Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 03. Aug. 2009 - L 8 B 406/08

bei uns veröffentlicht am03.08.2009

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Rostock vom 16. September 2008 - Az.: S12AS614/08 HRO - aufgehoben.

Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren vor dem Sozialgericht Rostock ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B aus R bewilligt.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, in welchem die Beteiligten über die Höhe der dem Kläger für den Zeitraum von Februar 2008 bis Mai 2008 nach dem SGB II bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung streiten.

2

Der im Jahre 1967 geborene arbeitslose Kläger bezieht seit 2005 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Er ist alleinstehend und hat zwei Zwillingstöchter, die am 27. Januar 2000 geboren sind und bei ihrer Mutter in H leben.

3

Der Kläger bewohnt eine 52 m2 große Wohnung in der L straße 32 in R , für die bis Januar 2008 tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. zuletzt insg. 411,- Euro monatlich (321,- Euro Grundmiete, 50,- Euro Betriebskosten plus 40,- Euro Heizkosten) anerkannt wurden. Mit Schreiben vom 03. Juli 2007 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass seine Unterkunftskosten unangemessen seien und längstens bis zum 31. Dezember 2007 übernommen würden. Ab Februar 2008 betrugen die tatsächlichen Aufwendungen für die Wohnung nach einer Nebenkostenanpassung des Vermieters insg. 451,- Euro monatlich (321,- Euro Grundmiete plus 130,- Euro Heiz- und Betriebskostenvorauszahlung).

4

Ausweislich eines Aktenvermerkes vom gleichen Tag sprach der Kläger am 29. Oktober 2007 bei der Beklagten vor. In dem Gespräch wurde unter anderem die streitige Kostensenkung diskutiert. Das Gespräch endete damit, dass der Kläger von der Mitarbeiterin der Beklagten gebeten wurde, das Büro zu verlassen.

5

Mit Änderungsbescheid vom 09. Januar 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01. Dezember 2007 bis zum 31. Januar 2008 Leistungen i.H.v. 758,- Euro monatlich, in denen Kosten der Unterkunft i.H.v. 411,-Euro enthalten waren, sowie für den Zeitraum vom 01. Februar 2008 bis zum 31. Mai 2008 Leistungen i.H.v. 785,- Euro, die ihrerseits Kosten der Unterkunft i.H.v. 438,- Euro umfassten.

6

Mit Änderungsbescheid vom 17. Januar 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 08. April 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2008 hob die Beklagte unter Bezugnahme auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X die bewilligten Kosten der Unterkunft ab dem 01. Februar 2008 teilweise auf und kürzte sie die Leistungen für Unterkunft und Heizung auf 342,- Euro monatlich, da die bisherigen Kosten der Unterkunft unangemessen seien und der Kläger nur noch einen Anspruch auf diejenigen Kosten habe, die nach den Arbeitshinweisen für die Mitarbeiter des Sozialamts der Hansestadt Rostock und des Hanse-Jobcenters zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung vom 01. Oktober 2007 angemessen seien. Für einen Ein-Personen-Haushalt sei nur eine Wohnfläche von 45 m2 angemessen. Für Wohnungen bis 45 m2 liege die Höchstgrenze für die Nettokaltmiete bei 5,30 Euro je m2 (bei 45 m2 somit 238,50 Euro), für die Betriebskosten bei 1,50 Euro je m2 (bei 45 m2 also 67,50Euro) monatlich und für die Heizkosten bei 0,80 Euro je m2 (bei 45m2 folglich 36,- Euro) monatlich. Sämtliche tatsächlichen Kosten überstiegen die als angemessen anzusehenden Werte. Der Kläger habe bis zum 01. Januar 2008 keine Anstrengungen zur Kostensenkung unternommen, sondern vielmehr deutlich gemacht, dass er zu derartigen Bemühungen nicht bereit sei. Die Wohnung des Klägers liege mit ca. 7 m2 über der für einen Ein-Personen-Haushalt angemessenen Wohnfläche und die derzeitigen Kosten lägen auch unter Berücksichtigung der Senkung der Grundmiete ab 01. März 2008 um 72,- Euro über den angemessenen Beträgen. Etwaige Gründe, die eine Weitergewährung der von der Beklagten als unangemessen eingestuften Kosten der Unterkunft und Heizung rechtfertigten, lägen weder in den regelmäßigen Aufenthalten der minderjährigen Töchter beim Kläger noch in anderen Umständen.

