Landgericht Schweinfurt Endurteil, 13. Apr. 2017 - 22 O 748/15

bei uns veröffentlicht am13.04.2017

Gericht

Landgericht Schweinfurt

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.300,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.03.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.019,83 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 17.02.2016 zu bezahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 9.300,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Versicherungsleistung aus dem zwischen ihnen bestehenden Versicherungsvertragsverhältnis.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Kaskoversicherung für sein Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen N 1300 eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 300 Euro.

Der Kläger kam am 29.01.2015 mit seinem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug auf schneeglatter Fahrbahn von der Fahrbahn ab. Das Fahrzeug rutsche eine Böschung herab und prallte gegen eine Esche, wo es zum Stehen kam. Im Fahrzeug befanden sich die drei Kinder des Klägers.

Der Kläger beauftragte die Bergung des Fahrzeugs, die eine Stunde später den Abschleppvorgang ausführte. Die Polizei wurde nicht hinzugezogen.

Im Rahmen der Schadensabwicklung wurde mit der Straßenmeisterei G. Kontakt aufgenommen. Diese veranlassten eine Besichtigung des Baumes und stellten fest, dass ein Schaden am Baum nicht entstanden war und keine Wiederherstellungskosten oder Behandlungskosten angefallen seien. Die geltend gemachten Kosten in Höhe von 82,82 € ergaben sich aus den Aulwendungen für die Begutachtung.

Bei Reparaturkosten von 17.567,64 €, einem Wiederbeschaffungswert von 15.500 € bei einem verbleibenden Restwert von 5.990,00 € ist am Fahrzeug ein wirtschaftlicher Totalschaden entstanden.

Die Beklagte lehnte eine Regulierung ab.

Der Kläger trägt vor, er habe seine versicherungsrechtlichen Obliegenheiten nicht verletzt. Es sei allenfalls ein geringer Fremdschaden entstanden. Auf den im Prozess vorgelegten Fotos sei lediglich ersichtlich, das etwas Rinde vom Baum abgeplatzt sei. Dies für von ihm nachvollziehbar nicht als zumindest bemerkenswerter Fremdschaden gewertet worden.

Der Kläger habe im entscheidenden Zeitraum keinen Alkohol zu sich genommen. Die Tatsache, dass er mit seinem Kinder unterwegs gewesen sei, dürfe schon indiziell für seine absolute Nüchternheit gelten.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass eine Verpflichtung, die Polizei hinzuzuziehen, nicht bestehe. Darüber hinaus gelte die Wartepflicht am Unfallort nur und solange dies zumutbar sei. Die Klausel sei intransparent, da sie nicht erkennen lasse, welche erforderlichen Feststellungen und durch wen getroffen werden müssten. Selbst bei einer grob fahrlässigen Begehungsweise wäre die Beklagte lediglich zur Quotelung berechtigt.

Der Kläger begehrt mit der Klage die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.300,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.03.2015 zu zahlen;

die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.019,83 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 17.02.2016 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe seine Obliegenheiten verletzt. Er habe mitgeteilt, dass ein Fremdschaden nicht eingetreten sei. Ein erheblicher Fremdschaden sei aber vorhanden und erkennbar gewesen. Am Baum sei ein Schaden von circa 3.000 € brutto entstanden, so dass die Hinzuziehung der Polizei unbedingt erforderlich gewesen sei. Der Versicherte sei verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein könnte.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Straßenmeisterei unverzüglich informiert worden sei und von dort die Auskunft erhielt, dass am Baum kein Schaden entstanden sei, dass sich die E-Mail auf den streitgegenständlichen Unfall beziehe und die Auskunft, dass kein größerer Schaden am Baum entstanden sei, richtig ist.

