Landgericht Stuttgart Urteil, 12. Jan. 2005 - 9 Ks 111 Js 37621/04

bei uns veröffentlicht am12.01.2005

Tenor

Der Angeklagte wird wegen Totschlags in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

 
Der Angeklagte hat in der Nacht vom 09. auf 10. April oder 10. auf 11. April 2004 seine ehemalige Lebensgefährtin O.G. in deren Wohnung in B. durch Ersticken vorsätzlich getötet. Im Anschluss daran tötete er auf dieselbe Weise den gemeinsamen knapp 2 ½ Jahre alten Sohn K..
Noch in derselben Nacht fuhr er die beiden Leichen im Kofferraum seines PKWs nach N., wo er sie mit 31 kg schweren Bakenfüßen beschwert im Neckar versenkte.
I. Der Angeklagte wurde am 9. September 1977 in K./K. geboren.
Er wuchs im Elternhaus auf. Seine Mutter und sein Vater sind ausgebildete Schweißer. Die Mutter ist bis heute in diesem Beruf tätig. Sein Vater hatte als Direktor einer Gesellschaft im Bauwesen eine angesehene Stellung. Sein Vater ist deutschstämmig, seine Mutter Russin.
Der Angeklagte hat zwei Geschwister, den vier Jahre älteren Bruder V.H. und die vier Jahre jüngere Schwester E.H..
Als der Angeklagte 7-8 Jahre alt war, trennten sich seine Eltern. Sein Vater hatte eine neue Frau kennengelernt, L.T., mit der er zusammenlebte. Aus dieser Beziehung ging die am 11. Januar 1987 geborene Halbschwester des Angeklagten, V.H., hervor. Sein Vater und L.T. heirateten im Jahr 2000. Seine Mutter blieb alleinstehend.
Nach der Trennung seiner Eltern blieb der Angeklagte - wie auch seine Geschwister - bei der Mutter. Da die Mutter voll berufstätig war, wurde die Erziehung des Angeklagten teilweise von den Großeltern und dem älteren Bruder übernommen. Zu seinem Vater hatte er weiterhin regelmäßig Kontakt. In dem mütterlichen Haushalt wurde eine kleine Landwirtschaft mit Tierzucht betrieben, in der der Angeklagte mithalf.
Der Angeklagte besuchte den Kindergarten und wurde altersentsprechend 1983/1984 eingeschult. Die Schule schloss er 1992/1993 nach der achten Klasse - die zweite Klasse hatte er wiederholen müssen - erfolgreich ab.
Danach erlernte er in einer 2-jährigen Ausbildung den Beruf eines Maschinisten, zu dessen Berufsbild die fachmännische Nutzung und Reparatur von Lkws und landwirtschaftlichen Geräten gehörte. Parallel zu der Ausbildung besuchte er eine Berufsschule, wo er den Abschluss der zehnten Klasse erreichte.
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Nach Abschluss seiner Berufsausbildung im Jahr 1995 arbeitete der Angeklagte - eine Arbeit als Maschinist wäre weniger lukrativ gewesen - als Tierzüchter und Fleischverkäufer auf dem Markt. Seine Tätigkeit verschaffte ihm ein gutes und gesichertes Auskommen. Ein Zubrot verdiente er sich dadurch, dass er gelegentlich nach Deutschland reiste und Fahrzeuge nach Kirgisien überführte.
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Durch den allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang der ehemaligen Sowjetrepubliken wurde jedoch auch seine wirtschaftliche Lage schwieriger. 1999 - einige Monate vor seiner Übersiedlung nach Deutschland - arbeitete er als Chauffeur in dem Betrieb seines Vaters.
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Im Jahr 2000 siedelte der Angeklagte zusammen mit seinem Vater und seinen Geschwistern nach Deutschland über. Die zweite Ehefrau seines Vaters und deren gemeinsame Tochter V. kamen kurze Zeit später nach. Nach kurzfristigen Aufenthalten in Übergangswohnheimen kamen sie Ende 2000 in ein Wohnheim nach H.. Dort lernte er in der Folgezeit auch O.G. kennen, die ihm am 30.11.2001 den gemeinsamen Sohn K. H. gebar.
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Da der Angeklagte der deutschen Sprache nicht mächtig war, besuchte er - allerdings ohne größeren Erfolg - einen Sprachkurs. Über das Arbeitsamt wurde dem Angeklagten ein 3-monatiger Fahrschulkurs und der Erwerb des Lkw-Führerscheins finanziert. Danach absolvierte er als Fahrer ein 2-monatiges Praktikum bei der Firma DCH und wurde anschließend in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen. Nach 2-jähriger Tätigkeit bei der Firma DCH wurde dem Angeklagten - aufgrund eines von ihm verschuldeten Unfalles - fristlos gekündigt.
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Nach kurzfristiger Arbeitslosigkeit fand der Angeklagte erneut eine Anstellung als Lkw-Fahrer bei der Firma V., einer Speditionsfirma in H.. Seine Fahrten führten ihn durch das gesamte Bundesgebiet. Nach 8-monatiger Tätigkeit wurde ihm im September 2003 auch diese Stelle - wiederum wegen eines von ihm verschuldeten Unfalles - fristlos gekündigt. Danach wurde er wieder bei seinem früheren Arbeitgeber, der Firma DCH, eingestellt, wobei er lediglich als Springer bzw. Ersatzfahrer bei einer Auftragsfirma, der Firma CW in G., eingesetzt wurde. Auch für diese Firma war er im gesamten Bundesgebiet unterwegs. Dort war er bis zum 15. April 2004 beschäftigt.
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Anschließend war er - bis zu seiner Festnahme - bei der Firma C. in S. als Lkw-Fahrer beschäftigt. Der Angeklagte verdiente zuletzt 1.900,-- Euro netto. Schulden hat der Angeklagte nicht.
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Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
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Er wurde in dieser Sache am 23. April 2004 vorläufig festgenommen. Aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts S. vom 24. April 2004, der durch den Haftbefehl des Amtsgerichts S. vom 6. Juli 2004 ersetzt wurde, befindet er sich seit 24. April 2004 ununterbrochen in Untersuchungshaft.
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II. Die Beziehung des Angeklagten zu O.G. und dem gemeinsamen Sohn K. H.
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O.G. wurde am 7. November 1977 in L./R. geboren. Sie wuchs dort im Elternhaus mit fünf Geschwistern auf.
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O.G. heiratete in Russland zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt A.G.. Aus dieser Ehe ging die am 20. Juni 1998 geborene Tochter K. hervor. 1999/2000 entschloss sich das Ehepaar gemeinsam mit der Familie ihres Ehemanns - dessen Mutter N.N., deren zweiten Ehemann A.K., sowie deren Eltern M. und A.N. - nach Deutschland überzusiedeln. Die Familie von O.G. blieb in Russland. O.G. besaß ausschließlich die russische Staatsangehörigkeit.
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In Deutschland wohnte O.G. mit ihrer Familie anfangs in dem Wohnheim in H.. Im Jahr 2000 verstarb ihr Ehemann A.G., der drogenabhängig war.
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Ende 2000 lernten sich der Angeklagte und O.G. im Wohnheim in H. kennen. O.G. gefiel dem Angeklagten. Sie war eine eigenständige Frau, die den Angeklagten äußerlich ansprach. Sowohl der Angeklagte als auch O.G. waren einer Beziehung nicht abgeneigt. Die Angehörigen des Angeklagten - insbesondere sein Vater und sein Bruder - waren gegen die sich in der Folgezeit entwickelnde Beziehung, sie waren der Meinung, dass O.G. nicht die richtige Frau für den Angeklagten sei.
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Anfang 2001 wurde O.G. von dem Angeklagten schwanger. Als der Angeklagte von der Schwangerschaft erfuhr, stand er der Vaterschaft zunächst ablehnend gegenüber. Eine Abtreibung kam jedoch nicht in Frage. Der Angeklagte fand sich mit der Situation ab und versuchte, mit O.G. zusammenzuleben. Dies gestaltete sich jedoch schwierig. Es kam immer wieder zu Streitigkeiten zwischen ihnen. Streitpunkte waren u.a., dass O.G. - teilweise massiv - dem Alkohol zusprach und mit anderen Männern verkehrte, aber auch, dass O.G. den Angeklagten verdächtigte, mit anderen Frauen zu verkehren.
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Am 30. November 2001 kam der gemeinsame Sohn K. H. zur Welt. Der Angeklagte hatte anfangs Zweifel, ob das Kind von ihm sei. Da ihm das Kind aber ähnlich sah, erkannte er die Vaterschaft an. O.G., die ohne das Kind des deutschstämmigen Angeklagten ausgewiesen worden wäre, konnte nun in Deutschland bleiben.
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Der Angeklagte sah seinen Sohn - auch berufsbedingt - nur sehr selten. Er konnte mit dem Säugling nicht viel anfangen und hatte nur wenig Interesse an ihm.
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Die Beziehung des Angeklagten zu O.G. blieb spannungs- und streitbeladen. Meinungsverschiedenheiten und gegenseitige Vorwürfe in der Erziehung von K. kamen jetzt noch als Streitpunkte hinzu.
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Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2002 zog O.G. mit ihren beiden Kindern, K. und K., in eine 2-Zimmer-Wohnung nach B., V.G..
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O.G. war in Deutschland nicht berufstätig und erhielt zu ihrem Lebensunterhalt Sozialhilfe. Der Angeklagte zahlte für K. Alimente von ca. 200,-- Euro monatlich. Zudem unterstützte er O.G. finanziell bei dem Kauf von Einrichtungsmobiliar für die neue Wohnung. In der Erziehung und Betreuung der Kinder - K. ging vormittags in den Kindergarten - wurde sie hauptsächlich von ihrer Schwiegermutter und deren Ehemann A.K. unterstützt, die ebenfalls in B. wohnhaft waren. Auch die Eltern von N.N., M. und A.N., die in demselben Gebäude wie O.G. wohnten, halfen ihr gelegentlich. O.G. war ansonsten alleinerziehend. Sie war eine sorgsame Mutter, die eine gut Beziehung zu ihren Kindern hatte. K. war in seiner geistigen Entwicklung verzögert, er konnte - bis zuletzt - nicht sprechen. Daher wandte sich O.G. ihm im Besonderen zu. Im Gegensatz zu K., die regelmäßig an den Wochenenden bei ihren Großeltern war, blieb K. durchweg bei seiner Mutter, da sie ihn nicht allein lassen wollte. Mit K. kam es gelegentlich zu den - in ihrem Alter typischen - Erziehungsstreitigkeiten. Dabei riss O.G. hin und wieder der Geduldsfaden und ihr „rutschte die Hand aus“. Gegenüber K. wurde sie nie handgreiflich.
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Der Angeklagte blieb zunächst, nachdem O.G. mit den Kindern ausgezogen war, im Wohnheim in H. wohnen. Ende 2002/Anfang 2003 - zuvor hatte er für kurze Zeit eine Wohnung in D. - zog er in eine Wohnung nach H./K., O.-Str., wo er bis zuletzt wohnhaft war.
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Das Verhältnis des Angeklagten zu seinem Sohn war oberflächlich. Er sah seinen Sohn weiterhin nur selten. An Geburtstagen und Weihnachten machte er ihm Geschenke und half O.G. bei der Vorbereitung der Feiern. Ansonsten zeigte er nur wenig Interesse an K., er war ihm eigentlich egal.
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Mit O.G. pflegte er weiterhin eine sexuelle Beziehung. Er besuchte sie in regelmäßigen Abständen und blieb bei ihr über Nacht. Zeitweise wohnte er auch bei ihr, aber nie für längere Zeit, da es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen ihnen kam. O.G. machte dem Angeklagten Vorwürfe, dass er sich nur wenig um sie und K. kümmere, auf ihn kein Verlass sei und er komme und gehe, wie es ihm gefalle.
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Der Angeklagte hatte Ende des Jahres 2003 von den Streitigkeiten mit O.G. genug und beendete zum Jahreswechsel 2003/2004 die Beziehung.
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Anfang 2004 hatte der Angeklagte über Wochen keinen Kontakt zu O.G., bis diese bei dem Angeklagten wieder mehrfach anrief und - teils unter Vorwänden, dass K. krank sei, ihm die Haare geschnitten werden müssten oder er Besorgungen für sie machen müsse - ihn dazu brachte, sie wieder zu besuchen. Ende Februar 2004 nahmen der Angeklagte und O.G. ihre sexuelle Beziehung wieder auf.
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Im März 2004 lernte O.G. den damals 23-jährigen A.R. kennen und ging mit ihm eine intime Beziehung ein. A.R. war Anfang März 2004 in eine Wohnung in der V.G. eingezogen. O.G. fand schnell Gefallen an ihm. A.R. war hilfsbereit, zuverlässig und kümmerte sich liebevoll um die Kinder.
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Auch der Angeklagte lernte Anfang März 2004 eine neue Partnerin kennen, die 1984 geborene, aus Weißrussland stammende A.V.. Diese wohnte und arbeitete als Au-pair-Mädchen bei einer Gastfamilie in H.. Zwischen ihnen entwickelte sich schnell eine intime Beziehung. Der Angeklagte verbrachte seine Freizeit überwiegend mit ihr. An den Wochenenden wohnte sie bei ihm, unter der Woche holte er sie zumeist nach der Arbeit ab und sie verbrachten die Abende gemeinsam. A.V. begleitete den Angeklagten auch häufig, wenn sie frei hatte, auf seinen Fahrten mit dem Lkw.
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Obwohl der Angeklagte und O.G. jeweils in einer neuen Beziehung standen - beide hatten hiervon jeweils keine Kenntnis -, riss der sexuelle Kontakt zwischen ihnen nicht ab und der Angeklagte besuchte O.G. auch im März 2004 und übernachtete bei ihr.
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Auch die Nacht von Montag, 29. März 2004, auf Dienstag, 30. März 2004, verbrachte der Angeklagte bei O.G.. Diese hatte A.R., als der Angeklagte am Abend gekommen war und an ihrer Wohnung geklingelt hatte, aus ihrer Wohnung gewiesen. Nach Mitternacht klingelte A.R. an der Wohnung von O.G. und fragte über die Sprechanlage, ob er zwei Bier haben könne. Der Angeklagte bekam dies mit und ging, als A.R. vor der Wohnungstür stand, zu ihm hinaus. Ihm war sogleich klar, dass A.R. ein Liebhaber von O.G. war, und er sah in ihm einen Widersacher, dem er eine Lektion erteilen wollte. Sie gerieten in einen Streit und es kam zu einer Auseinandersetzung zwischen ihnen. A.R. war leicht alkoholisiert und zog im Verlaufe der Auseinandersetzung ein kleines Taschenmesser. Der Angeklagte erkannte, dass er A.R. körperlich überlegen war und schlug ihm kräftig mit der Hand ins Gesicht. A.R. flüchtete durch das Treppenhaus zu seiner im Erdgeschoss gelegenen Wohnung. Der Angeklagte folgte A.R. vor dessen Wohnung, wo sie die Auseinandersetzung fortsetzten. Der Angeklagte stieß A.R. schließlich mit einem kräftigen Stoß durch die geöffnete Wohnungstür in dessen Wohnung. A.R. erlitt infolge der Auseinandersetzung einen Nasenbeinbruch und eine Schädelprellung. Der Angeklagte ging anschließend wieder in die Wohnung von O.G. zurück. Er hatte sein Ziel erreicht und seinen Widersacher vertrieben. Für ihn war die Angelegenheit damit erledigt.
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A.R. wandte sich nach der Auseinandersetzung an eine Nachbarin im Haus, die Zeugin T.L., und rief von ihrer Wohnung aus die Polizei, die darauf in der V.G. erschien und die Beteiligten zu der Auseinandersetzung befragte. A.R. hatte zudem seine Eltern angerufen, die ihn noch am frühen Morgen des 30. März 2004 abholten.
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Am 30. März 2004 - tagsüber - meldete sich O.G. telefonisch bei A.R. und wollte sich nach dessen Befinden erkundigen. A.R. beendete bei diesem Telefonat - die Geschehnisse in der Nacht hatten ihn dazu veranlasst - die Beziehung zu ihr. In die Wohnung in der V.G. kehrte er danach nicht mehr zurück. Er hatte Angst, dem Angeklagten nochmals zu begegnen.
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Am 1. April 2004 erstattete A.R. bei der Polizei Anzeige gegen den Angeklagten.
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Der Angeklagte verbrachte zwischen dem 30. März 2004 und dem 3. April 2004 noch mindestens zwei Nächte bei O.G..
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Das Wochenende (3./4. April 2004) sowie die folgende Arbeitswoche bis einschließlich Gründonnerstag (8. April 2004), in der der Angeklagte auf seinen Fahrten für die Firma CW ausschließlich auswärts - überwiegend zwischen Rastatt und Osnabrück - unterwegs war, verbrachte der Angeklagte durchweg zusammen mit A.V.. Diese hatte Urlaub und begleitete den Angeklagten auf seinen Fahrten. Am Donnerstag, 8. April 2004, kamen sie zurück und verbrachten die Nacht auf Karfreitag, 9. April 2004, gemeinsam in der Wohnung des Angeklagten in H./K..
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Vortatgeschehen/Tatnacht
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Der Angeklagte war am Karfreitag, 9. April 2004 mit A.V. in H./K.. Sie waren zum Mittagessen bei seinem Bruder V.H. und dessen Ehefrau E.H. eingeladen. Diese wohnen in H./K., HG, in Blickweite der Wohnung des Angeklagten. Der Angeklagte und A.V. blieben dort über den Nachmittag und gingen um 18.00-19.00 Uhr in die Wohnung des Angeklagten zurück. A.V. hatte über die Feiertage - von Freitag bis Ostermontag - eine für Au-pair-Mädchen organisierte Busreise nach Paris gebucht. Deshalb packte A.V. ihren Koffer. Der Bus sollte um 22.00 Uhr in S. vom Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) abfahren. Gegen 20.00 Uhr fuhren sie mit dem Fahrzeug des Angeklagten, einem Renault Megane, nach S.. Der Reisebus hatte Verspätung und fuhr erst gegen 22.30-22.45 Uhr ab. Der Angeklagte hatte solange gewartet und fuhr dem Bus durch das Stadtgebiet in Richtung Autobahnkreuz S. mit seinem Fahrzeug hinterher. Auf Höhe von S.-H. überholte der Angeklagte den Reisebus und rief dabei um 22.51 Uhr von seinem Handy aus A.V. an. Er verabschiedete sich von ihr und fuhr anschließend auf die BAB 81 in Richtung B./H..
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Zu diesem Zeitpunkt war O.G. mit K. H. in ihrer Wohnung. Sie war am Karfreitag, dem 9. April 2004, ab ca. 14.00 Uhr mit den Kindern K. und K. zu Besuch bei ihren Schwiegereltern N.N. und A.K. gewesen. Gegen 21.00 Uhr hatte A.K. O.G. und K. - K. blieb bis Sonntag bei ihren Großeltern - nach Hause gefahren.
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Entweder fuhr der Angeklagte noch in dieser Nacht auf der Rückfahrt von S. zu O.G., wo er dann gegen 23.10 Uhr eingetroffen wäre, um mit ihr die Nacht zu verbringen, oder aber in der folgenden Nacht.
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Der Angeklagte war am Nachmittag des 10. April 2004 bei seinem Bruder V.H. und dessen Ehefrau zu einer Familienfeier, bei der auch sein Vater V.H., dessen Ehefrau und deren gemeinsame Tochter V. anwesend waren, eingeladen. Gegen 22.00 Uhr verließ der Angeklagte die Wohnung seines Bruders. Anschließend hatte der Angeklagte die Möglichkeit, mit seinem Fahrzeug nach B. zu O.G. zu fahren, wo er dann im Zeitraum zwischen 22.30-23.00 Uhr eingetroffen wäre.
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Tatgeschehen:
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Der Angeklagte besuchte O.G. entweder in der Nacht vom 09. auf 10. April oder vom 10. auf 11. April 2004 in ihrer Wohnung in B., um mit ihr - wie sonst auch - ins Bett zu gehen. Dazu kam es auch. Der Angeklagte und O.G. hatten auf dem Doppelbett im Schlafzimmer jedenfalls einmal - eventuell auch mehrmals hintereinander - Geschlechtsverkehr. K. lag währenddessen auf der anderen Hälfte des Doppelbetts und schlief.
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Der Angeklagte und O.G. gerieten anschließend zwischen 0.00 und 1.00 Uhr in einen irgendwie gearteten Streit - wahrscheinlich einen Beziehungsstreit. Den Gegenstand dieses Streites vermochte die Strafkammer nicht festzustellen.
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Dieser Streit erregte den Angeklagten so, dass er beschloss - aus Wut oder weil ihm die lästige Streiterei nun endgültig auf die Nerven ging - O.G. zu töten. Er führte dies sogleich aus und erstickte O.G. mit dem Willen, sie zu töten, indem er - sehr wahrscheinlich auf dem Bett im Schlafzimmer - über einen Zeitraum von 2-5 Minuten eine weiche Bedeckung, vermutlich ein auf dem Bett liegendes Kissen, auf das Gesicht von O.G. oder deren Kopf mit dem Gesicht in eine solche drückte, bis sie tot war.
