Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 14. Juli 2017 - L 3 AL 14/15

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2017:0714.L3AL14.15.0A
14.07.2017

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 30. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Gründungszuschuss.

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Der am … 1971 geborene Kläger bestand 1990 die Abschlussprüfung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel. Seither war er – abgesehen von kürzeren Unterbrechungen – durchgehend in der IT-/EDV-Branche bei verschiedenen Arbeitgebern tätig. Dabei hat er leitende Positionen als Key Account Manager, Filialleiter, Geschäftsführer sowie im Bereich Computernetzteile als Produktmanager bzw. Sales Manager Export / Brand Manager bekleidet. Zuletzt war er seit November 2009 bis zum 30. Juni 2012 als Business Development Manager bei der Firma E… beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung aus betriebsbedingten Gründen. Der Kläger meldete sich darauf bei der Beklagten arbeitslos. Auf seinen am 31. Mai 2012 eingegangenen Antrag bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 5. Juni 2013 Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 (360 Kalendertage) bei einem täglichen Leistungsbetrag von 67,07 EUR.

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Am 2. Juli 2012 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. In dem am 10. Juli 2012 eingereichten Antragsvordruck gab er an, er werde am 1. August 2012 eine selbständige hauptberufliche Tätigkeit als Herstellervertretung im Umfang von ca. 40 Wochenstunden aufnehmen. Hierzu legte er eine Stellungnahme der Firma b… vom 4. Juli 2012 vor, die als fachkundige Stelle die Tragfähigkeit der Existenzgründung bejahte. Weiterhin reichte er einen Business-Plan ein, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Das geplante Unternehmen wurde darin als Repräsentanz für ausländische Netzteilhersteller (IT-Hardware) in Form eines Gewerbebetriebes beschrieben. Die Gewerbeanmeldung ist am 5. Juli 2012 erfolgt. Am 9. Juli 2012 wurde der Antrag des Klägers auf Eintragung des von ihm gegründeten kaufmännischen Einzelunternehmens S… in das Handelsregister notariell beglaubigt.

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In einem Vermerk über die Vorsprache des Klägers bei der Beklagten am 2. Juli 2012 heißt es, er beabsichtige die Aufnahme einer Selbständigkeit als Produktmanager IT (Netzteile). Sein Arbeitgeber habe ihm aufgrund der Wirtschaftskrise in Griechenland gekündigt. Er sei vom Arbeitgeber freigestellt worden, um vorbereitend bereits alles für die Selbständigkeit in die Wege zu leiten. Er übernehme das Aufgabengebiet von seinem alten Arbeitgeber. Ein alter Auftraggeber – der Hersteller Sa… – habe ihm bereits mündlich einen Jahresvertrag als Repräsentant angeboten; der Vertrag sei nach Angaben des Klägers unterschriftsreif vorbereitet. Er habe bisher noch nicht abschließend zugestimmt, um u.a. das Gespräch mit der Beklagten und die Möglichkeit der Zustimmung des Gründungszuschusses abzuwarten.

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Weiter heißt es in dem von der Mitarbeiterin A. H. der Beklagten gefertigten Vermerk vom 2. Juli 2012 wörtlich:

6

„Kd. hat lt. BewA sehr gute Kenntnisse im Bereich Marketing, Produktmanagement, Vertrieb – hier speziell die letzten Jahre in der IT-Branche gearbeitet, aufgrund vorhandener Kenntnisse scheint eine Integration in eine vers-pfl. Beschäftigung in vgl. Position (Leiter Vertrieb, Produktmanager, Marketingmanager) auch branchenübergreifend nicht ausgeschlossen – grds. kann also durchaus von einem bestehenden V-Vorrang ausgegangen werden – konkreter Stellensuchlauf heute aus zeitl. Gründen noch nicht erfolgt – wird bei Vorliegen der GZ-Antragsunterlagen detailliert iR Entscheidungsfindung/Prfg. GZ erfolgen.

...

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GZ-Antrag auf Anfrage ausgeh., soll Erklärung über finanzielle Situation, Sparanlagen, Steuererkl. 2010+2011 sowie den Vertrag mit Sa… zu den zusätzlich geforderten Unterlagen zusammen mit GZ Antrag einreichen, dann abschl. Prfg.

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Aus zeitl. Gründen keine neue EV mehr mgl.“

9

In der Folgezeit reichte der Kläger weitere Unterlagen ein, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

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In einem nach Eingang des ausgefüllten Formularantrags gefertigten Vermerk vom 13. Juli 2012 führte die Mitarbeiterin H. unter anderem aus:

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„... grds. erfüllt Kd. die Tatbestandsvoraussetzungen GZ (mind. 1 Tag alo, Alg I-Anspruch, Bestätigung Tragfähigkeit). Zu prüfen ist aber zum Punkt der Eigenleistungsfähigkeit auch der V-Vorrang; Kd. hat durch langjährige BE Erfahrungen in den untersch. Bereichen (Vertrieb, GF, Marketing, Projektführung etc) gesammelt. AM ist daher für Kd. nicht ungünstig – Stellensuchlauf bereits am 110712 erfolgt – pos. (Stellenangebote dem GZ-Antrag beigefügt) Vermittlungsvorrang wird daher gesehen“

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In einem weiteren Vermerk der Frau H. vom 10. August 2012 heißt es:

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„... Unterlagen zum GZ liegen nunmehr vollständig vor; unverändert ist der SV das Vermittlungsvorrang zu erkennen ist und auch ohne ihne die Aufnahme einer Selbständigkeit von einer zeitnahen Integration ausgegangen werden kann, SteA-Suchlauf ist bereits am 110712 erfolgt, zudem erneut iV durch Frau Sb. (190F) am 020812 – Ausdrucke über die Stellen sind dem GZ-Vorgang beigefügt – GZ ist nach abschl. Prfg.daher aufgrund des festgestellten Vermittlungsvorranges abzulehnen ...“

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Mit Bescheid vom 24. August 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab. Sie stellte den Inhalt von § 93 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dar und führte aus, dass gemäß § 4 Abs. 2 SGB III die Vermittlung in Arbeit vorrangig zu den sonstigen Leistungen der Arbeitsförderung sei. In verschiedenen Jobbörsen seien für den Kläger passende Stellenangebote aufgeführt, durch die ihm eine Tätigkeit als Arbeitnehmer möglich wäre. Somit bestehe keine Notwendigkeit der Gewährung von Gründungszuschuss, da laut Einschätzung seiner Arbeitsvermittlerin seine Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kurzfristig erreichbar sei.

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Hiergegen erhob der Kläger am 4. September 2012 Widerspruch. Er führte aus, dass seit Beginn der mit der Beklagten geführten Gespräche das Hauptaugenmerk auf der Selbständigkeit gelegen habe. Vermittlungsvorschläge für eine Anstellung seien ihm nicht unterbreitet worden; eigene Recherchen seien erfolglos geblieben. Aufgrund des Umstands, dass es seinerzeit keine passende Position als Produktmanager Computernetzteile auch im Umkreis von 50 km gegeben habe, sei eine Alternative zur Festanstellung in Selbständigkeit als Herstellervertretung von Frau L. und Frau H. aktiv unterstützt worden. Aufgrund dieser Situation sei mit Frau L. auch keine Eingliederungsvereinbarung getroffen und gegengezeichnet worden. Seine Selbständigkeit und eine Förderung durch den Gründungszuschuss seien immer wieder das zentrale Thema gewesen, so dass die jetzt erfolgte Ablehnung für ihn als negative Überraschung gekommen sei.

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Die Beklagte zog einen Vermerk der Mitarbeiterin K. L. vom 31. Mai 2012 bei, wonach im Beratungsgespräch mit dem Kläger folgendes Profiling für den Zielberuf „Produktmanager/in“ erstellt worden sei:

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„1. Profillage und Fazit:

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Die Profillage wurde auf „Marktprofil“ geändert.

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Fazit zur Standortbestimmung:

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Kd. macht guten Eindruck. Hat evtl. die Möglichkeit bei einer anderen Firma für den gleiche Kunden weiterhin arbeiten zu können. Diff. Marktprofil.

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2. Als gemeinsames Ziel wurde festgelegt: Aufnahme Beschäftigung 1. Arbeitsmarkt lokal

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Strategie:

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Profil aufbereitet und anonym mit call-me veröffentlicht.

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Zugangsdaten für die Jobbörse inkl. Flyer ausgehändigt.

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Linkliste Jobbörsen und Liste ZAF nicht erforderlich, da dem Kd bekannt und die Suche bereits läuft.

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BU lagen vor, sind ordentlich erstellt auf Deutsch und Englisch. Nachweisliste EB ausgehändigt. SteA-Suchlauf negativ.

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EV geschlossen.

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MB GZ ausgehändigt. Kd ist bereits ausführlich informiert. Sollte sich der Weg tatsächlich in Richtung Selbständigkeit ändern, wird Herr S. sich melden.“

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Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie vertiefte die Gründe des Ausgangsbescheides und führte aus, dass der Gesetzgeber die Gewährung des Gründungszuschusses in das Ermessen der Agentur für Arbeit gestellt habe. Bei der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens, auf die ein Anspruch bestehe, seien die Interessen des Klägers an einer Förderung und die Interessen der Versichertengemeinschaft, insbesondere an einer sparsamen und zweckentsprechenden Verwendung der Mittel, gegeneinander abzuwägen. Die verfügbaren Mittel seien so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet sei. Die der Agentur zugeteilten Mittel dürften nicht überschritten werden. Daher müsse die Agentur für Arbeit durch geeignete steuernde Maßnahmen sicherstellen, dass die verfügbaren Ausgabemittel für das laufende Jahr ausreichten und nicht überschritten würden. Dabei wäre es ermessensfehlerhaft, Leistungen allein wegen der Erschöpfung der Haushaltsmittel abzulehnen. Deshalb habe die Agentur für Arbeit über ermessenslenkende Weisungen sichergestellt, dass über das ganze Jahr hinweg nach einheitlichen und sachgerechten Kriterien über die Anträge auf Gründungszuschuss entschieden werde.

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Das Interesse des Klägers liege darin, den Gründungszuschuss zu erhalten. Der Vermittlung in Arbeit sei grundsätzlich Vorrang vor der Gewährung von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung einzuräumen (§ 4 Abs. 2 SGB III). Zu diesen Leistungen gehöre auch der Gründungszuschuss. Auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt bestünden ausreichende Integrationsmöglichkeiten für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit richteten sich bei dem Kläger in erster Linie auf die Tätigkeit als Produktmanager. In diesem Bereich eröffneten sich u.a. über Stellenbörsen ausreichend Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Beklagte stimme dem Kläger zu, dass einzelne (im Einzelnen benannte) ausgewiesene Stellen unpassend seien. Die Prüfung der übrigen (ebenfalls im Einzelnen benannten) Stellenangebote habe demgegenüber differenzierende Ergebnisse (ebenfalls im Einzelnen benannt) ergeben; zusammenfassend sei insoweit eine Eingliederung möglich oder jedenfalls nicht ausgeschlossen. Die Arbeitslosigkeit hätte deshalb auch ohne die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit beendet werden können. Nach der Dokumentation der mit dem Kläger geführten Gespräche und der Stellungnahmen der Arbeitsvermittlerinnen habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen können, dass über die Bewilligung positiv entschieden würde. Nach allem müsse das persönliche Interesse des Klägers an einer Förderung hinter dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer zweckentsprechenden, bedarfsorientierten und sparsamen Verwendung der Beitragsmittel zurückstehen.

31

Der Kläger hat am 12. November 2012 bei dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Ablehnungsbescheid sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Unstreitig sei, dass die Voraussetzungen des § 93 Abs. 2 SGB III erfüllt seien; Ruhenstatbestände im Sinne von § 93 Abs. 3 SGB III lägen nicht vor. Richtig sei auch, dass die gesetzliche Regelung ihm an sich einen Rechtsanspruch nicht biete, sofern nicht das Ermessen der Beklagten auf null reduziert sei. Davon gehe er hier allerdings aus. Soweit die Beklagte sich in den Gründen des Widerspruchsbescheides auf ihre ermessenslenkenden Weisungen beziehe, möge sie diese vorlegen. Die Beklagte gewähre im Verhältnis zum Vorjahresmonat (August 2011) im August 2012 etwa 86% weniger Gründungszuschüsse. Diese Entwicklung setze sich für September 2012 fort. Das Gesetz scheine nur noch eine leere Hülle und allenfalls eine Absichtserklärung zu sein.

32

Der Kläger hat beantragt,

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unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 24. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 8. Oktober 2012 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit ab dem 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 einen Gründungszuschuss in gesetzlicher Höhe zu gewähren,

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hilfsweise,

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über den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Gründungszuschusses ermessensfehlerfrei zu entscheiden.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

38

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen auf die Gründe des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. Ergänzend hat sie ihre für das Kalenderjahr 2012 geltenden ermessenslenkenden Weisungen zur Akte gereicht. Weiterhin hat sie die aus ihrer Sicht mit dem Kläger geschlossene Eingliederungsvereinbarung vom 31. Mai 2012 (im übersandten Text ohne Unterschriften) vorgelegt.

39

In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts am 30. Januar 2015 ist der Kläger persönlich gehört worden. Dabei hat er ausgeführt: Sein letzter Arbeitgeber habe ihn im Juni 2012 zur Vorbereitung seiner selbständigen Tätigkeit freigestellt. Er sei dann nach Taiwan gereist, habe dort mit der Firma Sa… gesprochen und den Vertragsentwurf mit dieser Firma vorbereitet. Letztlich habe er vor der Entscheidung gestanden, ob er eine selbständige Tätigkeit ausüben oder wieder in ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis habe gehen sollen. Er habe die Selbständigkeit als die sicherere Variante angesehen, zumal aufgrund der Entwicklung in der IT-Branche immer weniger Festeinstellungen vorgenommen worden seien.

40

Mit Urteil vom selben Tage hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die ermessenseröffnenden tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 93 SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung seien erfüllt, wobei die Kammer allerdings die von der Beklagten bejahte subjektive Verfügbarkeit unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles als ausgesprochen wohlwollend ansehe. Ein Anspruch auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung eines Gründungszuschusses bestehe aber schon deshalb nicht, weil keine Ermessensreduzierung auf null vorliege. Es bestehe jedoch auch kein Anspruch auf Neubescheidung; vielmehr habe die Beklagte ihr Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Von Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall könne keine Rede sein; auch ein Ermessensfehlgebrauch könne der Beklagten nicht vorgeworfen werden. Insbesondere sei die von der Beklagten getroffene Vermittlungsprognose nicht zu beanstanden.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

42

Gegen diese seinem Prozessbevollmächtigten am 4. Mai 2015 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 3. Juni 2015 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung des Klägers.

