Landessozialgericht NRW Beschluss, 29. Feb. 2016 - L 6 AS 1208/15 NZB
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.06.2015 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der Kostenerstattung für ein isoliertes Vorverfahren. Er begehrt einen weiteren Gebührenbetrag i.H.v. 360 EUR.
4Am 10.2.2014 mahnte die Beklagte die Zahlung einer Forderung i.H.v. 844,84 EUR an und setzte Mahngebühren gegen den Kläger i.H.v. 4,50 EUR fest. Gegen die Festsetzung der Mahngebühren richtete sich der Widerspruch vom 6.3.2014.
5Mit Bescheid vom 10.2.2014 hob die Beklagte den Bescheid vom 10.2.2014 auf. Die durch die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten entstandenen Kosten wurden als notwendig und dem Grunde nach erstattungsfähig anerkannt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers übersandte die Kostennote. Es wurden hinsichtlich des Widerspruchs gegen die Festsetzung der Mahngebühren Kosten i.H.v. 480 EUR geltend gemacht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers setzte eine Geschäftsgebühr i.H.v. 460 EUR an.
6Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 21.3.2014 erkannte die Beklagte die notwendigen Aufwendungen i.H.v. 120 EUR an. Sie führte aus, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei als weit unterdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung des Umfangs seien der Arbeits-und Zeitaufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben habe und den er objektiv auch auf die Sache verwenden musste, zu würdigen. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit könne noch gerade als durchschnittlich bewertet werden. Die rechtliche Problematik stelle einen Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts dar. Die Kriterien der Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse würden als allenfalls durchschnittlich, bezüglich der tatsächlichen und rechtlichen Aspekte als unterdurchschnittlich angesetzt. Vorliegend sei Gegenstand des Widerspruchsverfahrens keine Leistung, die das sozio-kulturelle Existenzminimum des Widerspruchsführers sichere, gewesen, sondern die Festsetzung von Mahngebühren i.H.v. 4,50 EUR. Dabei handele es sich nicht um einen Bedarf, der von den Regelungen des SGB II gedeckt sei. Hinzu träten die erheblich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Widerspruchsführers, der während des Widerspruchsverfahrens auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II angewiesen gewesen sei. Ein Haftungsrisiko des Bevollmächtigten sei nicht erkennbar. In der Gesamtabwägung sei eine doppelte Mindestgebühr nach Nummer 2302 VV RVG i.H.v. 100 EUR angemessen. Die geltend gemachte Gebühr von 460 EUR sei insofern nicht als angemessen anzusehen.
7Gegen den Kostenfestsetzungsbescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.3.2014 als unbegründet zurückwies.
8Mit der am 30.04.2014 beim Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat der Kläger den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig beanstandet. Bei den Rahmengebühren bestimme der Rechtsanwalt die Gebühr unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nach billigem Ermessen. Dies bedeute, dass der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall grundsätzlich selbst bestimmen dürfe. Die Bestimmung durch den Rechtsanwalt könne ausschließlich darauf geprüft werden, ob sie unbillig getroffen worden sei. Die vom Rechtsanwalt vorgenommene Bestimmung sei nur dann unbillig und damit unverbindlich, wenn die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die billige Gebühr um mehr als 20 % übersteige. Innerhalb dieser Nichtbeanstandungsgrenze, komme eine Änderung der vom Anwalt vorgenommen Bestimmung nicht in Betracht. Eine Gebühr von mehr als 300 EUR könne gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Als zu berücksichtigende Umstände nenne das Gesetz zwar ausdrücklich den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, diese Aufzählung sei jedoch keine inhaltliche Beschränkung, sondern stelle auf die Überdurchschnittlichkeit des anwaltlichen Aufwands ab, für die dann metabegrifflich die transitiven Bezeichner "Umfang" und "Schwierigkeit" genannt würden. Diese Bezeichner seien aufgrund ihrer "Transitivität" gerichtet auf die jeweilige inhaltliche Tätigkeit des Anwalts. Es kämen daher eine Vielzahl von Umständen zum Tragen, die im Kostenfestsetzungsantrag detailliert zur Begründung der Ermessensausübung aufgeführt worden seien, aber in dem angefochtenen Bescheid lapidar durch eine eigene Ermessensausübung ersetzt worden seien. Dieses Vorgehen sei schon im Ansatz völlig verfehlt. Es sei vielmehr zunächst die vom Anwalt vorgenommene Bestimmung zu überprüfen und erst im zweiten Schritt könne dann eine gegebenenfalls unbillige Wertung des Anwalts unter Beachtung der Nichtbeanstandungsgrenze korrigiert werden. Die Anwendung der vorstehenden Grundsätze führe dazu, dass die auf 460 EUR erfolgte Bestimmung der Verfahrensgebühr durch den Anwalt nicht zu beanstanden sei. Für die weitere umfangreiche Begründung des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird auf den Schriftsatz vom 08.05.2014 verwiesen.