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K. war entweder schon durch den vorangegangenen Streit, spätestens aber als der Angeklagte O.G. tötete, wach geworden und fing an zu heulen. Dadurch gestört und genervt und durch die unmittelbar vorangegangene Tötung von O.G. noch innerlich aufgewühlt, beschloss der Angeklagte auch K. zu töten. Der Angeklagte erstickte K., der aufgrund seines geringen Alters und seiner verzögerten geistigen Entwicklung nicht fähig war, sich des Angriffs des Angeklagten zu versehen, auf dieselbe Art und Weise wie O.G.. Auch ihm drückte er mit dem Willen, ihn zu töten, für die Dauer von 2-5 Minuten ein Kissen auf das Gesicht oder das Gesicht in ein Kissen, bis er tot war.
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Die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten waren bei den Taten weder aufgehoben noch erheblich vermindert.
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Nachtatgeschehen:
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Als der Angeklagte danach erkannte, was er getan hatte, verließ er die Wohnung und ging auf die Straße. Den Wohnungsschlüssel hatte er mitgenommen. Er ging vor dem Haus auf und ab und rauchte dabei mehrere Zigaretten. Er stieg in sein Fahrzeug und fuhr ein Stück durch B. in Richtung H..
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Während dieser Fahrt fasste er den Plan, die Leichen aus der Wohnung zu beseitigen und im Neckar bei N. - diese Örtlichkeit war dem Angeklagten von seinen beruflichen Lkw-Fahrten her bekannt - zu versenken. So wollte er vortäuschen, dass O.G. mit K. verreist sei.
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Dieses Vorhaben führte er darauf kaltblütig aus. Er fuhr zurück nach B. in die V.G. und stellte sein Fahrzeug in die Tiefgarage des Gebäudes. In der Wohnung zog er die beiden Spannbetttücher von den Matratzen des Doppelbetts im Schlafzimmer ab und wickelte darin die Leichen ein. Er schleppte zuerst O.G., anschließend K. vom 1. OG durch das Treppenhaus in die von dort zugängliche Tiefgarage und legte die Leichen in den Kofferraum seines Fahrzeugs. Anschließend räumte er die Wohnung auf. Die Kleidungsstücke, die K. und O.G. getragen hatten und offen in der Wohnung lagen sowie deren Handtasche, in der sich der Geldbeutel mit dem Pass der Getöteten befand, verpackte er in Tüten, um diese später auf der Fahrt zu entsorgen. Im Schlafzimmer nahm er die Schlafdecken und Kopfkissen und legte sie entweder in den Schrank oder verpackte auch diese in Tüten. Über das Bett legte er eine Tagesdecke. Mit einem Handtuch wischte er in der Wohnung die Türklinken ab, um mögliche Spuren zu verwischen.
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In der Wohnung fand er ein älteres Bügeleisen, an dem sich ein langes, stoffummanteltes Kabel befand. Dieses erschien ihm geeignet, um damit ein Gewicht an den Leichen zu befestigen, mit dem er diese beschweren wollte.
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Um sich die Gewichte zu beschaffen, fuhr er mit seinem Pkw von B. gezielt in Richtung T., wo sich vor H. - nur wenige Fahrminuten von B. entfernt - eine Straßenbaustelle befand. Der Angeklagte kannte diese Baustelle. Er hatte diesen Streckenabschnitt in letzter Zeit vielfach befahren, wenn er A.V. bei ihrer Gastfamilie in H. abgeholt bzw. wieder dort abgesetzt hatte. Vor Ort angekommen stellte der Angeklagte sein Fahrzeug ab, nahm zwei 31 kg schwere Bakenfüße und lud diese in den Kofferraum seines Fahrzeugs zu den Leichen. Anschließend fuhr er über B. auf die BAB 81 und dann - wie geplant - über die BAB 8, BAB 81 und BAB 6 nach N.. An der Ausfahrt H/U, wo die Autobahn den Neckar überquert, verließ der Angeklagte die Autobahn. Von dort fuhr der Angeklagte an den Neckar und gelangte auf den Parkplatz der Firma K.. Dort nahm er das Bügeleisen und entfernte das Kabel aus dem Gehäuse. Anschließend teilte er das Kabel mit einer auf der Rückseite des Bügeleisens hervorstehenden scharfkantigen Metallplatte in ungefähr zwei gleichlange Teile. Das Bügeleisen warf er anschließend im Bereich des Parkplatzgeländes weg. Da er an dem dortigen Flusslauf keine geeignete Einbringungsstelle fand, stieg er wieder in sein Fahrzeug und fuhr auf die gegenüberliegende Seite des Neckars, wo er im Stadtgebiet N. in dem dortigen Industriegebiet an eine am Neckarkanal gelegene Schiffsanlegestelle gelangte. An dieser Anlegestelle führt eine Treppe hinab zu einer direkt am Flusswasser gelegenen Plattform. Dorthin trug er die Bakenfüße und dann zuerst den Leichnam von O.G.. Mit dem Bügeleisenkabel befestigte er den Bakenfuß mit einer Schlinge um den Hals des Leichnams, die andere um einen Griff des Bakenfußes und verknotete diese jeweils. Zudem band er das Spannbetttuch um den Körper des Leichnams und den Bakenfuß. Anschließend warf oder stieß er den beschwerten Leichnam in den Neckarkanal.
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Auf die gleiche Weise befestigte er anschließend den Bakenfuß an dem Leichnam von K. und versenkte diesen. Als er den Leichnam ins Wasser stieß, blieb jedoch, da der Angeklagte auf einem Stück des Spannbetttuchs gestanden war, dieses auf der Plattform liegen. Der Angeklagte legte das Spannbetttuch in den Kofferraum seines Fahrzeugs. Auf der Fahrt zurück in Richtung S. entsorgte der Angeklagte an einem nicht näher bekannten Ort die Tüten, in denen er die Kleidungsstücke und die Handtasche verpackt hatte.
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Als der Angeklagte wieder zu Hause in H./K. war, war es bereits hell.
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Abhängig davon, in welcher Nacht sich das Tatgeschehen ereignete, wurde der Angeklagte entweder am Morgen des 10. April 2004 von seiner Schwägerin, E.H., mit der er sich am Tag zuvor zum Einkaufen verabredet hatte, um 8.30 -9.00 Uhr telefonisch geweckt und fuhr mit ihr anschließend nach H. oder er fuhr am Vormittag des 11. April 2004 gegen 11.00 Uhr zu seinem Vater, der mit seiner Familie ebenfalls in H. wohnhaft ist, um von dort gemeinsam zu einer Geburtstagsfeier einer Tante seines Vaters nach V/S zu fahren, wo er die Nacht über blieb.
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N.N. und A.K. wollten am Sonntag Nachmittag gegen 16.00 Uhr K. wieder zu ihrer Mutter zurückbringen. Auf ihr Klingeln öffnete jedoch niemand. Als sie wenig später nochmals bei ihr klingelten und sich immer noch niemand meldete, waren sie beunruhigt. Sie gingen zu den Eltern von N.N., M. und A.N., die einen Schlüssel für die Wohnung von O.G. hatten. A.K. ging darauf in die Wohnung, fand aber von O. und K. keine Spur.
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Am Montag, 12. April 2004, rief N.N. bei dem Angeklagten, der sich noch in V/S befand, auf dem Handy an und fragte ihn, ob er wisse, wo O.G. und K. sein könnten. Dieser gab vor, dass er nicht wisse, wo diese seien. Auch in den folgenden Tagen und Wochen zeigte sich der Angeklagte bei der Suche nach den beiden Vermissten, an der er sich beteiligte, unwissend. N.N. hatte am 13. April 2004 O.G. und K. H. vermisst gemeldet, am 15. April 2004 erstattete sie eine formelle Vermisstenanzeige.
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Die Leiche von O.G. wurde am 20. April 2004 im Bereich der Schleuse BF/K im Neckarkanal gefunden. Der Leichnam war, obwohl der 31 kg schwere Bakenfuß noch an ihm befestigt war, an die Wasseroberfläche aufgetrieben worden.
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Der Leichnam von K. H. wurde erst am 21. Juni 2004 - gleichfalls im Bereich der Schleuse BF/K im Neckar treibend - gefunden. Dem Leichnam fehlte der Kopf. Das Gewicht befand sich nicht mehr an der Leiche.
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III. A. Einlassung des Angeklagten zum Tat- und Nachtatgeschehen:
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Der Angeklagte ließ sich dahingehend ein, in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 O.G. mit dem Kabel eines Bügeleisens erdrosselt zu haben, nachdem diese zuvor K. mit demselben Kabel erdrosselt habe.
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Die Leichen habe er anschließend bei H/N im Neckar versenkt.
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Im Einzelnen:
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Er habe am 9. April 2004 gegen 20.00 Uhr A.V., die eine organisierte Busreise nach Paris gebucht hatte, mit seinem Fahrzeug zum ZOB am Bahnhof in S. gefahren. Sie seien dort gegen 20.30-21.00 Uhr angekommen. Der Bus sollte um 22.00 Uhr abfahren, sei aber erst gegen 22.30-22.45 Uhr abgefahren. Er sei dem Bus mit seinem Fahrzeug in Richtung Autobahnkreuz S. hinterhergefahren und habe ihn dann überholt. Dabei habe er mit dem Handy A.V. im Bus angerufen und sich von ihr verabschiedet. Er sei anschließend auf der Autobahn in Richtung B./H. gefahren. Auf der Fahrt habe er sich entschlossen, zu O.G. zu fahren und bei ihr die Nacht zu verbringen. Am nächsten Morgen habe er K. - darum habe ihn O.G. bei seinem letzten Besuch gebeten - die Haare schneiden wollen. Er sei deshalb in B. von der Autobahn ab- und direkt zu O.G. gefahren.
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O.G. habe ihn auf sein Klingeln - einen Schlüssel zur Wohnung habe er nicht mehr gehabt, diesen habe er nach der Trennung von ihr an Silvester zurückgegeben - in die Wohnung eingelassen. Er habe bemerkt, dass O.G. angetrunken gewesen sei und habe sogleich wieder gehen wollen. Sie habe ihn jedoch an der Hand zurückgehalten, damit er bleibe. Sie habe ihm erklärt, dass sie bei ihrer Schwiegermutter zu Besuch gewesen sei und dort etwas getrunken habe.
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Er habe es aufgrund ihres angetrunkenen Zustandes abgelehnt, mit O.G. ins Bett zu gehen. Er habe sich ausgezogen und sich zum Schlafen in das Bett im Schlafzimmer gelegt. Seine Hose, an der sein Handy befestigt gewesen sei, habe er auf ein Schränkchen im Flur der Wohnung gelegt. Er habe allerdings vergessen, sein Handy auszuschalten. Dies habe er sonst immer getan, da es in der Vergangenheit schon öfter vorgekommen sei, dass O. das Handy genommen und sämtliche gespeicherten Namen gelöscht habe. Deswegen habe er das Handy auch schon im Auto liegen lassen.
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In dem Doppelbett im Schlafzimmer sei neben ihm K. gelegen, der bereits geschlafen habe. O. sollte - so habe er es gewollt - im Wohnzimmer auf dem Sofa schlafen. Nach ca. zehn Minuten sei O. zu ihm ins Schlafzimmer gekommen und habe sich zu ihm ins Bett gelegt. Sie habe sich an ihn gekuschelt und ihn verführt. Nach ca. 10-15 Minuten habe sie ihn „soweit“ gehabt. Sie hätten dann mehrmals - vielleicht dreimal hintereinander - Geschlechtsverkehr miteinander gehabt. Danach sei er eingeschlafen.
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Wenig später sei er, da O. laut geschrien habe, wieder aufgewacht. Sie sei wütend gewesen, habe ihn beleidigt und ihm die Decke weggezogen. O. habe sein Handy in der Hand gehalten. Das Display des Handys - in der gesamten Wohnung sei es dunkel gewesen - habe geleuchtet. O. habe laut zu ihm gesagt, dass ein anderes Mädchen ihm eine SMS geschrieben habe. Er habe mit ihr reden wollen, sie habe ihn jedoch nicht zu Wort kommen lassen.
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K. sei aufgrund des lauten Geschreis wach geworden, aufgestanden und zu O. gelaufen. Er habe zu ihr auf den Arm gewollt. O. habe K. jedoch am Kopf weggestoßen und laut zu ihm gesagt, dass sie ihn - K. - hasse. K. sei mit dem Po auf den Boden gefallen. Anschließend habe O. dem Angeklagten das Handy ins Gesicht geworfen und sei - weiterhin laut schreiend - ins Wohnzimmer gegangen. K., der aufgrund des Verhaltens seiner Mutter erschrocken gewesen sei, habe geweint und sei seiner Mutter ins Wohnzimmer nachgegangen.
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Er, der noch im Bett gelegen sei, habe das Handy genommen und gesehen, dass ihm A.V. von unterwegs eine SMS geschickt habe.
78 
Plötzlich sei es ruhig geworden im Wohnzimmer. Dann habe er leise, röchelnde Geräusche vernommen. Er sei davon ausgegangen, dass O. K. den Mund mit der Hand zuhalte. Er sei aufgestanden und ins Wohnzimmer gegangen, um nachzusehen. Da es in der Wohnung vollständig dunkel gewesen sei, habe er nur die Silhouette von O. wahrgenommen, die ca. 2 m von ihm entfernt neben der Küchenzeile vor einem Fenster, dessen Rollläden offen gewesen seien, gestanden habe. Dann habe er die weißen Pampers von K. gesehen, der vor O. in der Luft gebaumelt habe. Die Arme von O. seien seitlich abgewinkelt gewesen. Er sei schnell zu K. hingegangen - dessen Gesicht sei ihm zugewandt gewesen -, habe ihn an den Hüften gepackt und zu sich genommen. Er habe dann gehört, wie etwas laut zu Boden fiel. Dies sei das Bügeleisen gewesen, dessen Kabel K. um den Hals gewickelt gewesen sei. O. habe tief Luft geholt und geschrien: „Ich hasse die Familie H. - alle!“. Er habe K. auf den Boden gelegt. Er habe keinen Atem mehr gespürt. Er habe das um den Hals von K. gewickelte Kabel gelöst und über den Kopf abgenommen. Anschließend habe er versucht, K. zu reanimieren. Er habe ihn beatmet und Herzmassagen durchgeführt. Dabei habe er über K. gekniet. O. sei hinter ihm gestanden. Sie sei weiterhin in Rage gewesen und habe laut geschrien. Plötzlich habe ihm O. mit einem Schemel von hinten wuchtig auf den Hinterkopf geschlagen. Er habe „Sternchen gesehen“ und beinahe das Bewusstsein verloren. Er habe sich umgedreht und gesehen, wie O. mit dem Schemel, den sie in der rechten Hand gehalten habe, erneut zu einem Schlag ausgeholt habe.
79 
Er wisse nicht mehr, was dann mit ihm passiert sei. Er habe plötzlich das Kabel des Bügeleisens in seinen Händen gehabt, sei aufgesprungen und habe das Kabel - dabei das Bügeleisen in einer Hand haltend - O. zweimal um den Hals gewickelt. O. habe dabei weder mit dem Schemel zugeschlagen noch habe sie sich sonst gewehrt. Er sei jetzt hinter O. gestanden und habe an beiden Kabelenden kräftig gezogen. O. habe den Schemel fallen lassen und versucht, nach vorn weg zu laufen. Sie sei wohl über den Schemel gestolpert und er und O. seien zu Boden gestürzt. Er habe O. auf den Bauch gedreht und sich auf deren Po oder Rücken gesetzt. Er habe über die ganze Zeit das Kabel mit den Händen fest zugezogen.
80 
Plötzlich habe er von K., der neben ihnen gelegen habe, ein Geräusch gehört. Er habe von O. abgelassen, sei auf den Knien zu K. gekrochen und habe gehört, dass K. in seine Windel pinkelte. Er habe K. angefasst und gefühlt, dass er kalt geworden sei. Er habe nun gedacht, dass er tot sei.
81 
Er habe sich darauf zu O. gewandt gesagt: „Du hast ihn umgebracht!“, aber keine Antwort erhalten und O. zu sich hergezogen. Sie sei leblos dagelegen. Er habe nun versucht, auch sie zu reanimieren. Dazu habe er das Kabel, das fest und tief um ihren Hals gewickelt gewesen sei, mit den Fingern gelöst. Dann habe er bemerkt, dass auch sie kalt geworden sei.
82 
Er sei erschrocken und aufgestanden. Er habe sich schnell angezogen und sei aus der Wohnung auf die Straße gelaufen. Den Wohnungsschlüssel, der in der Wohnungstür gesteckt habe, habe er mitgenommen.
83 
Im Freien sei er um das Haus gelaufen und habe dabei mehrere Zigaretten geraucht. Anschließend sei er in sein Auto gestiegen und nach Hause gefahren. Dort angekommen habe er schon die Tür zu der Tiefgarage geöffnet, als ihm der Gedanke gekommen sei, was sein werde, wenn die Leichen in der Wohnung entdeckt werden. Da er befürchtet habe, ihm werde niemand glauben was tatsächlich passiert sei, habe er Angst bekommen - vor dem Gefängnis und auch vor der Polizei, die ihn seiner Meinung nach erschießen werde.
84 
Er habe sich deshalb entschlossen, die Leichen zu verstecken und sei nach B. zurückgefahren. Er habe dort in der Tiefgarage sein Fahrzeug abgestellt. In der Wohnung habe er kein Licht angeschaltet. Im Schlafzimmer habe er das Bett abgezogen, die Leichen in die Leintücher eingewickelt, nacheinander durch das Treppenhaus in die Tiefgarage getragen und in den Kofferraum seines Fahrzeugs gelegt. In der Wohnung habe er das Schlaf- und das Wohnzimmer aufgeräumt und die herumliegende Kleidung von O. und K. sowie deren Handtasche in Tüten eingepackt. Er habe so den Anschein erwecken wollen, dass beide verreist seien. Mit einem Handtuch habe er seine Spuren - mögliche Fingerabdrücke auf den Türklinken und auch auf dem Schemel - abgewischt und den Schemel im Wohnzimmer in eine Ecke gestellt. Auch das Bügeleisen habe er wegen möglicher Fingerabdrücke mitgenommen.
85 
Er sei in Richtung T. gefahren und habe zunächst vorgehabt, die Leichen irgendwo im Wald zu vergraben. Auf Höhe H. sei er durch eine Baustelle gefahren und habe dabei die „Eisenteile“ (Bakenfüße) erblickt. Die Baustelle sei ihm bekannt gewesen. Er sei zunächst ein Stück weitergefahren, dann sei ihm der Gedanke gekommen, die Eisenteile an den Leichen zu befestigen und diese damit beschwert im Wasser zu versenken. Er habe sein Fahrzeug gewendet und zwei Eisenteile in den Kofferraum zu den Leichen geladen. Er sei dann zurück nach B. und dort auf die Autobahn Richtung S. gefahren. Er sei ziel- und planlos einfach über die Autobahn weitergefahren. Als die Autobahn den Neckar überquert habe, sei er bei H. bei der Ausfahrt U. von der Autobahn abgefahren. Er habe sich nicht ausgekannt und sei ca. eine Stunde herumgefahren, um an den Neckar zu gelangen. Schließlich habe er einen Parkplatz in der Nähe des Flusses gefunden. Dort habe er das Bügeleisen genommen und das Kabel aus diesem gelöst. Anschließend habe er das Kabel mit dem Bügeleisen in zwei Teile geschlagen und das Bügeleisen weggeworfen. Da ihm die Uferstelle an dem Parkplatz zum Versenken der Leichen als nicht geeignet erschien, habe er eine andere Stelle gesucht und sei auf die gegenüberliegende Seite des Neckars gefahren, wo er nach Durchfahrt eines Industriegebiets an eine Schiffsanlegestelle am Flussufer gelangt sei. An der Anlegestelle hätten Treppenstufen zu einer Plattform direkt am Wasser heruntergeführt. Dieser Platz sei ihm „würdig“ erschienen. Er habe zunächst die Eisenteile auf die Plattform getragen, anschließend den Leichnam von O.. Er habe das Eisenteil dann auf dem Rücken des Leichnams befestigt, indem er das Leintuch um den Körper und den Bakenfuß gewickelt und das Bügeleisenkabel mit einer Schlinge um den Hals und um eine Griffhalterung des Bakenfußes geknotet habe. Anschließend habe er die Leiche im Neckar versenkt.
86 
Mit K. sei er auf die gleiche Weise verfahren, allerdings habe sich das Leintuch, als er K. ins Wasser gestoßen habe - mit einem Fuß sei er dabei auf dem Leintuch gestanden - von der Leiche gelöst und es sei auf der Plattform liegen geblieben. Er habe es in den Kofferraum gelegt, wo er es zunächst vergessen und erst 1-2 Tage später herausgenommen und bei sich zu Hause gewaschen habe.
87 
Auf der Fahrt nach Hause habe er die in den Tüten verpackten Sachen auf einem Autobahnparkplatz und bei der Durchfahrt einer Baustelle weggeworfen.
88 
Als er zu Haus angekommen sei, sei es schon hell gewesen. Er habe sich zum Schlafen ins Bett gelegt, bis ihn seine Schwägerin, mit der er zum Einkaufen verabredet gewesen sei, gegen 8.30 Uhr-9.00 Uhr telefonisch geweckt habe.
89 
B. Beweiswürdigung:
90 
1. Bergung und Identifizierung der Leichname von O.G. und K. H.
91 
aa) Nach den Bekundungen des Zeugen KOK F. wurde am 20. April 2004 eine weibliche Wasserleiche im Neckarkanal im Bereich BF/K bei Flusskilometer 104 - ca. 400 m oberhalb der Schleuse BF - geborgen.