Die Lichtbilder (Anlage BLD 2 und BLD 3) belegten eindrucksvoll, dass sich ein Fremdschaden am Baum geradezu aufgedrängt habe und dem Kläger nicht habe entgehen können. Ein Blick auf die Fotos mache wohl hinreichend deutlich, dass niemand bei einem Unfall dieser Größenordnung davon ausgehen dürfe, dass er sich ohne Meldung des Unfallgeschehens an einer öffentlichen Stelle einfach entfernen dürfe.

Dennoch habe er die Polizei nicht verständigt, so dass vor Ort auch keine Feststellungen zur tatsächlichen Unfallursache und zur Fahrtüchtigkeit des Klägers getroffen worden seien. Dies sei für die Feststellungen der Beklagten Insoweit relevant, als die vom Kläger angegeben Unfallursache zwar grundsätzlich plausibel sei, ebenso gut könne jedoch eine Alkoholisierung ursächlich für den Schaden gewesen sein, was eine Leistungspflicht der Beklagten nach § 81 WG begründen würde. Der Tatbestand einer leistungsbefreienden Obliegenheitsverletzung gemäß E 1.3 AKB i.V.m. § 28 WG sei insoweit zweifelsfrei erfüllt. Der Kläger habe vorsätzlich gehandelt.

Die Beklagte macht geltend, die Aufklärungspflicht reiche weiter als der Straftatbestand des § 142 StGB.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 02.08.2016 Bezug genommen.

Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Erholung eines Gutachtens des Sachverständigen S vom 06.02.2017. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.08.2016 verwiesen.

Die Parteien haben sich mit Schriftsatz vom 15.03.2017 und vom 28.03.2017 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

1. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versicherungsleistung in Höhe von 9.300 € aus dem zwischen ihnen bestehenden Versicherungsvertrag.

a.) Am Baum ist kein feststellbarer Fremdschaden entstanden. Dies hat die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts ergeben. Auch das erholte Sachverständigengutachten hat keinen nennenswerten Schaden ergeben.

aa.) Der Kläger führte im Rahmen seiner persönlichen Anhörung aus, das Fahrzeug sei nicht am Baum mit einem lauten Knall abrupt stehen geblieben, sondern es habe sich beim Rutschen auf dem Hang ja schon verlangsamt und sei dort quasi hängengeblieben. Jedenfalls sei es so gewesen, dass nicht einmal die Airbags ausgelöst hätten.

bb.) Der Zeuge C bekundete im Rahmen seiner Vernehmung, er habe am Baum keinen Schaden festgestellt, der dazu führen würde, dass er entfernt werden müsste. Es sei auch kein landschaftsrelevanter Baum, sondern ein Baum, der am Waldrand stehe. Es handele sich um eine 35 bis 40 cm ca. starke Esche. Er habe dann entschieden, dass hinsichtliches dieses Baumes keine Maßnahmen erforderlich seien. Deshalb habe sich die aufgestellte Summe allein auf die Fahrzeit zur Feststellung bezogen. Dieser Baum, um den es hier konkret gehe, der sei aber nur in sehr geringer Art und Weise beschädigt, so dass er sagen würde, das steckt er locker weg.

Zum Zustand des Baumes jetzt könne er sagen, dass es das allgemeine Auftreten von Eschentriebsterben gebe, welches durch einen Pilz verursacht werde, der einen Befall im Juni/Juli zeige. Das sei auch bei dieser Esche der Fall, wobei man aus seiner Sicht nicht sagen könne, dass es etwas mit diesem Anfahrschaden zu tun habe. Der Baum sei auch in verschiedenerlei Hinsicht beeinträchtigt: Zum einen durch sein nahen Standort zur Straße, so dass auch das Streusalz von der Straße auf ihn einwirke, zum anderen durch den genannten Pilz und dann hinzukommend noch durch den streitgegenständlichen Anfahrschaden.

cc.) Der Sachverständige S führt in seinem Gutachten aus, die Vorschadensbilanz könne als erheblich eingestuft werden. Der fallgegenständliche Baum sei Bestandteil des Waldes und als Waldbaum Teil einer Produktionsstätte für Holz. Der streitgegenständliche Baum sei von erheblichen Mängeln geprägt, welche aufgrund einer Urbanen Wertberechnung einen Totalschaden bedeuten würde. Diese Maßstäbe hätten erst recht zu gelten, wenn der fallgegenständlichen Waldbaum anhand seines Ertragswertes berechnet werde.

