandlung nicht angemessen gewesen wäre; dies habe jedoch auch das Sozialgericht nicht festgestellt.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 11. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Oberkiefer-Zahnersatzbehandlung der Versicherten der Beigeladenen R. P. im Dezember 1996 Vergütung in Höhe von 3.220,43 EUR zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die Vorprozessakte S 13 KA 240/99 (L 1 KR 49/00) sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die statthafte (§ 143 i. V. m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG ) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Vergütungsanspruch für die gegenüber der Versicherten der Beigeladenen, R. P., im Dezember 1996 erbrachten Zahnersatzleistungen im Oberkiefer.

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Nach § 19 Buchst. a) Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) obliegt es den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, die vom Zahnarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Es ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung auf der Grundlage der Bundesmantelverträge nicht nur rechnerische und gebührenordnungsmäßige Fehler, sondern auch Verstöße gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung und -abrechnung erfasst (zusammenfassend BSG, Urt. v. 22. März 2006 - B 6 KA 46/04 R , BSGE 96, 99; juris Rn. 11 mit Nachweisen zu den verschiedenen in der Rechtsprechung des BSG behandelten Fallgestaltungen).

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Ein solcher den Honoraranspruch insgesamt ausschließender Verstoß liegt hier vor. Die Klägerin hat bei der Leistungserbringung die Regelung in § 2 Abs. 2 Anlage 12 zum BMV-Z in Verbindung mit § 2 Abs. 3 BMV-Z in der 1996 gültigen Fassung nicht beachtet. Nach der letztgenannten Vorschrift können sich u. a. im Falle der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen die Krankenkassen eines Gutachterverfahrens bedienen, das in den Vereinbarungen zwischen den Partnern dieses Vertrages geregelt wird (insoweit: Anlage 12). Nach § 1 Anlage 12 BMV-Z stellt der Kassenzahnarzt einen Heil- uns Kostenplan auf, der der Krankenkasse vorzulegen ist. Nach § 2 Abs. 1 Anlage 12 BMV-Z gibt die Krankenkasse bei Kostenübernahme bzw. -bezuschussung den Heil- und Kostenplan über den Patienten an den Zahnarzt zurück. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Anlage 12 BMV-Z in der zum Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung der Versicherten R. P. im Dezember 1996 gültigen Fassung soll erst nach Rückgabe des Heil- und Kostenplanes an den Zahnarzt mit der prothetischen Behandlung begonnen werden. In § 3 Anlage 12 BMV-Z ist sodann das Verfahren im Falle der Begutachtung geregelt.

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Unzweifelhaft hat die Klägerin die hier allein streitige Zahnersatzbehandlung des Oberkiefers der Versicherten R. P. bereits vor der Rückgabe und Befürwortung des Heil- und Kostenplanes durch die Beigeladene begonnen und abgeschlossen. Der erste vom 26. November 1996 datierende und die Versorgung sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer umfassende Heil- und Kostenplan wurde nämlich von dem von der Beigeladenen beauftragten Gutachter Dr. H. nicht befürwortet, weil dieser eine (Neu-)Versorgung nur im Oberkiefer für medizinisch indiziert, allerdings insoweit eine parodontale Vorbehandlung für dringend erforderlich hielt. Auch der zweite unter dem 5. Dezember 1996 erstellte und nur die Oberkieferversorgung umfassende Heil- und Kostenplan wurde von der Beigeladenen nicht genehmigt. Vielmehr teilte diese mit Schreiben vom 12. Dezember 1996, mit dem sie den Plan für die Parodontalbehandlung bewilligt zurücksandte, der Klägerin mit, dass diese nach abgeschlossener (Parodontal-) Behandlung erneut einen Heil- und Kostenplan einreichen möge. Die Klägerin hatte jedoch die Eingliederung des Oberkiefer-Zahnersatzes bereits am 5. Dezember 1996 begonnen und schloss diese am 23. Dezember 1996 ab. Sie begann demnach mit der Behandlung bereits an dem Tag, an dem sie den letztlich gültigen Heil- und Kostenplan erst erstellte und sie hielt zudem die Vorgabe hinsichtlich der vorherigen Parodontalbehandlung nicht ein.

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Der demnach unzweifelhaft vorliegende Verstoß gegen die genannten Vorschriften des BMV-Z bzw. der Anlage 12 zum BMV-Z führt im vorliegenden Fall zur Nichtabrechenbarkeit der Leistungen. Zwar beinhaltete § 2 Abs. 2 Satz 1 Anlage 12 BMV-Z in der zum Zeitpunkt der Leistungserbringung gültigen Fassung lediglich eine „Soll“-Vorschrift. § 30 Abs. 4 Satz 3 SGB V, wonach die im Heil- und Kostenplan vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz nach Abs. 1 vor Beginn der Behandlung „der Genehmigung bedarf“, galt in dieser Form erst mit Wirkung vom 1. Januar 1999 (Gesetz vom 19. Dezember 1998, BGBl. I S. 3853). Der unterschiedliche Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 Anlage 12 BMV-Z einerseits und des § 30 Abs. 4 Satz 3 SGB V andererseits legt es zunächst nahe, dass nach der erstgenannten Vorschrift die Prüfung und Genehmigung des Heil- und Kostenplanes vor Behandlungsbeginns keine zwingende Leistungsvoraussetzung war. Bei näherer Prüfung ergeben sich allerdings keine entscheidenden Unterschiede zwischen beiden Vorschriften. So bedeutet die Verwendung des Wortes „soll“ im allgemeinen juristischen Sprachgebrauch, dass die Voraussetzung im Regelfall eingehalten werden muss und nur in atypischen Ausnahmefällen davon abgewichen werden kann. Hierfür sprechen auch Sinn und Zweck sowie der systematische Zusammenhang der Regelung in § 2 Abs. 2 Anlage 12 BMV-Z. Nach der Rechtsprechung des BSG rechtfertigt sich das Genehmigungserfordernis daraus, dass die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Zahnersatzversorgung anhand von Röntgenaufnahmen und Voruntersuchungen (Vitalitätsprüfung, Parodontalzustand usw.) vor einer Zahnersatzversorgung gut beurteilt werden kann, während eine Prüfung nach der endgültigen Eingliederung des Zahnersatzes auf besondere Schwierigkeiten stoßen würde (vgl. S. 6 des Urteils des BSG vom 25. März 2003 in dem Revisionsverfahren im Vorprozess gegen die Beigeladene m. w. Nachw.). Dementsprechend folgt gemäß § 2 Abs. 3 Anlage 12 BMV-Z aus der Genehmigung des Heil- und Kostenplanes, dass Behandlungen, für die die Krankenkasse die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat, nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit unterliegen. Dieser systematische Zusammenhang bestätigt den Zweck der Vorlage, Prüfung und Genehmigung eines Heil- und Kostenplanes vor Durchführung einer Zahnersatzbehandlung, nämlich die Feststellung der Grundvoraussetzungen für eine Versorgung mit Zahnersatz als Leistung im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung vor Behandlungsbeginn, und spricht dafür, dass die Verwendung des Begriffs „soll“ in § 2 Abs. 2 Satz 1 Anlage 12 BMV-Z entsprechend dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch für den Regelfall ein „Muss“ bedeutet, von dem nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen abgewichen werden kann. In derartigen Fällen ist eine Ausnahme allerdings auch unter Geltung des § 30 Abs. 4 Satz 3 SGB V möglich, sofern die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V vorliegen, d.h. es sich entweder um eine unaufschiebbare Notfallbehandlung handelt oder wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt bzw. die Beurteilung des Heil- und Kostenplanes ohne Grund so hinausgezögert hat, dass dem Versicherten ein längeres Zuwarten nicht zumutbar war (zur Anwendung des § 13 Abs. 3, 1. Alt. SGB V im Rahmen des § 30 Abs. 4 SGB V vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14. September 2004 - L 11 KR 2808/03,

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veröffentl. in juris). Eine Notfallbehandlung im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V wegen Unaufschiebbarkeit liegt nur dann vor, wenn die umstrittene Behandlung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand (BSG, Urt. v. 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R, SozR 3-2500 § 13 Nr. 22, juris Rn. 16). Von der weiteren Voraussetzung, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte, kann nach der Rechtsprechung des BSG im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse von dem Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden (BSG, Urt. v. 25. September 2000, a.a.O.). Letztlich kann man daher unabhängig von der Formulierung des Genehmigungserfordernisses im Rahmen einer „Soll“- oder „Muss“-Vorschrift eine Ausnahme von dem Erfordernis der vorherigen Genehmigung des Heil- und Kostenplanes (nur) annehmen in Fällen einer unaufschiebbaren Leistung in dem vorstehend definierten Sinne, wie es von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden auch angenommen worden ist.

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Eine weitergehende Ausnahme von dem Grundsatz, dass mit der Zahnersatzbehandlung erst nach Prüfung und Genehmigung des Heil- und Kostenplanes, ggf. im Rahmen des so genannten Gutachterverfahrens, begonnen werden darf, lässt sich auch aus der vom BSG in dem vorangegangenen Revisionsverfahren zitierten weiteren Entscheidung des BSG vom 22. Juni 1983 ( 6 RKa 10/82, BSGE 55, 150) nicht entnehmen. Wenn dort (juris, Rn. 26) ausgeführt ist, die genannte Vorschrift des § 2 Abs. 2 Anlage 12 BMV-Z beinhalte keine zwingende Leistungsvoraussetzung, so ist zum Einen die Relativierung dieser Aussage im darauf folgenden Satz zu berücksichtigen, wonach sich die Fortsetzung einer Behandlung „mitunter aus medizinischen Gründen kaum vermeiden“ lassen werde, wenn es nach der Einreichung eines kieferorthopädischen Verlängerungsantrages oder eines berichtigten Heil- und Kostenplanes „bei der Krankenkasse zu Verzögerungen der Bearbeitung“ komme. Diese einschränkende Formulierung, wonach es sich zum Einen um medizinische Gründe und zum Anderen um Verzögerungen in der Bearbeitung auf Seiten der Krankenkasse handeln muss, entspricht dem bereits dargelegten Erfordernis einer unaufschiebbaren Leistung in dem definierten Sinne. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass Gegen-stand der genannten Entscheidung nicht ein Honoraranspruch, sondern eine datenschutzrechtliche Fragestellung war und es sich bei den genannten Ausführungen nicht um tragende Gründe der Entscheidung handelte.

