Landgericht Wuppertal Beschluss, 14. Jan. 2016 - 9 T 272/15

ECLI:ECLI:DE:LGW:2016:0114.9T272.15.00
bei uns veröffentlicht am14.01.2016

Tenor

Das Rechtsmittel wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 294 Aufhebung und Einschränkung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts


(1) Für die Aufhebung der Betreuung oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts und für die Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers oder des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen gilt § 279 Absatz 1, 3 und 4 sowie § 288

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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - XII ZB 584/10

bei uns veröffentlicht am 13.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 584/10 vom 13. April 2011 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 1896, 1897 a) Eine vom Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht hindert die Bestellung eines Betreuers n

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2014 - XII ZB 355/14

bei uns veröffentlicht am 03.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB355/14 vom 3. Dezember 2014 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 294, 280 Abs. 2, 69 Abs. 1 a) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstellung eines G

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 584/10
vom
13. April 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine vom Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht hindert die Bestellung eines
Betreuers nur, wenn gegen die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung keine
Bedenken bestehen (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010
- XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 11).

b) Eine Vorsorgevollmacht steht der Anordnung der Betreuung auch dann nicht
entgegen, wenn der Bevollmächtigte als zur Wahrnehmung der Interessen
des Betroffenen nicht tauglich erscheint, namentlich erhebliche Zweifel an
seiner Redlichkeit im Raum stehen. In diesem Fall genügt die Einsetzung eines
Kontrollbetreuers gemäß § 1896 Abs. 3 BGB regelmäßig nicht.
BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - XII ZB 584/10 - LG Weiden i.d. OPf.
AG Weiden i.d. OPf.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. April 2011 durch die
Richter Dose, Weber-Monecke, Schilling, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 14. Oktober 2010 wird zurückgewiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 5 Satz 2 KostO). Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Die Betroffene wendet sich mit ihrer Rechtsbeschwerde gegen die Einrichtung der Betreuung.
2
Die 1922 geborene Betroffene erteilte zunächst im Jahr 2003 den Beteiligten zu 3 und 4 und später - unter anderem am 4. Januar 2010 - dem Beteiligten zu 1 eine Vorsorgevollmacht. Die Beteiligten zu 3 und 4 wollen die Vollmacht wegen der Ablehnung und des Misstrauens, das ihnen von der Betroffenen entgegen gebracht wird, nicht wahrnehmen.
3
Das vom Betreuungsgericht auf Anregung der Betreuungsstelle eingeholte Sachverständigengutachten ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Betroffene an einer fortgeschrittenen Demenz leide, weshalb sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung für den Beteiligten zu 1 nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Im anschließenden Anhörungstermin hat der Beteiligte zu 1 eine auf ihn ausgestellte notarielle Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung vom 10. März 2010 vorgelegt, ausweislich derer die Betroffene zum Zeitpunkt der Errichtung der Vollmacht "voll geschäftsfähig" gewesen sei.
4
Das Amtsgericht hat für die Betroffene eine Betreuung für alle Angelegenheiten inklusive Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post angeordnet und den Beteiligten zu 1 als Betreuer bestellt. Zudem hat es die Beteiligte zu 2 zur weiteren Betreuerin mit den Aufgabenkreisen "Abschluss eines Pflege- und Dienstleistungsvertrages" mit dem Beteiligten zu 1 sowie "Gegenbetreuung für den Aufgabenkreis Vermögenssorge" bestellt.
5
Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen. Den Beteiligten zu 1 hat es als Betreuer entlassen und für ihn einen anderen Betreuer bestellt. Schließlich hat es die Aufgabenkreise geändert.
6
Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
8
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
9
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.