92 
Auf dem Rücken der Leiche war eine Fußplatte für Baustellenschilder mit einem um den Bauch gebundenen Bettlaken sowie einem Kabel, welches mit jeweils verknoteten Schlingen um den Baustellenfuß und um den Hals der Leiche F.iert war, befestigt. Die Leiche war lediglich mit einem weißen Stringtanga bekleidet.
93 
bb) Am 21. Juni 2004 wurde nach den Bekundungen des Zeugen KHK B. die Wasserleiche eines Kleinkindes im Neckarkanal bei Flusskilometer 105 geborgen.
94 
Der Leichnam war ohne Kopf, ein Gewicht daran nicht befestigt.
95 
Er war mit einer Windel bekleidet, der linke Arm mit einem Stoff umwickelt. Bei der Obduktion des Leichnams am 22. Juni 2004 - dies erläuterte der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. während der Inaugenscheinnahme der bei der Obduktion gefertigten Lichtbilder - habe sich die Bekleidung des linken Arms als ein Shirt herausgestellt.
96 
Die Zeugen KOK F. und KHK B. erläuterten die Leichenfundorte sowie die Beschreibung der Leichen anhand der in Augenschein genommenen Stadt- und Lagepläne sowie Lichtbilder, die bei den Bergungen der Leichen von diesen gefertigt worden waren.
97 
cc) Die durchgeführten DNA-Analysen ergaben, dass es sich bei den Leichen um O.G. und K. H. handelte. Der molekulargenetische Sachverständige Dr. Sch. vom Institut für gerichtliche Medizin der Universität T. führte aus, dass das Blut des weiblichen Leichnams molekularbiologisch untersucht und ein DNA-Identifizierungsmuster der Toten erstellt worden sei.
98 
Die molekulargenetische Sachverständige Dr.D. vom Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg führte aus, dass Muskelgewebe und Knochenmark aus Fingerknochen der Kinderleiche molekularbiologisch untersucht und ein DNA-Identifizierungsmuster erstellt worden sei. Zu Vergleichszwecken seien - dies bekundete der Zeuge KOK Sch. - in der Wohnung von O.G. Gegenstände von ihr - eine Zahnbürste und zwei Slips - sowie Gegenstände von K. H. - eine Zahnbürste, ein Unterhemd und eine Unterhose - sichergestellt worden.
99 
Der Abgleich der daraus erstellten DNA-Muster - dies führten die Sachverständigen Dr. Sch. und Dr.D. aus - mit den DNA-Identifizierungsmustern der beiden Leichname habe jeweils eine Übereinstimmung in sämtlichen Mehrmalsausprägungen ergeben.
100 
2. Tatzeitpunkt - Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 oder die Nacht vom 10. auf den 11. April 2004:
101 
Das Tatgeschehen hat sich entweder in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 oder in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 zugetragen.
102 
O.G. und K. H. wurden am Abend des 9. April 2004 von den Zeugen N.N. und A.K. letztmals lebend gesehen. Beide bekundeten übereinstimmend, dass A.K. O.G. und K. H., die den Nachmittag bei ihnen verbracht hatten, gegen 21.00 Uhr - oder ein wenig später - nach Hause in die V.G. gefahren habe. Der Zeuge A.K. gab an, noch gesehen zu haben, dass O.G. und K. sogleich in das Gebäude hineingegangen seien.
103 
Erst am Sonntag, 11. April 2004, hätten sie das Verschwinden von O.G. und K. festgestellt, als sie gegen 16.00 Uhr - wie mit O. vereinbart - K. zurückbringen wollten. Es sei jedoch niemand da gewesen. A.K. sei dann, nachdem er sich die Wohnungsschlüssel von den Eltern seiner Ehefrau besorgt habe, in die Wohnung gegangen, die aufgeräumt gewesen sei und in der er keinen Hinweis auf O. und K. habe finden können.
104 
Am Samstag, den 10. April 2004, wurden O.G. und K. von niemandem mehr gesehen. Dies bekundeten die Hausbewohner des Gebäudes V.G., die Zeugen M. F., J.M., H.K., L.W., V.G. und T.L. sowie eine Nachbarin des Nebengebäudes, SLStr., die Zeugin L.G.. Die Zeugen M. F. und L.G. bekundeten, O.G. letztmals am Freitagvormittag, 9. April 2004, gesehen zu haben, die Zeugin T.L. letztmals am Donnerstag, 8. April 2004. Die Zeugen N.N. und A.K. gaben zudem an, am Samstag, 10. April 2004, gegen 12.00 Uhr in der Wohnung von O.G. geklingelt zu haben, ohne dass jemand geöffnet habe. Sie hätten, obwohl mit O.G. ausgemacht gewesen sei, dass sie K. erst am Sonntag zurückbringen würden, diese bereits am Samstag zu O. bringen wollen, da sie - dies sei kurzfristig dazwischen gekommen - einen Bekannten in S. hätten besuchen wollen.
105 
Der Angeklagte konnte die Tat nur in einer der beiden oben genannten Nächte begehen. Es konnte ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte am Samstag, 10. April 2004, und/oder am Sonntag, 11. April 2004, den Tag über O.G. besucht hat.
106 
Der Angeklagte gab an, am Samstagvormittag - von ca. 9.00 Uhr an - zusammen mit seiner Schwägerin E.H. beim Einkaufen in H. gewesen zu sein, gegen 13.30 Uhr sei er bei ihr und seinem Bruder V.H. in deren Wohnung in H./K. bei einer Familienfeier gewesen. Er habe gegen 22.00 Uhr die Wohnung seines Bruders und seiner Schwägerin verlassen. Dies wurde von den Zeugen E. und V.H. jun., V.H. sen. und dessen Tochter V.H. glaubhaft bestätigt.
107 
Am Sonntag, 11. April 2004, - so der Angeklagte - sei er bereits gegen 11.00 Uhr zu seinem Vater V.H., ebenfalls wohnhaft in H., gefahren und von dort mit der gesamten Familie zu einer Geburtstagsfeier der Tante seines Vaters nach V/S, wo sie bis Montagnachmittag, 12. April 2004, geblieben seien. Auch dies wurde von den oben genannten Zeugen glaubhaft bestätigt.
108 
In den Nächten vom 9. auf den 10. April 2004 und 10. auf den 11. April 2004 hatte der Angeklagte jeweils die Möglichkeit, O.G. in ihrer Wohnung in B. zu besuchen.
109 
Der Angeklagte rief am 9. April 2004, 22.51 Uhr, mit seinem Handy auf Höhe S.-H. von seinem Fahrzeug aus A.V., die in dem Reisebus saß, auf deren Handy an.
110 
Diesen Vorgang bestätigte die Zeugin A.V. glaubhaft.
111 
Den Zeitpunkt und die Örtlichkeit des Telefonats legte der die Ermittlung leitende Sachbearbeiter, der Zeuge KOK K., dar. Dieser bekundete, dass das Handy des Angeklagten mit der Rufnummer 0173/.... sichergestellt und ausgewertet worden sei. Danach hätten der oben genannte Zeitpunkt und die der festgestellten Örtlichkeit zuordenbare Funkzelle des von dem Handy des Angeklagten aus geführten Telefonats mit der Zeugin A.V. ( Rufnummer 0174/....) ermittelt werden können.
112 
Nach diesem Telefonat fuhr der Angeklagte von S. in Richtung B./H. und konnte direkt zu O.G. nach B. fahren. Dort wäre er dann - für die Strecke von S.-H. zur Wohnung von O.G. benötigt man nach Einschätzung der Strafkammer, der die Strecke bekannt ist, eine Fahrtzeit von 15-20 Minuten - um ca. 23.10 Uhr angekommen.
113 
Auch am Samstag, 10. April 2004, hätte der Angeklagte, nachdem er gegen 22.00 Uhr die Wohnung seines Bruders verlassen hatte, zu O.G. nach B. fahren können. Dort wäre er, wenn er gleich anschließend dort hingefahren wäre, gegen 22.30 Uhr angekommen. Auch diese Fahrtstrecke ist der Strafkammer bekannt.
114 
In welcher dieser beiden Nächte der Angeklagte O.G. in B. besuchte und die Tat beging, vermochte die Strafkammer nach Würdigung sämtlicher diesbezüglicher Beweisanzeichen nicht festzustellen. Schließlich war auch nicht auszuschließen, dass der Angeklagte O.G. in beiden Nächten besucht hat.
115 
Die Strafkammer hat dabei folgende Umstände erwogen:
116 
a) Der Angeklagte selbst gibt an, O.G. in der Nacht vom 9. auf 10. April 2004 besucht zu haben.
117 
Am Samstag, 10. April 2004, sei er, nachdem er die Familienfeier gegen 22.00 Uhr verlassen habe, direkt nach Hause gegangen und habe sich Schlafen gelegt. Am frühen Morgen des 11. April 2004 sei ein Boxkampf mit Vladimir Klitschko im Fernsehen übertragen worden. Er habe mit seinem Bruder am Abend zuvor ausgemacht, dass dieser ihn zu dem Boxkampf mit einem Anruf auf seinem Handy per Klingelzeichen wecken solle. Zwischen 4.00-6.00 Uhr habe ihn sein Bruder angerufen und geweckt. Eventuell sei er nach dem Weckruf noch einmal eingeschlafen. Jedenfalls sei der Boxkampf schon im Gang gewesen, als er ihn angeschaut habe. Er habe nur noch die letzte Runde gesehen, in der Vladimir Klitschko den Kampf verloren habe.
118 
b) Bei der zur Überprüfung der Einlassung des Angeklagten und zur Feststellung der Tatnacht vorgenommenen Gesamtwürdigung sprachen folgende Gesichtspunkte für einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004.
119 
aa) B. liegt auf dem direkten Heimweg an der Fahrtstrecke von S. nach H.. Es hätte sich daher für den Angeklagten angeboten, auf der Rückfahrt von S. zu O.G. zu fahren. Dies wäre zudem für den Angeklagten seit seinem letzten Besuch in der Woche zuvor die erste sich bietende Gelegenheit gewesen, O.G. zu besuchen. Das Wochenende (3./4. April 2004) und die darauffolgende Woche bis zum Abend des 9. April hatte er mit der Zeugin A.V. verbracht, wie von dieser bestätigt.
120 
bb) A.V. schickte dem Angeklagten am 10. April 2004, 00.28 Uhr, von einem Autobahnparkplatz bei B-B eine SMS mit dem Inhalt: „Hallo Schatz. Wir sind in B-B. Was machst Du? Ich liebe Dich. Kuss Alina.“ Diese SMS blieb von dem Angeklagten unbeantwortet. Dieser Umstand allein könnte - unabhängig davon, dass der Angeklagte in seiner Einlassung diese SMS in einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Tatgeschehen stellt - ein Hinweis dafür sein, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt bei O.G. war und deshalb auf die SMS nicht antwortete.
121 
A.V. bekundete dazu, dass sie, als der Bus auf einem Parkplatz bei B-B einen Zwischenstopp gemacht habe, dem Angeklagten diese SMS geschickt und der Angeklagte hierauf nicht geantwortet habe. Der Zeuge KOK K. erläuterte, dass die Auswertung der auf dem Handy des Angeklagten gespeicherten Daten ergeben habe, dass die SMS um 00.28 Uhr mit dem oben zitierten Inhalt, den auch die Zeugin A.V. bestätigte, auf dem Handy des Angeklagten eingegangen sei. Die Bestimmung der Funkzelle zum Zeitpunkt des Eingangs der SMS - so der Zeuge KOK K. - sei nicht möglich gewesen.
122 
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt des Eingangs der SMS zu Hause gewesen sein könnte und entweder sein Handy abgeschaltet hatte oder, wenn er den Eingang der SMS mitbekommen haben sollte, diese schlichtweg unbeantwortet gelassen hat. Letzteres wäre nicht völlig ungewöhnlich. Die Zeugin A.V. gab dazu an, dass sie sich nicht gewundert habe, keine Antwort von dem Angeklagten erhalten zu haben - dies sei eher normal gewesen. Dies zeigt sich auch darin, dass der Angeklagte erst am Samstag, 11. April 2004, - dies bekundete die Zeugin A.V. - um 22.00 Uhr, nachdem sie ihm um 21.29 Uhr erneut eine SMS geschickt habe, bei ihr zurückgerufen habe, obwohl er zu diesem Zeitpunkt längst Kenntnis von der um 00.28 Uhr eingegangenen SMS gehabt haben muss, da er am 11. April 2004 um 15.00 Uhr seine Mailbox abgefragt hatte. Die jeweiligen Zeitpunkte beruhen - wie von dem Zeugen KOK K. berichtet - auf der Auswertung der Verbindungsdaten des Handys des Angeklagten.
123 
cc) O.G. und K. wurden zwar am 10. April 2004 den Tag über von niemandem gesehen.
124 
Dies besagt jedoch nicht zwangsläufig, dass O.G. und K. am Samstag, 10. April 2004, nicht mehr gelebt haben. Es ist durchaus vorstellbar, dass sie z.B. den ganzen Tag unterwegs gewesen und erst am Abend wieder nach Hause gekommen sind, den ganzen Tag in der Wohnung verbracht haben oder einfach keinem Mitbewohner des 14-Familien-Hauses begegnet sind.
125 
dd) Bei einer am 3. Mai 2004 in der Wohnung von O.G. durch den Zeugen KOK Sch. erfolgten Nachschau konnten nur wenige Essensvorräte festgestellt werden. Der Zeuge KOK Sch. führte aus, dass in dem Kühlschrank der Wohnung lediglich folgender Inhalt erhoben werden konnte:
126 
- Reste einer Marinade in einer länglichen Kunststoffdose
127 
- Zwiebeln
128 
- Pfirsiche
129 
- Schokoriegel
130 
- Gurken
131 
- Knoblauch
132 
- Mayonaise, Ketchup und Sambal Olek.
133 
Im Übrigen seien kleinere Mengen Süßigkeiten vorhanden gewesen, Brot oder andere Essensvorräte hätten nicht festgestellt werden können.
134 
Es wäre allerdings zu erwarten gewesen, dass O.G. am Samstag, 10. April 2004, wenn sie noch gelebt hätte, Essensvorräte für die anstehenden Osterfeiertage eingekauft hätte. Die vorgefundenen Vorräte hätten für diese Tage nicht ausgereicht.
135 
Hierbei war jedoch zu berücksichtigen, dass die Erhebung der Essensvorräte in der Wohnung von O.G. - dies bekundete der Zeuge KOK Sch. - erst am 3. Mai 2004, also erst drei Wochen nach dem Verschwinden von O.G. und K. H. erfolgt ist. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Angehörigen von O.G. in der Zwischenzeit in der Wohnung vorgefundene Essensvorräte entweder entsorgt oder mitgenommen haben. N.N., A.K., M. N. und A.N. gaben übereinstimmend an, dass sie, seit sie am 11. April 2004 das Verschwinden von O.G. und K. H. bemerkt hatten, nahezu jeden Tag in deren Wohnung gewesen seien. Dabei hätten sie zwar im Wesentlichen alles unverändert gelassen, allerdings - dies bekundeten die Zeugin N.N. und M. N. - hätten sie die Wohnung aufgeräumt, für K. Wäsche aus der Wohnung geholt und Wäsche, die auf einem Ständer auf dem Balkon aufgehängt gewesen sei, abgenommen und in die Schränke gelegt. Der Zeuge A.N. gab an, dass er bei einem seiner ersten Aufenthalte in der Wohnung Geschirr - eine Schüssel, mehrere Teller und einen Topf - gespült habe.
136 
Angesichts dessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie dabei auch Essensvorräte entsorgt oder mitgenommen haben.
137 
ee) Der Zeuge A.N. bekundete, in dem Topf, den er bei einem seiner ersten Aufenthalte in der Wohnung gespült habe, hätten sich angekrustete Reste von Hackfleisch befunden. Die Zeugin N.N. bekundete, dass ihr O.G. am Freitag, 9. April 2004, als sie bei ihnen zu Besuch gewesen sei, erzählt habe, dass sie Maultaschen mit einer Hackfleischfüllung („Maultaschen russischer Art“) zubereitet habe. Das Hackfleisch habe O.G. - so gab die Zeugin M. N. an - am Abend des Mittwoch oder Donnerstag derselben Woche bei ihr geholt.
138 
Daraus könnte man folgern - da der Topf ungespült blieb -, dass O.G. am Samstag, 10. April 2004, bereits nicht mehr am Leben war, nachdem der Zeuge A.R., der einen Monat mit O.G. zusammenlebte, bekundete, dass diese eine ordentliche Hausfrau gewesen sei und schmutziges Geschirr - wenn nicht sogleich - spätestens am folgenden Tag abgespült habe.
139 
Indes war nicht auszuschließen, dass die Maultaschen am Freitag, 9. April 2004 zwar zubereitet, aber erst am Samstag, 10. April 2004 gegessen wurden. Dafür könnte auch sprechen, dass O.G. mit ihren Kindern am Freitag, 9. April 2004, bei ihrer Schwiegermutter zum Essen eingeladen gewesen ist.
140 
ff) Die Zeugin L.W., wohnhaft in der V.G., bekundete, dass sie am Samstag, 10. April 2004 um 11.00-11.30 Uhr im Waschraum des Gebäudes gesehen habe, dass O.G.s Waschmaschine angeschaltet und Wäsche darin gewesen sei. Die Zeugen N. und M. N. bekundeten übereinstimmend, dass sie entweder am Dienstag, 13. April 2004 oder Mittwoch, 14. April 2004 ebenfalls feststellten, dass die Waschmaschine angeschaltet war.
141 
Dies schließt jedoch nicht aus, dass O.G. am Samstag, 10. April 2004, entweder vor 11.00 Uhr oder nach 11.30 Uhr einen neuen Waschgang in Betrieb gesetzt hat.
142 
c) Gegen einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 spricht, dass die Zeugin E.H., als sie am Samstagvormittag, 10. April 2004, mit dem Angeklagten beim Einkaufen war, im Kofferraum seines Fahrzeugs kein Spannbetttuch bemerkt hat.
143 
Nach der Darstellung des Angeklagten soll das Leintuch, das an Land geblieben sei, als er K. ins Wasser gestoßen habe, noch 1-2 Tage in seinem Kofferraum gelegen haben, da er es vergessen habe. Erst dann habe er das Leintuch aus dem Kofferraum herausgenommen, bei sich zu Hause in der Maschine zweimal gewaschen und es anschließend bei sich in den Schrank gelegt.
144 
Dort konnte das Leintuch - wie der Zeuge KOK Sch. bekundete - sichergestellt werden. Nach dem zur Auswertung von Textilspuren gefertigten und in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten des Sachverständigen Dr. R. vom Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg wurde das sichergestellte Leintuch mit dem Spannbetttuch verglichen, das um den Leichnam von O.G. gewickelt war. Die durchgeführte Begutachtung und die mikroskopischen Analysen ergaben, dass die beiden Spannbetttücher in sämtlichen Konstruktionsmerkmalen, in der Materialzusammensetzung und in der Ausstattung - insbesondere in der Anordnung und Konstruktion der Nähte und Gummizüge, Art und Inhalt der Etiketten sowie in deren Einfärbung übereinstimmten.
145 
Da sonst keine gleichartigen Spannbetttücher in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt werden konnten, hat die Strafkammer insoweit keinen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten.
146 
Die Zeugin E.H. bekundete, am Samstagvormittag (10. April 2004) - ab ca. 9.00 Uhr - mit dem Fahrzeug des Angeklagten in H. zum Einkaufen gewesen zu sein. Die Einkaufstüten hätten sie in den Kofferraum des Fahrzeugs gestellt. Dabei sei ihr ein Leintuch nicht aufgefallen. Die Zeugin fügte hinzu, dass - wenn ein Leintuch in dem Kofferraum gelegen hätte - sie ein solches auch mit großer Wahrscheinlichkeit bemerkt hätte, konnte allerdings auch nicht vollständig ausschließen, dass es ihr vielleicht entgangen sei, da sie natürlich nicht darauf geachtet habe.
147 
d) Für einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 sprechen folgende Gesichtspunkte:
148 
aa) Am Samstagnachmittag, 10. April 2004, fand in der Wohnung von E. und V.H. jun. die Familienfeier statt, bei der auch der Angeklagte, sein Vater, dessen Ehefrau und deren Tochter anwesend waren.
149 
Der Angeklagte wie auch die Zeugen V.H. sen., V.H. jun., E.H. und V.H. gaben übereinstimmend an, dass im Verlaufe des Nachmittags ein Polizeibeamter wegen der Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und A.R. am 30. März 2004 angerufen habe. Das Telefonat habe V.H. sen., der in der Familie am besten deutsch spreche, mit dem Polizeibeamten geführt. Dieser habe V.H. sen. mitgeteilt, dass A.R. Anzeige gegen den Angeklagten erstattet habe. Der die Ermittlungen in der Anzeigesache gegen den Angeklagten führende Zeuge PM Schilling bestätigte, am 10. April 2004 bei dem Bruder des Angeklagten angerufen zu haben. Dieses Gespräch erfolgte ausweislich der von dem Zeugen KOK K. mitgeteilten Daten der Telefonanlage der PD B. um 15.52 Uhr. Ihm - dem Zeugen PM Schilling - seien bis dahin die genauen Personalien des Angeklagten noch nicht bekannt gewesen. Der Anzeigeerstatter A.R. habe ihm bei seiner Anzeige am 1. April 2004 nur phonetisch den Vor- und Nachnamen des Angeklagten sowie den Namen von O.G. nennen können. Über Recherchen sei er auf den Namen und die Telefonnummer eines V.H. gestoßen, bei dem er eine Verwandtschaft mit dem Angeklagten vermutet habe, und habe dort angerufen.