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Eine unaufschiebbare Leistung, die eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Erfordernis einer vorherigen Genehmigung des Heil- und Kostenplanes rechtfertigen würde, war hier nicht gegeben. Dabei kann insoweit vollinhaltlich auf die Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen werden. Die von der Klägerin in der Klagebegründung angeführten Argumente dafür, dass es sich um eine „Notfallbehandlung“ gehandelt habe, sind keine medizinischen Gründe, die zu einer Unzumutbarkeit des Abwartens der Genehmigung des Heil- und Kostenplanes seitens der Versicherten geführt hätten. Insbesondere ist weder dargelegt, dass die vorhandene Modellgussprothese so defekt war, dass sie ihre Funktion überhaupt nicht mehr erfüllte und zudem hätte, wie die Klägerin selbst einräumt, durchaus eine provisorische Interimsversorgung erfolgen können (dazu, dass ein „Notfall“ lediglich eine provisorische nicht aber eine endgültige Zahnersatzbehandlung rechtfertigt vgl. auch LSG Baden-Württemberg, a.a.O., juris Rz. 25). Zudem war zwar nach dem Vorbringen der Klägerin am 4. Dezember 1996 eine Parodontalbehandlung erfolgt, die jedoch nach der Auffassung des Gutachters Dr. H. offenbar nicht ausreichte, da dieser eine parodontale Vorbehandlung nach dem Ergebnis seiner Untersuchung am 5. Dezember 1996 für dringend indiziert hielt. Der entscheidende Grund für die endgültige Eingliederung von Zahnersatz noch im Dezember 1996 dürfte die von der Klägerin selbst vorgetragene unklare Rechtslage bezogen auf die Kostenerstattung für Zahnersatz ab Januar 1997 gewesen sein. Auch diese begründete jedoch keine Unaufschiebbarkeit der Behandlung im Sinne einer medizinischen Indikation.

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Mit ihrer Berufungsbegründung wiederholt die Klägerin lediglich ihre bereits mit der Klagebegründung vorgebrachten Argumente für eine Ausnahme von der Regel des Abwartens der Genehmigung des Heil- und Kostenplanes durch die Beigeladene (bevorstehendes Weihnachtsfest, nur minimale optische Verbesserung durch eine Übergangsprothese, erhebliche Mehrkosten hierdurch), die aus den genannten Gründen jedoch eine Ausnahme nicht zu begründen vermögen.

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Der Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Anlage 12 BMV-Z führt dazu, dass die Leistung nicht zu vergüten ist. Dies gilt unabhängig davon, ob sie ordnungsgemäß ausgeführt wurde oder nicht. Unter diesen Voraussetzungen kann ein Leistungsanspruch auch nicht aus bereicherungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden (vgl. BSG, Urt. v. 22. März 2006 - B 6 KA 76/04 R, a. a. O., juris Rn. 11 m. w. Nachw.; Urt. des Senats vom 9. Mai 2006 - L 4 KA 14/04, veröffentlicht in juris, Rz. 35/36 m.w. Nachw.). Da die Berufung bereits aus den genannten Gründen unbegründet ist, bedarf es keines Eingehens auf die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da diese sich nicht mit einem eigenen Sachantrag an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

33

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.


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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 03. Feb. 2009 - L 4 KA 2/07 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Mai 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1  Zwischen den Beteili