10
a) Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung zur Anordnung der Betreuung damit begründet, dass die Betroffene geschäftsunfähig und in vollem Umfang betreuungsbedürftig sei. Die Betroffene habe bei beiden Anhörungen durch das Beschwerdegericht einen "bedauernswerten Eindruck" hinterlassen. Sie sei nicht einmal zu ihren persönlichen Verhältnissen hinreichend orientiert. Das Beschwerdegericht habe aufgrund des persönlichen Eindrucks von der Betroffenen nicht die geringsten Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens des Sachverständigen, der die Betroffene zum Untersuchungszeitpunkt im April 2010 ebenfalls sichtlich überfordert, völlig desorientiert und ratlos erlebt habe. Diese Diagnose und die daraus abgeleitete Schlussfolgerung, dass die Betroffene bereits zum Zeitpunkt 4. Januar 2010 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geschäftsunfähig gewesen sei, beruhe nicht nur auf den Untersuchungsergebnissen des Sachverständigen, sondern ergebe sich auch aus den beigezogenen Befundberichten zweier Kliniken sowie des behandelnden Hausarztes. Letzterer habe zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung eine Demenzerkrankung der Betroffenen seit ca. einem halben Jahr bekundet. Nicht nachvollziehbar sei, insbesondere auch aufgrund des persönlichen Eindrucks von der Betroffenen bei beiden Anhörungen, wie der beurkundende Notar am 10. März 2010 zu der Annahme einer "vollen Geschäftsfähigkeit" der Betroffenen gelangen und an diesem Tag nicht nur eine Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung , sondern zudem noch ein Testament der Betroffenen habe beurkunden können.
11
Letztlich sei es allerdings nicht entscheidend, ob die Vorsorgevollmachten wegen Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen unwirksam seien, wovon die Kammer überzeugt sei, und ob eine weitere Vorsorgevollmacht mit Datum 17. Mai 2009 tatsächlich an diesem Tag erstellt worden sei - was nach Auffassung der Kammer nicht der Fall sei. Die Betreuung sei schon deshalb aufrecht zu erhalten, weil die 2003 von der Betroffenen bevollmächtigten Beteiligten zu 3 und 4 - momentan - von der erteilten Vorsorgevollmacht keinen Gebrauch machen wollten und weil massive Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Beteiligte zu 1 die Vorsorgevollmacht vom 17. Mai 2009 missbrauche. Er sei bei seiner Anhörung sichtlich in Verlegenheit und Erklärungsnot geraten, als er auf den Versuch angesprochen worden sei, einen Betrag von 15.000 € vom Konto der Betroffenen abzuheben. Eine Reihe von Unregelmäßigkeiten auf Seiten des Beteiligten zu 1 kennzeichneten auch das parallele Betreuungsverfahren für den Sohn der Betroffenen, zu dessen Ersatzbetreuer der Beteiligte zu 1 bestellt worden sei. Unter Würdigung aller Umstände sei davon auszugehen, dass die Betroffene unter dem Einfluss des Beteiligten zu 1 stehe und dass dieser ein erheblich gesteigertes Interesse an den Vermögenswerten der Betroffenen habe , was diese aufgrund ihrer Situation nicht mehr erkennen und überblicken könne. Deshalb sei es zwingend erforderlich, sowohl die Betreuung aufrecht zu erhalten als auch den Beteiligten zu 1 umgehend zu entlassen und andere Betreuer für die Betroffene einzusetzen.
12
b) Die angegriffene Entscheidung hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
13
aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Einrichtung der Betreuung für erforderlich gehalten hat, obwohl Vorsorgevollmachten der Betroffenen vorliegen.
14
(1) Ein Betreuer darf nur bestellt werden, soweit die Betreuerbestellung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). Eine Betreuung ist nicht erforderlich , soweit die Angelegenheit des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Eine vom Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht hindert die Bestellung eines Betreuers aber nur, wenn gegen die Wirksamkeit der Voll- machtserteilung keine Bedenken bestehen (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 11).
15
Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers allerdings auch dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründen. Dies ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint (KG FamRZ 2010, 924, 925; OLG Zweibrücken OLGR 2006, 729, 730; Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1896 Rn. 12 mwN).
16
Dabei entscheidet der Tatrichter über Art und Umfang seiner Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht (Senatsbeschlüsse BGHZ 185, 272 = FamRZ 2010, 1060 Rn. 29 mwN und vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 13).
17
(2) Gemessen hieran ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Anordnung der Betreuung für erforderlich gehalten hat.