Aufgrund der massiven Vorschäden (Anfahrschäden als auch wuchsbedingte Strukturschäden) habe die Esche vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis den Wert von Brennholz. Der durch den streitgegenständlichen Unfall zugeführte Schaden habe den Wert des Brennholzes nicht verändert.

Sie habe daher keinen Schaden von 3.000 € erlitten. Die Esche habe selbst als vollkommen intakter Waldbaum keinen Baumwert von 3.000 €.

b.) Die streitgegenständliche Klausel im Versicherungsvertrag ist nicht unwirksam. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nicht intransparent ist, sondern eine zulässige und erforderliche Verallgemeinerung enthält.

c.) Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht aber davon überzeugt, dass die Erkennbarkeit eines Schadens, der ein Ausmaß erreicht, der den Kläger zu weiteren Maßnahmen zur Ermöglichung von Feststellungen hätte veranlassen müssen, im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Die Erkennbarkeit ist vom Versicherer zu beweisen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 05.06.2008 -12 U 13/08 = NJW-RR 2008, 1248; Prölss/Martin - Knapmann, Versicherungsvetragsgesetz, AKB 2008 E.2, Rn 55). Ein Fremdschaden entfällt auch dann, wenn der Schaden so gering ist, dass mit Ansprüchen Dritter nicht gerechnet werden muss.

aa.) Der Berechtigte hat - außer Feststellungskosten - keinen Schaden geltend gemacht. Der Zeuge C hat die für die Abwägung maßgeblichen Gesichtspunkte auch plausibel und nachvollziehbar erläutert.

bb.) Der Sachverständige hat für das Gericht nachvollziehbar und unter Berücksichtigung anderweitiger Feststellungen in einem Privatgutachten ausgeführt, dass ein Schaden nicht entstanden ist. Dem schließt sich das Gericht nach eigener Prüfung an.

d.) Die Beklagte kann auch nicht mit dem Vortrag gehört werden, die Frage der Schädigung könne vom Kläger aus eigener Anschauung nicht beurteilt werden. Wenn der Zeuge der Straßenmeisterei und der gerichtliche Sachverständige jedoch keinen Schaden am Baum selbst feststellen können, kann ein solche Vermögenseinbuße aber nicht im Sinne der Versicherungsbedingungen „erkennbar“ sein. Ein nicht bestehender Schaden ist keinesfalls „erkennbar“. Der Kläger hat keine versicherungsrechtliche Obliegenheit verletzt.

Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Sichtbedingungen am Unfallort zur Unfallzeit und bei Würdigung der winterlichen Bedingungen neben der Straße.

2. Der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus § 280 I, II; 286, 288 BGB.

Die Klage hat damit vollumfänglich Erfolg.

II.

1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

III.

Die Entscheidung zum Streitwert folgt us § 3 ZPO i.V.m. §§ 48 11, 63 II GKG.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


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Strafgesetzbuch - StGB | § 142 Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort


(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er 1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung d

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 05. Juni 2008 - 12 U 13/08

bei uns veröffentlicht am 05.06.2008

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Dezember 2007 - 3 O 205/07 - wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

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(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1.
zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2.
eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1.
nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2.
berechtigt oder entschuldigt
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Dezember 2007 - 3 O 205/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt Leistungen aus einer bei der Beklagten genommenen Fahrzeugversicherung.
Die Klägerin unterhielt für den Pkw Marke Opel, .... (im Folgenden: Fahrzeug), bei der Beklagten eine Fahrzeugversicherung. Ihr lagen Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) zugrunde, die, soweit hier von Belang, mit den bei Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Auflage abgedruckten Bedingungen übereinstimmten. § 7 AKB lautete demgemäß auszugsweise wie folgt:
§ 7 I (2) Satz 3
Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann.
        