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(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Mai 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung einer zahnärztlichen Behandlung in Spanien streitig.
Der 1928 geborene, bei der Beklagten freiwillig krankenversicherte Kläger, hält sich während des Jahres zweimal für 6 bis 8 Wochen in seinem Ferienhaus in J./P. in Spanien auf. Während eines solchen Spanienaufenthaltes im Sommer 2002 unterzog er sich einer zahnärztlichen Behandlung bei Dr. K., der ihm für die Anfertigung zweier Kronen der Zähne 13 und 27 insgesamt 1.363,21 EUR in Rechnung stellte.
Am 5. Juli 2002 reichte der Kläger diese Rechnung wie auch seinen Allergiepass, wonach er auf Titan, Palladium, Aluminium, Kupfer und andere Stoffe allergisch reagiere, bei der Beklagten ein und begehrte deren Übernahme.
Die Beklagte erstattete ihm daraufhin, da der Kläger den Bonus erfülle, 182,10 EUR (mit 65%). Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, es habe sich um einen klaren Notfall gehandelt und er sei auch nicht im Ausland, sondern in einem EG-Land behandelt worden. Nach Darstellung von Dr. K. würde auch seine Abrechnung den vorgegebenen Abrechnungstarifen entsprechen, so dass ihm ungefähr 818,-- EUR erstattet werden müssten.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2002 lehnte die Beklagte eine weitere Kostenerstattung mit der Begründung ab, Anspruch auf Leistungen im Krankheitsfall bestehe immer nur nach den Rechtsvorschriften des jeweiligen Aufenthaltslandes. Die spanischen Rechtsvorschriften sähen aber keine Übernahme zahnersatzärztlicher Behandlungen vor (Urteil des BSG vom 29.09.1997 - Az: 8 BKn 11/97). Deswegen komme es auch bei seiner zahnprothetischen Neuversorgung nicht darauf an, ob es sich um eine sog. Akutbehandlung gehandelt habe. Wenn sich Versicherte dennoch privatärztlich im Ausland mit Zahnersatz versorgten, bestehe hierfür kein Anspruch auf eine nachträgliche Kostenerstattung durch den deutschen Krankenversicherungsträger. Deswegen könnten seine Kosten auch nicht im Kulanzwege übernommen werden. Erstattungsfähig wären daher nur die zahnärztlichen Behandlungskosten, die 182,10 EUR betrügen.
Mit seinem hiergegen telefonisch eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, es habe sich am Urlaubsort um eine Notfallbehandlung gehandelt. Außerdem sei er Metallallergiker, so dass ihm die vollen Kosten erstattet werden müssten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2002 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, aufgrund der EWG-Verordnungen hätten Versicherte deutscher Krankenkassen bei vorübergehendem Aufenthalt in Spanien Anspruch auf Leistungen, sofern ihr Zustand ärztliche Betreuung oder Krankenhauspflege erforderlich mache. Hierfür sei eine Anspruchsbescheinigung erforderlich. Könnten Leistungen während des vorübergehenden Aufenthalts in Spanien nicht über diese Anspruchsbescheinigungen in Anspruch genommen werden, so bestehe ein Anspruch nur im Notfalle. Dies sei bei einer Versorgung mit Zahnersatz grundsätzlich nicht der Fall, d.h. der ausländische Versicherungsträger könne derartige Leistungen nicht im Wege der Sachleistungsaushilfe erbringen. Wenn Versicherte sich dennoch privatärztlich im Ausland versorgten, bestehe hierfür kein Anspruch auf eine nachträgliche Kostenerstattung durch den deutschen Krankenversicherungsträger. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), denn die aufgestellten Grundsätze zum freien Warenverkehr seien auf der Grundlage eines Sozialversicherungssystems erfolgt, das durch das Kostenerstattungsprinzip geprägt wäre. In der Bundesrepublik Deutschland würden jedoch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Sachleistungssystem erbracht, welches in die alleinige Regelungskompetenz der nationalen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union falle. In diesem Zusammenhang sei auch irrelevant, dass Dr. K. versichert habe, er erbringe seine Leistung nach den in Deutschland üblichen Abrechnungstarifen. Denn Dr. K. nehme an dem vertragszahnärztlichen Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland nicht teil und er könne daher für die Krankenversicherungsträger keine verbindlichen Erklärungen abgeben. Schließlich rechtfertige das Vorliegen nachgewiesener Allergien keinen höheren Erstattungsbeitrag, denn in § 30 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) werde nicht nach den Ursachen für die Erforderlichkeit von Zahnersatzbehandlungen unterschieden. Das BSG habe verschiedentlich betont, dass der wegen Unverträglichkeit z.B. gegen Amalgam vorgenommene Zahnersatz keine höheren Zuschussleistungen begründen könne.
Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er sei freiwillig bei der DAK versichert und zahle den monatlichen Höchstbetrag. Er habe während seines mehrwöchigen Besuches in Spanien einen Bruch seines Zahnersatzes erlitten, der eine feste Nahrungsaufnahme nicht mehr ermöglicht habe. Deswegen habe es sich um einen Notfall gehandelt, der wegen des beabsichtigten mehrwöchigen Aufenthalts in Spanien und der langen Rückreise nach Deutschland vor Ort hätte behandelt werden müssen. Im Hinblick auf seine bekannte Metallallergie habe er einen dort ansässigen deutschen Zahnarzt aufgesucht, welcher nach ausführlicher Besprechung und Vorbereitung gerade im Hinblick auf diese Allergie ihm Anfang Juni 2002 kein Provisorium, sondern zu seiner Zufriedenheit einen vollwertigen Ersatz des bisherigen, gebrochenen Zahnersatzes angefertigt habe. Sein spanischer Zahnarzt habe auch nach dem Abrechnungsmodus der DAK abgerechnet, so dass die Durchführung dieses Zahnersatzes bzw. die Reparatur in Deutschland nicht anders verlaufen wäre.
Mit Urteil vom 13. Mai 2003, dem Kläger zugestellt am 4. Juni 2003, wies das SG die Klage unter Hinweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid ab und führte ergänzend aus, dass der vorgesehene Beschaffungsweg von dem Kläger nicht eingehalten worden wäre, denn innerhalb der Europäischen Union gelte wie im Inland das Sachleistungsprinzip. Er hätte sich daher die durchgeführte Maßnahme mit Hilfe des Auslandskrankenscheines als Sachleistung beschaffen müssen.
10 
Hiergegen richtet sich die am 4. Juli 2003 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) eingelegte Berufung, mit der der Kläger ergänzend geltend macht, ihm seien bei der ärztlichen Inanspruchnahme in Spanien innerhalb der letzten 15 bis 20 Jahre, insbesondere wegen Migräneanfällen und eines Bandscheibenvorfalles seiner Ehefrau, immer die bar bezahlten Arztrechnungen von der Beklagten erstattet worden. Aus diesem Grunde habe er es unterlassen, einen Auslandskrankenschein mitzunehmen bzw. eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Auf Vorhalt des Senats hat er eingeräumt, dass nicht die Prothese zerbrochen sei, sondern zwei Zähne abgebrochen seien, auf denen eine Berücke befestigt worden wäre.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Mai 2003 sowie den Bescheid vom 23. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die anteiligen Kosten der Zahnarztrechnung von Dr. K. vom 11. Juni 2002 in Höhe von 60 v.H. zu erstatten.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie trägt ergänzend vor, dass sie auch unter Berücksichtigung der aktuellen Entscheidung des BSG vom 13. Juli 2004 - B 1 KR 11/04 R - an ihrer getroffenen Entscheidung festhalte. Der EuGH habe nämlich in seinen Urteilen im Jahr 2003 bestätigt, dass in Ermangelung einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene jeder Mitgliedstaat der EU weiterhin selbst bestimme, unter welchen Voraussetzungen Leistungen der Krankenversicherung überhaupt gewährt würden. Der Versicherte, der sich im EU-Ausland mit Zahnersatz versorgen lassen wolle, sei somit ebenso zu behandeln wie der Versicherte, der eine Versorgung im Inland in Anspruch nehme. Auch bei einer prothetischen Versorgung in einem anderen EU-Staat seien folglich alle tatbestandlichen Voraussetzungen wie bei einer Behandlung im Inland zu erfüllen. Nach den Regelungen des § 30 SGB V gelte insbesondere das Antragserfordernis, der Genehmigungsvorbehalt sowie das Begutachtungsrecht der Krankenkasse. Deswegen müsse auch vor der Versorgung mit Zahnersatz im EU-Ausland von dem ausländischen Zahnarzt ein Kostenvoranschlag erstellt werden, der ein Zahnschema enthalte, in dem die zu versorgenden Zähne ausgewiesen seien. Zusätzlich seien die Leistungen und Kosten der zahnprothetischen Behandlung im einzelnen aufzuschlüsseln. Dieser Kostenvoranschlag sei in deutscher Sprache durch den Versicherten zur Prüfung bei der entsprechenden Krankenkasse einzureichen. Diese Voraussetzungen seien vorliegend jedoch nicht beachtet worden. Ein Antrag unter Vorlage eines Heil- und Kostenplanes sowie eine Genehmigung durch die Kasse seien nicht erfolgt.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Denn ausgehend von dem in Rechnung gestellten Betrag von insgesamt 1.363,21 EUR abzüglich der bereits erfolgten Erstattung in Höhe weiterer 182,10 EUR und der begehrten Kostenerstattung von 60% (§ 30 Abs. 2 SGB V) wird die erforderliche Berufungssumme von 500,-- EUR erreicht.
18 
Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG sowie die Beklagte haben im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung hat.
19 
Rechtsgrundlage hierfür ist § 13 Abs. 4 SGB V. Nach dieser Vorschrift, die mit Wirkung vom 01.01.2004 in Kraft trat, sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung.
20 
Der Kläger hat zwar die streitige Behandlung bereits im Juli 2002, d.h. vor dem Zeitpunkt des Inkrafttreten der Regelung durchgeführt und begehrt nun deren Kostenerstattung. In einem solchem Falle ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erbringung der Leistung abzustellen (BSG SozR 4-2500 § 28 Nr. 1). Dies gilt aber vorliegend deswegen nicht, weil § 13 Abs. 4 SGB V lediglich eine Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH (Rs. C - 120/95 Decker NZS 1998, 283 = NJW 1998, 1769 und Rs. C - 158/96 Kohll in NZS 1998, 280 = NJW 1998, 1771) darstellt. Deswegen darf bei Leistungserbringern im Europäischen Wirtschaftsraum auch vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung die Kostenerstattung nicht von einer vorherigen Genehmigung der Krankenversicherung abhängig gemacht werden, d.h. der Kostenerstattungsanspruch scheitert nicht daran, dass die beklagte Krankenkasse vorher nicht eingeschaltet wurde oder dass dieselbe Behandlung in Deutschland zur Verfügung gestanden hätte (so BSG, Urteil vom 13. Juli 2004 - B 1 KR 11/04 R - Pressevorbericht Nr. 40/04 -). Insbesondere richtet sich die Kostenerstattung daher auch nicht nach § 18 SGB V.
21 
Kann der Kläger danach grundsätzlich auch die Behandlung eines spanischen Arztes in Anspruch nehmen, so eröffnet dies lediglich den Zugang des Europäischen Leistungserbringers zum inländischen Leistungsrecht, zur Überzeugung des Senats können jedoch nicht dadurch die Sachleistungsgrundsätze umgangen werden. Dies folgt bereits daraus, dass der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 1 SGB V anstelle der Sachleistung tritt, deswegen Voraussetzung ist, dass die begehrte Leistung auch als Sachleistung hätte erbracht werden können.
22 
Das ist - wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat - bei der bei dem Kläger durchgeführten Behandlung nicht der Fall. Nach § 30 Abs. 4 SGB V setzt nämlich die Versorgung mit Zahnersatz voraus, dass der Zahnarzt vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien, die gesamte Behandlung umfassenden Heil- und Kostenplan erstellt (Satz 1) und dieser von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt geprüft wird (Satz 2). Das dient auch dem Schutz des Versicherten gerade bei Auslandsbehandlungen vor einer aufwändigeren Mehrversorgung, die ggf. nach § 30 Abs. 3 Satz 2 von dem Versicherten selbst zu tragen wäre (BSG 03.09.2003 - B 1 KR 34/01 R - nv).
23 
Diesen vorgesehenen Leistungsweg hat der Kläger nicht eingehalten, sondern der Beklagten nach Abschluss der Behandlung lediglich eine Kostenrechnung vorgelegt, die weder den Erfordernissen eines Heil- und Kostenplanes entspricht, noch vorher geprüft werden konnte.
24 
Hiervon kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass es sich angeblich um eine Notfallbehandlung gehandelt habe, abgesehen werden. Eine Notfallbehandlung im Sinne des § 13 Abs. 3 Erste Alternative SGB V liegt nämlich nur dann vor, wenn der übliche Beschaffungsweg für den Berechtigten zu einer unvermeidbaren Verzögerung führt, d.h. mit medizinischen Risiken, nicht unbedingt aber Lebensgefahr, verbunden ist, und somit die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustandes gefährdet werden könnte oder der für den Versicherten nicht zumutbar ist (BSG SozR 3-2500 § 29 Nr. 3).
25 
Im Wege der Notfallbehandlung können aber zum einen nur vorläufige Maßnahmen bei Zahnersatz eingeleitet werden, d.h. die Anfertigung von Provisorien (vorliegend mit 121,66 beziffert), keinesfalls aber eine endgültige Versorgung (vgl. Urteil des Senats vom 30.06.2004 - L 11 KR 3066/03).
26 
Zum anderen lag bei dem Kläger zur Überzeugung des Senats kein Notfall vor. Er hat zwar geltend gemacht, ihm sei eine Prothese zerbrochen und er hätte keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen können. Diese Angaben hat er dann weiter im Berufungsverfahren dahingehend verifiziert, dass nicht die Prothese zerbrochen, sondern zwei Zähne abgebrochen wären, auf denen eine Brücke befestigt worden sei. Die Richtigkeit dieses Vortrages wird aber bereits durch die von den Zahnarzt Dr. K. vorgelegte Rechnung widerlegt. Danach hat sich der Kläger lediglich zwei Zähne im Oberkiefer überkronen lassen, nämlich die Zähne 13, d.h. den oberen rechten Eckzahn, sowie 27, d.h. den zweiten Molaren. Es handelt sich hierbei nicht einmal um nebeneinanderliegende Zähne. Aus der zahnärztlichen Rechnung geht auch nicht hervor, dass eine Prothese oder Brücke oder Teleskopbrücke hätte neu angefertigt werden müssen oder diese auf den beiden Kronen befestigt worden wäre.
27 
Warum der Kläger wegen der Überkronung zweier Zähne keine feste Nahrung mehr zu sich hätte nehmen können, ist für den Senat nicht nachvollziehbar und war deswegen nicht glaubhaft. Er hätte nämlich, selbst wenn er mit einer Brücke über den halben Oberkiefer versorgt worden wäre - was schon technisch unmöglich und deswegen keine vertragszahnärztliche Leistung ist (§ 30 Abs. 1 Satz 2 SGB V) - noch auf der anderen Kauleiste kauen und somit Nahrung zu sich nehmen können.
28 
Demnach hat es sich nicht um eine Notfallbehandlung gehandelt, zumal diese bei einem Zahnersatz allenfalls die Reparatur, nicht aber die Neuanfertigung einer Prothese hätte beinhalten können. Mangels Notfallbehandlung war daher von den Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 SGB V nicht abzusehen.
29 
Da der Kläger folglich die durchgeführte Behandlung nicht hätte als Sachleistung erstattet erhalten können, scheidet auch eine Kostenerstattung aus.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
31 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
17 
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Denn ausgehend von dem in Rechnung gestellten Betrag von insgesamt 1.363,21 EUR abzüglich der bereits erfolgten Erstattung in Höhe weiterer 182,10 EUR und der begehrten Kostenerstattung von 60% (§ 30 Abs. 2 SGB V) wird die erforderliche Berufungssumme von 500,-- EUR erreicht.
18 
Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG sowie die Beklagte haben im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung hat.
19 
Rechtsgrundlage hierfür ist § 13 Abs. 4 SGB V. Nach dieser Vorschrift, die mit Wirkung vom 01.01.2004 in Kraft trat, sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung.
20 
Der Kläger hat zwar die streitige Behandlung bereits im Juli 2002, d.h. vor dem Zeitpunkt des Inkrafttreten der Regelung durchgeführt und begehrt nun deren Kostenerstattung. In einem solchem Falle ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erbringung der Leistung abzustellen (BSG SozR 4-2500 § 28 Nr. 1). Dies gilt aber vorliegend deswegen nicht, weil § 13 Abs. 4 SGB V lediglich eine Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH (Rs. C - 120/95 Decker NZS 1998, 283 = NJW 1998, 1769 und Rs. C - 158/96 Kohll in NZS 1998, 280 = NJW 1998, 1771) darstellt. Deswegen darf bei Leistungserbringern im Europäischen Wirtschaftsraum auch vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung die Kostenerstattung nicht von einer vorherigen Genehmigung der Krankenversicherung abhängig gemacht werden, d.h. der Kostenerstattungsanspruch scheitert nicht daran, dass die beklagte Krankenkasse vorher nicht eingeschaltet wurde oder dass dieselbe Behandlung in Deutschland zur Verfügung gestanden hätte (so BSG, Urteil vom 13. Juli 2004 - B 1 KR 11/04 R - Pressevorbericht Nr. 40/04 -). Insbesondere richtet sich die Kostenerstattung daher auch nicht nach § 18 SGB V.
21 
Kann der Kläger danach grundsätzlich auch die Behandlung eines spanischen Arztes in Anspruch nehmen, so eröffnet dies lediglich den Zugang des Europäischen Leistungserbringers zum inländischen Leistungsrecht, zur Überzeugung des Senats können jedoch nicht dadurch die Sachleistungsgrundsätze umgangen werden. Dies folgt bereits daraus, dass der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 1 SGB V anstelle der Sachleistung tritt, deswegen Voraussetzung ist, dass die begehrte Leistung auch als Sachleistung hätte erbracht werden können.
22 
Das ist - wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat - bei der bei dem Kläger durchgeführten Behandlung nicht der Fall. Nach § 30 Abs. 4 SGB V setzt nämlich die Versorgung mit Zahnersatz voraus, dass der Zahnarzt vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien, die gesamte Behandlung umfassenden Heil- und Kostenplan erstellt (Satz 1) und dieser von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt geprüft wird (Satz 2). Das dient auch dem Schutz des Versicherten gerade bei Auslandsbehandlungen vor einer aufwändigeren Mehrversorgung, die ggf. nach § 30 Abs. 3 Satz 2 von dem Versicherten selbst zu tragen wäre (BSG 03.09.2003 - B 1 KR 34/01 R - nv).
23 
Diesen vorgesehenen Leistungsweg hat der Kläger nicht eingehalten, sondern der Beklagten nach Abschluss der Behandlung lediglich eine Kostenrechnung vorgelegt, die weder den Erfordernissen eines Heil- und Kostenplanes entspricht, noch vorher geprüft werden konnte.
24 
Hiervon kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass es sich angeblich um eine Notfallbehandlung gehandelt habe, abgesehen werden. Eine Notfallbehandlung im Sinne des § 13 Abs. 3 Erste Alternative SGB V liegt nämlich nur dann vor, wenn der übliche Beschaffungsweg für den Berechtigten zu einer unvermeidbaren Verzögerung führt, d.h. mit medizinischen Risiken, nicht unbedingt aber Lebensgefahr, verbunden ist, und somit die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustandes gefährdet werden könnte oder der für den Versicherten nicht zumutbar ist (BSG SozR 3-2500 § 29 Nr. 3).
25 
Im Wege der Notfallbehandlung können aber zum einen nur vorläufige Maßnahmen bei Zahnersatz eingeleitet werden, d.h. die Anfertigung von Provisorien (vorliegend mit 121,66 beziffert), keinesfalls aber eine endgültige Versorgung (vgl. Urteil des Senats vom 30.06.2004 - L 11 KR 3066/03).
26 
Zum anderen lag bei dem Kläger zur Überzeugung des Senats kein Notfall vor. Er hat zwar geltend gemacht, ihm sei eine Prothese zerbrochen und er hätte keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen können. Diese Angaben hat er dann weiter im Berufungsverfahren dahingehend verifiziert, dass nicht die Prothese zerbrochen, sondern zwei Zähne abgebrochen wären, auf denen eine Brücke befestigt worden sei. Die Richtigkeit dieses Vortrages wird aber bereits durch die von den Zahnarzt Dr. K. vorgelegte Rechnung widerlegt. Danach hat sich der Kläger lediglich zwei Zähne im Oberkiefer überkronen lassen, nämlich die Zähne 13, d.h. den oberen rechten Eckzahn, sowie 27, d.h. den zweiten Molaren. Es handelt sich hierbei nicht einmal um nebeneinanderliegende Zähne. Aus der zahnärztlichen Rechnung geht auch nicht hervor, dass eine Prothese oder Brücke oder Teleskopbrücke hätte neu angefertigt werden müssen oder diese auf den beiden Kronen befestigt worden wäre.
27 
Warum der Kläger wegen der Überkronung zweier Zähne keine feste Nahrung mehr zu sich hätte nehmen können, ist für den Senat nicht nachvollziehbar und war deswegen nicht glaubhaft. Er hätte nämlich, selbst wenn er mit einer Brücke über den halben Oberkiefer versorgt worden wäre - was schon technisch unmöglich und deswegen keine vertragszahnärztliche Leistung ist (§ 30 Abs. 1 Satz 2 SGB V) - noch auf der anderen Kauleiste kauen und somit Nahrung zu sich nehmen können.
28 
Demnach hat es sich nicht um eine Notfallbehandlung gehandelt, zumal diese bei einem Zahnersatz allenfalls die Reparatur, nicht aber die Neuanfertigung einer Prothese hätte beinhalten können. Mangels Notfallbehandlung war daher von den Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 SGB V nicht abzusehen.
29 
Da der Kläger folglich die durchgeführte Behandlung nicht hätte als Sachleistung erstattet erhalten können, scheidet auch eine Kostenerstattung aus.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
31 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Juni 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) im gesamten Verfahren sind erstattungsfähig.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) im gesamten Verfahren sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses für die Quartale IV/99 bis II/00.