18
Dass die Betroffene Hilfe bei der Erledigung ihrer Angelegenheiten benötigt , stellt auch die Rechtsbeschwerde nicht in Frage. Ihr Angriff, im Hinblick auf die dem Beteiligten zu 1 erteilte Vorsorgevollmacht bestehe kein Betreuungsbedarf , geht indessen fehl.
19
Das Beschwerdegericht hat in seiner ausführlich begründeten Entscheidung im Einzelnen dargetan, warum die Vorsorgevollmacht seiner Auffassung nach der Anordnung der Betreuung nicht entgegensteht.
20
Dass es sich dabei nicht an der - den Beteiligten zu 3 und 4 erteilten - Vorsorgevollmacht aus dem Jahr 2003 gehindert gesehen hat, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil diese - jedenfalls gegenwärtig - die Vollmacht nicht wahrnehmen wollen (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1896 Rn. 12).
21
Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht eine Betreuung trotz der dem Beteiligten zu 1 erteilten Vorsorgevollmachten als erforderlich erachtet hat.
22
Ob die Einrichtung der Betreuung bereits deshalb erforderlich war, weil die Vorsorgevollmachten wegen Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen unwirksam gewesen sein könnten, wofür vieles sprechen mag, kann indes dahingestellt bleiben. Denn das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Ergebnis maßgeblich damit begründet, es bestünden "massive Anhaltspunkte" für einen Vollmachtsmissbrauch durch den Beteiligten zu 1. Dabei hat das Beschwerdegericht , das sowohl den Beteiligten zu 1 als auch die Betroffene persönlich angehört hat, im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt, wie es zu dieser Einschätzung gelangt ist.
23
Das Beschwerdegericht hat hierzu ausgeführt, dass der Erklärungsversuch des Beteiligten zu 1, wieso er bereits vier Tage nach Vorlage der Vorsorgevollmacht für die Betroffene einen Betrag von 15.000 € habe von ihrem Konto abheben wollen, wenig überzeugend gewirkt habe. Danach sei das Geld für mögliche Umbaumaßnahmen im Haus der Betroffenen gedacht gewesen, wobei der Beteiligte zu 1 habe einräumen müssen, dass keinerlei Aufträge für der- artige Maßnahmen erteilt worden seien und keine Rechnungen zur Bezahlung anstünden. Dass das Beschwerdegericht weitere Umstände herangezogen hat, die aus der Tätigkeit des Beteiligten zu 1 als Ersatzbetreuer für den Sohn der Betroffenen herrühren, ist rechtsbeschwerderechtlich ebenso wenig zu beanstanden. Danach hat er für den Sohn der Betroffenen Sozialhilfe beantragt, obwohl er hätte wissen müssen, dass dieser vermögend sei. Zudem habe der Beteiligte zu 1 über einen längeren Zeitraum die von ihm in Aussicht gestellte Sperrvereinbarung hinsichtlich des Sparkontos des Sohnes nicht überreicht. Daneben habe der Beteiligte zu 1 versucht, für Auslagen 2.000 € abzuheben, was jedoch nicht gelungen sei, weil dieser Vorgang wegen fehlender Zustimmung der Betroffenen wieder storniert worden sei. Außerdem habe er, nachdem er als Betreuer wieder entlassen worden sei, einen Betrag in Höhe von 717 € von dem für den Sohn der Betroffenen eingerichteten Girokonto abgehoben. Unter den Belegen, mit denen er seine entsprechenden Auslagen nachzuweisen versucht habe, habe sich ein Beleg über den Betrag von rund 369 € befunden, der den Beteiligten zu 3 und 4 geschuldet gewesen sei.
24
Dass das Beschwerdegericht unter Würdigung dieser Umstände zu der Annahme gelangt ist, der Beteiligte zu 1 habe ein erheblich gesteigertes Interesse an den Vermögenswerten der Betroffenen, was diese aufgrund ihrer Situation nicht mehr erkennen und überblicken könne, ist nicht zu beanstanden.