§ 7 V (4)
Wird eine dieser Obliegenheiten in der Fahrzeug- oder Kraftfahrtunfallversicherung verletzt, so besteht Leistungsfreiheit nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 VVG.
In der Nacht vom 18.08.2006 auf den 19.08.2006 besuchte der Sohn der Klägerin ein Kabinenfest seiner ehemaligen Fußballmannschaft in L, danach zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr ein Lokal in L und zwischen 0.00 Uhr und 6.00 Uhr mit Freunden den Musikpark in Lu. Er nahm alkoholische Getränke in streitiger Menge zu sich. Am 19.08.2006 befuhr er mit dem Fahrzeug zwischen 7.45 Uhr und 8.00 Uhr die Kreisstraße von S in Richtung L. In Höhe des Fahrbahnteilers bei der Einmündung zur Golfanlage kam er nach rechts von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. Am Fahrzeug entstand Totalschaden.
Der Sohn der Klägerin entfernte sich zunächst unter Zurücklassung des beschädigten Fahrzeugs von der Unfallstelle, ehe er gegen 11.00 Uhr bei der Polizei in S erschien. Eine um 11.56 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 0,66 Promille, eine um 12.28 Uhr entnommene zweite Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 0,57 Promille.
Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, ihr Sohn habe auf dem Kabinenfest keinen Alkohol getrunken. In der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr habe er drei Doppelkorn á 0,2 cl zu sich genommen. Im Musikpark habe er lediglich drei kleine Bier á 0,3 l konsumiert. Zum Unfall sei es gekommen, als er in Höhe der durch zwei Verkehrsinseln stark verengten Einmündung mit dem linken Vorderrad den Bordstein touchiert habe. Danach habe die Lenkung des Fahrzeugs nicht mehr reagiert, das Fahrzeug sei von der Fahrbahn abgekommen und frontal auf einen rechts neben der Straße stehenden Baum geprallt. Es handele sich um einen Vorfall, der sich bei jedem Kraftfahrer unabhängig von Alter und Fahrpraxis auch ohne Alkoholeinfluss ereignen könne und keine auf Alkoholeinfluss zurückzuführende Fahruntüchtigkeit indiziere. Ein Fremdschaden sei durch den Unfall nicht entstanden. Der Baum, an dem das Fahrzeug zum Stehen gekommen sei, sei kurz nach dem Unfall zusammen mit weiteren Bäumen gefällt worden. Nach dem Unfall habe der Sohn der Klägerin einige Schlucke aus einer Wodkaflasche genommen. Hierdurch habe er jedoch ebenso wenig wie durch das Entfernen vom Unfallort eine Obliegenheitsverletzung gegenüber der Beklagten begangen.
Die Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, ein technischer Defekt am Fahrzeug habe nicht vorgelegen. Es sei vielmehr zu dem Unfall mit einem Fremdschaden an vorbezeichnetem Baum in Höhe von 500,00 EUR gekommen, weil der Sohn der Klägerin zu heftig gegengelenkt und dadurch die Herrschaft über das Fahrzeug verloren habe. Dies sei eine klassische Fehlreaktion, die nur darauf zurückgeführt werden könne, dass der Sohn der Klägerin fahruntüchtig gewesen sei; ohne Nachtrunk ergebe sich zum Unfallzeitpunkt im Wege der Rückrechnung eine Blutalkoholkonzentration von 1,06 Promille. Den Nachtrunk habe der Sohn der Klägerin wahrheitswidrig behauptet, hilfsweise bewusst zu sich genommen, um die Tatsache seiner Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt zu verschleiern. Dafür spreche insbesondere, dass er sich vom Unfallort entfernt habe. Da der Sohn der Klägerin deren Repräsentant gewesen sei, müsse sich die Klägerin sein Verhalten zurechnen lassen mit der Folge, dass die Beklagte von ihrer Leistungsverpflichtung frei geworden sei.