43

Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und führt aus: Die Beklagte habe sich durch ihr tatsächliches „Verwaltungs(nicht)-handeln“ in Richtung vorrangiger Vermittlung gebunden. Sie habe ihm keinerlei Vermittlungsvorschläge unterbreitet. Er habe bereits im Widerspruchsverfahren darauf hingewiesen, dass gerade beklagtenseits in Richtung Selbständigkeit des Klägers gelenkt worden sei. Er habe ab Juli 2012 ausschließlich mit der Mitarbeiterin der Beklagten Frau A. H. zu tun gehabt. Diese habe mit ihm nichts in Richtung Vermittlung in eine abhängige Beschäftigung unternommen und ihm keinen zumutbaren Vermittlungsvorschlag unterbreitet. Mit ihm sei auch keine Eingliederungsvereinbarung geschlossen worden, auch nicht am 31. Mai 2012. Auch ein eine Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt sei nicht ergangen. Frau H. habe mit ihm besprochen, dass der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht nötig sei, da alles in Richtung Selbständigkeit des Klägers unternommen werde. Er solle mal den Antrag stellen, das werde schon klappen. Es sei zwar zutreffend, dass zunächst die Vermittlung in Ausbildung und Arbeit Vorrang habe. Dann hätte die Beklagte jedoch zumindest versuchen müssen, ihn zu vermitteln. Das habe sie nicht getan. Die auf den Seiten 4 und 5 des erstinstanzlichen Urteils benannten Stellen seien ihm weder angeboten worden, noch seien diese am 1. August 2012 tatsächlich zu besetzen gewesen. Zudem hätte er diese Stellen wegen seiner partiellen Spezialisierung nicht ausfüllen können.

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Nach Hinweis des Senats, wonach im Hinblick auf seine subjektive Verfügbarkeit zweifelhaft sei, ob die Selbständigkeit des Klägers seine Arbeitslosigkeit im Sinne von § 93 SGB III habe beenden können, betont der Kläger, dass er den Vermittlungsbemühungen der Beklagten ab 1. Juli 2012 zur Verfügung gestanden habe. Er sei bereit gewesen, jede Beschäftigung anzunehmen und auszuüben. Die Beklagte habe ihm allerdings – ihrer bereits vorgetragenen Intention folgend – keine Vorschläge unterbreitet.

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Der Kläger, der zur Berufungsverhandlung nicht erschienen ist und sich dort auch nicht hat vertreten lassen, beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

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das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 30. Januar 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit ab dem 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 einen Gründungszuschuss in gesetzlicher Höhe zu gewähren,

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hilfsweise,

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über den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Gründungszuschusses ermessensfehlerfrei zu entscheiden.

49

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie stützt das angefochtene Urteil und reicht eine dienstliche Erklärung ihrer Mitarbeiterin Frau H. zur Akte.

52

Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat trotz des angekündigten Nichterscheinens des Klägers zur Berufungsverhandlung entscheiden konnte, ist zulässig. Eine Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor, weil die Höhe des beantragten Zuschusses den Betrag von 750,00 EUR deutlich übersteigt. Denn als Gründungszuschuss wird für die Dauer von sechs Monaten der Betrag geleistet, den die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer als Alg zuletzt bezogen hat (hier: täglicher Leistungssatz 67,07 EUR = Zahlbetrag monatlich 2.012,10 EUR), zuzüglich monatlich 300,00 EUR (§ 94 SGB III in der seit dem 1. April 2012 geltenden Fassung).

54

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des beantragten Gründungszuschusses und auch keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags. Über die vom Sozialgericht in den Vordergrund seiner Entscheidung gestellten Ermessensüberlegungen hinaus scheitert der geltend gemachte Anspruch des Klägers zur Überzeugung des Senats bereits am Fehlen seiner Verfügbarkeit.

55

Im Einzelnen gilt Folgendes:

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Gemäß § 93 Abs. 1 SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden und hier einschlägigen Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2011, BGBl. I S. 2854 können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Der Gründungszuschuss kann nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

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1. bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Alg hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 beruht,

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2. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und

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3. ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.

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Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III). Fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständige Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III).

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Mit Wirkung zum 1. April 2012 ist § 93 SGB III an die Stelle des § 57 SGB III in der ab 28. Dezember 2011 geltenden Fassung getreten, woraus sich, da beide Vorschriften wortgleich sind, keine inhaltlichen Änderungen ergeben haben. Nach der Fassung des § 57 SGB III in der bis zum 27. Dezember 2011 geltenden Fassung war der Gründungszuschuss als Pflichtleistung gewährt worden, allerdings nur für die erste Förderphase von (damals) neun Monaten (vgl. § 58 Abs. 1 SGB III a. F.). Diese Vorschrift kommt hier – auch nach Übergangsrecht, vgl. § 422 SGB III – nicht zur Anwendung, weil der Kläger seine selbständige Tätigkeit unstreitig erst im Jahre 2012 aufgenommen hat.

62

Der Kläger verfügte bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit ab dem 1. August 2012 über einen Anspruch auf Alg mit einer Restanspruchsdauer von mehr als 150 Tagen. Es handelt sich bei der Übernahme der Tätigkeit als Produktmanager für IT-Netzteile auch um eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit. Des Weiteren sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, insbesondere hat der Kläger seinen Antrag vor dem leistungsbegründenden Ereignis gestellt und die erforderlichen Nachweise der Selbstständigkeit erbracht (z. B. Gewerbeanmeldung). Er hat insbesondere auch die Tragfähigkeit der Existenzgründung belegt durch eine fachkundige Stellungnahme der „b…“. Darüber hinaus hat der Kläger auch seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit dargelegt und hierzu entsprechende Leistungsnachweise erbracht. Des Weiteren sind Ausschlusstatbestände (vgl. § 93 Abs. 3, 4 SGB III) nach Aktenlage nicht gegeben.

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Der Kläger hat allerdings seine Arbeitslosigkeit nicht im Sinne von § 93 Abs. 1 SGB III durch die Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit beendet (vgl. zum
Problem allg. bereits Urteile des Senats vom 11. November 2016, L 3 AL 29/14 und vom 16. Dezember 2016, L 3 AL 10/14). Auch die für die Gewährung des Gründungszuschusses nach § 93 SGB III erforderliche Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit ist nach Auffassung des Senats an die Definition der Arbeitslosigkeit in § 138 SGB III anzuknüpfen (so auch LSG Hamburg, Urteil vom 7. Dezember 2016, L 2 AL 7/16, juris). Erforderlich sind dann – wie sich aus § 138 Abs. 1 SGB III ergibt – Beschäftigungslosigkeit, Eigenbemühungen und Verfügbarkeit. Das Vorliegen von Beschäftigungslosigkeit genügt dann nicht (so auch Jüttner in Mutschler, Schmidt-Caluwe, Coseriu, SGB III, 6. Aufl. § 93 Rz 42; anders unter Hinweis auf Sinn und Zweck des Gründungszuschusses, die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zu fördern, Link in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Juni 2015, § 93 Rz 84 sowie – ohne nähere Begründung – Hassel in Brand, SGB III, 7. Aufl. § 93 Rz 9; vgl. auch Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 5. Mai 2010, B 11 AL 11/09 R, juris, Rz 26, wobei die dortigen Ausführung vom LSG Hamburg [a.a.O.] nach Auffassung des Senats zutreffender Weise als nicht hinreichend eindeutiges obiter dictum bezeichnet werden). Vorliegend fehlt es an der subjektiven Verfügbarkeit des Klägers, an der auch das Sozialgericht bereits erhebliche Bedenken geäußert hat.

64

Das Vorliegen von Verfügbarkeit ergibt sich nicht aus der bestandskräftigen Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom Eintritt der Arbeitslosigkeit (am 1. Juli 2012) bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 1. August 2012. Die durch Bestandskraft der Bewilligung eingetretene Bindungswirkung (§ 77 SGG) erstreckt sich auf die Frage nach einem den Vorgaben des § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III entsprechenden Restanspruch auf Alg, nicht aber auf das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs (LSG Hamburg a.a.O., so im Ergebnis auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Dezember 2015 – L 9 AL 83/14, juris). In Bestandskraft erwächst der – ggf. unter Heranziehung der wesentlichen Begründung auszulegende – Tenor eines Bescheides, nicht aber einzelne Begründungselemente (BSG, Urteil vom 25. März 2015 – B 6 KA 22/14 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 82 = juris, Rz 30 m.w.N.). Eine darüber hinausgehende Feststellungswirkung einzelner Entscheidungs(begründungs)elemente kennt das Recht nur in Ausnahmefällen (Breitkreuz in Berliner Kommentar zum SGG, 2. Aufl. 2014, § 77 Rz 11 und 8).

65

Vorliegend sprechen insbesondere die vom Arbeitgeber verfügte Freistellung, um dem Kläger Vorbereitungen für seine Selbständigkeit zu ermöglichen, und seine Auslandskontakte mit der Firma Sa… einschließlich des unterschriftsreif vorbereiteten Vertrages mit dieser Firma sowie die Gewerbeanmeldung am 5. Juli 2012 und die am 9. Juli 2012 erfolgte notarielle Beglaubigung der Anmeldung des nach dem Wortlaut der Erklärung bereits gegründeten kaufmännischen Einzelunternehmens des Klägers (S…) zum Handelsregister gegen das Vorliegen der erforderlichen subjektiven Verfügbarkeit des Klägers. Die schriftliche Erklärung des Klägers, er sei bereit gewesen, jede Beschäftigung anzunehmen und auszuüben, ist insoweit in keiner Weise überzeugend. Insbesondere vermag der Senat daraus nicht zu folgern, dass der Kläger ab Eintritt seiner Arbeitslosigkeit am 1. Juli 2012 auch bereit war, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes anzunehmen und auszuüben. Hierfür mag zwar insbesondere der Inhalt des Vermerks der Mitarbeiterin L. der Beklagten vom 31. Mai 2012 sprechen. Andererseits hat der Kläger danach wiederholt deutlich gemacht, dass es sein Ziel war, sich zum 1. August 2012 selbstständig zu machen. Es bestehen bei Gesamtwürdigung aller Umstände jedenfalls für die Zeit ab Eintritt der Arbeitslosigkeit keine überzeugenden Hinweise darauf, dass – unter Zurückstellung der bereits vom Sozialgericht geäußerten Bedenken – davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger das Ziel der Selbständigkeit zurückgestellt hätte, wenn sich zuvor eine versicherungspflichtige Anschlussbeschäftigung ergeben hätte. Dabei kann auch die zeitliche Abfolge (Eintritt der Arbeitslosigkeit mit Sonntag, dem 1. Juli 2012; Antrag auf Gründungszuschuss von Montag, dem 2. Juli 2012) nicht unberücksichtigt bleiben. Insgesamt spricht zur Überzeugung des Senats Überwiegendes dafür, dass es dem Kläger, trotz von ihm erklärter Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme, entscheidend darum ging, formal die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg und die anschließende Gewährung eines Gründungszuschusses zu schaffen. Dass Zweifel insoweit von Seiten der Beklagten zunächst nicht geäußert worden sind, ist unerheblich, zumal die Beklagte sich inzwischen der mit gerichtlicher Verfügung vom 3. Juli 2017 mitgeteilten (seinerzeit vorläufigen) Rechtsauffassung des Senats vollumfänglich angeschlossen hat.

66

Unabhängig von Vorstehendem sind die angefochtenen Bescheide auch unter dem Gesichtspunkt der im bisherigen Verfahren im Wesentlichen diskutierten Ermessensproblematik rechtsfehlerfrei. Insoweit kann zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen werden (§ 153 Abs. 2 SGG).

67

Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des beantragten Gründungszuschusses besteht schon deshalb nicht, weil keine Anhaltspunkte für eine sog. Ermessensreduzierung auf null bestehen. Es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung, weil die Beklagte das ihr nach § 93 Abs. 1 SGB III zustehende Ermessen rechtmäßig ausgeübt hat. Aus § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergeben sich zwei Schranken der Ermessensausübung: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch) entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen zum Teil nicht einheitlich sind. Wenn der eine Sozialleistung regelnde Verwaltungsakt wegen Ermessensnicht- oder Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig ist, darf das Gericht nur den Verwaltungsakt aufheben und den Träger zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, nicht aber eigene Ermessenserwägungen anstellen und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Leistungsträgers setzen (vgl. BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 1/07 R – Rz 14 ff.).

68

Von einem Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall ist vorliegend – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht auszugehen. Die Beklagte hat ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt. Ebenso wenig liegt eine Ermessensunter- oder -überschreitung vor. Die Beklagte hat auch keine Rechtsfolge eingesetzt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Die Beklagte war sich auch dessen bewusst, dass die Bewilligung des Gründungszuschusses in ihrem Ermessen stand und hat ihr Ermessen folglich auch nicht zu eng ausgelegt. Der Beklagten kann schließlich auch kein Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen werden (s. hierzu zusammenfassend auch BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 10/10 R – Rz 15, juris). Die Beklagte hat sowohl im Ablehnungsbescheid vom 24. August 2012 als auch insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2012 darauf abgestellt, dass der Kläger voraussichtlich auch ohne die Förderung einer selbstständigen Tätigkeit in den Arbeitsmarkt eingegliedert worden wäre und die Eingliederung aufgrund der konkreten Arbeitsmarktlage als positiv zu bewerten sei. Hierzu hat sie sich insbesondere in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid auf eine Reihe offener Stellenangebote im Tagespendelbereich bezogen, die sie bereits vor Erlass des Ausgangsbescheides aus Stellenbörsen entnommen hat. Hierzu hat sie im Einzelnen ausgeführt, dass und warum einzelne Angebote den Fähigkeiten und Fertigkeiten des Klägers entsprächen. Zu einzelnen Angeboten hat die Beklagte sich der vom Kläger im Widerspruchsverfahren geäußerten Auffassung angeschlossen, dass die Stellen unpassend seien. Die Beklagte hat damit einen legitimen, der Teleologie des § 93 SGB III entsprechenden Zweck verfolgt und ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt. Der Gründungszuschuss dient der möglichst frühzeitigen Reintegration des Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Insoweit ist der allgemeine Vorrang der Vermittlung zu beachten, so dass der Gründungszuschuss als Ermessensleistung nur dann gewährt werden kann, wenn er für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich ist (§ 4 Abs. 2 SGB III), d. h. wenn die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Mai 2014 – L 18 AL 236/13 –; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015 – L 3 AL 1924/14 – juris). Die als Teil einer Ermessensentscheidung nur eingeschränkt überprüfbare Prognose, dass der Kläger in den Arbeitsmarkt integriert worden wäre, ohne dass hierfür die Förderung der Selbständigkeit notwendig gewesen wäre, ist nicht zu beanstanden. Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass die Beklagte dem Kläger während der Zeit vom 1. bis 31. Juli 2012 kein Vermittlungsangebot unterbreitet hat, das zum Abschluss eines Beschäftigungsverhältnisses geführt hat. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Zeitraum von vorliegend einem Monat nicht derartig lang ist, um davon ausgehen zu können, dass die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führt. Denn hierzu bedarf es einer belastbaren negativen Vermittlungsprognose, die hier jedoch nicht gestellt werden kann. Denn gerade auch § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB III, wonach bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch ein Restanspruch auf Alg für die Dauer von mindestens 150 Tagen bestehen musste, spricht in Anbetracht der bereits nach zweijähriger Beschäftigung geltenden Anspruchsdauer von 360 Kalendertagen (vgl. §§ 147 Abs. 2, 339 Satz 2 SGB III) dafür, dass von einer Erforderlichkeit des Gründungszuschusses erst ausgegangen werden kann, wenn nach Eintritt der Arbeitslosigkeit während eines längeren Zeitraumes keine erfolgreiche Vermittlung stattgefunden hat (vgl. – zur Vorläufervorschrift – LSG Baden-Württemberg, a.a.O.).