25
Mit den hiergegen gerichteten Angriffen setzt die Rechtsbeschwerde ihre Einschätzung an die Stelle der vom Beschwerdegericht vorgenommenen Tatsachenbewertung. Das ist rechtsbeschwerderechtlich ohne Belang.
26
bb) Da nach den Feststellungen des Beschwerdegericht erhebliche Zweifel an der Redlichkeit des Beteiligten zu 1 bestehen, war das Gericht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht gehalten, statt der Einrichtung ei- ner Betreuung lediglich einen Kontrollbetreuer gemäß § 1896 Abs. 3 BGB zu bestellen. Die Kontrollbetreuung dient regelmäßig als Ausgleich dafür, dass der nach Erteilung der Vollmacht geschäftsunfähig gewordene Betroffene die Vollmacht nicht mehr selbst widerrufen kann. Erforderlich ist die Kontrollbetreuung etwa, wenn besondere Schwierigkeiten in der Geschäftsführung bestehen bzw. konkrete Verdachtsmomente vorliegen, dass dem Betreuungsbedarf durch die Vollmachtserteilung nicht genügt wird. Bei erheblichen Zweifeln an der Redlichkeit des Bevollmächtigten und an der Abwendbarkeit der Vermögensgefährdung durch eine Vollmachtsüberwachungsbetreuung ist allerdings eine Vollbetreuung einzurichten (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1896 Rn. 23).
27
cc) Auch wenn es dem Wunsch der Betroffenen entsprechen sollte, von dem Beteiligten zu 1 betreut zu werden, ist es schließlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht ihn entpflichtet und an seiner Stelle einen anderen Betreuer bestellt hat.
28
Nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB hat das Betreuungsrecht einem Vorschlag des Betroffenen zur Person des Betreuers zu entsprechen, sofern die Bestellung des vorgeschlagenen Betreuers dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft. Ein solcher Vorschlag erfordert in der Regel weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Vielmehr genügt es, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Etwaigen Missbräuchen und Gefahren wird hinreichend durch die begrenzte, letztlich auf das Wohl des Betroffenen abstellende Bindungswirkung eines solchen Vorschlags begegnet (Senatsbeschlüsse vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 14 und vom 16. März 2011 - XII ZB 601/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).
29
Nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen würde die Bestellung des Beteiligten zu 1 dem Wohl der Betroffenen zuwiderlaufen. Demgemäß ist es nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht ihn als Betreuer entpflichtet hat.
Dose Weber-Monecke Schilling Günter Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Weiden i.d. OPf., Entscheidung vom 21.06.2010 - XVII 190/10 -
LG Weiden i.d. OPf., Entscheidung vom 14.10.2010 - 22 T 79/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB355/14
vom
3. Dezember 2014
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstellung eines Gutachtens
persönlich zu untersuchen. Eine Begutachtung nach Aktenlage ist
auch im Aufhebungsverfahren grundsätzlich nicht zulässig (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - XII ZB 179/14 - NJW 2014,
3445).

b) In Betreuungssachen steht das Verschlechterungsverbot der vollständigen
Aufhebung einer erstinstanzlichen Entscheidung, mit der auf Antrag des Betroffenen
der Aufgabenkreis der Betreuung oder der Umfang des Einwilligungsvorbehalts
eingeschränkt worden ist, durch das Beschwerdegericht
entgegen, wenn allein der Betroffene Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung
von Betreuung oder Einwilligungsvorbehalt eingelegt hat (Fortführung
des Senatsbeschlusses vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 280/11 - FamRZ
2014, 378).
BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 355/14 - LG Kleve
AG Kleve
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 12. Juni 2014 aufgehoben , soweit der Beschluss des Amtsgerichts Kleve vom 11. April 2014 auch in seinem den Umfang des Einwilligungsvorbehalts einschränkenden Teil aufgehoben worden ist. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Für die Betroffene wurde im April 2013 auf ihren eigenen Antrag eine umfassende Betreuung eingerichtet und ein Berufsbetreuer bestellt. Für den gesamten Aufgabenkreis war ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet und als Überprüfungstermin der 10. April 2015 bestimmt.