Das Landgericht hat - unter Klageabweisung im Übrigen - der Klage in Höhe von 7.288,91 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.02.2007 stattgegeben. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass der Sohn der Klägerin das Fahrzeug in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand geführt habe. Es fehle bereits an einer substantiierten Darlegung einer bestimmten Blutalkoholkonzentration. Die Beklagte habe zwar eine Blutalkoholkonzentration von 1,06 Promille zum Unfallzeitpunkt behauptet. Diesen Wert habe sie jedoch durch Rückrechnung der bei der ersten Blutprobe festgestellten Blutalkoholkonzentration auf den Unfallzeitpunkt gewonnen, ohne den Nachtrunk zu berücksichtigen. Dieser sei aber nicht widerlegt. Von einer Blutalkoholkonzentration von 1,06 Promille zum Unfallzeitpunkt könne daher nicht ausgegangen werden. Es könne nicht einmal davon ausgegangen werden, dass der Sohn der Klägerin bei dem Unfall überhaupt alkoholisiert gewesen sei.
Der Sohn der Klägerin habe auch keine Aufklärungsobliegenheit verletzt. Da die Beklagte einen relevanten Fremdschaden nicht nachgewiesen habe, sei der Sohn der Klägerin nicht gehalten gewesen, an der Unfallstelle zu verbleiben.
10 
Auch aus den Angaben des Sohnes der Klägerin zum Nachtrunk, die sich die Beklagte hilfsweise zu eigen gemacht habe, ergebe sich keine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit. In der Fahrzeugversicherung verletze der Versicherungsnehmer durch einen Nachtrunk seine Aufklärungsobliegenheit bei fehlendem Drittschaden nur dann, wenn er den Nachtrunk in der Erwartung eines polizeilichen Einsatzes zu sich nehme, um den Sachverhalt zu verschleiern, oder die Tatsache des Nachtrunks zu einer solchen Verschleierung ausnutze. Ausreichende Anhaltspunkte dafür habe die Beklagte jedoch nicht dargetan. Vielmehr sprächen die Umstände der nachträglichen Alkoholaufnahme - Streit mit der Ex-Freundin, Totalschaden am Fahrzeug, Offenbarung gegenüber dem Vater - dafür, dass der Sohn der Klägerin wegen seiner emotionalen Belastung getrunken habe und nicht, um eine Alkoholisierung bei dem Unfall zu verschleiern.
11 
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Die Beklagte trägt vor, dass ein Nachtrunk, der von der Klägerin zu beweisen gewesen wäre, nicht einmal ansatzweise erwiesen sei. Ohne Nachtrunk sei eine Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration auf das Unfallereignis möglich. Der Wert liege im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit. Ein typischer Fahrfehler, der auch einem nüchternen Fahrer unterlaufen wäre, liege nicht vor. Eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles könne daher durchaus angenommen werden.
12 
Des Weiteren finde die Feststellung des Landgerichts, dass der Sohn der Klägerin keinen Nachtrunk zu sich genommen habe, um eine Alkoholisierung bei der Nutzung des Fahrzeugs zu verschleiern, sondern getrunken habe, weil er einer emotionalen Belastung durch einen Streit mit seiner Ex-Freundin, den Totalschaden am Fahrzeug und durch die Offenbarung dieses Schadens gegenüber seinem Vater ausgesetzt gewesen sei, im Vortrag der Klägerin keine Stütze. Dass der Kläger trotz der Erheblichkeit des Unfalls nicht einmal die geringste Zeit an seinem Fahrzeug gewartet, sondern sich gleich die (angeblich) im Fahrzeug befindliche Flasche Wodka geschnappt habe und verschwunden sei, lasse vielmehr eher auf kühle Berechnung schließen. Zunächst müsse jedoch Beweis über die Behauptung eines Nachtrunks erhoben werden und sodann müsse die Klägerin zudem noch nachweisen, dass der Nachtrunk nicht zur Verschleierung einer zu erwartenden Blutentnahme durch die Polizei geschehen sei.
13 
