Landgericht Wuppertal Urteil, 25. März 2015 - 13 O 45/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger und der nunmehr alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer Locherer der Beklagten waren bis zum 31.12.2013 Gesellschafter der zweigliedrigen Beklagten mit einem Geschäftsanteil von je 12.500 EUR bei einem Stammkapital der Beklagten von 25.000 EUR.
3Mit der Gründung der Gesellschaft im Jahre 2011 wurden beide Gesellschafter zudem zu Geschäftsführern mit Einzelvertretungsbefugnis und befreit von den Beschränkungen des § 181 BGB bestellt.
4In der Satzung, bezüglich deren weiteren genauen Inhalts auf die Anl. B2 zur Klageerwiderung verwiesen wird, heißt es In Abschnitt XIII unter anderem:
5„1. Gesellschafterbeschlüsse werden in Gesellschafterversammlungen am Sitz der Gesellschaft gefasst, falls nicht alle Gesellschafter mit einer Beschlussfassung in anderer Form oder an einem anderen Ort einverstanden sind.
62.
7Die Gesellschafterversammlung wird von den Geschäftsführern einberufen. Jeder Geschäftsführer ist allein einberufungsberechtigt. Die Einberufung erfolgt durch eingeschriebenen Brief an jeden Gesellschafter unter Angabe der Tagesordnung mit einer Frist von mindestens zwei Wochen. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung muss erfolgen, wenn ein Gesellschafter dies verlangt.“
8In VIII der Satzung heißt es: „(…) 2. Die Gesellschaft kann von jedem Gesellschafter mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres gekündigt werden (…). 3. Die Kündigung hat nicht die Auflösung der Gesellschaft zur Folge, sondern das Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters gemäß Abschnitte XI. 3, XI. 4 und XII. der Satzung.“ In XI. 3. der Satzung ist bestimmt: „ Der zum Ausscheiden verpflichtete Gesellschafter muss seinen Anteil an den oder die anderen Gesellschafter im Verhältnis deren Geschäftsanteile abtreten. (…) Der zum Ausscheiden verpflichtete Gesellschafter verliert im Falle der Kündigung seine Gesellschafterstellung mit Wirksamwerden seiner Kündigung, in allen anderen Fällen mit Beschlussfassung, unabhängig von der Zahlung der Abfindung und der Freistellung.“
9Der Kläger legte sein Geschäftsführeramt mit Wirkung zum 31.12.2013 nieder. Die Änderung wurde unter dem 28.2.2014 im Handelsregister eingetragen.
10Zudem kündigte er die Gesellschaft fristgerecht zum 31.12.2013. In der Liste beim Handelsregister ist der Kläger als Gesellschafter noch nicht ausgetragen, weil er sich dagegen wehrt. Zwischenzeitlich beschloss das Handelsregister, bis zum Abschluss der endgültigen Klärung durch das Landgericht Wuppertal diesbezüglich keinerlei Eintragungen vorzunehmen.
11Mit vorliegender Klage begehrt der Kläger, den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 22.04. 2014 – zu der der Kläger nicht geladen worden war – betreffend die Feststellung des Jahresabschlusses der Beklagten zum Geschäftsjahr vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2012 für nichtig zu erklären.
12Der Kläger trägt vor, ihm sei weder der Jahresabschluss 2012 vorgelegt worden noch habe er ihn betreffende Unterlagen, insbesondere die Bilanz und die Gewinn-Verlustrechnung nebst Anhang und den Lagebericht erhalten oder vorgelegt bekommen.
13Zu der Gesellschafterversammlung habe er zwingend geladen werden müssen, da er bis heute – wie unstreitig ist – in der Liste der Gesellschafter der Beklagten beim Registergericht verzeichnet sei. Darüber hinaus betreffe ihn dieser Beschluss unmittelbar wirtschaftlich und er sei auch unter diesem Gesichtspunkt zwingend zu der Gesellschafterversammlung zu laden gewesen, da er ansonsten im Hinblick auf die Gewinnverwendung, die weitere Kapitalausstattung der Gesellschaft und das zu erwartende Ergebnis der Bewertung seines Geschäftsanteils benachteiligt werde.
14Er beantragt,
15den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 22.4.2014 betreffend die Feststellung des Jahresabschlusses der Beklagten zum Geschäftsjahr vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2012 für nichtig zu erklären.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie behauptet, dem Kläger seien Einsichtsrechte gewährt worden.
19Sie meint, zu der Gesellschafterversammlung habe der Kläger nicht mehr geladen werden müssen.
20Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die zulässige Klage ist unbegründet.
23Eine erfolgreiche Anfechtung des beanstandeten Beschlusses analog § 246 AktG scheitert bereits daran, dass der Kläger insoweit nicht mehr aktivlegitimiert ist.