9Der Kläger hat beantragt,
10die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 21.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2014 zu verurteilen, an ihn einen weiteren Gebührenbetrag i.H.v. 360 EUR zu zahlen, hilfsweise analog § 14 Abs. 2 RVG, ein Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer Köln hinsichtlich der Frage einzuholen, ob die nachfolgend erläuterte Ermessensausübung des Rechtsanwaltes (Schriftsatz vom 8. Mai 2014, Bl. 15 Gerichtsakte) zu beanstanden ist.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Mit Urteil vom 16.06.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Rechtsauffassung der Beklagten sei vollinhaltlich zutreffend. Die geltend gemachte Geschäftsgebühr i.H.v. 460 EUR für das Tätigwerden im Widerspruchsverfahren sei im Hinblick auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens und Vermögensverhältnisse des Auftragsgebers im Sinne von § 14 RVG unbillig. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Urteils des BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 21/09 R - sei bei wertender Gesamtbetrachtung die geltend gemachte Geschäftsgebühr bei weitem überhöht. In der weiteren Begründung hat das Sozialgericht ausgehend von der Rechtsprechung des BSG und entsprechend den dort genannten Grundsätzen seine Ansicht ausführlich begründet. Es hat keine Notwendigkeit gesehen, ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer gemäß § 14 Abs. 2 RV G einzuholen. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
14Gegen das am 29.06.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.07.2015 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Das Sozialgericht weiche von der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R) ab. Das BSG habe hinsichtlich der Kompetenz zur Ermessensausübung ausdrücklich klargestellt, dass innerhalb eines Betragsrahmens allein der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall nach seinem billigen Ermessen bestimme. Das bedeute, dass es ausschließlich Sache des Anwalts sei, die Kriterien der Bemessung der Rahmengebühr auszuwählen und dann im Rahmen seiner Ermessensausübung anzuwenden. Eine Ersetzung des Anwaltsermessens sei nach der Entscheidung des BSG nicht vorgesehen. Es seien vielmehr die allgemeinen Grundsätze zu Ermessenskontrolle heranzuziehen. Sache des Festsetzungsbeamten und damit auch des Gerichts sei es lediglich, die vom Anwalt ausgewählten Kriterien auf unzulässige Kriterien und die Anwendung auf Tatsachenfehler zu überprüfen. Nur auf dem Wege des Fehlernachweises dürfe eine Unbilligkeit in der vom Anwalt vorgenommen Bestimmung festgestellt werden. Seien solche Feststellungen nicht möglich, dürften nach der Entscheidung des BSG keine Abstriche an der anwaltlichen Bestimmung vorgenommen werden. Selbst wenn einzelne Fehler nachgewiesen würden, dürfe das Gericht keine eigene Ermessensausübung vornehmen und an die Stelle des anwaltlichen Ermessens setzen. Im Falle von nachgewiesenen Fehlern sei vielmehr analog § 131 Abs. 3 SGG zu entscheiden.
15Die Angelegenheit habe auch grundsätzlich Bedeutung, da sich nach den Rechtssätzen des Sozialgerichts die Frage stelle, ob der Festsetzungsbeamte oder der Richter nach § 14 Abs. 1 RVG die Kompetenz haben, ihr Ermessen an die Stelle des Anwaltsermessens zu setzen und damit das Anwaltsermessen zu verdrängen, bloß weil sie die anwaltliche Ermessensausübung nicht teilen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.
17II.
18Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
19Die Berufung gegen das Urteil des SG Köln vom 16.06.2015 bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt und keine Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Kläger wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 21.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2014, mit welchem der Beklagte die Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG auf 100 EUR festgesetzt hat. Er beantragt die Festsetzung der ursprünglich angesetzten Gebühr in Höhe von 460 EUR, mithin steht ein Gesamtbetrag von 360 EUR im Streit.
20Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Abs. 2 Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Abs. 2 Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Abs. 2 Nr. 3).
21Grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit) (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 144 Rdnr 28; § 160 Rdnr 6 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. LSG NRW - Beschluss vom 03.01.2011 - L 7 AS 1385/10 NZB - juris Rn 4 ). Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da höchstrichterlich bereits geklärt durch das Urteil des BSG vom Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R -. Da das Sozialgericht mit und in seiner Entscheidung nicht von derjenigen des BSG abweicht, liegt auch kein Zulassungsgrund nach Nr. 2 (Divergenzentscheidung) vor. Einen Verfahrensfehler (Nr. 3) hat der Kläger nicht geltend gemacht, er ist auch nicht ersichtlich.
22Im Urteil des BSG vom 1.7.2009 - B4 AS 21 / 09 R heißt es unter Rn 19:
23"Gemäß Nr. 2500 VV RVG aF umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 40 EUR bis 520 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240 EUR kann aber nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich und schwierig war (sog Schwellengebühr). Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Absatz 1 S. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass über die Bestimmung dessen, was noch als billig oder schon als unbillig zu gelten hat, leicht Streit entstehen kann. Solchen Streit will der Gesetzgeber möglichst vermeiden, indem er dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt hat, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung jedenfalls der in § 14 RVG genannten Kriterien verbunden ist. Die Literatur und ihr folgend die Rechtsprechung gesteht dem Rechtsanwalt darüber hinaus einen Spielraum von 20 % (Toleranzgrenze) zu, der von dem Dritten wie auch von den Gerichten zu beachten ist ( ...). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Absatz 1 S. 4 RVG)."
24Den Ausführungen des BSG entnimmt der Senat, dass die Überschreitung der Toleranzgrenze allein bereits die Unbilligkeit begründet. Dies entspricht auch der Auffassung des Klägers (s. Schriftsatz vom 08.05.2014, S. 2 vorletzter Absatz), im Übrigen auch der ganz herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl etwa das vom BSG in Bezug genommene Urteil des BGH vom 31.10.2006 - VI ZR 261/05 " ... ist die Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, wobei ihm (- dem Rechtsanwalt -) nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des RVG ein Spielraum (sog Toleranzgrenze) von 20 % zusteht."). Die Prüfung der Toleranzgrenze beinhaltet notwendig die Prüfung des § 14 RVG (durch den Kostenbeamten/durch das Gericht). Nur der Abgleich zwischen der Prüfung des Kostenbeamten/des Gerichts mit der des Rechtsanwalts lässt die Feststellung zu, ob die Grenze eingehalten wurde oder nicht, d.h. ob die Bestimmung verbindlich ist oder nicht. Im Grundsatz gilt: Wird die Toleranzgrenze nicht überschritten, bleibt die Bestimmung verbindlich, auch wenn Kostenbeamter und Gericht die Bestimmung für überhöht halten; wird sie überschritten, ist sie unbillig und unverbindlich. Weitere Voraussetzungen für diese Prüfung sind weder erforderlich noch geboten - andernfalls könnte auch bei Überschreitung der Toleranzgrenze die Bestimmung verbindlich bleiben.
25Mit diesen Rechtssätzen hat das Sozialgericht seine Entscheidung getroffen; dem ist nichts hinzuzufügen.
26Die "tatrichterliche" Feststellung (s BGH aaO), dass die geltend gemachte Gebühr wegen vielfachen Überschreitens der angemessenen Gebühr grob unbillig sei, ist in sich schlüssig und nachvollziehbar, und verfahrensrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Ablehnung des Hilfsantrags (s BGH aaO).