Unabhängig davon hätte das Landgericht die Klage jedenfalls schon wegen einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch die Verkehrsunfallflucht abweisen müssen. Eine Verkehrsunfallflucht liege sowohl objektiv als auch subjektiv tatbestandlich vor. Die Beklagte habe die Entstehung eines Fremdschadens vorgetragen und unter Beweis gestellt; dass der Baum gänzlich unbeschädigt geblieben sein solle, sei eine Vermutung und keine gesicherte Erkenntnis.
14 
Außerdem habe der Sohn der Klägerin durch den - tatsächlich erfolgten oder aber lediglich behaupteten - Nachtrunk die Feststellung seiner Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt vereitelt. Auch deshalb hätte wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit auf Klageabweisung erkannt werden müssen.
15 
Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien in beiden Instanzen nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der gerichtlichen Sitzungsprotokolle Bezug genommen. Die Akten Staatsanwaltschaft ... lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
17 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das beruht auf folgenden Erwägungen:
18 
1. Das Landgericht nimmt zutreffend an, dass die Beklagte nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls von ihrer Leistungspflicht frei geworden ist.
19 
Nach § 61 VVG a.F. ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt. Der Nachweis der Herbeiführung des objektiven Tatbestandes des Versicherungsfalls, des Verschuldens des Versicherungsnehmers und der Kausalität zwischen dem Handeln des Versicherungsnehmers und dem Eintritt des Versicherungsfalls obliegt dabei dem Versicherer (Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 61 Rdn. 83 mwN). Obschon Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a.F. bei absoluter Fahruntüchtigkeit (Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille und mehr) grundsätzlich zu bejahen ist und bei relativer Fahruntüchtigkeit (Blutalkoholkonzentration unter 1,1 Promille) zumindest in Frage kommt, wenn weitere Umstände die Alkoholbedingtheit des Unfalls belegen, kann hiervon im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Denn auch ein alkoholtypischer Unfall kann den Schluss auf dessen alkoholbedingte grob fahrlässige Verursachung nur rechtfertigen, wenn der Fahrzeugführer zum Unfallzeitpunkt nachweislich Alkohol getrunken hatte (vgl. OLG Hamm VersR 1993, 90 f.). An diesem Nachweis, den - weil zum objektiven Tatbestand des § 61 VVG a.F. gehörig - die Beklagte zu erbringen hat, fehlt es im vorliegenden Fall. Er ist ihr, weil die Klägerin Nachtrunk geltend macht, wobei die Trinkmenge nur ungefähr bekannt ist, nicht gelungen. Das Landgericht hat daher mit Recht ausgeführt, dass die von der Beklagten nur unter Ausblendung des geltend gemachten Nachtrunks errechnete Blutalkoholkonzentration von 1,06 Promille zum Unfallzeitpunkt der Entscheidung nicht zugrunde gelegt, vielmehr nicht einmal davon ausgegangen werden kann, dass der Sohn der Klägerin bei dem Unfall überhaupt alkoholisiert gewesen war. Anstrengungen, den von der Klägerin angeführten Nachtrunk zu widerlegen, hat die Beklagte, abgesehen von bloßem Bestreiten und dem Versuch, die Beweislast insoweit auf die Klägerin zu verlagern, auch im Berufungsrechtszug nicht unternommen. Eine Umkehrung der Beweislast kommt jedoch nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1975 - IV ZR 5/74 - VersR 1976, 84 unter 3; Rech NVersZ 1999, 156, 159).
20 
2. Das Landgericht ist des Weiteren zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass Leistungsfreiheit der Beklagten auch nicht wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach § 7 I (2) Satz 3, V (4) AKB i.V. mit § 6 Abs. 3 VVG a.F. eingetreten ist.