150 
Die Zeugen V.H. sen. und V.H. jun. bekundeten, dass sie nach dem Telefonat mit dem Angeklagten über den Vorfall vom 30. März 2004 gesprochen hätten. Der Angeklagte habe nervös auf den Anruf reagiert und sei aufgebracht gewesen. Er habe überlegt, was er tun könne. Es sei darüber gesprochen worden, sogleich zu O. zu fahren, um mit ihr die Sache zu bereden.
151 
Diese Stimmungslage könnte ein Indiz dafür sein, dass der Angeklagte aus Anlass dieses Telefonats O.G. in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 besucht hat.
152 
Allerdings bekundeten die Zeugen V.H. sen. und V.H. jun. übereinstimmend, dass der Angeklagte sich anschließend alsbald in dem Gespräch mit ihnen wieder beruhigt habe. Ihm sei im weiteren Verlauf des Nachmittags nichts mehr anzumerken gewesen. Dafür, dass der Angeklagte sich wieder beruhigt hat, spricht auch, dass er nach dem Telefonat noch bis ca. 22.00 Uhr, also ca. sieben Stunden, bei seinem Bruder und seiner Schwägerin blieb und selbst, als sein Vater mit seiner Familie gegen 19.00 Uhr die Feier verließ - dies bekundeten die Zeugin V.H. sen., V.H. und E.H. übereinstimmend -, der Angeklagte diese Gelegenheit nicht wahrnahm, ebenfalls aufzubrechen.
153 
Auch der Umstand, dass der Angeklagte nach dem Telefonat gemeinsam mit seinem Bruder und seinem Vater in Überlegung zog, zu O.G. zu fahren, ist kein Hinweis dafür, dass der Angeklagte die Tat noch nicht begangen hatte. Es ist durchaus denkbar, dass der Angeklagte sich bewusst unwissend stellte, um so bereits im Vorfeld - vor Entdeckung der Tat - den Verdacht von sich abzulenken. Er wäre auch kein besonderes Risiko eingegangen, da er ja gewusst hätte, dass sie in der Wohnung von O.G. niemanden angetroffen hätten.
154 
bb) Der Zeuge KOK B. bekundete, dass der Angeklagte in seinen polizeilichen Vernehmungen am 23. und 24. April 2004, in denen er eine Tatbeteiligung noch gänzlich abgestritten habe, seinen letzten Besuch bei O.G. selbst in Verbindung mit dem Anruf der Polizei gebracht habe, bei dem ihm mitgeteilt worden sei, dass wegen der Auseinandersetzung am 30. März 2004 gegen ihn Anzeige erstattet wurde. Dieser Anruf hat aber am 10. April um 15.52 Uhr stattgefunden, einen weiteren Anruf in dieser Sache gab es ausweislich der Bekundungen des Zeugen POM Sch. nicht.
155 
Der die polizeilichen Vernehmungen am 23. April und 24. April 2004 durchführende Zeuge KOK B. bekundete weiter, dass der Angeklagte dabei angegeben habe, dass er O.G. zuletzt am 7. April besucht und die Nacht auf den 8. April bei ihr verbracht habe. Für den Besuch habe es - so habe sich der Angeklagte in seiner Vernehmung am 23. April 2004 ausgedrückt - einen „triftigen Grund“ gegeben. Auf Nachfrage habe der Angeklagte zunächst erklärt, dass O. ihn angerufen und mitgeteilt habe, dass der andere Mann (A.R.) Anzeige gegen ihn erstattet habe. Dies habe der Angeklagte - so der Zeuge KOK B. - dann von sich aus korrigiert und erklärt, dass nicht O. ihn angerufen habe, sondern die Polizei. In seiner Vernehmung vom 24. April 2004 habe der Angeklagte diese Angaben wiederholt. Die Strafkammer verkennt nicht, dass dies ein gewichtiger Gesichtspunkt für einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 ist. In der Hauptverhandlung wurden dem Angeklagten seine Angaben bei der Polizei vorgehalten. Er hielt dem entgegen, dass seine Angaben bei der Polizei insgesamt nicht richtig gewesen seien und auch dieser Punkt deshalb nicht gestimmt habe. Im Übrigen könne er sich nicht daran erinnern, dies gesagt zu haben; der Dolmetscher müsse dies falsch übersetzt haben. Der Zeuge KOK B. bekundete, dass es bei der Vernehmung keine Übersetzungsprobleme gegeben habe. Der anwesende Dolmetscher, Herr W., sei als äußerst zuverlässiger und sehr guter Übersetzer bekannt. Es habe insoweit keine Missverständnisse gegeben.
156 
Die Strafkammer kann jedoch nicht ausschließen, dass dem Angeklagten bei der „Suche“ nach einem triftigen Grund für einen Besuch bei O. allein der Anruf der Polizei in den Sinn kam, ohne dass er sich dabei des Zeitpunkts des Telefonats und der sich hieraus ergebenden Folgerung bewusst war.
157 
e) Kein weiterer Aufschluss bezüglich des Tatzeitpunktes ergab sich für die Strafkammer aus den diesbezüglichen Angaben der Zeugen V.H. jun. und E.H..
158 
Der Zeuge V.H. jun. bestätigte in der Hauptverhandlung, dass er am Samstag, 10. April 2004, mit dem Angeklagten vereinbart habe, ihn zu dem in der Nacht im Fernsehen übertragenen Boxkampf mit Vladimir Klitschko per Anruf zu wecken. Um 2.00-2.30 Uhr habe er von seinem Handy oder Festnetzapparat aus bei dem Angeklagten angerufen und es wie vereinbart nur klingeln lassen. Er habe dann gesehen, wie bei dem Angeklagten, der in dem Gebäude gegenüber wohne und dessen Wohnzimmer er einsehen könne, der Fernseher angegangen sei. Der Boxkampf selbst habe erst um 5.00-5.30 Uhr begonnen. Am Vormittag des 11. April 2004 hätten sie über den Boxkampf gesprochen.
159 
Die Zeugin E.H. bekundete in der Hauptverhandlung, dass ihr Ehemann sie am Samstag, 10. April 2004, bevor sie ins Bett gegangen seien, gebeten habe, den Wecker auf 2.30 Uhr-3.00 Uhr zu stellen, da er den Boxkampf habe anschauen wollen.
160 
Ein in Augenschein genommenes Lichtbild, auf dem die gegenüberliegenden Gebäude in H./K., HG und OStr abgebildet sind, zeigt, dass das Wohnzimmer der Wohnung des Angeklagten von der Wohnung des V.H. jun. einsehbar ist. Der Fernseher des Angeklagten - dies ergab die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder von der Wohnung des Angeklagten - stand in dem Wohnzimmer.
161 
Der Zeuge KOK K. bekundete, dass zur Klärung der Übertragungszeiten des Boxkampfes (Vladimir Klitschko gegen Lamon Brewster) die Sportredaktion des ZDF in Mainz angefragt worden sei. Danach habe der Boxkampf in der besagten Nacht stattgefunden. Die Sendung habe gegen 1.45 Uhr begonnen. Nach Vorberichten und Vorkämpfen habe der Hauptkampf um 5.31 Uhr begonnen und bis 5.59 Uhr gedauert.
162 
An der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen V.H. jun. und E.H. bestehen jedoch Zweifel.
163 
So stimmt schon der von dem Zeugen Victor H. benannte Zeitpunkt des Weckanrufs nicht mit dem von dem Angeklagten angegebenen überein. Zudem gab der Zeuge V.H. jun. bei seinen polizeilichen Vernehmungen am 27. April 2004 und am 9. Juli 2004 wiederholt an, dass er den Angeklagten auch in der Nacht zuvor - vom 9. auf den 10. April 2004 nochmals gesehen habe, als der Angeklagte, nachdem er A.V. nach S. gefahren habe, nach Hause gekommen sei. Der Angeklagte sei kurz zu ihm in die Wohnung gekommen, anschließend sei er direkt nach Hause gegangen. Dort habe er - der Zeuge V.H. jun. - dann gesehen, dass der Angeklagte Playstation gespielt habe. Diese Angaben wurden dem Zeugen in der Hauptverhandlung vorgehalten und von ihm nicht in Abrede gestellt. Er sei sich früher eben sicher gewesen, den Angeklagten auch in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 nochmals gesehen zu haben. Seine Angaben zu der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 seien aber mit Sicherheit zutreffend.
164 
Auch E.H. gab bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 26. April 2004 an, in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 gesehen zu haben, dass der Angeklagte entweder ferngesehen oder Playstation gespielt habe. Dies habe sie an dem Lichtschein erkennen können. Diese Angaben wurden der Zeugin in der Hauptverhandlung vorgehalten und von ihr bestätigt. In der Hauptverhandlung gab sie dann an, den Angeklagten in der Nacht wohl nicht mehr gesehen zu haben, sie habe sich getäuscht. Sie habe den Lichtschein in der Wohnung des Angeklagten fast jeden Tag gesehen, sie könne sich jetzt nicht mehr erinnern, wann dies genau gewesen sei. Ihre Angaben zu der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 seien jedoch richtig.
165 
Dieses Aussageverhalten der beiden Zeugen begründet nach Auffassung der Strafkammer Zweifel an deren Glaubhaftigkeit und Anhaltspunkte für die Annahme, dass beide Zeugen dem Angeklagten zunächst für beide Nächte ein Alibi verschaffen wollten und erst davon abrückten, als sie erfahren hatten, dass der Angeklagte nunmehr selbst angab, am 9. April bei O.G. gewesen zu sein.
166 
f) Nach den bei O.G. erhobenen objektiven Befunden zum Mageninhalt und Blutalkoholgehalt kommen sowohl die Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 als auch die Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 als möglicher Tatzeitpunkt in Betracht.
167 
aa) Mageninhalt
168 
(1) Nahrungsaufnahme von O.G. am 9. April 2004
169 
Die Zeugin N.N. bekundete, dass O.G. mit K. H. am 9. April 2004 bei ihnen gegen 14.00 Uhr zu Mittag gegessen habe. Gereicht habe sie: angebratenen und in kleine Stücke geschnittenen Lachs in einer Tomatensoße, angebratene Hühnerschenkel, Kartoffeln, selbst zubereiteten russischen Speck (aus gekochtem Schweinebauch), Wurst, Käse und dazu Salat aus kleingeschnittenen Tomaten, nicht geschälten und in Scheiben geschnittenen Gurken und in kleine Ringe geschnittenen Zwiebeln. Dazu habe es Brot gegeben. O.G. habe von allem etwas gegessen. Nach dem Essen sei man zusammengesessen. Sie und O.G. hätten dabei jeweils zur Hälfte eine Flasche Wodka à 0,7 Liter getrunken. Der Zeuge A.K. gab hiervon abweichend an, dass die Flasche Wodka 0,5 Liter enthalten habe. Sie seien anschließend spazieren gegangen. O.G. habe sich auf dem Spaziergang bei einer Tankstelle ein 0,1 Liter-Fläschchen Wodka gekauft und getrunken. Um ca. 19.00 Uhr hätten sie sich an den Tisch gesetzt, auf dem noch von mittags - bis auf den Salat, von dem nichts mehr übrig gewesen sei - das übrige Essen gestanden sei. Ob, was genau und wie viel O.G. am Abend gegessen habe, könne sie nicht mehr sagen. Sie habe sich für eine kurze Zeit ins Schlafzimmer zurückgezogen und sich ins Bett gelegt, da sie sich etwas angetrunken gefühlt habe. Als ihr Ehemann A.K. O.G. und K. gegen 21.00 Uhr nach Hause gefahren habe, habe sie von dem übrigen Essen nichts mitgenommen. Der Zeuge A.K. konnte zu den Mahlzeiten keine weitergehenden Angaben machen.
170 
(2) Gutachten zum Mageninhalt:
171 
Der Sachverständige E. vom Institut für Rechtsmedizin der medizinischen Hochschule Hannover hat den ihm übersandten Mageninhalt des Leichnams von O.G. auf seine Inhaltsbestandteile untersucht, um Rückschlüsse auf einen Todeszeitraum zu ziehen.
172 
Der Sachverständige E. erstattet seit 20 Jahren Gutachten dieser Art und hat seine fachliche Kompetenz und Zuverlässigkeit in einer Vielzahl von Fällen unter Beweis gestellt.
173 
Er führte aus, dass ihm für seine Untersuchungen 68 g des ordnungsgemäß asservierten und aufbewahrten Mageninhalts des Leichnams von O.G. zur Verfügung standen.
174 
Dabei handelte es sich um einen repräsentativen Anteil des Mageninhalts. Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. erklärte dazu, dass bei der am 20. April 2004 durchgeführten Obduktion 200 ml Speisebrei aus dem Magen entnommen und anschließend gleichmäßig in einer Nierenschale durchmischt worden seien. Ein Teil dieser Menge sei dem Sachverständigen E. zur Untersuchung übersandt worden.
175 
Der Sachverständige E. führte aus, dass es sich bei dem untersuchten Mageninhalt um einen auffallend dickflüssigen grau-/braunfarbenen Speisebrei gehandelt habe, in dem - deutlich sichtbar - relativ große Bestandteile an festen rosa- und grünfarbenen Nahrungsmittelüberresten enthalten gewesen seien.
176 
Für die Untersuchung sei zunächst der vorhandene Mageninhalt sorgfältig durchmischt, danach von verschiedenen Lokalisationen ein Teil der Flüssigkeit abgenommen und auf Objektträger übertragen worden, um die Inhaltsbestandteile der flüssigen Phase zu analysieren. Danach sei der Mageninhalt zur weiteren Aufarbeitung zunächst durch ein Lochsieb mit 3 mm Lochweite und schließlich ein Maschensieb mit 1 mm Maschenweite durchgesiebt und vorsichtig gespült worden.
177 
Die nach dem Durchspülen zurückgehaltenen Speisepartikel von mehr als 3 mm bzw. zwischen 1 mm und 3 mm Durchmesser seien sortiert und anschließend makroskopisch sowie mikroskopisch analysiert worden.
178 
Bei der Untersuchung der im ersten Schritt präparierten flüssigen Phase seien einzelne Muskelfasern tierischen Muskelgewebes festgestellt worden. Diese seien hochgradig angedaut gewesen. Hierbei könne es sich um Nahrungsmittel wie Wurst oder auch zubereitetes Fleisch am Stück gehandelt haben, aufgrund des hohen Verdauungsgrades habe sich das nicht mehr genau bestimmen lassen. Zusammenhängendes, größeres und noch nicht deutlich angedautes Muskelgewebe habe sich in der flüssigen Phase nicht befunden.
179 
Auffällig sei gewesen, dass sämtliche Bestandteile massenhaft von fetttropfenartigen Gebilden überzogen gewesen seien, was dafür spreche, dass - da ansonsten keinerlei Fettgewebe habe festgestellt werden können - eine fettige Substanz, z.B. in Form von Öl, direkt aufgenommen worden sei.
180 
Daneben hätten sich zahlreiche - überwiegend - größere und zusammenhängende Zellformationen pflanzlicher Herkunft in dem Untersuchungsmaterial befunden. An keiner Stelle seien Stärkekörner, die auf die Aufnahme von Brot hindeuten, erkennbar oder Hinweise auf Stärkeanteile in dem untersuchten Mageninhalt vorhanden gewesen.
181 
Nach Filtration des Untersuchungsmaterials im 3 mm Lochsieb seien hierin noch 24 g geformte Bestandteile verblieben. Der Sachverständige E. führte nachvollziehbar und detailliert aus, dass der mit Abstand größte Anteil dieses Untersuchungsmaterials - etwa 4/5 aller über 3 mm im Durchmesser darin enthaltenen Elemente - von Tomaten stammte, die durchweg mittelgradige Andauungsveränderungen aufgewiesen hätten.
182 
Als zweitgrößter Bestandteil hätten sich in dem Untersuchungsmaterial Reste von Gurken, die ebenfalls mittelgradig angedaut gewesen seien, feststellen lassen.
183 
Als dritthäufigster Nahrungsanteil hätten sich in dem untersuchten Mageninhalt zum Teil noch vollständige, zum Teil zerkaute Zwiebelringe befunden. Auch diese Überreste seien mittelgradig angedaut gewesen.
184 
Nach der Filtration im 1 mm-Sieb seien noch 4 g des Untersuchungsmaterials verblieben. Die Untersuchung habe den Befunden in dem 3 mm-Lochsieb entsprochen.
185 
Zu der Beurteilung dieser Befunde führte der Sachverständige E. aus, dass zur Schätzung der Magenverweildauer und zur Bestimmung der verstrichenen Zeit zwischen der Einnahme der letzten Mahlzeit und dem Eintritt des Todes einerseits der Vergleich der noch im Magen nachgewiesenen Menge und der Art von Speise mit dem Umfang und der Art der letzten bekannten genossenen Mahlzeit sowie - andererseits - die eingetretenen Andauungsveränderungen des in dem Magen vorgefundenen Nahrungsmaterials geeignet sei.
186 
In dem Mageninhalt seien allein Inhaltsbestandteile eines Salats bestehend aus Tomaten, Gurken und Zwiebeln nachweisbar gewesen. Diese Elemente seien mittelgradig anverdaut gewesen. Eindeutige Hinweise auf Speck, Fisch oder Hähnchenfleisch hätten sich nicht ergeben, allenfalls die hochgradig angedauten Muskelfasern könnten als Hinweis auf die Aufnahme derartiger Nahrungsmittel interpretiert werden. Da aber Fleischprodukte, wie z.B. der als „russischer Speck“ genossene Schweinebauch oder gebratenes Hähnchenfleisch, eine wesentlich längere Magenverweildauer - mindestens 5-6 Stunden - aufweisen als „leichter verdauliche“ pflanzliche Nahrungsmittel, wie die hier nur mittelgradig anverdaut vorliegenden Tomaten, Gurken und Zwiebeln - bei diesen könne zuverlässig von einer Magenverweildauer von 2-3 Stunden ausgegangen werden -, sei daraus zu schließen, dass O.G. die nachgewiesenen Salatbestandteile nicht bei ihrem Besuch am 9. April 2004 bei N.N. und A.K. gegessen hat, zumal es um 19.00 Uhr keinen Salat mehr gegeben haben soll. Den Salat müsse sie zu einem späteren Zeitpunkt gegessen haben. Dies wäre bei einer Magenverweildauer von 2-3 Stunden am Freitag, 9. April 2004 - bei einem anzunehmenden Tatzeitpunkt zwischen 00.30-1.00 Uhr - nur möglich gewesen, nachdem O.G. gegen 21.00 Uhr nach Hause gekommen war.
187 
Der Sachverständige E. führte weiter aus, sollte O.G. bei ihren Mahlzeiten, vor allem um 19.00 Uhr größere Mengen, d.h. mehrere Bissen von dem Hähnchenfleisch und/oder Brot gegessen haben, sei dies mit dem vorliegenden Untersuchungsbefund eher nicht in Einklang zu bringen. Es wären dann in einem Zeitraum von elf bis zu 24 Stunden mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einzelne Stückchen dieser Nahrungsmittel und nicht nur einzelne Muskelfasern zu erwarten gewesen. Dies spricht eher gegen einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004. Allerdings blieb offen, welche Mengen - wenn überhaupt - sie um 19.00 Uhr zu sich genommen hat. Bei nur kleinsten Mengen - insoweit sei nach den Ausführungen des Sachverständigen E. von einer Magenverweildauer von 5-6 Stunden auszugehen - kann ein Todeszeitpunkt am 10. April 2004 nach 0.00 Uhr nicht ausgeschlossen werden.
188 
Der Sachverständige führte weiter aus, dass der Speisebrei auffallend dickflüssig gewesen sei. Dieser Befund spreche eher gegen einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004, da die von O.G. am Nachtmittag des 9. April 2004 konsumierte Alkoholmenge (maximal 0,45 Liter an Wodka) eine beschleunigte Sekretförderung und damit eine Verdünnung des Mageninhalts bewirke.
189 
Der Sachverständige führte abschließend aus, dass nach der gutachterlichen Beurteilung des Mageninhalts ein Todeszeitpunkt von O.G. sowohl in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 als auch in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 denkbar sei.
190 
bb) Alkohol:
191 
Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. führte aus, dass die chemisch-toxologische Untersuchung der Blutprobe, die am 20. April 2004 an dem Leichnam von O.G. bei der Obduktion entnommenen wurde, eine Blutethanolkonzentration von 0,56 o/oo ergeben habe.
192 
Dieser Wert könne - so der Sachverständige weiter - von mindestens 0,2 o/oo bis zu dessen vollständiger Höhe fäulnisbedingt sein. Daher könne O.G. bei Todeseintritt maximal eine Blutethanolkonzentration von 0,36 o/oo gehabt haben.
