Landgericht Stendal Urteil, 15. März 2017 - 23 O 146/14

bei uns veröffentlicht am15.03.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Naumburg zum Aktenzeichen 4 U 26/15 hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung aus einem Gebäudeversicherungsvertrag in Anspruch.

2

Die Parteien sind durch einen Wohngebäudeversicherungsvertrag verbunden, dem die VGB 97 der Beklagten zu Grunde lagen. Versichert war das im Eigentum des Klägers und seiner Ehefrau stehende Gebäude „CC, ....". Die Versicherungsumme 1914 belief sich für das Wohngebäude zum gleitenden Neuwert von 16.100 Mark. Im Versicherungsschein war vermerkt, dass das Gebäude lediglich zu Wohnzwecken genutzt wurde, die Anzeige einer anderen Nutzung durch den Kläger erfolgte nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K1 (Bl. 1 - 15 Bd. I. d.A.) Bezug genommen.

3

Am 01.03.2013 brannte das versicherte Gebäude völlig aus. Ein Täter konnte im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht ermittelt werden.

4

Nach Einholung eines Gutachtens des Dipl. Ing. DD welcher den Neuwert auf ca. 247.424,80 € und den Zeitwert auf ca. 160.826,12 € schätzte, meldete der Kläger der Beklagten den Brandschaden. Diese lehnte die Regulierung mit Schreiben vom 16.10.2013 ab.

5

Der Kläger behauptet, dass das versicherte Gebäude zu keiner Zeit als Bordell vermietet habe, jedenfalls habe er von einer entsprechenden Nutzung keine Kenntnis erlangt. Dem Zeugen EE hätten weder er, noch seine Ehefrau mitgeteilt, dass er das Gebäude als Bordell vermietet habe. Das Gebäude sei zu Wohnzwecken an Frau FF und ihren Freund vermietet worden (Anlage K2, Bl. 16 ff. Bd. I. d.A., auf die wegen ihrer Einzelheiten Bezug genommen wird). Im Gespräch sei von den Mietern nur geäußert worden, in dem Gebäude perspektivisch gesehen einen Massagesalon zu betreiben. Die Mieter hätten auch zu keiner Zeit geäußert, das Haus rot anstreichen zu wollen und eine Aufschrift mit dem Wort „Haus diskret" anbringen zu wollen. Dementsprechend habe der Kläger im Rahmen der Schadensabwicklung auch keine falschen Angaben gemacht.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 261.645,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.000,00 € seit dem 16.05.2014 und aus 251.645,30 € seit dem 31.10.2015 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Sie ist der Ansicht aufgrund einer nicht angezeigten Gefahrerhöhung, jedenfalls aber wegen wissentlicher Falschangaben des Klägers im Regulierungsprozess leistungsfrei geworden zu sein. Sie behauptet, der Kläger habe das Gebäude in Kenntnis der Verwendung als Bordell an die Zeugin FF vermietet. Dies habe die Ehefrau des Klägers gegenüber dem Zeugen EE bestätigt und das Protokoll (Anlage B4, Bl. 59 - 61 Bd. I d.A., auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird) erst auf Drängen des Klägers geändert. Jedenfalls habe der Kläger aufgrund des Geschehens, welches er dem Zeugen GG beschrieben habe, seit diesem Zeitpunkt über die Nutzung des Gebäudes als Bordell. Im Übrigen sei der Kläger durch den Zeugen OO über die Nutzung als Bordell hingewiesen worden, denn dieser habe im Auftrag des Klägers Arbeiten am Gebäude durchgeführt. Außerdem habe der Zeuge KK, welcher selber in Schönhausen ein Bordell betrieben habe, den Kläger wegen der Nutzung des Gebäudes aufgesucht. Das Gebäude sei auch als Bordell genutzt worden, dies ergebe sich ergänzend aus Erfahrungsberichten auf einschlägigen Internetseiten (Anlage B3, Bl. 56 - 53 Bd. I d.A.).

11

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmungen der Zeuginnen und Zeugen EE, HH, JJ, KK, LL, MM, EE, NN, GG, OO, PP, QQ, RR und TT. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 05.10.2016 (Bl. 1 ff. Bd. II d.A.), 05.12.2016 (Bl. 47 ff. Bd. II d.A.) und vom 27.02.2017 (Bl. 118 ff. Bd. III d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 261.645,30 € aus dem geschlossenen Versicherungsvertrag (§ 1 VVG), welcher als Anspruchsgrundlage alleine in Betracht kommt.

13

Zwar ist vorliegend unstreitig ein Schadensfall für ein versichertes Risiko (Versicherungsfall) eingetreten, die Beklagte ist jedoch aufgrund einer dem Kläger bekannten und von ihm nicht angezeigten Gefahrerhöhung leistungsfrei (§§ 26 Abs. 2 Satz 1, 23 Abs. 2 VVG). Demnach ist der Versicherungsnehmer (hier die Beklagte) nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung eingetreten ist und der Versicherungsnehmer (hier der Kläger) es vorsätzlich unterlassen hat, diese Gefahrerhöhung anzuzeigen, nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat.