21 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 - IV ZR 71/99 - VersR 2000, 222 unter II 1 mwN) stellt das bloße Verlassen der Unfallstelle nur dann eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit dar, wenn dadurch der objektive und subjektive Tatbestand des § 142 StGB erfüllt wird. Bei fehlendem Verstoß gegen die Strafrechtsnorm ist eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nicht gegeben (BGH aaO unter II 2). Den Verstoß gegen den objektiven und subjektiven Tatbestand der Strafvorschrift darzulegen und zu beweisen - insbesondere auch die Kenntnis des Versicherungsnehmers oder seines Repräsentanten von dem Entstehen eines nicht nur ganz unerheblichen Schadens an fremden Rechtsgütern -, obliegt dabei dem Versicherer (OLG Saarbrücken zfs 2001, 69, 70; OLG Hamm aaO; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl § 7 AKB Rdn. 19; der von Knappmann (aaO) als (mögliche) Gegenansicht angeführten Entscheidung des OLG Oldenburg VersR 1995, 952 f. ist der Bundesgerichtshof bereits im Urteil vom 13. Dezember 2006 - IV ZR 252/05 - VersR 2007, 389 unter II 1 entgegengetreten.).
22 
Diesen Beweis hat die Beklagte nicht geführt. Der von der Beklagten durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellte Vortrag, Schäden wie beim Unfall am Fahrzeug der Klägerin eingetreten gingen notwendig einher mit einer Beschädigung des Baumes, und allein ein Wundverschlussmittel und die Arbeitsstunde eines Arbeiters hätten weit mehr als 100,00 EUR gekostet, vorsichtig geschätzt werde sich der Schaden auf mindestens 500,00 EUR belaufen haben, kann die Rechtsverteidigung nicht stützen. Damit lässt sich nämlich nicht belegen, dass sich der Sohn der Klägerin eines Fremdschadens bewusst war, als er die Unfallstelle verließ. Auf den in den Ermittlungsakten vorhandenen Lichtbildkopien ist eine Beschädigung des Baumes nicht erkennbar. In der in derselben Akte enthaltenen Sachverhaltsschilderung des Polizeikommissars K vom 19.08.2006 ist nur von einem Sachschaden am Fahrzeug, nicht aber von einem sonstigen Schaden die Rede. Die Staatsanwaltschaft und die Kreisverwaltung stellten einen (nennenswerten) Fremdschaden ebenfalls nicht fest. Weiteres ist für eine Kenntnis des Sohnes der Klägerin von einer etwaigen (nennenswerten) Beschädigung des Baumes zu dem Zeitpunkt, zu dem er sich vom Unfallort entfernte, von der Beklagten weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt worden.
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b) Auch aus den Angaben (des Sohnes) der Klägerin zum Nachtrunk, die sich die Beklagte hilfsweise zu eigen gemacht hat, ergibt sich mit dem Landgericht keine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit.
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Gemäß § 7 I (2) Satz 3 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann. Diese Obliegenheit umfasst auch das Unterlassen von Handlungen, welche die Verschleierung des Sachverhalts oder der Begleitumstände bezwecken (OLG Nürnberg VersR 2001, 711; vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1967 - II ZR 17/65 - VersR 1967, 593 unter 4).