7

Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. Mai 2008, der am selben Tag beim Sozialgericht Rostock eingegangen ist, Klage erhoben.

8

Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.September 2008 das Prozesskostenhilfegesuch mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt. Die angefochtenen Bescheide seien insbesondere auch hinsichtlich der berücksichtigten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung rechtmäßig. Die Beklagte habe zu Recht mit Änderungsbescheid vom 09. Januar 2008 die ursprüngliche Bewilligung mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen, da die entsprechenden Voraussetzungen nach § 45 SGB X erfüllt seien. Der Kläger habe insbesondere kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der Bewilligung, nachdem die Beklagte ihn bereits im Juli 2007 nachweislich schriftlich auf die Unangemessenheit seiner Unterkunftskosten hingewiesen habe und er deshalb nicht davon habe ausgehen können, dass die unangemessenen Unterkunftskosten auch übernommen würden. Außerdem sei bei einer Rücknahme für die Zukunft das Vertrauen auf den Bestand einer rechtswidrigen Bewilligung i.d.R. nicht schutzwürdig; vielmehr überwiege das öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände.

9

Gegen diesen Beschluss, der seiner Bevollmächtigten am 19.September 2008 zugestellt worden ist, hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten von Montag, dem 20. Oktober 2008, der am selben Tag beim Sozialgericht Rostock eingegangen ist, Beschwerde erhoben. Zur Begründung seines Rechtsmittels hat er dargetan, die Prüfung, ob die tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung angemessen seien (insbesondere im Hinblick auf die Angemessenheit der Wohnfläche und Grundmiete und die Angemessenheit der Betriebs- und Heizkosten), sei ausschließlich dem Hauptsacheverfahren unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse und Gegebenheiten vorbehalten. Dem gegenüber dürften im Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens keine übertriebenen Anforderungen an die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung gestellt werden. Eine hinreichende Erfolgsaussicht der vorliegenden Rechtsverfolgung ergebe sich bereits daraus, dass die Erfolgsaussicht der Klage u.a. von einem Zeugenbeweis abhängig sei, wobei bei Gesamtwürdigung aller bereits feststehenden Umstände eine positive Beweiswürdigung zu Gunsten des Klägers nicht ausgeschlossen erscheine. Denn die Sachbearbeiterinnen der Beklagten, Frau H und Frau K , seien zeugenschaftlich zu ihrer Auskunft zu vernehmen, der vorliegend streitige Differenzbetrag von 72,- Euro führe in der regelmäßigen Verwaltungspraxis der Beklagten durchaus zu einer kulanzweisen Übernahme durch die Beklagte.

Entscheidungsgründe

II.

10

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 16. September 2008, mit welchem sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten abgelehnt worden ist, ist zulässig.

11

Das Rechtsmittel ist auch begründet.

12

Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

13

Erfolgsaussicht heißt dabei nicht Erfolgsgewissheit und meint den rechtlichen Erfolg. Bei Rechtsmitteln kommt es auf den voraussichtlichen Erfolg in der Sache selbst und nicht allein des Rechtsmittels an. Die Voraussetzungen dürfen unter dem grundrechtlichen Aspekt der Rechtsschutzgleichheit für Bemittelte und Unbemittelte nicht überspannt werden; insbesondere darf Erfolgsaussicht nicht verneint werden, wenn eine streitige, höchstrichterlich nicht entschiedene Rechtsfrage entscheidend ist (Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 114 Rdnr. 3). Die rechtlichen Erwägungen haben sich auf die Zulässigkeit und Begründetheit zu erstrecken, der Standpunkt des Antragstellers muss zumindest vertretbar sein. Prozesskostenhilfe darf nicht versagt werden, wenn entscheidungserhebliche schwierige Rechts- und Tatfragen bislang nicht hinreichend geklärt sind (Thomas/Putzo, a.a.O., §114 Rdnr. 5).

14

Auf der Grundlage dieser Maßstäbe ist im vorliegenden Fall unter der gebotenen summarischen Prüfung eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage i.S.v. § 114 Satz 1 ZPO i.V.m. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG zu bejahen.

15

Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss vom 16.September 2008 den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zurückgewiesen, da die insoweit erforderliche Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht gegeben sei. Die angefochtenen Bescheide seien insbesondere auch hinsichtlich der berücksichtigten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung rechtmäßig.

