Landgericht Stendal Urteil, 15. März 2017 - 23 O 146/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Naumburg zum Aktenzeichen 4 U 26/15 hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung aus einem Gebäudeversicherungsvertrag in Anspruch.
- 2
Die Parteien sind durch einen Wohngebäudeversicherungsvertrag verbunden, dem die VGB 97 der Beklagten zu Grunde lagen. Versichert war das im Eigentum des Klägers und seiner Ehefrau stehende Gebäude „CC, ....". Die Versicherungsumme 1914 belief sich für das Wohngebäude zum gleitenden Neuwert von 16.100 Mark. Im Versicherungsschein war vermerkt, dass das Gebäude lediglich zu Wohnzwecken genutzt wurde, die Anzeige einer anderen Nutzung durch den Kläger erfolgte nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K1 (Bl. 1 - 15 Bd. I. d.A.) Bezug genommen.
- 3
Am 01.03.2013 brannte das versicherte Gebäude völlig aus. Ein Täter konnte im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht ermittelt werden.
- 4
Nach Einholung eines Gutachtens des Dipl. Ing. DD welcher den Neuwert auf ca. 247.424,80 € und den Zeitwert auf ca. 160.826,12 € schätzte, meldete der Kläger der Beklagten den Brandschaden. Diese lehnte die Regulierung mit Schreiben vom 16.10.2013 ab.
- 5
Der Kläger behauptet, dass das versicherte Gebäude zu keiner Zeit als Bordell vermietet habe, jedenfalls habe er von einer entsprechenden Nutzung keine Kenntnis erlangt. Dem Zeugen EE hätten weder er, noch seine Ehefrau mitgeteilt, dass er das Gebäude als Bordell vermietet habe. Das Gebäude sei zu Wohnzwecken an Frau FF und ihren Freund vermietet worden (Anlage K2, Bl. 16 ff. Bd. I. d.A., auf die wegen ihrer Einzelheiten Bezug genommen wird). Im Gespräch sei von den Mietern nur geäußert worden, in dem Gebäude perspektivisch gesehen einen Massagesalon zu betreiben. Die Mieter hätten auch zu keiner Zeit geäußert, das Haus rot anstreichen zu wollen und eine Aufschrift mit dem Wort „Haus diskret" anbringen zu wollen. Dementsprechend habe der Kläger im Rahmen der Schadensabwicklung auch keine falschen Angaben gemacht.
- 6
Der Kläger beantragt,
- 7
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 261.645,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.000,00 € seit dem 16.05.2014 und aus 251.645,30 € seit dem 31.10.2015 zu zahlen.
- 8
Die Beklagte beantragt,
- 9
die Klage abzuweisen.
- 10
Sie ist der Ansicht aufgrund einer nicht angezeigten Gefahrerhöhung, jedenfalls aber wegen wissentlicher Falschangaben des Klägers im Regulierungsprozess leistungsfrei geworden zu sein. Sie behauptet, der Kläger habe das Gebäude in Kenntnis der Verwendung als Bordell an die Zeugin FF vermietet. Dies habe die Ehefrau des Klägers gegenüber dem Zeugen EE bestätigt und das Protokoll (Anlage B4, Bl. 59 - 61 Bd. I d.A., auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird) erst auf Drängen des Klägers geändert. Jedenfalls habe der Kläger aufgrund des Geschehens, welches er dem Zeugen GG beschrieben habe, seit diesem Zeitpunkt über die Nutzung des Gebäudes als Bordell. Im Übrigen sei der Kläger durch den Zeugen OO über die Nutzung als Bordell hingewiesen worden, denn dieser habe im Auftrag des Klägers Arbeiten am Gebäude durchgeführt. Außerdem habe der Zeuge KK, welcher selber in Schönhausen ein Bordell betrieben habe, den Kläger wegen der Nutzung des Gebäudes aufgesucht. Das Gebäude sei auch als Bordell genutzt worden, dies ergebe sich ergänzend aus Erfahrungsberichten auf einschlägigen Internetseiten (Anlage B3, Bl. 56 - 53 Bd. I d.A.).
- 11
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmungen der Zeuginnen und Zeugen EE, HH, JJ, KK, LL, MM, EE, NN, GG, OO, PP, QQ, RR und TT. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 05.10.2016 (Bl. 1 ff. Bd. II d.A.), 05.12.2016 (Bl. 47 ff. Bd. II d.A.) und vom 27.02.2017 (Bl. 118 ff. Bd. III d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 12
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 261.645,30 € aus dem geschlossenen Versicherungsvertrag (§ 1 VVG), welcher als Anspruchsgrundlage alleine in Betracht kommt.
- 13
Zwar ist vorliegend unstreitig ein Schadensfall für ein versichertes Risiko (Versicherungsfall) eingetreten, die Beklagte ist jedoch aufgrund einer dem Kläger bekannten und von ihm nicht angezeigten Gefahrerhöhung leistungsfrei (§§ 26 Abs. 2 Satz 1, 23 Abs. 2 VVG). Demnach ist der Versicherungsnehmer (hier die Beklagte) nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung eingetreten ist und der Versicherungsnehmer (hier der Kläger) es vorsätzlich unterlassen hat, diese Gefahrerhöhung anzuzeigen, nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat.
- 14
Die Gefahrerhöhung ist eine nachträgliche Änderung der im Zeitpunkt der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers tatsächlich vorhandenen gefahrerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalles oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht (vgl. Armbrüster in Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Auflage, § 23, Rdn. 9, m.w.N.). In der Rechtsprechung besteht Einigkeit darin, dass die Umnutzung eines Wohngebäudes in ein Bordell oder einen bordellähnlichen Betrieb eine solche Gefahrenerhöhung darstellt, da aufgrund der Nähe der Prostitution zum kriminellen Milieu bei den betroffenen Gebäuden mit einer erheblich höheren Schadenswahrscheinlichkeit zu rechnen ist (vgl. lediglich exemplarisch: OLG Hamm, Urteil vom 12.11.2014, Az.: 20 U 261/12, Rdn. 89, m.w.N., zitiert nach juris). Dem schließt sich auch die Kammer an. Für die Gefahrerhöhung und die aufgrund von § 26 Abs. 2 VVG erforderliche Kenntnis des Klägers von dieser Gefahrerhöhung ist die Beklagte vollumfänglich ohne Beweiserleichterungen beweisbelastet (vgl. OLG Hamm, a.a.O., Rdn. 76, m.w.N.).
- 15
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte zur Gewissheit der erkennenden Kammer bewiesen, dass das versicherte Gebäude CC durch die Mieter, die es im Juli 2012 gemietet haben, als Bordell genutzt wurde (A.). Sie hat auch im Ergebnis der Beweisaufnahme bewiesen, dass der Kläger jedenfalls während des Vertragsverlaufes vor Eintritt des Versicherungsfalls Kenntnis von der Nutzung des Gebäudes als Bordell erlangt hat (B.). Da der Kläger unstreitig keine Gefahrerhöhung angezeigt hat, geschah dieses Unterlassen aufgrund der ihm bewiesenen Kenntnis vorsätzlich, so dass die Beklagte nach § 26 Abs. 2 VVG leistungsfrei ist.
A.
- 16
Die Beklagte hat zunächst zur Gewissheit der erkennenden Kammer bewiesen, dass der CC nach Vermietung im Juli 2012 als Bordell genutzt wurde.
1.
- 17
Dies ergibt sich besonders aus der Aussage des Zeugen QQ. Dieser hat in seiner Vernehmung am 05.12.2016 vor der erkennenden Kammer bekundet, dass er das Objekt CC im Rahmen seiner Tätigkeit als Polizeibeamter zwei Mal (2010 und 2012) besucht hat. Hierbei ist ihm im Jahr 2012 bei einer Begehung des Gebäudes aufgefallen, dass verschiedene Hygieneartikel und Einmalschminktücher im Gebäude herumlagen. So sie in einem der Zimmer auch eine Table-Dance Stange gewesen, die jedoch auch schon 2010 im Gebäude gewesen sei. Er habe den Verdacht auf die Prostitution auch aus den anwesenden Damen und dem entsprechenden Aufpasser geschlossen.
- 18
Die Aussage ist Glaubhaft. Der Zeuge schilderte der Kammer die Details seiner Wahrnehmungen unvoreingenommen und nachvollziehbar und gab auch Erinnerungslücken offen zu. Der Zeuge war auch glaubwürdig, es gibt keine Anhaltspunkte, dass der am Verfahrensausgang nicht interessierte und als Polizeibeamter tätige Zeuge der Kammer die Unwahrheit gesagt hätte. Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der Zeuge aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit im Stande ist, die ihm auffallenden Anzeichen für eine Bordellnutzung zutreffend zu werten.
2.
- 19
Diese Aussage deckt sich auch mit den weiteren vorhandenen Beweismitteln. So hat auch der KHK VV in seinem Aktenvermerk vom 17.12.2012 (Bl. 103 f. der beigezogenen Ermittlungsakte) festgestellt, dass das Gebäude am 07.12.2012 augenscheinlich als Bordell genutzt wurde. Gestützt werden diese Erkenntnisse auch durch die von der Beklagten eingereichten „Erfahrungsberichte" von Besuchern des CCes im Internet (Anlage B3). Insbesondere haben dort zwei Nutzer am 12.11.2012 und am 22.11.2012 über ihre Erfahrungen im CC geschrieben. Dies passt zeitlich mit der Begehung der Polizeibeamten am 07.12.2012 wenige Tage später überein. Auch der Zeuge KK, welcher in seiner Vernehmung vom 05.10.2016 ersichtlich bemüht war, zu Gunsten des Klägers auszusagen, hat bekundet, dass der CC im Internet als Bordell angepriesen wurde und nach einigem Nachhaken auch angegeben hat, vor Ort von einer „transsexuellen" begrüßt worden zu sein, auch wenn er letztlich gerade deswegen das Gebäude nicht betreten habe.
- 20
Diese Feststellungen sind durch die gegenbeweislich vernommenen Zeugen nicht erschüttert worden. Die Aussage der Zeugin LL war bezüglich der Nutzung des Gebäudes weitestgehend unergiebig. Sie ist nach ihrem Bekunden lediglich einmal vor Ort gewesen, um eine Öllieferung abzusichern, hier sei ihr nichts besonders am Gebäude aufgefallen, es sei ordentlich, aber nicht luxuriös eingerichtet gewesen. Die Beschreibung des Gebäudezustandes deckt sich mit den oben zitierten Erfahrungsberichten. Ansonsten ist die Aussage der Zeugin LL nicht geeignet, die oben dargestellten und teils objektiv vorhandenen Tatsachen zu relativieren, da sie sich nach eigenen Angaben lediglich tagsüber (wo der Bordellbetrieb gerade nicht stattfand) im Gebäude aufgehalten hat.
- 21
Auch die Aussage der Zeugin MM ist unergiebig. Die Zeugin selber hat zwar bekundet, das Gebäude in ihrem Notruf als Puff bezeichnet zu haben, dies aber nur vom Hörensagen wissen (was allerdings schon wieder die Feststellungen zu Ziffer I stützt). Daher konnte auch sie die obigen Feststellungen nicht erschüttern.