2

Die Klinik für Allgemeine Pädiatrie der Klägerin (Universitätsklinikum S.) ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Die Beigeladene zu 1) stellte im August 2000 und November 2000 Anträge auf Prüfung eines besonderen Schadens im Hinblick auf die in den Quartalen IV/99, I/00 und II/00 erfolgte Behandlung der bei ihr versicherten, 1986 geborenen Patientin M. C. mit dem Medikament Granditropin. Dieses enthalte als Wirkstoff gentechnisch hergestelltes Somatropin und sei ein in Deutschland nicht zugelassenes Arzneimittel, welches gemäß § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) für einzelne Patienten eingeführt werden könne. In Deutschland seien mehrere Arzneimittel zugelassen und verfügbar, die ebenfalls gentechnisch hergestelltes Somatropin als Wirkstoff enthielten.

3

Mit Beschlüssen/Bescheiden vom 4. April 2001/27. August 2001 setzte der Prüfungsausschuss nach Anhörung der Klägerin Schadensersatz für die Quartale IV/99 und I/00 in Höhe von 46.427,04 DM und für das Quartal II/00 in Höhe von 17.410,14 DM fest. Er schloss sich in seiner Begründung im Wesentlichen der Antragsbegründung an. Die Frage nach der Qualität und Unbedenklichkeit von Granditropin stelle sich insbesondere, weil das Präparat lediglich in Georgien zugelassen sei, einem Land, in dem die Gleichwertigkeit der an eine Arzneimittelzulassung geknüpften Qualitätsstandards im Vergleich zu den hier geltenden Maßstäben mehr als fraglich erscheine.

4

Mit ihren dagegen jeweils gerichteten Widersprüchen trug die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Entscheidung des Prüfungsausschusses werde der Sach- und Rechtslage nicht gerecht. Es werde vorsorglich gerügt, dass die Beigeladene zu 1) mit ihrem Antrag vom 24. August 2000 (Quartale IV/99 und I/00) die Antragsfrist nach § 12 Abs. 4 Satz 3 der Prüfvereinbarung vom 13. Juni 1995 (im Folgenden: PV) nicht eingehalten habe. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) verstoße die Verordnung des hier streitigen Präparates nicht gegen die Grundsätze, die das BSG in diversen Urteilen zur Verordnungs- und Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln entwickelt habe. Die Entscheidung des BSG vom 30. September 1999 (B 8 KN 9/98 KR R - „SKAT") befasse sich mit dem indikationsfremden Einsatz eines Arzneimittels, um den es hier nicht gehe. Unabhängig davon habe das BSG in seinem Urteil ausdrücklich offen gelassen, ob ein zulassungsüberschreitend eingesetztes Medikament verordnungs- und erstattungsfähig sei. Das Urteil des BSG vom 08. März 1995 (1 RK 8/94 - „Edelfosin“) betreffe einen Fall, in dem das nach dem Arzneimittelgesetz vorgesehene Zulassungsverfahren noch nicht erfolgreich abgeschlossen gewesen sei. Das hier streitige Präparat Granditropin sei indes nach dem AMG nicht zulassungspflichtig. Entgegen der Ansicht des Prüfungsausschusses werde die Verordnung von Granditropin auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass zum Zeitpunkt der Verordnung wirkstoffgleiche, nach dem AMG zugelassene Arzneimittel verfügbar gewesen seien. Denn das etwaige Bestehen einer Versorgungslücke sei kein Tatbestandsmerkmal des § 73 Abs. 3 AMG. Unabhängig davon habe es sich auch bei dem Präparat Norditropin um ein Arzneimittel gehandelt, das bis Ende 1999 als nur in Dänemark zugelassenes Medikament in Deutschland nur nach § 73 Abs. 3 AMG habe eingeführt und verordnet werden dürfen; erst seit Dezember 1999 sei es nach dem AMG anerkannt. Entgegen der Annahme des Prüfungsausschusses werde das Präparat Granditropin nicht in Georgien, sondern in Österreich durch die Firma R. hergestellt. Es sei in Georgien nach dem dortigen nationalen Recht zugelassen. Die nationalen Zulassungsverfahren in Georgien und in Deutschland seien, was die Qualität der Arzneimittelprüfung anbelange, durchaus vergleichbar. Im Übrigen komme es darauf nicht an. In dem Verfahren über die von der Vertreiberfirma zwischenzeitlich bei der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) beantragte europaweite Zulassung von Granditropin seien sowohl die Betriebsstätten in Österreich als auch in Deutschland begutachtet worden und ohne Beanstandung geblieben. Darüber hinaus sei das Präparat vom Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Schwerpunktprobe nach § 65 Abs. 1 AMG geprüft worden; auch hier habe es keine Beanstandungen gegeben. Entgegen der Praxis der Beigeladenen zu 1) werde das Präparat Granditropin von anderen gesetzlichen Krankenkassen ohne weiteres erstattet.

5

Im Rahmen der Anhörung vor dem beklagten Beschwerdeausschuss trug die Klägerin ausweislich des angefochtenen Bescheides ergänzend vor: Die betroffene Patientin leide an einem Ullrich-Turner-Syndrom; sie sei schwer kleinwüchsig. Granditropin solle für das Turner-Syndrom zugelassen werden. Eine Therapiestudie der Firma sei bei Behandlungsbeginn am 28. November 1997 noch offen gewesen. Durch das Einbringen des Kindes in die Studie seien der Gesetzlichen Krankenversicherung Kosten für 2 Jahre in Höhe von 160.000 DM erspart worden. Es sei deshalb selbstverständlich gewesen, nach Auslaufen der Studie am 16. November 1999 die Präparate der Herstellerfirma, die die Studie finanziert habe, weiter zu verordnen und nicht die zugelassenen deutschen Präparate alternativ einzusetzen. Es gebe zwar 5 Präparate, die für die Behandlung des Turner-Syndroms zugelassen seien, aber die Zulassung des 6. Präparates würde die Kosten aller Präparate senken. Eine entsprechende Norditropin-Simplexx-Verordnung wäre zwar günstiger gewesen, da aber die Therapie zweifellos indiziert gewesen sei, seien lediglich die entstandenen Mehrkosten in Rechnung zu stellen. Die Patientin habe durch die Therapie die untere Wachstumsgrenze erreicht. Ohne Therapie hätte lediglich eine Körpergröße von 1,30 cm bis 1,40 cm erreicht werden können.

6

Der beklagte Beschwerdeausschuss wies die Widersprüche durch Beschluss/Bescheid vom 5. Juni 2002/29. Oktober 2002 zurück. Die Behandlung sei nach Darstellung der Anamnese erforderlich gewesen, jedoch hätte die Behandlung des Turner-Syndroms zu Kassenlasten mit hierfür zugelassenen Medikamenten erfolgen müssen. Die vom BSG für den Off-Label-Use aufgestellten Kriterien könnten hier nicht greifen. Danach müssten zur Behandlung einer Erkrankung mit einem hierfür nicht zugelassenen Medikament mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen müsse - wie im vorliegenden Fall - eine lebensbedrohende oder nachhaltig lebensverändernde Erkrankung vorliegen. Dann müsse die Datenlage erkennen lassen, dass das verwendete Präparat sich zumindest in der Phase 3 der Studie befinde oder das Präparat müsse zur Zulassung für die therapierte Indikation anstehen. Dieser Sachverhalt liege nach Aussage des Herrn Prof. Dr. Sa. hier vor. Dennoch hätte die Klinik für Pädiatrie das Präparat Granditropin nicht zu Kassenlasten verordnen dürfen, da es in Deutschland nicht zugelassen gewesen sei. Zur Behandlung des Turner-Syndroms hätten zugelassene Präparate zur Verfügung gestanden. Damit sei die weitere vom BSG für die Zulässigkeit eines Off-Label-Use angenommene Voraussetzung, nämlich das Nichtvorhandensein für die Behandlung der jeweiligen Erkrankung zugelassener Präparate, in diesem Fall eindeutig nicht erfüllt. Es sei eindeutig zu erkennen, dass Herr Prof. Dr. Sa. das Präparat nur aus Gefälligkeit gegenüber der Pharmafirma weiter verordnet habe, da diese die Patientin im Rahmen einer Studie über zwei Jahre kostenlos mit dem Präparat versorgt habe. Aufgrund der Tatsache, dass hier ein nicht zugelassenes Präparat verordnet worden sei und Behandlungsalternativen in Form von zugelassenen Präparaten möglich gewesen wären, komme er nicht umhin, die Widersprüche zurückzuweisen.