2
Kurze Zeit nach Betreuungserrichtung beantragte die Betroffene die Aufhebung der Betreuung. Daraufhin ordnete das Amtsgericht die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens dazu an, ob die Betreuung weiterhin erforderlich sei. Der Sachverständige versuchte wiederholt vergeblich, die Betroffene zum Zwecke der Begutachtung zu untersuchen, und erstattete schließlich sein Gutachten ausschließlich aufgrund fremdanamnestischer Erkenntnisse.
3
Mit Beschluss vom 11. April 2014 hat das Amtsgericht die Betreuung mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass sich der Einwilligungsvorbehalt nur noch auf die Vermögensangelegenheiten erstreckt, und als spätesten Überprüfungstermin den 11. April 2021 bestimmt. Auf die Beschwerde der Betroffenen, mit der diese weiterhin das Ziel der Aufhebung der Betreuung verfolgte, hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss insgesamt aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen.
4
Hiergegen richtet sich die vom Betreuer namens der Betroffenen erhobene Rechtsbeschwerde (§ 303 Abs. 4 Satz 1 FamFG). Diese hat in erster Linie zum Ziel, dass es mit Ausnahme der Verlängerung der Überprüfungsfrist bei der amtsgerichtlichen Entscheidung bleibt; hilfsweise begehrt die Rechtsbeschwerde , dass die Beschwerdeentscheidung jedenfalls insoweit aufgehoben wird, als mit ihr die Teilaufhebung des Einwilligungsvorbehalts aufgehoben worden ist.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet.
6
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, das erstinstanzliche Verfahren leide an einem wesentlichen Mangel. Das Sachverständigengutachten , auf das sich das Amtsgericht stütze, sei unbrauchbar, weil es den gesetzlichen Anforderungen nicht genüge. Entgegen § 280 Abs. 2 FamFG habe der Sachverständige die Betroffene nicht vor der Gutachtenserstattung persönlich untersucht oder befragt. Statt sein Gutachten auf fremdanamnestischer Grundlage zu erstellen, hätte er sich an das Gericht wenden müssen, als offenkundig geworden sei, dass die Betroffene sich nicht zur Begutachtung einfinden werde.
7
Bei der Verwertung des Gutachtens handele es sich auch nicht um einen (bloß) einfachen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht. Nachdem in dem angefochtenen Beschluss nicht nur die Aufhebung der Betreuung abgelehnt, sondern überdies die Betreuung verlängert worden sei, habe das Amtsgericht gemäß § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG ein dem § 280 FamFG genügendes Gutachten einholen müssen. Angesichts der Einschränkung des Einwilligungsvorbehalts könne nicht von einem unveränderten Bedürfnis im Sinn des § 295 Abs. 1 Satz 2 FamFG ausgegangen werden. Zudem genüge das Gutachten auch nicht den Anforderungen an ein ärztliches Zeugnis, weil die Betroffene entgegen §§ 281 Abs. 2, 280 Abs. 2 FamFG nicht persönlich untersucht oder befragt worden sei.
8
Der Verfahrensfehler mache eine umfangreiche bzw. aufwändige Beweiserhebung notwendig. Aufhebung und Zurückverweisung seien geboten, weil der Betroffenen keine Instanz genommen werden solle, zumal sie selbst Zurückverweisung beantragt habe. Das Verschlechterungsverbot stehe der vollständigen Aufhebung nicht entgegen. Bei Verfahrensverstößen sei eine Aufhebung und Zurückverweisung selbst dann in vollem Umfang zulässig, wenn der Rechtsmittelführer ausdrücklich nur die Aufhebung des für ihn ungünstigen Teils der angefochtenen Entscheidung beantragt habe. Die Betroffene habe sogar vollständige Aufhebung und Zurückverweisung beantragt. Dem Willigen geschehe kein Unrecht und das Verböserungsverbot gelte im Betreuungsverfahren ohnehin nicht uneingeschränkt.
9
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
10
a) In rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Beschwerdegericht die Verwertung des im ersten Rechtszug eingeholten Sachverständigengutachtens als verfahrensfehlerhaft angesehen und die Voraussetzungen einer Zurückverweisung nach § 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG als gegeben erachtet hat.
