Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. März 2018 - L 6 P 3/18

bei uns veröffentlicht am12.03.2018

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stralsund vom 21. Dezember 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Beklagten, die der Klägerin bewilligten Leistungen nach Pflegstufe II ab dem 01. Mai 2017 zu entziehen.

2

Die im Jahre 1941 geborene, bei der Beklagten sozial pflegeversicherte Klägerin erhält seit dem 01. April 2013 von der Beklagten Leistungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung (Pflegestufe I) in Form von Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen, seit dem 01. Januar 2014 nach Nr. 2 der Norm (Pflegestufe II). Aufgrund eines Höherstufungsantrages der Kläger erfolgte im September 2016 eine erneute Begutachtung durch den MDK, bei welcher ein Grundpflegebedarf von 131 Minuten im wöchentlichen Tagesdurchschnitt festgestellt wurde, woraufhin die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 23.09.2016 ablehnte.

3

Auf der Grundlage einer Begutachtung im Februar 2017, bei welcher der Grundpflegebedarf mit 2 Minuten eingeschätzt wurde, hörte die Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung an. Mit Bescheid vom 03. April 2017, geändert durch Bescheid vom 20. April 2017, hob sie ihre Verwaltungsakte über die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung vom 01. Mai 2017 vollständig auf, weil die Voraussetzungen für die Leistung entfallen seien.

4

Bereits gegen den Bescheid vom 03. April 2017 erhob die Klägerin Widerspruch.

5

Am 19. April 2017 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht B-Stadt Klage gegen die Entziehung der Pflegestufe erhoben. Sie müsse selbst klagen, weil ihr Rechtsanwalt zurzeit in Urlaub sei. Das Sozialgericht Stralsund hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 11. Mai 2017 an das örtlich zuständige Sozialgericht Stralsund verwiesen.

6

Nachdem sich im Vorverfahren für die Klägerin ein Rechtsanwalt legitimiert hatte, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit an den Rechtsanwalt gerichteten Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2017 zurück. Hiergegen hat die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 19. Juli 2017 bei dem Sozialgericht Stralsund Klage erhoben (Az.: S 12 P 35/17). Das Verfahren ist noch anhängig.

7

Im vorliegenden Verfahren hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 21. Dezember 2017 die Klage als unzulässig abgewiesen. Gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sei vor der Erhebung einer Anfechtungsklage die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eine Heilung des fehlenden Vorverfahrens sei zwar möglich, wenn der Widerspruchsbescheid während des Rechtsstreits ergehe. Auch könne in der Klage gleichzeitig die Einlegung des Widerspruchs liegen. Das sei hier jedoch unerheblich, da die Klägerin gleichzeitig (durch ihren Prozessbevollmächtigten) das vorgeschriebene Vorverfahren durchgeführt und Klage erhoben habe. Daher bedürfe es hier auch keiner Umdeutung der Klage in einen Widerspruch. Daher sei die Klage mangels Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens als unzulässig abzuweisen. Der Anspruch der Klägerin auf Leistungen aus der Pflegeversicherung und damit einhergehend die Rechtmäßigkeit des Entziehungsbescheides werde in dem Verfahren S 12 P 35/17 überprüft.

8

Gegen den der Klägerin am 28. Dezember 2017 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich ihre Berufung vom 19. Januar 2018, mit der sie ihr bisheriges Begehren weiterverfolgt.

9

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

10

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stralsund vom 21. Dezember 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03. April 2017, geändert durch Bescheid vom 20. April 2017, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2017 aufzuheben.

11

Nachdem der Senat auf die Möglichkeit einer Zurückverweisung an das Sozialgericht hingewiesen hatte, hat die Beklagte bislang keinen Sachantrag gestellt.

12

Beide Beteiligte haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Vorsitzenden anstelle des Senats sowie durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe

13

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt und damit bekundet haben, ihren Anspruch auf mindestens eine mündliche Verhandlung (vgl. Art. 6 EMRK) nicht geltend zu machen, sodass der Umstand nicht entgegen steht, dass auch vor dem Sozialgericht, das gemäß § 105 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden hat, eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat. Ebenfalls mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Vorsitzende anstelle des Senats entscheiden, § 155 Abs. 3 SGG.

14

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht gem. § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG begründet. Hiernach kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, insbesondere also dann, wenn das Sozialgericht die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen hat, obwohl es eine Sachentscheidung hätte treffen müssen.