- 22
Gleiches gilt für die Aussage des Zeugen EE, denn auch diese war weitestgehend unergiebig. Der Zeuge hat nämlich selber bekundet (Vernehmung vom 05.10.2016), dass er sich nicht großartig um das andere Grundstück gekümmert habe. Lediglich habe er einmal mit einem bulgarischen Pärchen gesprochen, dies sei aber tagsüber gewesen. Abgesehen davon, dass der Zeuge dieses Gespräch zeitmäßig nicht näher einordnen konnte, schließen dessen Bekundungen - ihre Richtigkeit unterstellt - eine Nutzung des Gebäudes als Bordell nicht aus.
- 23
Auch die Aussage der Zeugin NN, ist nicht geeignet das Beweisergebnis zu erschüttern. Zwar hat die Zeugin bekundet, im Jahr 2013 für 2 Wochen auf dem CC gewesen zu sein, da sie Arbeit gesucht habe. Der Prostitution sei sie nicht nachgegangen. Diese Aussage erachtet die Kammer jedoch nicht für glaubhaft. Die Zeugin machte während ihrer Vernehmung einen stark verschüchterten Eindruck und es war schwer, sie zu einer zusammenhängenden Aussage zu bewegen. Im Übrigen ist zu beachten, dass während der Vernehmung der Zeugin der Zeuge TT im Zuschauerraum anwesend war und die Vernehmung der Zeugin mit anhörte. Hier bestehen nun zwei Alternativen: Entweder es handelte sich bei dem Zeugen um einen Aufpasser (wie es die Beklagte vermutet) oder (was nach Ansicht der Kammer nach Vernehmung des Zeugen TT näher liegt) um ihren Teamleiter bei der Firma WW. In beiden Fällen hätte die Zeugin jedoch mit Sicherheit nicht offen zugegeben, der Prostitution nachgegangen zu sein, was auch den von der Kammer wahrgenommenen eingeschüchterten Eindruck der Zeugin erklärt. Aufgrund dieses ersichtlichen Drucks, unter dem die Zeugin gestanden hat, kann ihre Aussage nicht das oben dargestellte Beweisergebnis erschüttern.
- 24
Auch die Aussage des Zeugen OO spricht nicht gegen das Beweisergebnis. Dieser hat bekundet, an den Außenanlagen des CCs gearbeitet zu haben. Er selber sei jedoch nicht im Gebäude gewesen, habe die Mieter nicht kennen gelernt und auch nur Tagsüber gearbeitet. Er hatte somit keine Wahrnehmungsmöglichkeit für die unter Beweis gestellte Behauptung.
- 25
Letztlich erschüttert auch die Aussage des Zeugen RR das gefundene Ergebnis nicht, denn dieser hat nach eigenen Angaben nicht mehr getan, als den Mietvertrag zu übersetzen, weswegen ihm auch die Kenntnis hinsichtlich der Nutzung des Gebäudes fehlt.
B.
- 26
Die Beklagte hat auch zur Gewissheit der erkennenden Kammer bewiesen, dass der Kläger im Verlauf der Mietdauer des Objektes Kenntnis von dessen Nutzung erhielt.
I.
- 27
Entgegen der vorherigen Besetzung sieht die Kammer es jedoch nicht als erwiesen an, dass der Kläger das Gebäude in Kenntnis der Nutzung des Gebäudes als Bordell vermietet hat. Dies konnte nicht durch die Aussage des Zeugen EE bewiesen werden. Der Zeuge hat nämlich in seiner Vernehmung von sich aus immer nur davon gesprochen, dass der Kläger und dessen Ehefrau von der Nutzung als Massagesalon (einen Begriff, den beide selber zugestehen) gesprochen haben. Erst als er vom Gericht hierauf hingewiesen wurde, schwenkte er auf die Bezeichnung als Bordell um, erklärte jedoch, dass er sich hier nun nicht mehr hundertprozentig sicher sei. Es ist zu beachten, dass der Zeuge EE pensionierte Polizeibeamter ist und ihm die Bedeutung der wortgemäßen Wiedergabe der Aussagen bekannt ist. Die Kammer geht daher davon aus, dass tatsächlich im Gespräch mit dem Kläger und seiner Frau nur das Wort „Massagesalon“ gefallen ist und der Zeuge später bei Abfassen des Protokolls hieraus (wahrscheinlich aufgrund einer naheliegenden Fehlinterpretation) das Wort Bordell machte. Aufgrund der Tatsache, dass er die Unterhaltung mit dem Kläger und seiner Frau jedoch immer im Zusammenhang mit einem Massagesalon schilderte, kann die Kammer auch unter Berücksichtigung des Gesprächsprotokolls, welches der Zeuge gefertigt hat, nicht mit der nötigen Gewissheit darauf schließen, dass der Kläger und seine Ehefrau gegenüber dem Zeugen die Kenntnis der Bordellnutzung bestätigt haben.
II.
- 28
Zur Gewissheit der Kammer hat die Beklagte jedoch bewiesen, dass der Kläger vor dem Eintritt des Versicherungsfalls Kenntnis von der Nutzung als Bordell hatte.
- 29
Dies ergibt sich aus der Aussage des Zeugen GG. Dieser hat in seiner Vernehmung vor der erkennenden Kammer am 05.12.2016 bekundet, dass der Kläger ihm im Rahmen seines Regulierungsgespräches mitgeteilt hat, dass er während der Laufzeit des Mietvertrages von einer Person aus dem Rotlichtmilieu aufgesucht worden sei. Dies sei unter seiner Privatanschrift erfolgt. Hierbei habe man sich über die Nutzung des CCes unterhalten. In seiner Vernehmung vor der Kammer in anderer Besetzung (Bl. 188 Bd. I) hat der Zeuge diese Situation ebenfalls geschildert und insofern eine Bedrohungssituation dahingehend, dass die Geschäfte auf dem CC einzustellen seien.
- 30
Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Der Zeuge konnte sich trotz der lange zurückliegenden Vernehmung in dieser Sache noch an zahlreiche Details erinnern. Er schilderte den von ihm wahrgenommenen Vorgang unvoreingenommen und gab auch Eingangs Erinnerungslücken zu. Für die Glaubhaftigkeit spricht ferner, dass die Aussage des Zeugen im Kerngeschehen in beiden Vernehmungen konstant geblieben ist und sich nicht geändert hat.
- 31
Der Zeuge selbst ist auch glaubwürdig. Die Kammer hat keine Anhaltpunkte dafür gefunden, dass der Zeuge gelogen hat. Zwar ist er Angestellter der Beklagten und kann daher grundsätzlich ihrem Lager zugeordnet werden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Zeuge diese Lagerstellung als Anlass zur Lüge genommen hat. Der Kläger wirft dem Zeugen vor, die oben zitierte Passage frei erfunden zu haben (anders ist aufgrund des Klägervortrages diese Aussage aus seiner Sicht nicht zu erklären). Dieses kann die Kammer ausschließen, denn die Aussage war zu detailreich und zu konstant, um frei erfunden zu sein. Der Zeuge hatte hierzu auch keinen Anlass sich allein aufgrund einer Anstellung bei der Beklagten in erheblichem Maße strafbar zu machen.
- 32
Aufgrund der dem Kläger bekannten Tatsachen (Mieter aus dem Osteuropäischen Raum, welche kein Deutsch sprechen, Mietzahlungen lediglich in bar, beabsichtigte Nutzung als „Massagesalon“ und Besuch von einer Person aus dem Rotlichtmilieu mit Bedrohung zur Einstellung der Nutzung) hatte der Kläger eine derartige Kenntnis von der Nutzung des CCes, dass er die oben dargestellte Gefahrerhöhung jedenfalls billigend in Kauf nahm und ebenso billigend in Kauf nahm, seiner Anzeigepflicht gegenüber der Beklagten nicht nachzukommen. Eine Anzeige dieser ihm bekannt gewordenen Erhöhung, welche unverzüglich hätte erfolgen müssen (vgl. Armbrüster, a.a.O., § 26, Rdn. 8, m.w.N.) unterließ er jedoch. Er hat sich vielmehr aufgrund der obigen Umstände vorsätzlich dazu entschlossen, die Gefahrerhöhung nicht anzuzeigen.
III.
- 33
Die gegenbeweislich vernommenen Zeugen können das Ergebnis nicht erschüttern, denn sie sind hinsichtlich des oben dargestellten entscheidenden Punktes unergiebig.
- 34
Die Zeugin LL hat in ihrer Vernehmung bekundet, dass ihr Mann alles was mit dem Hof zu tun gehabt hätte, erledigt hatte, insbesondere die Entgegennahme der Mietzahlungen. Über Probleme habe er in diesem Rahmen nicht gesprochen.
- 35
Hinsichtlich der weiteren Zeugen wird auf die obige Würdigung unter A. II. Bezug genommen. Auf die Aussage des Zeugen RR kommt es hier nicht an, da die Kammer nicht davon ausgeht, dass der Kläger bei Vertragsabschluss um die beabsichtigte Nutzung als Bordell positiv wusste.
C.
- 36
Soweit der Kläger weiterhin die Zeugin YY benannt hat, so wird dieses Beweismittel als verspätet zurückgewiesen, da der Kläger ihre ladungsfähige Anschrift nicht innerhalb der durch Beschluss gesetzten Beibringungsfrist beigebracht hat.
- 37
Auf die Vernehmung der Zeugin ZZ hat der Kläger verzichtet.
D.
- 38
Die Leistungsfreiheit der Beklagten entfällt auch nicht aufgrund fehlender Kausalität (§ 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG). Beweisbelastet für die fehlende Kausalität ist der Versicherungsnehmer (vgl. Armbrüster, a.a.O., § 26, Rdn. 13, m.w.N.). Aufgrund der Feststellungen im Ermittlungsverfahren (Bl. 16 der Beiakte) ist die Brandstiftung als Ursache überwiegend wahrscheinlich. Der Kläger hätte daher diese angedeutete Möglichkeit als nicht bewiesen darstellen müssen. Entsprechenden Beweis hat er nicht angetreten.
E.
- 39
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, da der Kläger mit seiner eingelegten Berufung letztlich erfolglos geblieben ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
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Urteil einreichenLandgericht Stendal Urteil, 15. März 2017 - 23 O 146/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stendal vom 09. März 2015 nebst dem zugrunde liegenden Verfahren mit Ausnahme der bis zum 22. Dezember 2014 einschließlich durchgeführten Beweisaufnahme aufgehoben.
Die Sache wird an das Landgericht Stendal zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird bis zum 06. September 2015 auf 10.000 € und für die Zeit danach auf 261.645,30 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Abweisung seiner auf Zahlung einer Entschädigungsleistung wegen eines Brandschadens gerichteten Klage.
- 2
Er ist gemeinsam mit seiner Ehefrau Miteigentümer des Grundstücks J. Hof 1 in H. . Für ihn besteht bei der Beklagten gemäß dem Versicherungsschein vom 29. Juni 1999 eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert für das Versicherungsgrundstück/Risiko J. Hof 1 H. Einfamilienhaus mit Nebengebäude, der die Allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB 97) der Beklagten zugrunde liegen.
- 3
Am Morgen des 01. März 2013 brach in dem Gebäude ein Feuer aus, in dessen Folge das Haus vollständig abbrannte.
- 4
Der Kläger hat unter Vorlage eines Mietvertrages vom 02. Juli 2012 behauptet, dass er das Gebäude zur Benutzung als Wohnung an eine bulgarische Mieterin für einen Mietzins in Höhe von 500 € monatlich vermietet habe.