11
aa) Zwar ordnet § 294 FamFG für das Aufhebungsverfahren die Geltung der §§ 278 Abs. 1, 280 FamFG, die die persönliche Anhörung des Betroffenen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens vorschreiben, nicht an. Es verbleibt insoweit bei den allgemeinen Verfahrensregeln und damit bei den Grundsätzen der Amtsermittlung nach § 26 FamFG, so dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Aufhebungsverfahren nichtobligatorisch ist. Wenn das Gericht aber - wie hier - ein Sachverständigengutachten einholt und seine Entscheidung auf dieses stützt, dann muss das Gutachten den formalen Anforderungen des § 280 FamFG genügen (Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - XII ZB 179/14 - NJW 2014, 3445 Rn. 8 f. mwN).
12
Schon aus diesem Grund - und unbeschadet des Umstandes, dass das Amtsgericht auch über eine Verlängerung der Betreuung entschieden hat - bleibt der von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rüge der Erfolg versagt, das Beschwerdegericht habe zu Unrecht den Maßstab des § 280 FamFG angelegt, weil Ausgangspunkt des Verfahrens ein Aufhebungsantrag der Betroffenen gewesen sei.
13
bb) Gemäß § 280 Abs. 2 Satz 1 FamFG hat der Sachverständige den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Ein ohne die erforderliche persönliche Untersuchung erstattetes Sachverständigengutachten ist grundsätzlich nicht verwertbar. Die Weigerung des Betroffenen, einen Kontakt mit dem Sachverständigen zuzulassen, ist für sich genommen kein hinreichender Grund, von einer persönlichen Untersuchung durch den Sachverständigen abzusehen. Wirkt der Betroffene an einer Begutachtung nicht mit, so kann das Gericht - abgesehen vom Ausnahmefall, dass die Vorführung außer Verhältnis zum Verfahrensgegenstand steht - gemäß § 283 Abs. 1 und 3 FamFG seine Vorführung anordnen (Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - XII ZB 179/14 - NJW 2014, 3445 Rn. 10 f., 16 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 120/14 - FamRZ 2014, 1543 Rn. 15 f.).
14
cc) Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des Amtsgerichts nicht gerecht. Wie das Landgericht im Einzelnen dargelegt hat, hat der Sachverständige die Betroffene nicht persönlich untersucht. Das Beschwerdegericht hat auch zutreffend erkannt, dass die Erkenntnisquellen des Sachverständigen - schriftliche Äußerungen der Betroffenen, Vorgutachten einer anderen Sachverständigen , Gespräche mit Dritten (Betreuer, Behandler, sonstigen Personen) und Akteninhalt - die persönliche Untersuchung der Betroffenen nicht zu ersetzen vermögen. Das Amtsgericht hätte deswegen erwägen müssen, die Betroffene zur gutachterlichen Untersuchung vorführen zu lassen.
15
Dabei hängt die Erstattung des Gutachtens im Ergebnis allerdings nicht davon ab, dass ein verbaler Kontakt zwischen dem Betroffenen und dem Sachverständigen hergestellt werden kann. Der Sachverständige ist nicht gehindert, im Fall einer durch den Betroffenen verweigerten Kommunikation aus dessen Gesamtverhalten in Verbindung mit anderen Erkenntnissen Schlüsse auf ein bestimmtes Krankheitsbild zu ziehen (Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - XII ZB 179/14 - NJW 2014, 3445 Rn. 13).
16
dd) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Beschwerdegericht die Voraussetzungen einer Zurückverweisung gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG bejaht hat.
