Gericht

Landgericht Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.450,00 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.03.2014 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung über nominal 18.000,00 Euro an der Beteiligungsgesellschaft H1 GmbH & Co. KG, nunmehr vertreten durch den Insolvenzverwalter Herrn Rechtsanwalt Dr. Ch. M1, Handelsregister Amtsgericht Osnabrück, HRA 100619.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von etwaigen Verbindlichkeiten aus seiner Beteiligung über nominal 18.000,00 Euro an der Beteiligungsgesellschaft H1 GmbH & Co. KG, nunmehr vertreten durch den Insolvenzverwalter Herrn Rechtsanwalt Dr. Ch. M1, Handelsregister Amtsgericht Osnabrück, HRA 100619, freizustellen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 961,28 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.03.2014 zu bezahlen.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der unter Ziffer 1. angebotenen Gegenleistung im Annahmeverzug befindet.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 22% und die Beklagte 78%.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann im Hinblick auf Ziffer 6 des Urteils die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird festgesetzt auf 18.450,00 Euro.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Beteiligung des Klägers an einem sog. Schiffsfonds.

Der Kläger ist von Beruf Maschineningenieur, die Beklagte ein in Nürnberg ansässiger Finanzdienstleister - organisiert zunächst als GmbH, später als AG - der sich derzeit in Liquidation befindet.

Seit Dezember 2004 war der Kläger bei der Beklagten als Interessent für Kapitalanlagen registriert und erhielt ab diesem Zeitpunkt Informationsmaterial zu verschiedenen Schiffsfondsbeteiligungen. Mit Schreiben vom 07.09.2005 wurde er auf eine Beteiligung an der H1 Beteiligungs GmbH & Co. KG seitens der Beklagten aufmerksam gemacht (Anlage K 2). Mit Schreiben vom 13.09.2005 wurde dem Kläger ein Informationspaket zum H1 postalisch übermittelt. Darin befanden sich die Zeichnungsunterlagen, der Verkaufsprospekt vom 01.05.2005 (Anlage K 3) sowie eine weitere 40-seitige Broschüre mit dem Titel „Zusatzinformation zum H1“ (Anlage B 1).

Bereits am 15.09.2005 unterzeichnete der Kläger eine Beitrittserklärung zum H1 Beteiligungs GmbH & Co. KG zum Nominalbetrag von 15.000,00 Euro zuzüglich 450,- Euro Agio (Anlage K 1).

In der Folge leistete der Kläger die Zeichnungssumme zuzüglich Agio in drei Raten: Einen Betrag in Höhe von 6.450,00 Euro zahlte er unmittelbar nach der Zeichnung, einen Betrag in Höhe von 4.500,00 Euro am 31.03.2006 und einen weiteren Betrag in Höhe von 4.500,00 Euro am 30.06.2006.

Des Weiteren beteiligte sich der Kläger an zwei Kapitalerhöhungen, welche er am 01.04.2010 in Höhe von 1.200,00 Euro und am 23.09.2011 in Höhe von 1.800,00 Euro einbezahlte.

Insgesamt zahlte der Kläger somit 18.450,00 Euro ein.

Der Kläger behauptet, dass er von der Beklagten vor Zeichnung der Beteiligung telefonisch beraten worden sei. Die Beratung sei jedoch weder anleger- noch objektgerecht gewesen, so dass ihm ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten zustehe. Insbesondere sei er nicht darüber aufgeklärt worden, dass - ohne Berücksichtigung des Agios - 18,53% des Anlegerkapitals für Provisionszahlungen verwendet würden. Darüber hinaus sei er auf das Totalverlustrisiko, die schlechte Fungibilität sowie über die Option zur Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Er ist der Ansicht, dass er neben der Rückzahlung seiner Einlagen und des Agio noch Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns habe. Hätte er die streitgegenständliche Anlage nicht gezeichnet, hätte er das Geld festverzinslich zu einer durchschnittlichen Jahresrendite von 3% angelegt. Der entgangene Gewinn betrage daher 5.137,07 €. Darüber hinaus meint er, Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu haben. Er setzt eine 1,8-fache Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV-RVG an.

Der Kläger beantragt daher:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.603,03 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 23.603,07 Euro ab Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung über nominal 18.000,00 Euro an der Beteiligungsgesellschaft H1 GmbH & Co. KG, nunmehr vertreten durch den Insolvenzverwalter Herrn Rechtsanwalt Dr. Ch. M1, Handelsregister Amtsgericht Osnabrück, HRA 100619.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von etwaigen Verbindlichkeiten aus seiner Beteiligung über nominal 18.000,00 Euro an der Beteiligungsgesellschaft H1 GmbH & Co. KG, nunmehr vertreten durch den Insolvenzverwalter Herrn Rechtsanwalt Dr. Ch. M1, Handelsregister Amtsgericht Osnabrück, HRA 100619, freizustellen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.407,53 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 1.407,53 Euro über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie dem Kläger die Anlage lediglich vermittelt habe. Die Aufklärung des Klägers sei durch Übergabe der Emissionsprospektes sowie der Zusatzinformation zum H1 ordnungsgemäß erfolgt. Vorsorglich wird die Einrede der Verjährung erhoben.

Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen umfassend Bezug genommen. Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Gründe

Die zulässige Klage ist zulässig und weitgehend begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Nürnberg-Fürth örtlich zuständig gemäß §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO. Ein ausschließlicher Gerichtsstand ist nicht gegeben. Insbesondere lag keine Haustürsituation gemäß § 29 c ZPO vor. Rein telefonischen Verhandlungen fallen nicht unter § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB a. F. (Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 312 RdNr. 12). Auch ein Feststellungsinteresse für den Antrag Ziffer 2. ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO gegeben.

II.

Die Klage ist auch im Wesentlichen begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 18.450,- Euro Zug um Zug gegen Übertragung der streitgegenständlichen Beteiligung an die Beklagte.

1. Entgegen der Ansicht des Klägers ist jedoch lediglich ein sog. Anlagevermittlungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen.

Ob eine Anlagevermittlung oder Anlageberatung vorliegt, richtet sich nach den Interessen der Vertragsparteien (vgl. nur Eiben/Boesenberg, NJW 2013, 1398): An den Anlagevermittler tritt der Interessent im Bewusstsein heran, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussage des Anlagevermittlers im Vordergrund steht (BGH NJW-RR 1993, 1114, 1115; Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 4, Rdn. 4; Eiben/Boesenberg, a. a. O., Häusel, JuS 2013, 109, 110). Von einem Anlageberater, dem der Anleger weitreichendes persönliches Vertrauen entgegenbringt, erwartet der Anleger nicht nur Informationen über Tatsachen sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse (Assmann/Schütze, a. a. O., Rdn. 3). Im Allgemeinen zieht der Anleger einen Berater hinzu, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat (v. Buttlar in: Münchener Anwalts Handbuch, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2012, § 7, Rn. 222).

Bereits nach dem klägerischen Vortrag kann von einer Anlageberatung nicht ausgegangen werden. So gibt der Kläger an, dass nach Erhalt des Werbeschreibens ein Telefongespräch stattgefunden habe, in dem im Wesentlichen auf das Werbeschreiben Bezug genommen worden sei. Werbende und anpreisende Äußerungen stellen aber, wie oben dargestellt, gerade ein Charakteristikum der Anlagevermittlung dar. Umstände, die für eine Anlageberatung sprechen, wurden klägerseits nicht substantiiert vorgetragen.

2. Im Rahmen des Anlagevermittlungsvertrages wurde der Kläger durch die Beklagte nicht ordnungsgemäß aufgeklärt.

Ein Auskunftsvertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschlussinteressenten von besonderer Bedeutung sind (vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 280 Rn. 52 m. w. N.).

Vorliegend wurde der Kläger nicht ordnungsgemäß über die hohen Innenprovisionen aufgeklärt. a.

Nach der Rechtsprechung des 3. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs muss ein Anlagevermittler jedenfalls dann auf verdeckte Innenprovisionen hinweisen, wenn diese 15% der Beteiligungssumme überschreiten (BGH, Az. III ZR 359/02 = NJW 2004, 1732, Rz. 19 und 39). Hintergrund dieser Aufklärungspflicht ist, dass die Innenprovision unmittelbar das Anlagevermögen schälert, damit Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage hat und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen kann (BGH, Az.: XI ZR 191/10, NJW 2011, 3227, Rz. 22). Es muss insoweit nicht darüber aufgeklärt werden, an wen die Innenprovision fließt, sondern allein, dass sie anfällt (Einsiedler, WM 2013, 1109, 1111 m. w. N.). Wie sich aus Seite 21 des streitgegenständlichen Verkaufsprospekts (Anlage K 3) ergibt, beträgt das gesamte Fondskapital 37.589,00 Euro. Auf Seite 12 des Verkaufsprospekts wird in Abschnitt 2.12 (“Gesamthöhe auszukehrender Provisionen“) darüber informiert, dass die Vermittlungsprovisionen 6.966.000 Euro zzgl. 16% Umsatzsteuer, mithin 8.080.560,00 Euro brutto, betragen. Bei Abzug der 3%-igen Agio in Höhe von insgesamt 1.127.730,00 Euro (vgl. Seite 21 des Verkaufsprospekts) beträgt die bereinigt Provisionshöhe immerhin noch (8.080.560,00 Euro ./. 1.127.730,00 Euro =) 6.952.830,00 Euro. Im Verhältnis zum gesamten Fondskapital in Höhe von 37.589.000,00 Euro liegt damit die Innenprovisionsquote bei gerundet 18,5%. Hierüber hätte der Kläger aufgeklärt werden müssen. b.

Diese Aufklärung erfolgte weder mündlich noch durch rechtzeitige Übergabe des Emissionsprospekts.

aa. Eine mündliche Aufklärung wurde beklagtenseits nicht vorgetragen. Vielmehr spricht die Beklagte lediglich von einem Telefonat mit dem Kläger vom 24.06.2005, aufgrund dessen ihm das Informationspaket übersandt wurde. Anschließend habe der Kläger dann „ohne telefonische oder persönliche Kontaktaufnahme“ (S. 4 der Klageerwiderung = Bl. 84 d. A.) die Beteiligung gezeichnet.

bb. Eine Aufklärung erfolgte jedoch auch nicht durch rechtzeitige Übergabe des Emissionsprospekts.

In der Rechtsprechung des BGH ist zwar anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlagen überreicht wird. Erforderlich ist jedoch, dass dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH, Az.: III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692, Rz. 9). Wann die Übergabe als rechtzeitig zu qualifizieren ist, richtet sich nach den Umständen eines Einzelfalls (BGH, Az.: XI ZR 191/10, NJW 2011, 3229, Rz. 18).

Vorliegend ist zu sehen, dass dem Kläger der Emissionsprospekt erst mit Schreiben der Beklagten vom 13.09.2005 postalisch zugeleitet worden war. Er war mithin frühestens am 14.09.2005 im Besitz des Prospektes. Nachdem die Zeichnung bereits am 15.09.2005 erfolgte, hatte der Kläger - wie für den Beklagten ohne weiteres erkennbar war -lediglich einen Tag und damit nicht ausreichend Zeit, um sich mit dem Emissionsprospekt ausreichend auseinanderzusetzen. Bei dieser Wertung berücksichtigt das Gericht, dass alleine der Emissionsprospekt aus 53 dicht bedruckten DINA4-Seiten besteht. Hinzu kommt eine 40-seitige Zusatzinformation (Anlage B 1). Beide Prospekte sind inhaltlich als schwierig und anspruchsvoll zu qualifizieren. Sie bedienen sich einer teilweise nur schwer verständlicher Fachsprache („Tonnagesteuer“, „Fungibilität“, „Charterraten“, „Verlustabzugsbeschränkungen“). Auch die rechtliche Konstruktion des Fonds ist aufgrund der Konzernstruktur besonders kompliziert und für den Laien nur schwer nachvollziehbar.

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Kläger die Beitrittserklärung aus freien Stücken an die Beklagte übersandte. Aufgrund der engen zeitlichen Abfolge musste jedoch die Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger sich vor der Zeichnung nicht umfassend mit dem Verkaufsprospekt und der Zusatzinformation auseinandergesetzt hatte(vgl. bereits Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25.11.2013, Az.: 6 O 7861/12; veröffentlicht unter BeckRS 2014, 14282). Vor einer Weiterleitung des Zeichnungsscheins hätte die Beklagte den Kläger daher mündlich auf die Kernrisiken aufmerksam machen müssen, insbesondere darauf, dass die Werthaltigkeit des Fonds wegen der hohen Innenprovisionen zumindest in Frage zu stellen ist. Dies ist jedoch unstreitig nicht geschehen. Damit hat die Beklagte sehenden Auges den Beteiligungsschein des Klägers weitergeleitet, obwohl dieser - für sie erkennbar - mit wesentlichen Risiken der Beteiligung nicht vertraut war.

Die von der Beklagten vorgelegte Gegenauffassung trägt nicht: Grundsätzlich schuldet der Vermittler vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anleger von besonderer Bedeutung sind (vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 280 Rn. 52 m. w. N.). Soweit er diese Aufklärung nicht mündlich erteilt, kann mittels rechtzeitiger Übergabe eines vollständigen und inhaltlich richtigen Prospekts der Informationsverschaffungspflicht Seitens des Vermittlers Genüge getan werden(BGH, Az.: III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692, Rz. 9). Es dürfte in der Rechtsprechung einheitliche Maßgabe sein, dass die Übergabe eines Prospekts bloß einen Tag vor Zeichnung nicht als rechtzeitig zu qualifizieren ist. Soweit daher das LG Frankfurt a. M. in seinem unveröffentlichten Urteil vom 08.05.2014 (Az. 2-05 O 423/13, im Auszug vorgelegt als Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.07.2014) ausführt, dass der Anleger „zu erkennen [gebe], dass er sich mit den ihm überlassenen Unterlagen hinreichend hat auseinandersetzen können und keine weitere Zeit mehr [benötige]“, konstruiert es einen konkludenten Verzicht auf Aufklärung und Information (ähnlich OLG Frankfurt a.M., Az. 19 U 293/10, BeckRS 2011, 17456, obiterdictum; zustimmend LG Dortmund, Az. 3 O 218/13, BeckRS 2014, 14354; LG Darmstadt, Az. 1 O 246/11, BeckRS 2013, 08009). Eine solche konkludente Verzichtserklärung kann jedenfalls nicht in Fällen angenommen werden, in denen der Zeichnungsschein (wie hier) schon einen Tag nach Erhalt des Prospekts, der - wie der Vermittler weiß - die einzige Informationsquelle zu bestimmten Risiken darstellt, unterzeichnet wird. Die Annahme eines solchen Verzichts widerspräche bereits der gesetzgeberischen Wertung des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG. Insofern unterscheidet sich der streitgegenständliche Sachverhalt auch entscheidend von demjenigen, der dem Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Az. 10 O 9207/12, im Auszug vorgelegt als Anlage B3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.07.2014) zugrunde lag. Dort erfolgte die Zusendung des Prospekts am 08.12, die Zeichnung hingegen erst am 15.12.