193 
Der Sachverständige Dr.B. führte weiter aus, wenn man die maximale Trinkmenge von 0,45 Liter Wodka mit einem Alkoholgehalt von 40 Vol.% zugrundelege, ergebe sich eine Gesamtmenge reinen Alkohols von 142 g. Dem entspreche bei einem Körpergewicht von 70 kg unter Anwendung der Widmark-Formel (Faktor 0,6) ein Blutalkoholwert von 3,38 o/oo. Unter Berücksichtigung eines Resorptionsdefizits von 20 % sowie der Zeit zwischen Trinkbeginn (ca. 15.00 Uhr) und einem Todeszeitpunkt zwischen 0.00 Uhr-1.00 Uhr (10 Stunden), ergebe sich bei Annahme eines stündlichen Alkoholabbaus von 0,15 o/oo zum Tatzeitpunkt ein Blutalkoholwert von 1,2 o/oo.
194 
Lege man die minimale Trinkmenge von 0,35 Liter Wodka zugrunde, ergebe sich eine Gesamtmenge reinen Alkohols von 110 g Alkohol, der unter den oben genannten Parametern einem Blutalkoholwert von 2,26 o/oo entspreche. Nach Abzug eines 20 %-igen Resorptionsdefizits und unter Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Trinkbeginn und Tatzeitpunkt von zehn Stunden bei einem stündlichen Abbauwert von 0,15 o/oo verbleibe ein Blutalkoholwert zum Tatzeitpunkt von 0,6 o/oo. Stelle man in diese Berechnung den Abzug eines - nach der Rechtsprechung möglichen - Resorptionsdefizits von 30 % ein, verbleibe noch ein Blutalkoholwert von 0,33 o/oo. Nehme man - wieder ausgehend von einem Resorptionsdefizit von 20 % - einen nach der Rechtsprechung ebenfalls möglichen stündlichen Abbauwert von 0,2 o/oo an, liege der Blutalkoholwert zum Tatzeitpunkt bei 0,1 o/oo.
195 
Nach den beiden zuletzt dargelegten Berechnungen des Blutalkoholwertes wäre ein Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 nicht auszuschließen.
196 
g) Die Strafkammer hat in einer Gesamtwürdigung sämtliche aufgeführten Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen. Dabei konnte sich die Strafkammer für keine der beiden möglichen Tatnächte eine ausreichend sichere Überzeugung verschaffen, da für beide Nächte gewichtige Anhaltspunkte vorlagen und daher letztlich jeweils nicht gänzlich auszuräumende Zweifel verblieben. Die Strafkammer ließ daher offen, in welcher der beiden Nächte der Angeklagte O.G. in B. besuchte und die Tat beging.
197 
3. Die Einlassung des Angeklagten zum Tatgeschehen ist nach Überzeugung der Strafkammer insgesamt unglaubhaft und völlig frei erfunden.
198 
Sie kann daher weder zur Beurteilung des Tatgeschehens noch des Tatzeitpunkts herangezogen werden.
199 
a) Einlassung zur Tötung von K. durch O.G.:
200 
Die Darstellung des Angeklagten, wie O.G. ihren Sohn K. mit seitlich abgewinkelten Armen, vor sich hängend mit dem Bügeleisenkabel erdrosselt habe, ist nach Auffassung der Strafkammer realitätsfern und unglaubhaft.
201 
Das Körpergewicht des Leichnams von K., der am 21. Juni 2004 im Neckarkanal treibend und mit abgetrenntem Kopf geborgen wurde, betrug bei der am 22. Juni 2004 durchgeführten Obduktion - bei einer Restkörperlänge von 80 cm - 10 kg. Dies bekundete der die Obduktion durchführende rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B.. Das Körpergewicht von K. dürfte daher zu Lebzeiten ca. 12 kg betragen haben. Dies deckt sich auch mit den Angaben des Angeklagten. Es ist nach Überzeugung der Strafkammer nicht vorstellbar, dass O.G., die zwar - dies verkannte die Strafkammer nicht - bei einem Körpergewicht von 70 kg und einer Größe von 165 cm von kräftigerer Statur war, ihren Sohn in der Luft hängend mit seitlich abgewinkelten Armen mit dem Bügeleisenkabel erdrosselt hat, zumal das Gewicht des Bügeleisens, das am Ende des Kabels hing, noch zugerechnet werden müsste. Ein Drosselvorgang bis zum Eintritt des Todes - dies führte der Sachverständige Dr.B. aus - benötigt immerhin 2-5 Minuten. Dabei verkannte die Strafkammer nicht, dass der Angeklagte nach seiner Einlassung nur einen Ausschnitt der Drosselung gesehen haben könnte, jedoch ist nach Auffassung der Strafkammer auch in diesem kürzeren Zeitraum ein solches Tatbild nicht vorstellbar, zumal K. H. schon in der Luft gebaumelt haben soll, als der Angeklagte das Wohnzimmer betreten hat.
202 
Das Motiv für O.G., K. zu töten, sollen nach der Einlassung des Angeklagten Hassgefühle gewesen sein, nachdem sie die SMS von A.V. gelesen hatte.
203 
Dies hätte allerdings nach Auffassung der Strafkammer, da es um eine „andere Frau“ ging, allein den Angeklagten und O.G. betroffen. Für die Strafkammer ist daher nicht nachvollziehbar, warum sich ihr Hass und ihre Aggressionen - zumal mit tödlicher Konsequenz -, wenn sie sich von dem Angeklagten betrogen fühlte, auf K., der damit nichts zu tun hatte, gerichtet haben sollen.
204 
Weiter erachtet die Strafkammer die Einlassung des Angeklagten, dass er, als er das dunkle Wohnzimmer betreten hat, die weißen Pampers von K. gesehen hat, als äußerst unwahrscheinlich.
205 
In der Wohnung sei es - so der Angeklagte - während des Tatgeschehens dunkel gewesen. Allein der Rollladen des neben der Küchenzeile befindlichen Fensters sei offen gewesen. Die in Augenschein genommenen Lichtbilder von der Wohnung von O.G. in der V.G. in B. zeigen, dass sich das Fenster, von der Wohnzimmertür, an die sich rechts zunächst die Küchenzeile anschließt, in der rechtwinklig zur Küchenzeile verlaufenden Wandseite des Wohnzimmers befindet. Vor dem Fenster hängen Vorhänge - ein durchgehend heller, von außen blickdichter, flankiert von zwei braunen lichtundurchlässigen Vorhängen, die von den Seiten ein Stück weit in das Fenster hineinragen. Von der Vorhangschiene hängen drei weitere braunfarbene - ebenfalls lichtundurchlässige - Vorhangbögen in das Fenster, die dessen oberes Viertel bis Drittel nahezu vollständig abdecken. Es erscheint der Strafkammer daher nicht nachvollziehbar, dass von der Straßenbeleuchtung so viel Licht in das dunkle Wohnzimmer dringen konnte, dass der Angeklagte die Pampers von K. H. erkannt haben könnte, zumal K. nach der Darstellung des Angeklagten auf der lichtabgewandten Seite vor O.G. hing.
206 
Der Angeklagte gab weiter an, plötzlich gehört zu haben, während er O.G. mit dem Kabel gedrosselt habe, wie K. neben ihm in die Windel uriniert habe. Diese Schilderung ist nach Auffassung der Strafkammer unglaubhaft. Das Urinieren eines Kleinkindes in die Windel ist - daran bestehen für die Strafkammer aufgrund eigener Einschätzung keine Zweifel - akustisch nicht wahrnehmbar. Zudem will der Angeklagte gerade im Begriff gewesen sein, O.G. zu erdrosseln. Ein solcher Vorgang verläuft nicht gänzlich geräuschlos, erfordert höchste körperliche Anstrengung und stellt psychisch eine Ausnahmesituation dar. Die Strafkammer hat keinen Zweifel, dass daneben Geräusche von geringer Lautstärke kaum wahrgenommen werden können.
207 
Der Sachverständige Dr.B. führte weiter aus, dass auch der von dem Angeklagten geschilderte Zeitpunkt des Urinabgangs nicht nachvollziehbar sei. Dazu komme es bereits bei Eintritt der Bewusstlosigkeit, nicht jedoch längere Zeit danach. Der Angeklagte gab selbst an, dass K. schon zuvor, als er ihn auf den Boden gelegt habe, nicht mehr geatmet habe, weshalb er versucht habe, ihn zu reanimieren.
208 
Der Angeklagte gab an, dass er, nachdem er gehört habe, wie K. in die Windel urinierte, diesen angefasst und gefühlt habe, dass dieser kalt sei. Auch dies erscheint der Strafkammer unwahrscheinlich. Der Sachverständige Dr.B. führte aus, dass der Körper des toten K. zu diesem Zeitpunkt noch keine herabgesetzte Temperatur gehabt haben könne. Ein Leichnam fühle sich erst Stunden nach dem Todeseintritt kalt an.
209 
Die Strafkammer verkennt dabei allerdings nicht, dass dies subjektiv in einer solchen Situation anders empfunden werden kann.
210 
b) Einlassung zur Tötung von O.G. durch den Angeklagten
211 
aa) Die Einlassung des Angeklagten, O.G. mit einem zweimal um den Hals gewickelten Bügeleisenkabel erdrosselt zu haben, ist durch die Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr.B., der der Strafkammer seit vielen Jahren als zuverlässig und kompetent bekannt ist, widerlegt.
212 
Der Sachverständige Dr.B. führte aus, dass bei der von ihm am 20. April 2004 durchgeführten Obduktion des Leichnams von O.G. ein eintourig, zirkulär um den Hals geschlungenes und verknotetes Elektrokabel festzustellen gewesen sei, mit dem der 31 kg schwere sowie 80 cm lange und 45 cm breite Bakenfuß an dem Leichnam befestigt gewesen sei. Nachdem das Elektrokabel durchtrennt worden sei, sei an der darunter liegenden Halshaut eine einläufige Strangmarke erkennbar gewesen.
213 
Nach den durchgeführten Untersuchungen sei diese Strangmarke - so der Sachverständige Dr.B. - mit Sicherheit nicht zu Lebzeiten durch eine Drosselung, sondern postmortal durch das zur Befestigung des Bakenfußes um den Hals gewickelte Elektrokabel entstanden.
214 
Bei den feingeweblichen Untersuchungen des Haut- und Unterhautgewebes im Bereich der Strangmarke am Hals seien in sämtlichen Schichten - in der Epidermis, dem Korium (Lederhaut), der Fettgewebsschicht und in der dann folgenden Muskelgewebeschicht - keinerlei Erythrozytenansammlungen festzustellen gewesen. Bei einer Drosselung zu Lebzeiten wären solche Einblutungen aber zu 100 % zu erwarten gewesen. Trotz der fäulnisveränderten Gewebestrukturen des Leichnams wären derartige Einblutungen in jedem Fall auch noch zu erkennen gewesen. Bei einer postmortalen Strangulation entstehen dagegen keine solchen Einblutungen.
215 
Zudem seien bei der Obduktion - dies erläuterte der Sachverständige im Rahmen der Inaugenscheinnahme der bei der Obduktion gefertigten Lichtbilder - keine punktförmigen Einblutungen im Gesicht, in den Augenlidern und den Augenbindehäuten festzustellen gewesen. Solche wären allerdings aufgrund der bei einer Drosselung auftretenden Stauungsblutungen ebenfalls mit 100 %-iger Sicherheit entstanden. Eine Drosselung zu Lebzeiten scheide daher aus.
216 
Gegen eine Drosselung spreche zudem, dass oberhalb der Strangmarke - auch dies erläuterte der Sachverständige im Rahmen der Inaugenscheinnahme der oben genannten Lichtbilder - in der Haut und dem Gewebe der Toten keine Rotfärbung erkennbar gewesen sei. Eine solche wäre aufgrund der Stauungsblutungen jedoch eingetreten.
217 
Aufgrund dieser Befunde könne weiter ausgeschlossen werden, dass O.G. erwürgt wurde. Auch bei einem Erwürgen entstünden punktförmige Einblutungen in den Augenbindehäuten ebenfalls mit 100 %-iger Sicherheit und punktförmige Einblutungen im Gesicht mit der hohen Wahrscheinlichkeit von 77 %.
218 
Der objektive Befund sei auch - so der Sachverständige - mit der Einlassung des Angeklagten, das Bügeleisenkabel O.G. zweimal um den Hals gewickelt zu haben, nicht in Einklang zu bringen. Es sei lediglich eine eintourige Strangmarke am Hals festgestellt worden. Nach der Einlassung des Angeklagten hätte sich aber eine zweitourige Strangmarke abbilden müssen, die trotz der Fäulniserscheinungen bei dem Leichnam noch erkennbar gewesen wäre.
219 
Schließlich erscheint es der Strafkammer als nahezu ausgeschlossen, dass die durch eine eintourige Drosselung entstandene Strangmarke und die durch die Befestigung des Bakenfußes mit dem Elektrokabel entstandene Strangmarke zufällig völlig deckungsgleich verlaufen sein sollen.
220 
Die Strafkammer ist daher - dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr.B. folgend - überzeugt, dass die Strangmarke postmortal entstand und O.G. - entgegen der Einlassung des Angeklagten - nicht erdrosselt wurde.
221 
bb) Die Einlassung des Angeklagten ist auch in den weiteren Schilderungen nicht glaubhaft.
222 
So soll ihm O.G., als er versucht habe, K. zu reanimieren, mit einem Schemel wuchtig auf den Hinterkopf geschlagen habe. Er habe „Sternchen gesehen“ und beinahe das Bewusstsein verloren. Er habe durch den Schlag eine kleine Beule am Kopf erlitten.
223 
Der Holzschemel konnte - dies bekundete der Zeuge KOK Sch. - in der Wohnung von O.G. sichergestellt werden und wurde in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Der Schemel ist ca. 17,5 cm hoch, ca. 31,5 cm lang und ca. 23 cm breit. Er ist aus festem Holz, die Oberseite ist mit einem glatten Kunststoff bedeckt. Er ließe sich als Schlagwerkzeug „gut“ gebrauchen. Der Holzschemel ist jeweils an den vier Füßen wie auch an den zwischen den Füßen angebrachten Holzverstrebungen leicht mit einer Hand greifbar und nicht allzu schwer.
224 
Wenig wahrscheinlich ist schon, dass durch einen - wie von dem Angeklagten geschilderten - wuchtigen Schlag mit dem Schemel, der ihm fast das Bewusstsein genommen habe, nur eine Beule entstanden sein soll. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass als Folge eines solchen Schlages der Angeklagte erhebliche zumindest blutunterlaufene und äußerlich sichtbare Verletzungen oder sogar eine blutende Platzwunde erlitten hätte.
225 
Die Zeugen E.H., V.H. jun. und V.H. sen. konnten nach deren Bekundungen weder am 10. noch am 11. April 2004 - an beiden Tagen waren sie jeweils längere Zeit mit dem Angeklagten zusammen - bei dem Angeklagten irgend eine Verletzung am Kopf erkennen. Sie gaben an, dass der Angeklagte auch nicht über Kopfschmerzen geklagt habe. Auch die Zeugin A.V. bekundete, dass sie bei dem Angeklagten nach ihrer Rückkehr aus Paris am Abend des 12. April 2004 keine Verletzungen am Kopf festgestellt habe. Dies ist im Besonderen bemerkenswert, da der Angeklagte und A.V. ein intimes Verhältnis hatten und der Zeugin eine solche Verletzung insbesondere bei dem Austausch von Zärtlichkeiten oder bei Umarmungen hätte auffallen müssen.
226 
Die Sachverständige Dr.D. führte aus, dass der Holzschemel auf blutverdächtige Spuren untersucht worden sei und an ihm keine Blutspuren festgestellt worden seien. Die Strafkammer verkannte dabei nicht, dass der Angeklagte nach seiner Einlassung den Holzschemel nach der Tat gesäubert habe und - so die Sachverständige Dr.D. - damit der Nachweis von Blutspuren kaum mehr zu erwarten war.
227 
Der Angeklagte gab an, dass er sich nach dem Schlag mit dem Holzschemel umgedreht und gesehen habe, dass O.G. erneut zu einem Schlag mit dem Schemel ausgeholt habe. Er habe das Bügeleisen genommen und sei aufgesprungen. Er habe ihr das Bügeleisenkabel zweimal um den Hals gewickelt. Dabei habe O.G. weder mit dem Holzschemel auf ihn eingeschlagen noch sonst versucht, sich zu wehren. Diese Einlassung ist für die Strafkammer nicht nachvollziehbar.
228 
Im Rahmen seiner Vernehmung vom 8. Juli 2004 hatte sich der Angeklagte, wie der Zeuge KOK K. erläuterte, bereiterklärt, die Szene, wie er O.G. das Kabel um den Hals legte, nachzustellen. Sein Verteidiger, Rechtsanwalt V. , fungierte dabei als O.G.. Die nachgespielte Szene wurde mit einer Kamera aufgenommen. Die Videoaufzeichnung wurde in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Sie zeigt, wie der Angeklagte in einer Schwungbewegung - seinem Verteidiger direkt gegenüberstehend - mit dem rechten Arm das Kabel von der Halsvorderseite nach hinten - über den Kopf weg - an die rechte Halsseite anlegt und anschließend mit dem linken Arm das Kabel gegen den Uhrzeigersinn - über den Kopf weg - einmal komplett um den Hals legt, dann an der linken Körperseite seines Verteidigers vorbei hinter diesen tritt und das Kabel mit den Armen nach außen anzieht. Bei der Rekonstruktion wurde ein loses Kabel ohne Bügeleisen verwandt.
229 
Die Strafkammer hat nach Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung keinen Zweifel, dass O.G. während des Umlegens des Kabels ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt hätte, sich zu wehren und mit dem Holzschemel auf den Angeklagten einzuschlagen. Dass sie dies nicht getan haben soll, ist für die Strafkammer nicht nachvollziehbar. Die Aufzeichnung zeigte zwar das Umlegen des Kabels in flüssigen Schwungbewegungen, sie zeigte aber auch, dass O.G. dabei genügend Zeit verblieben wäre, mit dem schon zum Schlag bereiten rechten Arm mit dem Holzschemel auf den Angeklagten einzuschlagen, zumal nicht außer Acht zu lassen war, dass bei dem von dem Angeklagten geschilderten Vorgang an einem Ende des Kabels das zumindest hinderliche Bügeleisen hing.
230 
Während des Umwickelns des Kabels um den Hals von O.G. wäre die Bewegungsfreiheit des zum Schlag mit dem Holzschemel bereiten rechten Armes in keiner Phase beeinträchtigt gewesen. Dies belegt die Videoaufzeichnung der in Augenschein genommenen Rekonstruktion. Der von dem Verteidiger des Angeklagten während des gesamten Vorgangs ausgestreckt gehaltene rechte Arm blieb die ganze Zeit über frei. O.G. hätte danach ohne Weiteres zuschlagen können.
231 
Dass sie dies nicht getan haben soll, passt auch psycho-dynamisch nicht in das von dem Angeklagten geschilderte Tatgeschehen. Danach hat ihm O.G. kurz zuvor mit dem Schemel wuchtig auf den Kopf geschlagen und ausgeholt, um ihn erneut zu schlagen. Warum in dem nun entfachten Kampfgeschehen sie sich - trotz offenstehender Möglichkeit - nicht auf gleiche Art und Weise gewehrt haben soll, als der Angeklagte ihr das Kabel um den Hals legte, macht für die Strafkammer keinerlei Sinn.
232 
c) Die Einlassung des Angeklagten zum Kerngeschehen ist nach alldem nach Überzeugung der Strafkammer insgesamt als frei erfundene konstruierte Schutzbehauptung anzusehen.
233 
Zudem hat der Angeklagte erstmals in seiner polizeilichen Vernehmung am 8. Juli 2004 - dies bekundete der die Vernehmung durchführende Zeuge KOK K. - Angaben zum Tatgeschehen gemacht, die seiner Einlassung in der Hauptverhandlung entsprachen. Der Angeklagte hatte daher fast drei Monate Zeit, sich eine Tatversion zurechtzulegen, die seine Tat in einem möglichst milden Licht erscheinen lässt.
234 
Zu seiner konstruierten Schutzbehauptung gehört nach Überzeugung der Strafkammer auch der von ihm geschilderte Auslöser - die SMS von A.V., die O.G. gelesen haben soll.
235 
A.V. sendete zwar am 10. April 2004 um 0.28 Uhr dem Angeklagten eine SMS. Die Strafkammer hat jedoch aufgrund der insgesamt frei erfundenen Angaben des Angeklagten zum Kerngeschehen, die ersichtlich nichts mit dem zu tun haben, was tatsächlich geschehen ist, keinen Zweifel, dass der Angeklagte diese SMS bewusst wahrheitswidrig in seine Einlassung eingebaut hat, um damit ein Motiv für O.G. für die Tötung von K. zu konstruieren. Insoweit erachtet es die Strafkammer auch als wenig glaubhaft, dass er ausgerechnet bei diesem Besuch vergessen haben soll, sein Handy auszuschalten, wie er dies sonst immer machte.
236 
d) Die Einlassung des Angeklagten, mit O.G. in der Tatnacht Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, sowie der Kern seiner Einlassung zum Nachtatgeschehen sind dagegen glaubhaft.
237 
aa) Die Einlassung des Angeklagten, mit O.G. Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, wird durch die nachvollziehbaren und detaillierten Ausführungen der molekulargenetischen Sachverständigen Dr. Sch. und Dr.D. bestätigt, wonach sowohl in dem bei der Obduktion des Leichnams von O.G. entnommenen Scheidenabstrich als auch an dem Stringtanga des Leichnams prostataspezifisches Antigen (PSA) festgestellt wurde, das in hoher Konzentration in der Samenflüssigkeit vorkommt und dem Angeklagten zweifelsfrei zugeordnet werden konnte.
