Landgericht Paderborn Beschluss, 03. Juni 2015 - 01 Qs 62/15
Gericht
Tenor
wird festgestellt, dass der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 2.4.2015 rechtswidrig war.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin werden der Staatskasse auferlegt.
1
Gründe:
2I.
3Der Landrat des Kreises Höxter – Abteilung Veterinärdienst – betreibt gegen die Betroffene ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 Z. 20a des Tierschutzgesetzes, in welchem er ihr zur Last legt, entgegen seiner rechtskräftigen Verfügung vom 3.7.2014 mehr als drei Katzen in ihrer Wohnung gehalten und diese vernachlässigt zu haben. Am 24.3.2015 hat er beim Amtsgericht Höxter einen Antrag auf Anordnung der Durchsuchung der Wohnung der Betroffenen sowie auf Beschlagnahme dort aufzufindender Katzen gestellt. Mit Verfügung vom 26.3.2015 hat das Amtsgericht Höxter den Vorgang an den Kreis Höxter zurückgesandt mit der Begründung, für den Erlass der beantragten Anordnung sei das Amtsgericht Paderborn zuständig. Daraufhin hat der Kreis Höxter seinen vorbezeichneten Antrag am 30.3.2015 beim Amtsgericht Paderborn gestellt, welches am 2.4.2015 den beantragten Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss erlassen hat, auf den Bezug genommen wird. Gegen diese Entscheidung hat die Betroffene am 20.5.2015 Beschwerde eingelegt und diese unter anderem damit begründet, das Amtsgericht Paderborn sei für den Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht zuständig gewesen. Das Amtsgericht Paderborn hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
4II.
5Die Beschwerde ist trotz prozessualer Überholung zulässig, da für Betroffene in vergleichbaren Fällen ein Rechtschutzinteresse zu bejahen ist.
6Ihr ist auch in der Sache Erfolg beschieden, da das Amtsgericht Paderborn für den Erlass des angefochtenen Beschlusses örtlich nicht zuständig war. Nach § 46 Abs. 1 OwiG gelten für das Bußgeldverfahren, soweit das OWiG nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der Strafprozessordnung. Nach § 162 Abs. 1 S. 1 StPO stellt die Staatsanwaltschaft, wenn sie die Vornahme einer richterlichen Untersuchungshandlung für erforderlich erachtet, ihre Anträge vor Erhebung der öffentlichen Klage bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat. Nach § 46 Abs. 2 OWiG hat die Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten. Die jeweiligen Vorschriften sind dahin zu verstehen, dass an die Stelle der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren die Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren, d.h. die Verwaltungsbehörde, tritt (Göhler, OWiG, § 46 Rn. 7). Maßgeblich ist danach für die örtliche Zuständigkeit, im Bezirk welchen Amtsgerichts die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat (So auch LG Hagen/Westfalen, Beschluss vom 12.11.2009, 46 Qs 30/09 – juris mit weiteren Nachweisen und eingehender Begründung, auf die vollinhaltlich Bezug genommen wird). Der Sitz des Landrats des Kreises Höxter befindet sich in Höxter, so dass für den Erlass der angefochtenen Entscheidung das Amtsgericht Höxter örtlich zuständig gewesen wäre.
7Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf den §§ 46 Abs. 1 OWiG, 467 StPO analog.
8Paderborn, den 3.6.2015
9Landgericht, 1. große Strafkammer als Kammer für Bußgeldsachen
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(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.
(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.
(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.
(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist
- 1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.
(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.
(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.
(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.
(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.
(1) Erachtet die Staatsanwaltschaft die Vornahme einer gerichtlichen Untersuchungshandlung für erforderlich, so stellt sie ihre Anträge vor Erhebung der öffentlichen Klage bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sie oder ihre den Antrag stellende Zweigstelle ihren Sitz hat. Hält sie daneben den Erlass eines Haft- oder Unterbringungsbefehls für erforderlich, so kann sie, unbeschadet der §§ 125, 126a, auch einen solchen Antrag bei dem in Satz 1 bezeichneten Gericht stellen. Für gerichtliche Vernehmungen und Augenscheinnahmen ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk diese Untersuchungshandlungen vorzunehmen sind, wenn die Staatsanwaltschaft dies zur Beschleunigung des Verfahrens oder zur Vermeidung von Belastungen Betroffener dort beantragt.
(2) Das Gericht hat zu prüfen, ob die beantragte Handlung nach den Umständen des Falles gesetzlich zulässig ist.
(3) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befasst ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Nach einem Antrag auf Wiederaufnahme ist das für die Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren zuständige Gericht zuständig.
(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.
(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.
(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.
(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist
- 1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.
(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.
(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.
(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.
(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.