3. Das Verschulden der Beklagten wird vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).

Die Aufklärungspflichtverletzung war auch kausal für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte (vgl. nur BGH NJW 2011, 1949, 1953) Diese so genannte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters/-vermittlers (BGH a. a. O.; Palandt-Grüneberg, a. a. O., § 280, Rn. 39). Es handelt sich hierbei um eine echte Beweislastumkehr (BGH NJW 2012, 2427). Ein entsprechender Vortrag erfolgte Seitens der Beklagten nicht.

4. Die klägerischen Ansprüche sind nicht verjährt. Schadensersatzansprüche verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Der Beginn der Verjährungsfrist richtet sich nach § 199 Abs. 1 BGB. Danach beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (st.Rspr., vgl. nur BGH, NJW 2007, 830, 833; 2008, 2576, 2578).Lässt sich ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Beratungsfehler stützen, beginnt die kenntnisabhängige Verjährungsfrist für jeden Beratungsfehler gesondert zu laufen (BGH NJW 2008, 506).

Im Hinblick auf die ursprüngliche Beteiligung in Höhe von 15.000,- € am 15.09.2005 wurden klägerseits keine verjährungshemmenden Umstände dargelegt. Die Übersendung eines Protokolls einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung im Jahre 2009 ist von vornherein nicht geeignet gewesen, Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Klägers vom Vorliegen bedenklicher Innenprovisionen auszulösen. Der Kläger war auch nicht gehalten, den verspätet zugesandten Emissionsprospekt zu lesen. Höchstrichterlich wurde insofern durch den BGH entschieden, dass der Umstand, dass der Anlegerinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat für sich allein nicht genügt, um eine grob fahrlässige Unkenntnis von einem Beratungsfehler zu begründen (BGH NJW 2010, 3292, 3295). Kürzlich hat der BGH nochmals betont, dass der Anleger lediglich einen rechtzeitig übergebenen Prospekt im eigenen Interesse sorgfältig und eingehend durchlesen muss (BGH, Az. XI ZR 188/11, BeckRS 2013, 10912, Rz. 30).

Verjährung ist auch nicht eingetreten im Hinblick auf die weiteren Beteiligungen des Klägers am Schiffsfonds in den Jahren 2010 und 2011. Zwar lag dem Kläger zu diesem Zeitpunkt der Emissionsprospekt bereits seit langem vor. Insoweit hat der BGH in seinem Urteil vom 04.06.2013 (Az.: Az. XI ZR 188/11, BeckRS 2013, 10912, Rz. 30) zwar zunächst ausgeführt, dass es grds. zulasten des Anlegers gehe, wenn er von der Bank ordnungsgemäß mittels Übergabe eines fehlerfreien Prospektes aufgeklärt worden sei, er diese Informationen jedoch nicht zur Kenntnis nehme. Dies gelte allerdings nur in Bezug auf die konkrete Anlageentscheidung, die die Prospektübergabe vorbereiten solle. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall. Die Prospektübersendung diente der Information des Klägers bei seiner Anlageentscheidung im Jahr 2005 und nicht für weitere - damals überhaupt nicht vorhersehbare - Entscheidungen in den Jahren 2010 und 2011.

5. Der Kläger ist wegen der Verletzung der Aufklärungspflichten so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn er der Gesellschaft nicht beigetreten wäre.

a. In diesem Falle sind ihm von der Beklagten die Beteiligungssummen zuzüglich Agio mithin 18.450,00 Euro Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte des Klägers im Zusammenhang mit der Beteiligung am streitgegenständlichen Fonds zu ersetzen.

b. Eine Verzinsung ist erst seit Rechtshängigkeit auszusprechen (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB).

Entgangene Alternativanlagezinsen waren dem Kläger hingegen nicht zuzusprechen: Um den konkreten Schaden geltend zu machen, muss der Geschädigte nach der Rechtsprechung darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Anlage er erworben und welchen Gewinn er daraus erzielt hätte. Insoweit gelten keine Darlegungs- und Beweiserleichterungen (vgl. nur BGH NJW 2012, 2427, Rz. 67 m. w. N.).

Vorliegend fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag, welche konkrete Anlageform der Kläger wann und zu welchen Konditionen erworben hätte. Der pauschale Verweis auf Umlaufrenditen der öffentlichen Hand genügt insofern nicht.

Die Klage war daher im Übrigen abzuweisen.

c. Der Feststellungsantrag war umfänglich zuzusprechen. Insoweit wurde vom Kläger vorgetragen, dass das Finanzamt eine Forderung, welche sich aus der in § 5a EStG geregelten Besteuerung des anteiligen Unterschiedsbetrags ergeben könnte, noch geltend machen könnte.

d. Der Klagepartei war lediglich eine 1,3-fache Geschäftsgebühr zuzusprechen. Die Erhöhung der 1,3-fachen Regelvergütung auf eine 1,5-fache Gebühr wurde klägerseits nicht begründet und ist für das Gericht auch nicht ersichtlich. Die Erhöhung unterliegt der gerichtlichen Überprüfung (BGH NJW-RR 2013, 1020; 2012, 2813).

Die Gebühren berechnensich wie folgt:

Gegenstandswert: 18.450,00 €

(§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO)

1,3 Geschäftsgebühr (§§ 2, 13 RVG i. V. m. Nr. 2300 VV RVG)787,80 €

Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen im erstinstanzlichen Verf. Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

Rechtsanwaltsgebühren netto807,80 €

Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)153,48 €

Rechtsanwaltsgebühren brutto961,28 €

Die Klage war im Übrigen abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Zwar wirkt die Geltendmachung von entgangenen Alternativzinsen nicht streitwerterhöhend (BGH NJW 2012, 2446). Allerdings war ein fiktiver Streitwert zu bilden, da die geltend gemachten Zinsen von 3,00% einen Betrag von 5.153,07 Euro und damit mehr als 10% der Klageforderung ausmachen (Zöller-Herget, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 92, Rn. 10 f.).

Die Klagepartei obsiegte mit 18.450,00 €, der fiktive Streitwert lag bei (18.450,- + 5.153,07 € =) 23.603,07 €. Die Quote liegt damit - wie tenoriert - bei 78% zu 22%.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und Satz 2, 711 ZPO.

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZR 191/10 vom 24. August 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 321a BGB § 280 Zur erfolglosen Gehörsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011. BGH, Beschluss

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2007 - III ZR 145/06

bei uns veröffentlicht am 12.07.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 145/06 Verkündet am: 12. Juli 2007 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 675 Abs. 2

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Feb. 2004 - III ZR 359/02

bei uns veröffentlicht am 12.02.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 359/02 Verkündet am: 12. Februar 2004 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 675 Abs

Landgericht Dortmund Urteil, 11. Juli 2014 - 3 O 218/13

bei uns veröffentlicht am 11.07.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen der Kläger zu 1) 96 % und die Klägerin zu 2) 4 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen der Kläger zu 1) 91 %

Referenzen

(1)1Anstelle der Ermittlung des Gewinns nach § 4 Absatz 1 oder § 5 ist bei einem Gewerbebetrieb mit Geschäftsleitung im Inland der Gewinn, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen nach der in seinem Betrieb geführten Tonnage zu ermitteln, wenn die Bereederung dieser Handelsschiffe im Inland durchgeführt wird.2Der im Wirtschaftsjahr erzielte Gewinn beträgt pro Tag des Betriebs für jedes im internationalen Verkehr betriebene Handelsschiff für jeweils volle 100 Nettotonnen (Nettoraumzahl)

0,92 Eurobei einer Tonnage bis zu 1 000 Nettotonnen,
0,69 Eurofür die 1 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage bis zu 10 000 Nettotonnen,
0,46 Eurofür die 10 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage bis zu 25 000 Nettotonnen,
0,23 Eurofür die 25 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage.

(2)1Handelsschiffe werden im internationalen Verkehr betrieben, wenn eigene oder gecharterte Seeschiffe, die im Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind, in diesem Wirtschaftsjahr überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See eingesetzt werden.2Zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr gehören auch ihre Vercharterung, wenn sie vom Vercharterer ausgerüstet worden sind, und die unmittelbar mit ihrem Einsatz oder ihrer Vercharterung zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte einschließlich der Veräußerung der Handelsschiffe und der unmittelbar ihrem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter.3Der Einsatz und die Vercharterung von gecharterten Handelsschiffen gilt nur dann als Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, wenn gleichzeitig eigene oder ausgerüstete Handelsschiffe im internationalen Verkehr betrieben werden.4Sind gecharterte Handelsschiffe nicht in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen, gilt Satz 3 unter der weiteren Voraussetzung, dass im Wirtschaftsjahr die Nettotonnage der gecharterten Handelsschiffe das Dreifache der nach den Sätzen 1 und 2 im internationalen Verkehr betriebenen Handelsschiffe nicht übersteigt; für die Berechnung der Nettotonnage sind jeweils die Nettotonnen pro Schiff mit der Anzahl der Betriebstage nach Absatz 1 zu vervielfältigen.5Dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr ist gleichgestellt, wenn Seeschiffe, die im Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind, in diesem Wirtschaftsjahr überwiegend außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zum Schleppen, Bergen oder zur Aufsuchung von Bodenschätzen eingesetzt werden; die Sätze 2 bis 4 sind sinngemäß anzuwenden.

(3)1Der Antrag auf Anwendung der Gewinnermittlung nach Absatz 1 ist im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des Handelsschiffs (Indienststellung) mit Wirkung ab Beginn dieses Wirtschaftsjahres zu stellen.2Vor Indienststellung des Handelsschiffs durch den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erwirtschaftete Gewinne sind in diesem Fall nicht zu besteuern; Verluste sind weder ausgleichsfähig noch verrechenbar.3Bereits erlassene Steuerbescheide sind insoweit zu ändern.4Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem der Gewinn erstmals nach Absatz 1 ermittelt wird.5Wird der Antrag auf Anwendung der Gewinnermittlung nach Absatz 1 nicht nach Satz 1 im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des Handelsschiffs (Indienststellung) gestellt, kann er erstmals in dem Wirtschaftsjahr gestellt werden, das jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren, vom Beginn des Jahres der Indienststellung gerechnet, endet.6Die Sätze 2 bis 4 sind insoweit nicht anwendbar.7Der Steuerpflichtige ist an die Gewinnermittlung nach Absatz 1 vom Beginn des Wirtschaftsjahres an, in dem er den Antrag stellt, zehn Jahre gebunden.8Nach Ablauf dieses Zeitraumes kann er den Antrag mit Wirkung für den Beginn jedes folgenden Wirtschaftsjahres bis zum Ende des Jahres unwiderruflich zurücknehmen.9An die Gewinnermittlung nach allgemeinen Vorschriften ist der Steuerpflichtige ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem er den Antrag zurücknimmt, zehn Jahre gebunden.

(4)1Zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung des Absatzes 1 vorangeht (Übergangsjahr), ist für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen.2Der Unterschiedsbetrag ist gesondert und bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 einheitlich festzustellen.3Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist dem Gewinn hinzuzurechnen:

1.
in den dem letzten Jahr der Anwendung des Absatzes 1 folgenden fünf Wirtschaftsjahren jeweils in Höhe von mindestens einem Fünftel,
2.
in dem Jahr, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder in dem es nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient,
3.
in dem Jahr des Ausscheidens eines Mitunternehmers hinsichtlich des auf ihn entfallenden Unterschiedsbetrags; mindert sich die Beteiligung des Mitunternehmers, ohne dass er aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet, erfolgt eine Hinzurechnung entsprechend der Minderung der Beteiligung.
4Satz 3 Nummer 3 gilt auch in den Fällen der §§ 20 und 24 des Umwandlungssteuergesetzes.5Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb auf einen Rechtsnachfolger zum Buchwert nach § 6 Absatz 3 übertragen, geht der Unterschiedsbetrag insoweit auf den Rechtsnachfolger über.6§ 182 Absatz 2 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.7Die Sätze 1 bis 6 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zuführt.

(4a)1Bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 tritt für die Zwecke dieser Vorschrift an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft.2Der nach Absatz 1 ermittelte Gewinn ist den Gesellschaftern entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen zuzurechnen.3Vergütungen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 sind hinzuzurechnen.

(5)1Gewinne nach Absatz 1 umfassen auch Einkünfte nach § 16.2§§ 34, 34c Absatz 1 bis 3 und § 35 sind nicht anzuwenden.3Rücklagen nach den §§ 6b und 6d sind beim Übergang zur Gewinnermittlung nach Absatz 1 dem Gewinn im Erstjahr hinzuzurechnen; bis zum Übergang in Anspruch genommene Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Absatz 1 sind nach Maßgabe des § 7g Absatz 3 rückgängig zu machen.4Für die Anwendung des § 15a ist der nach § 4 Absatz 1 oder § 5 ermittelte Gewinn zugrunde zu legen.

(6)1In der Bilanz zum Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem Absatz 1 letztmalig angewendet wird, ist für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Teilwert anzusetzen.2Für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens sind den weiteren Absetzungen für Abnutzung unverändert die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet.

(1a) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen, und sie zu keinem anderen Zweck verarbeitet.

(2) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 auf folgende Verträge anzuwenden:

1.
notariell beurkundete Verträge
a)
über Finanzdienstleistungen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden,
b)
die keine Verträge über Finanzdienstleistungen sind; für Verträge, für die das Gesetz die notarielle Beurkundung des Vertrags oder einer Vertragserklärung nicht vorschreibt, gilt dies nur, wenn der Notar darüber belehrt, dass die Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 und das Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 entfallen,
2.
Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken,
3.
Verbraucherbauverträge nach § 650i Absatz 1,
4.
(weggefallen)
5.
(weggefallen)
6.
Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme nach den §§ 481 bis 481b,
7.
Behandlungsverträge nach § 630a,
8.
Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden,
9.
Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden,
10.
Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden,
11.
Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Telefaxverbindung,
12.
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet, und
13.
Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen.

(3) Auf Verträge über soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung oder Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege, sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur folgende anzuwenden:

1.
die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge nach den §§ 312b und 312c,
2.
§ 312a Absatz 1 über die Pflicht zur Offenlegung bei Telefonanrufen,
3.
§ 312a Absatz 3 über die Wirksamkeit der Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung gerichtet ist,
4.
§ 312a Absatz 4 über die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung von Zahlungsmitteln,
5.
§ 312a Absatz 6,
6.
§ 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht und
7.
§ 312g über das Widerrufsrecht.

(4) Auf Verträge über die Vermietung von Wohnraum sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur die in Absatz 3 Nummer 1 bis 7 genannten Bestimmungen anzuwenden. Die in Absatz 3 Nummer 1, 6 und 7 genannten Bestimmungen sind jedoch nicht auf die Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat.