69

Der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger keine konkreten Vermittlungsangebote gemacht hat, führt zu keiner anderen Beurteilung, zumal die in Betracht kommenden Stellenangebote dem Kläger aus ihm bekannten Internetportalen zugänglich waren.

70

Dass der Vorrang der Vermittlung zu berücksichtigen ist, entspricht der Bestimmung des § 4 Abs. 2 SGB III; die maßgebliche Berücksichtigung der hiermit zusammenhängenden Aspekte im Rahmen der Ermessensbetätigung entspricht den ermessenslenkenden Weisungen der Beklagten.

71

Ferner liegt auch kein Ermessensfehler im Sinne eines Abwägungsfehlers vor. Ein für die Bewilligung sprechender Gesichtspunkt, der mindestens ebenso gewichtig wäre wie der für die Ablehnung maßgebliche Gesichtspunkt der ausreichenden Vermittlungschancen des Klägers, ist nicht erkennbar. Ein derartig zu Gunsten des Klägers in die Abwägung einzustellender Gesichtspunkt hätte dann vorgelegen, wenn die Beklagte dem Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses mündlich zugesagt oder sie sich im Wege einer Eingliederungsvereinbarung auf eine selbstständige Tätigkeit des Klägers als Eingliederungsziel im Sinne eines ermessensleitenden Gesichtspunktes festgelegt hätte. Von einer solchen Konstellation ist vorliegend nicht auszugehen. Dass die Beklagte dem Kläger jemals eine Förderung zugesagt haben soll, ist der Akte und insbesondere den Beratungsvermerken nicht zu entnehmen und auch nicht plausibel. Auch sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Beklagte sich in der Eingliederungsvereinbarung vom 31. Mai 2012 (die der Kläger nach eigenen Angaben gar nicht unterschrieben hat und die sich auch nur ohne Unterschriften in den dem Senat vorliegenden Unterlagen befindet) zur Förderung der geplanten selbstständigen Tätigkeit des Klägers im Wege der Gewährung eines Gründungszuschusses verpflichtet hätte. Vielmehr ist als Ziel der Vereinbarung ausdrücklich die Aufnahme einer beitragspflichtigen Beschäftigung des Klägers als Produktmanager benannt, so dass entsprechenden Erklärungen im Sinne einer Förderungszusage bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit auch nicht zu erwarten waren. Gegenteilige Behauptungen des Klägers über getroffene Absprachen sind nicht belegt. Nach allem ist es unter keinen Umständen möglich, in der Eingliederungsvereinbarung oder in sonstigen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und Mitarbeitern der Beklagten eine Zusicherung zu sehen.

72

Auch die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte dienstliche Erklärung der Mitarbeiterin Frau H. bestätigt noch einmal, dass der Kläger aus ihrer Sicht von Beginn an mit einer Ablehnung seines Antrags auf Gründungszuschuss habe rechnen müssen; eine Zusage sei zu keiner Zeit erfolgt.

73

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und orientiert sich am Ausgang des Rechtsstreits.

74

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen. Dies gilt auch für die vom Senat niedergelegte Rechtsauffassung zur Frage der Beendigung von Arbeitslosigkeit im Hinblick auf Fragen der subjektiven Verfügbarkeit, weil die Entscheidung des Rechtsstreits nicht nur hierauf gestützt worden ist.


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(1) Wird dieses Gesetzbuch geändert, so sind, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung gelte

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(1) Als Gründungszuschuss wird für die Dauer von sechs Monaten der Betrag geleistet, den die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen hat, zuzüglich monatlich 300 Euro. (2) Der Gründungszuschuss kann für weitere n

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Bundessozialgericht Urteil, 05. Mai 2010 - B 11 AL 11/09 R

bei uns veröffentlicht am 05.05.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 12.10.2006.

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(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.

(2) Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

1.
bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht,
2.
der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und
3.
ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

(3) Der Gründungszuschuss wird nicht geleistet, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 vorliegen oder vorgelegen hätten.

(4) Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.

(5) Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten.

(1) Die Vermittlung in Ausbildung und Arbeit hat Vorrang vor den Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit.

(2) Der Vermittlungsvorrang gilt auch im Verhältnis zu den sonstigen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, es sei denn, die Leistung ist für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich. Von der Erforderlichkeit für die dauerhafte Eingliederung ist insbesondere auszugehen, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit fehlendem Berufsabschluss an einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen oder voraussichtlich teilnehmen werden. Der Vermittlungsvorrang gilt nicht im Verhältnis zur Förderung von Existenzgründungen mit einem Gründungszuschuss nach § 93.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.

(2) Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

1.
bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht,
2.
der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und
3.
ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

(3) Der Gründungszuschuss wird nicht geleistet, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 vorliegen oder vorgelegen hätten.

(4) Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.

(5) Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten.

(1) Als Gründungszuschuss wird für die Dauer von sechs Monaten der Betrag geleistet, den die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen hat, zuzüglich monatlich 300 Euro.

(2) Der Gründungszuschuss kann für weitere neun Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel an der Geschäftstätigkeit, kann die Agentur für Arbeit verlangen, dass ihr erneut eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorgelegt wird.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.

(2) Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

1.
bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht,
2.
der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und
3.
ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

(3) Der Gründungszuschuss wird nicht geleistet, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 vorliegen oder vorgelegen hätten.

(4) Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.

(5) Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten.

(1) Eine Berufsausbildung ist förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach Teil 2, auch in Verbindung mit Teil 5, des Pflegeberufegesetzes oder dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.

(2) Förderungsfähig ist die erste Berufsausbildung. Eine zweite Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann und durch die zweite Berufsausbildung die berufliche Eingliederung erreicht wird.

(3) Nach der vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses darf erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand.

(1) Eine Berufsausbildung, die teilweise im Ausland durchgeführt wird, ist auch für den im Ausland durchgeführten Teil förderungsfähig, wenn dieser Teil im Verhältnis zur Gesamtdauer der Berufsausbildung angemessen ist und die Dauer von einem Jahr nicht übersteigt.

(2) Eine betriebliche Berufsausbildung, die vollständig im angrenzenden Ausland oder in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt wird, ist förderungsfähig, wenn

1.
eine nach Bundes- oder Landesrecht zuständige Stelle bestätigt, dass die Berufsausbildung einer entsprechenden betrieblichen Berufsausbildung gleichwertig ist und
2.
die Berufsausbildung im Ausland dem Erreichen des Bildungsziels und der Beschäftigungsfähigkeit besonders dienlich ist.

(1) Wird dieses Gesetzbuch geändert, so sind, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag

1.
der Anspruch entstanden ist,
2.
die Leistung zuerkannt worden ist oder
3.
die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist.

(2) Ist eine Leistung nur für einen begrenzten Zeitraum zuerkannt worden, richtet sich eine Verlängerung nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Verlängerung geltenden Vorschriften.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.

(2) Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

1.
bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht,
2.
der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und
3.
ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

(3) Der Gründungszuschuss wird nicht geleistet, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 vorliegen oder vorgelegen hätten.

(4) Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.

(5) Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten.

(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und

1.
nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),
2.
sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und
3.
den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

(2) Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird.

(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.

(4) Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung,
2.
die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und
3.
die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.

(5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer

1.
eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf,
2.
Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann,
3.
bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und
4.
bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 12.10.2006.

2

Der 1964 geborene Kläger war seit 1983 als Dachdecker versicherungspflichtig beschäftigt. Nach betriebsbedingter Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 30.9.2006 meldete er sich am 27.6.2006 bei der Agentur für Arbeit persönlich arbeitsuchend. Dabei teilte er mit, dass er sich mit einem Kollegen schnellstmöglich selbständig machen wolle. Am 28.9.2006 meldete sich der Kläger sodann mit Wirkung für den 1.10.2006 arbeitslos und beantragte für diesen Tag Arbeitslosengeld (Alg) sowie für die Zeit ab 2.10.2006 einen Gründungszuschuss. In der Folgezeit legte der Kläger einen Lebenslauf sowie einen Businessplan nebst Rentabilitätsvorschau vom 2.10.2006, eine positive Stellungnahme seines Steuerberaters zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 9.10.2006 und eine Gewerbe-Ummeldung zum 12.10.2006 vor. Weil sich der Beginn der selbständigen Tätigkeit nach seinen Angaben auf den 12.10.2006 verschoben hatte, stellte der Kläger am 14.11.2006 einen Kurzantrag auf Weiterzahlung von Alg ab 2.10.2006.

3

Während die Beklagte dem Kläger für den 1.10.2006 Alg bewilligte (Bescheid vom 10.10.2006), lehnte sie die Gewährung von Alg ab 2.10.2006 mangels Verfügbarkeit ab (Bescheid vom 15.11.2006).

4

Den Antrag auf einen Gründungszuschuss lehnte die Beklagte ebenfalls ab, weil der Kläger bis zur Aufnahme der Selbständigkeit keinen Anspruch auf Alg gehabt habe und deshalb die Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben seien. Den Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, durch Behördengänge habe sich der geplante Beginn der selbständigen Tätigkeit verschoben, wies die Beklagte zurück (Bescheid vom 27.11.2006, Widerspruchsbescheid vom 11.12.2006).

5

Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts vom 28.11.2007; Urteil des Landessozialgerichts vom 28.11.2008).

6

Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Gründungszuschuss, weil er nicht bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf das hier als Entgeltersatzleistung allein in Betracht kommende Alg bei Arbeitslosigkeit gehabt habe. Nach § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der seit 1.8.2006 geltenden Fassung müsse ein Entgeltersatzanspruch unmittelbar vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit bestehen, wofür das sog Stammrecht genüge, während ein konkreter Auszahlungsanspruch nicht erforderlich sei. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Entgeltersatzanspruch und Existenzgründung - wie nach der früheren Rechtslage - reiche nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut jedoch nicht mehr aus. Da der Kläger nach seinen Angaben die selbständige Tätigkeit erst am 12.10.2006 aufgenommen habe, komme unabhängig von den Gründen der Verzögerung ein Anspruch auf einen Gründungszuschuss nur in Betracht, falls am 11.10.2006 ein Anspruch auf Alg bestanden hätte. Das sei aber nicht der Fall, weil der Kläger ab 2.10.2006 den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht mehr zur Verfügung gestanden und sich bis zum 11.10.2006 auch nicht erneut persönlich arbeitslos gemeldet habe. Durch den Bescheid vom 15.11.2006 sei der Antrag auf Alg ab 2.10.2006 zudem bestandskräftig abgelehnt worden. An der fehlenden Verfügbarkeit und dem Beginn der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit lasse sich auch durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nichts ändern. Unabhängig davon fehle es schon an einem Beratungsfehler.

7

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Nach Sinn und Zweck des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III reiche ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Bezug einer Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit aus. Nur diese Auslegung, der weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzesmotive entgegenstünden, werde dem Ziel der Förderung und der Realität gerecht, weil es sich bei einer Existenzgründung mit den notwendigen Vorbereitungshandlungen um einen komplexen Sachverhalt handele. Einen nahtlosen Übergang von der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit zu verlangen, entspreche nicht den praktischen Erfordernissen einer Existenzgründung.

8

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts vom 28.11.2008 und des Sozialgerichts vom 28.11.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 12.10.2006 einen Gründungszuschuss zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

12

Ob der Kläger einen Anspruch auf einen Gründungszuschuss hat, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beantworten (hierzu unter 2). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die Versagung eines Gründungszuschusses aber jedenfalls nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger für die Zeit vom 2. bis 11.10.2006 keinen Anspruch auf Zahlung von Alg hatte (hierzu unter 1).

13

1. Nach § 57 SGB III in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss (Abs 1). Der Gründungszuschuss wird geleistet, wenn der Arbeitnehmer ua bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch hat (Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a) und bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfügt (Abs 2 Satz 1 Nr 2).

14

a) Bestehen muss zunächst ein "Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch“. Zu diesen Leistungen gehört nach § 116 SGB III(in der seit dem 1.4.2006 geltenden Fassung des Gesetzes vom 24.4.2006, BGBl I 926) neben anderen Leistungen (zB Insolvenzgeld) das vom Kläger vor der Existenzgründung bezogene Alg bei Arbeitslosigkeit. Der Begriff "Anspruch" kann bei dieser zuletzt genannten Leistung unterschiedliche Bedeutungen haben und sowohl den Gesamtanspruch aus einer bestimmten Anwartschaft (sog Stammrecht) als auch die daraus resultierenden Einzelansprüche auf Zahlung von Leistungen umfassen (vgl Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, § 118 RdNr 23 ff, Stand September 2005).

15

Nach § 118 Abs 1 SGB III(in der seit 1.1.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848) haben Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit entsteht dem Grunde nach als Stammrecht im Sinne eines zu einem subjektiven Recht des Arbeitslosen verfestigten Besitzstandes regelmäßig mit dem Vorliegen der drei in § 118 Abs 1 SGB III genannten Voraussetzungen(vgl § 40 Sozialgesetzbuch Erstes Buch; Valgolio in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 10 RdNr 1). Der aus dem Stammrecht zu realisierende Einzelanspruch auf Zahlung von Alg ist hingegen durch Leistungsantrag (vgl § 323 Abs 1 SGB III in der seit 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) geltend zu machen und davon abhängig, dass für die konkret beanspruchte Zeit die materiellen Voraussetzungen des § 118 Abs 1 SGB III erfüllt sind.

16

Für den Alg-Anspruch als Anspruch auf Entgeltersatzleistung iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III ist davon auszugehen, dass mit "Anspruch" nicht lediglich ein nach § 118 Abs 1 SGB III entstandenes und fortbestehendes Stammrecht gemeint ist(so wohl Stark in NK-SGB III, 3. Aufl, § 57 RdNr 36 ff; vgl auch Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 54, 56, Stand März 2010). Der erkennende Senat hat bereits zum Überbrückungsgeld nach Maßgabe des § 55a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) darauf hingewiesen, dass allein das Bestehen des Stammrechts auf Alg zur Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen dieser dem Gründungszuschuss vorausgehenden Förderleistung (hierzu unter b) nicht als ausreichend erachtet werden kann(vgl BSG SozR 3-4100 § 55a Nr 4 S 24). Hieran ist für die neue Leistung des Gründungszuschusses festzuhalten, auch wenn es entgegen der früheren Regelung zum Überbrückungsgeld nicht mehr, auch nicht wahlweise (wie noch in § 57 Abs 2 Nr 1 Buchst a SGB III idF des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 10.12.2001, BGBl I 3443) auf den Leistungsbezug ankommt (vgl Stark in NK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 57 RdNr 36). Abgesehen davon, dass die besondere vierjährige Erlöschensfrist des § 147 Abs 2 SGB III für das Stammrecht auf Alg zu einer unterschiedlichen Behandlung der sonstigen Entgeltersatzleistungsberechtigten beim Zugang zum Gründungszuschuss führen würde, hat diese Leistung den Zweck, den Lebensunterhalt zu sichern und insoweit das infolge der Existenzgründung wegfallende Alg zu kompensieren(vgl BT-Drucks 16/1696 S 30, zu § 57 Abs 1). Ein "Anspruch" auf Alg iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III in der hier anzuwendenden Fassung liegt also vor, wenn die materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs auf die jeweilige Entgeltersatzleistung gegeben sind (Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 56, Stand März 2010).