14

Die Gefahrerhöhung ist eine nachträgliche Änderung der im Zeitpunkt der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers tatsächlich vorhandenen gefahrerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalles oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht (vgl. Armbrüster in Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Auflage, § 23, Rdn. 9, m.w.N.). In der Rechtsprechung besteht Einigkeit darin, dass die Umnutzung eines Wohngebäudes in ein Bordell oder einen bordellähnlichen Betrieb eine solche Gefahrenerhöhung darstellt, da aufgrund der Nähe der Prostitution zum kriminellen Milieu bei den betroffenen Gebäuden mit einer erheblich höheren Schadenswahrscheinlichkeit zu rechnen ist (vgl. lediglich exemplarisch: OLG Hamm, Urteil vom 12.11.2014, Az.: 20 U 261/12, Rdn. 89, m.w.N., zitiert nach juris). Dem schließt sich auch die Kammer an. Für die Gefahrerhöhung und die aufgrund von § 26 Abs. 2 VVG erforderliche Kenntnis des Klägers von dieser Gefahrerhöhung ist die Beklagte vollumfänglich ohne Beweiserleichterungen beweisbelastet (vgl. OLG Hamm, a.a.O., Rdn. 76, m.w.N.).

15

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte zur Gewissheit der erkennenden Kammer bewiesen, dass das versicherte Gebäude CC durch die Mieter, die es im Juli 2012 gemietet haben, als Bordell genutzt wurde (A.). Sie hat auch im Ergebnis der Beweisaufnahme bewiesen, dass der Kläger jedenfalls während des Vertragsverlaufes vor Eintritt des Versicherungsfalls Kenntnis von der Nutzung des Gebäudes als Bordell erlangt hat (B.). Da der Kläger unstreitig keine Gefahrerhöhung angezeigt hat, geschah dieses Unterlassen aufgrund der ihm bewiesenen Kenntnis vorsätzlich, so dass die Beklagte nach § 26 Abs. 2 VVG leistungsfrei ist.

A.

16

Die Beklagte hat zunächst zur Gewissheit der erkennenden Kammer bewiesen, dass der CC nach Vermietung im Juli 2012 als Bordell genutzt wurde.

1.

17

Dies ergibt sich besonders aus der Aussage des Zeugen QQ. Dieser hat in seiner Vernehmung am 05.12.2016 vor der erkennenden Kammer bekundet, dass er das Objekt CC im Rahmen seiner Tätigkeit als Polizeibeamter zwei Mal (2010 und 2012) besucht hat. Hierbei ist ihm im Jahr 2012 bei einer Begehung des Gebäudes aufgefallen, dass verschiedene Hygieneartikel und Einmalschminktücher im Gebäude herumlagen. So sie in einem der Zimmer auch eine Table-Dance Stange gewesen, die jedoch auch schon 2010 im Gebäude gewesen sei. Er habe den Verdacht auf die Prostitution auch aus den anwesenden Damen und dem entsprechenden Aufpasser geschlossen.

18

Die Aussage ist Glaubhaft. Der Zeuge schilderte der Kammer die Details seiner Wahrnehmungen unvoreingenommen und nachvollziehbar und gab auch Erinnerungslücken offen zu. Der Zeuge war auch glaubwürdig, es gibt keine Anhaltspunkte, dass der am Verfahrensausgang nicht interessierte und als Polizeibeamter tätige Zeuge der Kammer die Unwahrheit gesagt hätte. Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der Zeuge aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit im Stande ist, die ihm auffallenden Anzeichen für eine Bordellnutzung zutreffend zu werten.

2.

19

Diese Aussage deckt sich auch mit den weiteren vorhandenen Beweismitteln. So hat auch der KHK VV in seinem Aktenvermerk vom 17.12.2012 (Bl. 103 f. der beigezogenen Ermittlungsakte) festgestellt, dass das Gebäude am 07.12.2012 augenscheinlich als Bordell genutzt wurde. Gestützt werden diese Erkenntnisse auch durch die von der Beklagten eingereichten „Erfahrungsberichte" von Besuchern des CCes im Internet (Anlage B3). Insbesondere haben dort zwei Nutzer am 12.11.2012 und am 22.11.2012 über ihre Erfahrungen im CC geschrieben. Dies passt zeitlich mit der Begehung der Polizeibeamten am 07.12.2012 wenige Tage später überein. Auch der Zeuge KK, welcher in seiner Vernehmung vom 05.10.2016 ersichtlich bemüht war, zu Gunsten des Klägers auszusagen, hat bekundet, dass der CC im Internet als Bordell angepriesen wurde und nach einigem Nachhaken auch angegeben hat, vor Ort von einer „transsexuellen" begrüßt worden zu sein, auch wenn er letztlich gerade deswegen das Gebäude nicht betreten habe.