(5) Bei Vertragsverhältnissen über Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung (Finanzdienstleistungen), die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinanderfolgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge gleicher Art umfassen, sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur auf die erste Vereinbarung anzuwenden. § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 ist daneben auf jeden Vorgang anzuwenden. Wenn die in Satz 1 genannten Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinanderfolgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 3.

(6) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist auf Verträge über Versicherungen sowie auf Verträge über deren Vermittlung nur § 312a Absatz 3, 4 und 6 anzuwenden.

(7) Auf Pauschalreiseverträge nach den §§ 651a und 651c sind von den Vorschriften dieses Untertitels nur § 312a Absatz 3 bis 6, die §§ 312i, 312j Absatz 2 bis 5 und § 312m anzuwenden; diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Reisende kein Verbraucher ist. Ist der Reisende ein Verbraucher, ist auf Pauschalreiseverträge nach § 651a, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, auch § 312g Absatz 1 anzuwenden, es sei denn, die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschluss beruht, sind auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden.

(8) Auf Verträge über die Beförderung von Personen ist von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur § 312a Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 359/02
Verkündet am:
12. Februar 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Frage der Verpflichtung des Vermittlers einer prospektierten Kapitalanlage
zur Offenlegung von an ihn für den Vertrieb gezahlten "Innenprovisionen".
BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dörr, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. September 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärungen vom 1. Dezember 1996 und vom 13. Juni 1997 Beteiligungen als Kommanditist mit Beträgen von jeweils 80.000 DM plus 5 % Agio an der D. , Grundstücks- und Verwaltungs GmbH & Co. P. -A. /W. -G. 1 KG ("Grundrenditefonds P. -A. und W. -G. 1"; im folgenden: W.
1) und an der D. Grundstücks-EntwicklungsGmbH & Co. W. -G. 2 KG ("Grundrenditefonds W. -G. 2/Galerie
R. Straße"; im folgenden: W. 2). Diese Kapitalanlagen waren dem Kläger durch die Beklagte unter Verwendung der von den Objektgesellschaften herausgegebenen Prospekte vermittelt worden.
Der Kläger behauptet, beide Immobilienfonds befänden sich in einer katastrophalen wirtschaftlichen Lage, da die tatsächlichen Mieteinnahmen für die Gewerbeeinheiten in erheblichem Umfang hinter den zugesagten Mieten zurückgeblieben seien. Er verlangt von der Beklagten Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligungen entstandenen Aufwendungen, Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen, wobei er sich auf den geltend gemachten Schaden Ausschüttungen von insgesamt 5.600 DM anrechnen läßt. Die Haftung der Beklagten leitet der Kläger aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung - mit der Behauptung, die Prospekte für die beiden Immobilienfonds seien in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft gewesen - und daraus her, daß die Beklagte ihm gegenüber (vor-)vertragliche Aufklärungspflichten verletzt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen, "soweit der Kläger seinen vermeintlichen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Beteiligung an W. 1 auf die nicht erfolgte Aufklärung über die an die Beklagte gezahlte weitere Provision stützt". Soweit sie nicht bereits durch das Berufungsgericht zugelassen worden ist, hat der Senat die Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Die Revision rügt als Verfahrensfehler, das Berufungsgericht hätte nicht, wie geschehen, eine Entscheidung nach Lage der Akten (§§ 331a, 251a Abs. 2 ZPO) treffen dürfen. Darin liege ein Verstoß gegen § 285 Abs. 2 ZPO, weil das Berufungsgericht nach der Vernehmung von Zeugen durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin im darauf anberaumten Verhandlungstermin den Parteien keine Gelegenheit gegeben habe, "das Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der Beweisverhandlungen vorzutragen".
Diese Rüge ist unbegründet. Im Streitfall haben beide Parteien nach der Zeugenvernehmung durch die - aufgrund einer vorausgegangenen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - beauftragte Richterin des Berufungsgerichts zu dem Beweisergebnis schriftlich Stellung genommen. Im anschließenden Verhandlungstermin vor dem Senat des Oberlandesgerichts hat der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärt, er werde keinen Antrag stellen. Daraufhin hat das Berufungsgericht, wie von den Beklagten beantragt, nach Lage der Akten entschieden. Dazu war es entgegen der Auffassung der Revision berechtigt; § 285 Abs. 2 ZPO stand nicht entgegen. Wie der Bundesgerichtshof bereits ausgesprochen hat (BGHZ 63, 94, 95), erfordert diese Vorschrift nicht eine Wiederholung bereits gestellter Anträge (durch die auf schrift-
sätzliches Vorbringen zur Beweisaufnahme hätte Bezug genommen werden können, § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Sie soll nur gewährleisten, daß den Parteien Gelegenheit gegeben wird, über das Ergebnis der Beweisaufnahme unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln (BGHZ aaO). Hatten die Parteien diese Gelegenheit, so ist, wenn eine Partei sich freiwillig durch ihre Säumnis oder das Nichtverhandeln ihres Anwalts der Verhandlungsmöglichkeit begeben hat, auch ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan (Stein/ Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 285 Rn. 9).

II.


Das Berufungsgericht verneint eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im engeren Sinne, weil die Beklagte nur für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zuständig gewesen sei und nicht zu dem von der Rechtsprechung in Betracht gezogenen Kreis der Prospektverantwortlichen gehört habe. Eine vom Kläger behauptete Mitwirkung der Beklagten an den Prospekten sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen , auch nicht, daß die Beklagte Einfluß auf die Konzeptionierung der Anlagefonds genommen habe. Auch ein Einfluß der Beklagten auf die Zusammensetzung des für die Fonds verantwortlichen Personenkreises, etwa die Benennung des Treuhänders, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen. Schließlich ergebe sich eine maßgebliche Einflußnahme der Beklagten auf das gesamte Projekt nicht daraus, daß die Beklagte die einzige Vertriebsfirma gewesen wäre, die für einen Vertrieb der Objekte in Frage gekommen wäre.
Das Berufungsgericht lehnt auch eine Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen eines ihr zur Last fallenden Verschuldens als Anlageberater oder -vermittler ab. In diesem Zusammenhang würdigt das Berufungsgericht die Tätigkeit der Beklagten als die eines Anlagevermittlers, nicht eines Anlageberaters: Die Beklagte sei schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht als unabhängige Beraterin aufgetreten, sondern als Werberin für das zu vermittelnde Kommanditkapital der Fondsgesellschaften. Insbesondere die Tatsache, daß die Beklagte das unternehmerische Konzept der Gewerbezentren nicht selbständig bewertet, sondern auch nach dem Vortrag des Klägers insoweit allein auf den Prospekt verwiesen und nur zu den steuerlichen Fragen ein Votum abgegeben habe, zeige, daß sie nur die Rolle der Anlagevermittlerin habe übernehmen wollen und dies den Anlegern auch deutlich gemacht habe.
Ihren Verpflichtungen als Anlagevermittlerin, so das Berufungsgericht weiter, sei die Beklagte nachgekommen. Weder sei der Beklagten anzulasten, daß sie fehlerhafte und unklare Prospekte verwendet, noch daß sie eine Plausibilitätsprüfung der Prospekte unterlassen habe. Die Emissionsprospekte für W. 1 und W. 2 erfüllten die in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen hinsichtlich Klarheit und Wahrheit. Auch die Verflechtung der Projektentwicklungsfirmen werde zutreffend offengelegt. Eine Verpflichtung, die Bonität der Mieter der Gewerbezentren zu prüfen, habe die Beklagte als Anlagevermittlerin nicht getroffen. Anhaltspunkte dafür, daß es zum damaligen Zeitpunkt Kenntnisse über betrügerisches Verhalten von Beteiligten gegeben habe, seien nicht ersichtlich. Darauf, ob die Mietgarantien im Zeitpunkt der Prospektherausgabe schon vertraglich eingeräumt worden waren und eine Bankbürgschaft in der prospektierten Höhe schon vorlag, komme es nicht an.
Die Beklagte habe sich die darauf bezogenen Verträge so lange nicht vorlegen zu lassen brauchen, als keine vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in den Prospekten aufgetreten seien.
Schließlich meint das Berufungsgericht, eine Haftung der Beklagten komme auch nicht deswegen in Betracht, weil sie den Kläger nicht über an sie gezahlte Innenprovisionen aufgeklärt habe. Eine Aufklärung über den Erhalt von Innenprovisionen sei nicht in jedem Fall geboten. Gegen eine grundsätzliche Aufklärungspflicht spreche, daß die Gefahr, verdeckte Kosten zu Lasten der Anleger dem eingezahlten Kapital zu entnehmen oder in anderen Posten zu verstecken, z.B. in überteuerten Grundstückspreisen, in erster Linie dann bestehe, wenn die Gesellschaften, zu deren Gunsten die Provisionen gezahlt würden, mit der Initiatorenseite wirtschaftlich, kapitalmäßig und persönlich verflochten seien und insoweit eine Interessenkollision zu Lasten der Anleger bestehe. Gebe es eine solche Verflechtung nicht, könne zwar nicht ausgeschlossen werden, daß die Provision zahlende Verkäuferin der Grundstücke diese Kosten bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt habe. Da der Kaufpreis den potentiellen Anlegern jedoch durch den Prospekt bekannt werde, seien sie über die anfallenden Kosten aufgeklärt und es bestehe die Möglichkeit zu prüfen, ob diese Kosten überteuert seien oder nicht. Überdies sei im Prospekt für W. 2 darauf hingewiesen worden, daß die Beklagte von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren eine weitere Vergütung (Werbekostenzuschuß) erhalte; die Anleger seien also darüber aufgeklärt worden , daß eine Innenprovision gezahlt werde. Die Aufklärung über die Höhe sei schon deswegen nicht erforderlich gewesen, weil es jedem Anleger unbenommen gewesen wäre, wegen der Tatsache, daß eine Innenprovision gezahlt wird, von einer Beteiligung abzusehen. Bei W. 1 fehle ein solcher Hinweis
zum Punkt Eigenkapitalbeschaffung. Dies sei indessen insoweit zutreffend, als die Beklagte bei diesem Fonds nicht von der Beteiligungsgesellschaft mit dem Vertrieb beauftragt worden sei, sondern die Beteiligungsgesellschaft die Firma D. P. -, E. - und M. AG mit der Beschaffung des fehlenden Gesellschaftskapitals betraut habe, die ihrerseits die Beklagte mit dem Vertrieb beauftragt habe. Die D. P. -, E. - und M. AG habe jedoch keine Vergütung erhalten, die über die im Pro- spekt genannte Vergütung hinausgehe, "sondern die an die Beklagte über ihren Anteil hinausgehenden 5 % Provision" unbestritten "aus ihrer Gewinnmarge bei der Veräußerung der Grundstücke gezahlt". Auch im Hinblick darauf, daß deswegen eine Überteuerung der Grundstücke nicht ersichtlich sei, sei eine Aufklärung im Prospekt nicht geboten gewesen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn (vgl. Siol DRiZ 2003, 204), wie sie an sich auch für Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds der vorliegenden Art in Betracht zu ziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130), hier nicht als gegeben angesehen hat, weil die Beklagte nicht zu den Prospektverantwortlichen der Anlagemodelle W. 1 und W. 2 gehörte.

a) Für den Prospektinhalt müssen in erster Linie diejenigen einstehen, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Das sind namentlich die Initiatoren, Gründer und
Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie beherrschen (BGHZ 71, 284, 287 ff; Siol aaO S. 207), einschließlich der sogenannten "Hintermänner" (BGHZ 72, 382, 387; 79, 337, 340; 83, 222, 224; 115, 213, 217 f; 145, 121, 127). Darüber hinaus haften auch diejenigen, die aufgrund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Erscheinung getreten sind (BGHZ 77, 172, 176 f; 111, 314, 319 f; BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 883; Siol aaO S. 207).
Vorliegend erschöpfte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Mitwirkung der Beklagten an W. 1 und W. 2 in der Übernahme des Vertriebs. Eine weitergehende verantwortliche Mitwirkung im Sinne einer Mitgestaltung der Anlagemodelle oder der (Mit-)Verantwortlichkeit für die Prospekte hat es aufgrund seiner Beweisaufnahme nicht festzustellen vermocht.

b) Die Rügen, die die Revision gegen diese Würdigung, die weitgehend im tatrichterlichen Bereich liegt und daher als solche im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden kann, erhebt, sind unbegründet.
aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den Hinweis des Klägers darauf übergangen, daß die Beklagte selbst "keinen Schöpfer der Prospekte" benennen könne, der mit eigenen gedanklichen Leistungen die Prospekte verfaßt habe. Indessen führt dieses Vorbringen - ebenso wie das weitere Vorbringen der Revision, bei den vorliegenden Anlagen habe "die Trennung von Initiatoren und Vertrieb nicht mehr der Praxis entsprochen" - mangels weiterer konkreter Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu dem Schluß, die
Beklagte gehöre neben dem in den Prospekten genannten Prospektherausgeber und den weiteren nach dem Inhalt der Prospekte als Initiatoren in Betracht zu ziehenden Personen zu den Initiatoren oder den sonst Prospektverantwortlichen. Die Übernahme des Vertriebs begründet für sich nicht die Verantwortlichkeit für den dabei verwendeten Prospekt nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn.
bb) Es ist entgegen der Revision auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht daraus, daß bestimmte Formulierungen im Prospekt (für W.
2) darauf abzielen, (auch) den Vertrieb "aus der Haftung zu nehmen", keine Schlüsse in Richtung darauf gezogen hat, hier sei die Vertreibergesellschaft selbst auch Mitherausgeberin des Prospekts gewesen.
2. Folgerichtig hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten, soweit sie die in Rede stehenden Vermögensanlagen (Fondsbeteiligungen) unter Verwendung von Prospekten vertrieben hat, nur nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinn (vgl. BGHZ 83, 222, 227; Siol aaO S. 204), also nur unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß bzw. wegen einer ihr zur Last fallenden Pflichtverletzung als Anlageberater oder Anlagevermittler in Betracht gezogen.

a) Hierbei hat das Berufungsgericht die von der Beklagten bei dem Vertrieb der Anlagen entwickelte Tätigkeit gegenüber dem Kläger rechtsfehlerfrei als Anlagevermittlung, nicht als Anlageberatung, eingeordnet.
aa) Das Berufungsgericht hat die für die Abgrenzung maßgeblichen Merkmale (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993,
1114 f; fortgeführt mit Urteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998) zutreffend erkannt und tatrichterlich einwandfrei umgesetzt.
bb) Soweit die Revision rügt, diese Einordnung widerspreche der Lebenserfahrung , versucht sie nur in unzulässiger Weise, ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Einen Erfahrungssatz, wonach der Vertrieb von "Fondskonzepten" stets als "Beratung" erfolgt, wie die Revision meint, gibt es nicht. Es mag allerdings sein, daß die Vertriebsunternehmen ihren Außendienstmitarbeitern empfehlen, sich gegenüber ihrem Kundenkreis als Berater zu gerieren, um ihr Produkt besser "verkaufen" zu können. Das ändert aber grundsätzlich nichts daran, daß sich bei einer objektiven Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände der Werbung des Kunden der betreffende Vorgang in der Vermittlung der Vermögensanlage erschöpfen kann, auch wenn - je nach Sachlage - der Vermittler selbst im Rahmen des Vermittlungsvorgangs dem Kunden nähere Hinweise und Informationen, etwa über steuerliche Aspekte, gibt.

b) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß der Anlagevermittler im Rahmen des zwischen ihm und dem Anlageinteressenten stillschweigend zustande gekommenen Vertrags auf Auskunftserteilung zu richtiger und vollständiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet ist, die für den Anlageinteressenten von besonderer Bedeutung sind. Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospekts, so muß er, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen , im Rahmen der geschuldeten "Plausibilitätsprüfung" (Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO) den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die
darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind.

c) Soweit das Berufungsgericht meint, der Beklagten seien keine Verstöße gegen ihre (vor-)vertraglichen Aufklärungspflichten als Anlagevermittlerin vorzuwerfen, begegnet dies jedoch, wie die Revision mit Recht rügt, durchgreifenden rechtlichen Bedenken in bezug auf die von der Beklagten vereinnahmten Innenprovisionen, die in den Prospekten nicht hinreichend ausgewiesen waren.
aa) Es ist im Revisionsverfahren bezüglich der Innenprovisionen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
(1) Nach dem Investitionsplan für W. 1 sollte der Gesamtaufwand für diese Anlage 62.845.301 DM betragen. Hiervon waren 27 Mio. DM zuzüglich 5 % Agio als zusätzliches Eigenkapital (Kommanditkapital) für die Objektgesellschaft von den Anlegern zu beschaffen.
Der Prospekt für W. 1 enthielt einen Hinweis darauf, daß die Objektgesellschaft ("Beteiligungsfirma") die D. P. -, E. - und M. AG, welche laut Prospekt als Generalübernehmer der Baumaßnahme fungierte, mit der Beschaffung des Eigenkapitals beauftragt hatte oder beauftragen werde. Ein Preis (Provisionshöhe) wurde hier nicht genannt. Das Berufungsgericht geht allerdings nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen im Anschluß an den Vortrag der Beklagten von einer "im Prospekt genannten" Vergütung von 20 % aus, wobei es ersichtlich die prospektierten Angaben (im Investitionsplan, Anlage I zum Gesellschaftsvertrag) über Kosten der Eigen-
kapitalbeschaffung (4,032 Mio. DM = ca. 15 % von 27 Mio. DM) und Agio (1,344 Mio. DM = ca. 5 % von 27 Mio DM) in den Blick genommen hat. Die Revision des Klägers bringt hiergegen für sich keine Rügen an.
Die Beklagte hat nach eigenem Vortrag jedoch insgesamt 25 % erhalten, und zwar weitere 5 % (= 1,35 Mio. DM) aufgrund des von der D. P. -, E. - und M. AG an sie weitergegebenen Auftrags aus deren "Gewinn"; letzteres war nach dem Sinn und Zweck dieser Zahlungen ebenfalls eine (weitere) Innenprovision.
Diese weitere Innenprovision wurde im Prospekt nicht ausgewiesen.
(2) Bezüglich W. 2, bei dem der prospektierte Gesamtaufwand 37.920.000 DM betragen sollte, wovon 19.200.000 DM (ohne Agio) als zusätzliches Eigenkapital (Kommanditkapital) für die Objektgesellschaft von den Anlegern aufzubringen waren, enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen über den Umfang der an die Beklagte als Vertriebsfirma insgesamt gezahlten (Innen-)Provisionen. Das waren zunächst einmal die im Prospekt als solche ausgewiesenen 11 % von 27 Mio. DM (5 % Agio und weitere 6 % des vermittelten Kommanditkapitals). Der Kläger hat im Berufungsverfahren weitere Zahlungen an die Beklagte, insbesondere seitens der Veräußerer der Galerie R. Straße (A. Immobilien- und Vermögensverwaltung AG) und der W. -Galerie 2 (D. P. -, E. - und M. AG), in Höhe von ca. 14 % behauptet; die Beklagte, die in den Tatsacheninstanzen diesem Vorbringen nicht entgegengetreten ist, legt in ihrer Revisionserwiderung denselben Betrag zugrunde. Revisionsrechtlich ist also davon auszugehen , daß die Beklagte weitere 14 %, insgesamt also 25 %, bezogen auf das
von ihr beschaffte Kommanditkapital von 19.200.000 DM, an Innenprovisionen erhalten hat.
Hiervon deckte der Prospekt über die bereits genannten 11 % hinaus nur auf, daß die Vermittlungsgesellschaft eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuß ) ... von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren ... erhält ...", ohne jedoch weitere Beträge zu nennen.
bb) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Vergütungen, die der Veräußerer an eine von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft zahlt (sog. Innenprovision), in einem Prospekt ausgewiesen werden müssen, ist höchstrichterlich nicht geklärt und im Schrifttum sowie in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstritten (vgl. zum Meinungsstand die Hinweise in dem Urteil BGHZ 145, 121, 129; außerdem Gallandi WM 2000, 279; Kiethe NZG 2001, 107; Rohlfing MDR 2002, 738; Schirp/Mosgo BKR 2002, 354). In den Urteilen BGHZ 145, 121 und vom 13. November 2003 - VII ZR 26/03 - NJW 2004, 288), die Bauträgermodelle betreffen, hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs diese Frage ausdrücklich offengelassen, ebenso der V. Zivilsenat für den Fall des Verkaufs von Eigentumswohnungen (Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02 - NJW 2003, 1811, 1812).
Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht eine Pflicht zur Ausweisung von Innenprovisionen bei dem Vertrieb von Anlagemodellen der Art, wie sie im Streitfall dem Publikum unter Verwendung von Prospekten angeboten wurden - also insbesondere auch von geschlossenen Immobilienfonds -, zwar nicht in jedem Fall, wohl aber ab einer gewissen Größenordnung derartiger Provisionen. Unabhängig von der Gesamthöhe der Innenprovisionen müs-
sen im Prospekt diesbezügliche Angaben zutreffend sein; eine Irreführungsgefahr darf nicht bestehen.
(1) Insbesondere bei einer aus Immobilien bestehenden Vermögensanlage können sich aus der Existenz und der Höhe solcher Innenprovisionen - die als solche nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen - Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Anlage ergeben. Dies gilt für den Fall, daß, wie hier, Kapitalanleger sich an einer Immobiliengesellschaft beteiligen, nicht nur in bezug auf Provisionszahlungen der Objektgesellschaft an die Vertriebsfirma als Teil des "Gesamtaufwands" , sondern auch in bezug auf Provisionszahlungen eines in das Anlagemodell einbezogenen Unternehmens, das seinerseits das betreffende Objekt (Grundstück und Bauvorhaben) an die Objektgesellschaft veräußert hat, zumal bei diesem Veräußerungsvorgang eine eigentliche geldwerte "Vermittlung" überhaupt nicht stattfindet.
Wie der Bundesgerichtshof für den Fall des Verkaufs einer (dort "gebrauchten" ) Immobilie ausgesprochen hat, begründet allerdings der Umstand, daß bei dem Käufer eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts entstehen kann, für sich selbst dann noch keine Offenbarungspflicht , wenn die Höhe der Provision(en) tatsächlich zu einem Kaufpreis führt, der den objektiven Wert der Immobilie - erheblich - übersteigt (BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02 - NJW 2003, 1811 f). Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers (zu diesem Fall vgl. BGHZ 146, 298, 301 ff) bleibt es vielmehr den Vertragsparteien überlassen, welchen Preis sie vereinbaren. Mithin besteht für den
Verkäufer grundsätzlich selbst dann keine Pflicht zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjektes, wenn dieser erheblich unter dem geforderten Preis liegt. Im Regelfall muß der Verkäufer auch den Käufer nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, daß sich sein künftiger Vertragspartner selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft (Urteil vom 14. März 2003 aaO m.w.N.; vgl. auch - für den Erwerb finanzierende Kreditinstitute - BGH, Urteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01 - NJW 2003, 424); unberührt bleiben Schadensersatzansprüche des Käufers für den Fall, daß der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben zur Rendite gemacht hat, die sich als unzutreffend erweisen, oder Schadensersatzansprüche aus einem besonderen Beratungsvertrag (Urteil vom 14. März 2003 aaO). Nichts anderes dürfte in der Regel in den Fällen gelten, in denen ein wesentlicher Teil des Anlageobjekts aus einem von dem Veräußerer (neu) zu errichtenden Bauwerk besteht. Es ist im Grundsatz Sache des Unternehmers, wie er den Preis für sein Werk kalkuliert, insbesondere auch, was er darin für den "Vertrieb" ansetzt. Umgekehrt muß auch der Erwerber einer noch zu bebauenden Immobilie immer damit rechnen, daß der ihm genannte Erwerbspreis einen gewissen Vertriebskostenanteil enthält.
(2) Der Aufklärungsbedarf für den Anlageinteressenten (Verbraucher) ist jedoch - jedenfalls zu diesem erörterten Punkt - typischerweise größer, wenn und soweit ihm das Anlage-"Modell" vom Anbieter oder vom Vertreiber mittels eines Prospekts vorgestellt wird.
Anlagemodelle wie etwa auch geschlossene Immobilienfonds sind dadurch gekennzeichnet, daß die Initiatoren, sogenannte Hintermänner und Pro-
spektherausgeber maßgeblichen Einfluß auf die Vorbereitung und Durchführung haben und mit den Prospektinformationen, für die sie verantwortlich sind, Vertrauen der Erwerber in Anspruch nehmen. Die zur Akquisition verwendeten Prospekte dienen dazu, dem Erwerber die für die Anlageentscheidung erforderlichen Informationen zu liefern, damit er die Anlage beurteilen und die Risiken einschätzen kann (vgl. BGHZ 77, 172, 176; 145, 121, 125). Solche Prospekte sind naturgemäß allgemein dahin ausgerichtet, die angebotenen Anlagen als (besonders) werthaltig und rentabel herauszustellen. Sie erwecken regelmäßig den Anschein, daß der Preis der Anlage - abgesehen von in den "Gesamtaufwand" mit hineingenommenen einzelnen Dienstleistungen, die häufig im wesentlichen auf Steuerersparnisse abzielen - jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Veräußerer für sie erbrachten sachlichen Leistungen steht. Das schließt nach dem nächstliegenden Verständnis durchschnittlicher Verbraucher normalerweise zugleich die Vorstellung aus, in dem "Gesamtaufwand" (Preis) könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den Veräußerer oder Vergütungen für den Vertreiber (letztere in Form von Innenprovisionen ) stecken, daß die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage von vornherein in Frage gestellt sein könnte.
Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des Umstandes, daß für den Anleger der Prospekt bei solchen Modellen oftmals die einzige oder jedenfalls die wichtigste Informationsquelle und damit die maßgebliche Grundlage für seine Anlageentscheidung ist (BGHZ 145, 121, 125) und daß dem Anleger eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Vorhaben kaum möglich ist, eine besondere Schutzwürdigkeit des Anlegers. Mit der Schutzwürdigkeit des Anlegers korrespondiert die Verpflichtung der Prospektverantwortlichen und derjenigen, die sich des Prospekts zum Vertrieb bedienen, im
Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten Auskunftserteilung sämtliche für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig darzustellen (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f).
(3) Zu den für die Anlageentscheidung des Anlegers "bedeutsamen" Umständen gehört es aber - im Hinblick auf die erörterte Verknüpfung mit der Werthaltigkeit des Objekts - auch, wenn in dem Gesamtaufwand für eine Immobilienanlage , die im Prospekt als rentables Renditeobjekt dargestellt wird, erheblich überdurchschnittliche Innenprovisionen stecken. Dabei mag allerdings die übliche Provisionshöhe für normale Maklerleistungen (etwa 3 bzw. 6 %; vgl. BGHZ 125, 135, 129) nicht unbedingt den für eine Übertragung auf den geschäftsmäßigen Vertrieb solcher Anlagemodelle geeigneten Vergleichsmaßstab darstellen. Nach einzelnen Hinweisen im Schrifttum sollen in diesem Bereich Innenprovisionen um 15 % als üblich gelten (Kiethe aaO S. 110; vgl. auch Schirp/Mosgo aaO S. 359). Selbst wenn dies zutreffen sollte, braucht jedoch der Verbraucher nicht ohne weiteres mit (internen) Vertriebskosten , die der Kapitalanlage nicht zugute kommen, in dieser Größenordnung zu rechnen.
cc) Der Senat ist der Auffassung, daß der Anleger über einen "Abfluß" dieser Art, jedenfalls dann, wenn er 15 % überschreitet, generell unterrichtet werden muß.
Eine nähere Festlegung erübrigt sich im Streitfall. Denn hier liegt eine objektive Pflichtverletzung schon darin, daß die in den Prospekten gemachten Angaben, was die Innenprovisionen angeht, unvollständig (unrichtig) und irreführend waren.

Im Prospekt für W. 1 gab es, wie oben ausgeführt, Hinweise auf Innenprovisionen in einer Größenordnung von 20 % ("Kosten der Eigenkapitalbeschaffung" ; "Agio"). Mit weiteren Innenprovisionszahlungen (5 %) brauchte der Anlageinteressent nicht zu rechnen.
Im Prospekt für W. 2 verschleierte der bloße Hinweis, daß von seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuß)" gezahlt werde, den Umstand, daß diese Zahlungen (weitere 14 %) betragsmäßig noch über die - ohnehin nicht unbeträchtlichen - Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausgingen, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte.
Die insoweit unvollständigen Prospektangaben waren geeignet, beim Kläger (Anlageinteressent) Fehlvorstellungen über die geflossenen Innenprovisionen und damit über die Werthaltigkeit der Anlagen hervorzurufen.

III.