7

Hiergegen hat die Klägerin am 26. November 2002 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Entgegen der Auffassung des Beklagten gehe es hier nicht um einen sog. „Off-Label-Use“. Im Gegenteil handele es sich bei dem Medikament Granditropin um ein damals nach § 73 Abs. 3 AMG in Deutschland zulässig eingesetztes Medikament. Damit seien die angefochtenen Entscheidungen schon wegen fehlerhafter Begründung abzuändern und die beiden Beschlüsse des Prüfungsausschusses aufzuheben. Auch der Sache nach sei eine die Festsetzung des Schadensersatzes rechtfertigende unwirtschaftliche Behandlung nicht gegeben. Eine gleich wirksame Medikation mit einem in Deutschland zugelassenen Medikament wäre im vorliegenden Fall nur zu höheren Kosten möglich gewesen. Angesichts des Umstandes, dass die Patientin bereits seit längerem mit dem Medikament Granditropin behandelt worden sei, habe es den Regeln ärztlicher Kunst entsprochen, die Therapie mit diesem Medikament fortzusetzen, um den Therapieerfolg nicht zu gefährden, da bei einer Langzeittherapie jeder Wechsel schädlich für die Compliance sei. Der Einsatz eines nach § 73 Abs. 3 AMG verordneten Medikaments könne nicht zur Unwirtschaftlichkeit der Verordnung führen. Schon aus den Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG folge eine genauso intensive Wirksamkeitsgewähr wie aus der deutschen Arzneimittelzulassung. § 73 Abs. 3 AMG setze nämlich u.a. voraus, dass das Medikament aus einem Staat eingeführt werde, in dem es in den Verkehr gebracht werden dürfe. Weder bestünden Erkenntnisse noch sei die Annahme gerechtfertigt, dass ein in einem anderen Staat zugelassenes Medikament einer weniger intensiven Wirksamkeitskontrolle unterzogen worden sei als in Deutschland. Dies gelte insbesondere im vorliegenden Fall, in dem der Wirkstoff für das Medikament in Deutschland (Baden-Württemberg) entwickelt worden sei. Außerdem sei mit der Zulassung bis Ende des Jahres zu rechnen. Hinzu komme im konkreten Einzelfall, dass das Medikament Granditropin zur Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms und der damit verbundenen massiven Kleinwüchsigkeit sehr wohl geeignet sei. Dies habe gerade die Behandlung der Patientin M.C. bewiesen. Darüber hinaus liege auch im Ergebnis keine unwirtschaftliche Verordnungsweise vor. Unstreitig dürfte sein, dass die Patientin wegen ihrer Kleinwüchsigkeit habe behandelt werden müssen. Wäre die Behandlung nicht mit dem tatsächlich eingesetzten Medikament Granditropin erfolgt, hätte stattdessen ein anderes Medikament eingesetzt werden müssen. Beispielsweise habe das Medikament Zomacton im Jahr 2000 124,96 DM/mg gekostet, das Medikament Granditropin dagegen lediglich 109,61 DM/mg. Im Regress würden als Verbrauch der Patientin M. C. 582 mg angegeben. Hieraus errechne sich eine Ersparnis bei Einsatz des Medikamentes Granditropin in Höhe von 582 mg x 15,35 DM = 8.933,70 DM. Unberücksichtigt bleibe bei dieser Berechnung die eventuelle Notwendigkeit einer Verlängerung der Behandlung aufgrund von Problemen bei der Medikamentenumstellung. Von einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise könne daher nicht ansatzweise die Rede sein.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 29. Oktober 2002 aufzuheben.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Beigeladene zu 1) hat sich der Begründung des angefochtenen Bescheides angeschlossen und sich zudem auf die Urteile des BSG vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - sowie des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2003 - L 5 KR 53/03 - bezogen. Beide Urteile stützten ihre Auffassung, wonach die Verordnung des Medikaments Granditropin nicht unter die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung falle, da das Präparat in Deutschland nicht zugelassen sei.

13

Die Beigeladene zu 2) hat sich nicht zur Sache geäußert.

14

Das Sozialgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 8. Juni 2004 durch Urteil vom selben Tage der Klage stattgegeben. In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Ein sonstiger Schaden im Sinne von § 106 SGB V i.V.m. § 48 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 12 Abs. 3 der PV vom 15. Mai 1995 liege hier nicht vor. Nach § 12 Abs. 3 PV entscheide der Prüfungsausschuss auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen seien (hierunter fielen auch Verordnungen, die gegen die Arzneimittel-Richtlinien verstießen) oder fehlerhafte Ausstellung von Bescheinigungen. Die Feststellung eines Schadensersatzes nach § 12 Abs. 3 PV setze materiell-rechtlich voraus die Verordnung von ausgeschlossenen Leistungen (1.), die Unzulässigkeit der Verordnung (2.) - hiermit sei nach Auffassung der Kammer die schuldhafte Begehung (also zumindest Fahrlässigkeit) gemeint - sowie (3.) einen hieraus der Krankenkasse entstandenen Schaden. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Die Verordnung des Medikaments Granditropin gehöre nicht grundsätzlich zu den aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossenen Leistungen. Versicherte hätten nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse nach Satz 2 Ziffer 3 grundsätzlich auch die Versorgung mit Arzneimitteln. Dieser Grundsatz erfahre seine Konkretisierung in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach der Anspruch bestehe auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen seien. Bei dem Medikament Granditropin handele es sich um ein grundsätzlich apothekenpflichtiges Arzneimittel. Nicht im Gesetz geregelt sei die Frage, ob ein Arzneimittel schon dann als Arzneimittel gelte, wenn es auf dem Markt sei oder erst dann, wenn es nach dem AMG zugelassen sei. Diese Frage sei indes jedenfalls seit den Urteilen des BSG vom 30. September 1999 - B 8 KN 9/98 - KR R (SKAT-Entscheidung) und 19. März 2002 - B 1 KR 37/00 R (Sandoglobulin-Entscheidung) dahingehend zu beantworten, dass als Arzneimittel grundsätzlich nur ein nach dem AMG zugelassenes Medikament anzusehen sei. Das Medikament Granditropin sei zur Zeit der Verordnungen grundsätzlich zugelassen gewesen, allerdings nicht in Deutschland, sondern nur in Georgien. Diese Zulassung außerhalb Deutschlands stehe indes einer Verordnungsfähigkeit nicht immer entgegen. Grundsätzlich dürften zulassungspflichtige Arzneimittel nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG nach Deutschland nur importiert werden, wenn sie hier auch zugelassen seien. Allerdings mache Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift von diesem Grundsatz eine Ausnahme. Danach dürften abweichend von Abs. 1 Satz 1 AMG nicht in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel nach Deutschland importiert werden, wenn sie in dem Land, aus dem sie importiert würden, zugelassen und von Apotheken bestellt seien. Weitere Voraussetzung nach Satz 2 sei, dass solche Arzneimittel nur in geringen Mengen und auf besondere Bestellung einzelner Personen bezogen würden und nur im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes abgegeben würden sowie, soweit es sich nicht um Arzneimittel aus Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum handele, nur auf ärztliche Verschreibung bezogen würden. Dass die Ausnahmevoraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG hier vorlägen, sei zwischen den Beteiligten nicht streitig. Soweit der Beklagte allerdings darauf abstelle, dass gleichwohl ein Import nicht habe stattfinden dürfen, da es in Deutschland zugelassene Alternativmedikamente gebe, gehe diese Ansicht fehl. Die "Notwendigkeit des Imports" sei kein Tatbestandsmerkmal des § 73 Abs. 3 AMG. Die Zulässigkeit des Imports eines Arzneimittels nach den Vorschriften des AMG sage zunächst nichts über die Verordnungsfähigkeit auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Zum Verhältnis des AMG zum SGB V habe sich das BSG in seiner Sandoglobulin-Entscheidung allerdings dahingehend geäußert, dass bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung davon ausgegangen werden könne, dass damit zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt seien. Unbeschadet der unterschiedlichen Zielsetzung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht rechtfertige dies die Vorgreiflichkeit der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Anwendung eines Medikaments im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Aus diesen grundsätzlichen Erwägungen sei abzuleiten, dass das AMG nicht nur in seinen Grundsätzen, sondern auch in dem Ausnahmefall des § 73 Abs. 3 Anwendung finde. Im Rahmen des § 73 Abs. 3 AMG seien daher Verordnungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zulässig. Wenn die Verordnung des Medikaments Granditropin in diesem Ausnahmefall zulässig gewesen sei, könne ein Verschulden nicht vorliegen. Schließlich lasse der Bescheid auch Ausführungen zum konkreten Schaden vermissen. Die AOK Hamburg habe die Kosten für Medikamente zwei Jahre lang gespart. Hier hätte eine Gegenrechnung erfolgen müssen, welche Kosten entstanden wären, wenn die Patientin über den kompletten Behandlungszeitraum mit einem zugelassenen Medikament behandelt worden wäre.

15

Gegen das ihr am 5. Juli 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. August 2004 eingelegte Berufung der Beigeladenen zu 1), die zur Begründung im Wesentlichen vorträgt: Das Sozialgericht führe zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen die Urteile des BSG vom 30. September 1999 - B 8 KN 9/98 KR R - und vom 19. März 2002 - B 1 KR 37/00 R - an. Diese zum „Off-Label-Use“ ergangenen Urteile schlössen bei Vorliegen einer deutschen arzneimittelrechtlichen Zulassung auch auf die Erfüllung der Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Hier liege weder eine deutsche Zulassung für Granditropin vor, noch sei ein „Off-Label-Use" gegeben. Beide zitierten Entscheidungen seien daher für die Entscheidungsbegründung des Sozialgerichts ungeeignet. Denn bei einem „Off-Label-Use" sei eine Prüfung des Präparates im Inland bereits erfolgt, wenn auch auf einem anderen Anwendungsgebiet. In dem vorliegenden Fall sei hingegen eine nationale Zulassung gerade nicht gegeben, eine Risikoprüfung im Inland folglich nicht erfolgt. Aufgrund einer ausländischen, hier georgischen, arzneimittelrechtlichen Zulassung könne jedoch nicht auf das Vorliegen der Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts geschlossen werden, da ausländische Zulassungskriterien nicht identisch seien mit denen, die bei einem nationalen Zulassungsverfahren geprüft würden. Das Vorliegen einer ausländischen Zulassung sei keine Gewähr für das Vorliegen dieser Standards der wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung. Entgegen der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung werde die Leistungspflicht gesetzlicher Krankenkassen auch nicht durch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG begründet. Sinn und Zweck dieser im Abschnitt „Ein- und Ausfuhr" des AMG stehenden Norm sei es nicht, eine erforderliche nationale Zulassung zu ersetzen. Vielmehr sei sie eine Ausnahmevorschrift, die das In-Verkehr-Bringen von Medikamenten, die keine nationale Zulassung besitzen, unter bestimmten Voraussetzungen von der Strafbarkeit der Einfuhr nach § 96 AMG befreie. Würde allein durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen begründet, ließen sich für die Qualitätssicherung unvermeidbare strenge nationale Zulassungskriterien auf einfachstem Wege durch eine ausländische Zulassung umgehen, sobald andere Zulassungsverfahren abweichende Qualitätsstandards aufwiesen. Dies würde eine Qualitätsminderung und fehlende Risikoprüfung zur Folge haben. Auf die Leistungspflicht gesetzlicher Krankenkassen könne dann nicht mehr geschlossen werden, es müsste in jedem Einzelfall durch ein eigenständiges Verfahren geprüft werden, ob das Medikament mit ausländischer Zulassung den Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entspreche. Auch die in dem angefochtenen Urteil zitierten Entscheidungen unterschieden ausdrücklich, dass die Verordnung eines Medikaments nach legaler Einfuhr zwar zulässig sein könne, unabhängig hiervon jedoch die Leistungspflicht der Krankenkassen beurteilt werden müsse. Danach stehe auch die Therapiefreiheit unter dem Vorbehalt des Leistungsrechts, wobei das Interesse des Beitragszahlers am sinnvollen - im Rahmen des AMG abgesicherten - Einsatz der Mittel höher zu bewerten sei als das Interesse des Erkrankten an medizinischen Versuchen, d.h. an der Verwendung letztlich - nach unserem Rechtssystem - ungesicherter Präparate. In seinem Urteil vom 18. Mai 2004 (B 1 KR 21/02 R) habe das BSG daher auch entschieden, dass für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen eine deutsche oder EU-weite Zulassung Mindestvoraussetzung sei. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Kiel sei ein Schaden im Sinne von § 48 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 12 Abs. 3 der Prüfungsvereinbarung Schleswig-Holstein bereits dann gegeben, wenn zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen verordnet würden, die aus ihrer Leistungspflicht ausgeschlossen seien. Auf ein Verschulden des verordnenden Arztes oder die Kosten für eine Alternativbehandlung komme es nicht an. Zunächst finde sich hierzu in der Prüfungsvereinbarung Schleswig-Holstein keine Grundlage. Auch die bislang zu der „Off-Label-Use"-Problematik ergangenen Urteile des BSG setzten bei Schadensersatzansprüchen nach erfolgter Leistung außerhalb der Leistungspflicht nicht ein Verschulden des behandelnden Arztes voraus. Zudem könne ein Preisvergleich des Medikaments mit ausländischer Zulassung und eines vergleichbaren Medikaments mit deutscher Zulassung nach dem AMG nicht dazu führen, dass sie sich ggf. Kosten für eine Alternativbehandlung entgegenhalten lassen müsse. Denn dann wäre letztlich die Verordnung von Präparaten, denen die erforderliche deutsche Zulassung fehle, immer dann sanktionslos, wenn das Präparat mit ausländischer Zulassung preisgünstiger sei als vergleichbare hier zugelassene Medikamente. Darüber hinaus wäre in diesem Falle auch die mit den bereits erwähnten Risiken verbundene Umgehung des nationalen Zulassungsverfahrens gleichsam „durch die Hintertür" möglich; dies könne nicht richtig sein.