17

Von den materiellen Voraussetzungen ist nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für das zum 1.10.2006 bewilligte Alg auszugehen. Das ist schon wegen des für beide Beteiligte bindend gewordenen Bewilligungsbescheids vom 10.10.2006 anzunehmen, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beklagte diese Entscheidung später revidiert hat (vgl BSGE 61, 286 = SozR 4100 § 134 Nr 31). Zweifeln daran, ob die Bewilligung rechtmäßig war oder ob der Kläger am 1.10.2006 das für die Arbeitslosigkeit im Sinne des Leistungsrechts ua erforderliche Merkmal der Verfügbarkeit nicht erfüllte, weil er nach seiner damaligen Planung bereits am folgenden Tag eine selbständige Tätigkeit aufnehmen wollte, muss daher an dieser Stelle nicht nachgegangen werden (vgl BSG aaO).

18

b) Die des Weiteren in § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III normierte Voraussetzung eines Anspruchs auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III "bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit“ scheitert entgegen der Annahme der Beklagten nicht daran, dass der Kläger lediglich für den 1.10.2006, nicht aber für die anschließende Zeit vom 2.10. bis 11.10.2006 einen konkreten Zahlungsanspruch auf Alg hatte. Selbst wenn sich die Aufnahme der Tätigkeit (hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 5.5.2010 - B 11 AL 28/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen) des Klägers als selbständiger Baudienstleister damit vom 2.10. auf den 12.10.2006 verschoben haben sollte, stand die Existenzgründung in dem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zum Alg-Anspruch. Denn die gesetzliche Regelung verlangt keine Nahtlosigkeit zwischen Existenzgründung und vorausgehendem Alg-Anspruch, sondern lediglich einen engen zeitlichen Zusammenhang. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung der Förderleistung, welche das bis zum 31.7.2006 geregelte Überbrückungsgeld und den zum 1.1.2003 vorübergehend eingeführten Existenzgründungszuschuss (sog Ich-AG, hierzu näher BSGE 101, 224 = SozR 4-4300 § 421l Nr 2) zum 1.8.2006 abgelöst hat.

19

aa) Bis zum 31.7.2006 bestimmte § 57 Abs 2 Nr 1 Buchst a SGB III, dass Überbrückungsgeld geleistet wird, wenn der Arbeitnehmer ua in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder einen Anspruch darauf hätte. Eine ähnliche Regelung enthielt für den Existenzgründungszuschuss § 421l SGB III, der vom 1.7.2006 an allerdings nur noch auf Altfälle anwendbar war (§ 421l Abs 5 SGB III idF des Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2005, BGBl I 3676). Nach § 421l Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III wird dieser Zuschuss geleistet, wenn der Existenzgründer ua in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen hat.

20

Der Übergang von der Formulierung "in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme" zu der Wendung "bis zur Aufnahme" wird in der Literatur allerdings überwiegend so verstanden, dass die seit 1.8.2006 geltende Rechtslage jede zeitliche Lücke zwischen dem Bestehen eines Anspruchs auf Entgeltersatzleistungen und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ausschließt (Petzold in Hauck/Noftz, SGB III, Stand Dezember 2009, § 57 RdNr 14; Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl, § 57 RdNr 5; Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 54, Stand März 2010; Winkler in Gagel, SGB III, § 57 RdNr 15, Stand Dezember 2006; wohl ebenfalls für Nahtlosigkeit Götze in GK-SGB III, § 57 RdNr 38, Stand Dezember 2006). Ausgehend von der primär arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung der Förderung von Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit (BT-Drucks 16/1696 S 30, zu § 57 Abs 1) gebietet der Wortlaut im historischen Gesamtzusammenhang der Regelung indessen keine Auslegung des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III dahingehend, dass ein Gründungszuschuss nur zu gewähren ist, falls der Existenzgründer bis zum letzten Tag vor der Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit einen Leistungsanspruch auf Zahlung von Alg hatte(vgl Voelzke in Küttner, Personalbuch 2009, Gründungszuschuss <210> RdNr 17).

21

bb) Die vom Gesetzgeber bei der Einführung des Gründungszuschusses gewählte Formulierung ist nicht neu. Denn bis zum 31.12.1997 bestimmte schon § 55a Abs 1 Satz 1 AFG, dass Arbeitslosen bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden Überbrückungsgeld gewährt werden kann, wenn der Arbeitslose ua "bis zur Aufnahme" dieser Tätigkeit mindestens vier Wochen Alg oder Alhi bezogen hat. Bei der Einführung des SGB III wurde diese Regelung ohne wesentliche Änderung übernommen, denn nach § 57 Abs 2 Nr 1 Buchst a SGB III in der ab 1.1.1998 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 544) konnte Überbrückungsgeld geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer ua "bis zur Aufnahme" der selbständigen Tätigkeit mindestens vier Wochen Alg, Alhi oder Kurzarbeitergeld in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit bezogen hat.

22

Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 55a AFG(BSG SozR 3-4100 § 55a Nr 2 und 4) war aus der Formulierung "bis zur Aufnahme" entgegen dem Standpunkt der damaligen Bundesanstalt für Arbeit bereits im Geltungsbereich des AFG nicht ohne Ausnahme zu schließen, dass sich der Übergang vom Leistungsbezug zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nahtlos vollziehen muss. Eine enge wörtliche Auslegung hat der Senat abgelehnt, weil sie unter Umständen Ergebnisse zur Folge gehabt hätte, die nicht dem Gesetzeszweck entsprechen, durch die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Fortdauer von Arbeitslosigkeit zu verhüten und im Interesse der Versichertengemeinschaft künftige Leistungen wegen Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Kurzfristige Unterbrechungen des Leistungsbezugs unmittelbar vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit wurden daher jedenfalls unter der Voraussetzung als unschädlich angesehen, dass aus dem erhalten gebliebenen Stammrecht in der Zukunft noch weiterhin Leistungsansprüche realisiert werden könnten, falls die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nicht stattfände (BSG SozR 3-4100 § 55a Nr 2 S 12). Einen noch ausreichenden zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Leistungsbezug und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit hat der Senat bejaht, wenn die Unterbrechung des Leistungsbezugs die Dauer einer Sperrzeit wegen Ablehnung eines Arbeitsangebots nicht überstieg (BSG SozR 3-4100 § 55a Nr 4).

23

Hieran anschließend wurden durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB III-ÄndG) vom 21.7.1999 (BGBl I 1648) in § 57 Abs 2 Nr 1 SGB III mit Wirkung ab 1.8.1999 die Worte "bis zur Aufnahme" durch die Umschreibung "in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme" ersetzt, was bis zum 31.7.2006 beibehalten wurde. Der Gesetzgeber des 2. SGB III-ÄndG verstand diese Änderung des Normtextes nicht als Ausdruck einer sachlichen Neuregelung, sondern nur als "Klarstellung", dass (ua) zwischen dem vorherigen Leistungsbezug und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit "ein Übergangszeitraum (etwa ein Monat)" liegen dürfe. Zur Begründung dafür hieß es, eine als absolut verstandene Unmittelbarkeit des Übergangs werde den praktischen Erfordernissen bei der Existenzgründung, die keinen punktuellen Vorgang darstelle, nicht gerecht (BT-Drucks 14/873 S 12; vgl aber weitergehend BT-Drucks 15/1515 S 78 zur Unmittelbarkeit iS eines Zeitraums von nicht mehr als einem Monat etwa bei § 28a SGB III; auch BSG SozR 4-4300 § 26 Nr 4 zu § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III aF). Eine vergleichbare Regelung wurde deshalb auch in die neuartige Leistung des Existenzgründungszuschusses nach § 421l Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III übernommen, die durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4621) vorübergehend (vgl § 421l Abs 5 SGB III) zum 1.1.2003 eingeführt wurde. Auch dieser Zuschuss wird bereits geleistet, wenn der Existenzgründer ua "in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme" der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen hat. Eines unmittelbar vorausgehenden Bezugs von Entgeltersatzleistungen bedarf es demgegenüber hier ebenfalls nicht, weil ausweislich der Gesetzesbegründung kurze Phasen der Vorbereitung auf die Selbständigkeit, zB eine Teilnahme an Existenzgründerseminaren, für einen erfolgreichen Übergang sinnvoll sein können (BT-Drucks 15/26 S 22 f). Trotz der partiell abweichenden Formulierung gilt dies in gleicher Weise für den Gründungszuschuss. Denn es handelt es sich um eine aus Elementen des Überbrückungsgeldes und des Eingliederungszuschusses zusammengefügte Leistung, welche inhaltlich an § 57 SGB III und § 421l SGB III in der zum Zeitpunkt ihrer Normierung maßgeblichen Fassung anknüpft(vgl auch Roos, NJW 2009, 8, 9). Dementsprechend weisen die Materialien ausdrücklich darauf hin, dass ua mit § 57 Abs 2 Nr 1 SGB III "notwendige und bewährte Voraussetzungen der bisherigen Regelungen übernommen" werden(BT-Drucks 16/1696 S 31, zu § 57 Abs 2).

24

cc) Die zum "engen zeitlichen Zusammenhang" beim Überbrückungsgeld ergangene Entscheidung des 11a. Senats vom 21.3.2007 - B 11a AL 11/06 R (= SozR 4-4300 § 57 Nr 2) ist damit für den Gründungzuschuss insoweit von Bedeutung, als der zeitliche Zusammenhang zwischen der Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit weiterhin unverändert zu bestimmen ist. Der 11a. Senat hat in der genannten Entscheidung zwar offen gelassen, ob für den erforderlichen Zusammenhang ein fester zeitlicher Rahmen vorgegeben werden muss, jedoch angenommen, dass die Wendung "in engem zeitlichen Zusammenhang" das Bestehen einer zeitlichen Lücke zwischen Leistungsbezug und Aufnahme der selbständigen Tätigkeit sogar nahe legt und sich an dem in der Gesetzesbegründung zum 2. SGB III-ÄndG angeführten Zeitraum von etwa einem Monat orientiert (BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 2 RdNr 11, 15). Dieser Zeitraum ist ausgehend von den für den erkennenden Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 12.10.2006 in jedem Fall gewahrt.

25

c) Da dem Kläger für den 1.10.2006 Alg mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen zuerkannt, aber antragsgemäß lediglich für einen Tag Alg ausgezahlt worden ist, bestand zugleich ein "Restanspruch" mit einer Dauer von mindestens 90 Tagen bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 12.10.2006 (§ 57 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB III), welcher sich ggf um die Anzahl von Tagen mit Anspruch auf Gründungszuschuss mindert (vgl § 128 Abs 1 Nr 9 SGB III idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, aaO). Auf die Übergangsvorschrift zu der genannten Voraussetzung eines Restanspruchs von mindestens 90 Tagen (§ 434o SGB III) kommt es nach den Umständen des Falles somit nicht an.

26

2. Unabhängig davon lässt sich aber derzeit noch nicht abschließend beurteilen, ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf den Gründungszuschuss zusteht. Denn das LSG hat - von seinem Standpunkt konsequent - noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger durch die Aufnahme einer selbständigen und hauptberuflichen Tätigkeit seine Arbeitslosigkeit beendet hat (§ 57 Abs 1 SGB III). Dabei wird - ausgehend vom aufgezeigten Sinn und Zweck des Förderinstruments (hierzu unter 1) - zu beachten sein, dass für das Merkmal der Beendigung von "Arbeitslosigkeit" iS des § 57 Abs 1 SGB III grundsätzlich Beschäftigungslosigkeit beendet worden sein muss(vgl Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 49, Stand März 2007; weitergehend Voelzke in Küttner, Personalbuch 2009, Gründungszuschuss <210> RdNr 15, und Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl, § 57 RdNr 7). Insbesondere fehlt es bislang aber an ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen zur Tragfähigkeit (§ 57 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB III) sowie ferner dazu, ob und wann der Kläger seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit dargelegt hat (§ 57 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III). Im Gegensatz zur früheren Rechtslage statuiert das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (aaO) dabei zum einen ein Nachweiserfordernis der objektiven Tragfähigkeit und zum anderen eine Darlegungslast des Existenzgründers hinsichtlich seiner subjektiven Eignung (vgl Link/Kranz, Der Gründungszuschuss für Existenzgründer, 2007, RdNr 106 ff, 111 ff).

27

3. Bei der erneuten Entscheidung wird das LSG auch darüber zu befinden haben, inwieweit außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten sind.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.

(2) Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

1.
bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht,
2.
der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und
3.
ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

(3) Der Gründungszuschuss wird nicht geleistet, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 vorliegen oder vorgelegen hätten.

(4) Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.

(5) Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen in den Quartalen I/2000 bis I/2001.

2

Der Kläger nimmt seit dem 1.4.1999 als Psychologischer Psychotherapeut an der vertragsärztlichen Versorgung in Berlin - bis zum Quartal II/2002 unter der Arztnummer 2 und ab dem Quartal III/2002 unter der Arztnummer 5 - teil.

3

Gegen die die Quartale I/2000 bis II/2004 und IV/2004 betreffenden Honorarbescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein und machte bezogen auf die noch streitgegenständlichen Quartale zur Begründung geltend, dass die Beklagte die Vorgaben des BSG zur Vergütung zeitgebundener antrags- und genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen nicht berücksichtigt habe.

4

Mit Änderungsbescheiden vom 29.11.2001 erfolgte eine Nachvergütung aufgrund des Fremdkassenzahlungsausgleichs für die streitgegenständlichen Quartale.

5

Mit Schreiben vom 20.4.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Entscheidung des Schiedsamtes zu der Frage, wer die höheren Honoraransprüche für die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen zu finanzieren habe, bevorstehe. Der Kläger könne allein bezogen auf die Arztnummer 2 (Quartale I/2000 bis II/2002) mit einer Nachvergütung in Höhe von 67 284,59 Euro rechnen. Es werde jedoch aus rechtlichen Gründen darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um eine Vorabinformation handele. Dieses Schreiben hebe den alten Honorarfestsetzungsbescheid nicht auf und stelle weder einen neuen Honorarfestsetzungsbescheid noch eine Zusicherung dar.