17
In der Verwertung des nicht den gesetzlichen Anforderungen genügenden Sachverständigengutachtens liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel. Von einem solchen ist auszugehen, wenn der Fehler so eindeutig und erheblich ist, dass das Verfahren keine ordnungsgemäße Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann (vgl. BGH Urteile vom 26. September 2002 - VII ZR 422/00 - NJW-RR 2003, 131 und vom 22. Mai 2001 - VI ZR 74/00 - NJW 2001, 2550). Dies ist bei einer Verletzung der Verfahrensbestimmung des § 280 Abs. 2 FamFG, die der umfassenden Sachverhaltsaufklärung dient, der Fall (Jürgens/Kretz Betreuungsrecht 5. Aufl. § 69 Rn. 9; vgl. auch Musielak/ Borth/Grandel FamFG 4. Aufl. § 69 Rn. 3; Keidel/Sternal FamFG 18. Aufl. § 69 Rn. 15 b; MünchKommFamFG/Fischer 2. Aufl. § 69 Rn. 43).
18
Der nach § 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG erforderliche Zurückverweisungsantrag war (durch die Betroffene) gestellt. Dass es einer aufwändigen Beweiserhebung bedarf, wird von der Rechtsbeschwerde nicht angezweifelt.
19
b) Rechtsfehlerhaft ist die angegriffene Entscheidung hingegen, soweit das Beschwerdegericht den Beschluss des Amtsgerichts auch hinsichtlich des den Einwilligungsvorbehalt einschränkenden Teils aufgehoben hat. Die Rechtsbeschwerde rügt mit Recht, dass dies einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot darstellt.
20
aa) Die Rechtsbeschwerde macht im Ergebnis zutreffend geltend, dass die Betroffene den amtsgerichtlichen Beschluss nur insoweit mit der Beschwerde angegriffen hatte, als ihrem Aufhebungsantrag nicht entsprochen worden war.
21
Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung steht dem Betroffenen grundsätzlich allerdings auch gegen eine Entscheidung, mit der der Aufgabenkreis der Betreuung eingeschränkt oder die Betreuung sogar aufgehoben wird, das Recht der Beschwerde gemäß § 59 Abs. 1 FamFG zu, wenn er die Aufrechterhaltung der Betreuung anstrebt (Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 59 Rn. 76; vgl. zur Beschwerdebefugnis des Betroffenen bei Ablehnung der Betreuungsanordnung Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 519/13 - FamRZ 2014, 652 Rn. 8). Durch die Aufhebung der Betreuung wird der Betroffene in seinen Rechten beeinträchtigt, weil er die ihm vom Staat in Form von Rechtsfürsorge gewährte soziale Leistung verliert (OLG München FamRZ 2007, 743). Gleiches gilt bei der (Teil-)Aufhebung des Einwilligungsvorbehalts (Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 59 Rn. 76; vgl. auch BayObLG NJWE-FER 2000, 152).
22
Vorliegend hatte die Betroffene - wie auch das Beschwerdegericht erkannt hat - die Beschwerde jedoch ausschließlich mit dem Ziel eingelegt, dass die Betreuung zur Gänze aufgehoben werden sollte. Indem die anwaltlich vertretene Betroffene nach Ablauf der Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG auf Hinweis des Beschwerdegerichts Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache beantragte, liegt dem ersichtlich keine Änderung des mit dem Rechtsmittel letztlich verfolgten Begehrens zugrunde. Der neue Antrag bezog sich allein auf den mit der Beschwerde angegriffenen Teil des amtsgerichtlichen Beschlusses, mit dem eine Aufhebung von Betreuung und Einwilligungsvorbehalt abgelehnt worden war.
23
bb) Indem das Beschwerdegericht gleichwohl - ausdrücklich - die gesamte erstinstanzliche Entscheidung und damit auch deren den Einwilligungsvorbehalt einschränkenden Teil aufgehoben hat, hat es gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen.
24
Zwar tritt das Beschwerdegericht in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts (§ 68 Abs. 3 FamFG) und entscheidet unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu. Dabei ist die Entscheidungskompetenz des Beschwerdegerichts jedoch durch den Beschwerdegegenstand begrenzt; das Beschwerdegericht darf nur insoweit über eine Angelegenheit entscheiden, als sie in der Beschwerdeinstanz angefallen ist. Aus diesem Grund ist eine Erweiterung des Aufgabenkreises im Beschwerdeverfahren von vornherein wegen des Verschlechterungsverbots unzulässig, wenn allein der Betroffene gegen die Betreuerbestellung Beschwerde eingelegt hat (Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 280/11 - FamRZ 2014, 378 Rn. 9 f. mwN).