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Zur Verschleierung des Sachverhalts ist es grundsätzlich geeignet, wenn der Fahrer des versicherten Fahrzeugs nach dem Unfall Alkohol zu sich nimmt, weil dadurch die Feststellung der (möglichen) Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß § 61 VVG a.F. erheblich erschwert wird in Beziehung auf die Frage, ob der Versicherungsfall durch Alkoholeinfluss und damit möglicherweise grob fahrlässig verursacht wurde (vgl. OLG Nürnberg aaO). Das bedeutet allerdings nicht, dass sich der Fahrer stets für eine polizeilich angeordnete, nicht durch Nachtrunk verfälschte Blutprobe bereithalten müsste (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1975 aaO unter 1 a). In der Fahrzeugversicherung besteht eine entsprechende Obliegenheit vielmehr nur bei ausdrücklicher Vereinbarung mit dem Versicherer sowie in denjenigen Fällen, in denen ein Dritter als (möglicher) Mitverursacher an dem Unfall beteiligt oder durch ihn geschädigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1975 aaO). Da von letzterem nicht ausgegangen werden kann und eine ausdrückliche Vertragsbestimmung, sich für eine Blutprobe bereitzuhalten, fehlt, wurde die Aufklärungsobliegenheit nicht dadurch verletzt, dass der Sohn der Klägerin nach dem Unfall Alkohol zu sich nahm.
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Etwas anderes würde gelten, wenn der Sohn der Klägerin den Nachtrunk in der Erwartung eines polizeilichen Einsatzes zu sich genommen hätte, um den Sachverhalt zu verschleiern, oder die Tatsache des Nachtrunks zu einer solchen Verschleierung ausgenutzt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1975 aaO unter 1 b; OLG Nürnberg aaO; zfs 1987, 118; OLG Köln VersR 1997, 1222, 1223; 1987, 777; OLG Frankfurt/M. r+s 1994, 367, 368; OLG Hamm NJW-RR 1992, 165; Knappmann aaO Rdn. 24; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. § 7 AKB Rdn. 66; Jacobsen in Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung 2. Aufl. § 7 AKB Rdn. 62; Bauer, Die Kraftfahrtversicherung 5. Aufl. Rdn. 604). Auch davon kann indes nicht ausgegangen werden. Dabei kann der Senat offen lassen, ob auch insoweit dem Landgericht zu folgen ist, das nach Auswertung der Angaben des Sohnes der Klägerin gegenüber der Polizei im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ... zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Umstände des Nachtrunks dafür sprächen, der Sohn der Klägerin habe wegen seiner emotionalen Belastung und nicht in Verschleierungsabsicht getrunken. Denn der Vortrag der Beklagten, der eine planmäßige Sachverhaltsverschleierung durch den Sohn der Klägerin zum Gegenstand hat, ist beweislos geblieben, obschon mit Verfügung des Senats vom 19.02.2008 darauf hingewiesen wurde, dass insoweit die Beklagte als Versicherer die Beweislast zu tragen hat (vgl. OLG Hamm, VersR 1981, 924; OLG Nürnberg VersR 2001, 711 f.; Knappmann aaO).
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Die Entscheidung des OLG Köln (VersR 1993, 45 f.) steht dem nicht entgegen. Sie betrifft einen anderen, mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt. Danach ist es Sache des Versicherungsnehmers darzulegen und zu beweisen, dass ein Nachtrunk in seiner Wohnung nicht dazu bestimmt war, eine Blutalkoholbestimmung zur Unfallzeit aufgrund einer nach den Umständen des Falles zu erwartenden Entnahme einer Blutprobe durch die Polizei zu vereiteln, nachdem ein Unfall mit Schäden an fremden Rechtsgütern - damals in Höhe von insgesamt 1.200,00 DM - vorausgegangen war und sich der Versicherungsnehmer „entschuldigt“ (i.S. des § 142 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 StGB) vom Unfallort entfernt hatte. Hier kann jedoch, wie dargelegt, von einem (nennenswerten) Schaden an fremden Rechtsgütern nicht ausgegangen werden. Außerdem hat der Sohn der Klägerin den Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort auch nicht in der nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 StGB unter Strafe gestellten Begehungsart verwirklicht.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestehen nicht.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.