27Anzumerken ist, dass auch innerhalb des Systems, das der Kläger angewendet wissen möchte, eine Überprüfung der Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt auch deshalb erfolgen müsste, weil alle in der Klagebegründung abgearbeiteten und in § 14 Abs. 1 RVG aufgeführten Kriterien zur Bestimmung der Rahmengebühr falsch ermittelt und zugeordnet wurden. Wenn der Kläger beanstandet, die Beklagte missachte, dass in der Würdigung die Annexwirkung der Mahngebühr zur Hauptforderung nicht übergangen werden dürfe, ist dies schlicht falsch - wie der Bevollmächtigte des Klägers spätestens bei der Abrechnung der Verfahren feststellen müsste, in denen die Änderungs- und Erstattungsbescheide (erneut) zur Überprüfung gestellt werden. Die Darstellung der Umstände, die die Ausfüllung der Kriterien zur Bestimmung der Rahmengebühr rechtfertigen soll, bezieht sich nur in ausgesprochenen Randbereichen auf die Festsetzung der Mahngebühr als maßgeblichem Streitgegenstand, ist sonst ganz offensichtlich der Überprüfung der Ausgangsbescheide zuzurechnen, die der Kläger jetzt auch in drei weiteren selbstständigen Verfahren betreibt. Dieser "Tatsachenfehler in der Anwendung" gehört zur - so der Kläger - Perspektive eines Rechtsanwalts, da er, der er für eine korrekte Gebührenrechnung einstehen muss, ein und denselben Sachverhalt unzulässigerweise für die Abrechnung verschiedener Angelegenheiten jeweils gebührenerhöhend einsetzt/einsetzen würde. Vor diesem Hintergrund mag offen bleiben, ob aus ähnlichen Erwägungen mit dem Aufwand im Festsetzungsverfahren ein unzulässiges Kriterium aktiviert wurde.
28Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil rechtskräftig, § 145 Abs. 4 S.4 SGG.
29Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
30Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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Referenzen - Gesetze
Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten
Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193
Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144
Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren
Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 145
Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 131
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandessozialgericht NRW Beschluss, 29. Feb. 2016 - L 6 AS 1208/15 NZB zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Bundesgerichtshof Urteil, 31. Okt. 2006 - VI ZR 261/05
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.
(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(4) Hält das Gericht eine Wahl im Sinne des § 57b oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig, so spricht es dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben.
(5) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der aus abgetretenem Recht seines Mandanten klagende Rechtsanwalt und der beklagte Haftpflichtversicherer streiten über die Höhe der dem Kläger aus § 14 RVG i. V. m. Nr. 2400 VV zustehenden Geschäftsgebühr in einer Verkehrsunfallsache , bei der das Fahrzeug seines Mandanten von einer Versicherungsnehmerin der Beklagten beim Rückwärtsfahren beschädigt worden war. Nach der Schadensregulierung durch die Beklagte rechnete der Kläger seine Gebühren nach einem Wert von 1.137,56 € ab, wobei er eine Gebühr von 1,3 nach §§ 13, 14 RVG, Nr. 2400 der Anlage 1 RVG nebst der Pauschale nach Nr. 7002 der Anlage 1 RVG (zuzüglich der Mehrwertsteuer), insgesamt 151,38 €, in Rechnung stellte. Die Beklagte zahlte vorgerichtlich lediglich einen Betrag von 94,56 €, wobei sie von einer Geschäftsgebühr von 0,8 ausging. Nachdem der Kläger den offen stehenden Restbetrag von 56,82 € unter Fristsetzung nachgefordert und hierüber einen Mahnbescheid erwirkt hatte, leistete die Beklagte eine weitere Zahlung in Höhe von 23,76 €, wobei sie eine Geschäftsgebühr von 1,0 zugrunde legte. Den Restbetrag macht der Kläger mit seiner vorliegenden Klage geltend.
- 2
- Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage im Wesentlichen stattgegeben und im Übrigen festgestellt, dass die Hauptsache wegen eines Betrages von 23,76 € teilweise erledigt ist. Auf die zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts teilweise abgeändert und - über die Feststellung der teilweisen Erledigung hinaus - die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit seiner vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht meint, der Kläger könne keine höhere als die einfache Gebühr verlangen. Die Ermessensausübung des Rechtsanwalts sei zwar bindend, wenn ihm keine Ermessensfehler unterlaufen seien, wobei ihm ein Spielraum von etwa 20% zuzubilligen sei. Der Ansicht des Klägers, dass sich aus dem Zusatz der Nr. 2400 VV ergebe, dass in Verkehrsunfallsachen grundsätzlich 1,3 Gebühren gefordert werden könnten, könne jedoch nicht gefolgt werden. § 14 RVG stelle nicht auf bestimmte Rechtsgebiete ab, sondern fordere eine Bestimmung der Gebühr unter Berücksichtigung des konkreten Einzel- falles. Bezüglich der Bedeutung der Angelegenheit und der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten ergäben sich hier keine vom Durchschnitt abweichenden Kriterien, allenfalls sei zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Schadensbetrag eher niedrig als hoch einzustufen sei. Deshalb seien bei der Ermessensausübung des Anwalts der Umfang und die Schwierigkeit seiner Tätigkeit maßgeblich heranzuziehen. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers sei die Schadensregulierung einfach gewesen und habe keinen besonderen Umfang gehabt. Die Tätigkeit des Klägers habe sich darin erschöpft , dass er das nicht schwer einzuordnende Unfallgeschehen angehört und die selbstverständlichen Folgen daraus gezogen habe. Im Streitfall hätten sich zum Haftungsgrund überhaupt keine rechtlichen Probleme ergeben, weil sowohl vom Unfallablauf (Rückwärtsfahren) als auch wegen der Bestätigung durch die Beklagte die volle Haftung des Unfallgegners festgestanden habe. Dass dem Mandanten deshalb der volle Reparaturnettobetrag und die Erstattung der Sachverständigenkosten sowie eine angemessene Auslagenpauschale hätten gewährt werden müssen, habe auch keiner schwierigen rechtlichen Beurteilung bedurft, was sowohl das Anspruchsschreiben mit kaum mehr als einer Seite als auch die problemlose, zeitnahe Regulierung durch die Beklagte zeige.