Die Beurteilung des Berufungsgerichts läßt sich danach, soweit das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten als Vermittlerin der vorliegenden Anlagen verneint hat, nicht aufrechterhalten.
Da Entscheidungsreife im Revisionsrechtszug nicht gegeben ist (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO), muß die Sache zur tatrichterlichen Prüfung der weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen die Beklagte an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Schlick Streck Dörr Galke Herrmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
24. August 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur erfolglosen Gehörsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011.
BGH, Beschluss vom 24. August 2011 - XI ZR 191/10 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 24. August 2011

beschlossen:
Die Gehörsrüge der Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO). Er hat das Vorbringen der Beklagten umfassend geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
2
Insbesondere hat sich der Senat sowohl im Beschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 Rn. 32 ff.) als auch im Beschluss vom 19. Juli 2011 (WM 2011, 1506 Rn. 7 ff.) eingehend mit der Frage der Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen auseinandergesetzt. Die Beklagte verkennt in diesem Zusammenhang, dass gemäß den Ausführungen im Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 35) die anlageberatende Bank die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts hat, der zum Nichteingreifen der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens führen würde. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens tritt bereits dann ein, wenn eine fehlerhafte Beratung feststeht. Nur dann, wenn bei einer zutreffenden Beratung ein Entscheidungskonflikt beim Anleger vorliegt, greift die Vermutung nicht ein. Diese der Bank günstige Ausnahme von der Regel muss die Bank, die sich darauf beruft, auch darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dem entspricht entgegen der Ansicht der Revision auch die bisherige Handhabung durch den Senat.

II.

3
Entgegen der Annahme der Beklagten, die sich auf eine Anmerkung von Nobbe (BKR 2011, 302 ff.) zu dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 ff.) bezieht, enthält der angegriffene Beschluss keine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innen- oder Vertriebsprovisionen, sondern wendet die bereits bisher geltenden Grundsätze an.
4
1. Wie bereits in dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 dargestellt, sind Innenprovisionen nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Positionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, sodass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, sodass dieser das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
5
Danach handelt es sich in dem zugrunde liegenden Fall um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, weil in den Anlageprospekten zwar verschiedene Provisionen offen ausgewiesen sind, jedoch nicht angegeben wird, dass und in welcher Höhe die Beklagte als beratende Bank diese Provisionen - teilweise - bezieht.
6
2. Die Auffassung, hierin liege eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen, lässt sich nicht auf das Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (XI ZR 338/08, ZIP 2009, 2380 ff.) stützen. Aus diesem Urteil folgt keineswegs , dass "im Anlageprospekt offen ausgewiesene Innenprovisionen, d.h. im Anlagebetrag enthaltene Vertriebsprovisionen … expressis verbis keine auf- klärungspflichtigen Rückvergütungen" sind. Diese - auch terminologisch verfehlte (der Begriff "offen ausgewiesene Innenprovision" ist ein Widerspruch in sich) - Annahme beruht - ebenso wie die Darstellung von Nobbe (aaO S. 302) - auf einer falschen Wiedergabe des Sachverhalts dieses Senatsurteils. Damals hatte die beratende Bank gerade keine versteckte "Innenprovision kassiert". Das lässt sich sowohl dem Senatsurteil als auch dem Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Frankfurt sowie dessen Urteil im Parallelverfahren entnehmen. Der Senat hat an diesem Tag zwei Urteile zu im Wesentlichen gleich gelagerten Parallelfällen erlassen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 ff. vollständig abgedruckt; Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, aaO vollständig abgedruckt, in WM 2009, 2306 f. in Auszügen abgedruckt). In diesen Fällen waren die Provisionen der Höhe nach korrekt im rechtzeitig übergebenen Prospekt angegeben. Die beratende Bank war ausdrücklich als Empfängerin dieser Provisionen genannt. Damit lagen diesen Fällen weder verheimlichte Rückvergütungen noch versteckte Innenprovisionen zugrunde.
7
Dies hat der Senat mit der Formulierung "dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen" zum Ausdruck gebracht (vgl. Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 aaO Rn. 31). Das ergab sich auch schon aus den beiden vorangegangenen Berufungsurteilen. In dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 voranging, heißt es ausdrücklich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 17/06, juris Rn. 52): "Der Beklagten zu 1. kann auch nicht vorgeworfen werden, dass ihre Rechtsvorgängerin Rückvergütungen verschwiegen habe (vgl. BGHZ 170, 226ff. = BB 2007, 627ff.), da sie sich aus S. 36f. des Prospekts in Verbindung mit § 7 des Gesellschaftsvertrages, der als Anlage zum Prospekt genommen wurde, exakt ergeben." In dem Urteil, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 337/08 voranging , heißt es wörtlich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 348/05, juris Rn. 7): "Die C. werden bereits auf dem Titelblatt als die Bank genannt, die die Eigen- und Fremdkapitalvermittlung durchführt; Interessenten werden in dem Prospekt aufgefordert, sich an sie zu wenden."
8
Deswegen waren die Anleger in diesen Fällen nicht nur über sämtliche Provisionen, sondern auch über die beratende Bank als Empfängerin aufgeklärt. Es lagen damit weder versteckte Innenprovisionen noch versteckte oder verheimlichte Rückvergütungen vor, sodass eine Aufklärungspflicht der beratenden Bank nicht bestand. Das ist auch in der sorgfältig und unvoreingenommen analysierenden Literatur so verstanden worden (vgl. u.a. Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 310 f.; Koch, BKR 2010, 177, 184; siehe auch Ellenberger in Anle- gerschutz im Wertpapiergeschäft, AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, S. 37, 46 und 47 f. und in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 944 und aus der Rechtsprechung KG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 26 U 104/09 Umdruck S. 8 f. und OLG München, Urteil vom 21. Juni 2010 - 17 U 5374/09, Umdruck S. 9).
9
3. Ebenso geht der Hinweis auf das im Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 in der Sache XI ZR 338/08 (aaO) zitierte Senatsurteil vom 25. September 2007 (XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 15, 16) fehl. In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte die Anlegerin gerade nicht das Verschweigen von an den Anlageberater fließende Rückvergütungen gerügt, sondern nur, dass der Anteil der "weichen Kosten" am Gesamtaufwand unverhältnismäßig hoch sei (Senatsurteil aaO Rn. 3). Damit ging es in jenem Fall nicht um die Frage der verheimlichten Interessenkollision. Das Urteil befasst sich zudem in den Entscheidungsgründen lediglich allgemein mit den Grundsätzen zur Aufklärung über nicht im Prospekt ausgewiesene (versteckte) Innenprovisionen, nicht jedoch mit Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen an den Anlageberater (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart, ZIP 2010, 824, 827; LG München, Urteil vom 25. Februar 2010 - 22 O 1797/09, juris, Rn. 64; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 312 f.).
10
4. Entbehrt mithin die Annahme, aus den Senatsurteilen vom 27. Oktober 2009 und 25. September 2007 ergebe sich, dass aufklärungspflichtige Rückvergütungen bereits dann nicht vorlägen, wenn die betreffenden Provisionen als solche im Anlageprospekt ausgewiesen seien, jeder Grundlage, kann auch keine Rede davon sein, der Senatsbeschluss vom 9. März 2011 enthalte eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen. Vielmehr entspricht er insoweit, als der Anleger danach darüber aufzuklären ist, dass und in welcher Höhe die beratende Bank die offen ausgewiesenen Provisionen bezieht, dem Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (aaO Rn. 31). Zugleich verbleibt es dabei, dass die Nennung von Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen als Quelle der Rückvergütungen nicht abschließend, sondern nur beispielhaft zu verstehen ist.

III.

11
Zu Unrecht ist die Beklagte unter Berufung auf Nobbe (aaO) weiter der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Revision gemäß § 552a ZPO lägen nicht vor, weil in der obergerichtlichen Rechtsprechung streitig sei, ob eine Pflicht der beratenden Bank bestehe, Kunden über Innenprovisionen aufzuklären; angesichts der divergierenden obergerichtlichen Urteile lägen vielmehr die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) auf der Hand. Dies verkennt bereits im Ansatz, dass sich die Frage, ob die beratende Bank über von ihr bezogene Innenprovisionen , also im Anlagebetrag versteckte Provisionen, aufklären muss, im zu entscheidenden Fall nicht stellt. Hier geht es allein darum, ob die Beklagte als beratende Bank darüber aufklären muss, dass und in welcher Höhe sie Empfängerin der im Anlageprospekt offen ausgewiesenen Leistungen ist, damit der Anleger ihr besonderes Interesse an der Empfehlung gerade dieser Anlage erkennen kann.
12
Unverständlich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Beklagten auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2011 (WM 2011, 1117), durch den der eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisende Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (XI ZR 155/06, juris) betreffend einen Ausgleichsanspruch des Ausfall- gegen den Regelbürgen aufgehoben worden ist. Dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die Revision auch wegen einer Frage zuzulassen ist, die sich in dem betreffenden Rechtsstreit nicht stellt.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 145/06
Verkündet am:
12. Juli 2007
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur (im konkreten Fall verneinten) Pflicht des Anlagevermittlers, den Anlageinteressenten
über die Risiken der Beteiligung an einem in der Rechtsform
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen geschlossenen Immobilienfonds
hinzuweisen, wenn der Vermittler dem Interessenten rechtzeitig
einen Prospekt über die Kapitalanlage überreicht hat, der nach Form und
Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich
zu vermitteln (im Anschluss an BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR
140/03 = WM 2005, 833).
BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision des Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 20. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und die weiteren Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger trat im Jahre 1987 auf Empfehlung des Beklagten dem geschlossenen Immobilienfonds Berlin-Spandau, B. Straße 17-19, A. Straße 6/8, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei. Er zeichnete einen Anteil von 100.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 % (5.000 DM) und zahlte den gesamten Betrag ein. Das Bauvorhaben wurde durchgeführt und im Jahre 1989 fertig gestellt.
2
Der Kläger lastet dem Beklagten an, dieser habe ihn seinerzeit nicht hinreichend über die Risiken der Beteiligung an dem Fonds aufgeklärt. Dies betreffe insbesondere die persönliche Haftung gegenüber Außengläubigern, hinsichtlich deren er, der Kläger, sich teilweise sogar der sofortigen Zwangsvollstreckung habe unterwerfen müssen; ferner das Risiko etwaiger Nachschusspflichten ; sowie den Umstand, dass die Beteiligung zumindest aus tatsächlichen Gründen nicht veräußerbar sei. Außerdem seien die erzielbaren Mieten unrichtig prospektiert worden.
3
Im ersten Rechtszug hat der Kläger den Beklagten auf Rückzahlung der gesamten Einlage zuzüglich des Agios (53.685,55 €) nebst Zinsen in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm alle weiteren Schäden aus der Beteiligung an dem Fonds zu ersetzen.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Abweisung des im Berufungsrechtszug auf 24.041,95 € nebst Zinsen reduzierten Zahlungsanspruchs bestätigt, jedoch den Beklagten verurteilt, die Übertragung der Gesellschaftsbeteiligung des Klägers durch diesen anzunehmen, und die Feststellung getroffen, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger allen weiteren Schaden aus der Beteiligung zu ersetzen.
5
Mit ihren vom Senat zugunsten des Beklagten in vollem Umfang, zugunsten des Klägers überwiegend zugelassenen Revisionen verfolgen der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag, der Kläger einen im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag auf Freistellung von sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Verbindlichkeiten aus der Gesellschaftsbeteiligung weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision des Beklagten ist begründet, die des Klägers dagegen unbegründet.

I.


7
Die Revision des Beklagten:
8
1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der Beklagte hier als Anlagevermittler tätig geworden ist. Als solcher schuldete er dem Kläger nach Maßgabe der in der Senatsrechtsprechung entwickelten Grundsätze eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung waren (vgl. z.B. Senatsurteile vom 13. Juni 2002 - III ZR 166/01 = NJW 2002, 2641, 2642; vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05 = NJW-RR 2007, 348, 349 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 218/06 = ZIP 2007, 871 Rn. 4; jeweils m.w.N.). Dies sieht - im Ansatz zutreffend - auch das Berufungsgericht so.
9
2. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlagen überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03 = WM 2005, 833, 837 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte nach den Feststellungen des Landgerichts, die auch von dem Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen werden, dem Kläger zwei Wochen vor dessen Zeichnungserklärung den Prospekt , betreffend den Immobilienfonds, mit der Erklärung ausgehändigt, dass dieser die Unterlagen in Ruhe durchlesen solle und sich später noch entscheiden könne, ob er damit einverstanden sei. Nach etwa zwei Wochen hatte der Beklagte den Kläger gemäß vorangegangener Abstimmung erneut in dessen Haus aufgesucht und mit diesem weitere sich aus der Beteiligung ergebende Fragen besprochen, wobei der Inhalt des Gesprächs zwischen den Parteien zum Teil streitig ist.
10
3. Mit eingehender Begründung hat das Landgericht festgestellt, dass der vorliegende Prospekt keine Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten enthielt, durch die dem Kläger nötige Informationen vorenthalten worden wären. Dies gilt insbesondere für die persönliche Haftung im Außenverhältnis, einschließlich der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung; ferner für etwaige Nachschusspflichten im Innenverhältnis. Hinsichtlich der in dem Prospekt enthalte- nen Angabe, der Gesellschaftsanteil sei jederzeit veräußerlich, hat das Landgericht ausgeführt, diese suggeriere bei verständiger Würdigung nicht die Vorstellung , dass für die Veräußerung der Fondsbeteiligung ein offizieller oder zumindest ein inoffizieller Markt zur Verfügung stehe. Dass ein Gesellschaftsanteil bei ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklung der Fondsgesellschaft nur schwer und mit finanziellen Nachteilen zu veräußern sein dürfte, liege auf der Hand und bedürfe keiner ausdrücklichen Erwähnung im Prospekt. Eine Fehlerhaftigkeit des Fondskonzepts ergebe sich auch nicht aus einer Differenz zwischen den prospektierten und den tatsächlich erwirtschafteten Mieten. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, dass die prospektierte Miete von vornherein nicht den marktüblichen Verhältnissen entsprochen hätte, zumal der Fonds bis zum Jahre 1995 zum Teil deutlich höhere Mietüberschüsse erzielt habe als prospektiert.
11
4. Die Berufungsangriffe des Klägers waren nicht geeignet, diese Feststellungen in ihrem wesentlichen Kern zu erschüttern. Diese Angriffe beruhten weitgehend auf Wertungen, mit denen der Kläger lediglich seine eigene Auffassung an die Stelle derjenigen des Landgerichts gesetzt hatte. Auch das Berufungsgericht , das sich mit dem Prospekt nicht näher auseinandersetzt, erhebt gegen dessen Inhalt keine Beanstandungen. Die Feststellungen des Landgerichts halten auch der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand. Dies gilt auch dann, wenn der Prospekt hinsichtlich der Veräußerbarkeit der Gesellschaftsbeteiligung einen Mangel aufgewiesen haben sollte. Der Senat hat inzwischen entschieden, dass der Anlageberater grundsätzlich gehalten ist, den Anlageinteressenten , dem er zur Eingehung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Markts nur eingeschränkt möglich ist (Senatsurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 = NJW-RR 2007, 621). In gleicher Weise muss an einen Prospekt die Anforde- rung gestellt werden, dass dieser Umstand mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehoben wird. Jedoch ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht angenommen hat, die Veräußerbarkeit der Gesellschaftsbeteiligung sei für die Anlageentscheidung des Klägers nicht von Bedeutung gewesen , da eine solche Veräußerung bei der hier vorliegenden steuerrechtlichen Konzeption des Fonds einen Ausnahmetatbestand dargestellt habe; auch sei bereits fraglich, ob dem Beklagten als bloßem Anlagevermittler etwaige Unvollständigkeiten bei der Beschreibung von Sachverhalten, die nicht zum Kernbereich des Anlagekonzepts zählten, überhaupt als eigenes schuldhaftes Fehlverhalten angelastet werden könnten. In zusammenfassender Würdigung hält der Senat daher das vom Landgericht gefundene Ergebnis für richtig, wonach der Prospekt zutreffende und im Wesentlichen hinreichende Informationen vermittelt hat, welche für die Anlageentscheidung von Bedeutung waren.
12
5. a) Das Berufungsgericht bejaht gleichwohl eine Pflichtverletzung des Beklagten gegenüber dem Kläger. Es lastet dem Beklagten an, er habe es nicht bei dem Überreichen des Prospekts bewenden lassen, sondern nach eigenen Angaben den Kläger über die Risiken, insbesondere auch über die Gesellschafterhaftung bzw. die Beteiligungsquote informiert. Dann aber hätte er den Kläger eingehend über die Haftung - begrenzt auf die Quote als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts -, seine Nachschusspflicht, seine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung und über Probleme mit dem Ausfall einzelner Gesellschafter umfassend aufklären müssen. Dieser in seiner Person geschuldeten Aufklärungspflicht sei der Beklagte nicht nachgekommen.
13
b) Darin kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden. Ein Anlagevermittler , der nicht nur - rechtzeitig - den Prospekt überreicht, der nach Form und Inhalt geeignet ist, selbst schon die erforderlichen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, sondern darüber hinaus zusätzlich noch mündlich auf bestimmte Risiken hinweist, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eine eingehende, umfassende Aufklärung vorzunehmen. Zwar darf der Anlagevermittler nicht durch mündliche Erklärungen bei dem Interessenten den Eindruck erwecken, dieser erhalte hierdurch - mündlich - die allein maßgebliche, vollständige Aufklärung und brauche sich den Prospekt überhaupt nicht (mehr) anzusehen. Einen solchen Sachverhalt hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Im Gegenteil hatte der Beklagte dem Kläger erklärt, dieser solle sich die Unterlagen in Ruhe durchlesen und später entscheiden. In einem solchen Fall fällt es grundsätzlich in den eigenen Verantwortungsbereich des Interessenten , wenn er die für einen Durchschnittsleser verständlichen und ausreichenden Risikohinweise im Anlageprospekt nicht zur Kenntnis nimmt und nicht von sich aus bezüglich bestimmter Prospektangaben um weitere Hinweise nachsucht.
14
c) Auch das weitere Argument des Berufungsgerichts, der Beklagte habe es unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass er, der Beklagte, die Gesellschaftsbeteiligung nicht selbst auf Plausibilität zu überprüfen, greift nicht durch. Aus dem Berufungsurteil wird nicht hinreichend deutlich, welche Prüfung der Beklagte im Sinne einer "eigenen Plausibilitätsprüfung" unterlassen haben soll, etwa ob er die Richtigkeit der kalkulierten Mieten, die allgemeine Vermietbarkeit der in Rede stehenden Räumlichkeiten oder etwaige den Prospektannahmen entgegenstehende Gesichtspunkte hätte überprüfen sollen. Vor allem aber wäre hier der Schutzzweck einer (vermeintlich) verletzten Pflicht nicht tan- giert, weil der Prospekt einer Plausibilitätsprüfung in den für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkten ja gerade stand hält.
15
6. Nach alledem ist eine für die Anlageentscheidung ursächliche Pflichtverletzung des Beklagten zu verneinen, ohne dass es weiterer Sachverhaltsaufklärung bedarf. Auf die weiteren Revisionsrügen des Beklagten braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