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Die Beigeladene zu 1) beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 08. Juni 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte schließt sich dem Antrag und dem Vorbringen der Beigeladenen zu 1) an.

19

Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Nicht das AMG, sondern die § 2 Abs. 1 S. 3 und 12 Abs. 1 SGB V bestimmten die inhaltlichen Grenzen für die Leistungspflicht der Krankenkassen. Diese Grenzziehung falle für nach dem AMG zugelassene Arzneimittel deshalb leicht, weil im Rahmen der Zulassungsprüfung ebenfalls der Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments zu erbringen sei. Der Zulassung komme damit insoweit eine Indizwirkung zu. Für (noch) nicht zugelassene Medikamente sei hingegen die Frage der Leistungspflicht der Krankenkassen im Hinblick auf Qualität und Wirksamkeit des Medikaments für den jeweiligen Einzelfall gesondert zu überprüfen. Jedoch könne selbstverständlich auch der auf der Grundlage des § 73 Abs. 3 AMG erfolgende Einsatz eines (noch) nicht zugelassenen Arzneimittels die Kriterien der §§ 2 Abs. 1 S. 3 und 12 Abs. 1 SGB V erfüllen und damit die Leistungspflicht der Krankenkassen auslösen. Grundlage für die - nötigenfalls nachträglich durch das angerufene Gericht - vorzunehmende Überprüfung könnten dabei insbesondere die im Zusammenhang mit dem Einsatz des Medikaments erarbeiteten Studienergebnisse oder im Ausland durchgeführte Arzneimittelprüfungen sein. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 18. Mai 2004 (B 1 KR 21/02 R) sowie vom 19. Oktober 2004 (B 1 KR 27/02 R) stünden dem nicht entgegen. In dem Urteil vom 18. Mai 2004 verweise das Gericht vielmehr ebenfalls darauf, dass es zu Qualität und Wirkungsweise eines Arzneimittels zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben müsse, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt sei. Die folgenden Ausführungen des BSG könnten, gerade auch angesichts seiner früheren Entscheidungen, so verstanden werden, dass bei nicht zugelassenen Medikamenten der Nachweis im Sinne der §§ 2 Abs. 1 S. 3 und 12 Abs. 1 SGB V grundsätzlich möglich sei, es sei denn, ein Zulassungsantrag des Herstellers sei bereits abschlägig beschieden worden. Darauf, ob diese Entscheidung bestandskräftig geworden sei, solle es nicht ankommen. Die Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit des Medikaments Granditropin sei in mehreren klinischen Phase-III-Studien mit über 1000 Patienten in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und Georgien nachgewiesen, und die Ergebnisse der klinischen Studien seien veröffentlicht worden. Eine Publikationsliste sei als Anlage beigefügt. Die Erteilung der bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) im zentralen Zulassungsverfahren beantragten EU-weiten arzneimittelrechtlichen Zulassung durch die Europäische Kommission werde für September 2005 erwartet. Darüber hinaus lägen zwischenzeitlich bereits arzneimittelrechtliche Zulassungen für Granditropin in den Staaten Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Kasachstan vor. Im Fall der Patientin M. C. lägen jedenfalls auch die vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 19. Oktober 2004 wieder aufgegriffenen Kriterien eines Ausnahmefalls vor. Die Ausführungen des Beklagten zu der Frage des Vorliegens eines kausalen Schadens i.S.d. § 12 Abs. 3 der Gemeinsamen Prüfvereinbarung seien unrichtig. Die betreffende Bestimmung der Prüfvereinbarung regele nicht „Sanktionen“ im Sinne einer Geldstrafe für eine unzulässige Verordnung von Leistungen, sondern einen Schadensersatzanspruch. Dies setze aber voraus, dass durch die Verordnung der jeweils im Streit stehenden Leistung der Krankenkasse tatsächlich ein Schaden entstanden sei. Nach der sog. Differenzhypothese seien ersparte Aufwendungen bei der Berechnung des Schadens im Wege der Vorteilsausgleichung grundsätzlich anzurechnen (unter Hinweis auf Palandt-Heinrichs, 62. Aufl. 2003, Vorb. v. § 249, Rdn. 141). Zur weiteren Begründung bezieht sich die Klägerin auf eine „gutachterliche Stellungnahme zur Erstattungsfähigkeit von Granditropin durch die gesetzliche Krankenversicherung....“ der Rechtsanwälte Frehse und Mack, Münster, aus April 2005 (Bl.100-104 GA).

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Die Beigeladene zu 1) erwidert darauf im Wesentlichen: Eine „notstandsähnliche Situation“, wie sie der von der Klägerin zitierten Entscheidung zu Visudyne (Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R -) zugrunde liege, habe hier nicht bestanden. Zum Zeitpunkt der Behandlung seien in Deutschland andere Medikamente zur Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms zugelassen gewesen. Es handele sich bei dieser Erkrankung auch nicht um eine derart seltene Erkrankung, dass eine Erforschung aus Gründen der Singularität ausscheide. An dem Ergebnis änderten auch die von der Klägerin angegebenen Phase-III-Studien nichts. Das BSG führe in der Entscheidung zu Visudyne aus, dass der Qualitätsnachweis bereits im Zeitpunkt der Behandlung vorliegen müsse. Die von der Klägerin angegebenen Veröffentlichungen datierten aus den Jahren 2002 und später, das Schreiben der EMEA sogar erst aus dem Jahre 2004; die Behandlung sei aber bereits in den Jahren 1999 und 2000 durchgeführt worden, so dass diese Studien jedenfalls keinen Qualitätsnachweis erbringen könnten. Es liege auch ein sonstiger Schaden gemäß § 12 Nr. 3 der Prüfvereinbarung vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Regelungen des Zivilrechts nicht anwendbar. Das BSG habe in dem Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R - zu der schleswig-holsteinischen Prüfvereinbarung - klargestellt, dass es für die Festsetzung eines Regresses wegen Verstoßes gegen die AMR bzw. wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nicht auf ein Verschulden des Arztes ankomme. Der „Schaden", der durch einen Verordnungsregress auszugleichen sei, entspreche nach Auffassung des BSG demjenigen, der durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise i.S.d. § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V verursacht werde. Nach den Regelungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung könnten zu Gunsten der Klägerin allenfalls kompensatorische Einsparungen berücksichtigt werden. Dies setze aber voraus, dass zwischen dem Mehraufwand auf der einen und den Kostenüberschreitungen auf der anderen Seite ein kausaler Zusammenhang bestehe. Ein Solcher sei aber nicht gegeben, wenn ein ganz anderes Medikament hätte eingesetzt werden müssen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats am 9. Mai 2006 gewesen sind.

Entscheidungsgründe

24

Die statthafte (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,00 €, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Festsetzung eines Schadensersatzes im Zusammenhang mit der Verordnung des Medikaments Granditropin durch die Klägerin rechtmäßig. Streitgegenstand sind dabei nur der Beschluss/Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2002/29. Oktober 2002, nicht hingegen die Beschlüsse/Bescheide des Prüfungsausschusses (ständige Rechtsprechung; u.a. BSG, Urteil vom 9. März 1994 - 6 RKa 5/92 - BSGE 74, 59).

25

Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die gesetzlich geregelten Prüfungsarten hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Diese Regelung beinhaltet eine Ermächtigungsgrundlage auch für Regresse wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 52). Entsprechend ist in § 12 Abs. 3 der von den Partnern der Gesamtverträge Schleswig-Holstein vereinbarten hier anzuwendenden „Gemeinsame(n) Prüfvereinbarung vertragsärztliche Versorgung“ vom 15. Mai 1995 bestimmt, dass der Prüfungsausschuss auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen entscheidet, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind (hierunter fallen auch Verordnungen, die gegen die Arzneimittel-Richtlinien verstoßen) oder wegen fehlerhafter Ausstellung von Bescheinigungen.

26

Die Beigeladene zu 1) hat die Anträge auf Prüfung jeweils innerhalb der in § 12 Abs. 4 PV geregelten Frist von neun Monaten nach Eingang der Überweisungsscheine gestellt. Für den auf das Quartal II/00 bezogenen Antrag, der im November 2000 einging, ergibt sich dies ohne jegliche weitere Prüfung daraus, dass die Frist von neun Monaten auch für evtl. vor Ablauf des Quartals eingereichte Überweisungsscheine nicht vor April 2000 begonnen haben kann. Gleiches gilt für das Quartal I/00 bezogen auf den im August 2000 eingegangenen Antrag. Hinsichtlich des Quartals IV/99 könnte etwas anderes nur dann gelten, wenn Überweisungsscheine für dieses Quartal bereits vor dem 29. November 1999 (Eingang des Antrages 28. August 2000) eingegangen wären. Hiervon ist jedoch nach der üblichen Abrechnungspraxis nicht auszugehen. Die Klägerin hatte die Einhaltung der Frist auch lediglich pauschal in Zweifel gezogen, ohne jedoch konkrete dagegen sprechende Umstände vorzutragen.