20

Diese Feststellungen sind durch die gegenbeweislich vernommenen Zeugen nicht erschüttert worden. Die Aussage der Zeugin LL war bezüglich der Nutzung des Gebäudes weitestgehend unergiebig. Sie ist nach ihrem Bekunden lediglich einmal vor Ort gewesen, um eine Öllieferung abzusichern, hier sei ihr nichts besonders am Gebäude aufgefallen, es sei ordentlich, aber nicht luxuriös eingerichtet gewesen. Die Beschreibung des Gebäudezustandes deckt sich mit den oben zitierten Erfahrungsberichten. Ansonsten ist die Aussage der Zeugin LL nicht geeignet, die oben dargestellten und teils objektiv vorhandenen Tatsachen zu relativieren, da sie sich nach eigenen Angaben lediglich tagsüber (wo der Bordellbetrieb gerade nicht stattfand) im Gebäude aufgehalten hat.

21

Auch die Aussage der Zeugin MM ist unergiebig. Die Zeugin selber hat zwar bekundet, das Gebäude in ihrem Notruf als Puff bezeichnet zu haben, dies aber nur vom Hörensagen wissen (was allerdings schon wieder die Feststellungen zu Ziffer I stützt). Daher konnte auch sie die obigen Feststellungen nicht erschüttern.

22

Gleiches gilt für die Aussage des Zeugen EE, denn auch diese war weitestgehend unergiebig. Der Zeuge hat nämlich selber bekundet (Vernehmung vom 05.10.2016), dass er sich nicht großartig um das andere Grundstück gekümmert habe. Lediglich habe er einmal mit einem bulgarischen Pärchen gesprochen, dies sei aber tagsüber gewesen. Abgesehen davon, dass der Zeuge dieses Gespräch zeitmäßig nicht näher einordnen konnte, schließen dessen Bekundungen - ihre Richtigkeit unterstellt - eine Nutzung des Gebäudes als Bordell nicht aus.

23

Auch die Aussage der Zeugin NN, ist nicht geeignet das Beweisergebnis zu erschüttern. Zwar hat die Zeugin bekundet, im Jahr 2013 für 2 Wochen auf dem CC gewesen zu sein, da sie Arbeit gesucht habe. Der Prostitution sei sie nicht nachgegangen. Diese Aussage erachtet die Kammer jedoch nicht für glaubhaft. Die Zeugin machte während ihrer Vernehmung einen stark verschüchterten Eindruck und es war schwer, sie zu einer zusammenhängenden Aussage zu bewegen. Im Übrigen ist zu beachten, dass während der Vernehmung der Zeugin der Zeuge TT im Zuschauerraum anwesend war und die Vernehmung der Zeugin mit anhörte. Hier bestehen nun zwei Alternativen: Entweder es handelte sich bei dem Zeugen um einen Aufpasser (wie es die Beklagte vermutet) oder (was nach Ansicht der Kammer nach Vernehmung des Zeugen TT näher liegt) um ihren Teamleiter bei der Firma WW. In beiden Fällen hätte die Zeugin jedoch mit Sicherheit nicht offen zugegeben, der Prostitution nachgegangen zu sein, was auch den von der Kammer wahrgenommenen eingeschüchterten Eindruck der Zeugin erklärt. Aufgrund dieses ersichtlichen Drucks, unter dem die Zeugin gestanden hat, kann ihre Aussage nicht das oben dargestellte Beweisergebnis erschüttern.

24

Auch die Aussage des Zeugen OO spricht nicht gegen das Beweisergebnis. Dieser hat bekundet, an den Außenanlagen des CCs gearbeitet zu haben. Er selber sei jedoch nicht im Gebäude gewesen, habe die Mieter nicht kennen gelernt und auch nur Tagsüber gearbeitet. Er hatte somit keine Wahrnehmungsmöglichkeit für die unter Beweis gestellte Behauptung.

25

Letztlich erschüttert auch die Aussage des Zeugen RR das gefundene Ergebnis nicht, denn dieser hat nach eigenen Angaben nicht mehr getan, als den Mietvertrag zu übersetzen, weswegen ihm auch die Kenntnis hinsichtlich der Nutzung des Gebäudes fehlt.

B.

26

Die Beklagte hat auch zur Gewissheit der erkennenden Kammer bewiesen, dass der Kläger im Verlauf der Mietdauer des Objektes Kenntnis von dessen Nutzung erhielt.

I.