15

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2017 ist dieser zum Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden und die (ursprünglich unzulässige) Klage entgegen der Auffassung des Sozialgerichts zulässig geworden, da nunmehr dem Vorverfahrenserfordernis des § 78 SGG Genüge getan war. Die Frage, ob der im nachgeholten Vorverfahren ergehende Widerspruchsbescheid über § 96 SGG oder § 95 SGG in das gerichtliche Verfahren einbezogen wird, ist eine akademische (vgl. hierzu Bienert, NZS 2011, 732, 734).

16

Die Erwägungen des Sozialgerichts tragen vor diesem Hintergrund nicht. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob vor der Beendigung des Vorverfahrens (ausnahmsweise) ein Sachurteil hätte ergehen dürfen, da der Gerichtsbescheid tatsächlich erst nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist.

17

Nachdem die ursprünglich beim Sozialgericht B-Stadt erhobene Klage mithin bereits zulässig war, als die (weitere) Klage am 19. Juli 2017 bei dem Sozialgericht Stralsund einging, lag zwar doppelte Rechtshängigkeit vor. Diese führte allerdings nicht zu Unzulässigkeit des vorliegenden Verfahren, sondern zu derjenigen des später eingegangene Verfahrens Sozialgericht Stralsund, S 12 P 35/17.

18

Im Rahmen seines nach § 159 SGG auszuübenden Ermessens hat der Senat das Interesse der Klägerin an einer möglichst zeitnahen Entscheidung gegenüber den Nachteilen durch den Verlust einer Tatsacheninstanz abzuwägen und insbesondere zu berücksichtigen, dass die Zurückweisung die Ausnahme sein soll. Angesichts der erheblichen Mängel des sozialgerichtlichen Verfahrens hat sich der Senat für eine Zurückverweisung entschieden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Rechtsstreit noch weit von einer Entscheidungsreife entfernt ist und weitere Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es für die Sachentscheidung nicht vordergründig darauf ankommt, ob die Klägerin ab dem 01. Mai 2017 die materiellen Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen nach der Pflegestufe II (oder auch nur der Pflegestufe I) erfüllt. Streitgegenstand ist allein, ob die Beklagte berechtigt war, der Klägerin ihre aus der bestandskräftigen Bescheidlage resultierenden Rechtsansprüche (teilweise) zu entziehen. Ermittlungen zum gegenwärtigen Gesundheitszustand der Klägerin sind daher nicht, jedenfalls nicht in erster Linie, angezeigt.

19

Die angegriffenen Bescheide der Beklagten, die sich auf § 48 SGB Abs. 1 Satz 1 SGB X stützen, setzen vielmehr eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse im Sinne einer Reduzierung des Pflegebedarfs voraus. Dabei sind die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit denjenigen zu vergleichen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung vorgelegen haben, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind. Eine derartige Änderung ist keineswegs bereits dann anzunehmen, wenn bei unveränderten tatsächlichen Verhältnissen lediglich eine abweichende Beurteilung des resultierenden Hilfebedarfs vorgenommen wird. Dabei ist zu beachten, dass die Beklagte, die sich auf eine Änderung der Verhältnisse beruft, grundsätzlich die objektive Beweislast hierfür trägt, also für eine (positive) Abweichung des späteren Zustands von dem früheren (sog. Besserungsnachweis, vgl. BSG, Urteil vom 07. Juli 2005 – B 3 P 8/04 R). Die Annahme einer „wesentlichen" Änderung setzt zunächst voraus, dass überhaupt eine Änderung der Verhältnisse feststellbar ist. Dabei besteht insbesondere keine allgemeine Beweisvermutung des Inhalts, dass die Verwaltung ihre ursprüngliche Entscheidung rechtmäßig getroffen hat und dass die dieser Entscheidung zugrundeliegende sachverständige Feststellung des Grundpflegebedarfs zutreffend war.

20

Die Kostenentscheidung bleibt – auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens – dem Sozialgericht vorbehalten.

21

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 124


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. (3) Entscheidungen des Gerichts, d

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(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 95


Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder2. der Verwaltungsakt v

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 15 Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit, Begutachtungsinstrument


(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments er

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(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn 1. dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,2. das Verfahren an einem wesent

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 155


(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen. (2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhe

Referenzen

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.