25
Ebenso verhält es sich, wenn das Betreuungsgericht auf einen Aufhebungsantrag des Betroffenen den Aufgabenkreis des Betreuers oder auch den Umfang des Einwilligungsvorbehalts einschränkt und nur der Betroffene mit dem Ziel Beschwerde einlegt, eine Aufhebung auch im Übrigen zu erreichen. In diesem Fall erwächst die erstgerichtliche Entscheidung mit Ablauf der Rechtsmittelfrist in formeller Rechtskraft, soweit durch sie die Betreuung oder der Einwilligungsvorbehalt in Wegfall kommt, so dass die Betreuung in diesem Umfang nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens wird und es dem Beschwerdegericht insoweit an der Entscheidungskompetenz fehlt.
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Zu Unrecht stützt sich das Beschwerdegericht für seine gegenteilige Rechtsauffassung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es im Einzelfall - etwa aufgrund der nach früherem Recht vorgeschriebenen Einheitlichkeit der Entscheidung über den Versorgungsausgleich oder "um den Prozess in die richtige Lage zu bringen" - zulässig sein kann, dass das Revisionsgericht bei Verfahrensfehlern das Berufungsurteil auch dann in seinem ganzen Umfang aufhebt, wenn sich der Revisionsantrag nur auf den dem Revisionskläger ungünstigen Teil beschränkt (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Mai 1989 - IVb ZB 28/88 - FamRZ 1989, 957, 958 und BGH Urteil vom 14. Juli 1961 - VIII ZR 121/60 - NJW 1961, 1813, 1814).
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Der Bundesgerichtshof hat auch in diesen Fällen den durch das Verbot der reformatio in peius gewährten Schutz vor einer Verschlechterung betont, der dann dadurch gewahrt wird, dass die Vorinstanz bei der erneuten Entscheidung nicht zum Nachteil des Rechtsmittelführers von der Ausgangsentscheidung abweichen darf. Die dabei entschiedenen Konstellationen sind mit der vorliegenden jedoch nicht vergleichbar. Die hier vom Beschwerdegericht ausgesprochene Aufhebung auch des den Umfang des Einwilligungsvorbehalts einschränkenden Teils der amtsgerichtlichen Entscheidung führt unmittelbar zu einer reformatio in peius für die Betroffene, die die vollständige Aufhebung der Betreuung erstrebt. Denn der Einwilligungsvorbehalt besteht ab der Beschwerdeentscheidung wieder in vollem Umfang jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine erneute erstinstanzliche Entscheidung ergeht, durch die für die Zwischenzeit keine Abhilfe geschaffen werden kann. Dies ist unvereinbar mit dem Verschlechterungsverbot.
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3. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben, soweit das Beschwerdegericht seine Entscheidungskompetenz überschritten und dadurch gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen hat. Auf diese Weise wird die den Einwilligungsvorbehalt einschränkende Entscheidung des Amtsgerichts wieder hergestellt.
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Im Übrigen ist die Beschwerdeentscheidung hingegen rechtlich nicht zu beanstanden, so dass die Rechtsbeschwerde insoweit zurückzuweisen ist. Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Kleve, Entscheidung vom 11.04.2014 - 18 XVII 740/12 -
LG Kleve, Entscheidung vom 12.06.2014 - 4 T 441/14 -

(1) Für die Aufhebung der Betreuung oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts und für die Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers oder des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen gilt § 279 Absatz 1, 3 und 4 sowie § 288 Absatz 2 Satz 1 entsprechend. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Hat das Gericht nach § 281 Absatz 1 von der Einholung eines Gutachtens abgesehen, ist dies nachzuholen, wenn ein Antrag des Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung oder Einschränkung des Aufgabenkreises erstmals abgelehnt werden soll.

(3) Über die Aufhebung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, hat die erstmalige Entscheidung über ihre Aufhebung spätestens zwei Jahre nach der Anordnung zu erfolgen.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.