27

Entgegen der vorherigen Besetzung sieht die Kammer es jedoch nicht als erwiesen an, dass der Kläger das Gebäude in Kenntnis der Nutzung des Gebäudes als Bordell vermietet hat. Dies konnte nicht durch die Aussage des Zeugen EE bewiesen werden. Der Zeuge hat nämlich in seiner Vernehmung von sich aus immer nur davon gesprochen, dass der Kläger und dessen Ehefrau von der Nutzung als Massagesalon (einen Begriff, den beide selber zugestehen) gesprochen haben. Erst als er vom Gericht hierauf hingewiesen wurde, schwenkte er auf die Bezeichnung als Bordell um, erklärte jedoch, dass er sich hier nun nicht mehr hundertprozentig sicher sei. Es ist zu beachten, dass der Zeuge EE pensionierte Polizeibeamter ist und ihm die Bedeutung der wortgemäßen Wiedergabe der Aussagen bekannt ist. Die Kammer geht daher davon aus, dass tatsächlich im Gespräch mit dem Kläger und seiner Frau nur das Wort „Massagesalon“ gefallen ist und der Zeuge später bei Abfassen des Protokolls hieraus (wahrscheinlich aufgrund einer naheliegenden Fehlinterpretation) das Wort Bordell machte. Aufgrund der Tatsache, dass er die Unterhaltung mit dem Kläger und seiner Frau jedoch immer im Zusammenhang mit einem Massagesalon schilderte, kann die Kammer auch unter Berücksichtigung des Gesprächsprotokolls, welches der Zeuge gefertigt hat, nicht mit der nötigen Gewissheit darauf schließen, dass der Kläger und seine Ehefrau gegenüber dem Zeugen die Kenntnis der Bordellnutzung bestätigt haben.

II.

28

Zur Gewissheit der Kammer hat die Beklagte jedoch bewiesen, dass der Kläger vor dem Eintritt des Versicherungsfalls Kenntnis von der Nutzung als Bordell hatte.

29

Dies ergibt sich aus der Aussage des Zeugen GG. Dieser hat in seiner Vernehmung vor der erkennenden Kammer am 05.12.2016 bekundet, dass der Kläger ihm im Rahmen seines Regulierungsgespräches mitgeteilt hat, dass er während der Laufzeit des Mietvertrages von einer Person aus dem Rotlichtmilieu aufgesucht worden sei. Dies sei unter seiner Privatanschrift erfolgt. Hierbei habe man sich über die Nutzung des CCes unterhalten. In seiner Vernehmung vor der Kammer in anderer Besetzung (Bl. 188 Bd. I) hat der Zeuge diese Situation ebenfalls geschildert und insofern eine Bedrohungssituation dahingehend, dass die Geschäfte auf dem CC einzustellen seien.

30

Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Der Zeuge konnte sich trotz der lange zurückliegenden Vernehmung in dieser Sache noch an zahlreiche Details erinnern. Er schilderte den von ihm wahrgenommenen Vorgang unvoreingenommen und gab auch Eingangs Erinnerungslücken zu. Für die Glaubhaftigkeit spricht ferner, dass die Aussage des Zeugen im Kerngeschehen in beiden Vernehmungen konstant geblieben ist und sich nicht geändert hat.

31

Der Zeuge selbst ist auch glaubwürdig. Die Kammer hat keine Anhaltpunkte dafür gefunden, dass der Zeuge gelogen hat. Zwar ist er Angestellter der Beklagten und kann daher grundsätzlich ihrem Lager zugeordnet werden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Zeuge diese Lagerstellung als Anlass zur Lüge genommen hat. Der Kläger wirft dem Zeugen vor, die oben zitierte Passage frei erfunden zu haben (anders ist aufgrund des Klägervortrages diese Aussage aus seiner Sicht nicht zu erklären). Dieses kann die Kammer ausschließen, denn die Aussage war zu detailreich und zu konstant, um frei erfunden zu sein. Der Zeuge hatte hierzu auch keinen Anlass sich allein aufgrund einer Anstellung bei der Beklagten in erheblichem Maße strafbar zu machen.

32

Aufgrund der dem Kläger bekannten Tatsachen (Mieter aus dem Osteuropäischen Raum, welche kein Deutsch sprechen, Mietzahlungen lediglich in bar, beabsichtigte Nutzung als „Massagesalon“ und Besuch von einer Person aus dem Rotlichtmilieu mit Bedrohung zur Einstellung der Nutzung) hatte der Kläger eine derartige Kenntnis von der Nutzung des CCes, dass er die oben dargestellte Gefahrerhöhung jedenfalls billigend in Kauf nahm und ebenso billigend in Kauf nahm, seiner Anzeigepflicht gegenüber der Beklagten nicht nachzukommen. Eine Anzeige dieser ihm bekannt gewordenen Erhöhung, welche unverzüglich hätte erfolgen müssen (vgl. Armbrüster, a.a.O., § 26, Rdn. 8, m.w.N.) unterließ er jedoch. Er hat sich vielmehr aufgrund der obigen Umstände vorsätzlich dazu entschlossen, die Gefahrerhöhung nicht anzuzeigen.

