Landessozialgericht NRW Beschluss, 17. Juli 2014 - L 2 AS 262/14 NZB
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.11.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 21.12.2013 wird abgelehnt.
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Gründe:
2Die Beschwerde ist unbegründet.
3Die Berufung des Klägers ist nicht kraft Gesetzes statthaft, § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro (Satz 1 Nr. 1) nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Der Hauptantrag, gerichtet auf Übernahme des Rundfunkbeitrages an die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) als Kosten der Unterkunft, betrifft eine Geldleistung, die lediglich bei 107,88 EUR (17,98 EUR x 6 Monate) liegt; denn die angefochtene, den Leistungsanspruch des Klägers ablehnende Entscheidung des Beklagten - Bescheid vom 22.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2013 - bezieht sich nur auf den laufenden Bewilligungsabschnitt und lehnt als einheitlichen Streitgegenstand die Gewährung höherer als bislang zugestandener Leistungen ab; ihr kommt keine Bindungswirkung für künftige Bewilligungsabschnitte zu (vgl. zum Mehrbedarf Bundessozialgericht -BSG- Urt. vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - RdNr. 12 bei juris; Urt. vom 24.02.2011 - B 14 AS 49/10 R - RdNrn. 14 ff. bei juris; Urt. vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R - RdNr. 15 bei juris). Die Hilfsanträge vermögen die Statthaftigkeit der Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ebenfalls nicht zu begründen; denn die Weiterleitung der Bescheinigung über die Befreiungsvoraussetzungen an die GEZ bzw. die Übernahme der zur Übersendung der Befreiungsvoraussetzungen anfallenden Kosten im Sinne einmaliger Portokosten im laufenden Bewilligungsabschnitt übersteigen als Dienst- und Sachleistung bzw. Geldleistung erkennbar ebenfalls nicht den maßgeblichen Wert von 750,00 EUR.
4Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht kraft Gesetz statthaften Berufung liegen gleichfalls nicht vor.
5Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
6Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung setzt voraus, dass der Gegenstand der Streitsache eine bedeutsame, bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt. Eine derart bedeutsame Rechtsfrage wirft der vorliegende Rechtsstreit nicht auf. Die Kosten für die Übersendung der Befreiungsbescheinigung an die GEZ sind aus dem Regelbedarf zu tragen. Zur diesbezüglichen Gestaltung der privaten Lebensführung sowie der Aufnahme sozialer Kontakte sind nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen (RBEG) als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben in der Abteilung 8 (Nachrichtenübermittlung) und Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) sowie Abteilung 10 (Bildung) ein Betrag von insgesamt 73,31 Euro monatlich eingestellt. Davon sind Brief- und Postgebühren in vertretbarem Umfang zu bestreiten. Als vertretbar ist das anzusehen, was der Durchschnitt, der sich in gleicher oder ähnlicher finanzieller Situation befindet, üblicherweise hierfür aufwendet (vgl. Saitzek in Eicher, SGB II, 2013, § 20 RdNrn. 36 und 51). Damit hält sich der allenfalls einmalig im sechsmonatigen Bewilligungsabschnitt anfallende Betrag von einem Euro (Briefumschlag zuzüglich 0,60 Euro Porto) im Rahmen dessen, was der Durchschnitt in gleicher oder ähnlicher finanzieller Situation aufwenden würde, um die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zu erlangen. Dabei ist auch die Möglichkeit in den Blick zu nehmen, dass ein Bezieher von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende vom Betrieb rundfunkgebührenpflichtiger Gerätschaften absieht und sich somit den Bedarf von einem Euro im sechsmonatigen Bewilligungsabschnitt erspart.
7Das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.11.2013 weicht auch nicht von obergerichtlicher Rechtsprechung ab und beruht auch nicht auf einer solchen Abweichung (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
8Ein der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegender Verfahrensmangel liegt ebenfalls nicht vor (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Ein solcher wird weder behauptet noch ist er als solcher erkennbar.
9Die Kostenentscheidung beruht auf § 192 SGG.
10Prozesskostenhilfe war nicht zu gewähren. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]).
11Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass
- 1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder - 2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
(2) (weggefallen)
(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.
(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.