II.


16
Die Revision des Klägers:
17
Die Revision des Klägers erweist sich dementsprechend als unbegründet , obwohl die Rüge, das Berufungsgericht sei auf den Hilfsantrag auf Freistellung nicht eingegangen, der Sache nach berechtigt gewesen war. Auf diese Frage kommt es indessen nicht mehr an, da der Hilfsantrag ohnehin unbegründet ist.

III.


18
Nach alledem ist die im Berufungsrechtszug erweiterte Klage im noch anhängigen Umfang unter Zurückweisung der Berufung des Klägers in vollem Umfang abzuweisen, ohne dass es einer Zurückverweisung bedarf.
Schlick Wurm Dörr
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 20.05.2005 - 4 O 655/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 16.05.2006 - 4 U 103/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
24. August 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur erfolglosen Gehörsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011.
BGH, Beschluss vom 24. August 2011 - XI ZR 191/10 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 24. August 2011

beschlossen:
Die Gehörsrüge der Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO). Er hat das Vorbringen der Beklagten umfassend geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
2
Insbesondere hat sich der Senat sowohl im Beschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 Rn. 32 ff.) als auch im Beschluss vom 19. Juli 2011 (WM 2011, 1506 Rn. 7 ff.) eingehend mit der Frage der Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen auseinandergesetzt. Die Beklagte verkennt in diesem Zusammenhang, dass gemäß den Ausführungen im Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 35) die anlageberatende Bank die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts hat, der zum Nichteingreifen der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens führen würde. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens tritt bereits dann ein, wenn eine fehlerhafte Beratung feststeht. Nur dann, wenn bei einer zutreffenden Beratung ein Entscheidungskonflikt beim Anleger vorliegt, greift die Vermutung nicht ein. Diese der Bank günstige Ausnahme von der Regel muss die Bank, die sich darauf beruft, auch darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dem entspricht entgegen der Ansicht der Revision auch die bisherige Handhabung durch den Senat.

II.

3
Entgegen der Annahme der Beklagten, die sich auf eine Anmerkung von Nobbe (BKR 2011, 302 ff.) zu dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 ff.) bezieht, enthält der angegriffene Beschluss keine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innen- oder Vertriebsprovisionen, sondern wendet die bereits bisher geltenden Grundsätze an.
4
1. Wie bereits in dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 dargestellt, sind Innenprovisionen nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Positionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, sodass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, sodass dieser das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
5
Danach handelt es sich in dem zugrunde liegenden Fall um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, weil in den Anlageprospekten zwar verschiedene Provisionen offen ausgewiesen sind, jedoch nicht angegeben wird, dass und in welcher Höhe die Beklagte als beratende Bank diese Provisionen - teilweise - bezieht.
6
2. Die Auffassung, hierin liege eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen, lässt sich nicht auf das Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (XI ZR 338/08, ZIP 2009, 2380 ff.) stützen. Aus diesem Urteil folgt keineswegs , dass "im Anlageprospekt offen ausgewiesene Innenprovisionen, d.h. im Anlagebetrag enthaltene Vertriebsprovisionen … expressis verbis keine auf- klärungspflichtigen Rückvergütungen" sind. Diese - auch terminologisch verfehlte (der Begriff "offen ausgewiesene Innenprovision" ist ein Widerspruch in sich) - Annahme beruht - ebenso wie die Darstellung von Nobbe (aaO S. 302) - auf einer falschen Wiedergabe des Sachverhalts dieses Senatsurteils. Damals hatte die beratende Bank gerade keine versteckte "Innenprovision kassiert". Das lässt sich sowohl dem Senatsurteil als auch dem Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Frankfurt sowie dessen Urteil im Parallelverfahren entnehmen. Der Senat hat an diesem Tag zwei Urteile zu im Wesentlichen gleich gelagerten Parallelfällen erlassen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 ff. vollständig abgedruckt; Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, aaO vollständig abgedruckt, in WM 2009, 2306 f. in Auszügen abgedruckt). In diesen Fällen waren die Provisionen der Höhe nach korrekt im rechtzeitig übergebenen Prospekt angegeben. Die beratende Bank war ausdrücklich als Empfängerin dieser Provisionen genannt. Damit lagen diesen Fällen weder verheimlichte Rückvergütungen noch versteckte Innenprovisionen zugrunde.
7
Dies hat der Senat mit der Formulierung "dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen" zum Ausdruck gebracht (vgl. Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 aaO Rn. 31). Das ergab sich auch schon aus den beiden vorangegangenen Berufungsurteilen. In dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 voranging, heißt es ausdrücklich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 17/06, juris Rn. 52): "Der Beklagten zu 1. kann auch nicht vorgeworfen werden, dass ihre Rechtsvorgängerin Rückvergütungen verschwiegen habe (vgl. BGHZ 170, 226ff. = BB 2007, 627ff.), da sie sich aus S. 36f. des Prospekts in Verbindung mit § 7 des Gesellschaftsvertrages, der als Anlage zum Prospekt genommen wurde, exakt ergeben." In dem Urteil, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 337/08 voranging , heißt es wörtlich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 348/05, juris Rn. 7): "Die C. werden bereits auf dem Titelblatt als die Bank genannt, die die Eigen- und Fremdkapitalvermittlung durchführt; Interessenten werden in dem Prospekt aufgefordert, sich an sie zu wenden."
8
Deswegen waren die Anleger in diesen Fällen nicht nur über sämtliche Provisionen, sondern auch über die beratende Bank als Empfängerin aufgeklärt. Es lagen damit weder versteckte Innenprovisionen noch versteckte oder verheimlichte Rückvergütungen vor, sodass eine Aufklärungspflicht der beratenden Bank nicht bestand. Das ist auch in der sorgfältig und unvoreingenommen analysierenden Literatur so verstanden worden (vgl. u.a. Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 310 f.; Koch, BKR 2010, 177, 184; siehe auch Ellenberger in Anle- gerschutz im Wertpapiergeschäft, AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, S. 37, 46 und 47 f. und in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 944 und aus der Rechtsprechung KG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 26 U 104/09 Umdruck S. 8 f. und OLG München, Urteil vom 21. Juni 2010 - 17 U 5374/09, Umdruck S. 9).
9
3. Ebenso geht der Hinweis auf das im Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 in der Sache XI ZR 338/08 (aaO) zitierte Senatsurteil vom 25. September 2007 (XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 15, 16) fehl. In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte die Anlegerin gerade nicht das Verschweigen von an den Anlageberater fließende Rückvergütungen gerügt, sondern nur, dass der Anteil der "weichen Kosten" am Gesamtaufwand unverhältnismäßig hoch sei (Senatsurteil aaO Rn. 3). Damit ging es in jenem Fall nicht um die Frage der verheimlichten Interessenkollision. Das Urteil befasst sich zudem in den Entscheidungsgründen lediglich allgemein mit den Grundsätzen zur Aufklärung über nicht im Prospekt ausgewiesene (versteckte) Innenprovisionen, nicht jedoch mit Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen an den Anlageberater (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart, ZIP 2010, 824, 827; LG München, Urteil vom 25. Februar 2010 - 22 O 1797/09, juris, Rn. 64; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 312 f.).
10
4. Entbehrt mithin die Annahme, aus den Senatsurteilen vom 27. Oktober 2009 und 25. September 2007 ergebe sich, dass aufklärungspflichtige Rückvergütungen bereits dann nicht vorlägen, wenn die betreffenden Provisionen als solche im Anlageprospekt ausgewiesen seien, jeder Grundlage, kann auch keine Rede davon sein, der Senatsbeschluss vom 9. März 2011 enthalte eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen. Vielmehr entspricht er insoweit, als der Anleger danach darüber aufzuklären ist, dass und in welcher Höhe die beratende Bank die offen ausgewiesenen Provisionen bezieht, dem Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (aaO Rn. 31). Zugleich verbleibt es dabei, dass die Nennung von Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen als Quelle der Rückvergütungen nicht abschließend, sondern nur beispielhaft zu verstehen ist.

III.

11
Zu Unrecht ist die Beklagte unter Berufung auf Nobbe (aaO) weiter der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Revision gemäß § 552a ZPO lägen nicht vor, weil in der obergerichtlichen Rechtsprechung streitig sei, ob eine Pflicht der beratenden Bank bestehe, Kunden über Innenprovisionen aufzuklären; angesichts der divergierenden obergerichtlichen Urteile lägen vielmehr die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) auf der Hand. Dies verkennt bereits im Ansatz, dass sich die Frage, ob die beratende Bank über von ihr bezogene Innenprovisionen , also im Anlagebetrag versteckte Provisionen, aufklären muss, im zu entscheidenden Fall nicht stellt. Hier geht es allein darum, ob die Beklagte als beratende Bank darüber aufklären muss, dass und in welcher Höhe sie Empfängerin der im Anlageprospekt offen ausgewiesenen Leistungen ist, damit der Anleger ihr besonderes Interesse an der Empfehlung gerade dieser Anlage erkennen kann.
12
Unverständlich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Beklagten auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2011 (WM 2011, 1117), durch den der eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisende Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (XI ZR 155/06, juris) betreffend einen Ausgleichsanspruch des Ausfall- gegen den Regelbürgen aufgehoben worden ist. Dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die Revision auch wegen einer Frage zuzulassen ist, die sich in dem betreffenden Rechtsstreit nicht stellt.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 145/06
Verkündet am:
12. Juli 2007
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur (im konkreten Fall verneinten) Pflicht des Anlagevermittlers, den Anlageinteressenten
über die Risiken der Beteiligung an einem in der Rechtsform
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen geschlossenen Immobilienfonds
hinzuweisen, wenn der Vermittler dem Interessenten rechtzeitig
einen Prospekt über die Kapitalanlage überreicht hat, der nach Form und
Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich
zu vermitteln (im Anschluss an BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR
140/03 = WM 2005, 833).
BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision des Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 20. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und die weiteren Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger trat im Jahre 1987 auf Empfehlung des Beklagten dem geschlossenen Immobilienfonds Berlin-Spandau, B. Straße 17-19, A. Straße 6/8, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei. Er zeichnete einen Anteil von 100.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 % (5.000 DM) und zahlte den gesamten Betrag ein. Das Bauvorhaben wurde durchgeführt und im Jahre 1989 fertig gestellt.
2
Der Kläger lastet dem Beklagten an, dieser habe ihn seinerzeit nicht hinreichend über die Risiken der Beteiligung an dem Fonds aufgeklärt. Dies betreffe insbesondere die persönliche Haftung gegenüber Außengläubigern, hinsichtlich deren er, der Kläger, sich teilweise sogar der sofortigen Zwangsvollstreckung habe unterwerfen müssen; ferner das Risiko etwaiger Nachschusspflichten ; sowie den Umstand, dass die Beteiligung zumindest aus tatsächlichen Gründen nicht veräußerbar sei. Außerdem seien die erzielbaren Mieten unrichtig prospektiert worden.
3
Im ersten Rechtszug hat der Kläger den Beklagten auf Rückzahlung der gesamten Einlage zuzüglich des Agios (53.685,55 €) nebst Zinsen in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm alle weiteren Schäden aus der Beteiligung an dem Fonds zu ersetzen.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Abweisung des im Berufungsrechtszug auf 24.041,95 € nebst Zinsen reduzierten Zahlungsanspruchs bestätigt, jedoch den Beklagten verurteilt, die Übertragung der Gesellschaftsbeteiligung des Klägers durch diesen anzunehmen, und die Feststellung getroffen, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger allen weiteren Schaden aus der Beteiligung zu ersetzen.
5
Mit ihren vom Senat zugunsten des Beklagten in vollem Umfang, zugunsten des Klägers überwiegend zugelassenen Revisionen verfolgen der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag, der Kläger einen im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag auf Freistellung von sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Verbindlichkeiten aus der Gesellschaftsbeteiligung weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision des Beklagten ist begründet, die des Klägers dagegen unbegründet.