II.
- 4
- Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Unter den vom Berufungsgericht festgestellten besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist die Zuerkennung einer lediglich einfachen Geschäftsgebühr im Rahmen des § 14 RVG i. V. m. Nr. 2400 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zu diesem Gesetz aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 5
- 1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr im Sinne der Nr. 2400 VV (ab 1. Juli 2006 wortgleich Nr. 2300) der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr - wie hier - von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20% zusteht (vgl. Madert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/MüllerRabe , RVG, 17. Aufl. 2006, § 14 Rn. 12 m. w. N.). Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass dieser Spielraum im Streitfall überschritten worden ist, begegnet aus revisionsrechtlicher Sicht keinen Bedenken.
- 6
- a) Nach den nunmehr einschlägigen Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts als Rahmengebühr mit einem Gebührenrahmen zwischen 0,5 bis 2,5 ausgestaltet. Eine Gebühr über 1,3 kann allerdings wegen des Nachsatzes in Nr. 2400 VV (ab 1. Juli 2006 wortgleich Nr. 2300) nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin überdurchschnittlich gewesen ist (vgl. Gerold /Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Nr. 2300, 2301 VV, RZ.28; Podlech-Trappmann in: Kompaktkommentar zum RVG, Nr. 2400 VV, Anm. 4.2.2.2.2; Madert, DAR 2004, 417, 419; Otto, NJW 2004, 1420, 1421; Riedmeyer, DAR 2004, 262; Sonderkamp, NJW 2006, 1477, 1479).
- 7
- b) Welche Geschäftsgebühr bei der Abwicklung eines "durchschnittlichen" bzw. "normalen" Verkehrsunfalls gerechtfertigt ist, ist umstritten. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, eine angemessene Gebühr hierfür sei bei einem Gebührenrahmen zwischen 0,5 und 1,3 zwischen 0,8 und 1,0 anzusiedeln (vgl. die Nachweise bei Sonderkamp, NJW 2006, 1477, 1478 Fn. 3) ein anderer Teil erachtet eine 1,3 Geschäftsgebühr für gerechtfertigt (vgl. OLG München und OLG Düsseldorf, VA 2006, 189 sowie die Nachweise bei Sonderkamp, aaO, S. 1477 Fn. 2).
- 8
- Der letztgenannten Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Sie entspricht der Vorstellung des Gesetzgebers, dass in durchschnittlichen Fällen die Schwellengebühr von 1,3 eine Regelgebühr darstellt und ähnliche Funktionen erfüllt wie die 7,5/10 Gebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO (amtliche Begründung, BT-Drucks. 15/1971 S. 206 f.) und steht in Einklang mit der Bestimmung, dass bei überdurchschnittlichen, weil umfangreichen oder schwierigen Tätigkeiten des Rechtsanwalts eine Geschäftsgebühr über 1,3 gerechtfertigt ist.
- 9
- 2. Dies bedeutet aber auch, dass bei unterdurchschnittlichen Fällen die Festsetzung einer Geschäftsgebühr von 1,3 unbillig sein kann. Einen solchen Fall hat das Berufungsgericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen ohne Rechtsfehler bejaht.