III.

33

Die gegenbeweislich vernommenen Zeugen können das Ergebnis nicht erschüttern, denn sie sind hinsichtlich des oben dargestellten entscheidenden Punktes unergiebig.

34

Die Zeugin LL hat in ihrer Vernehmung bekundet, dass ihr Mann alles was mit dem Hof zu tun gehabt hätte, erledigt hatte, insbesondere die Entgegennahme der Mietzahlungen. Über Probleme habe er in diesem Rahmen nicht gesprochen.

35

Hinsichtlich der weiteren Zeugen wird auf die obige Würdigung unter A. II. Bezug genommen. Auf die Aussage des Zeugen RR kommt es hier nicht an, da die Kammer nicht davon ausgeht, dass der Kläger bei Vertragsabschluss um die beabsichtigte Nutzung als Bordell positiv wusste.

C.

36

Soweit der Kläger weiterhin die Zeugin YY benannt hat, so wird dieses Beweismittel als verspätet zurückgewiesen, da der Kläger ihre ladungsfähige Anschrift nicht innerhalb der durch Beschluss gesetzten Beibringungsfrist beigebracht hat.

37

Auf die Vernehmung der Zeugin ZZ hat der Kläger verzichtet.

D.

38

Die Leistungsfreiheit der Beklagten entfällt auch nicht aufgrund fehlender Kausalität (§ 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG). Beweisbelastet für die fehlende Kausalität ist der Versicherungsnehmer (vgl. Armbrüster, a.a.O., § 26, Rdn. 13, m.w.N.). Aufgrund der Feststellungen im Ermittlungsverfahren (Bl. 16 der Beiakte) ist die Brandstiftung als Ursache überwiegend wahrscheinlich. Der Kläger hätte daher diese angedeutete Möglichkeit als nicht bewiesen darstellen müssen. Entsprechenden Beweis hat er nicht angetreten.

E.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, da der Kläger mit seiner eingelegten Berufung letztlich erfolglos geblieben ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 1 Vertragstypische Pflichten


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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 26 Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung


(1) Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung

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Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 14. Apr. 2016 - 4 U 26/15

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Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stendal vom 09. März 2015 nebst dem zugrunde liegenden Verfahren mit Ausnahme der bis zum 22. Dezember 2014 einschließlich durchgeführten Beweisaufnahme aufgehoben.

Die Sache wird an das Landgericht Stendal zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird bis zum 06. September 2015 auf 10.000 € und für die Zeit danach auf 261.645,30 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Abweisung seiner auf Zahlung einer Entschädigungsleistung wegen eines Brandschadens gerichteten Klage.

2

Er ist gemeinsam mit seiner Ehefrau Miteigentümer des Grundstücks J. Hof 1 in H. . Für ihn besteht bei der Beklagten gemäß dem Versicherungsschein vom 29. Juni 1999 eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert für das Versicherungsgrundstück/Risiko J. Hof 1 H. Einfamilienhaus mit Nebengebäude, der die Allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB 97) der Beklagten zugrunde liegen.

3

Am Morgen des 01. März 2013 brach in dem Gebäude ein Feuer aus, in dessen Folge das Haus vollständig abbrannte.

4

Der Kläger hat unter Vorlage eines Mietvertrages vom 02. Juli 2012 behauptet, dass er das Gebäude zur Benutzung als Wohnung an eine bulgarische Mieterin für einen Mietzins in Höhe von 500 € monatlich vermietet habe.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wege der Teilklage beantragt,

6

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen erststelligen Teilbetrag in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen, sowie

7

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an die ... Bausparkasse, L. Straße 2 , Hn., einen erststelligen Teilbetrag in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Sie hat behauptet, leistungsfrei geworden zu sein, weil der Kläger das Gebäude ohne ihre Einwilligung zur Nutzung als Bordell vermietet habe. Damit habe er eine vorsätzliche Gefahrerhöhung vorgenommen, die er ihr nicht mitgeteilt habe. Er habe bereits bei Abschluss des Mietvertrages am 02. Juli bei 2012 gewusst, dass in dem Objekt ein Bordell betrieben werden soll. Der Brand sei durch eine vorsätzliche Brandstiftung herbeigeführt worden, was sich aus dem Schlussbericht der Ermittlungsakte ergebe, wonach ein Motiv für die Brandlegung ein Racheakt zwischen bulgarischen Personen gewesen sein könne. Auch nach Eintritt des Versicherungsfalls habe der Kläger arglistig handelnd gegenüber dem von ihr beauftragten Ermittler M. behauptet, keinerlei Kenntnis vom Betrieb eines Bordells in dem Wohngebäude gehabt zu haben, stattdessen sei das Objekt zum Betrieb einer Reinigungsfirma vermietet worden.