238 
Die mögliche Zeitspanne, in der es nach den erhobenen Befunden zu dem Geschlechtsverkehr zwischen dem Angeklagten und O.G. gekommen sein könnte, betrage - so die beiden Sachverständigen - höchstens 24 Stunden. Da die Spuren des Sexualsekrets von dem Angeklagten auch in dem Slip von O.G. festgestellt worden sind, den diese zuletzt anhatte, ist die Strafkammer überzeugt, dass der Angeklagte als letzter vor ihrem Tod mit O.G. Geschlechtsverkehr gehabt hatte.
239 
bb) Nachtatverhalten:
240 
(1) Die Einlassung des Angeklagten, dass er - wie unter „II. Nachtatgeschehen“ festgestellt -, bevor er die Wohnung verlassen hat, diese aufgeräumt, im Schlafzimmer das Bett gerichtet und die offen herumliegende Kleidung von K. H. und O.G. sowie deren Handtasche in Tüten eingepackt und mitgenommen hat, um den Anschein zu erwecken, dass beide verreist seien, ist nach Überzeugung der Strafkammer glaubhaft.
241 
Sie wird bestätigt durch die Angaben des Zeugen A.K., der die Wohnung von O.G. am Sonntag, 11. April 2004 in einem ordentlich aufgeräumten Zustand vorgefunden hatte. Gleiches bekundete auch der Zeuge A.N., der noch am Abend des 11. April 2004, spätestens aber am nächsten Tag in der Wohnung von O.G. gewesen war.
242 
Auch der Zeuge KOK Sch., der am 21. April 2004 die Spurensicherung in der Wohnung durchführte, bekundete, dass diese in einem sehr ordentlichen Zustand gewesen sei. Die Zeugen N.N., A.N. und A.K. gaben an, dass sie in der Zwischenzeit zwar mehrmals in der Wohnung gewesen seien, an deren äußeren Zustand jedoch - bis auf Kleinigkeiten - nichts verändert hätten.
243 
(2) Die Einlassung des Angeklagten, die beiden Leichen im Kofferraum seines Fahrzeugs, Typ Renault Megane, transportiert zu haben, wird durch das in der Hauptverhandlung verlesene Gutachten des Sachverständigen Dr. R. zur Auswertung von Textilspuren nachvollziehbar bestätigt. Sowohl im Knotenbereich des um den Leichnam von O.G. gewickelten Spannbetttuches als auch im Kofferraum des Pkw’s des Angeklagten waren rote Textilfasern aus Cellulose-Regenerat durch Klebefolienabzüge erhoben und auflichtmikroskopisch untersucht worden. Die durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass diese Faserspuren in allen Merkmalen mit Fasern aus einem Wandteppich, der im Wohnzimmer der Wohnung von O.G. oberhalb eines Schlafsofas angebracht war, übereinstimmten.
244 
Zudem wurden - nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. R. - in dem Kofferraum des Pkw des Angeklagten braune, stark mattierte Polyesterfasern festgestellt, die in allen Merkmalen mit Fasern aus dem asservierten Langarm-Shirt, mit dem der Leichnam von K. H. bekleidet gewesen war, übereinstimmten.
245 
Diese Befunde lassen sich zwanglos mit der Einlassung des Angeklagten vereinbaren.
246 
(3) Die Strafkammer erachtet hingegen die Einlassung des Angeklagten, dass er zunächst vorhatte, die Leichen im Wald zu vergraben und erst, als er die Bakenfüße auf der Baustelle bei H. erblickte, den Plan fasste, die Leichen im Wasser zu versenken, als unglaubhaft. Die Strafkammer ist vielmehr überzeugt, dass der Angeklagte bereits zuvor den Plan gefasst hatte, die beiden Leichname mit den Bakenfüßen beschwert im Neckar bei N. zu versenken.
247 
Der Angeklagte gab selbst an, dass ihm die Baustelle bekannt gewesen sei und er sie regelmäßig durchfahren habe, wenn er seine Freundin A.V. in H. bei ihrer Gastfamilie abgeholt oder wieder abgesetzt hat.
248 
Die bei der Rekonstruktion am 14.07.2004 von dem Zeugen KOK Sch. gefertigten und in Augenschein genommenen Lichtbilder zeigten, dass es sich um eine groß angelegte Baustelle handelt mit einer Vielzahl von - in Bakenfüßen - aufgestellten Warn-, Absperr- und Umleitungsschildern.
249 
Dies und die von dem Angeklagten eingeschlagene Fahrtstrecke von B. in Richtung H., die ansonsten wenig Sinn macht, legt nahe, dass der Angeklagte aufgrund seiner Vorkenntnisse die Baustelle gezielt anfuhr, um dort die Bakenfüße in sein Fahrzeug zu laden, mit denen er die Leichen beschweren wollte.
250 
Die Strafkammer ist auch überzeugt, dass der Angeklagte nur zu diesem Zweck das Bügeleisen mit dem daran befindlichen stoffummantelten Kabel aus der Wohnung von O.G. mitgenommen hat, weil er das Kabel zur Befestigung benötigte. Seine Darstellung, er habe es wegen der Gefahr daran befindlicher Fingerspuren mitgenommen, macht dagegen keinen Sinn, weil er dazu das Bügeleisen hätte genauso abwischen können, wie er dies mit dem Holzschemel gemacht haben will.
251 
Der Angeklagte gab an, von B. aus plan- und ziellos („immer auf der rechten Spur“) über die Autobahn gefahren und rein zufällig nach H. gelangt zu sein. Auch bei der Rekonstruktion der Fahrtstrecke am 14. Juli 2004 - dies bekundeten die Zeugen KOK K., KOK Sch. und KOK B. - habe der Angeklagte dies angegeben.
252 
Diese Einlassung erachtete die Strafkammer als unglaubhaft. Dem Angeklagten war die Fahrtstrecke über die Autobahn nach H. bekannt. Er gab an, sowohl für die Firma V. als auch für die Firma CW. Fahrten im Raum H. bzw. nach H. direkt unternommen und dort Firmen beliefert zu haben. Im Übrigen habe er bei seiner Tätigkeit als Lkw-Fahrer regelmäßig Lieferfahrten im ganzen Bundesgebiet unternommen. Schon von daher muss ihm die Autobahnfahrtstrecke nach H., insbesondere auch die Überquerung des Neckars der BAB 6 bei N. bekannt gewesen sein.
253 
Die Strafkammer hat keinen Zweifel, dass der Angeklagte in der Tatnacht gezielt nach H./ N. gefahren ist, um dort die Leichen im Neckar zu versenken. Im Übrigen erscheint es der Strafkammer als nicht nachvollziehbar, dass der Angeklagte von B. ziel- und planlos über eine über 70 km lange Fahrtstrecke und über mehrere Autobahnkreuze hinweg schließlich rein zufällig in N. herausgekommen sein soll.
254 
(4) Die Versenkung der Leichen im Neckarkanal hat der Angeklagte glaubhaft geschildert. Seine Angaben zu der Befestigung des Bakenfußes an dem Leichnam von O.G. werden bestätigt durch die Angaben des Zeugen KOK F. zu dem am 20.04.2004 geborgenen Leichnam von O.G..
255 
Mit dem Angeklagten wurde am 12. Juli 2004 eine Rekonstruktion der F.ierung der Bakenfüße an Puppen durchgeführt. Die an der Rekonstruktion teilnehmenden Zeugen KOK K. und KOK Sch. bekundeten, dass es dem Angeklagten ohne Weiteres gelungen sei - wenn auch einzelne Knoten nicht mit denen bei der F.ierung der Bakenfüße in der Tatnacht übereingestimmt hätten -, die Bakenfüße an den Puppen mit einem Kabel zu befestigen. Der Angeklagte habe bei der Rekonstruktion - so die Zeugen - die einzelnen Handgriffe zielsicher durchgeführt.
256 
(5) Die Örtlichkeit der Einbringungsstelle - wie festgestellt - erläuterte der Zeuge KOK Sch. anhand der in Augenschein genommenen Lagepläne sowie der bei der Rekonstruktion der Fahrtstrecke dort gefertigten Lichtbilder.
257 
4. Tötung von O.G.:
258 
a) Täterschaft des Angeklagten:
259 
Die Strafkammer hat keinen Zweifel, dass der Angeklagte O.G. getötet hat.
260 
Der Angeklagte streitet selbst nicht ab, O.G. - wenn auch unter anderen, allerdings vollständig unglaubhaften und widerlegten Umständen - getötet zu haben. Dieses - allein seine Täterschaft betreffende - Geständnis des Angeklagten, erachtet die Strafkammer für glaubhaft.
261 
Aufgrund der äußeren Umstände kommt auch sonst - außer dem Angeklagten - niemand als Täter in Betracht. Nach seiner insoweit glaubhaften Einlassung waren in der Tatnacht nur er, O.G. und K. H. in der Wohnung.
262 
Zu seiner Täterschaft passt auch, dass der Angeklagte die Leichen „entsorgt“ hat. Dies würde nach Überzeugung der Strafkammer keinen Sinn machen, wenn ein Dritter O.G. getötet hätte.
263 
b) Todesursache:
264 
Es kann nach den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr.B. ausgeschlossen werden, dass O.G. durch Einwirkung stumpfer Gewalt oder durch Stichverletzungen zu Tode gekommen ist. Hierzu hatten sich bei der Obduktion des Leichnams keinerlei Hinweise ergeben.
265 
Es kann weiter ausgeschlossen werden, dass O.G. erdrosselt oder erwürgt wurde.
266 
Die Strafkammer ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr.B. überzeugt, dass O.G. erstickt wurde. Der Sachverständige führte aus, dass bei der Obduktion und der anschließenden feingeweblichen Untersuchung in Abschnitten des Lungengewebes des Leichnams von O.G. deutlich überblähte und teils zerrissene Lungenbläschen festgestellt worden seien. Die vorderen Lungenabschnitte hätten sich im vorderen Mittelfellraum fast berührt. Dieser Befund sei ein - so der Sachverständige - deutlicher Hinweis auf einen Erstickungstod.
267 
Die Strafkammer hat daran keinen Zweifel, da ansonsten keine weiteren Anhaltspunkte für eine unnatürliche Todesursache ersichtlich sind.
268 
Ein Erstickungstod durch Ertrinken war aufgrund der Befunde zum Mageninhalt auszuschließen. Dieser stellte sich als auffallend dickflüssig dar. Die rechtsmedizinischen Sachverständigen E. und Dr.B. führten übereinstimmend aus, dass sich damit ein Ertrinkungstod nicht vereinbaren lasse. Wäre O.G. ertrunken, wäre Wasser in den Magen gelangt und der Mageninhalt hätte sich als wässrig und suppig und nicht - wie hier - als dickflüssiger Speisebrei dargestellt. Der Sachverständige E. führte zudem aus, dass der mittels Teststreifen-Methode ermittelte ph-Wert des Mageninhalts zwischen 4,3-4,5 betragen habe und daher als sauer einzustufen sei. Der neutrale Wert liege bei 7,0. Auch dies belege, dass in den Magen kein - neutralisierend wirkendes - Wasser gelangt sei und damit ein Ertrinkungstod ausscheide.
269 
Nach Überzeugung der Strafkammer blieb danach - als einzig noch möglich erscheinende und auch naheliegende - Erklärung für einen Erstickungstod, dass der Angeklagte O.G. mittels einer weichen Bedeckung, z.B. einem Kissen, erstickt hat, wobei offen blieb, ob der Angeklagte dabei das Gesicht von O.G. entweder in eine weiche Bedeckung drückte oder es damit bedeckte. Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. führte aus, dass bei einem derartigen Erstickungstod nur in 17 % der Fälle punktförmige Einblutungen im Gesicht entstehen.
270 
Danach ereignete sich die Tat nach Überzeugung der Strafkammer mit hoher Wahrscheinlichkeit im Schlafzimmer der Wohnung von O.G., wobei der Angeklagte ein auf dem Bett liegendes Kissen verwendete.
271 
Dafür spricht, dass nach den Bekundungen des Zeugen KOK Sch. bei der am 21. April 2004 zur Spurensicherung durchgeführten Durchsuchung der Wohnung von O.G. sich auf dem Doppelbett im Schlafzimmer keine Kopfkissen und Schlafdecken befunden hätten. Das Bett sei lediglich mit einer lilafarbenen Tagesdecke überdeckt gewesen. Dies wurde auch durch die in Augenschein genommenen in der Wohnung von O.G. gefertigten Lichtbilder belegt. Es ist daher anzunehmen, dass der Angeklagte nach der Tat, als er die Leintücher von dem Bett nahm, auch die Kopfkissen und Bettdecken entfernt hat und entweder in den Schrank gelegt - in diesem befanden sich nach den Bekundungen des Zeugen KOK Sch. je zwei Kopfkissen und Bettdecken - oder diese auch mitgenommen hat, um so mögliche Tatspuren zu beseitigen.
272 
d) Hintergrund/Motiv für die Tat:
273 
Für die Strafkammer steht fest, dass der Angeklagte und O.G. in einen Streit gerieten, der ihn so wütend machte oder so nervte, weil ihm die Streiterei mit O.G. endgültig lästig wurde, dass er sich spontan entschloss, O.G. zu töten.
274 
aa) Zwischen dem Angeklagten und O.G. kam es regelmäßig zu Streitigkeiten.
275 
Der Angeklagte gab an, dass es in ihrer Beziehung von Beginn an regelmäßig zu Spannungen und Streitigkeiten gekommen sei. Ein längeres Zusammenleben habe daher nicht funktioniert. Bei den Streitigkeiten sei es u.a. um den Alkoholkonsum von O.G. - sie habe gelegentlich größere Mengen getrunken - und, insbesondere als sie noch in dem Wohnheim in H. gewohnt hätten, um ihren Umgang mit Männern gegangen, aber auch um seinen Umgang mit anderen Frauen. Nach der Geburt von K. habe ihm O.G. ständig Vorwürfe gemacht, dass er sich zu wenig um sie und K. kümmere. Auch dies habe zu Streitigkeiten geführt. Diese sei er dann leid gewesen, so dass er sich an Silvester von ihr getrennt habe.
276 
Die Zeugen N.N. und A.K. bestätigten, dass es zwischen dem Angeklagten und O.G. häufig zu Streitigkeiten gekommen sei. O.G. habe ihnen davon berichtet. Sie hätten auch mitbekommen, dass O.G. und der Angeklagte mal zusammen, dann wieder auseinander gewesen seien. Die Zeugen bekundeten weiter, dass die Streitigkeiten auch in dem Naturell von O.G. gelegen haben dürften, den Angeklagten hätten sie nur flüchtig gekannt. Beide Zeugen beschrieben O.G. als eine Person, die deutlich ihre Meinung habe sagen können und sich nicht den Mund habe verbieten lassen. Auch der Angeklagte gab an, dass O.G. sich nur wenig habe sagen lassen.
277 
Die Zeugin T.L. bekundete, als O.G. nach B. gezogen sei, habe sie engeren Kontakt zu ihr gehabt und diese habe ihr erzählt, dass es oft Streit zwischen ihr und dem Angeklagten gebe. O.G. sei unzufrieden gewesen. Sie habe sich darüber beklagt, dass der Angeklagte ihr keine Hilfe sei, komme und gehe, wann er wolle und sich nicht um sie und die Kinder kümmere.
278 
All dies zeigt, dass Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten und O.G. die Regel waren.
279 
bb) Gegenstand des Streits in der Tatnacht
280 
Die Strafkammer vermochte nicht festzustellen, um was es bei dem Streit in der Tatnacht gegangen ist, außer dass es sich um einen irgendwie gearteten Beziehungsstreit gehandelt hat.
281 
Es lagen keine objektiven Anhaltspunkte vor, die Hinweis auf den konkreten Gegenstand des Streits in der Tatnacht geben konnten, insbesondere keine dahingehend, dass der Angeklagte in irgendeiner Weise von O.G., etwa durch eine schwere Beleidigung oder dergleichen, provoziert und zur Tat hingerissen worden wäre.
282 
cc) Tatmotiv: Eifersucht
283 
Die Strafkammer konnte keine Überzeugung dahingehend gewinnen, dass der Angeklagte grenzenlos eifersüchtig war und, weil O.G. den von dem Angeklagten aus sexuellen Motiven gesuchten Kontakt nicht fortsetzen, sondern sich endgültig von ihm trennen wollte, ihr jegliches Lebensrecht absprach und sie deshalb tötete.
284 
Anhaltspunkte dafür, dass O.G. die Absicht hatte, sich von dem Angeklagten zu trennen, vermochte die Strafkammer nicht zu erkennen. Vielmehr war der Kontakt zwischen dem Angeklagten und O.G. seit Ende Februar wieder häufiger geworden. Zuletzt hatte der Angeklagte zwischen dem 29. März 2004 und 3. April 2004 mindestens dreimal kurz hintereinander bei O.G. übernachtet, nämlich in der Nacht vom 29. März auf 30. März 2004, als es zu der Auseinandersetzung mit A.R. kam, und anschließend bis zum Wochenende noch mindestens zweimal. Letzteres zeigen die Angaben des Angeklagten und die Bekundungen der Zeugin T.L.. Diese gab an, dass nach der Nacht, in der die Auseinandersetzung mit A.R. stattgefunden habe, das Fahrzeug des Angeklagten, ein älterer grüner Golf, den der Angeklagte frührer schon gefahren habe, an mindestens zwei der nachfolgenden Tage am Morgen vor dem Gebäude gestanden habe. Tatsächlich bestätigte der Angeklagte, dass er in dem Zeitraum vom 30. März bis zum 3. April 2004 vorübergehend mit einem grünen Golf, der früher seiner gewesen sei, gefahren sei.
285 
Die zuletzt wieder gehäuften Kontakte - hinzu kommt der Besuch des Angeklagten in der Tatnacht - sprechen nach Auffassung der Kammer eher dafür, dass die (sexuelle) Beziehung zwischen ihnen wieder intensiviert wurde. Dafür, dass in der Tatnacht eine Trennungsabsicht oder - noch weitergehend - eine endgültige Trennung seitens O.G. zur Sprache gekommen ist, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.
286 
Ebenso wenig konnte sich die Strafkammer eine Überzeugung davon verschaffen, dass der Angeklagte O.G. aus übersteigerter Eifersucht getötet hat.
287 
Die Strafkammer verkannte dabei nicht, dass bei dem Angeklagten eifersüchtige Persönlichkeitszüge vorhanden sind, die jedoch nach Auffassung der Strafkammer noch als „normal“ einzustufen sind. Die Auseinandersetzung mit A.R. in der Nacht vom 29. auf 30. März 2004 ist Ausdruck seiner eifersüchtigen Persönlichkeitsstruktur oder eher eines Besitzdenkens. Der Geschädigte A.R. schilderte diesen Vorfall samt seiner Folgen glaubhaft wie oben festgestellt. Belastungstendenzen waren bei dem Zeugen nicht erkennbar, zumal er in der Hauptverhandlung erstmals einräumte, dass er bei der Auseinandersetzung ein Taschenmesser bei sich gehabt habe. Auch der Angeklagte räumte den Vorfall ein. Er gab an, A.R. ins Gesicht geschlagen und in seine Wohnung gestoßen zu haben, wenngleich er bei seinen Angaben bestrebt war, seine Tatbeiträge zu beschönigen.
288 
Die Strafkammer ist überzeugt, dass der Angeklagte in dieser Nacht A.R. als seinen „Widersacher“ erkannt und ihm eine Lektion erteilt hat. Diese hat auch ihre Wirkung nicht verfehlt. A.R., der in der Hauptverhandlung noch ersichtlich eingeschüchtert wirkte, gab an, dass er noch in derselben Nacht aus der Wohnung ausgezogen und wieder zu seinen Eltern gezogen sei. Er sei nicht mehr in die Wohnung zurückgekommen, da er Angst gehabt habe, dem Angeklagten nochmals zu begegnen. Noch am Dienstag, 30. März 2004, habe er mit O.G. telefoniert und die Beziehung mit ihr beendet.
289 
Weiter schilderte die Zeugin E. N. einen in der Vergangenheit liegenden Vorfall an Weihnachten 2001, bei dem es zwischen dem Angeklagten und O.G. zu einem Streit gekommen sei. Der Angeklagte sei alkoholisiert gewesen und habe O.G. beschimpft und ihr vorgeworfen, dass sie schon mit allen Männern aus dem Wohnheim geschlafen habe. Im Verlauf dieses Streits habe der Angeklagte ein Glas nach O.G. geworfen, das sie aber verfehlt habe.
290 
Die Zeugin L.G., eine Nachbarin von O.G. bekundete, dass sie mit O.G. gelegentlich Kontakt gehabt habe und in deren Wohnung gesehen habe, dass die Telefonbuchse aus der Wand herausgerissen gewesen sei. Sie habe O.G. danach gefragt und von ihr erfahren, dass dies der Angeklagte getan habe. Er sei eifersüchtig gewesen, da immer wieder jemand angerufen, sich aber niemand gemeldet habe. Er habe dahinter Anrufe ihrer Liebhaber vermutet.
291 
Weitere beweiserhebliche Anhaltspunkte, die auf ein besonders eifersüchtiges Verhalten des Angeklagten Hinweis hätten geben können, konnten die vernommenen Zeugen aus eigener Wahrnehmung nicht bekunden.