16

Als Rechtsgrundlage für den Änderungsbescheid der Beklagten vom 17. Januar 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 08.April 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2008 kommt lediglich die Vorschrift des § 45 SGB X in Betracht.

17

Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X i.d.R. schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Ein Ausschluss des Vertrauensschutzes käme vorliegend allein nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X in Betracht. Sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht haben die Voraussetzungen dieser Norm bejaht. Zur Begründung ist auf das Schreiben der Beklagten vom 03. Juli 2007 Bezug genommen worden, mit welchem diese den Kläger zur Kostensenkung aufgefordert hatte. In diesem Schreiben hatte die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen, dass sie nach eingehender Prüfung des Einzelfalls für seinen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 45 m2 und eine Nettokaltmiete von 220,- Euro monatlich für angemessen halte. Zugleich hatte die Beklagte dem Kläger auferlegt, Bemühungen zur Kostensenkung bis zum 01. Januar 2008 gegenüber der Beklagten nachzuweisen, und mitgeteilt, nach Ablauf dieser Frist werde unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen die abschließende Entscheidung zur Anerkennung der für den Kläger angemessenen Kosten der Unterkunft getroffen.

18

Ausweislich des Aktenvermerkes vom 29. Oktober 2007 sprach der Kläger an diesem Tage persönlich vor und bemängelte die beabsichtigte Absenkung der ihm zu gewährenden Kosten der Unterkunft. Dem Vermerk kann weiter entnommen werden, dass der Kläger gebeten wurde, das Büro zu verlassen. Dem Aktenvermerk kann nicht entnommen werden, ob sich - nach diesem Gespräch - bei dem Kläger der Eindruck hat aufdrängen können, er könnte mit seinem Begehren, Kosten der Unterkunft in bisheriger Höhe auch weiterhin gewährt zu erhalten, nicht doch durchgedrungen sein. Die Aufklärung dieser Tatsachenfrage ist daher weiter vorzunehmen.

19

Darüber hinaus hatte die Beklagte nur wenige Tage vor Erlass des angefochtenen Änderungsbescheides vom 17. Januar 2008 mit Änderungsbescheid vom 09. Januar 2008 - und somit nach Ablauf der in der Kostensenkungsaufforderung gesetzten Frist zum Nachweis von Kostensenkungsbemühungen - dem Kläger jeweils neben Leistungen zum Regelunterhalt i.H.v. 347,- Euro monatlich für den Zeitraum vom 01. Dezember 2007 bis zum 31. Januar 2008 Kosten der Unterkunft i.H.v. 411,- Euro monatlich und für den Zeitraum vom 01. Februar 2008 bis zum 31. Mai 2008 Kosten der Unterkunft i.H.v. 438,- Euro monatlich bewilligt. Der Kläger hat sich zur Begründung seines Vertrauensschutzes auch auf diesen Umstand berufen. Er hat sowohl im Rahmen seines Widerspruchs- als auch seines Klagevorbringens betont, die Aufwendungen für die Nettokaltmiete seien bereits seit der ersten Antragstellung für Leistungen nach dem SGB II im Jahr 2005 unverändert und von der Beklagten stets als angemessen eingestuft worden; die vermieterseitig vorgenommene Mieterhöhung zum 01. Dezember 2007 sei mit Bescheid vom 09. Januar 2008 anerkannt und entsprechend berücksichtigt worden. Auch unter diesem Aspekt erschließe sich die nunmehr vorgenommene Leistungskürzung in Folge vermeintlicher Unangemessenheit der Mietaufwendungen nicht. Der Standpunkt des Klägers ist zumindest auch vertretbar; denn aus seiner Sicht war nicht ohne Weiteres auszuschließen, dass die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 09.Januar 2008 von ihrer zuvor (in der Kostensenkungsaufforderung vom 03. Juli 2007) kundgetanen Rechtsauffassung Abstand genommen hatte. Angesichts der inhaltlich divergierenden schriftlichen Äußerungen der Beklagten vom 03. Juli 2007 und vom 09. Januar 2008 handelt es sich bei der Frage, ob ein Vertrauensschutzausschlusstatbestand nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X erfüllt ist, um eine weiter aufzuklärende Tatsachenfrage.

20

In der Gesamtschau sämtlicher aus dem vorliegenden Akteninhalt ersichtlichen Umstände ist auch eine Prozessarmut des Klägers zu bejahen.

21

Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung schließlich nicht mutwillig ist, sind die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Rostock gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erfüllt.

22

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Referenzen

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.