- 5
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wege der Teilklage beantragt,
- 6
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen erststelligen Teilbetrag in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen, sowie
- 7
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an die ... Bausparkasse, L. Straße 2 , Hn., einen erststelligen Teilbetrag in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
- 8
Die Beklagte hat beantragt,
- 9
die Klage abzuweisen.
- 10
Sie hat behauptet, leistungsfrei geworden zu sein, weil der Kläger das Gebäude ohne ihre Einwilligung zur Nutzung als Bordell vermietet habe. Damit habe er eine vorsätzliche Gefahrerhöhung vorgenommen, die er ihr nicht mitgeteilt habe. Er habe bereits bei Abschluss des Mietvertrages am 02. Juli bei 2012 gewusst, dass in dem Objekt ein Bordell betrieben werden soll. Der Brand sei durch eine vorsätzliche Brandstiftung herbeigeführt worden, was sich aus dem Schlussbericht der Ermittlungsakte ergebe, wonach ein Motiv für die Brandlegung ein Racheakt zwischen bulgarischen Personen gewesen sein könne. Auch nach Eintritt des Versicherungsfalls habe der Kläger arglistig handelnd gegenüber dem von ihr beauftragten Ermittler M. behauptet, keinerlei Kenntnis vom Betrieb eines Bordells in dem Wohngebäude gehabt zu haben, stattdessen sei das Objekt zum Betrieb einer Reinigungsfirma vermietet worden.
- 11
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird - unter ergänzender Bezugnahme auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie den Tatbestand des angefochtenen Urteils - gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen.
- 12
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 09. März 2015 nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
- 13
Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz des am Wohnhaus eingetretenen Brandschadens, weil die Beklagte wegen Verletzung der Anzeigepflicht bei Gefahrerhöhung gemäß § 10 Nr. 2 und 3 c VGB 97 in Verb. mit §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 VVG leistungsfrei geworden sei. Es stehe zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass das Wohngebäude als bordellartiger Betrieb genutzt worden sei. Dies hätten die glaubhaften Aussagen der Zeugen B. M., D. M. , R. Sch. sowie der beiden Polizeibeamten T. H. und F. S. und des Schadenregulierer der Beklagten S. W. ergeben. Auch der Aussage der Zeugin T. T. habe entnommen werden können, dass in dem Objekt ein Bordell betrieben worden sei. Nicht glaubhaft hingegen seien die Bekundungen der Ehefrau des Klägers, der Zeugin C. B. , sowie der beiden Zeugen M. Sz. und C. J. gewesen. Insgesamt erscheine es lebensfremd, dass der Kläger nichts von dem Bordellbetrieb mitbekommen haben wolle, obwohl er unweit vom Objekt wohne.
- 14
Eine Leistungspflicht der Beklagten bestehe auch nicht gemäß § 26 Abs. 3 VVG, weil der als Versicherungsnehmer insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger nichts dafür vorgetragen habe, dass die Gefahrerhöhung für den Eintritt des Versicherungsfalls nicht ursächlich geworden sei.
- 15
Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen.
- 16
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er rügt eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts sowie das Übergehen von Beweisangeboten. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens behauptet der Kläger, dass er von einem Bordell, wenn denn eines in dem Gebäude betrieben worden sein sollte, keine Kenntnis gehabt habe. Seinem Beweisantritt auf Vernehmung der Mieterin S. I. und der Zeugin M. P., wonach das Gebäude zu Wohnzwecken und allenfalls zur Durchführung physiotherapeutischer Massagen und eines Reinigungsbetriebs habe benutzt werden dürfen, sei das Landgericht verfahrensfehlerhaft nicht nachgegangen. Bei der Würdigung der Zeugenaussage B. M., einem im Auftrage der Beklagten tätigen und bezahlten pensionierten Kriminalbeamten, liege die Belastungstendenz zu seinen Ungunsten auf der Hand. Zudem stünden seinen Angaben die Bekundungen der Zeugen Sz. und B. entgegen. Der Zeuge D. M. habe als direkter Nachbar nichts mitbekommen und schon Monate vor dem Brand seien Dekorationselemente am Haus als Anhaltspunkte für die Vorbereitung eines Bordellbetriebs entfernt worden. Der Wert der Aussage des Zeugen R. Sch., einem Nachtclubbetreiber, könne nur wenig Bedeutung beigemessen werden. Den Angaben der Zeugin T. T. könnten keine Anhaltspunkte für einen Bordellbetrieb entnommen werden. Die Aussagen der beiden Polizeibeamten T. H. und F. S. seien gänzlich unergiebig geblieben. Der Zeuge S. W. lebe als Schadenregulierer eindeutig von den Zahlungen der Beklagten und habe schon deswegen eine klare Belastungstendenz zu Ungunsten des Klägers. Hingegen habe die Zeugin C. B. widerspruchsfrei bekundet, dass sie von einem angeblichen Bordellbetrieb im Gebäude erst nach dem Brand aus der Zeitung erfahren habe. Die Zeugin sei - auch als Ehefrau des Klägers - glaubwürdig. Aus der angefochtenen Entscheidung erschließe sich nicht, warum das Landgericht die Bekundungen der Zeugin C. J. für unglaubhaft halte. Entsprechendes gelte für die Aussage des Zeugen M. Sz. .
- 17
Der Kläger beantragt nunmehr im Wege der Klageerweiterung,
- 18
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stendal vom 09. März 2015 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 261.645,30 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.000 € seit Rechtshängigkeit der Teilklage und aus 251.645,30 € seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen, sowie
- 19
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu Händen der ... Bausparkasse, L. Straße 2, Hn., einen Betrag in Höhe von 261.645,30 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.000 € seit Rechtshängigkeit der Teilklage und aus 251.645,30 € seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen, sowie
- 20
hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
- 21
Die Beklagte hat ihre im Berufungsverfahren erhobene negative Feststellungswiderklage in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Kläger hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.
- 22
Die Beklagte beantragt,
- 23
die Berufung zurückzuweisen.
- 24
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie meint, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden sei. Ein Übergehen von Beweisangeboten des Klägers liege nicht vor. Er habe sich nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung gegenbeweislich auf die Zeugen P. und I. berufen, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2014 auf sie verzichtet habe. Die Benennung der Zeugen sei erst in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19. Januar 2015 erfolgt. Eine Vernehmung der benannten Zeugen hätte den Rechtsstreit auch verzögert, da eine erneute Beweisaufnahme hätte durchgeführt werden müssen.
II.
- 25
Die gemäß § 511 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist insoweit gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO begründet, als auf seinen Hilfsantrag hin wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels in erster Instanz unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit Ausnahme der bis zum 22. Dezember 2014 einschließlich durchgeführten Beweisaufnahme die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Stendal mangels hinreichend festgestellter Tatsachen durch unterlassene Vernehmung der Zeugen S. I. und M. P. für eine abschließende Entscheidung in erster Instanz zweckmäßigerweise geboten ist. Die bisher vom Landgericht durchgeführte Beweiswürdigung weist indes keine Beweiswürdigungsfehler auf.
- 26
1. Im Übergehen des im nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 19. Januar 2015 enthaltenen Beweisangebots durch Vernehmung der Zeugen S. I. und M. P. zu der Behauptung, dass er mit einer Nutzung des vermieteten Wohngebäudes als Bordell nicht einverstanden gewesen sei, liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Die Nichtberücksichtigung bzw. das Übergehen eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG(BGH, NJW-RR 2010, 1217; OLG Köln, MDR 1974, 498; Althammer, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Auflage, § 538 Rn. 18). Das Landgericht hätte daher gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen.
- 27
Die Erheblichkeit des Beweisangebots ist auch zu bejahen, weil die Kenntnis des Klägers von der Nutzung des Wohngebäudes als Bordell im Streit steht und das Landgericht die übrigen von ihm vernommenen Zeugen zu dieser Beweisfrage auch zutreffend vernommen hat. Offensichtlich hat das Landgericht das Beweisangebot des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 19. Januar 2015 übersehen, weil die angefochtene Entscheidung hierzu schweigt.
- 28
Insbesondere wäre es nicht zulässig, wenn der Senat die fehlende Entscheidung des Landgerichts über die Zurückweisung des klägerischen Beweisangebots selbst vornehmen würde, weil das Berufungsgericht nicht die dem Ausgangsgericht alleine obliegende Ermessensentscheidung gemäß den §§ 296 Abs. 2, 282 ZPO selbst treffen und sie ersetzen darf(BGH, NJW 1981,2255; Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 531 Rn. 7).
- 29
2. Soweit das Landgericht Zeugen vernommen hat, hält seine Beweiswürdigung den Berufungsangriffen indes stand. Seine Beweiswürdigung weist keine Beweiswürdigungsfehler auf. Sie ist weder in sich widersprüchlich, noch läuft sie den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwider oder lässt Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt; sie enthält die für die Klageabweisung tragenden Gründe der Beweiswürdigung. Alleine der Umstand, dass der Kläger die Beweisaufnahme anders würdigt, rechtfertigt nicht die Annahme einer verfahrensfehlerhaften Beweiswürdigung des Landgerichts.
- 30
Die Berufungsangriffe des Klägers gegen die Beweiswürdigung greifen auch deswegen nicht durch, weil das Landgericht die einzelnen Zeugenaussagen intensiv, kritisch und ausführlich gewürdigt hat. Es hat sich auf der Grundlage der objektiven Aussageinhalte der Zeugen mit deren Glaubwürdigkeit umfassend beschäftigt, ohne dass Verstöße gegen Denk- oder Erfahrungssätze oder sonstige Widersprüchlichkeiten zu erkennen wären. Im Einzelnen:
- 31
Die Argumentation des Klägers, der im Auftrag der Beklagten ermittelnde pensionierte Kriminalbeamte B. M. habe ihn zu belasten versucht, entbehrt schon deswegen der Grundlage, weil der Zeuge nicht erfolgsorientiert vergütet, sondern nach einem festen Stundenlohn bezahlt wird und daher ein Eigeninteresse am Ergebnis seiner Feststellungen nicht besteht.
- 32
Auch konkrete und durchgreifende Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts hinsichtlich der Aussagen der Zeugen D. M., R. Sch. und T. T. zeigt der Kläger nicht auf, sondern beschränkt sich lediglich auf eine ihm günstige Wertung der Zeugenaussagen.
- 33
Die Aussagen der Polizeibeamten T. H. und F. S. sind nach zutreffender Auffassung des Landgerichts im Gegensatz zur Argumentation des Klägers ergiebig gewesen, weil es den protokollierten Aussagen dieser Zeugen zutreffend und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewichtige Indizien für die Nutzung des vermieteten Gebäudes als bordellähnlichen Betrieb entnommen hat.
- 34
Die Angriffe des Klägers gegen die Beweiswürdigung der Aussage des Zeugen S. W. als Schadenregulierer der Beklagten bleiben aus denselben Gründen wie seine Beweiswürdigungsrügen im Hinblick auf den Zeugen B. M. ohne Erfolg.