292 
Aufgrund der vorgenannten Vorkommnisse ist ersichtlich, dass der Angeklagte ein zu Eifersucht neigender Mensch ist und er in Bezug auf O.G. auch Besitzansprüche erhoben und durchgesetzt hat. Dies hält sich jedoch nach Auffassung der Strafkammer noch im „normalen“ Rahmen. Dafür, dass die Eifersucht des Angeklagten solche Ausmaße angenommen haben könnte, dass er deswegen O.G. das Lebensrecht abgesprochen haben könnte, gab es keinerlei Anhaltspunkte.
293 
Weiter konnte sich die Strafkammer keine Überzeugung davon verschaffen, dass der Angeklagte nach dem Anruf der Polizei bei seinem Bruder V.H. am 10. April 2004, 15.52 Uhr, nach dem Verlassen der Wohnung von Wut oder Eifersucht und/oder gekränktem Besitzdenken getrieben zu O.G. gefahren ist und diese getötet hat. Daran bestehen aufgrund der nachfolgenden Erwägungen erhebliche, nicht auszuräumende Zweifel.
294 
- Der Angeklagte ging aus der Auseinandersetzung mit A.R. am 30. März 2004 als „Gewinner“ hervor. Es spricht daher viel dafür, dass für ihn die Angelegenheit erledigt war und der Angeklagte keine Schmach empfunden hat. Gegen eine solche von ihm empfundene Kränkung spricht auch der Umstand, dass er mindestens zwei der darauffolgenden Nächte bei O.G. verbrachte. Zudem ist davon auszugehen, dass ihm O.G. bei einem dieser Besuche mitgeteilt hat, dass A.R. die Beziehung zu ihr beendet hat und der Angeklagte damit erreicht hatte, was er wollte.
295 
- Die Zeugen V.H. sen. und V.H. jun. berichteten zwar, dass der Angeklagte nach dem Anruf der Polizei nervös und aufgebracht gewesen und es Thema gewesen sei, zu O.G. zu fahren, um die Sache mit ihr zu klären. Weiter gaben sie jedoch übereinstimmend an, dass sich der Angeklagte alsbald wieder beruhigt habe. Dem Angeklagten sei im weiteren Verlauf des Nachmittags und Abends auch keinerlei innere Aufregung mehr anzumerken gewesen.
296 
Dafür, dass der Anruf ihn an diesem Tag nicht weiter beschäftigt hat, spricht auch, dass er nach dem Telefonat noch mehrere Stunden zu Besuch bei seinem Bruder blieb und auch nicht - dies wäre nach Auffassung der Strafkammer zu erwarten gewesen, wenn der Anruf ihn so aufgewühlt hätte und er deshalb entschlossen gewesen wäre, zu O.G. zu fahren - die Gelegenheit wahrnahm, sich der Familie seines Vaters anzuschließen, die gegen 19.00 Uhr aufbrach.
297 
- Gegen eine Tatmotivation aus Eifersucht spricht auch, dass der Angeklagte vor der Tat noch Geschlechtsverkehr mit O.G. gehabt hat. Mit dem der Tötung von O.G. vorangegangenen Geschlechtsverkehr lässt sich schon von der Dramaturgie her eine Eifersuchtstat, die ihren Ursprung in dem nachmittäglichen Anruf der Polizei gehabt haben soll, nach Auffassung der Strafkammer kaum vereinbaren.
298 
- Schließlich dürfte nach Auffassung der Strafkammer die Mitteilung in dem polizeilichen Anruf, A.R. habe Anzeige gegen ihn erstattet, für den Angeklagten nicht sonderlich überraschend gewesen sein.
299 
Der Angeklagte gab an, dass ihm O.G. zuvor schon bei einem seiner Besuche mitgeteilt habe, dass sie von der Zeugin V.G., der Tante von A.R., die ebenfalls im Gebäude V.G. wohnt, erfahren habe, dass A.R. Anzeige gegen ihn erstattet habe oder erstatten wolle. Diese Einlassung erachtet die Strafkammer als glaubhaft. Die Zeugin V.G. wie auch die Zeugin M. F., eine weitere Hausbewohnerin, gaben an, dass die Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und A.R. Gesprächsthema im ganzen Haus gewesen sei. Es ist daher davon auszugehen, dass auch der Angeklagte von der Anzeige schon im Vorfeld erfahren hatte.
300 
Aufgrund dieser Gesichtspunkte konnte die Strafkammer keine dahingehende Überzeugung gewinnen, dass die Tat in einem Zusammenhang mit dem Anruf der Polizei am 10. April 2004 stand.
301 
Vielmehr ist die Strafkammer überzeugt, dass der Angeklagte in der Tatnacht O.G. allein deswegen besuchte, um mit ihr Geschlechtsverkehr zu haben.
302 
Insgesamt konnte sich die Strafkammer nach allem keine Überzeugung verschaffen, dass der Angeklagte die Tat aus Eifersucht beging.
303 
dd) Nach alldem konnte die Strafkammer allein feststellen, dass der Angeklagte und O.G. in einen irgendwie gearteten Beziehungsstreit gerieten, der den Angeklagten so erregte, dass er spontan beschloss, O.G. zu töten. Dass der Tat ein solcher Streit voranging, steht für die Strafkammer außer Zweifel, da die Tötung anders nur dann erklärbar wäre, wenn sie geplant oder vorbedacht gewesen wäre. Dies kann dem Angeklagten indes nicht unterstellt werden.
304 
e) Der Angeklagte handelte nach Überzeugung der Strafkammer mit direktem Tötungsvorsatz.
305 
Dies zeigt die Art und Weise der Tötungshandlung. Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. führte aus, dass die Tötung durch Ersticken mit einer weichen Bedeckung einen Zeitraum von 2-5 Minuten benötigt.
306 
Das vollständige Abstellen der Luftzufuhr über einen solch langen Zeitraum rechtfertigt nach Überzeugung der Strafkammer die Annahme, dass der Angeklagte O.G. töten wollte.
307 
5. Tötung von K. H.:
308 
a) Todesursache:
309 
Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. führte aus, bei der am 22. Juni 2004 durchgeführten Obduktion des Leichnams habe die Todesursache nicht geklärt werden können. Der Leichnam sei in einem fortgeschrittenen Stadium in Form von Fäulnis und Fettwachsbildungen verändert gewesen.
310 
Er führte weiter aus, dass an dem Körper des Leichnams, der ohne Kopf gewesen sei, keine Hinweise auf Einwirkung stumpfer oder spitzer Gewalt festgestellt worden seien.
311 
Ferner habe sich der Kopf postmortal von dem Rumpf des Leichnams gelöst. Anhand der bei der Obduktion und bei der Bergung des Leichnams gefertigten und in Augenschein genommenen Lichtbilder erläuterte der Sachverständige Dr.B., dass das Haut- und Muskelgewebe an der Abrissstelle um den freiliegenden Stumpf der Wirbelsäule deutlich sichtbar weniger fäulnis- und fettwachsverändert als der übrige Körper des Leichnams gewesen sei, so dass zwingend anzunehmen ist, dass der Kopf sich erst später, als der Leichnam bereits im Wasser lag, abgelöst habe. Dies korrespondiere mit der Einlassung des Angeklagten, wonach der Bakenfuß an dem Leichnam von K. nur mit dem um den Hals geknoteten Kabel befestigt war, so dass der Kopf, nachdem der Oberkörper Auftrieb bekommen hatte, aufgrund der fortschreitenden Fäulnis genau dort abriss.
312 
Der Kopf des Leichnams konnte trotz mehrfacher Taucheinsätze im Neckarkanal zwischen der Einbringungsstelle und dem Fundort des Leichnams nicht aufgefunden werden.
313 
Gleichwohl schließt die Strafkammer aus, dass K. durch Gewalteinwirkung gegen den Kopf zu Tode gekommen ist. Dazu hätte es bei dem 2 1/2 Jahre alten K. einer massiven Gewalteinwirkung bedurft, die zur Folge gehabt hätte, dass K. dabei äußere blutende Verletzungen und/oder einen Schädelbruch, bei dem es - bis auf wenige Ausnahmen - zu Blutaustritten aus Nase, Ohren oder Mund kommt, erlitten hätte. Diese Blutungen hätten Spuren hinterlassen. Solche Blutspuren wären insbesondere an dem in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Spannbetttuch, mit dem der Angeklagte in der Tatnacht K. eingewickelt und im Kofferraum seines Fahrzeugs transportiert hatte, zu erwarten gewesen.
314 
Nach den Ausführungen der molekulargenetischen Sachverständigen Dr.D. konnten an dem Spannbetttuch jedoch keine Blutspuren von K. festgestellt werden. Zwar verlief der Blutnachweis in einem Bereich positiv, bei allen übrigen vorhandenen Antragungen war der Nachweis negativ. Die Blutspur wurde molekularbiologisch untersucht und ergab eine Mischspur. Nach dem Abgleich des sich daraus ergebenden DNA-Musters mit dem DNA-Identifizierungsmuster des getöteten K. H. konnte dieser als Mitspurenverursacher vollständig ausgeschlossen werden. Die Sachverständige Dr.D. führte weiter aus, dass, obwohl das Spannbetttuch von dem Angeklagten gewaschen worden sei, eine Blutspur von K. noch nachweisbar gewesen wäre. Dies zeige schon, dass in einem Bereich der Blutnachweis positiv verlief.
315 
Die Strafkammer folgt den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr.D. und schließt danach aus, dass K. H. durch eine Gewalteinwirkung gegen den Kopf zu Tode gekommen ist, zumal auch in der Wohnung von O.G. keinerlei Blutspuren festgestellt werden konnten. Dies bekundete der Zeuge KOK Sch. nach gründlicher Absuche in der gesamten Wohnung.
316 
Die Strafkammer ist überzeugt, dass K. H. durch Fremdeinwirkung getötet wurde. Dabei kommt als Todesursache nach Überzeugung der Strafkammer, da weitere Todesursachen ausscheiden, am ehesten in Betracht, dass auch K. H. erstickt wurde.
317 
Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. führte aus, dass bei der Obduktion keinerlei Hinweise auf eine natürliche Todesursache hätten festgestellt werden könnten. Ein Erstickungstod sei nach den Befunden nicht ausgeschlossen. Beide Lungen seien stark fäulnisverändert gewesen, so dass nach der Untersuchung des Lungengewebes keine differenzierende Feststellung - weder positiv noch negativ - habe getroffen werden können.
318 
b) Täterschaft:
319 
Für die Tötung von K. kamen als Täter nur der Angeklagte oder O. G. in Frage. Da keine unmittelbaren tatbezogenen Beweismittel vorlagen, nahm die Strafkammer zur Klärung der Täterschaft eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände vor. Danach hat die Strafkammer keinen Zweifel, dass der Angeklagte K. H. getötet hat. Eine Täterschaft von O.G. schließt sie aus.
320 
Dazu im Einzelnen:
321 
aa) Täterschaft durch O.G.?
322 
Der Angeklagte gab an, dass O.G. K. mit dem Bügeleisenkabel erdrosselt habe. Motiv für die Tötung sei der in ihr nach Kenntnisnahme der SMS von A.V. aufgekommene „Hass auf alle H.s“ gewesen.
323 
Diese Einlassung des Angeklagten ist jedoch vollständig frei erfunden und konnte daher bei der Klärung der Frage, wer K. H. getötet hat, nicht herangezogen werden.
324 
Gleichwohl war zu prüfen, ob O.G. ein Motiv für die Tötung ihres Sohnes gehabt haben könnte und ihr eine solche Tat zuzutrauen gewesen wäre.
325 
(1) Gegen eine Täterschaft durch O.G. sprach, dass sie ein gutes, normales mütterliches Verhältnis zu K. hatte.
326 
Die Zeugin N.N. bekundete, dass O.G. sich sehr sorgsam um K. gekümmert habe. Sie habe ihn geliebt und ihn oft in den Arm genommen. Im Gegensatz zu K., die an den Wochenenden regelmäßig bei ihnen gewesen sei, habe O.G. K. nie alleine gelassen. Sie habe befürchtet, dass er sich dann nicht mehr beruhigen werde, wenn seine Mutter nicht da sei. Auch zu K. habe sie ein gutes Verhältnis gehabt. K. sei jedoch in ihrer Erziehung schwieriger gewesen und es sei gelegentlich zu Streitigkeiten zwischen ihr und O.G. gekommen. Dabei sei es auch vorgekommen, dass O.G. „die Hand ausgerutscht“ sei. K. habe sie allerdings nie geschlagen. Der Zeuge A.K. bestätigte voll umfänglich diese Angaben. Beide Zeugen bekundeten, dass sie engen Kontakt zu O.G. und den Kindern gehabt hätten.
327 
Aufgrund der Übereinstimmung ihrer Angaben und in Anbetracht dessen, dass die beiden Zeugen regelmäßig Kontakt zu O.G. und den Kindern gehabt haben, erachtet die Strafkammer ihre Angaben als glaubhaft.
328 
Auch die Zeugin T.L., die zeitweise engeren Kontakt zu O.G. gehabt hatte, bestätigte, dass O.G. eine gute Beziehung zu den Kindern gehabt habe. Streitigkeiten habe es nur mit K. gegeben, nicht mit K..
329 
Der Zeuge A.R. gab an, dass er in dem Zeitraum, in dem er eine Beziehung mit O.G. gehabt und mit ihr zusammengelebt habe, keine Auffälligkeiten in dem Verhältnis von O.G. zu ihren Kindern bemerkt habe. Zu K. habe sie ein gutes, normales Verhältnis gehabt.
330 
Dem widersprechend behauptete der Angeklagte, dass O.G. eine schlechte Mutter gewesen sei. Sie habe sich nicht richtig um K. gekümmert. So habe sie ihn z.B. ständig an der Flasche nuckeln lassen, damit er ruhig sei.
331 
Der Zeuge V.H. jun. bekundete, dass er aus eigener Wahrnehmung über die Beziehung von O.G. zu K. nichts sagen könne. Der Angeklagte habe sich jedoch in Gesprächen mit ihm öfter darüber aufgeregt, dass sich O.G. nicht richtig um K. sorge, insbesondere habe es dem Angeklagten missfallen, dass O.G. häufig Männerbekanntschaften in ihrer Wohnung empfangen und mit ihnen Geschlechtsverkehr im Bett neben K. gehabt habe. Dies sei noch in dem Wohnheim in H. gewesen. Als O.G. nach B. gezogen sei, habe man Überlegungen angestellt, K. in die Familie zu nehmen. Konkret unternommen habe man diesbezüglich jedoch nichts.
332 
Die Zeugin E.H., die Schwester des Angeklagten, gab an, dass sie O.G. und K., als diese noch in H. in dem Wohnheim gewohnt hätten, häufiger gesehen habe. Sie habe den Eindruck gehabt, dass O.G. K. nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt und - so habe es zumindest von außen ausgesehen - ihm gegenüber keine Muttergefühle gehabt habe.
333 
Die Zeugin L.A., eine Bekannte des Angeklagten, bekundete, dass bei einem Besuch von ihr im Februar 2002 im Wohnheim in H. O.G. alkoholisiert gewesen sei und im Streit mit ihr und dem Angeklagten „durchgedreht“ sei. Dabei habe sie den Angeklagten und sie beschimpft. Zudem habe sie im Verlaufe dieses Streites K. genommen und geschüttelt. Sie habe befürchtet, dass O.G. K. gegen die Wand werfe. Danach habe die Zeugin keinen Kontakt mehr zu O.G. gehabt.
334 
Diese Bekundungen und jene des Angeklagten sowie der Zeugen V.H. jun. und E.H. bezüglich der Beziehung von O.G. zu K. erachtet die Strafkammer als nur wenig aussagekräftig. Sie beschrieben O.G. mit Ausnahme des Vorfalls vom Februar 2002 lediglich pauschal als schlechte Mutter. Konkrete Anhaltspunkte für diese Annahme konnten sie nicht benennen.
335 
Die Strafkammer verkannte bei ihrer Beurteilung der Beziehung von O.G. zu ihren Kindern nicht, dass diese gegenüber K. gelegentlich handgreiflich wurde. Dies erscheint jedoch „verständlich“, da K. nach den Angaben der Zeugen N.N. und A.K. ein eher „schwieriges“ Kind ist. Zudem war O.G. alleinerziehend und bewohnte mit den Kindern eine kleine 2-Zimmerwohnung. Es ist daher zumindest nachvollziehbar, dass O.G. hin und wieder die Geduld verloren und K. geschlagen hat. Dies war jedoch nach Auffassung der Strafkammer nicht typisch für ihr Verhalten oder Ausdruck eines bei ihr vorhandenen Aggressionspotentials, sondern eher eine erzieherische Maßregel bzw. ein Zeichen von Überforderung.
336 
Auch wenn in der Wohnung von O.G. wenig darauf hindeutete, dass dort zwei kleine Kinder lebten, was allerdings den beengten Wohnverhältnissen und den hausfraulichen Fähigkeiten von O.G. zuzuschreiben ist, ist die Strafkammer aufgrund der Angaben der Zeugen N.N., A.K., T.L. und A.R. überzeugt, dass O.G. zu ihren Kindern, insbesondere zu K., eine gute, normale mütterliche Beziehung hatte.
337 
(2) Gegen eine Täterschaft durch O.G. spricht, dass sie allein wegen K. berechtigt war, sich in Deutschland aufzuhalten. Sie besaß nur die russische Staatsangehörigkeit und hätte ausreisen müssen, wenn sie nicht ein Kind von dem deutschstämmigen Angeklagten bekommen hätte. K. war quasi die „Versicherung“ für ihre Aufenthaltserlaubnis. Dies wusste O.G. wie die Zeugen A.N. und N.N. bestätigten.
338 
O.G. hätte daher, wenn sie ihren Sohn getötet hätte, gleichzeitig ihre „Aufenthaltserlaubnis“ verloren.
339 
Die Strafkammer übersah bei der Beurteilung dieses Gesichtspunktes - wie auch bei der gesamten Würdigung zu der Frage, ob O.G. K. getötet hat - nicht, dass O.G. in der Tatnacht in einem Streit mit dem Angeklagten in einen hochgradigen Affekt geraten und dadurch enthemmt K. getötet haben könnte, ohne dabei an eine dann drohende Ausweisung aus Deutschland zu denken.
340 
Jedoch ist die diesbezügliche Darstellung des Angeklagten vollständig widerlegt und objektive Anhaltspunkte für ein anderweitiges Tatgeschehen liegen nicht vor. Die Strafkammer ist aber nicht gehalten, an sich möglich erscheinende, für den Angeklagten günstige Tatversionen anzunehmen, für die es keine tatsächliche Grundlage gibt.
341 
Die Strafkammer verkannte desweiteren nicht, dass O.G., wenn sich die Tat in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 zugetragen hatte, zum Tatzeitpunkt alkoholisiert gewesen sein dürfte. Sie war jedoch - dies gab der Angeklagte selbst an und wurde von den Zeugen N.N. und A.K. bestätigt - trinkgewohnt. Die Zeugin N.N. und A.K. bekundeten zudem, dass O.G. am Abend des 9. April 2004 keinen angetrunkenen Eindruck gemacht habe und ihr der Alkohol nicht anzumerken gewesen sei. Die Strafkammer schließt daher aus, dass der von O.G. am Nachmittag genossene Alkohol bei der Tat - sollte sich diese in der darauffolgenden Nacht zugetragen haben - eine Rolle spielte.
342 
(3) Die Zeugen N.N. und A.N. beschrieben O.G. als eine hitzige, aufbrausende und streitlustige Person, die sich den Mund nicht verbieten lasse. Sie bekundeten weiter, dass sich dies aber nur verbal geäußert habe, zu Aggressionshandlungen sei es dabei nie gekommen
343 
Auch von den übrigen Zeugen wurden keine Streitigkeiten geschildert, in denen O.G. körperlich aggressiv agiert hat. Auch der Angeklagte benannte - bis auf seine Einlassung zum Tatgeschehen - keine Aggressionshandlungen seitens O.G..
344 
Dass O.G. nur mit Worten stritt, spricht gegen eine Tatbegehung durch sie.
345 
(4) Der Auslöser für das Tatgeschehen war ein Streit zwischen dem Angeklagten und O.G.. K. hatte damit nichts zu tun.
346 
Die Strafkammer sieht danach keinen plausiblen Grund, warum O.G. aus diesem Streit heraus, der mit K. nichts zu tun hatte, ihre Aggressionen mit tödlicher Konsequenz gegen ihren Sohn gerichtet haben sollte.
347 
bb) Täterschaft durch den Angeklagten:
348 
Auch bei dem Angeklagten war aufgrund aller Umstände zu prüfen, ob er ein Motiv für die Tötung von K. gehabt haben könnte und ob ihm eine solche Tat zuzutrauen ist.
349 
(1) Das Verhältnis des Angeklagten zu K. war oberflächlich. Das Interesse an seinem Sohn war gering, dieser war ihm eher egal.
350 
Zwar hat der Angeklagte K. an Weihnachten und den Geburtstagen immer Geschenke gemacht und bei der Vorbereitung der Feierlichkeiten mitgeholfen, wie die Zeugen N.N., V.H. jun. und die Schwester des Angeklagten E.H. bestätigten.
351 
Ansonsten hat sich der Angeklagte aber - nach Überzeugung der Strafkammer - nur wenig um seinen Sohn gekümmert, dieser war ihm eher egal.
352 
Die Zeugen A.N. und T.L. bekundeten, dass O.G. oft darüber geklagt habe, dass sich der Angeklagte nicht um die Kinder kümmere, komme und gehe wann er wolle, und ihr keine Hilfe sei.