24Klagebefugt ist insoweit nämlich in der Regel nur ein Gesellschafter der GmbH. Der Kläger hat indes seine Gesellschafterstellung mit Ablauf des 31.12.2013 infolge der von ihm erklärten Kündigung verloren. Die Satzung der Beklagten bestimmt insoweit nämlich, dass die Kündigung eines Gesellschafters nicht etwa die Auflösung der Gesellschaft, sondern das Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters gemäß der Abschnitte XI.3., XI.4. und XII der Satzung zur Folge hat. Hierin ist aber geregelt, dass der zum Ausscheiden verpflichtete Gesellschafter im Falle der Kündigung seine Gesellschafterstellung mit Wirksamwerden seiner Kündigung verliert. Da die Kündigung des Klägers zum 31.12.2013 wirksam wurde, hat er mit Ablauf dieses Tages auch seine Gesellschafterstellung verloren. Weiter ist in der Satzung unter XI.3. ausdrücklich geregelt, dass der Verlust der Gesellschafterstellung mit Wirksamwerden der Kündigung insbesondere auch unabhängig von der Zahlung der Abfindung, die in XII. der Satzung geregelt ist, eintreten soll. Dass es noch irgendeiner besonderen Umsetzung der Kündigungs- und damit Austrittsentscheidung bedürfe, ergibt sich aus der Satzung in keiner Weise.
25Soweit der Kläger meint, dass dies nur bei geordneten Verhältnissen in der Gesellschaft gelten solle, bzw., dass es rechtsmissbräuchlich sei, wenn der verbleibende Gesellschafter sich auf die Ausscheidensklausel der Ziffer XI.3. berufe, ist dem angesichts der eindeutigen Regelungen in der Satzung, die die beiden Gesellschafter bei Gründung der GmbH in Kenntnis und Bewusstsein, dass es sich um eine zweigliedrige GmbH handeln wird, dennoch eigens so gewählt haben, nicht zu folgen.
26Zudem ist auch schon lange höchstrichterlich entschieden, dass selbst dann, wenn die Gesellschaft nichts dazu tut, dass der Ausgeschlossene den Gegenwert seines Geschäftsanteils erlangt, die Gesellschafterstellung des Betroffenen dadurch nicht etwa wieder auflebt (vergleiche etwa BGH, II ZR 22/59, Urteil vom 25.1.1960; II ZR 263/07, Beschluss vom 8.12.2008). Soweit der Kläger schließlich meint, es sei unbillig, wenn ihm nach seinem Ausscheiden die Entscheidung über einen in der Vergangenheit liegenden, noch aus einem ungekündigten Gesellschaftszeitraum herrührenden Jahresabschluss und dessen Verwendung genommen werden könne, ist dem aus den genannten Gründen ebenfalls nicht zu folgen, zumal er etwaige Einwendungen im Rahmen der Auseinandersetzung über die Höhe seines Abfindungsanspruchs geltend machen könnte.
27Entgegen seiner Ansicht kann der Kläger sich auch nicht auf eine Legitimationswirkung nach § 16 GmbHG berufen. Zwar ist dem Kläger insoweit zuzugeben, dass nach Aufnahme der Liste in das Handelsregister in der Regel eine unwiderlegliche Vermutung der Berechtigung der in der Gesellschafterliste Eingetragenen besteht. Indes ist eine Grenze dieser Legitimationswirkung jedenfalls dann zu ziehen, wo derjenige, der sich auf die Liste beruft, Fehler der Liste selbst zu verantworten hat. Der Kläger hat den Vortrag der Beklagten, dass er sich gegen eine Berichtigung der Liste beim Handelsregister gewehrt habe, unwidersprochen gelassen. Da er aber zum 31.12.2013 seine Gesellschafterstellung verloren hatte, wäre er gehalten gewesen, der entsprechenden Anmeldung zum Handelsregister nicht zu widersprechen. Hat er aber selbst seine Streichung aus der Gesellschafterliste verzögert, ist es nunmehr rechtsmissbräuchlich, sich auf die Legitimationswirkung derselben zu berufen.
28Soweit die Klage als allgemeine Feststellungsklage im Sinne von § 256 ZPO zu behandeln wäre, wäre sie jedenfalls auch unbegründet. Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass der angefochtene Beschluss unter schweren Mängeln leide, da er nicht zu der Gesellschafterversammlung geladen worden sei und demnach auch nicht als Gesellschafter über die Grundlagen des Jahresabschlusses zur vorab hinreichend informiert worden sei, trägt dies nicht, da der Kläger zum Zeitpunkt der Gesellschafterversammlung im April 2014, wie oben dargelegt, nicht mehr Gesellschafter war und auch nicht als solcher zu behandeln war. Zu anderen inhaltlichen Mängeln, die zu einer Nichtigkeit des beanstandeten Beschlusses führen könnten, hat der Kläger nicht hinreichend vorgetragen.
29Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
30Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien boten keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
31Streitwert: 49.610,27 EUR.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Wuppertal Urteil, 25. März 2015 - 13 O 45/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Wuppertal Urteil, 25. März 2015 - 13 O 45/14
Referenzen - Gesetze
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Die Klage muß innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden.
(2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied, wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat, klagt ein Aufsichtsratsmitglied, wird sie durch den Vorstand vertreten.
(3) Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. § 148 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 statt. Die Gesellschaft kann unmittelbar nach Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 eine eingereichte Klage bereits vor Zustellung einsehen und sich von der Geschäftsstelle Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.
(4) Der Vorstand hat die Erhebung der Klage unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Ein Aktionär kann sich als Nebenintervenient nur innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung an der Klage beteiligen.
(1) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.
(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.
(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.