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Weiterhin hat das Landgericht der Aussage der Ehefrau des Klägers, der Zeugin C. B. , zu Recht keinen Glauben geschenkt, weil ihr Eigeninteresse als Miteigentümerin des brandzerstörten Hauses am Erhalt der Entschädigungsleistung auf der Hand liegt und eine Kenntnis des Klägers von der der Beklagten nicht angezeigten Nutzung des Gebäudes als Bordell oder bordellähnlicher Betrieb eine deren Leistungsfreiheit auslösende Gefahrerhöhung nach Maßgabe der §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 VVG darstellen würde, die auch nicht nach § 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG wieder entfallen wäre.
- 36
Schließlich erweist sich auch die Beweiswürdigung der Aussage der Zeugin C. J. als fehlerfrei. Maßgeblich und zutreffend hat das Landgericht auf den Gegensatz zwischen der Aussage der Zeugin einerseits, ihr sei am streitgegenständlichen Objekt nie etwas aufgefallen, und ihrer eigenen Anzeige vom Brandgeschehen andererseits, wo sie gegenüber der Polizei angegeben hat, dass das Objekt noch vor zwei Wochen noch in Betrieb (ehemaliger Puff) gewesen sei, abgestellt.
- 37
Nicht zu beanstanden ist zudem die Beurteilung des Zeugen M. Sz. als nicht glaubwürdig. Das Landgericht hat insoweit ausgeführt, dass die Antworten des Zeugen zurechtgelegt gewesen seien und er sich in Widersprüche verstrickt habe, ohne dies im Einzelnen zu begründen. Dies kann letztlich dahingestellt bleiben, weil der Zeuge ohnehin nur Pflasterarbeiten im Außenbereich des Gebäudes vorgenommen hat, und somit auch nur Eindrücke des Objekts von außen hat schildern können, ohne dass er jemals im Inneren des Gebäudes gewesen ist.
- 38
3. In Anbetracht der vorstehend erläuterten Verfahrensdefizite und in Ansehung des insoweit nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO eröffneten Ermessens hält der Senat eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils nebst Verfahrens und eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht im konkreten Fall für geboten. Er hat die Aufhebung der bis zum 22. Dezember 2014 einschließlich durchgeführten Beweisaufnahme ausdrücklich ausgenommen, weil sie nicht von Verfahrensfehlern beeinflusst ist. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass im Falle eines zwischenzeitlichen Richterwechsels in erster Instanz die bereits durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen wäre, da der Tatrichter einen eigenen persönlichen Eindruck von allen vernommenen Zeugen gewonnen haben muss.
- 39
Die Frage einer Zurückverweisung ist in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 ausführlich erörtert worden, ohne dass gegen ein derartiges, eher allgemein für sachdienlich erachtetes Prozedere Bedenken von Seiten einer Partei geäußert worden wäre. Angesichts der gleichermaßen umfangreichen und aufwendig zu erwartenden Beweisaufnahme entspricht es dem vorrangigen Interesse der Parteien, vor dem Landgericht in einer umfassenden Tatsacheninstanz neu vortragen und zweckdienlicherweise dort eine Klärung der hier streitigen Fakten im Rahmen einer umfassenden Beweisaufnahme herbeiführen zu können.
III.
- 40
Über die Kosten des Berufungsverfahrens wird das Landgericht nach Maßgabe einer abschließenden Sachentscheidung in erster Instanz zu befinden haben.
- 41
Obschon selbst ohne unmittelbar vollstreckungsfähigen Inhalt war das Urteil gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wie sich, in Bezug auf die sonst weiterhin mögliche Vollstreckbarkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, aus der Regelung des § 775 Nr. 1 ZPO ergibt (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 538, Rdnr. 59).
- 42
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.
- 43
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestehen nicht, weil die von den Besonderheiten des Einzelfalls geprägte Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts im konkreten Fall erfordert.
Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.
(1) Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(2) In den Fällen einer Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 2 und 3 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugegangen sein müssen, es sei denn, dem Versicherer war die Gefahrerhöhung zu diesem Zeitpunkt bekannt. Er ist zur Leistung verpflichtet, wenn die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 23 Abs. 2 und 3 nicht auf Vorsatz beruht; im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung gilt Absatz 1 Satz 2.
(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet,
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.10.2012 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
I.
2Der Kläger macht als Zwangsverwalter über das Vermögen des Herrn B Ansprüche aus einer Gebäudeversicherung geltend.
3Der Zeuge B ist Berechtigter eines Erbbaurechts an der Gebäude- und Freifläche E-Straße in E2. Bei diesem Objekt handelte es sich ursprünglich um einen Kfz-Betrieb mit Reifenhandel und Werkstatt mit Ausstellungsräumen im Erdgeschoss und Wohnräumen im Obergeschoss. Der Erbbauberechtigte B hatte für dieses Objekt bei der Beklagten eine Gebäudeversicherung unter der Versicherungsnummer ########## abgeschlossen. Die im Rahmen des Reifenhandels gewerblich genutzten Räumlichkeiten im Erdgeschoss waren an Herrn L, den Vater des Herrn B, vermietet.
4Spätestens im Jahr 2002 wurde das Obergeschoss des versicherten Objekts an Prostituierte vermietet.
5Mit Beschluss des Amtsgerichts Gütersloh vom 03.11.2008 (Az. 11aL 013/08) wurde der Kläger wegen eines dinglichen Anspruchs der F AG in Höhe von 230.081,35 Euro nebst 15 % Zinsen seit dem 09.04.1996 zum Zwangsverwalter des Erbbaurechts an der Gebäude- und Freifläche E-Straße in E2 bestellt.
6Mit Schreiben vom 05. Dezember 2008 wandte sich der Kläger an die Beklagte unter dem Betreff „Gebäude-Versicherungs-Nr. ##############“. Er teilte mit, dass nach seinen Informationen bei der Beklagten eine Gebäudeversicherung bestand und bat u.a. um Übersendung des Versicherungsscheins und Mitteilung, ob die Prämien gezahlt worden seien. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Schreiben (Bl. 43 GA) Bezug genommen. Die Beklagte vertreten durch den Zeugen X übersandte dem Kläger daraufhin einen Versicherungsschein ebenfalls unter der Versicherungsnummer ###########, in dem es u.a. heißt: „ab 03.11.2008, 0 Uhr, Vertragsumschreibung“ sowie „Art des Gebäudes: Geschäftsgebäude mit Handelsbetrieben“. Überdies weist der Versicherungsschein als Versicherungsnehmer den Kläger als Zwangsverwalter für Herrn B aus.
7In den dem Versicherungsschein beigefügten Unterlagen heißt es:
8„Der Versicherungsvertrag kommt zustande, wenn Sie unser Vertragsangebot (Angebotspolice) annehmen, die Vertragsannahmeerklärung unterzeichnen und an uns zurücksenden.
9Haben sie uns einen unterzeichneten Versicherungsantrag eingereicht, so gilt: Der Versicherungsvertrag kommt zustande, wenn wir ihren Antrag ausdrücklich annehmen.“
10Zum weiteren Inhalt des Versicherungsscheins vom 08.12.2008 und der maßgeblichen Versicherungsbedingungen der Beklagten (WSGB 98) wird auf diesen (Anlage K2) Bezug genommen.
11Am 19.09.2010 entstand ein erheblicher Brandschaden an dem streitgegenständlichen Objekt.
12Die Staatsanwaltschaft Bielefeld leitete wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung unter dem Aktenzeichen 76 Js 434/10 ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn B und Herrn L ein, das gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde.
13Unter dem 08.10.2010 kündigte die Beklagte den Versicherungsvertrag unter Hinweis darauf, dass sie anlässlich des eingetretenen Feuerschadens vom 19.09.2011 Kenntnis davon erhalten habe, dass das Obergeschoss des versicherten Gebäudes für die Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution genutzt worden sei und diese Nutzungsänderung eine während der Versicherungszeit eingetretenen Gefahrerhöhung darstelle.
14Die Beklagte beauftragte zur Ermittlung der Schadensursache sowie zur Schadenshöhe ein Sachverständigengutachten der C GmbH (nachfolgend C). Diese stellte im Rahmen ihres Gutachtens vom 19.05.2011 einen Gesamtschaden in Höhe von 712.513,44 € fest. Zum weiteren Inhalt des Gutachtens der C vom 19.05.2011 wird auf dieses Bezug genommen.
15Mit Schreiben vom 31.05.2011 lehnte die Beklagte eine Regulierung des Schadens gegenüber dem Kläger ab.
16In erster Instanz hat der Kläger einen Teilbetrag des entstandenen Schadens in Höhe von 464.350,00 € geltend gemacht.
17Der Kläger hat beantragt,
18die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 464.350,00 € nebst 4 % Zinsen p.a. für die Zeit vom 20.09.2010 bis zum 31.05.2011 und 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 zu zahlen.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die von dem Kläger erhobene Teilklage sei bereits unzulässig, da nicht erkennbar sei, welche Ansprüche mit der Teilklage geltend gemacht würden.
22Sie, die Beklagte, sei zudem aus mehreren Gründen leistungsfrei. Der Eigentümer des versicherten Objekts, Herr B, habe den Brand selbst gelegt und den Versicherungsfall dadurch vorsätzlich herbeigeführt. Dies folge aus einer Fülle von Indizien.
23Ferner ergebe sich eine Leistungsfreiheit aus einer Gefahrerhöhung, die durch die Einrichtung eines Bordellbetriebes auf dem streitgegenständlichen Grundstück eingetreten sei. Außerdem behauptet die Beklagte, der Zeuge B habe sie im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall über den tatsächlichen Geschehensablauf arglistig getäuscht. Aufgrund dieser arglistigen Täuschung sei sie auch gegenüber dem Kläger leistungsfrei, da dieser sich die arglistige Täuschung durch den Eigentümer als Wissensvertreter zurechnen lassen müsse.
24Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei als Teilklage zulässig.
25Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von 446.168,00 € auf das Zwangsverwalterkonto ergebe sich aus dem Versicherungsvertrag. Unstreitig sei der Kläger Versicherungsnehmer einer bei der Beklagten für das streitgegenständliche Objekt abgeschlossenen Gebäudeversicherung.
26Durch den Brandschaden vom 19.09.2010 sei der Versicherungsfall eingetreten. Die Beklagte sei nicht leistungsfrei geworden. Eine Leistungsfreiheit der Beklagten ergebe sich weder aus dem Gesichtspunkt der Gefahrerhöhung gemäß § 26 Abs. 1 VVG, noch aus einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer gemäß § 81 Abs. 1 VVG oder einer versuchten arglistigen Täuschung durch den Versicherungsnehmer gemäß § 26 WSGB 98.
27Es erscheine bereits fraglich, ob in der Einrichtung des Bordellbetriebes auf dem streitgegenständlichen Grundstück überhaupt eine Gefahrerhöhung gemäß § 26 Abs. 1 VVG liege. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass der Bordellbetriebes lediglich in einem äußerst geringen Umfang erfolgt sei. Denn unstreitig sei in dem streitgegenständlichen Objekt im Zeitpunkt des Versicherungsfalls lediglich eine einzige Prostituierte tätig gewesen. Überdies sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Objekt um eine Werkstatt gehandelt habe, die von vornherein ein höheres Risiko aufweise, als dies bei einem Wohnhaus der Fall wäre.