27

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 12 Abs. 3 PV liegen vor, weil es sich bei dem Medikament Granditropin bezogen auf die streitigen Quartale um eine aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossene Leistung handelte.

28

Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bezogen auf die Versorgung mit Arzneimitteln ergibt sich aus § 27 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB V. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 3 der Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln. Der Umfang der Versorgung mit Arzneimitteln ist in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S. 1520) bestimmt. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandsmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch des Versicherten unterliegt dabei allerdings den sich aus §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Danach umfasst er nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Bezogen auf die Arzneimitteltherapie bedeutet dies, dass es zu Qualität und Wirkungsweise eines Arzneimittels zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben muss, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG fehlt es deshalb an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Arzneimitteltherapie, wenn das verwendete Mittel nach den Regelungen des Arzneimittelrechts einer Zulassung bedarf und diese Zulassung nicht erteilt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - BSGE 93, 1 mit Nachweisen zur std. Rspr.; Urteil vom 23. Juli 1998 - B 1 KR 19/96 R - BSGE 82, 233).

29

Dass es sich bei Granditropin um ein gemäß § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) i. d. F. durch Gesetz vom 25. Februar 1998 (BGBl. I S. 374) zulassungspflichtiges Arzneimittel handelt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Es handelt sich bei diesem Medikament um ein Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG. Für dieses Medikament lag eine innerstaatlich wirksame Zulassung in den Quartalen IV/99 bis II/00 nicht vor. Weder hatte die zuständige Bundesoberbehörde dafür eine Arzneimittelzulassung erteilt noch hatten die Kommission der EG oder der Rat der EU das In-Verkehr-Bringen des Mittels genehmigt. Der Antrag bei der europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) auf die EU-weite arzneimittelrechtliche Zulassung im zentralen Zulassungsverfahren wurde vielmehr nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin erst im April 2004 gestellt. Abgesehen davon ist aus der ständigen Rechtsprechung des BSG abzuleiten, dass nur die tatsächlich erfolgte Zulassung die Voraussetzungen für die Verordnungsfähigkeit des Medikamentes zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt, nicht hingegen ein noch laufendes Zulassungsverfahren. Entsprechend hat das BSG in dem Urteil vom 19. Oktober 2004 (- B 1 KR 27/02 R - BSGE 93, 236) betreffend das Medikament „Visudyne“ dargelegt, dass nach dem Zeitpunkt der Behandlung eine in Deutschland wirksame Arzneimittelzulassung erteilt worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis; Zulassungs- und zulassungsähnliche Akte, die sich auf die Leistungspflicht der Krankenkassen auswirkten, könnten regelmäßig nur Wirkungen für die Zukunft entfalten. Da Versicherte und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen geschützt werden sollten, würde die nachträgliche Kostenübernahme für eine zum Zeitpunkt der Behandlung noch nicht zweifelsfrei geklärte Therapie auf eine Gefährdung hinauslaufen; es müsse aber schon zum Zeitpunkt der Behandlung geklärt sein, ob die erhofften Vorteile der Therapie die möglicherweise zu befürchtenden Nachteile überwögen. In diesem Zusammenhang hat sich das BSG auf die Rechtsprechung zur Verordnungsfähigkeit bislang nicht anerkannter Mittel und Methoden zu Lasten der Krankenversicherung bezogen (BSG, a.a.O, juris, Rz. 26 mit entsprechenden Nachweisen). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung bedurfte es keiner näheren Ermittlungen, ob für das Medikament Granditropin zwischenzeitlich eine in Deutschland wirksame Arzneimittelzulassung erteilt worden ist.

30

Die zum Zeitpunkt der Behandlung allein erfolgte Zulassung in Georgien entfaltet keine der innerstaatlichen Zulassung entsprechenden Rechtswirkungen. Selbst die nationale Zulassung eines Arzneimittels in einem anderen EU-Mitgliedsstaat entfaltet nicht ohne weiteres Rechtswirkungen in allen anderen Mitgliedsstaaten (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - a.a.O.; vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R - a.a.O.). Da Georgien kein EU-Mitgliedsstaat ist, bedarf es in diesem Zusammenhang keines näheren Eingehens auf die ausführlichen Darlegungen des BSG zu der Frage der Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem EU-Recht unter den Gesichtspunkten der Dienstleistungsfreiheit und der Warenverkehrsfreiheit (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - a.a.O., juris Rz. 18 ff.).

31

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist bezogen auf die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung die in § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG geregelte Einfuhrmöglichkeit eines im Ausland zugelassenen Arzneimittels im Einzelfall nicht mit der innerstaatlichen Zulassung des Medikaments gleichzusetzen. Das BSG hat hierzu in dem Urteil vom 18. Mai 2004 (- B 1 KR 21/02 R - a.a.O; juris, Rz. 17) - für den Senat überzeugend - dargelegt, zwar habe der Versicherte nach Abschnitt A.3 der gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V erlassenen AMR grundsätzlich Anspruch auf die Versorgung mit allen nach dem AMG verkehrsfähigen Arzneimitteln, dies aber nur, sofern sie nicht aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien oder nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur eingeschränkt verordnet werden dürften. Da das Zulassungserfordernis für im Rahmen der Krankenbehandlung begehrte Arzneimittel aus dem gesetzlichen und somit höherrangigen Gebot der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hergeleitet werde, könnten diese Bestimmungen schon von daher keine Leistungspflicht der Beklagten begründen. Unbeschadet dessen werde ein in einem anderen Staat zulässig in den Verkehr gebrachtes Fertigarzneimittel aber auch nicht schon dadurch "verkehrsfähig", dass § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG es erlaube, dieses Mittel im Einzelfall (in geringer Menge und auf besondere Bestellung über eine Apotheke) nach Deutschland einzuführen. Denn bei einer derartigen Beschaffung eines Fertigarzneimittels entfalle zwar die Strafbarkeit des In-Verkehr-Bringens ohne Zulassung (§ 96 Nr. 5 AMG), das generelle In-Verkehr-Bringen stelle aber gleichwohl eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 73 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2, § 97 Abs. 2 Nr. 8 AMG). Da das deutsche Arzneimittelrecht in Bezug auf die generelle Arzneimittelfreigabe ausschließlich die deutsche oder die EU-weite Arzneimittelprüfung für maßgeblich erkläre und im Übrigen Vorbehalte gegen die Sicherheit und Qualität von im Ausland nach dortigen nationalen Vorschriften zugelassenen Präparaten zum Ausdruck bringe, sei die im Einzelfall mögliche rechtmäßige Arzneimittelbeschaffung aus dem Ausland nicht geeignet, eine zulassungsähnliche Wirkung herbeizuführen. Denn damit würde letztlich das nationale arzneimittelrechtliche Zulassungserfordernis für den fast 90 % der Bevölkerung betreffenden Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung allgemein durch eine untergesetzliche Regelung außer Kraft gesetzt.

32

Soweit das BSG in der Visudyne-Entscheidung vom 19. Oktober 2004 (- B 1 KR 27/02 R - a.a.O.) eine Ausnahme für den Fall einer seltenen Krankheit angenommen hat, mit der Konsequenz, dass sich die Krankenkasse unter bestimmten Umständen im Einzelfall nicht auf die fehlende Verkehrsfähigkeit eines Medikamentes berufen dürfe, liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Das BSG hat sich in der genannten Entscheidung sehr ausführlich mit der Problematik sehr seltener und wegen der Seltenheit nicht hinreichend erforschter und erforschbarer Krankheiten insbesondere bei Kindern auseinandergesetzt und dabei eine Parallele zu der Rechtsprechung betreffend die Leistungspflicht der Krankenkassen bei der zulassungsüberschreitenden Anwendung eines Medikaments gezogen. Letztlich hat es den Grundsatz aufgestellt, dass, sofern der Patient/die Patientin an einer sehr seltenen, einer systematischen Erforschung von darauf bezogenen Therapiemöglichkeiten nicht zugänglichen Erkrankung, für die keine anderen Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stünden, leide, eine Leistungsgewährung in Betracht komme (juris, Rz. 28). Es müsse eine notstandsähnliche Situation vorliegen, in der eine lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung behandelt werden solle, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stehe (juris, Rz. 34).

33

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar möglicherweise um eine „sehr seltene“ Erkrankung. Der genannten Entscheidung sind allerdings keine exakten Angaben zu entnehmen, wann eine solche anzunehmen ist. Den Ausführungen des BSG (a.a.O.) betreffend Art. 3 Abs. 1 EWGV 141/2000 vom 16. Dezember 1999 über "Arzneimittel für seltene Leiden", wonach ein solches Leiden vorliege, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Personen daran erkrankten (juris, Rz. 39) könnte man aber entnehmen, dass das BSG dies als Richtwert für eine (sehr) seltene Erkrankung ansieht. Diese Voraussetzung dürfte bei dem sog. Ullrich-Turner-Syndrom, an dem die Patientin M.C. leidet, unter Zugrundelegung im Internet zugänglicher Zahlenangaben gegeben sein. Die Erkrankung, die auf einer Chromosomenanomalie bei Mädchen beruht, tritt danach mit einer Häufigkeit von 1:2500 Mädchengeburten auf (vgl. www.turner-syndrom.de), nach anderen Erkenntnissen ist die Erkrankungsrate sogar noch geringer (vgl. „wikipedia“: 1:4000). Die weitere Voraussetzung einer nicht erforschten und nicht anders therapierbaren Erkrankung ist hingegen nicht gegeben. Zum einen ist, soweit ersichtlich, die Ursache des Ullrich-Turner-Syndroms, nämlich ein Gendefekt im Bereich der X-Chromosomen, sehr wohl erforscht. Eine kausale Behandlung der Erkrankung insgesamt gibt es nicht. Von der Klägerin wird auch nicht behauptet, dass Granditropin eine solche Behandlung beinhalte. Möglich ist allerdings die Behandlung eines Teils der Auswirkungen Ullrich-Turner-Syndroms, u.a. der damit regelhaft verbundenen Kleinwüchsigkeit. Die Behandlung erfolgt insoweit durch Substitution bzw. ergänzende Gabe eines Wachstumshormons. Medikamente mit dem entsprechenden Wirkstoff Somatropin gibt es bereits seit langer Zeit. So ist z. B. einer Internetveröffentlichung (Biotechnologie im Verband forschender Arzneimittelhersteller e. V.) eine Liste von fünf Medikamenten mit dem Wirkstoff Somatropin mit Zulassung zwischen 1988 und 1992 zu entnehmen, was auch den Ausführungen der Klägerin selbst entspricht, wonach zum Zeitpunkt der Behandlung bereits fünf Medikamente für die Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms in Deutschland zugelassen gewesen seien. Dies haben sowohl Prof. Dr. Sa., der die Versicherte der Beigeladenen zu 1) mit Granditropin behandelt hat, als auch der Vertreter des Beklagten in dem Erörterungstermin im März 2006 bestätigt. Dass Granditropin eine ganz andere Wirkungsweise gehabt hätte als die übrigen Medikamente und damit eine bisher nicht gegebene Therapiemöglichkeit geschaffen hätte, hat die Klägerin in dem gesamten Verfahren nicht vorgetragen. Die Annahme eines Ausnahmefalles in dem genannten Sinne scheitert damit an dem Vorhandensein einer Behandlungsalternative.