6

Mit zwei Bescheiden vom 8.9.2005 hob die Beklagte die Honorarbescheide für die Quartale I/2000 bis II/2002 (Arztnummer 2) und die Quartale III/2002 bis II/2004 (Arztnummer
 5) insoweit auf, als der Punktwert in diesen Quartalen unterhalb des vom Bewertungsausschuss in seiner Sitzung am 29.10.2004 festgelegten Mindestpunktwerts für antrags- und genehmigungspflichtige psychotherapeutischen Leistungen lag. Die Beklagte erhöhte die Vergütung von Leistungen bis zur Punktzahlobergrenze von 561 150 Punkten um die Differenz zwischen diesem Mindestpunktwert und dem bisher zugrunde gelegten Auszahlungspunktwert. Für die über die Punktzahlobergrenze hinausgehenden Punkte verringerte sie den bisherigen (Auszahlungs-)Punktwert auf den im jeweiligen Quartal geltenden ungestützten Punktwert. Hieraus ergab sich für die Quartale I/2000 bis II/2002 eine Nachvergütung in Höhe von insgesamt 34 877,65 Euro (Arztnummer 2). Auf die im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Quartale I/2000 bis I/2001 entfielen davon 14 097,66 Euro.

7

Mit zwei Bescheiden vom 19.9.2005 hob die Beklagte die Bescheide vom 8.9.2005 teilweise auf und reduzierte die Nachvergütung für die streitgegenständlichen Quartale auf 12 422,56 Euro. Begründet wurde dies mit einem Fehler bei der Berechnung der Nachvergütung aus dem Bescheid vom 8.9.2005.

8

Im Übrigen wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarbescheide für die Quartale I/2000 bis II/2004 und IV/2004 mit Widerspruchsbescheid vom 25.4.2006 zurück.

9

Während des Klageverfahrens setzte die Beklagte mit Bescheid vom 9.9.2009 die Honorare des Klägers für die antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen bis zu einer Obergrenze von 561 150 Punkten je Quartal durch Erhöhung der Mindestpunktwerte auf 4,297 Cent für das Jahr 2000 und 4,244 Cent für das Jahr 2001 neu fest und gewährte dem Kläger die daraus folgende Nachvergütung.

10

Mit Urteil vom 10.11.2010 wies das SG Berlin die auf Neubescheidung der Honoraransprüche für die Quartale I/2000 bis II/2004 und IV/2004 gerichtete Klage ab. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers änderte das LSG das Urteil des SG ab. Es hob die beiden Bescheide vom 19.9.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.4.2006 auf und änderte weitere Bescheide ab, die nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind. Im Übrigen wies das LSG die Berufung zurück.

11

Zur Begründung führte das LSG hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Quartale I/2000 bis I/2001 aus: Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung seien erfüllt, weil die Beklagte in den ursprünglichen Honorarbescheiden die durch höherrangiges Recht vorgegebene Mengenbegrenzung von 561 150 Punkten versehentlich nicht angewandt habe. Dazu sei sie jedoch schon damals verpflichtet gewesen, was zu einer nachträglichen Richtigstellung berechtige. Nach § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V in der ab dem 1.1.2000 geltenden Fassung müsse der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutischen Ärzte treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisteten. Den "Inhalt" der nach dieser Vorschrift zu treffenden Regelung bestimme gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 SGB V aF der Bewertungsausschuss. Dem sei der Bewertungsausschuss mit seinem Beschluss vom 16.2.2000 nachgekommen. Dort sei geregelt, dass der festgelegte Mindestpunktwert nur für die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnitts G IV des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) bis zu einer Höhe von insgesamt 561 150 Punkten je Quartal und Arzt für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte und -therapeuten gelte. Diese Regelung sei für die einzelne KÄV verbindlich. Insoweit komme den Beschlüssen des Bewertungsausschusses nach § 85 Abs 4a SGB V derselbe Vorrang gegenüber dem HVM einer KÄV zu, wie dem auf der Grundlage des § 87 Abs 1 SGB V erlassenen Bewertungsmaßstab. Diesen Vorrang akzeptierend nehme der ab dem Quartal I/2000 geltende HVM der Beklagten unter § 9 Ziff 4 F1.1 im Zusammenhang mit der Definition der Leistungsbereiche auf den Beschluss des Bewertungsausschusses zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten mit einem Mindestpunktwert Bezug. Diese Verweisung auf die Vorgabe des Bewertungsausschusses sei bis zum Quartal II/2003 unverändert geblieben. Die Bescheide vom 8.9.2005 seien rechtmäßig, obwohl - bezogen auf die streitgegenständlichen Quartale - seit Erlass der ursprünglichen Honorarbescheide mehr als vier Jahre vergangen seien. Nach Ablauf von vier Jahren sei eine Rücknahme des Honorarbescheides zwar nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Darauf könne sich der Kläger jedoch nicht berufen. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung sei im Rahmen eines Zugunstenbescheides nach § 44 Abs 2 SGB X erfolgt. Die sich aus der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ergebende Überzahlung habe deshalb nicht zu einer Minderung des dem Kläger bis dahin bewilligten Quartalshonorars, sondern lediglich zu einer Verringerung des Nachvergütungsbetrages geführt. Hierdurch würden die Rechte des Klägers nicht verletzt. Darin liege auch keine Umgehung der Vertrauensschutzregelungen nach § 45 SGB X. Diese Vorschrift sei im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Abs 2 SGB X nicht anwendbar. Dies ergebe sich daraus, dass sowohl das Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit als auch das durch diese Vorschriften geschützte Vertrauen des Leistungsempfängers sich nur auf den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes beziehe, nicht aber auf fehlerhafte Begründungselemente. Denn nur das Vertrauen "auf den Bestand des Verwaltungsaktes" (§ 45 Abs 2 Satz 1 SGB X) werde gesetzlich geschützt. An der Bindungswirkung nehme grundsätzlich nur der Verfügungssatz, nicht hingegen die Begründung teil. Im Übrigen sei die Korrektur eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes außerhalb der Vertrauensvorschriften des § 45 SGB X nicht generell ausgeschlossen. Dies ergebe sich auch aus § 48 Abs 3 SGB X. Durch diese Regelung werde einerseits der Vertrauens- und Bestandsschutz bezüglich des Verfügungssatzes - bei Geldleistungen also bezüglich eines bestimmten Zahlbetrages - geschützt, anderseits aber vermieden, dass eingetretenes Unrecht weiter "wachse". Solange eine Saldierung von Vor- und Nachteilen, insbesondere bei Geldleistungen, zu einer Begünstigung führe, werde sie ganz allgemein für zulässig erachtet, wenn derselbe Verfügungssatz betroffen sei und keine Saldierung über mehrere Regelungen hinweg erfolge. Auch das Verbot der reformatio in peius sei nicht tangiert, da die Saldierung sich nicht zu Lasten des Klägers auswirke.

12

Seine Revision begründet der Kläger zum einen damit, dass die Punktzahlobergrenze erstmalig im HVM vom 20.6.2005 erwähnt worden sei. Die Anwendung der Punktzahlobergrenze auf ältere Quartale stelle deshalb eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung dar. Das Vertrauen des Vertragsarztes in eine bestimmte Vergütung seiner Leistungen gründe sich auf den HVM und nicht auf die Beschlüsse des Bewertungsausschusses, die keine unmittelbare Wirkung für ihn hätten. Er habe darauf vertraut, dass ihm alle erbrachten Leistungen vergütet würden. Andernfalls hätte er ggf nicht auf Urlaub verzichtet bzw im stärkeren Maße Privatversicherte behandelt, um die Punktzahlobergrenze nicht zu überschreiten. Aufgrund der Ankündigung einer Nachvergütung wegen erhöhter Punktwerte ohne Anwendung der Punktzahlobergrenze in dem Schreiben vom 20.4.2005 habe er im Vertrauen auf den ihm bekannten HVM eine Immobilie erworben. Selbst wenn man die Nachvergütung seiner Leistungen zu einem höheren Punktwert nur bis zur Punktzahlobergrenze zulassen wollte, verstoße die Auffassung des LSG, wonach es im Rahmen des Vertrauensschutzes lediglich auf den Saldo verschiedener vorzunehmender Korrekturen ankomme, gegen geltendes Recht. Jede Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides sei getrennt zu bewerten. Vorliegend sei die vom BSG angeordnete Vergütung der erbrachten Leistungen zu einem höheren Mindestpunktwert (ggf bis zu einer Punktzahlobergrenze) unabhängig von der Behandlung der über diese Punktzahlobergrenze hinaus erbrachten Leistungen zu sehen. Während die Nachvergütung bis zur Punktzahlobergrenze eine zulässige Begünstigung darstelle, sei die Kürzung der bereits festgesetzten Honorare für die darüber hinausgehenden Leistungen ein Eingriff in seine Rechte und stelle eine belastende Maßnahme dar, die im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung nur bis zum Ablauf von vier Jahren nach Erlass des Ausgangsbescheides zulässig sei. Die in den Ausgangsbescheiden für Leistungen oberhalb der Punktzahlobergrenze festgesetzte Vergütung müsse wegen des eingetretenen Vertrauensschutzes unangetastet bleiben. Das Verbot der Saldierung ergebe sich im Übrigen auch aus Art 3 GG. Vergleiche man im vorliegenden Fall die Nachberechnung seiner Vergütung mit der Nachberechnung eines anderen Psychotherapeuten, der lediglich Leistungen bis zur Punktzahlobergrenze erbracht habe, so sei festzustellen, dass diese Vergleichsperson aufgrund der Erhöhung des Mindestpunktwertes bis zu Punktzahlobergrenze eine deutlich höhere Nachvergütung erhalte als er.

13

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 19.2.2014 und des SG Berlin vom 10.11.2010 sowie die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale I/2000 bis I/2001, geändert durch die Bescheide vom 29.11.2001 und vom 8.9.2005 (zur Arztnummer
 2) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.4.2006, diese in der Fassung des Bescheides vom 9.9.2009 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die in den Quartalen I/2000 bis I/2001 abgerechneten antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen auch oberhalb der Grenze von 561 150 Punkten pro Quartal zum Mindestpunktwert (4,297 Cent für die Quartale I bis IV/2000 und 4,244 Cent für das Quartal I/2001) zu vergüten.

14

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

15

Sie hält das Urteil des LSG hinsichtlich der im Revisionsverfahren streitgegenständlichen Quartale I/2000 bis I/2001 für zutreffend. Eine rückwirkende Abänderung des HVM sei nicht erfolgt. Dies sei auch nicht erforderlich gewesen, da in der maßgeblichen Regelung des HVM (§ 9 Ziff 4) auf den Beschluss des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs 1 Satz 1 SGB V Bezug genommen werde. Demzufolge wirke sich jede Änderung des Beschlusses unmittelbar auf die von der Beklagten vorzunehmende Honorarverteilung aus. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Das LSG habe hinsichtlich der Berechtigung zur Neufestsetzung des Honorars zu Recht auf § 48 Abs 3 Satz 1 SGB X abgestellt. Der Kläger verkenne, dass Honorarbescheide lediglich hinsichtlich ihres Verfügungssatzes bestandskräftig würden. Durch die Erhöhung des mit den ursprünglichen Honorarbescheiden festgesetzten Gesamthonorars sei insoweit keine Rücknahme erfolgt. Bezogen auf Art 3 GG verkenne der Kläger, dass die Punktzahlobergrenze erstmals vom 6. Senat zur Beschreibung einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Einzelpraxis herangezogen worden sei. Der Bewertungsausschuss habe diese Grenze in seinen Beschlüssen aus der 93. und 96. Sitzung zur Bestimmung des Psychotherapie-Punktwertes lediglich übernommen. Auch dies sei im Folgenden von der Rechtsprechung nicht beanstandet worden. Die Vergütung bis zur Punktzahlobergrenze sichere den Betrieb einer Einzelpraxis. Alle darüber hinausgehenden Punkte stellten einen zusätzlichen Gewinn dar. Dieser zusätzliche Gewinn müsse nicht mit dem Mindestpunktwert gestützt werden, weil die Praxis ja schon durch die Vergütung bis zur Punktzahlobergrenze "gesichert" sei. Eine Ungleichbehandlung sei darin nicht zu sehen.

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Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich im Revisionsverfahren auch nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Zutreffend ist das LSG von der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 8.9.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.4.2006, geändert durch den Bescheid vom 9.9.2009, ausgegangen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung der die Obergrenze von 561 150 Punkten je Quartal übersteigenden Punkte mit einem Mindestpunktwert.

18

1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung höheren vertragsärztlichen Honorars ist § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V(hier anzuwenden in der ab dem 1.1.2000 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 - GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22.12.1999 (BGBl I 2626). Danach steht jedem Vertragsarzt - und gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auch einem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten - ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend Art und Umfang der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen des HVM zu. Ergänzende Regelungen für die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen fanden sich in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V(idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000). Hiernach hatten die einzelnen KÄVen in ihren Verteilungsmaßstäben Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Den Inhalt dieser Regelungen bestimmte gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V(idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000) erstmalig zum 28.2.2000 der Bewertungsausschuss.

19

Bezogen auf die Bewertung der bis zur Punktzahlobergrenze von 561 150 erbrachten Leistungen, beanstandet der Kläger die angefochtenen Bescheide zu Recht nicht mehr. Die gesetzlichen Vorgaben hat der Bewertungsausschuss für die streitgegenständlichen Quartale zutreffend umgesetzt. In Reaktion auf die zum Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.2.2000 (DÄ 2000, A-555 für das Jahr 2000 und Nachfolgeregelungen ua für die Zeit vom 1.1.2001 bis zum 30.6.2001, DÄ 2000, A-3291) ergangenen Urteile des Senats vom 28.1.2004 (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8 und B 6 KA 53/03 R) hat der Bewertungsausschuss mit einem am 18.2.2005 veröffentlichten "Beschluss gemäß § 85 Abs. 4a SGB V durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004", aktualisiert um den Änderungsbeschluss aus der 96. Sitzung (DÄ 2005, A-457), zur Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte für den hier streitbefangenen Zeitraum die Vorgaben geändert. Wie der Senat in mehreren Urteilen vom 28.5.2008 (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, ua) entschieden hat, war dieser Beschluss nur noch insoweit zu beanstanden, als er eine Honorarbereinigung hinsichtlich der Leistungen nach den Kapiteln O und U EBM-Ä aF auch für die Jahre 2000 und 2001 vorsah, in denen gemäß Nr 2.3 und 2.4 des Beschlusses für die Bestimmung des Vergleichsertrags ausschließlich die Umsätze der Fachärzte für Allgemeinmedizin im hausärztlichen Versorgungsbereich maßgeblich waren. Im Hinblick auf diese Rechtsprechung hat der Bewertungsausschuss rückwirkend für die Vergütung in den Jahren 2000 und 2001 beschlossen, dass die beanstandete Bereinigung nicht vorzunehmen ist (DÄ 2009, A-212).

20

Die mit höherrangigem Recht konformen Vorgaben des Bewertungsausschusses für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen in den Jahren 2000 und 2001 (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 75) hat die Beklagte zutreffend umgesetzt und dem Kläger eine Nachvergütung unter Zugrundelegung von Mindestpunktwerten von 4,297 Cent für das Jahr 2000 und von 4,244 Cent für das Jahr 2001 gewährt.