28Eine Leistungsfreiheit des Versicherungsnehmers setze gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 VVG jedenfalls voraus, dass der Versicherungsnehmer die ihm obliegenden Anzeigepflichten vorsätzlich verletzt habe. Ein vorsätzliches Handeln des Klägers sei nicht ersichtlich. Vielmehr sei zwischen den Parteien unstreitig, dass bereits vor der Umschreibung des Versicherungsvertrages auf den Kläger ein Prostitutionsbetrieb vorhanden gewesen sei. Der Betrieb des Bordells sei für den Brand auch nicht ursächlich gewesen. Die Beklagte selbst gehe davon aus, dass Herr B den Brandschaden vorsätzlich herbeigeführt habe, so dass gerade nicht von einer Mitursächlichkeit des Bordellbetriebs auszugehen sei. Dabei verkenne das Gericht nicht, dass der Kläger im Hinblick auf den Kausalitätsgegenbeweis gemäß § 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet sei. Allerdings seien die Umstände, nach denen eine Kausalität des Prostitutionsbetriebes für den streitgegenständlichen Brandschaden auszuschließen seien, zwischen den Parteien unstreitig.
29Eine Leistungsfreiheit der Beklagten ergebe sich auch nicht aus § 81 Abs. 1 VVG i.V.m. § 14 Nr. 2 WSGB 98. Nach dieser Vorschrift trete eine Leistungsfreiheit des Versicherers ein, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt habe. Voraussetzung sei jedoch, dass der Versicherungsfall durch den Versicherungsnehmer oder eine ihm zuzurechnende Person herbeigeführt worden sei, was vorliegend nicht der Fall sei.
30Ob Herr B den streitgegenständlichen Brandschaden vorsätzlich herbeigeführt habe, könne dahinstehen. Denn Herr B selbst sei nicht Versicherungsnehmer. Zwar habe ursprünglich auch ein Versicherungsverhältnis zwischen der Beklagten und Herrn B bestanden. Allerdings habe der Kläger nach seiner Bestellung zum Zwangsverwalter ein eigenständiges Versicherungsverhältnisses mit der Beklagten begründet, an welchem Herr B nicht beteiligt sei.
31Ein etwaiges vorsätzliches Herbeiführen des Versicherungsfalles durch Herrn B wäre dem Kläger auch nicht zuzurechnen, da der Zeuge B nicht als Repräsentant des Klägers angesehen werden könne.
32Die Beklagte sei auch nicht gemäß § 26 WSGB 98 leistungsfrei geworden.
33Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
34Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht sei in unzutreffender Weise davon ausgegangen, dass zwischen ihr, der Beklagten, und dem Kläger ein neuer Versicherungsvertrag zustande gekommen sei. Tatsächlich sei der Kläger in den mit dem Schuldner, Herr B, bestehenden Versicherungsvertrag eingetreten. Es sei unstreitig, dass im versicherten Objekt ein Prostitutionsbetrieb vor der Umschreibung des Versicherungsvertrages vorhanden gewesen sei.
35Die in der mündlichen Verhandlung vom Landgericht vertretene Auffassung, dass der Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages sich daraus ergeben würde, dass der Zwangsverwalter verpflichtet gewesen sei, einen Vertrag abzuschließen, um einem Haftungsrisiko zu entgehen, sei unzutreffend. Der Kläger habe eindeutig in den bestehenden Versicherungsvertrag eintreten wollen. Er habe ausdrücklich die Umschreibung des alten, auf B lautenden Versicherungsvertrages auf sich gewünscht. Dass hier nur eine Umschreibung erfolgt sei, ergebe sich auch daraus, dass sonst das Schicksal des alten Versicherungsvertrages völlig unklar gewesen wäre. Maßgebend sei daher, ob während des Laufes des Versicherungsvertrages eine relevante Gefahrerhöhung eingetreten sei. Soweit das Landgericht eine Gefahrerhöhung mit der Begründung verneint habe, der Bordellbetrieb sei lediglich in einem äußerst geringen Umfang erfolgt, da im Zeitpunkt des Versicherungsfalles lediglich eine einzige Prostituierte tätig gewesen sei, sei dies rechtlich fehlerhaft. Der BGH habe in seiner Entscheidung vom 20. Juni 2012 dargelegt, dass die Beurteilung der Frage, ob eine relevante Gefahrerhöhung vorliege, nicht entscheidend davon abhänge, wie viele Prostituierte in dem jedenfalls zu einem erheblichen Teil in ein Bordell umgewandelten, bei der Beklagten versicherten Gebäude tätig gewesen seien. Der BGH habe ausgeführt, dass es darauf ankomme, wie sich die Gefahrenlage im Ganzen seit der Antragstellung entwickelt habe. Der Kläger sei durch die Umschreibung des Vertrages in das Versicherungsverhältnis eingetreten, wie es sich zu diesem Zeitpunkt dargestellt habe. Die Gefahrerhöhung sei zu diesem Zeitpunkt eingetreten gewesen. Ob der Kläger selbst vorsätzlich gehandelt habe, sei irrelevant. Zudem könne auch nicht die Rede davon sein, dass ein Kausalitätsgegenbeweis gem. § 26 Abs. 1 Nr. 1 VVG geführt worden sei. Soweit das Landgericht nämlich davon ausgehe, dass es zwischen den Parteien unstreitig sei, dass Herr B den Brandschaden vorsätzlich herbeigeführt habe, sei dies unzutreffend. Der Kläger habe vielmehr bestritten, dass Herr B den Brand vorsätzlich gelegt habe. Wenn das Landgericht zudem davon ausgegangen sei, dass Herr B für den Brand verantwortlich sei, so sei Leistungsfreiheit aus anderen Gründen gegeben.
36Sie, die Beklagte, könne sich zudem auf Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 81 Abs. 1 VVG i.V.m. § 14 Nr. 1 der WSGB 98 berufen. Hinsichtlich dieser Frage lasse das Landgericht dahingestellt, ob B den streitgegenständlichen Brand vorsätzlich gelegt habe. Es führe weiter aus, eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles durch B sei dem Kläger nicht zuzurechnen, da dieser nicht Repräsentant des Klägers sei. Dies sei sicherlich zutreffend. Unabhängig davon, ob ein neuer Versicherungsvertrag geschlossen worden sei oder eine Umschreibung erfolgt sei, gehe es jedoch in beiden Fällen um das Eigentumsinteresse des B, welches durch den Versicherungsvertrag gedeckt sei. Gem. § 47 Abs. 1 VVG seien bei der Versicherung für fremde Rechnung auch die Kenntnis und das Verhalten des Versicherten zu berücksichtigen, soweit die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung seien. Eine vorsätzliche Eigenbrandstiftung des Versicherten führe daher zur Leistungsfreiheit insgesamt, soweit es um den Einsatz des Substanzschadens gehe, d.h. um das Substanzinteresse des Versicherten. Im Vorliegenden Fall gehe es um die Versicherung des Substanzinteresses des Eigentümers insgesamt. Wenn dieser einen Brand am versicherten Gebäude vorsätzlich herbeiführe, sei der Versicherer leistungsfrei.
37Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht die Leistungsfreiheit gem. § 26 WSGB 98 verneint.
38Der erstmals in der Berufung unter Beweisantritt erfolgte Vortrag des Klägers, der Zeuge X als Vertreter der Beklagten habe Kenntnis von der Nutzung der Räume als Bordell gehabt, sei verspätet.
39Ein Anspruch aus § 102 VVG a.F. setzte voraus, dass sie, die Beklagte leistungsfrei sei. Jedenfalls sei ein solcher Anspruch nur gegen Abtretung der Grundpfandrechte bzw. Zustimmung zu deren Umschreibung gem. § 104 VVG a.F. gegeben.
40Die Beklagte beantragt,
41unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bielefeld die Klage abzuweisen.
42Der Kläger beantragt,
43- 44
1. die Berufung zurückzuweisen;
- 45
2. die Beklagte zu verurteilen, über die vom Landgericht Bielefeld zuerkannten 446.168,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom 20.09.2010 bis zum 31.05.2011 und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 hinaus weitere 266.345,44 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom 20.09.2010 bis zum 31.05.2011 und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 auf das Zwangsverwalterkonto zu zahlen
- 46
3. hilfsweise:
a) für den Fall der vollständigen Leistungsfreiheit der Beklagten 408.352,46 € (zugunsten der H 128.070,26 €/zugunsten der E AG 280.282,20 €) zzgl. Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.09.2010 auf das Zwangsverwalterkonto zu zahlen.
48b) für den Fall der teilweisen Leistungsfreiheit der Beklagten 408.352,46 € abzüglich des gemäß Ziff. 1 zugesprochenen Betrages (maximal abzgl. 408.352,46 €) zzgl. Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.09.2010 auf das Zwangsverwalterkonto zu zahlen.
49Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt aus, er habe als Zwangsverwalter schnellstmöglich dafür sorgen müssen, dass das beschlagnahmte Objekt versichert sei. Die Beklagte habe ihm den Versicherungsschein nebst Widerrufsbelehrung, Informationen gem. § 7 VVG, Deklaration und Erläuterung der versicherten Sache zugeschickt. Damit sei ein neuer Versicherungsvertrag mit ihm, dem Kläger, zustande gekommen. Auf eine möglicherweise vorher eingetretene Gefahrerhöhung im Rahmen des mit Herrn B geschlossenen Versicherungsvertrages komme es daher nicht an. Er, der Kläger, habe auch keinerlei zuverlässige Kenntnisse darüber, seit wann vor der Zwangsverwaltung mit wem und mit welchem Inhalt das Objekt versichert gewesen sei. Bestritten werde daher vorsorglich die von der Beklagten monierte angebliche Gefahrerhöhung nach Versicherungsabschluss. Er, der Kläger, habe natürlich nichts dazu beigetragen, dass in der verhältnismäßig kleinen Wohnräumlichkeit oberhalb des großflächigen Kfz-Betriebes Prostitution betrieben worden sei. Ebenso wenig habe er deren Vornahme durch einen Dritten gestattet, sondern im Gegenteil zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles am 19.09.2010 durch vorangegangene Interventionen das eigentliche Bordellgeschehen längst beendet. Er, der Kläger, habe zuvor sämtliche Vertragsverhältnisse in den Räumlichkeiten fristlos aufgekündigt. In der Brandnacht sei auch nicht eine einzige Dame mehr in den Räumlichkeiten gewesen. Tage zuvor habe sich dort offensichtlich auch nur noch sporadisch eine Dame namens K aufgehalten. Er, der Kläger, habe nach dem unangekündigten Termin sämtliche Mietverhältnisse aufgekündigt. Er habe daher alles andere als vorsätzlich eine Gefahrerhöhung vorgenommen. Eine Gefahrerhöhung sei vorliegend auch schlichtweg nicht feststellbar, da Maßstab für die Gefahrerhöhung der tatsächliche Gefahrenzustand zum Zeitpunkt der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers sei. Verglichen mit dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Kläger sei die Gefahrenlage am 19.09.2008 deutlich geringer gewesen, da die Prostitution so gut wie beendet gewesen sei. Durch die gesetzliche Regelung zur Gefahrerhöhung solle das Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung erhalten bleiben. Schon die Tatsache, dass er, der Kläger, als Zwangsverwalter das Objekt in Besitz genommen habe und verwaltet habe, gewährleiste grundsätzlich bereits einen besonders zuverlässigen Umgang mit den Gebäuden. Allein dadurch habe sich bereits die Risikolage zugunsten der Beklagten verändert. Deshalb habe die Beklagte u.a. auch gerade bereitwillig den Versicherungsvertrag mit dem Kläger geschlossen. Der grundsätzlich von einem Prostitutionsbetrieb ausgehenden Gefahr habe der Kläger deutlich entgegengewirkt. Darüber hinaus sei im Vergleich zu der Kfz-Werkstatt von den nahezu leerstehenden Wohnräumlichkeiten eine deutlich geringere Gefahr ausgegangen.