11

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird - unter ergänzender Bezugnahme auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie den Tatbestand des angefochtenen Urteils - gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen.

12

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 09. März 2015 nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

13

Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz des am Wohnhaus eingetretenen Brandschadens, weil die Beklagte wegen Verletzung der Anzeigepflicht bei Gefahrerhöhung gemäß § 10 Nr. 2 und 3 c VGB 97 in Verb. mit §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 VVG leistungsfrei geworden sei. Es stehe zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass das Wohngebäude als bordellartiger Betrieb genutzt worden sei. Dies hätten die glaubhaften Aussagen der Zeugen B. M., D. M. , R. Sch. sowie der beiden Polizeibeamten T. H. und F. S. und des Schadenregulierer der Beklagten S. W. ergeben. Auch der Aussage der Zeugin T. T. habe entnommen werden können, dass in dem Objekt ein Bordell betrieben worden sei. Nicht glaubhaft hingegen seien die Bekundungen der Ehefrau des Klägers, der Zeugin C. B. , sowie der beiden Zeugen M. Sz. und C. J. gewesen. Insgesamt erscheine es lebensfremd, dass der Kläger nichts von dem Bordellbetrieb mitbekommen haben wolle, obwohl er unweit vom Objekt wohne.

14

Eine Leistungspflicht der Beklagten bestehe auch nicht gemäß § 26 Abs. 3 VVG, weil der als Versicherungsnehmer insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger nichts dafür vorgetragen habe, dass die Gefahrerhöhung für den Eintritt des Versicherungsfalls nicht ursächlich geworden sei.

15

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen.

16

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er rügt eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts sowie das Übergehen von Beweisangeboten. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens behauptet der Kläger, dass er von einem Bordell, wenn denn eines in dem Gebäude betrieben worden sein sollte, keine Kenntnis gehabt habe. Seinem Beweisantritt auf Vernehmung der Mieterin S. I. und der Zeugin M. P., wonach das Gebäude zu Wohnzwecken und allenfalls zur Durchführung physiotherapeutischer Massagen und eines Reinigungsbetriebs habe benutzt werden dürfen, sei das Landgericht verfahrensfehlerhaft nicht nachgegangen. Bei der Würdigung der Zeugenaussage B. M., einem im Auftrage der Beklagten tätigen und bezahlten pensionierten Kriminalbeamten, liege die Belastungstendenz zu seinen Ungunsten auf der Hand. Zudem stünden seinen Angaben die Bekundungen der Zeugen Sz. und B. entgegen. Der Zeuge D. M. habe als direkter Nachbar nichts mitbekommen und schon Monate vor dem Brand seien Dekorationselemente am Haus als Anhaltspunkte für die Vorbereitung eines Bordellbetriebs entfernt worden. Der Wert der Aussage des Zeugen R. Sch., einem Nachtclubbetreiber, könne nur wenig Bedeutung beigemessen werden. Den Angaben der Zeugin T. T. könnten keine Anhaltspunkte für einen Bordellbetrieb entnommen werden. Die Aussagen der beiden Polizeibeamten T. H. und F. S. seien gänzlich unergiebig geblieben. Der Zeuge S. W. lebe als Schadenregulierer eindeutig von den Zahlungen der Beklagten und habe schon deswegen eine klare Belastungstendenz zu Ungunsten des Klägers. Hingegen habe die Zeugin C. B. widerspruchsfrei bekundet, dass sie von einem angeblichen Bordellbetrieb im Gebäude erst nach dem Brand aus der Zeitung erfahren habe. Die Zeugin sei - auch als Ehefrau des Klägers - glaubwürdig. Aus der angefochtenen Entscheidung erschließe sich nicht, warum das Landgericht die Bekundungen der Zeugin C. J. für unglaubhaft halte. Entsprechendes gelte für die Aussage des Zeugen M. Sz. .

17

Der Kläger beantragt nunmehr im Wege der Klageerweiterung,

18

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stendal vom 09. März 2015 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 261.645,30 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.000 € seit Rechtshängigkeit der Teilklage und aus 251.645,30 € seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen, sowie

19

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu Händen der ... Bausparkasse, L. Straße 2, Hn., einen Betrag in Höhe von 261.645,30 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.000 € seit Rechtshängigkeit der Teilklage und aus 251.645,30 € seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen, sowie

20

hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

21

Die Beklagte hat ihre im Berufungsverfahren erhobene negative Feststellungswiderklage in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Kläger hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie meint, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden sei. Ein Übergehen von Beweisangeboten des Klägers liege nicht vor. Er habe sich nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung gegenbeweislich auf die Zeugen P. und I. berufen, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2014 auf sie verzichtet habe. Die Benennung der Zeugen sei erst in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19. Januar 2015 erfolgt. Eine Vernehmung der benannten Zeugen hätte den Rechtsstreit auch verzögert, da eine erneute Beweisaufnahme hätte durchgeführt werden müssen.