- 10
- a) Danach rief der Mandant den Kläger am Unfalltag, dem 2. August 2004, an und berichtete vom Unfallgeschehen. Dabei wurde ihm telefonisch der Rat erteilt, einen Sachverständigen einzuschalten, was der Mandant auch tat. Mit Schreiben vom 3. August 2004 bestätigte die Beklagte unaufgefordert gegenüber dem Mandanten "nach ihrem jetzigen Kenntnisstand" ihre Eintrittspflicht hinsichtlich der unfallbedingten Schäden an dessen Fahrzeug. Nachdem der Mandant mit dieser Bestätigung am 6. August 2004 beim Kläger erschienen war und dort ausführlich das Unfallgeschehen geschildert hatte, fertigte der Kläger noch am selben Tag ein Anspruchsschreiben von etwas über einer Seite mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von insgesamt 1.137,56 €, die den vom Sachverständigen ermittelten Nettobetrag für die Reparatur, dessen Kosten und eine Auslagenpauschale beinhaltete. Noch im August 2004 beglich die Beklagte die Forderung bis auf eine Kürzung der Auslagenpauschale um 5 €. Danach erschien der Mandant noch einmal beim Kläger und erkundigte sich, warum er nur den Nettobetrag und nicht den Bruttobetrag für die Reparatur ersetzt bekommen habe.
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- b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen, die das Berufungsgericht dem eigenen Vorbringen des Klägers entnommen hat, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass dem Kläger für seine Tätigkeit nicht mehr als die von der Beklagten gezahlte Geschäftsgebühr von 1,0 zustehe, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
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- Insbesondere kann sich der Kläger - entgegen der Auffassung der Revision - nicht darauf stützen, dass die Abwicklung von Verkehrsunfällen "regelmäßig" umfangreiche Vorarbeiten erfordere, denn § 14 Abs. 1 RVG stellt bei der Bestimmung der Rahmengebühren durch den Rechtsanwalt auf die Umstände des Einzelfalles ab, so dass es darauf ankommt, ob tatsächlich umfangreiche Vorarbeiten angefallen sind.
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- Zwar kann aus einer schnellen und problemlosen Schadensregulierung durch den Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht stets der Rückschluss gezogen werden, dass die anwaltliche Tätigkeit unterdurchschnittlich gewesen sei. Eine derartige Regulierung kann vielmehr im Einzelfall auf einer vorherigen und womöglich umfangreichen Klärung der Sach- und Rechtslage durch den Rechtsanwalt beruhen. In solchen Fällen widerspräche es dem Sinn und Zweck des § 14 RVG, wenn der Haftpflichtversicherer es durch eine schnelle Regulierung in der Hand hätte, dem Rechtsanwalt die Bestimmung einer angemessenen Vergütung für bereits erbrachte Tätigkeiten zu versagen.
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- Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedoch nicht dargetan, dass er tatsächlich entsprechende Vorarbeiten erbracht hat. Das Schreiben der Beklagten vom 3. August 2004, nach ihrem jetzigen Kenntnisstand könne sie ihre Eintrittspflicht hinsichtlich der unfallbedingten Schäden an dem Fahrzeug des Geschädigten bestätigen, mag zwar ein Formularschreiben ohne Schuldanerkenntnis im Rechtssinne gewesen sein. Es zielte jedoch - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - erkennbar darauf ab, den Schadensfall einfach und ohne großen Aufwand abzuwickeln. Demzufolge hat es auch der Kläger nicht für erforderlich erachtet, in seinem daraufhin verfassten Anspruchsschreiben vom 6. August 2004 eingehende Ausführungen zur Unfallsituation und zur Rechtslage zu machen, wie die Revision sie nunmehr nachholt. Vielmehr hat er ersichtlich zunächst einmal abgewartet, ob die Beklagte entsprechend ihrer Ankündigung den zwischenzeitlich vom Sachverständigen ermittelten Sachschaden an dem Fahrzeug seines Mandanten ohne weiteres ersetzen würde, wie es sodann auch geschehen ist. Schließlich hätte der Kläger die nachträgliche Frage des Mandanten hinsichtlich der Umsatzsteuer – worauf das Berufungsgericht mit Recht abgehoben hat – durch einen einfachen Hinweis auf die (neue) Gesetzeslage (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB) beantworten können. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
AG Wuppertal, Entscheidung vom 11.03.2005 - 35 C 66/05 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 17.11.2005 - 9 S 101/05 -
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.
(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.
(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.