50Er habe auch nicht den Versicherungsfall herbeigeführt. § 81 VVG habe von vornherein nur das Verhalten des Versicherungsnehmers im Auge. § 47 Abs. 1 VVG sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Er habe den Versicherungsvertrag zwar für fremde Rechnung, nämlich für Rechnung des Gläubigers, der die Zwangsvollstreckung betreibe, abgeschlossen, nicht jedoch für Rechnung des Herrn B. Wirtschaftlicher Eigentümer im Zwangsverwaltungsverfahren seien die Realgläubiger und der Grundstückseigentümer, der den Erbbauzins beanspruche. Insoweit sei Herr B nicht mitversicherte Person.
51Selbst wenn der Brand vorsätzlich gelegt worden sein solle, so habe die Beklagte bislang substanzlos vorgetragen, dass ausgerechnet Herr B diesen Brand vorsätzlich gelegt habe. Schon aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte ein kriminelles Milieu aufzeige und der Vater des B, Herr L, als Inhaber des Kfz-Betriebes Versicherungsleistungen in Höhe von 1.191.370,00 € in einem PKH-Verfahren verlange, könne die Beklagte die ihr obliegende Beweislast im Rahmen des § 81 VVG auch aufgrund von Indizien keinesfalls führen. Sowohl das Ermittlungsverfahren gegen Herrn B als auch das Ermittlungsverfahren gegen Herrn L sei eingestellt worden. Schließlich ergebe sich die Leistungsfreiheit der Beklagten auch nicht aus § 26 WSGB 98.
52Die erstinstanzlich erhobene Teilklage sei zulässig gewesen. Der Zeitwertschaden, den die Beklagte selbst in Höhe von 712.513,44 € ermittelt habe, sei unstreitig. Tatsächlich dürfe der Zeitwertschaden über diesem Betrag liegen. Die Klageerweiterung sei gem. § 264 Nr. 2 ZPO zulässig.
53Der Kläger hat zudem mit Schriftsatz vom 13.08.2013 vorgetragen, Anfang 2002 sei der Versicherungsagent der Beklagten, Herr X, vor Ort gewesen, und habe gewusst, dass die ursprüngliche Betriebsinhaberwohnung vermietet worden sei. Er habe dem Mieter dann eine Hausratversicherung vermitteln wollen, Herr B habe dann gesagt, dass habe jemand gemietet, der seine Mädels mitgebracht habe. Dort sei offiziell auch kein Erotikclub, dort seien nur Betten, so dass es wohl keinen Bedarf für eine Hausratversicherung gebe. Am 08.10.2002 sei es dann zu einem Einbruchdiebstahl im Bereich des Reifenservice L gekommen. Anlässlich dieses Einbruchdiebstahls habe es einen weiteren Besichtigungstermin gegeben, an dem Herr X und ein Herr U von der Beklagten anwesend gewesen seien. Es sei in einem Gespräch zwischen Herrn B und Herrn X nochmals die Vermietungssituation besprochen worden.
54Da die Alarmanlagensituation besprochen worden sei, sei auch davon auszugehen, dass auch Herr U Kenntnis von der Nutzung der Wohnungen gehabt habe.
552007/2008 – noch vor der Zwangsverwaltung- habe Herr B sich bei Herrn X in einem Gespräch beklagt, dass der Zuhälter der Mädchen sich die Taschen vollmache, aber nicht regelmäßig die Miete zahle.
56Die Beklagte habe somit zurechenbare Kenntnis von der Nutzung des versicherten Objekts als Bordellbetrieb gehabt.
57Dieser Sachvortrag sei auch nicht verspätet, da der Kläger erstmals unmittelbar vor dem Verhandlungstermin am 10.07.2013 von dieser Situation durch Herrn B erfahren habe.
58Zu dem von ihm gestellten Hilfsantrag hat der Kläger vorgetragen, Realgläubiger seien die H und die F AG als Rechtsnachfolgerin der E AG. Zu Gunsten der H sei eine Grundschuld von 150.000 DM mit 18 Prozent Zinsen jährlich aufgrund einer Bewilligung vom 10.09.2001 eingetragen. Die Gesamtforderung der Sparkasse aus diversen Darlehensverträgen gegen den Zeugen B belaufe sich per 18.09.2010 auf 181.448,41 Euro. Unter Berücksichtigung der Zinsen ergäbe sich eine dinglich abgesicherte Verbindlichkeit in Höhe von 128.070,26 Euro.
59Zugunsten der F AG seien zwei Grundschulden in Höhe von 450.000 DM und in Höhe von 240.000 DM zzgl. jeweils 15 % Zinsen eingetragen, insgesamt also Grundschulden in Höhe von 352.791,39 Euro, die Darlehnsforderungen der F2 AG gegen die Eheleute L und L2 bzw. den Zeugen B valutierten noch in Höhe von 280.282,20 Euro.
60Die Forderungen der Realgläubiger aus § 102 VVG a.F. seinen ihm, dem Kläger, abgetreten worden. Er sei insoweit prozessführungsbefugt.
61Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B, L, L3 und X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Berichterstattervermerke zu den Sitzungen vom 13.06.2014 und 12.11.2014.
62Die Ermittlungsakten 76 Js 434/10 StA Bielefeld lagen dem Senat vor.
63Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
64II.
65Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
66Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der von ihm geltend gemachten Versicherungsleistungen aus dem Gebäudeversicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer ##########.
671.
68Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Versicherungsleistung ergibt sich nicht aus einem zwischen ihm und der Beklagten geschlossenen Gebäudeversicherungsvertrag.
69Zwischen den Parteien ist insoweit bereits keine Einigung über den Abschluss eines neuen Vertrages zustande gekommen.
70Zwar hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 05. Dezember 2008 der Beklagten Mitteilung über die Anordnung der Zwangsverwaltung gemacht und gleichzeitig um Übersendung des Versicherungsscheins zu dem bestehenden Vertragsverhältnis gebeten sowie im Mitteilung, ob die laufenden Prämienzahlungen erfolgt sind. Weiterhin hat er die Beklagte gebeten, ihn als Empfänger für Beitragsrechnungen in den Unterlagen zu vermerken.
71Aus diesem Schreiben ergibt sich jedoch nicht der Wille des Klägers, einen eigenen Versicherungsvertrag mit der Beklagten abschließen zu wollen. Das Schreiben des Klägers ist aus der Sicht eines objektiven Dritten allein dahin zu verstehen, dass der Kläger sich, so wie er es auch formuliert hat, zunächst über den bestehenden Versicherungsschutz informieren und vergewissern wollte und, für den Fall, dass ein Versicherungsvertrag bereits bestand, diesen offenbar fortführen wollte. In dem Schreiben des Klägers vom 05. Dezember 2008 ist somit kein Angebot für den Abschluss eines eigenen Versicherungsvertrages des Klägers mit der Beklagten zu sehen. Ebenso wenig kann dem Schreiben ein Angebot des Klägers auf Umschreibung des bestehenden Versicherungsvertrages auf sich selbst entnommen werden. Bei einem- wie hier- bereits bestehenden Gebäudeversicherungsvertrag hätte auch weder für den Abschluss eines neuen- weiteren- Vertrages noch für eine Umschreibung auf den Zwangsverwalter ein Anlass bestanden.
72Soweit die Beklagte dem Kläger eine Bescheinigung zu der bestehenden Versicherungsnummer ########## übersandt hat, heißt es in diesem Versicherungsschein zwar „Vertragsumschreibung“, weiterhin wird der Kläger als Versicherungsnehmer in seiner Funktion als Zwangsverwalter für B bezeichnet. Der Versicherungsschein enthält jedoch die gleiche Vertragsnummer wie der zuvor mit dem Zeugen B geschlossene Vertrag. Aus diesem Versicherungsschein kann nicht auf einen Willen der Beklagten geschlossen werden, mit dem Kläger einen neuen Versicherungsvertrag abschließen zu wollen. Vielmehr sollte der bestehende Vertrag mit Herrn B zu den bestehenden Bedingungen ersichtlich weitergeführt werde und der Kläger in den Vertrag an Stelle des B eintreten. Unabhängig davon, dass ein solcher Eintritt des Klägers in den bestehenden Versicherungsvertrag nur im Wege einer Vertragsübernahme möglich gewesen wäre und es hierzu der Zustimmung des B als bisherigem Versicherungsnehmer bedurft hätte, hat der Kläger, der mit seinem Schreiben vom 05.12.2008 weder ein Angebot zum Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages noch ein Angebot zum Eintritt in den bestehenden Versicherungsvertrag an Stelle des Herrn B unterbreitet hat, ein in dem Schreiben der Beklagten vom 08.12.2008 liegendes Angebot zu einem entsprechenden Wechsel der Vertragspartei nicht ausdrücklich angenommen.
73Unabhängig davon, ob in der Zahlung der Versicherungsprämien durch den Kläger überhaupt eine konkludente Annahme eines eventuellen Angebotes gesehen werden könnte, woran erheblich Zweifel bestehen, da die vorherige Prämienzahlung durch den Kläger lediglich fortgeführt wurde, hätte eine eventuelle Annahme des Angebots der Beklagten nach den dem Versicherungsschein beigefügten Unterlagen auch schriftlich erfolgen müssen.
74Mit der Anordnung der Zwangsverwaltung über das Erbbaurecht ist der Kläger in seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter auch nicht ohne Weiteres in das bestehende Versicherungsverhältnis für die Gebäude eingetreten, er wurde nicht automatisch Rechtsnachfolger des Versicherungsnehmers B (vgl. u.a. OLG Hamm, NJW-RR 2001, 394-juris-).
752.
76Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem ursprünglich vom Erbbauberechtigten B für das fragliche Objekt mit der Beklagten unter der Versicherungsnummer ######## abgeschlossenen Gebäudeversicherungsvertrag. Zwar wurde der Vertrag mit der Anordnung der Zwangsverwaltung nicht automatisch beendet (vgl. Weber/Graf, Versicherungen in der Zwangsverwaltung, ZfIR 2006, S. 615), sondern bestand fort.
77Ein Anspruch des Klägers aus diesem Versicherungsvertrag ist jedoch ebenfalls nicht gegeben, da die Beklagte gem. §§ 23, 26 VVG von der Leistung frei ist.
78Der Versicherungsnehmer B hat nach Vertragsschluss ohne Genehmigung der Beklagten ein Bordell in dem von ihm als KFZ-Betrieb mit Reifenhandel und Werkstatt versicherten Gebäude betrieben und hierdurch vorsätzlich eine Gefahrerhöhung herbeigeführt, von der die Beklagte bis zum Schadensfall keine Kenntnis hatte.
79a)
80Der Versicherungsfall ist unstreitig eingetreten, da das versicherte Gebäude einen erheblichen Brandschaden erlitten hat.
81Die Beklagte ist auch nicht gem. § 81 VVG von ihrer Leistungspflicht befreit.