34

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - GesR 2006, 72; auch veröffentlicht in juris), in dem das BVerfG für Fälle einer lebensbedrohlichen bzw. regelhaft tödlich verlaufenden Krankheit unter bestimmten Umständen einen Behandlungsanspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung unmittelbar aus Art. 2 GG hergeleitet und in diesen Fällen die Rechtsprechung des BSG zu § 135 SGB V für mit dem Grundgesetz nicht vereinbar angesehen hat. Das BSG hat mit Urteil vom 4. April 2006 (- B 1 KR 7/05 R -) betreffend die Behandlung einer an einem metastasierenden Darmkrebs erkrankten Klägerin mit dem in Deutschland nicht zugelassenen, über eine Apotheke aus Kanada importierten Medikament „Tomudex“ entschieden, dass zwar die vom BVerfG (a.a.O.) entwickelten Grundsätze zum Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden sinngemäß auch auf den Bereich der Arzneimittelversorgung zu übertragen seien, soweit hier ausfüllungsbedürftige Versorgungslücken bestünden. Dies hat das BSG in dem Falle der lebensbedrohlich erkrankten Klägerin bejaht, bei der es - dies ist ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt in dem Beschluss des BVerfG - zudem im konkreten Fall an einer Behandlungsalternative fehlte, weil das für die Behandlung ihrer Krankheit zugelassene Präparat bei ihr zu anderen schweren Gesundheitsstörungen führte. Im vorliegenden Fall gab es dagegen eine Behandlungsalternative, da, wie dargelegt, zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlung der Klägerin außerhalb der klinischen Studie im Jahre 1999 mehrere Präparate mit dem Wirkstoff Somatropin für die Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms zugelassen waren. Dass das Fehlen einer Behandlungsalternative nicht allein daraus abgeleitet werden kann, dass die Klägerin zuvor im Rahmen der Studie mit Granditropin behandelt worden war, so dass sich im Falle der Umstellung auf eines der zugelassenen Präparate „Compliance“-Probleme ergeben haben würden, bedarf keiner näheren Erörterung.

35

Der Beigeladenen zu 1) ist auch ein Schaden im Sinne des § 12 Abs. 3 PV entstanden. Bei dem Arzneikostenregress handelt es sich um einen besonderen - verschuldensunabhängigen - Typus des Schadensersatzes, für dessen Begründung das Bestehen eines Schadens unabdingbare Voraussetzung ist. Aus der Rechtsnatur des Arzneikostenregresses ist abzuleiten, dass er - höchstens - in der Höhe festgesetzt werden kann, der den Krankenkassen durch unwirtschaftlichen Mehraufwand entstanden ist (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 6 RKa 5/96 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 38 - ). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass in jedem Fall ersparte Aufwendungen gegengerechnet werden müssten. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Schadensbegriff im Sinne der genannten Vorschriften über die Wirtschaftlichkeitsprüfung nämlich ein auch normativer Schadensbegriff. Es entspricht dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, dass eine „Vorteilsausgleichung“ nicht erfolgt, sofern Leistungen in Anspruch genommen bzw. erbracht wurden, die - in dieser Form - nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung hätten erbracht werden dürfen. In dem Urteil vom 21. Februar 2006 (- B 1 KR 29/04 R - veröffentlicht in juris) betreffend den Kostenerstattungsanspruch einer Klägerin, bei der eine künstliche Befruchtung mittels „ICSI“ erfolgt war, hat das BSG dargelegt, nach der Rechtsprechung des Senats handele es sich bei der künstlichen Befruchtung mittels ICSI um eine andere Behandlungsmethode als bei der extrakorporalen Befruchtung mittels IVF. Auch soweit sich die Indikationsbereiche - denkmöglich - überschnitten und erst auf Grund des Wirtschaftlichkeitsgebots die Anwendung der ICSI-Methode ausscheide, bestehe kein Anspruch auf die Erstattung wenigstens der tatsächlich nicht angefallenen IVF-Kosten. Nach der Rechtsprechung des Senats erfasse § 13 Abs. 3 SGB V nur die beim Versicherten konkret entstandenen Kosten, nicht aber die fiktiven Kosten für eine Leistung, die ebenfalls in Frage gekommen wäre oder die Ersparnis der Krankenkasse (unter Hinweis auf die Entscheidungen BSGE 79, 125, 128; BSGE 86, 66, 76; dementsprechend zum Recht der Leistungserbringer z. B. BSGE 74, 154, 158; BSGE 80, 1, 3 f; SozR 4-2500 § 39 Nr. 3 S. 25 f; BSGE 94, 213, 220 m.w.N.). Auch unter dem Gesichtspunkt der sog. Stellvertreterleistung vermöge die Klägerin unter Geltung des SGB V für einen Kostenerstattungsanspruch nichts für sich herzuleiten (unter Hinweis auf das Senatsurteil SozR 3-2500 § 38 Nr. 4 S. 27 f m.w.N).

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Die in dem Urteil des BSG vom 21. Februar 2006 zitierten Entscheidungen betreffen unterschiedliche Konstellationen aus dem Leistungs- und Leistungserbringerrecht. So ist in dem Urteil vom 4. Mai 1994 (- 6 RKa 40/93 - BSGE 74, 154 [158]) dargelegt, scheide (nach alledem) ein vertraglicher Vergütungsanspruch aus, so könne die Klägerin eine Abgeltung der von ihr erbrachten Dialyseleistungen auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten, etwa nach den zivilrechtlichen Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ( §§ 812 ff, 818 Abs. 2 BGB) verlangen. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machten, hätten innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die kassenärztliche (vertragsärztliche) Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollziehe. Das werde dadurch erreicht, dass dem Arzt oder sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die er unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirke, auch dann keine Vergütung zustehe, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht seien. Ihre Steuerungsaufgabe könnten die genannten Regelungen nicht erfüllen, wenn der Arzt oder der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. In dem Urteil vom 18. Dezember 1996 (- 6 RKa 66/95 - BSGE 80, 1 [4]) betreffend die Erstattung von Honoraren u.a. für zahnärztliche Leistungen, die der dort beigeladene Zahnarzt nicht nach den vertraglichen Bestimmungen erbracht hatte, hat das BSG dargelegt, die Klägerin (KZÄV) könne sich ebensowenig wie der rechtswidrig handelnde Zahnarzt selbst darauf berufen, die beanstandeten Leistungen seien qualitativ einwandfrei gewesen, so dass die Kosten für eine anderweitige Behandlung erspart worden seien. In dem Urteil vom 17. März 2005 (- B 3 KR 2/05 R - BSGE 94, 213 [220]) betreffend die Abgabe eines nicht zugelassenen Medikaments durch einen Apotheker ist dargelegt, der Kläger könne von der Beklagten eine Vergütung des Medikaments auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten, etwa auf Grund entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ( §§ 812 ff, 818 Abs. 2 BGB i.V.m. § 69 Satz 3 SGB V) beanspruchen. Dem stehe entgegen, dass die Leistungen unter Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen erbracht worden seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht und zum Leistungsrecht der GKV hätten Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machten, innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollziehe. Das werde dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt, dem Apotheker oder dem sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt würden, auch dann keine Vergütung zustehe, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich seien (mit zahlreichen Nachweisen zur bisherigen Rspr.) Denn die Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt, der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer oder der Apotheker die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (unter Hinweis auf BSGE 74, 154, 158). Soweit in dem Urteil vom 4. März 2004 (- B 3 KR 4/03 R - BSGE 92, 223) ein Bereicherungsanspruch des Krankenhausträgers bejaht - und zudem von der KK anerkannt - worden sei, habe es sich lediglich um einen Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift gehandelt, die nicht der Sicherstellung der Qualität der Leistungserbringung diene. Das Krankenhaus habe sich nicht außerhalb des krankenhausrechtlichen Leistungssystems der GKV gestellt.

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Diese Entscheidungen, auch wenn sie nicht unmittelbar zu einem sonstigen Schaden im Sinne der Vorschriften über der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergangen sind, belegen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG unter Berücksichtigung des Gesamtgefüges des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsrechts einschließlich des Leistungserbringerrechts der Schadensbegriff ein normativer Begriff ist, der das Gegenrechnen ersparter Aufwendungen in einer Fallgestaltung wie der Vorliegenden ausschließt. Im Übrigen erschöpft sich auch der zivilrechtliche Schadensbegriff, auf den die Klägerin immer wieder abstellt, nicht in einer Saldierung der Vermögenslage des Geschädigten vor und nach der Schädigung, sondern er beinhaltet wertende Elemente im Sinne eines normativen Schadensbegriffs (vgl. Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Auflage, 2006, Vorbemerkung § 249, Rz. 13, 14). Dies gilt gerade auch bei der Frage, welche im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis erlangten Vorteile der Geschädigte sich Schaden mindernd anrechnen lassen muss (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorbemerkung § 249, Rz. 122).

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Auch soweit im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung so genannte kompensatorische Einsparungen berücksichtigt werden können, können diese Erwägungen auf einen Schaden, der aus der Verordnung eines nicht zugelassenen Medikaments resultiert, nicht angewendet werden. Kompensatorische Einsparungen betreffen die Wirtschaftlichkeit des ärztlichen Handelns im engeren Sinne, d.h. die Frage, ob der Arzt durch die von ihm gewählte - grundsätzlich zulässige, jedoch quantitativ über das Maß des Notwendigen hinausgehende - Behandlungsweise an anderer Stelle Kosten eingespart hat. Die Behandlung mit einem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnungsfähigen Medikament, bei der es an der Grundvoraussetzung einer Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fehlt, beinhaltet hingegen nicht lediglich ein - quantitatives - Mehr an einer Stelle, dass durch ein - quantitatives - Weniger an anderer Stelle teilweise kompensiert wird. Es handelt sich vielmehr bei der erbrachten Leistung um ein - qualitatives - Anderes, nämlich um eine systemfremde Leistung, die demzufolge auch nicht wirtschaftlich bewertet und mit der systemgerechten, eigentlich zu erbringenden Leistung saldiert werden könnte. Zudem würde eine andere Betrachtung zu dem von der Beigeladenen zu 1) zu Recht als systemwidrig bewerteten Ergebnis führen, dass sie, gleichsam „durch die Hintertür“, gleichwohl zur Kostenübernahme für ein nicht zugelassenes Arzneimittel verpflichtet wäre, weil dieses preiswerter war als das zugelassene. Dies würde der vom BSG in den zitierten Entscheidungen genannten Steuerungsfunktion widersprechen (im Ergebnis ebenso Engelhardt in Hauck/Noftz, SGB V, Loseblattsammlung, Erg.-Lfg. 8/04, K § 106 Rz. 91).

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Die Schadenshöhe, d.h. die durch die Verordnung des Medikaments Granditropin entstandenen Kosten, ist zwischen den Beteiligten unstreitig, und es gibt auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung des Schadens.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) sind erstattungsfähig, da sie sich durch die Stellung eines eigenen Sachantrages an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat. Die Beigeladene zu 2) hat sich nicht durch die Stellung eines eigenen Sachantrages an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt; ihre außergerichtlichen Kosten sind deshalb nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).

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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen im Hinblick auf die umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung zu den entscheidungserheblichen Fragen nicht vor.


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.