I.


7
Die Revision des Beklagten:
8
1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der Beklagte hier als Anlagevermittler tätig geworden ist. Als solcher schuldete er dem Kläger nach Maßgabe der in der Senatsrechtsprechung entwickelten Grundsätze eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung waren (vgl. z.B. Senatsurteile vom 13. Juni 2002 - III ZR 166/01 = NJW 2002, 2641, 2642; vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05 = NJW-RR 2007, 348, 349 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 218/06 = ZIP 2007, 871 Rn. 4; jeweils m.w.N.). Dies sieht - im Ansatz zutreffend - auch das Berufungsgericht so.
9
2. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlagen überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03 = WM 2005, 833, 837 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte nach den Feststellungen des Landgerichts, die auch von dem Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen werden, dem Kläger zwei Wochen vor dessen Zeichnungserklärung den Prospekt , betreffend den Immobilienfonds, mit der Erklärung ausgehändigt, dass dieser die Unterlagen in Ruhe durchlesen solle und sich später noch entscheiden könne, ob er damit einverstanden sei. Nach etwa zwei Wochen hatte der Beklagte den Kläger gemäß vorangegangener Abstimmung erneut in dessen Haus aufgesucht und mit diesem weitere sich aus der Beteiligung ergebende Fragen besprochen, wobei der Inhalt des Gesprächs zwischen den Parteien zum Teil streitig ist.
10
3. Mit eingehender Begründung hat das Landgericht festgestellt, dass der vorliegende Prospekt keine Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten enthielt, durch die dem Kläger nötige Informationen vorenthalten worden wären. Dies gilt insbesondere für die persönliche Haftung im Außenverhältnis, einschließlich der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung; ferner für etwaige Nachschusspflichten im Innenverhältnis. Hinsichtlich der in dem Prospekt enthalte- nen Angabe, der Gesellschaftsanteil sei jederzeit veräußerlich, hat das Landgericht ausgeführt, diese suggeriere bei verständiger Würdigung nicht die Vorstellung , dass für die Veräußerung der Fondsbeteiligung ein offizieller oder zumindest ein inoffizieller Markt zur Verfügung stehe. Dass ein Gesellschaftsanteil bei ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklung der Fondsgesellschaft nur schwer und mit finanziellen Nachteilen zu veräußern sein dürfte, liege auf der Hand und bedürfe keiner ausdrücklichen Erwähnung im Prospekt. Eine Fehlerhaftigkeit des Fondskonzepts ergebe sich auch nicht aus einer Differenz zwischen den prospektierten und den tatsächlich erwirtschafteten Mieten. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, dass die prospektierte Miete von vornherein nicht den marktüblichen Verhältnissen entsprochen hätte, zumal der Fonds bis zum Jahre 1995 zum Teil deutlich höhere Mietüberschüsse erzielt habe als prospektiert.
11
4. Die Berufungsangriffe des Klägers waren nicht geeignet, diese Feststellungen in ihrem wesentlichen Kern zu erschüttern. Diese Angriffe beruhten weitgehend auf Wertungen, mit denen der Kläger lediglich seine eigene Auffassung an die Stelle derjenigen des Landgerichts gesetzt hatte. Auch das Berufungsgericht , das sich mit dem Prospekt nicht näher auseinandersetzt, erhebt gegen dessen Inhalt keine Beanstandungen. Die Feststellungen des Landgerichts halten auch der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand. Dies gilt auch dann, wenn der Prospekt hinsichtlich der Veräußerbarkeit der Gesellschaftsbeteiligung einen Mangel aufgewiesen haben sollte. Der Senat hat inzwischen entschieden, dass der Anlageberater grundsätzlich gehalten ist, den Anlageinteressenten , dem er zur Eingehung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Markts nur eingeschränkt möglich ist (Senatsurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 = NJW-RR 2007, 621). In gleicher Weise muss an einen Prospekt die Anforde- rung gestellt werden, dass dieser Umstand mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehoben wird. Jedoch ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht angenommen hat, die Veräußerbarkeit der Gesellschaftsbeteiligung sei für die Anlageentscheidung des Klägers nicht von Bedeutung gewesen , da eine solche Veräußerung bei der hier vorliegenden steuerrechtlichen Konzeption des Fonds einen Ausnahmetatbestand dargestellt habe; auch sei bereits fraglich, ob dem Beklagten als bloßem Anlagevermittler etwaige Unvollständigkeiten bei der Beschreibung von Sachverhalten, die nicht zum Kernbereich des Anlagekonzepts zählten, überhaupt als eigenes schuldhaftes Fehlverhalten angelastet werden könnten. In zusammenfassender Würdigung hält der Senat daher das vom Landgericht gefundene Ergebnis für richtig, wonach der Prospekt zutreffende und im Wesentlichen hinreichende Informationen vermittelt hat, welche für die Anlageentscheidung von Bedeutung waren.
12
5. a) Das Berufungsgericht bejaht gleichwohl eine Pflichtverletzung des Beklagten gegenüber dem Kläger. Es lastet dem Beklagten an, er habe es nicht bei dem Überreichen des Prospekts bewenden lassen, sondern nach eigenen Angaben den Kläger über die Risiken, insbesondere auch über die Gesellschafterhaftung bzw. die Beteiligungsquote informiert. Dann aber hätte er den Kläger eingehend über die Haftung - begrenzt auf die Quote als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts -, seine Nachschusspflicht, seine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung und über Probleme mit dem Ausfall einzelner Gesellschafter umfassend aufklären müssen. Dieser in seiner Person geschuldeten Aufklärungspflicht sei der Beklagte nicht nachgekommen.
13
b) Darin kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden. Ein Anlagevermittler , der nicht nur - rechtzeitig - den Prospekt überreicht, der nach Form und Inhalt geeignet ist, selbst schon die erforderlichen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, sondern darüber hinaus zusätzlich noch mündlich auf bestimmte Risiken hinweist, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eine eingehende, umfassende Aufklärung vorzunehmen. Zwar darf der Anlagevermittler nicht durch mündliche Erklärungen bei dem Interessenten den Eindruck erwecken, dieser erhalte hierdurch - mündlich - die allein maßgebliche, vollständige Aufklärung und brauche sich den Prospekt überhaupt nicht (mehr) anzusehen. Einen solchen Sachverhalt hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Im Gegenteil hatte der Beklagte dem Kläger erklärt, dieser solle sich die Unterlagen in Ruhe durchlesen und später entscheiden. In einem solchen Fall fällt es grundsätzlich in den eigenen Verantwortungsbereich des Interessenten , wenn er die für einen Durchschnittsleser verständlichen und ausreichenden Risikohinweise im Anlageprospekt nicht zur Kenntnis nimmt und nicht von sich aus bezüglich bestimmter Prospektangaben um weitere Hinweise nachsucht.
14
c) Auch das weitere Argument des Berufungsgerichts, der Beklagte habe es unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass er, der Beklagte, die Gesellschaftsbeteiligung nicht selbst auf Plausibilität zu überprüfen, greift nicht durch. Aus dem Berufungsurteil wird nicht hinreichend deutlich, welche Prüfung der Beklagte im Sinne einer "eigenen Plausibilitätsprüfung" unterlassen haben soll, etwa ob er die Richtigkeit der kalkulierten Mieten, die allgemeine Vermietbarkeit der in Rede stehenden Räumlichkeiten oder etwaige den Prospektannahmen entgegenstehende Gesichtspunkte hätte überprüfen sollen. Vor allem aber wäre hier der Schutzzweck einer (vermeintlich) verletzten Pflicht nicht tan- giert, weil der Prospekt einer Plausibilitätsprüfung in den für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkten ja gerade stand hält.
15
6. Nach alledem ist eine für die Anlageentscheidung ursächliche Pflichtverletzung des Beklagten zu verneinen, ohne dass es weiterer Sachverhaltsaufklärung bedarf. Auf die weiteren Revisionsrügen des Beklagten braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

II.


16
Die Revision des Klägers:
17
Die Revision des Klägers erweist sich dementsprechend als unbegründet , obwohl die Rüge, das Berufungsgericht sei auf den Hilfsantrag auf Freistellung nicht eingegangen, der Sache nach berechtigt gewesen war. Auf diese Frage kommt es indessen nicht mehr an, da der Hilfsantrag ohnehin unbegründet ist.

III.


18
Nach alledem ist die im Berufungsrechtszug erweiterte Klage im noch anhängigen Umfang unter Zurückweisung der Berufung des Klägers in vollem Umfang abzuweisen, ohne dass es einer Zurückverweisung bedarf.
Schlick Wurm Dörr
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 20.05.2005 - 4 O 655/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 16.05.2006 - 4 U 103/05 -

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen der Kläger zu 1) 96 % und die Klägerin zu 2) 4 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen der Kläger zu 1) 91 % und die Klägerin zu 2) 9 %. Der Kläger zu 1) trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3).

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI ZR 188/11
Verkündet am:
4. Juni 2013
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers sowie die Richter
Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 9. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger nehmen die beklagte Bank auf Rückabwicklung ihrer Beteiligungen an der V. 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) in Anspruch.
2
Die Kläger erwarben jeweils nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter S. der Beklagten Beteiligungen an V 3. Am 17. Juli 2003 zeichneten die Klägerin zu 1 eine Beteiligung an V 3 im Nennwert von 25.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.250 € sowie der Kläger zu 2 im Nennwert von 35.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.750 €. Der Kläger zu 2 zeichnete darüber hinaus am 25. November 2003 eine weitere Beteiligung an V 3 im Nennwert von 70.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 3.500 €. Der Kläger zu 2 finanzierte die Beteiligungen in Höhe von 10.500 € bzw. 21.000 € durch Darlehen der Beklagten.
3
Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme. Dies wurde dem Kläger zu 2 nicht offengelegt. Der Klägerin zu 1 wurde vom Berater S. jedenfalls nicht die zutreffende Höhe der für die Beklagte bestimmten Provision mitgeteilt.
4
Bereits zuvor hatte der Kläger zu 2 durch Vermittlung der Beklagten den Filmfonds " Zweite A. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: A II) gezeichnet. Auf Seite 28 des Prospekts zu diesem Fonds war mitgeteilt worden, dass die Beklagte für die Eigenkapitalvermittlung eine Vergütung von 8,5% des Zeichnungskapitals erhielt. Die Zeichnung durch den Kläger zu 2 wurde von der Fondsgesellschaft allerdings nicht mehr angenommen.
5
Die Kläger verlangen mit ihrer Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs - und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Abgabe von Angeboten zur Übertragung der Beteiligungen, Rückzahlung des investierten Kapitals in Höhe von 26.250 € (Klägerin zu 1) bzw. 78.750 € zuzüglich Darlehensbearbeitungsentgelte in Höhe von 500 € (Kläger zu 2), jeweils nebst entgangenen Gewinns in Höhe von 4% ab Zeichnung der Anlagen bis zur Rechtshängigkeit der Klage sowie Prozesszinsen. Darüber hinaus verlangen die Kläger Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Kosten eines Güteverfahrens in Höhe von 228,14 € (Klägerin zu 1) bzw. 453,14 € (Kläger zu 2). Des Weiteren begehren die Kläger die Feststellung , dass die Beklagte verpflichtet ist, sie von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus den Beteiligungen freizustellen, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Der Kläger zu 2 begehrt schließlich den Ersatz von Zins- und Tilgungszahlungen auf die Darlehen zuzüglich der einbehaltenen Bearbeitungsentgelte in Höhe von insgesamt 24.911,90 € sowie die Feststellung, dass der Beklagten aus den Finanzierungsdarlehen keinerlei Forderungen mehr zustehen.
6
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es hat lediglich den vom Kläger zu 2 begehrten Ersatz der Zins- und Tilgungsleistungen um die Bearbeitungsentgelte in Höhe von 500 € gekürzt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen, das landgerichtliche Urteil hinsichtlich des entgangenen Gewinns von der Zeichnung der Anlagen bis zur Rechtshängigkeit abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht , soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem zwischen den Klägern und der Beklagten zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag dadurch verletzt, dass sie die Kläger nicht über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% des Anlagebetrags aufgeklärt habe. Insoweit lägen aufklärungspflichtige Rückvergütungen vor, unabhängig davon, ob die Provision aus Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren stamme. Davon unabhängig müsse die Information des Anlageberaters richtig und vollständig sein. Der Klägerin zu 1 sei im Beratungsgespräch jedoch der falsche Eindruck vermittelt worden, der Beklagten flösse nur das Agio in Höhe von 5% zu. Der Kläger zu 2 sei in den Beratungsgesprächen überhaupt nicht über die Vertriebsprovisionen informiert worden. Auch durch die Übergabe des Emissionsprospekts habe die Beklagte die Kläger nicht hinreichend über die an sie zurückfließenden Entgelte aufgeklärt. Aus dem Prospekt werde nicht deutlich, ob und in welchem Umfang die Beklagte selbst an den dort ausgewiesenen Provisionen mitverdiene. Im Übrigen habe die Beklagte nicht dargetan, dass sie den Prospekt den Klägern so rechtzeitig vor der Zeichnung am 17. Juli 2003 übergeben habe, dass eine umfassende Lektüre möglich gewesen wäre. Die Pflichtverletzung scheitere auch nicht daran , dass die Kläger ausweislich ihrer Anhörung vor dem Landgericht davon ausgegangen seien, die Beklagte werde an den Geschäften "auch verdienen". Das Verschulden der Beklagten werde vermutet. Die Beklagte habe sich nicht entlasten können.
10
Die unterbliebene Aufklärung sei schließlich kausal für den Erwerb der Beteiligungen durch die Kläger gewesen. Zugunsten der Kläger greife die Ver- mutung aufklärungsrichtigen Verhaltens ein. Den der Beklagten obliegenden Beweis, dass die Kläger die Beteiligungen auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die Rückvergütungen gezeichnet hätten, habe die erstinstanzlich durchgeführte Parteivernehmung nicht erbracht. Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts bestünden nicht. Nach den vom Landgericht für glaubhaft erachteten Aussagen der Kläger hätten diese allenfalls eine Vergütung der beratenden Bank in Höhe von 5%, nicht jedoch in Höhe von 8,25% akzeptiert. Unerheblich sei, dass der Kläger zu 2 nicht habe angeben können, wie er sich bei der gebotenen Aufklärung verhalten hätte.
11
Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens werde auch nicht dadurch erschüttert, dass der Kläger zu 2 wenige Monate vor dem Erwerb der Beteiligungen an V 3 bereits den A II in Höhe von 170.000 € gezeichnet habe, obwohl dort im Anlageprospekt eine Vermittlungsvergütung in Höhe von 8,5% für die Beklagte ausgewiesen worden sei. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass sich ein Anleger zu dem Empfang von Provisionen durch die Hausbank stets und in jedem Fall gleich positioniere. Wie das Landgericht zu Recht ausführe, sei zudem nicht erkennbar, dass der Kläger zu 2 die entsprechende Passage im Prospekt überhaupt zur Kenntnis genommen habe. Es komme hinzu, dass der Kläger zu 2 die Beteiligung an V 3 darlehensfinanziert habe. Seine Angaben in der Parteivernehmung, er hätte die insoweit an die Beklagte zu leistenden Zinsen zusätzlich zur Provision in seine Überlegungen mit einbezogen, seien nachvollziehbar.