21

2. Der Anspruch auf Vergütung mit diesem Mindestpunktwert war entgegen der Auffassung des Klägers für die hier streitgegenständlichen Quartale auf die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä (aF) bis zur Höhe von 561 150 Punkten je Quartal begrenzt.

22

a) Die Beschränkung der Reichweite des Mindestpunktwerts auf diese Punktmenge war bereits in dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.2.2000 (DÄ 2000, A-555, A-558 f) unter 2.9 enthalten und ist für den hier maßgebenden Zeitraum auch durch nachfolgende Beschlüsse nicht geändert worden. Die genannte Punktzahlobergrenze geht auf die in der Rechtsprechung des Senats im Rahmen einer Modellrechnung entwickelte Annahme zurück, nach der ein optimal ausgelasteter und mit vollem persönlichen Einsatz arbeitender Psychotherapeut bei typisierender Betrachtung in der Lage ist, aus zeitabhängig zu erbringenden antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen 2 244 600 Punkte im Jahr und damit 561 150 Punkte im Quartal in Ansatz zu bringen (vgl BSGE 84, 235, 239 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255 f; vgl Steinhilper, VSSR 2000, 349, 361 f). Unter Berücksichtigung des Umstands, dass Psychotherapeuten den ganz wesentlichen Teil ihrer Einkünfte durch die Erbringung dieser zeitgebundenen antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen erzielen und dass sie die Leistungsmenge aufgrund der starren Zeitvorgaben für die einzelnen Leistungen nur in engen Grenzen ausweiten können, hat der Senat die Frage nach dem Punktwert, der erforderlich ist, um eine angemessene Vergütung von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und Psychotherapeuten zu gewährleisten, auf der Grundlage dieser Punktzahlen beantwortet (vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 22, 27, 47; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 75 RdNr 15; BSGE 84, 235, 239 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255 f; BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 24, 39). Eine Absenkung dieser Grenze mit der Begründung, dass ein Psychotherapeut zusätzlich zu den genehmigungspflichtigen Leistungen in begrenztem Umfang zB Honorar für die Erbringung probatorischer Sitzungen erzielen könne, hat der Senat ausdrücklich abgelehnt, weil dieser Umstand in die Bemessung der Vollauslastungsgrenze für die Erbringung genehmigungsbedürftiger psychotherapeutischer Leistungen bereits eingeflossen war (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 36 ff).

23

Ebenso wenig wie eine Absenkung der Punktzahlobergrenze von 561 150 Punkte im Quartal zu begründen ist, besteht eine Verpflichtung der KÄV, zeitabhängig zu erbringende antrags- und genehmigungsbedürftige psychotherapeutischen Leistungen, die diese der Modellannahme zugrunde liegenden Höchstgrenzen überschreiten, mit einem Mindestpunktwert zu vergüten. Der Umstand, dass ein Psychotherapeut bei typisierender Betrachtung mit der Erbringung von zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä aF im Umfang von 561 150 Punkten je Quartal voll ausgelastet war, schließt nicht aus, dass ein Psychotherapeut im Einzelfall darüber hinausgehende Leistungen erbringt. Vielmehr entspricht es gerade dem Wesen einer typisierenden Betrachtung, dass die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall davon abweichen können. Ein Anspruch auf Vergütung aller von einem Psychotherapeuten erbrachten zeitgebundenen antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen mit dem Mindestpunktwert besteht jedoch nicht. Die Garantie eines Mindestpunktwerts für den quantitativ wichtigsten Teil des Leistungsspektrums stellt die Psychotherapeuten besser als alle anderen Arztgruppen, ist aber auch notwendig, damit eine voll ausgelastete psychotherapeutische Praxis die Chance hat, anderen Arztgruppen vergleichbare Erträge aus der vertragsärztlichen Tätigkeit zu erzielen. Zu diesem Zweck ist die Garantie des Mindestpunktwertes für die Leistungen bis zur typisierend ermittelten Vollauslastungsgrenze notwendig, aber auch ausreichend. Die durch den Bewertungsausschuss geregelte Beschränkung des Mindestpunktwerts auf 561 150 Punkte je Quartal ist daher nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 39). Der enge Zusammenhang zwischen der Berechnung des Mindestpunktwerts und der Punktzahlobergrenze wird im Übrigen auch daran deutlich, dass der Bewertungsausschuss zusammen mit der (durch eine höhere punktzahlmäßige Bewertungen der psychotherapeutischen Leistungen im EBM-Ä bedingten, vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 39) Erhöhung des der Festlegung der angemessenen Vergütung zugrunde zu legenden jährlichen Soll-Leistungsbedarfes auf 2 716 740 Punkte (entsprechend 679 185 Punkte pro Quartal) in seiner 139. Sitzung mit Wirkung zum 1.1.2008 zugleich eine entsprechende Erhöhung der Punktzahlobergrenze auf 679 185 Punkte je Quartal beschlossen hat (DÄ 2008, A-356, A-358).

24

b) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beklagte ihm mit den Ausgangsbescheiden eine Honorierung seiner Leistungen unabhängig von Punktzahlobergrenzen bewilligt habe und dass er deshalb aus Gründen des Vertrauensschutzes Anspruch auf Vergütung aller abgerechneten Leistungen auch oberhalb der Grenze von 561 150 Punkten mit dem Mindestpunktwert oder wenigstens mit dem Punktwert habe, mit dem seine zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Behandlungen in den ursprünglichen Honorarbescheiden vergütet worden waren.

25

aa) Der Kläger hat ua gegen die Honorarbescheide aus den im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Quartalen (I/2000 bis I/2001) Widerspruch eingelegt. Die Neuberechnung, gegen die sich der Kläger mit seinem Vorbringen zum Vertrauensschutz in erster Linie wendet, hat die Beklagte während des laufenden Widerspruchsverfahrens mit Bescheid vom 8.9.2005 vorgenommen, indem sie einerseits die von dem Kläger erbrachten Leistungen bis zur Grenze von 561 150 Punkten höher und andererseits die oberhalb dieser Grenze abgerechneten Punkte nicht mehr mit einem gestützten Punktwert, sondern mit dem im jeweiligen Quartal geltenden ungestützten Punktwert aus dem Fachgruppentopf der Psychotherapeuten - und damit niedriger als im Ausgangsbescheid - bewertet hat. Diese Neubewertung hat insgesamt zu einer Nachzahlung an den Kläger geführt, die sich für die fünf streitgegenständlichen Quartale auf 14 097,66 Euro belief und in Umsetzung der Entscheidungen des Senats vom 28.5.2008 (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, ua) und des daraufhin ergangenen Beschlusses des Bewertungsausschusses aus seiner 172. Sitzung (DÄ 2009, A-212) mit Bescheid vom 9.9.2009 bezogen auf die Quartale I/2000 bis I/2001 um weitere 3994,89 Euro angehoben wurde. Der Betrag der Nachzahlung wäre jedoch um etwa 900 Euro höher ausgefallen, wenn die Beklagte die Bewertung der Punkte oberhalb der Grenze von 561 150 nicht gegenüber dem Ausgangsbescheid reduziert hätte; die Vergütung aller Leistungen mit dem Mindestpunktwert hätte eine noch erheblich darüber hinausgehende Nachvergütung zur Folge gehabt.

26

bb) Rechtlicher Anknüpfungspunkt des Begehrens des Klägers, die die Grenze von 561 150 überschreitenden Punkte mindestens mit dem Punktwert aus dem Ausgangsbescheid zu vergüten, ist das Verbot der "reformatio in peius". Verwaltungsakte erlangen Wirksamkeit nach §§ 37, 39 Abs 1 SGB X bereits mit ihrer Bekanntgabe(vgl BSGE 81, 274, 277 = SozR 3-1500 § 85 Nr 1 S 4). Der auch für das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren geltende Grundsatz der reformatio in peius (vgl BSGE 53, 284, 287 f = SozR 5550 § 15 Nr 1 S 3) bedeutet, dass ein Rechtsmittel zwar zurückgewiesen werden kann, dass eine Entscheidung aber nicht ohne Weiteres zum Nachteil des Rechtmittelführers geändert werden kann, jedenfalls soweit diese nicht auch von einem beteiligten Dritten mit entgegengesetzter Begehrensrichtung angegriffen wird. Vielmehr bleibt die Verwaltung grundsätzlich an begünstigende Regelungen eines mit Rechtsmitteln angegriffenen Verwaltungsakts gebunden (BSGE 71, 274, 276 ff = SozR 3-1500 § 85 Nr 1 S 3 ff; BSGE 53, 284, 287 ff = SozR 5550 § 15 Nr 1 S 3 ff).

27

cc) Dies gilt allerdings nur insofern, als die Behörde nicht - unabhängig von dem eingelegten Widerspruch - zur Rücknahme, zur Aufhebung oder zum Widerruf der Entscheidung berechtigt ist (vgl BSGE 53, 284, 287 f = SozR 5550 § 15 Nr 1 S 4 f; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 85 RdNr 5). Bezogen auf Honorarbescheide ist dabei zu berücksichtigen, dass diese grundsätzlich unabhängig von den Voraussetzungen des § 45 SGB X korrigiert werden können. Rechtsgrundlage sind § 45 Abs 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte sowie § 34 Abs 4 Satz 2 Ersatzkassenvertrag-Ärzte, die seit dem 1.1.2004 durch § 106a SGB V idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) abgelöst wurden. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 17; BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11). Daher kann der Vertragsarzt auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18; BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7). Dieser sehr weitgehende Ausschluss jedweden Vertrauensschutzes gegenüber nachträglichen Honorarberichtigungen bedarf nach der Rechtsprechung des Senats allerdings in bestimmten Fallkonstellationen der Einschränkung (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 23; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN). Danach ist die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheids ua nicht mehr nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung, sondern nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids bereits abgelaufen ist(BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 24; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16, mwN).

28

Wie bereits das LSG zutreffend dargelegt hat, war die Frist von vier Jahren bezogen auf die Honorarbescheide für die streitgegenständlichen Quartale bei Erlass des Bescheides vom 8.9.2005 bereits abgelaufen. Gründe für eine Hemmung der Frist sind nicht ersichtlich (zu den Hemmungsgründen vgl Clemens in jurisPK-SGB V, Stand Januar 2015, § 106a RdNr 60 ff). Die in § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X genannten Voraussetzungen (Erwirkung des Verwaltungsakts durch arglistiges Täuschen, ua, Beruhen des Verwaltungsakts auf vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Angaben, Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Begünstigten von der Unrichtigkeit) unter denen die Rücknahme eines begünstigenden Bescheides auch noch nach Ablauf von vier Jahren rechtmäßig wäre, liegen hier nicht vor.

29

dd) Gleichwohl ist die geänderte Festsetzung der Honoraransprüche des Klägers mit Bescheid vom 8.9.2005 nicht rechtswidrig, weil die Ausgangsbescheide nicht zu Ungunsten des Klägers geändert werden. Vielmehr handelt es sich um eine im Laufe des Widerspruchsverfahrens erfolgte Teilabhilfe, die im Übrigen abweichend von den Gründen der Entscheidung des LSG auch nicht an die Voraussetzungen des § 44 SGB X gebunden ist. Bei der Berechnung der Nachvergütung hat die Beklagte zwar erstmals eine Punktzahlobergrenze angewandt und die sich daraus ergebende Überzahlung mit der sich aus der Vergütung zum Mindestpunktwert bis zur Punktzahlobergrenze ergebenden Nachzahlung saldiert. Dabei handelt es sich jedoch nur um unselbstständige Faktoren der Berechnung des Honoraranspruchs. Ausschlaggebend ist, dass dem Kläger insgesamt Nachzahlungen für alle streitgegenständlichen Quartale gewährt wurden. Mit den Ausgangsbescheiden hat die Beklagte nicht gesondert über den Punktwert oberhalb der Punktzahlobergrenze entschieden, sodass insoweit auch keine Änderung zu Ungunsten des Klägers erfolgen konnte.

30

(1) Bindungswirkung (§ 77 SGG) kommt im Grundsatz nur dem Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes, nicht jedoch den Begründungselementen und Rechenschritten zu (BSGE 95, 238 = SozR 4-2600 § 2 Nr 5, RdNr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 77 RdNr 5b). Dabei ist indes zu berücksichtigen, dass Verwaltungsakte in der Regel nicht wie Urteile eine strenge Trennung zwischen Verfügungssatz und Begründung aufweisen. Die gesamte Begründung ist vielmehr daraufhin zu prüfen, inwieweit sie für einen Verwaltungsakt typische, der Bindung fähige Regelungen (§ 31 Satz 1 SGB X)trifft (BSG SozR 1500 § 77 Nr 18 S 9; Becker in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 77 RdNr 7).

31

Dies gilt auch für Honorarbescheide. Der im Verfügungssatz zum Ausdruck kommende Regelungsgehalt eines Honorarbescheides ist nicht auf den konkreten Zahlbetrag für das entsprechende Quartal beschränkt. Die Entscheidung über die dem Vertragsarzt für seine Leistungen in einem bestimmten Quartal zustehende Vergütung stellt den Mindestinhalt des Honorarbescheides dar. Der Honorarbescheid kann jedoch weitere abtrennbare Regelungen beinhalten, die an der Bindungswirkung teilnehmen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 77 RdNr 5g mwN). Entsprechend ist es nach der Rechtsprechung des Senats auch möglich, eine Beschränkung des Rechtsbehelfs auf abtrennbare Regelungsteile des Honorarbescheides vorzunehmen. Dies gilt zB für die Zuweisung des Regelleistungsvolumens (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 1 RdNr 10), die gesonderte Feststellung der Bemessungsgrundlagen im Rahmen von Individualbudgets (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 193; BSGE 83, 52, 53 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 202)und die Festsetzung von Praxisbudgets (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 9). Der Senat hat zudem die Erhebung von Verwaltungskosten auf gesondert abgerechnete Sachkosten innerhalb eines Honorarbescheides als abtrennbare Regelung angesehen, bei deren isolierter Anfechtung die übrigen Festsetzungen im Honorarbescheid gemäß § 77 SGG bindend werden (BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 3 RdNr 13). Eine entsprechende Beschränkung des Rechtsbehelfs führt dazu, dass die nicht angegriffenen Teilregelungen in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG), sodass eine später hierauf erstreckte Klage unzulässig ist (BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7 mwN). Nicht zum Verfügungssatz gehören dagegen die einzelnen Rechenschritte, die erforderlich sind, um von der Honoraranforderung des Vertragsarztes zur Honorarsumme zu gelangen, die dieser nach den für die Honorarverteilung geltenden Vorschriften beanspruchen kann (BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 84/03 R - USK 2004-146 = Juris RdNr 29; ebenso in anderen Bereichen bezogen auf Berechnungsfaktoren: Gegenstandswert als Berechnungsfaktor einer Kostenfestsetzungsentscheidung, BSG Beschluss vom 9.4.2008 - B 6 KA 3/07 B - Juris RdNr 12; BSG SozR 1300 § 63 Nr 8 S 25 ff; BSG Beschluss vom 25.3.2015 - B 6 KA 48/14 B - Juris RdNr 14; Ausfallzeit als unselbstständiger Faktor der Rentenberechnung vgl BSGE 45, 236, 237 = SozR 1500 § 77 Nr 26 S 20; zur Rücknahme nach § 44 SGB X vgl auch Steinwedel in Kasseler Komm, Stand Dezember 2014, § 44 SGB X RdNr 34). Im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist der Senat davon ausgegangen, dass nur die Gesamtbeträge der Kürzungen und der im Übrigen anerkannten Honorarforderungen, dagegen nicht die Einzelkürzungen bei den verschiedenen Gebührenziffern Bestandteile des Verfügungssatzes sind. Im Entscheidungstenor werden nur die Gesamtbeträge angegeben (BSGE 53, 284, 290 = SozR 5550 § 15 Nr 1 S 6 f; vgl auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 106 RdNr 613 mwN).