82Der beklagte Versicherer hat eine von ihm behauptete vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer ohne Beweiserleichterungen in vollem Umfang zu beweisen. Hierbei ist ihm auch eine Beweisführung durch Indizien eröffnet (BGH VersR 2005, 1387 = r+s 2005, 292 m.w.N.). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf und muss das Gericht sich sodann für die Gewinnung der vollen Überzeugung von der Wahrheit behaupteter Tatsachen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH VersR 2007, 1429 = r+s 2007, 59 m.w.N.). Die tatrichterliche Beweiswürdigung muss auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen, und die vom Gericht gezogenen Schlussfolgerungen dürfen sich nicht als bloße Vermutungen erweisen. Eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit ist indessen nicht erforderlich.
83Unter Berücksichtigung aller den Streitfall auszeichnenden Indizien ist der Senat nach diesen Maßstäben nicht mit der erforderlichen Gewissheit von einer Eigen- oder Auftragsbrandstiftung durch den Zeugen B überzeugt.
84Dass der hier fragliche Brand durch eine Brandstiftung verursacht wurde, ergibt sich zwar eindeutig aus dem im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eingeholten Brandgutachten, aus dem nicht nur hervorgeht, dass der Brand offenbar an drei Stellen gleichzeitig ausgebrochen ist, sondern auch, dass hier in erheblichem Umfang Benzin aus Benzinkanistern als Brandbeschleuniger verteilt wurde.
85Auch sprechen für eine Brandstiftung durch Herrn B eine Reihe von Indizien.
86Zunächst war die wirtschaftliche Lage des Zeugen B erheblich angespannt und deshalb als Motiv für eine Eigenbrandstiftung in Erwägung zu ziehen. Das Objekt befand sich in der Zwangsversteigerung, der zweite Versteigerungstermin stand an und für den Zeugen B war zu befürchten, dass das Objekt zu einem Preis veräußert würde, der nicht einmal zur Deckung der Schulden ausreichen würde.
87Die Versicherungsleistung nach dem erfolgten Brand hätte voraussichtlich mehr als das Dreifache dessen betragen, was der Zeuge B aus der Zwangsversteigerung erzielt hätte. Zudem macht auch der Vater des Zeugen B, der Zeuge L, gegen die Beklagte Ansprüche in erheblicher Höhe geltend.
88Für ein Motiv des B spricht zudem, dass dieser eine Bauvoranfrage zur Errichtung eines erotischen Saunaclubs gestellt hatte, dieses Bauvorhaben konnte er vor dem Brand aus finanziellen Gründen nicht durchführen.
89Die im Ermittlungsverfahren vernommene Zeugin M hatte außerdem angegeben, dass am Tag des Brandes ein extrem starker Benzingeruch in den Gebäuden wahrzunehmen gewesen sei, den der Zeuge B mit einem Raumspray zu bekämpfen versucht habe. Zudem habe es in der Vergangenheit am Wochenende einige Vorfälle mit der Klingel gegeben, aus denen sie geschlossen habe, dass sie am fraglichen Wochenende nicht in den Räumen bleiben solle.
90Allerdings kann im Ergebnis auch nicht völlig ausgeschlossen werden, dass andere Personen die Werkstatt in Brand gesetzt haben. So hatte auch der Vater des Zeugen B, der Mieter des Objekts war und ebenfalls hohe Ansprüche gegen die Beklagte geltend macht, ebenfalls ein Interesse an dem Brand. Nicht auszuschließen ist auch, dass tatsächlich jemand, den der Zeuge B mit dem Betreiben des Bordellbetriebes oder aus einem sonstigen Grund verärgert hatte, z.B. die von ihm gegenüber dem Ermittler N erwähnten Personen türkischer Herkunft, die das Bordell übernehmen wollten, Interesse daran hatte, das Gebäude in Brand zu setzen, auch wenn hiergegen der durch den Brand offenbar beabsichtigte Totalschaden des Objekts, an dem nur Vater und Sohn B ein Interesse haben konnten, spricht.
91Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich der Zeuge B nach der Aussage seiner Lebensgefährtin um 19.30 Uhr des fraglichen Tages bei ihr in Tschechien aufhielt, und nach dieser Aussage den Brand nicht selbst gelegt haben kann. Hinweise auf einen Gehilfen, der für den B die Werkstatt in Brand gesteckt haben könnte, fehlen gänzlich. Zudem wurde das Strafverfahren gegen den B und den L gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da auch aus der Sicht der Staatsanwaltschaft kein hinreichender Tatverdacht bestand.
92b)
93Der Beklagte ist jedoch gem. § 23 VVG i.V.m. § 18 WSGB 98 nicht zur Leistung verpflichtet, da der Zeuge B nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung im Hinblick auf das versicherte Gebäude vorgenommen hat.
94aa)
95Eine Gefahrerhöhung i.S. des § 23 VVG ist eine vom status quo bei Antragstellung abweichende, auf eine gewisse Dauer angelegte Änderung der tatsächlichen gefahrerheblichen Umstände, die eine Erhöhung der Möglichkeit einer Risikoverwirklichung in Bezug auf den Schadenseintritt oder den Schadensumfang darstellt (Römer/Langheid, VVG, § 23 Rdrn. 11). Von einer realen Gefahrerhöhung kann dann gesprochen werden, wenn ein Umstand unter Berücksichtigung möglicher Kausalverläufe die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalles ex ante steigert. Ein Beobachter, der die fraglichen Umstände kennt, muss allein aufgrund dieser Kenntnis eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalles feststellen können. Die Gefahrerhöhung beginnt mit dem Anfang eines vorprogrammierten Geschehens, in dessen Verlauf es zu einer gefahrerhöhenden Bedrohung kommt (Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 23 Rdn. 22)
96Eine solche Gefahrerhöhung liegt hier darin, dass der Schuldner B jedenfalls seit dem Jahr 2002 unstreitig in der oberen Etage des Gebäudes die Wohnung an Prostituierte vermietet und dort ein Bordell eingerichtet hatte. Ausweislich des Schreibens des Klägers vom 22.Oktober 2010 (Anlage K8) waren die Mietverträge mit den Prostituierten zwar im März/April 2010 gekündigt worden, eine Räumung war jedoch noch nicht erfolgt, vielmehr stand die Einreichung von Räumungsklage zum Zeitpunkt des Brandes kurz bevor.
97Die Änderung der gewerblichen Nutzung von Räumlichkeiten zur Nutzung als Bordell ist gegenüber dem Versicherer anzeigepflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2012, IV ZR 150/11, juris). Die Anzeigepflicht beruht auf der Annahme, dass mit dieser Nutzungsänderung eine Gefahrerhöhung einhergeht, insbesondere wegen des damit oft verbundenen kriminellen Milieus (BGH, Urteil vom 15. Januar 1989 - IVa ZR 333/87, VersR 1989, 398, 399; OLG Düsseldorf, r+s 1996, 147; OLG Köln r+s 1991, 138). Soweit teilweise die Ansicht vertreten wird, dass diese Auffassung die Richtigkeit der Hypothese voraussetze, dass es in Bordellbetrieben statistisch häufiger zu Bränden kommt, ist dies nach Auffassung des BGH nicht maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2012, IV ZR 150/11, -juris-), weil Versicherer dieses Risiko jedenfalls entweder gar nicht oder zu deutlich höheren Tarifen versichern. Durch die Bestimmungen der §§ 23 ff. VVG soll das Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung aufrechterhalten bleiben: Der Versicherer soll nicht gezwungen sein, sich an einem Versicherungsvertrag festhalten zu lassen, obwohl sich die Risikolage so geändert hat, dass nach den Erkenntnissen der Versicherungsmathematik und den Grundsätzen der Versicherungstechnik die Erhebung einer höheren Prämie geboten gewesen wäre. Von einer Gefahrerhöhung kann dann gesprochen werden, wenn nachträglich eine Gefahrenlage eingetreten ist, bei welcher der Versicherer den in Frage stehenden Versicherungsvertrag entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht zu der vereinbarten Prämie abgeschlossen hätte. Es kommt nicht auf einzelne Gefahrumstände an, sondern darauf, wie sich die Gefahrenlage im Ganzen seit der Antragstellung entwickelt hat. Dabei sind alle aus dem Parteivortrag ersichtlichen gefahrerheblichen Tatsachen in Betracht zu ziehen (BGHZ 79, 156, 158 m.w.N.;). Eine geänderte Gebäudenutzung kann dabei eine Gefahrerhöhung darstellen.
98Dies war hier der Fall. Vom Betrieb des Reifenhandels und der KFZ-Werkstatt ging jedenfalls nicht die mit dem Betrieb eines Bordells verbundene Gefahrerhöhung aufgrund eines kriminellen Milieus aus. An der Plausibilität der Annahme, der Betrieb eines Bordells stelle aufgrund des damit oft verbundenen kriminellen Milieus eine Gefahrerhöhung dar, hat sich auch durch den Versuch des Gesetzgebers, Prostitution zu entkriminalisieren, nichts geändert (vgl. vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2012, IV ZR 150/11, juris )
99Die Gefahrerhöhung durch die Nutzung der oberen Etage des Gebäudes zu Zwecken der Prostitution hatte sich hier vor dem Brand auch realisiert. Auch wenn nach außen nicht ohne weiteres erkennbar war, dass in den Räumen ein Bordell betrieben wurde, da, wie der Zeuge B ausgesagt hat, mit Rücksicht auf die Einstellung seiner Eltern zu einer Vermietung an Prostituierte, die Vermietung diskret betrieben wurde und ein nach außen sichtbarer Hinweis nicht gegeben war, so war die Nutzung der Zimmer unter der fraglichen Anschrift einschlägig interessierten Kreisen durch Werbung auf Internetseiten bekannt. Dass die Nutzung der Räume auch zu besonderen Problemen im kriminellen Milieu führen konnte, wusste der Zeuge B auch spätestens seit dem Zeitpunkt, an dem es – wie er selbst erklärt hat - zu Problemen mit bestimmten Personenkreisen im Hinblick auf die Nutzung der Räume zu Zwecken der Prostitution gekommen war -positiv.
100Die Gefahrerhöhung bestand auch noch im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles fort. Auch wenn die Mietverhältnisse zwischenzeitlich gekündigt waren, so waren die Zimmer jedenfalls nicht geräumt und mindestens eine Prostituierte ging in den Räumen ihrem Gewerbe weiter nach, die Nutzung des Hauses als Bordell war in einschlägigen Kreisen auch weiterhin bekannt. Allein durch die Einrichtung einer Zwangsverwaltung war die ursprünglich erhöhte Gefahr nicht beendet.
101bb)
102Gem. § 26 VVG ist der Versicherer, soweit der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung eintritt, nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung aus § 23 Abs. 1 vorsätzlich verletzt hat. Dabei kann die Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände i.S. von § 23 Abs. 1 VVG mit der Schuldform des Vorsatzes in § 26 Abs. 1 Satz 1 VVG nicht gleichgesetzt werden. Vielmehr setzt der Vorsatz neben dem Vorliegen der Gefahrerhöhung immer auch das Verschulden voraus. So kann es zur Entlastung des Versicherungsnehmers ausreichen, wenn er unverschuldet nicht erkennt, dass eine von ihm bewirkte Veränderung der gefahrerheblichen Umstände die Gefahr des Schadeneintritts generell wahrscheinlicher macht (vgl. BGH, Urteil vom 10.09.2014, IV ZR 322/13- juris-).