353 
Der Angeklagte gab zu dem Verhältnis zu K. selbst an, dass er seinen Sohn nur selten gesehen habe. Anfangs, als sie noch in H. gewohnt hätten, habe er seinen Sohn - allerdings berufsbedingt - nur an den Wochenenden gesehen. Als O.G. nach B. gezogen sei, sei er im Durchschnitt einmal pro Woche zu Besuch bei seinem Sohn gewesen. Anfang des Jahres 2004, nachdem sich der Angeklagte von O.G. getrennt habe, sei er über Wochen - bis Ende Februar 2004 - gar nicht zu Besuch bei ihr gewesen und habe damit auch seinen Sohn nicht gesehen. K. habe aufgrund des seltenen Kontakts Angst vor ihm gehabt. Zudem könne er mit kleinen Kindern nicht umgehen.
354 
Der Angeklagte erklärte weiter, dass er mit K. auch gespielt habe - an der „Playstation“. Dies erscheint angesichts des Alters von K. und dessen verzögerter geistiger Entwicklung nur schwer vorstellbar. Weitere Beispiele dafür, was er mit seinem Sohn unternommen habe, vermochte der Angeklagte indes auch auf Nachfrage nicht zu nennen.
355 
Die Strafkammer ist überzeugt, dass der Angeklagte für K. nur wenig empfand. Sein Interesse galt der sexuellen Beziehung zu O.G..
356 
So besuchte der Angeklagte O.G., nachdem sie Ende Februar 2004 ihre sexuelle Beziehung wieder aufgenommen hatten, immer erst spät am Abend. Die Besuche erfolgten damit zu Zeitpunkten, als K. schon im Bett lag und schlief, und dienten allein dem Zweck, mit ihr ins Bett zu gehen. Die Strafkammer ist überzeugt, dass dies in der Zeit vor ihrer Trennung Ende 2003 nicht anders gewesen ist, da sich an ihrer Beziehungsstruktur nichts geändert hat.
357 
Dies zeigt, dass der Angeklagte an K. kaum Interesse hatte.
358 
Zu dieser Einstellung des Angeklagten - seinem Desinteresse und seiner Gleichgültigkeit - gegenüber K. passt auch die Bekundung der Zeugin N.N., die das Verhältnis des Angeklagten zu seinem Sohn als kalt beschrieb.
359 
(2) Der psychiatrische Sachverständige Dr. W., der der Strafkammer aus einer Vielzahl von Verfahren als zuverlässig und kompetent bekannt ist, führte in seinem mündlich erstatteten Gutachten aus, dass er bei dem Angeklagten im Rahmen der Persönlichkeitsdiagnostik eine extreme emotionale Indifferenz festgestellt habe, die durch Gefühlsarmut, eine eklatant defizitäre Empathiefähigkeit und eine massive Ich-bezogenheit charakterisiert sei.
360 
Er habe den Angeklagten in Untersuchungsgesprächen am 22., 24. und 26. November 2004 (Gesamtdauer 10 Stunden) eingehend exploriert. Dabei habe der Angeklagte zweimal detailliert und bis in einzelne Formulierungen hinein übereinstimmend seine Tatversion, die seiner Einlassung in der Hauptverhandlung entsprochen habe, geschildert. Dabei habe der Angeklagte - dies sei im höchsten Maße auffällig gewesen - seine Schilderungen in völlig gleichbleibender innerer Gelassenheit und mit großer Distanziertheit vorgetragen, ohne dass eine innere emotionale Anteilnahme spürbar gewesen wäre. Völlig unabhängig davon, ob er von der Tötung seines Sohnes durch O.G. oder seines Tötungsdelikts zu deren Nachteil berichtet habe, habe er sich jeweils hiervon völlig unberührt gezeigt. Das Fehlen jeglicher affektiver Beteiligung habe insgesamt den Eindruck entstehen lassen, dass ihn das, was er schilderte - trotz der in ihrer Destruktivität objektiv erschütternden Geschehnisse -, nicht betreffen würde und mit ihm als fühlendes, denkendes und handelndes Subjekt nichts unmittelbar zu tun habe.
361 
Zudem weise die in seinen Angaben zum Ausdruck gekommene Unbekümmertheit, in der Tatnacht mit O.G. mehrmals Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, nachdem er kurz zuvor A.V., die er - wie der Angeklagte angab - geliebt habe, nach S. gebracht hatte, auf eine ausgeprägte ichbezogene innere Bindungsarmut hin - nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“.
362 
Der Sachverständige führte weiter aus, dass es sich bei den oben genannten Persönlichkeitsauffälligkeiten des Angeklagten um primäre charakterliche Defizite handele und nicht um postdeliktische Veränderungen im Sinne eines abwehrenden Verdrängungsprozesses. Dies belege insbesondere das Nachtatverhalten des Angeklagten, das in dem überlegten Vorgehen und der Durchführung von einer außerordentlichen Kaltblütigkeit zeuge. Auch sein Verhalten gegenüber A.V., neben der der Angeklagte weiterhin seine sexuelle Beziehung zu O.G. unterhalten habe, und die Unbekümmertheit, mit der er schilderte, noch an demselben Abend, als A.V. nach Paris gefahren sei, mit O.G. mehrfach Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, seien weitere Belege dafür, dass die charakterlichen Defizite bei dem Angeklagten primärer Natur seien.
363 
Die Strafkammer schließt sich den detaillierten und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. W. aufgrund eigener Überzeugungsbildung an. Auch bei seiner Einlassung in der Hauptverhandlung zeigte der Angeklagte überwiegend dasselbe Aussageverhalten wie das von dem Sachverständigen in den Untersuchungsgesprächen beschriebene. Lediglich einmal, bei seiner Vernehmung am 8. Juli 2004 soll der Angeklagte nach den Bekundungen des KOK K. mit den Tränen gerungen haben, als er von K. sprach.
364 
(3) Im Gegensatz zu O.G., die nur mit Worten stritt, kam es bei dem Angeklagten in Streitigkeiten auch zu Aggressionshandlungen. Dies zeigten deutlich die Auseinandersetzung des Angeklagten mit A.R. in der Nacht vom 29. März auf 30. März 2004 und die Bekundungen der Zeugin N.N., nach denen der Angeklagte bei dem Streit mit O.G. an Weihnachten 2001 ein Glas nach ihr geworfen habe.
365 
(4) Für die Täterschaft des Angeklagten spricht, dass er O.G. getötet hat. Dieser Umstand legt nahe, dass er in dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang des Tatgeschehens auch K. getötet hat.
366 
(5) Für eine Täterschaft des Angeklagten spricht schließlich die Kaltblütigkeit bei der Leichenbeseitigung und den zuvor getroffenen Maßnahmen zur Vertuschung der Tat, um den Anschein zu erwecken, dass O.G. und K. verreist seien. All dies war gründlich überlegt und wurde zielgerichtet durchgeführt.
367 
Der Angeklagte hat K. mit einem Gewicht beschwert in den Neckar geworfen und versenkt. Wer sein eigenes Kind auf diese Weise „entsorgt“, dem ist auch dessen Tötung zuzutrauen. Zudem ist nur schwer vorstellbar, dass jemand zu einer solchen Handlung fähig ist, der an dem Tod seines Kindes nicht schuldig ist.
368 
cc) Die Strafkammer hat die genannten Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen und danach keinen Zweifel, dass der Angeklagte K. getötet hat.
369 
Bei O.G. waren nur Umstände ersichtlich, die gegen ihre Täterschaft sprechen. Dafür, dass sie einen Grund oder Anlass gehabt haben könnte, K. zu töten, oder ihr eine solche Tat zuzutrauen wäre, sprach nichts. Auch für die Annahme einer Tötungshandlung in einem höhergradigen Affekt gab es keine tatsächliche Grundlage.
370 
Dagegen waren bei dem Angeklagten - bis auf seine leibliche Vaterschaft - keine Anhaltspunkte gegeben, die gegen seine Täterschaft sprechen, sondern ausschließlich Umstände, die für seine Täterschaft sprechen.
371 
Angesichts dessen konnte die Strafkammer O.G. als Täterin ausschließen und ist überzeugt, dass der Angeklagte K. getötet hat, zumal ihm die Tat auch ohne Weiteres - dies belegen insbesondere seine Charakterstruktur, die Tötung von O.G. und seine Kaltblütigkeit in der Nachtatphase - zuzutrauen ist.
372 
c) Reihenfolge der Tötungshandlungen:
373 
Die Strafkammer ist überzeugt, dass der Angeklagte zuerst O.G. und anschließend K. H. getötet hat.
374 
Da die Darstellung des Angeklagten zum Tatgeschehen insgesamt falsch ist, konnten aus ihr auch keine Schlüsse bezüglich der Abfolge der Tötungshandlungen gezogen werden.
375 
Anhaltspunkte dafür, dass K. zuerst getötet wurde, waren nicht ersichtlich, zumal in einer solchen Fallkonstellation zu erwarten gewesen wäre, dass O.G. in das Geschehen in energischer Weise eingegriffen hätte, um die Tötung ihres Sohnes zu verhindern. Hinweise dafür - etwa Verletzungen des Angeklagten oder Kampfspuren in der Wohnung - gab es jedoch nicht.
376 
Die Strafkammer ist daher überzeugt, dass K. nach O.G. getötet wurde.
377 
d) Subjektive Tatseite:
378 
aa) Tötungsvorsatz:
379 
Die Strafkammer ist überzeugt, dass der Angeklagte K. mit direktem Tötungsvorsatz getötet hat, zumal auch K. wie zuvor O.G. mit einer weichen Bedeckung erstickt wurde. Auch bei einem Kind im Alter von K. - dies führte der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. aus - bedarf es eines 2-5-minütigen vollständigen Abstellens der Luftzufuhr, bis der Tod eintritt.
380 
bb) Mordmerkmal Verdeckungsabsicht
381 
Es war zwar in Anbetracht des Nachtatverhaltens des Angeklagten nicht fernliegend, dass der Angeklagte, nachdem er O.G. getötet hatte, anschließend K. in der Absicht getötet hat, die Tötung von O.G. dadurch zu verdecken.
382 
Dass der Angeklagte mit einer solchen Absicht bezüglich K. gehandelt hat, war für die Strafkammer jedoch aufgrund der nachfolgenden Erwägungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisbar.
383 
K. war knapp zwei Jahre vier Monate alt und konnte aufgrund seiner verzögerten Entwicklung nicht sprechen. Er wäre daher - dies muss auch dem Angeklagten bewusst gewesen sein - kein tauglicher Zeuge gewesen, sollte er die Tötung von O.G. durch den Angeklagten mitbekommen haben. Zudem war nicht auszuschließen, dass K. erst während des Tatgeschehens aufwachte und das eigentliche Geschehen gar nicht mitbekommen konnte. Auch insoweit wäre er nur ein beschränkt tauglicher Tatzeuge gewesen.
384 
Entscheidend war für die Strafkammer aber, dass es völlig unrealistisch ist, anzunehmen, der Angeklagte habe direkt im Anschluss an die Tötung von O.G. den Plan gefasst, die Tat zu vertuschen, die Leichen verschwinden zu lassen und den Anschein zu erwecken, O.G. und K. seien verreist und deshalb K. getötet. Zu derartigen Überlegungen war der Angeklagte nach Auffassung der Strafkammer unmittelbar nach der Tötung von O.G. nicht in der Lage, da die Tötung - davon ist die Strafkammer überzeugt - nicht geplant war und daher auch den Angeklagten nicht völlig unberührt gelassen haben kann, so dass er zu diesem Zeitpunkt zu einem solch klaren Gedanken nicht fähig war. Dafür, dass zwischen der Tötung von O.G. und der von K. ein längerer Zeitraum verstrichen ist, gibt es keine Anhaltspunkte.
385 
Die Strafkammer kann daher nicht ausschließen, dass K., als er das Geschehen bemerkte, angefangen hat zu weinen, den Angeklagten gestört und genervt hat und dieser - im noch aufgewühlten Zustand durch die vorangegangene Tötung von O.G. - allein deshalb den Entschluss fasste, K. zu töten.
386 
Nach alledem konnte sich die Strafkammer keine Überzeugung schaffen, dass der Angeklagte K. in Verdeckungsabsicht getötet hat.
387 
cc) Mordmerkmal Heimtücke
388 
Aufgrund des Alters von K. und seiner geistigen Entwicklung hatte die Strafkammer erhebliche, letztlich nicht auszuräumende Zweifel, dass K. zu Argwohn fähig war, so dass eine heimtückische Tötung ausscheidet.
389 
K. H. war zum Tatzeitpunkt knapp zwei Jahre vier Monate alt. Seine geistige Entwicklung war verzögert. Die Zeugen N.N. und A.K. bekundeten, dass K. noch nicht sprechen konnte. Dies habe ihnen Sorgen gemacht. Mit O.G. hätten sie auch darüber gesprochen, K. ärztlich speziell darauf zu untersuchen, ob er vielleicht eine geistige Behinderung habe.
390 
6. Strafrechtliche Verantwortlichkeit:
391 
Der psychiatrische Sachverständige Dr. W. führte im Rahmen seines Gutachtens aus, dass bei dem Angeklagten - wie bereits beschrieben - eine extreme emotionale Indifferenz (ohne ICD-Codierung) vorliege, die durch eine massive Ich-bezogenheit, Gefühlsarmut, fehlendes Einfühlungsvermögen in andere Personen und durch eine eklatant defizitäre Opfer-Empathie gekennzeichnet sei. Hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer daraus resultierenden schweren, krankhaften Persönlichkeitsstörung hätten sich jedoch nicht feststellen lassen.
392 
Das Ergebnis der testpsychologischen Untersuchungen habe bei dem Angeklagten bei einem IQ von 97 Punkten auf eine durchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit hingewiesen, die jedoch, da der Angeklagte Sprachschwierigkeiten habe und in einem anderen Kulturbereich aufgewachsen sei, deutlich höher einzustufen sei. Der Sachverständige hat den Angeklagten in den Untersuchungsgesprächen als geistig wach und rege erlebt und ihn als überdurchschnittlich intelligent eingeschätzt.
393 
Aus der Vollzugskrankenakte seien keinerlei Hinweise auf Erkrankungen, vegetative Entzugserscheinungen oder organpathologische Besonderheiten ersichtlich gewesen.
394 
Ein psychiatrisches Krankheitsbild - eine schizophrene Psychose, eine andere wahnhafte Beeinträchtigung des Realitätsbezugs, eine manisch-depressive Erkrankung, eine massive Angst- oder Zwangsstörung, eine krankhafte Beeinträchtigung der Impulskontrolle, eine dekompensierte Suchterkrankung, eine geistige Behinderung oder eine organische Erkrankung des Gehirns mit entsprechenden psychischen Funktionsstörungen - habe bei dem Angeklagten nicht diagnostiziert werden können.
395 
Bezogen auf die Merkmalskategorien der §§ 20, 21 StGB hätten sich im Ergebnis keine hinreichenden psychodiagnostischen Anknüpfungspunkte für die Annahme einer schweren psychischen Störung ergeben, die eine Zuordnung zu den juristischen Eingangsmerkmalen „krankhafte seelische Störung“, „Schwachsinn“ oder „schwere andere seelische Abartigkeit“ rechtfertigen würde.
396 
Im Hinblick auf die Beurteilung der tatbezogenen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit sei daher ein krankheitsbedingter vollständiger Verlust des tatbezogenen Einsichts- und Steuerungsvermögens im Sinne des § 20 StGB auszuschließen.
397 
Da der Angeklagte überdurchschnittlich intelligent sei, bestünden keine Zweifel, dass er fähig gewesen sei, das Unrecht seiner Taten einzusehen.
398 
Bezogen auf die Beurteilung des Steuerungsvermögens des Angeklagten zum Tatzeitpunkt sei allein in Erwägung zu ziehen, ob die situative Handlungskontrolle des Angeklagten durch einen tatbedingten affektiven Ausnahmezustand im Sinne einer „tiefgreifenden Bewusstseinsstörung“ erheblich beeinträchtigt gewesen sein könnte. Dies sei allenfalls bei der vom Angeklagten gegebenen zugespitzten Tatversion nicht auszuschließen. Dass sich das Tatgeschehen so zugetragen hat, war jedoch auszuschließen.
399 
Zu dem unter II. festgestellten Tatgeschehen führte der Sachverständige aus, dass insoweit keine Anhaltspunkte - weder im Tatablauf noch im Tatumfang - für die Annahme einer Tatbegehung in einem höhergradigen Affekt vorliegen. Zudem lasse sich auch das ausgesprochen planvoll und kaltblütig von dem Angeklagten durchgeführte Nachtatverhalten nicht mit einer vorangegangenen Tatbegehung in einem affektiven Ausnahmezustand vereinbaren.
400 
Die Strafkammer schließt sich aufgrund eigener Überzeugung dem ausführlich begründeten Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. W. an.
401 
7. Persönliche Verhältnisse
402 
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen unter I. beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben des Angeklagten.
403 
Die Feststellung, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, beruht auf dem verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister und wurde von dem Angeklagten bestätigt.
404 
IV. Der Angeklagte hat sich nach den getroffenen Feststellungen des Totschlags in zwei tatmehrheitlich begangenen Fällen schuldig gemacht, §§ 212, 53 StGB.
405 
Mordmerkmale i.S.d. § 211 StGB, insbesondere Heimtücke, Verdeckungsabsicht oder sonst niedrige Beweggründe, konnten nicht festgestellt werden.
406 
V. Die Strafkammer hat bei der Strafzumessung jeweils den Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB, der Freiheitsstrafe von 5 bis 15 Jahren vorsieht, zugrundegelegt.
407 
Ein besonders schwerer Fall des Totschlags gem. § 212 Abs. 2 StGB, der eine lebenslange Freiheitsstrafe vorsieht, war in beiden Fällen nicht gegeben. Es konnte weder bei O.G. noch bei K. H. festgestellt werden, dass der Angeklagte besonders brutal oder planmäßig vorgegangen ist. Auch ist das Verschulden des Angeklagten nicht derart außergewöhnlich groß, dass es ebenso schwer wiegt wie das eines Mörders. Insbesondere ist eine Nähe zu Mordmerkmalen nicht gegeben.
408 
Ein minder schwerer Fall des Totschlags gem. § 213 StGB, der eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vorsieht, war bei beiden Tötungen nicht gegeben. Eine Tatprovokation des Angeklagten durch O.G., etwa eine schwere Beleidigung o.ä., konnte nicht festgestellt werden. Hierfür lagen keinerlei Anhaltspunkte vor, so dass sich die Strafkammer nicht gehalten sah, von einer dem Angeklagten - nur rein theoretisch denkbaren - besonders günstigen Fallgestaltung auszugehen. Allein die Feststellung, dass der Angeklagte im Verlauf des Streites mit O.G. aus Wut oder weil ihm die Streitigkeiten mit ihr auf die Nerven gingen, sich zu der Tatbegehung entschloss, legt für sich genommen noch nicht nahe, dass es zu einer Tatprovokation im Sinne des § 213 StGB durch das Tatopfer gekommen ist. Eine solche Provokation scheidet im Fall der Tötung von K. H. ohnehin aus.
409 
Ebenso wenig war bezüglich beider Tötungen ein sonstiger minder schwerer Fall des Totschlags anzunehmen. Mildernde Umstände, die die Taten - erheblich vom Normalfall einer Tötung abweichend - als minder schwer erscheinen lassen, waren nicht feststellbar.
410 
Eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB lag nicht vor.
411 
Bei der Strafzumessung sprach für den Angeklagten, dass er nicht vorbestraft ist. Strafmildernd war auch zu berücksichtigen, dass es sich in beiden Fällen jeweils um eine Spontantat handelte. Der Angeklagte befindet sich erstmals in Haft und ist aufgrund seines Alters (27 Jahre) erhöht strafempfindlich.
412 
Strafschärfend war zu berücksichtigen, dass die sechs Jahre alte Tochter der getöteten O.G. durch die Tat ihre Mutter verloren hat.
413 
Bei der Tat zum Nachteil von K. H. hat die Strafkammer strafschärfend berücksichtigt, dass die Tötung des eigenen Kindes die Überwindung einer deutlich höheren Hemmschwelle erfordert. Sie erachtet daher unter Würdigung aller Umstände eine Einzelstrafe von
414 
12 Jahren Freiheitsstrafe
415 
für tat- und schuldangemessen.
416 
Bei der Tat zum Nachteil von O.G. war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er allgemein die Tötung von O.G. eingeräumt hat. Die Strafkammer erachtet daher - ebenfalls unter Würdigung aller Umstände - eine Einzelstrafe von
417 
10 Jahren Freiheitsstrafe
418 
für tat- und schuldangemessen.
419 
Unter nochmaliger Abwägung sämtlicher Strafzumessungsgesichtspunkte und unter Berücksichtigung des räumlich, situativ und zeitlich engen Zusammenhangs der Tötungen erachtet die Strafkammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
420 
15 Jahren
421 
für tat- und schuldangemessen.
422 
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Stuttgart Urteil, 12. Jan. 2005 - 9 Ks 111 Js 37621/04

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Landgericht Stuttgart Urteil, 12. Jan. 2005 - 9 Ks 111 Js 37621/04 zitiert 9 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Strafgesetzbuch - StGB | § 213 Minder schwerer Fall des Totschlags


War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minde

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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.