II.

25

Die gemäß § 511 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist insoweit gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO begründet, als auf seinen Hilfsantrag hin wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels in erster Instanz unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit Ausnahme der bis zum 22. Dezember 2014 einschließlich durchgeführten Beweisaufnahme die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Stendal mangels hinreichend festgestellter Tatsachen durch unterlassene Vernehmung der Zeugen S. I. und M. P. für eine abschließende Entscheidung in erster Instanz zweckmäßigerweise geboten ist. Die bisher vom Landgericht durchgeführte Beweiswürdigung weist indes keine Beweiswürdigungsfehler auf.

26

1. Im Übergehen des im nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 19. Januar 2015 enthaltenen Beweisangebots durch Vernehmung der Zeugen S. I. und M. P. zu der Behauptung, dass er mit einer Nutzung des vermieteten Wohngebäudes als Bordell nicht einverstanden gewesen sei, liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Die Nichtberücksichtigung bzw. das Übergehen eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG(BGH, NJW-RR 2010, 1217; OLG Köln, MDR 1974, 498; Althammer, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Auflage, § 538 Rn. 18). Das Landgericht hätte daher gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen.

27

Die Erheblichkeit des Beweisangebots ist auch zu bejahen, weil die Kenntnis des Klägers von der Nutzung des Wohngebäudes als Bordell im Streit steht und das Landgericht die übrigen von ihm vernommenen Zeugen zu dieser Beweisfrage auch zutreffend vernommen hat. Offensichtlich hat das Landgericht das Beweisangebot des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 19. Januar 2015 übersehen, weil die angefochtene Entscheidung hierzu schweigt.

28

Insbesondere wäre es nicht zulässig, wenn der Senat die fehlende Entscheidung des Landgerichts über die Zurückweisung des klägerischen Beweisangebots selbst vornehmen würde, weil das Berufungsgericht nicht die dem Ausgangsgericht alleine obliegende Ermessensentscheidung gemäß den §§ 296 Abs. 2, 282 ZPO selbst treffen und sie ersetzen darf(BGH, NJW 1981,2255; Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 531 Rn. 7).

29

2. Soweit das Landgericht Zeugen vernommen hat, hält seine Beweiswürdigung den Berufungsangriffen indes stand. Seine Beweiswürdigung weist keine Beweiswürdigungsfehler auf. Sie ist weder in sich widersprüchlich, noch läuft sie den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwider oder lässt Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt; sie enthält die für die Klageabweisung tragenden Gründe der Beweiswürdigung. Alleine der Umstand, dass der Kläger die Beweisaufnahme anders würdigt, rechtfertigt nicht die Annahme einer verfahrensfehlerhaften Beweiswürdigung des Landgerichts.

30

Die Berufungsangriffe des Klägers gegen die Beweiswürdigung greifen auch deswegen nicht durch, weil das Landgericht die einzelnen Zeugenaussagen intensiv, kritisch und ausführlich gewürdigt hat. Es hat sich auf der Grundlage der objektiven Aussageinhalte der Zeugen mit deren Glaubwürdigkeit umfassend beschäftigt, ohne dass Verstöße gegen Denk- oder Erfahrungssätze oder sonstige Widersprüchlichkeiten zu erkennen wären. Im Einzelnen:

31

Die Argumentation des Klägers, der im Auftrag der Beklagten ermittelnde pensionierte Kriminalbeamte B. M. habe ihn zu belasten versucht, entbehrt schon deswegen der Grundlage, weil der Zeuge nicht erfolgsorientiert vergütet, sondern nach einem festen Stundenlohn bezahlt wird und daher ein Eigeninteresse am Ergebnis seiner Feststellungen nicht besteht.

32

Auch konkrete und durchgreifende Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts hinsichtlich der Aussagen der Zeugen D. M., R. Sch. und T. T. zeigt der Kläger nicht auf, sondern beschränkt sich lediglich auf eine ihm günstige Wertung der Zeugenaussagen.

33

Die Aussagen der Polizeibeamten T. H. und F. S. sind nach zutreffender Auffassung des Landgerichts im Gegensatz zur Argumentation des Klägers ergiebig gewesen, weil es den protokollierten Aussagen dieser Zeugen zutreffend und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewichtige Indizien für die Nutzung des vermieteten Gebäudes als bordellähnlichen Betrieb entnommen hat.

34

Die Angriffe des Klägers gegen die Beweiswürdigung der Aussage des Zeugen S. W. als Schadenregulierer der Beklagten bleiben aus denselben Gründen wie seine Beweiswürdigungsrügen im Hinblick auf den Zeugen B. M. ohne Erfolg.