32

(2) Nach den im Berufungsurteil (L 7 KA 10/11, Juris RdNr 85) getroffenen, nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen hat die Beklagte in den Ausgangsbescheiden keine ausdrückliche Regelung dahin erlassen, dass die durch den Kläger erbrachten psychotherapeutischen Leistungen unabhängig von einer Punktzahlobergrenze mit einem Mindestpunktwert vergütet werden. Zwar ist der Berechnung des Honorars keine Punktzahlobergrenze zugrunde gelegt worden. Allein das Fehlen einer Aussage zu einer Punktzahlobergrenze und eine entsprechende Berechnungsweise können jedoch nicht als ein - die Beklagte bindender - Verfügungssatz interpretiert werden. Insofern unterscheiden sich die vorliegend zu beurteilenden Ausgangsbescheide von Bescheiden, in denen - ausdrücklich und nicht nur als Element der Honorarberechnung - Aussagen zB zur Höhe eines Praxisbudgets, eines Regelleistungsvolumens oder der den Honoraranspruch mindernden Verwaltungskosten getroffen werden. Bei der Neuberechnung des Honoraranspruchs mit Bescheiden vom 8.9.2005 und vom 9.9.2009 war die Beklagte daher zumindest nicht gehindert, einen Mindestpunktwert nur bis zu der nach den Beschlüssen des Bewertungsausschusses maßgebenden Punktzahlobergrenze von 561 150 Punkten zugrunde zu legen. Bezogen auf die Punkte oberhalb der Punktzahlobergrenze hatte die Beklagte dagegen keine den Besonderheiten der psychotherapeutischen Behandlung Rechnung tragenden Gesichtspunkte zu beachten und auch für eine Bindung an den Punktwert aus den Ausgangsbescheiden gibt es keine Grundlage. Wie oben dargelegt, liegt der Vergütung von bis zu 561 150 Punkten je Quartal mit einem garantierten Mindestpunktwert die Annahme zugrunde, dass ein mit vollem persönlichen Einsatz arbeitender Psychotherapeut bei typisierender Betrachtung durch Erbringung zeitgebundener und genehmigungsbedürftiger psychotherapeutische Leistungen bis zu dieser Grenze voll ausgelastet ist. Auch darüber hinaus erbrachte Leistungen waren grundsätzlich berechnungsfähig, soweit bei der Erbringung das Gebot der persönlichen Leistungserbringung (§ 32 Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte) beachtet wird, was einer wesentlichen Überschreitung der genannten Punktmenge durch zeitgebundene Leistungen rein tatsächlich Grenzen setzt.

33

(3) Der Grundsatz der reformatio in peius wäre danach nur verletzt, wenn sich der Honoraranspruch des Klägers durch die Neufestsetzung mit Bescheid vom 8.9.2005 insgesamt reduziert hätte. Eine Gesamtbetrachtung mit einer Saldierung der Honoraransprüche über mehrere Quartale ist dabei allerdings nicht zulässig, weil für jedes Quartal gesonderte Ausgangsbescheide mit eigenständigen Verfügungssätzen ergangen sind. Vielmehr ist die Frage, ob eine Änderung zu Ungunsten des Klägers eingetreten ist, jedenfalls in der vorliegenden Konstellation für jedes Quartal gesondert zu beantworten (zur Unzulässigkeit der monatsübergreifenden Saldierung im Falle einer monatsweisen Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vgl BSGE 99, 47 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, RdNr 42). Da die Neuberechnung hier in zutreffender Umsetzung der inzwischen rechtmäßigen Vorgaben des Bewertungsausschusses für jedes der streitgegenständlichen Quartale zu einer Erhöhung des Honoraranspruchs des Klägers geführt hat, verstoßen die angefochtenen Bescheide nicht gegen das Verbot der reformatio in peius.

34

c) Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auf höheres Honorar auch nicht auf eine mit Schreiben der Beklagten vom 20.4.2005 erteilte Zusicherung iS des § 34 Abs 1 Satz 1 SGB X stützen. Eine Zusicherung setzt ua den Willen der Behörde voraus, sich auf ein zukünftiges Tun oder Unterlassen zu verpflichten (BSG SozR 3-1300 § 34 Nr 2 S 4). Dafür ist dem genannten Schreiben nichts zu entnehmen. Zwar hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass er für die Quartale I/2000 bis II/2002 mit einer Nachvergütung in Höhe von 67 284,59 Euro rechnen könne. Diese Angabe hat sie jedoch mit dem ausdrücklichen Hinweis verbunden, dass es sich weder um einen neuen Honorarbescheid noch um eine Zusicherung handele. Damit fehlte der Beklagten - für den Kläger erkennbar - der erforderliche Verpflichtungswille.

35

d) Einen Anspruch auf Vergütung der die Grenze von 561 150 übersteigenden Punkte mit einem Mindestpunktwert kann der Kläger auch nicht erfolgreich mit der Begründung geltend machen, dass der im streitgegenständlichen Zeitraum geltende HVM der Beklagten eine Punktzahlobergrenze nicht vorgesehen habe und dass der HVM mit der Einführung einer solchen Grenze rückwirkend zu seinen Ungunsten geändert worden sei. Nach dem seit dem 1.1.2000 geltenden Regelungskonzept des Gesundheitsreformgesetzes 2000 ist die Sicherung einer angemessenen Vergütung für psychotherapeutische Leistungen je Zeiteinheit dem Bewertungsausschuss übertragen worden. Dieser bestimmt gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V(hier anzuwenden in der ab 1.1.2000 bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000) erstmalig zum 28.2.2000 den Inhalt der - eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleistenden - Regelungen, die die einzelnen KÄVen in ihren Verteilungsmaßstäben zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen haben. Mit der Übertragung dieser Aufgabe auf den Bewertungsausschuss soll sichergestellt werden, dass die Vergütung der genannten Leistungen nach bundesweit einheitlichen Vorgaben festgelegt wird (vgl Ausschussbericht zum GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000, BT-Drucks 14/1977 S 165, zu Art 1 Nr 45 Buchst c). Die Auffassung des Klägers, dass die die Bewertung psychotherapeutischer Leistungen betreffenden Beschlüsse des Bewertungsausschusses keine unmittelbare Wirkung für ihn hätten, trifft nicht zu. Vielmehr sind Regelungen eines HVM, die der vom Bewertungsausschuss vorgegebenen Inhaltsbestimmung widersprechen, rechtswidrig und unwirksam (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 16; BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 14). Dabei sind die Änderungen des Beschlusses vom 16.2.2000 durch die die Rechtsprechung des Senats umsetzenden Beschlüsse aus der 93., der 96. und der 172. Sitzung des Bewertungsausschusses (vgl DÄ 2005 A-457 ff; DÄ 2009 A-212) zu berücksichtigen. Der HVM, auf dessen Grundlage das Honorar des Klägers in den Ausgangsbescheiden festgesetzt worden war, wich von diesen Vorgaben im Ergebnis zu Ungunsten des Klägers ab, weil er einen Mindestpunktwert, der eine angemessene Vergütung psychotherapeutischer Leistungen gewährleistet, nicht vorsah. Deshalb war dessen Honorar in den Ausgangsbescheiden rechtswidrig zu niedrig festgesetzt worden. Soweit der Honorarfestsetzung Regelungen des HVM zugrunde lagen, die zu Ungunsten des Klägers rechtswidrig waren, konnte ein Vertrauen des Klägers in deren Geltung von vornherein nicht entstehen (zur Beschränkung eines Rückwirkungsverbots auf für den Betroffenen belastende Änderungen vgl BVerfGE 24, 220, 229 = SozR Nr 16 zu Art 14 GG S Ab 14; BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art 2 § 9a Nr 8 S 24 f). Ob die Beklagte berechtigt gewesen wäre, in ihrem HVM - über die Vorgaben des Bewertungsausschusses hinausgehend - zu regeln, dass die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen auch oberhalb der Punktzahlgrenze mit einem Mindestpunktwert zu vergüten ist und ob eine solche Regelung schutzwürdiges Vertrauen des Klägers begründen würde (zum Verbot der rückwirkenden Aufhebung einer Punktwertgarantie vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 4 RdNr 14), kann dahingestellt bleiben, weil dem hier maßgebenden HVM eine solche Regelung nicht zu entnehmen ist. Vielmehr verweisen bereits die in den Jahren 2000 und 2001 geltenden HVM insoweit gleichlautend bezogen auf die Einteilung der Gesamtvergütung in Leistungsbereiche unter § 9 Abs 4 und bezogen auf die Honorarverteilung unter § 10C Abs 1 auf den Beschluss des Bewertungsausschusses "zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutischer Vertragsärzte und -therapeuten", der schon in seiner ursprünglichen Fassung vom 16.2.2000 eine Bewertung mit einem Mindestpunktwert nur bis zu einer Grenze von 561150 Punkten vorsah (vgl 2. a, RdNr 22). Auch der HVM der Beklagten ist insoweit nicht geändert worden.

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e) In der Anwendung der durch den Bewertungsausschuss vorgegebenen Punktzahlobergrenze liegt entgegen der Auffassung des Klägers auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG. Zwar trifft es zu, dass Ärzten und Therapeuten, deren abgerechnete Leistungsmenge die Punktzahlobergrenze nicht überschreitet, die Erhöhung des Mindestpunktwerts uneingeschränkt zugutekommt, während sich die - infolge der insoweit fehlenden Punktwertstützung - geringere Bewertung der die Punktzahlgrenze überschreitenden Punkte ungünstig auf die Höhe der dem Kläger gewährten Nachvergütung auswirkt. Darin liegt jedoch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Gewährleistung von Kalkulationssicherheit durch möglichst stabile Punktwerte Honorarbegrenzungsregelungen etwa in Gestalt von Individualbudgets (BSGE 83, 52, 55 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 204 f; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, RdNr 11), von Praxisbudgets (BSGE 86, 16, 17 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 116), von Richtgrößen- und Umsatzregelungen (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 28 ff) oder auch Vorgaben für einheitliche Budgets für alle (Zahn-)Ärzte (BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 24) rechtfertigt. Allein der Umstand, dass Leistungen, die eine Budgetgrenze überschreiten, geringer bewertet werden, als die gleichen Leistungen, die innerhalb des Budgets erbracht werden, steht nicht im Widerspruch zu dem aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Bei dem Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars handelt es sich nur um einen Grundsatz. Dessen Beachtung erfordert nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssen. Vielmehr kann von diesem Grundsatz aus sachlichem Grund abgewichen werden (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50; BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, RdNr 10, jeweils mwN). Insoweit kommt dem Normgeber ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu (bezogen auf die KÄV vgl BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 30; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50; BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, RdNr 10). Der Entscheidung des Bewertungsausschusses, den Mindestpunktwert für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä (aF) auf eine Punktzahl zu beschränken, die ein optimal ausgelasteter und mit vollem persönlichen Einsatz arbeitender Psychotherapeut bei typisierender Betrachtung nicht überschreitet und angesichts der strikten Zeitgebundenheit der Leistungen auch nicht ohne Weiteres wesentlich überschreiten kann, liegen sachliche Erwägungen zugrunde. Insofern kann auf die Darlegungen unter 2. a (RdNr 23) und 2. b dd <2> (RdNr 32) Bezug genommen werden.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Dies gilt nicht für die Beigeladenen, da diese keine Anträge gestellt haben.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.

(2) Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

1.
bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht,
2.
der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und
3.
ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

(3) Der Gründungszuschuss wird nicht geleistet, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 vorliegen oder vorgelegen hätten.

(4) Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.

(5) Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. April 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Abfindung einer so genannten kleinen Verletztenrente. Der im Jahre 1958 geborene Kläger erlitt am 4.10.2002 einen Arbeitsunfall, aufgrund dessen die Rechtsvorgängerin der beklagten Berufsgenossenschaft (BG; im Folgenden: Beklagte) ihm gegenüber ein Recht auf Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vH auf unbestimmte Zeit feststellte (Bescheid vom 18.8.2005). Die vom Kläger Anfang Februar 2007 beantragte Abfindung seiner Rente lehnte die Beklagte unter Hinweis auf ein bei Dr. R. eingeholtes internistisches Gutachten ab, da die Lebenserwartung des Klägers aufgrund dessen Adipositas, Nikotin- und Alkoholkonsums erheblich herabgesetzt sei (Bescheid vom 20.4.2007, Widerspruchsbescheid vom 29.6.2007).

2

Das SG hat nach Einholung eines Gutachtens bei Privatdozent Dr. S. die Klage abgewiesen, weil die Beklagte ermessensfehlerfrei gehandelt habe (Urteil vom 27.5.2009). Das LSG hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte verurteilt, dessen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil vom 15.4.2010), und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 76 Abs 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) stehe die Entscheidung über einen Abfindungsantrag im Ermessen des Unfallversicherungsträgers. Eine Ablehnung komme in Betracht, wenn die Lebenserwartung des Antragstellers erheblich geringer sei als die altersübliche und die Zeit unterschreite, die dem für die Abfindung festgesetzten Kapitalwert entspreche. Sei diese Voraussetzung nicht erfüllt, könne der Gesichtspunkt der Lebenserwartung des Versicherten das Interesse des Unfallversicherungsträgers an der Verweigerung einer Abfindung nicht begründen. Der Kapitalwert der Verletztenrente des Klägers betrage 14,5 Jahre nach der Anlage 1 der Verordnung über die Berechnung des Kapitalwertes bei Abfindung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung vom 17.8.1965 (BGBl I S 894, idF aufgrund von Art 21 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996, BGBl I S 1254, im Folgenden: Abfindungsverordnung), weil der Kläger bei Eintritt des Arbeitsunfalls zwischen 40 und 45 Jahre alt gewesen sei und zur Zeit der mündlichen Verhandlung mehr als sieben Jahre seit dem Arbeitsunfall vergangen seien. Welche genaue Lebenserwartung der Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung habe, könne dahingestellt bleiben, da sie zumindest nicht niedriger als 14,5 Jahre sei, auch wenn von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 29,75 Jahren bei einem Mann im Alter des Klägers und einer nikotinbedingten Verkürzung von 8 Jahren ausgegangen werde und die weiteren Risiken berücksichtigt würden. Die Beklagte sei folglich bei ihrer Ermessensentscheidung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen, sodass der angefochtene Bescheid aufzuheben und sie zur Neubescheidung zu verurteilen sei.