103An einem schuldhaften vorsätzlichen Verhalten kann es etwa fehlen, wenn dem Versicherungsnehmer Beurteilungsfehler im Hinblick auf den gefahrerhöhenden Charakter der in Frage stehenden Umstände oder der Relevanz der Gefahrerhöhung i.S. von § 27 VVG unterlaufen sind.
104Davon ist hier nicht auszugehen. Vielmehr hatte der Zeuge B realisiert, dass sich durch die Vermietung der Wohnungen an Prostituierte die tatsächlichen Umstände so geändert hatten, dass der Eintritt des Versicherungsfalles wahrscheinlicher wurde.
105Der Zeuge hat selbst ausgesagt, dass sowohl seine Eltern als auch seiner Exfrau Schwierigkeiten damit hatten, die Zimmer der oberen Etage an Prostituierte zu vermieten. Ihm war völlig bewusst, dass durch diese Vermietung Kontakte zum kriminellen Milieu entstehen würden und entstanden waren, mit denen bei dem Betrieb eines Reifenhandels und einer KFZ-Werkstatt nicht zu rechnen war. Dass die geänderte Nutzung der Beklagten mitgeteilt werden musste, wusste der Zeuge. Er will zudem sogar der Beklagten Mitteilung gemacht haben, wie er ausgesagt hat.
106cc)
107Der Kläger hat nicht bewiesen, dass die Beklagte schon vor dem Brand Kenntnis von der geänderten Nutzung erlangt und das Vertragsverhältnis trotzdem fortgeführt hat.
108Zwar müsste sich die Beklagte eine eventuelle Kenntnis ihres Versicherungsvertreters, des Zeugen X, zurechnen lassen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht jedoch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Zeuge X vor dem Schadenfalls von der Nutzung des Obergeschosses als Bordell Kenntnis hatte.
109Zwar haben die Zeugen B, L und L3 umfassend und detailliert zu der angeblichen Kenntnis des Vertreters der Beklagten, des Herrn X, ausgesagt. Sie haben angegeben, diesem sei mehrfach und bei verschiedenen Gelegenheiten schon deutlich vor dem Schadenseintritt erklärt worden, dass die Räume der oberen Etage an Prostituierte vermietet worden seien. Demgegenüber hat der Zeuge X hat jegliche Kenntnis nachdrücklich bestritten. Er hat konstant ausgesagt, er habe zwar Kenntnis von der Vermietung der oberen Etage auch davon, dass es Schwierigkeiten mit dem Mieter gegeben habe und dass die Außentreppe für die Mieter der oberen Etage angebracht worden sei, ihm sei jedoch zu keinem Zeitpunkt gesagt worden, dass die Wohnung an Prostituierte vermietet worden sei. Erst nach dem Brand habe er beim Besichtigten der Schadensstelle festgestellt, dass in den fraglichen Räumen ein richtiges Bordell betrieben worden sei. Er habe den Zeugen B noch zur Seite genommen und diesen gefragt, warum er ihm dies nicht gesagt habe. Dieser habe dann erklärt, der Kläger habe doch Bescheid gewusst.
110Diese Aussage des Zeugen X wird letztlich auch durch die Aussage des Zeugen B gestützt, der angegeben hat, dass die Nutzung der Räume von außen nicht ohne weiteres erkennbar war, da seine Eltern gegen die Vermietung an Prostituierte gewesen seien und dass man deshalb auf Diskretion Wert gelegt habe. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeuge X bei seinen Besuchen in der Firma der Zeugen B erkennen musste, wie die Räume der oberen Etage genutzt wurden. Da den Eltern und der Exfrau des Zeugen B die Nutzung der Räume zu Zwecken der Prostitution nach Angaben des Zeugen B und der Zeugin L3 unangenehm war, erscheint es auch durchaus nachvollziehbar, dass der Zeuge X nur über die Vermietung der Räume als solche, nicht aber über deren Nutzung durch Prostituierte informiert worden ist. Für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen X spricht auch, dass bei der Schadensaufnahme unmittelbar nach dem Brand durch den Schadensermittler N2 die Angabe der Zeugen B und L protokolliert worden ist, dass der Zeuge X von der Nutzung der Räume als Bordell keine Kenntnis gehabt habe. Unstreitig war eine handschriftliches Protokoll erstellt worden, das die Zeugen unterzeichnet hatten, die Zeugen B und L haben auch erklärt, dass es sich bei den Unterschriften unter den maschinengeschriebenen Text um ihre Unterschriften handele. Die Beklagte hat nachvollziehbar vorgetragen, der Schadensermittler habe das vor Ort handschriftlich unterzeichnete Protokoll von den beiden Zeugen später in maschinengeschriebener Form noch einmal unterzeichnen lassen. Soweit der Kläger hierzu vorgetragen hat, die Zeugen B hätten ihre Unterschriften nicht unter dieses Schreiben gesetzt, es sei insoweit von der Beklagten manipuliert worden, entbehrt dies jeglicher konkreter Anhaltspunkte.
111Im Ergebnis kann dies jedoch dahinstehen, da unabhängig von dem Protokoll des Schadensermittlers jedenfalls die Aussagen der Zeugen B und L nicht glaubhafter erscheinen als die des Zeugen X und somit der beweisbelastete Kläger nicht den erforderlichen Beweis für die Kenntnis der Beklagten erbracht hat. Soweit der Kläger behauptet hat, die Beklagte habe aus der im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Einbruchdiebstahl erstellten Ermittlungsakte Kenntnis von der Nutzung der Räume gehabt, ist dieser Vortrag eine bloße Spekulation, die sich nicht mehr verifizieren lässt, da sowohl die Ermittlungsakte als auch der fragliche Vorgang bei der Beklagten nicht mehr existieren. Soweit der Kläger vorgetragen hat, der Zeuge U habe Kenntnis haben müssen, ist auch dieser Vortrag in keiner Weise weiter konkretisiert und beruht auf bloßer Spekulation. Dass der Zeuge X von dem im Rahmen des Zwangsverwaltungsverfahrens veröffentlichten Exposé des Objekts, aus dem sich die Nutzung der Wohnung zu Zwecken der Prostitution ergab, Kenntnis genommen hat, ist ebenfalls nicht bewiesen.
112dd)
113Dass die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Versicherungsfall war, ist nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Brandursache keineswegs unstreitig. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, es sei davon auszugehen, dass der Zeuge B den Brand gelegt habe. Für den Fall, dass dies nicht als bewiesen angesehen wird, hat die Beklagte sich jedoch darauf berufen, dass die Gefahrerhöhung für den Brand ursächlich war. Der Kläger selbst hat die Verursachung des Brandes durch den B ausdrücklich bestritten.
114Die Beweislast für den Kausalitätsgegenbeweis trägt der Kläger.
115Er legt nicht dar, aus welchem Grunde die Gefahrerhöhung nicht ursächlich gewesen sein soll. Hier handelte es sich nach den Feststellungen in der Ermittlungsakte eindeutig um Brandstiftung. Allein die Tatsache, dass es auch in einer KFZ-Werkstatt zu einem Brand kommen kann, genügt nicht für die Annahme einer fehlenden Kausalität. Gerade die Tatsache, dass durch den Betrieb eines Bordells eine Verbindung zu einem kriminellen Milieu geschaffen wird, erhöht die Gefahr einer vorsätzlichen Brandstiftung, die hier nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zweifellos vorlag.
1163.
117Auch der Hilfsantrag des Klägers auf Zahlung aus abgetretenem Recht aus Ansprüchen der Realgläubiger gem. § 102 VVG a.F. ist zurückzuweisen.
118Der Antrag ist bereits unzulässig, da der Kläger im Hinblick auf die mit den Hilfsanträgen geltend gemachten Forderungen nicht prozessführungsbefugt ist.
119Bei den Abtretungserklärungen der Realgläubiger handelt es sich um Einzugsermächtigungen.
120Eine Einziehungsermächtigung ist ein abgespaltenes Gläubigerrecht, das die Verfügungsbefugnis des Ermächtigten über ein fremdes, dem Ermächtigenden verbleibendes Recht durch den Begriff der Einziehung klar umgrenzt. Der Ermächtigte kann über die Forderung nur durch Einziehung im eigenen Namen verfügen und sie – bei Vorhandensein des entsprechenden Interesses – gegebenenfalls auch im eigenen Namen einklagen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1979 – VII ZR 306/78 = WM 1980, 342). Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Einziehung der fremden Forderung im eigenen Namen ist erforderlich, weil der Ermächtigte dem Schuldner statt des Inhabers der Forderung als Kläger gegenübertritt.
121Für das Vorliegen von Einzugsermächtigungen spricht hier bereits der Wortlaut der beiden Erklärungen, denn in beiden Erklärungen heißt es, dass rein vorsorglich alle denkbaren Ansprüche gegen die Beklagte an den Kläger als Zwangsverwalter zum Zwecke der Einziehung abgetreten werden. Ein darüber hinausgehendes Recht sollte der Kläger nicht haben. Für das Vorliegen von Einziehungsermächtigungen spricht auch, dass schon vor Einziehung der Forderungen klar war, wie das dann zur Verfügung stehende Geld zu verteilen war. Zudem stehen die Rechte aus § 102 VVG nur dem Realgläubiger zu, sind also unmittelbar mit der Reallast verbunden, was hier gegen das Vorliegen von Inkassozessionen spricht.
122Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers als Zwangsverwalter an der Einziehung der Forderungen der Realgläubiger im eigenen Namen ist nicht ersichtlich.
123Ein Interesse an der Einziehung könnte der Kläger gegebenenfalls dann haben, wenn auch der Gesamtschuldner als Versicherungsnehmer den Anspruch der Realgläubiger aus § 102 VVG a.F. im Wege der Prozessstandschaft geltend machen könnte und insoweit zur Einziehung dieser Forderungen berechtigt wäre. Bereits dies wird jedoch von der herrschenden Meinung (Bruck/Möller/Sieg/Johannsen, VVG Band 3, 8. Aufl. Anm. J 55; Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 102 Rdn. 16; Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 102 Rdn. 19; Wussow, Feuerversicherung 2. Aufl. § 102 VVG Anm. 7) als unzulässig erachtet. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 08.10.2009 (IV ZR 346/07-juris-) diese Frage zwar nicht entschieden, aber ausgeführt, dass er dieser Ansicht zuneigt.
124Unabhängig davon kann der Kläger in seiner Funktion als Zwangsverwalter auch kein Interesse daran haben, Ansprüche der Realgläubiger gegen einen Dritten geltend zu machen, deren Befriedigung nicht zum Erlöschen der Reallast, sondern gem. § 104 VVG a.F. nur zu einem Austausch der Realgläubiger führen würde.
125Allein prozessökonomische Erwägungen begründen kein eigenes Interesse des Klägers.
1264.
127Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 543 Abs. 2 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
128Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt und solche des Einzelfalls.
(1) Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(2) In den Fällen einer Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 2 und 3 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugegangen sein müssen, es sei denn, dem Versicherer war die Gefahrerhöhung zu diesem Zeitpunkt bekannt. Er ist zur Leistung verpflichtet, wenn die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 23 Abs. 2 und 3 nicht auf Vorsatz beruht; im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung gilt Absatz 1 Satz 2.
(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet,
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.