35

Weiterhin hat das Landgericht der Aussage der Ehefrau des Klägers, der Zeugin C. B. , zu Recht keinen Glauben geschenkt, weil ihr Eigeninteresse als Miteigentümerin des brandzerstörten Hauses am Erhalt der Entschädigungsleistung auf der Hand liegt und eine Kenntnis des Klägers von der der Beklagten nicht angezeigten Nutzung des Gebäudes als Bordell oder bordellähnlicher Betrieb eine deren Leistungsfreiheit auslösende Gefahrerhöhung nach Maßgabe der §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 VVG darstellen würde, die auch nicht nach § 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG wieder entfallen wäre.

36

Schließlich erweist sich auch die Beweiswürdigung der Aussage der Zeugin C. J. als fehlerfrei. Maßgeblich und zutreffend hat das Landgericht auf den Gegensatz zwischen der Aussage der Zeugin einerseits, ihr sei am streitgegenständlichen Objekt nie etwas aufgefallen, und ihrer eigenen Anzeige vom Brandgeschehen andererseits, wo sie gegenüber der Polizei angegeben hat, dass das Objekt noch vor zwei Wochen noch in Betrieb (ehemaliger Puff) gewesen sei, abgestellt.

37

Nicht zu beanstanden ist zudem die Beurteilung des Zeugen M. Sz. als nicht glaubwürdig. Das Landgericht hat insoweit ausgeführt, dass die Antworten des Zeugen zurechtgelegt gewesen seien und er sich in Widersprüche verstrickt habe, ohne dies im Einzelnen zu begründen. Dies kann letztlich dahingestellt bleiben, weil der Zeuge ohnehin nur Pflasterarbeiten im Außenbereich des Gebäudes vorgenommen hat, und somit auch nur Eindrücke des Objekts von außen hat schildern können, ohne dass er jemals im Inneren des Gebäudes gewesen ist.

38

3. In Anbetracht der vorstehend erläuterten Verfahrensdefizite und in Ansehung des insoweit nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO eröffneten Ermessens hält der Senat eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils nebst Verfahrens und eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht im konkreten Fall für geboten. Er hat die Aufhebung der bis zum 22. Dezember 2014 einschließlich durchgeführten Beweisaufnahme ausdrücklich ausgenommen, weil sie nicht von Verfahrensfehlern beeinflusst ist. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass im Falle eines zwischenzeitlichen Richterwechsels in erster Instanz die bereits durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen wäre, da der Tatrichter einen eigenen persönlichen Eindruck von allen vernommenen Zeugen gewonnen haben muss.

39

Die Frage einer Zurückverweisung ist in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 ausführlich erörtert worden, ohne dass gegen ein derartiges, eher allgemein für sachdienlich erachtetes Prozedere Bedenken von Seiten einer Partei geäußert worden wäre. Angesichts der gleichermaßen umfangreichen und aufwendig zu erwartenden Beweisaufnahme entspricht es dem vorrangigen Interesse der Parteien, vor dem Landgericht in einer umfassenden Tatsacheninstanz neu vortragen und zweckdienlicherweise dort eine Klärung der hier streitigen Fakten im Rahmen einer umfassenden Beweisaufnahme herbeiführen zu können.

III.

40

Über die Kosten des Berufungsverfahrens wird das Landgericht nach Maßgabe einer abschließenden Sachentscheidung in erster Instanz zu befinden haben.

41

Obschon selbst ohne unmittelbar vollstreckungsfähigen Inhalt war das Urteil gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wie sich, in Bezug auf die sonst weiterhin mögliche Vollstreckbarkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, aus der Regelung des § 775 Nr. 1 ZPO ergibt (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 538, Rdnr. 59).

42

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.

43

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestehen nicht, weil die von den Besonderheiten des Einzelfalls geprägte Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts im konkreten Fall erfordert.


Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.

(1) Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(2) In den Fällen einer Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 2 und 3 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugegangen sein müssen, es sei denn, dem Versicherer war die Gefahrerhöhung zu diesem Zeitpunkt bekannt. Er ist zur Leistung verpflichtet, wenn die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 23 Abs. 2 und 3 nicht auf Vorsatz beruht; im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung gilt Absatz 1 Satz 2.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet,

1.
soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht war oder
2.
wenn zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles die Frist für die Kündigung des Versicherers abgelaufen und eine Kündigung nicht erfolgt war.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.10.2012 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(2) In den Fällen einer Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 2 und 3 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugegangen sein müssen, es sei denn, dem Versicherer war die Gefahrerhöhung zu diesem Zeitpunkt bekannt. Er ist zur Leistung verpflichtet, wenn die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 23 Abs. 2 und 3 nicht auf Vorsatz beruht; im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung gilt Absatz 1 Satz 2.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet,

1.
soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht war oder
2.
wenn zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles die Frist für die Kündigung des Versicherers abgelaufen und eine Kündigung nicht erfolgt war.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.