3

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie macht geltend, entgegen der Auffassung des LSG müsse die Verkürzung der Lebenserwartung nicht den für die Abfindung festgesetzten Kapitalwert unterschreiten. Beim Vorliegen von gesundheitlichen Risikofaktoren und Krankheitsanlagen, die eine erhebliche Verkürzung der Lebenserwartung bedingten, könne nur eine ablehnende Entscheidung ergehen und zwar nicht nur in klaren Missbrauchsfällen, wie zB nach dem Bekanntwerden einer Geschwulsterkrankung. Das LSG habe nicht festgestellt, zu welcher Verkürzung der Lebenserwartung in Jahren die neben dem Nikotinkonsum bestehenden anderen Risikofaktoren beim Kläger führen würden, und hätte hierzu weitere Ermittlungen anstellen müssen.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15. April 2010 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Ulm vom 27. Mai 2009 zurückzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Das Urteil des LSG ist aufzuheben, weil das LSG die Bescheide der Beklagten wegen fehlerhafter Ermessenausübung aufgehoben hat, ohne zuvor alle tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensausübung festzustellen (dazu 1.). Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen hat der Senat beschlossen, Hinweise zu Inhalt und Grenzen der richterlichen Überprüfung der im Ermessen des Unfallversicherungsträgers stehenden Entscheidung nach § 76 SGB VII zu geben(dazu 2.).

7

1. Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Abfindung ist § 76 Abs 1 Satz 1 SGB VII, der lautet: Versicherte, die Anspruch auf eine Rente wegen einer MdE von weniger als 40 vH haben, können auf ihren Antrag mit einem dem Kapitalwert der Rente entsprechenden Betrag abgefunden werden. Die Berechnung des Kapitalwerts ist durch Rechtsverordnung zu bestimmen (Abs 1 Satz 3). Eine Abfindung darf nur bewilligt werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass die MdE wesentlich absinkt (Abs 2).

8

Dass der Beklagten im Hinblick auf die Gewährung einer Abfindung Ermessen eingeräumt ist, folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 76 Abs 1 Satz 1 SGB VII mit dem Gebrauch des Wortes "können", das kein bloßes "Kompetenz-Kann" beinhaltet - so die Rechtsprechung des Senats(BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2; BSG vom 28.4.2004 - B 2 U 10/03 R - SozR 4-2700 § 76 Nr 1 RdNr 8)sowie die Literatur (Burchardt in Becker/ Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII-Komm, § 76 RdNr 10; Jung in Juris-PK SGB VII, § 76 RdNr 12; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 76 RdNr 12; Mehrtens in Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 76 SGB VII RdNr 3.1; Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, § 76 RdNr 4; Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung - SGB VII, § 76 RdNr 19) und die Auslegung der im Wortlaut vergleichbaren Vorläufervorschrift des § 604 Reichsversicherungsordnung(vgl insofern BSG vom 24.6.1987 - 5a RKnU 2/86 - SozR 1200 § 40 Nr 3; Wiesner, BG 1985, 327).

9

Davon ist das LSG bei seiner Entscheidung auch ausgegangen. Denn es hat den Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und sie zur Neubescheidung verurteilt, weil sie bei ihrer Ermessensentscheidung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung eines Anspruchs auf eine Abfindung sind aber den Feststellungen des LSG nur zum Teil zu entnehmen: Nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG hat der Kläger gegen die Beklagte Anspruch auf eine Rente nach einer MdE von 20 vH, und er hat auch einen Abfindungsantrag gestellt. Hinsichtlich des negativen Tatbestandsmerkmals (so schon im Urteil des Senats vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2; ebenso: Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung - SGB VII, § 76 RdNr 24), dass eine Abfindung nur bewilligt werden darf, wenn nicht zu erwarten ist, dass die MdE wesentlich sinkt (§ 76 Abs 2 SGB VII), hat das LSG keine Feststellungen getroffen.

10

Solange aber nicht feststeht, ob der Tatbestand der Rechtsgrundlage erfüllt ist, mangelt es an den Voraussetzungen der Ermessenseinräumung und damit auch für eine Ermessensausübung und an den Grundlagen für ein dem Kläger günstiges Bescheidungsurteil, das die Behörde verpflichtet, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die Tatbestandserfüllung kann nicht durch - stets unzulässige - gerichtliche Ermessenserwägungen ersetzt werden. Dementsprechend ist das Urteil des LSG aufzuheben, damit das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren zunächst klären kann, ob die genannte (negative) Tatbestandsvoraussetzung erfüllt ist. Erst wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 SGB VII gegeben sind, wird das LSG die Ermessensausübung der Beklagten auf Ermessensfehler überprüfen dürfen.

11

2. Im Hinblick auf das Gebot, einer überlangen Verfahrensdauer entgegenzuwirken (Art 19 Abs 4 Satz 1 Grundgesetz , Art 6 Abs 1 Satz 1 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten), hat der Senat beschlossen, Hinweise zu geben zu Inhalt und Grenzen der richterlichen Überprüfung einer im Ermessen des Unfallversicherungsträgers stehenden Entscheidung (dazu a) sowie zu den Ermessenszwecken des § 76 Abs 1 SGB VII und den deshalb von dem Träger jeweils abzuwägenden Ermessensgesichtspunkten(dazu b).

12

a) Soweit die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). Der Versicherte hat Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I). Hingegen entsteht ein Anspruch auf eine bestimmte Sozialleistung nur aufgrund der Bewilligungsentscheidung (§ 40 Abs 2 SGB I). Darüber hinaus kann im Einzelfall ein Rechtsanspruch auf die Leistung ausnahmsweise bei einer "Ermessensreduzierung auf Null" bestehen, bei der es nur ein ermessensgerechtes Ergebnis gibt (vgl dazu nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 29). Feststellungen, die vorliegend für eine solche Ermessensreduzierung auf Null sprechen, hat das LSG nicht getroffen; der Kläger hat derartiges im Revisionsverfahren nicht behauptet und keine entsprechenden Rügen erhoben.

13

Zur Sicherung der Funktionentrennung (Art 20 Abs 2 Satz 2 GG) und der Entscheidungsfreiheit des Leistungsträgers über die Zweckmäßigkeit seines Handelns ist die Überprüfung seiner Ermessensentscheidung durch die Gerichte auf die Rechtmäßigkeitsprüfung begrenzt. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob der Träger sein Ermessen überhaupt ausgeübt, er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG; "Rechtmäßigkeit-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle").

14

Dass die Beklagte Ermessen ausgeübt hat, ist den Feststellungen des LSG hinsichtlich des Inhalts der angefochtenen Bescheide der Beklagten zu entnehmen. Denn sie hat nicht nur - was allein nicht ausreichend ist - auf das eingeräumte Ermessen hingewiesen, sondern auch (zumindest) einen Ermessensgesichtspunkt genannt. Ebenso ist ein Überschreiten der Grenzen des Ermessens zu verneinen, weil § 76 SGB VII nur zwei Rechtsfolgen zulässt, entweder den Anspruch auf die Abfindung zu gewähren oder nicht, und die Beklagte sich für Letzteres entschieden hat. Ferner hat das LSG keine Tatsachen festgestellt, die für eine Verletzung der objektiven verfassungsrechtlichen Schranken (Gleichheitsgebote, Übermaßverbot) jeder Ermessensausübung sprechen könnten.

15

Als Ermessensfehler kommt nur eine dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechende Ermessensausübung in Betracht. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Diese beiden letztgenannten Arten des Ermessensfehlgebrauchs kommen hier nach den bisherigen Feststellungen des LSG in Betracht. Des Weiteren kann ein Fehlgebrauch erfolgt sein, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Deshalb haben die Tatsacheninstanzen in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen, ob die Behörde die Tatsachen, die sie ihrer Ermessensentscheidung zugrunde gelegt hat, zutreffend und vollständig ermittelt hat (Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 28b; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl 2009, § 114 RdNr 12 mwN).

16

Wenn der eine Sozialleistung regelnde Verwaltungsakt wegen Ermessensnicht- oder -fehlgebrauchs rechtswidrig ist, darf das Gericht nur den Verwaltungsakt aufheben und den Träger zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, nicht aber eigene Ermessenserwägungen anstellen und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Leistungsträgers setzen (vgl Urteil des Senats vom 18.3.2008 - B 2 U 1/07 R - BSGE 100, 124 = SozR 4-2700 § 101 Nr 1, jeweils RdNr 14 ff).

17

b) Zur Konkretisierung der Ermessenszwecke des § 76 SGB VII ist von Folgendem auszugehen: Dem Wortlaut der Vorschrift selbst ist kein Ermessenszweck zu entnehmen und auch die Gesetzesmaterialien zum Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) sind insofern unergiebig (vgl zB Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks 13/2204 S 94 zu § 76). Eingeführt worden ist die Möglichkeit der Abfindung von Verletztenrenten schon mit dem Unfallversicherungsgesetz vom 6.7.1884 (RGBl 69) und später wurde die Regelung durch die nachfolgenden Gesetze ausgebaut.

18

Zusammengefasst zeigt die Gesetzesgeschichte, dass bei der Ermessensausübung über die Bewilligung eines Abfindungsanspruchs neben den Interessen der Allgemeinheit folgende Zwecke abzuwägen sind. Auf Seiten des Versicherten besteht das Interesse, seine wirtschaftlichen Verhältnisse durch eine Verfügungsmacht über einen erheblichen Geldbetrag im Unterschied zu laufenden, ggf nicht allzu hohen monatlichen Rentenzahlungen zu verbessern. Auf Seiten der Verwaltung geht es um die Verringerung des Verwaltungsaufwandes, um eine Bemessung der Höhe des Kapitalbetrags nach der durch das Lebensalter und die körperliche Beschaffenheit des Berechtigten bedingten voraussichtlichen Dauer des Rentenbezugs - also der weiteren Lebenserwartung - des Versicherten sowie um die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unfallversicherungsträgers (vgl Reichstag, 10. Legislaturperiode, I. Session 1898/1900, Drucksache Nr 523 S 96 f; Reichstag, 12. Legislaturperiode, II. Session 1909/1910, Drucksache zu Nr 340 S 307, 300 ff; Reichstag, III. Wahlperiode 1924/25, Drucksache Nr 691 S 32; BT-Drucks IV/938 S 15 f zu § 601). Diese Zwecke werden auch heute noch in der Literatur angeführt (vgl Burchardt in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII-Komm, § 76 RdNr 10 f; Jung in Juris-PK SGB VII, § 76 RdNr 13 ff; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 76 RdNr 13 ff; Mehrtens in Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 76 SGB VII RdNr 3.1 f; Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, § 76 RdNr 4; Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, § 76 RdNr 20 ff; Plagemann, NJW 1996, 3173, 3176; Wiesner, BG 1985, 327 f).

19

Soweit in der Literatur weitere Zwecke genannt werden, sind diese zum Teil mit den gesetzgeberischen Zielen vereinbar, zB ob in absehbarer Zeit der Bezug anderer steuerfinanzierter Sozialleistungen droht, womit die Allgemeinheit belastet werden würde, der aber durch den Bezug einer Verletztenrente zumindest verringert würde, während es für andere genannte Zwecke, wie zB eine Berücksichtigung des von dem Versicherten beabsichtigten Verwendungszwecks der Abfindung bei einer so genannten kleinen Verletztenrente, keine erkennbare Begründung gibt.

20

Inwieweit die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung die angeführten gesetzgeberischen Zwecke für die Einräumung des Ermessens richtig gewichtet abgewogen hat (vgl zu den Anforderungen an die Begründung einer solchen Entscheidung: BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2), wird das LSG - nach Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen und der formellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides - in einem weiteren Schritt zu überprüfen haben. Dabei wird zu beachten sein, dass die den Interessen des Unfallversicherungsträgers dienenden Ermessensgesichtspunkte (anders als § 76 Abs 2 SGB VII)keine "negativen Tatbestandsmerkmale" sind, sondern gegen das Interesse des Versicherten abzuwägen sind und dass nur die Ermessensausübung der Beklagten im vorgezeigten Rahmen zu überprüfen ist, nicht aber eigene Ermessenserwägungen seitens des LSG zur Ausfüllung der aufgezeigten Zwecke anzustellen sind.

21

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.

(2) Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

1.
bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht,
2.
der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und
3.
ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

(3) Der Gründungszuschuss wird nicht geleistet, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 vorliegen oder vorgelegen hätten.

(4) Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.

(5) Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten.

(1) Die Vermittlung in Ausbildung und Arbeit hat Vorrang vor den Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit.

(2) Der Vermittlungsvorrang gilt auch im Verhältnis zu den sonstigen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, es sei denn, die Leistung ist für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich. Von der Erforderlichkeit für die dauerhafte Eingliederung ist insbesondere auszugehen, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit fehlendem Berufsabschluss an einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen oder voraussichtlich teilnehmen werden. Der Vermittlungsvorrang gilt nicht im Verhältnis zur Förderung von Existenzgründungen mit einem Gründungszuschuss nach § 93.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.

(2) Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

1.
bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht,
2.
der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und
3.
ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

(3) Der Gründungszuschuss wird nicht geleistet, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 vorliegen oder vorgelegen hätten.

(4) Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.

(5) Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten.

(1) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach

1.
der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um 30 Monate erweiterten Rahmenfrist und
2.
dem Lebensalter, das die oder der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat.
Die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Ausschluss von Zeiten bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit und zur Begrenzung der Rahmenfrist durch eine vorangegangene Rahmenfrist gelten entsprechend.

(2) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens … Monatenund nach Vollendung des … Lebensjahres… Monate
126
168
2010
2412
3050.15
3655.18
4858.24

(3) Bei Erfüllung der Anwartschaftszeit nach § 142 Absatz 2 beträgt die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld unabhängig vom Lebensalter

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens … Monaten… Monate
63
84
105

Abweichend von Absatz 1 sind nur die Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der Rahmenfrist des § 143 zu berücksichtigen.

(4) Die Dauer des Anspruchs verlängert sich um die Restdauer des wegen Entstehung eines neuen Anspruchs erloschenen Anspruchs, wenn nach der Entstehung des erloschenen Anspruchs noch nicht fünf Jahre verstrichen sind; sie verlängert sich längstens bis zu der dem Lebensalter der oder des Arbeitslosen zugeordneten Höchstdauer.

(1) Die Vermittlung in Ausbildung und Arbeit hat Vorrang vor den Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit.

(2) Der Vermittlungsvorrang gilt auch im Verhältnis zu den sonstigen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, es sei denn, die Leistung ist für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich. Von der Erforderlichkeit für die dauerhafte Eingliederung ist insbesondere auszugehen, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit fehlendem Berufsabschluss an einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen oder voraussichtlich teilnehmen werden. Der Vermittlungsvorrang gilt nicht im Verhältnis zur Förderung von Existenzgründungen mit einem Gründungszuschuss nach § 93.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.