II.

12
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
13
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus den - nicht mehr im Streit stehenden - Beratungsverträgen nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) folgende Pflicht, die Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.
14
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen , er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17).
15
Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung der Kläger über die- se Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte nicht als Empfängerin der dort jeweils ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22 mwN).
16
Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 24 f., jeweils mwN).
17
2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzungen für den Erwerb der Fondsbeteiligungen durch die Kläger bejaht hat.
18
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, die Kläger hätten die Beteiligungen auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütungen erworben.
19
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 29 ff. mwN).
20
Von dieser Beweislastumkehr ist nicht nur dann auszugehen, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.
21
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch die Kläger als Partei für die Behauptung der Beklagten vernommen, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten haben, für die Anlageentscheidungen ohne Bedeutung gewesen sei (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 38 ff. mwN).
22
Soweit das Berufungsgericht sich durch die Aussage der Kläger als Partei nicht davon überzeugen konnte, dass sie sich an V 3 auch dann beteiligt hätten, wenn sie im Beratungsgespräch über die Provisionszahlung an die Beklagte aufgeklärt worden wären, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kausalitätsvermutung sei durch die Parteivernehmung nicht widerlegt, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur eingeschränkter Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das Berufungsge- richt hat die Aussagen der Kläger umfassend und widerspruchfrei gewürdigt. Seine Würdigung ist auch zumindest vertretbar.
23
Etwas anderes ergibt sich, entgegen der Auffassung der Revision, auch nicht aus dem Umstand, dass die Kläger ausweislich ihrer eigenen Angaben von einem Provisionsfluss an die Beklagte dem Grunde nach ausgegangen sind. Zutreffend legt das Berufungsgericht seinen Erwägungen zugrunde, dass die beratende Bank ungefragt nicht nur über das Ob, sondern auch über die Höhe der Rückvergütung aufklären muss, weil der Anleger nur bei Kenntnis auch der Höhe der Rückvergütungen das eigene Interesse der Bank an der Empfehlung der Kapitalanlage richtig einschätzen kann (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; Senatsbeschlüsse vom 19 Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 aE). Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Offenlegung der Höhe der Provision geeignet gewesen wäre, die Kläger von der Zeichnung abzuhalten, hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
24
c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht allerdings den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff. mwN).
25
aa) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv der Kläger, sich an V 3 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept ), nicht berücksichtigt.
26
Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 53 mwN).
27
Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet , den Klägern sei es vordringlich um die mit V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und, soweit nicht ohnehin unstreitig, den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung des Beraters S. als Zeugen unbeachtet gelassen.
28
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht des Weiteren der Tatsache , dass der Kläger zu 2 bereits zuvor den Filmfonds A II gezeichnet hatte, für dessen Vermittlung die Beklagte Provisionen in Höhe von jeweils 8,5% des Zeichnungskapitals erhalten sollte, keine Bedeutung beigemessen.
29
Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 50). Dass die Zeichnung von A II durch den Kläger zu 2 im vorliegenden Fall von der Fondsgesellschaft nicht mehr angenommen wurde, ist unerheblich.
30
Nach dem revisionsrechtlich zugunsten der Beklagten zu unterstellenden Vortrag der Beklagten ist der Kläger zu 2 bei A II über die dort an die Beklagte geflossenen Vergütungen durch rechtzeitige Prospektübergabe aufgeklärt worden. Die - vom Berufungsgericht unterstellte - unterlassene Kenntnisnahme des Klägers zu 2 von den Prospektangaben steht der Indizwirkung nicht entgegen. Einen rechtzeitig übergebenen Prospekt muss der Anleger im eigenen Interesse sorgfältig und eingehend durchlesen (vgl. Senatsurteile vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 904 und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10, juris Rn. 33; BGH, Urteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725 Rn. 9 aE). Wurde der Anleger von der Bank ordnungsgemäß mittels Übergabe eines fehlerfreien Prospektes aufgeklärt, nimmt er die Informationen jedoch nicht zur Kenntnis, geht das grundsätzlich zu seinen Lasten. Das gilt zwar nur in Bezug auf die konkrete Anlageentscheidung, die die Prospektübergabe vorbereiten soll. Jedoch kann dieses Verhalten hinsichtlich nachfolgender Anlageentscheidungen ein Indiz dafür sein, dass der Anleger auch bei diesen die Information über die Höhe und den Empfänger von Vertriebsprovisionen ignoriert hätte (Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10, juris Rn. 33).

III.

31
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
32
1. Das Berufungsgericht wird den Zeugen S. zu den Anlagemotiven, soweit diese nicht ohnehin unstreitig oder gegebenenfalls bereits durch die Parteivernehmung erwiesen sind, zu vernehmen haben. Soweit der Kläger zu 2 die ordnungsgemäße und rechtzeitige Aufklärung über Rückvergütungen bei der Zeichnung des Filmfonds A II bestreitet, wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auch die insoweit angebotenen Beweise zu erheben haben. Die danach zu berücksichtigenden, gegen die Kausalität sprechenden Indizien wird das Berufungsgericht schließlich in einer Gesamtschau mit den Aussagen der Kläger als Partei zu würdigen haben. Insoweit wird es im Rahmen der Gesamtschau auch zu berücksichtigen haben, dass die Kläger dem Grunde nach ohnehin mit einem - nicht unerheblichen - Provisionsfluss an die Beklagte rechneten.
33
Im Übrigen wird das Berufungsgericht, soweit es nach erneuter Verhandlung Schadensersatzansprüche in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen verneinen sollte, den sonstigen geltend gemachten Pflichtverletzungen, insbesondere einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.; vgl. auch Henning, WM 2012, 153 ff. mwN), nachzugehen haben. Sollte das Berufungsgericht insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, den Klägern sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.
34
2. Bezüglich der Feststellungsanträge hinsichtlich der wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteile aus den Beteiligungen weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Anträge dahingehend ausgelegt werden können und auszulegen sind, dass die Ersatzpflicht der Beklagten nicht jene steuerlichen Nach- teile umfasst, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistungen resultieren. Diese Nachteile wurden bereits abschließend (und zutreffend) bei Bemessung der Ersatzleistungen aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile im Rahmen der Vorteilsausgleichung berücksichtigt (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 f. und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 40).
35
3. Schließlich weist der Senat darauf hin, dass nicht ersichtlich ist, weshalb die Beklagte zur Rückzahlung von investiertem Eigenkapital an den Kläger zu 2 in Höhe von 26.500 € und 52.750 € verurteilt worden ist. Tatsächlich aus Eigenmitteln aufgewandt hat der Kläger zu 2, wie ausdrücklich auch in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils (S. 28) dargestellt, lediglich 26.250 € und 52.500 €. Soweit der Kläger zu 2 höhere Beträge geltend gemacht hat, sind darin die Bearbeitungsentgelte von jeweils 250 € enthalten. Diese wurden vom Kläger zu 2 jedoch tatsächlich (noch) nicht aufgewandt, sondern lediglich von der Beklagten von den Darlehensbruttobeträgen einbehalten. Sie erhöhen daher weder, wie vom Landgericht bereits zutreffend berücksichtigt, die vom Kläger zu 2 geltend gemachten Zins- und Tilgungsleistungen (Landgerichtsurteil S. 26) noch den Anspruch auf Ersatz des aus eigenen Mitteln aufgewandten Zeichnungskapitals.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Neuruppin, Entscheidung vom 25.05.2010 - 5 O 54/09 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 09.03.2011 - 4 U 95/10 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1)1Anstelle der Ermittlung des Gewinns nach § 4 Absatz 1 oder § 5 ist bei einem Gewerbebetrieb mit Geschäftsleitung im Inland der Gewinn, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen nach der in seinem Betrieb geführten Tonnage zu ermitteln, wenn die Bereederung dieser Handelsschiffe im Inland durchgeführt wird.2Der im Wirtschaftsjahr erzielte Gewinn beträgt pro Tag des Betriebs für jedes im internationalen Verkehr betriebene Handelsschiff für jeweils volle 100 Nettotonnen (Nettoraumzahl)

0,92 Eurobei einer Tonnage bis zu 1 000 Nettotonnen,
0,69 Eurofür die 1 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage bis zu 10 000 Nettotonnen,
0,46 Eurofür die 10 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage bis zu 25 000 Nettotonnen,
0,23 Eurofür die 25 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage.

(2)1Handelsschiffe werden im internationalen Verkehr betrieben, wenn eigene oder gecharterte Seeschiffe, die im Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind, in diesem Wirtschaftsjahr überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See eingesetzt werden.2Zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr gehören auch ihre Vercharterung, wenn sie vom Vercharterer ausgerüstet worden sind, und die unmittelbar mit ihrem Einsatz oder ihrer Vercharterung zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte einschließlich der Veräußerung der Handelsschiffe und der unmittelbar ihrem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter.3Der Einsatz und die Vercharterung von gecharterten Handelsschiffen gilt nur dann als Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, wenn gleichzeitig eigene oder ausgerüstete Handelsschiffe im internationalen Verkehr betrieben werden.4Sind gecharterte Handelsschiffe nicht in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen, gilt Satz 3 unter der weiteren Voraussetzung, dass im Wirtschaftsjahr die Nettotonnage der gecharterten Handelsschiffe das Dreifache der nach den Sätzen 1 und 2 im internationalen Verkehr betriebenen Handelsschiffe nicht übersteigt; für die Berechnung der Nettotonnage sind jeweils die Nettotonnen pro Schiff mit der Anzahl der Betriebstage nach Absatz 1 zu vervielfältigen.5Dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr ist gleichgestellt, wenn Seeschiffe, die im Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind, in diesem Wirtschaftsjahr überwiegend außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zum Schleppen, Bergen oder zur Aufsuchung von Bodenschätzen eingesetzt werden; die Sätze 2 bis 4 sind sinngemäß anzuwenden.

(3)1Der Antrag auf Anwendung der Gewinnermittlung nach Absatz 1 ist im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des Handelsschiffs (Indienststellung) mit Wirkung ab Beginn dieses Wirtschaftsjahres zu stellen.2Vor Indienststellung des Handelsschiffs durch den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erwirtschaftete Gewinne sind in diesem Fall nicht zu besteuern; Verluste sind weder ausgleichsfähig noch verrechenbar.3Bereits erlassene Steuerbescheide sind insoweit zu ändern.4Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem der Gewinn erstmals nach Absatz 1 ermittelt wird.5Wird der Antrag auf Anwendung der Gewinnermittlung nach Absatz 1 nicht nach Satz 1 im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des Handelsschiffs (Indienststellung) gestellt, kann er erstmals in dem Wirtschaftsjahr gestellt werden, das jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren, vom Beginn des Jahres der Indienststellung gerechnet, endet.6Die Sätze 2 bis 4 sind insoweit nicht anwendbar.7Der Steuerpflichtige ist an die Gewinnermittlung nach Absatz 1 vom Beginn des Wirtschaftsjahres an, in dem er den Antrag stellt, zehn Jahre gebunden.8Nach Ablauf dieses Zeitraumes kann er den Antrag mit Wirkung für den Beginn jedes folgenden Wirtschaftsjahres bis zum Ende des Jahres unwiderruflich zurücknehmen.9An die Gewinnermittlung nach allgemeinen Vorschriften ist der Steuerpflichtige ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem er den Antrag zurücknimmt, zehn Jahre gebunden.

(4)1Zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung des Absatzes 1 vorangeht (Übergangsjahr), ist für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen.2Der Unterschiedsbetrag ist gesondert und bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 einheitlich festzustellen.3Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist dem Gewinn hinzuzurechnen:

1.
in den dem letzten Jahr der Anwendung des Absatzes 1 folgenden fünf Wirtschaftsjahren jeweils in Höhe von mindestens einem Fünftel,
2.
in dem Jahr, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder in dem es nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient,
3.
in dem Jahr des Ausscheidens eines Mitunternehmers hinsichtlich des auf ihn entfallenden Unterschiedsbetrags; mindert sich die Beteiligung des Mitunternehmers, ohne dass er aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet, erfolgt eine Hinzurechnung entsprechend der Minderung der Beteiligung.
4Satz 3 Nummer 3 gilt auch in den Fällen der §§ 20 und 24 des Umwandlungssteuergesetzes.5Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb auf einen Rechtsnachfolger zum Buchwert nach § 6 Absatz 3 übertragen, geht der Unterschiedsbetrag insoweit auf den Rechtsnachfolger über.6§ 182 Absatz 2 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.7Die Sätze 1 bis 6 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zuführt.

(4a)1Bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 tritt für die Zwecke dieser Vorschrift an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft.2Der nach Absatz 1 ermittelte Gewinn ist den Gesellschaftern entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen zuzurechnen.3Vergütungen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 sind hinzuzurechnen.

(5)1Gewinne nach Absatz 1 umfassen auch Einkünfte nach § 16.2§§ 34, 34c Absatz 1 bis 3 und § 35 sind nicht anzuwenden.3Rücklagen nach den §§ 6b und 6d sind beim Übergang zur Gewinnermittlung nach Absatz 1 dem Gewinn im Erstjahr hinzuzurechnen; bis zum Übergang in Anspruch genommene Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Absatz 1 sind nach Maßgabe des § 7g Absatz 3 rückgängig zu machen.4Für die Anwendung des § 15a ist der nach § 4 Absatz 1 oder § 5 ermittelte Gewinn zugrunde zu legen.

(6)1In der Bilanz zum Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem Absatz 1 letztmalig angewendet wird, ist für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Teilwert anzusetzen.2Für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens sind den weiteren Absetzungen für Abnutzung unverändert die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen.

(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.