Landgericht Neubrandenburg Beschluss, 20. Apr. 2010 - 1 S 130/09

20.04.2010

Tenor

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hat der Berufungsklägerin und Verfügungsbeklagten mit Urteil vom 27.10.2009 - 184 C 206/09 - unter Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben, jegliche tatsächliche Handlungen, die zu einer Unterbrechung der Stromversorgung für das vom Antragsteller (richtig: Verfügungskläger) und seinen Familienangehörigen benutzte Wohngrundstück in G, führt oder führen könnte, insbesondere durch Trennen vom Hausanschlusskabel, zu unterlassen.

2

Wegen der Einzelheiten wird auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen.

3

Gegen dieses Urteil hat sich die Verfügungsbeklagte mit form- und fristgerecht eingelegter Berufung gewandt.

4

Nachdem der Energielieferungsvertrag mit der Verfügungsbeklagten mit Ablauf des 31.12.2009 durch einen Wechsel des Verfügungsklägers zu einem anderen Energieversorger beendet worden war, haben die Parteien des Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.

II.

5

Die Kammer hat gemäß § 91a ZPO über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Nach diesen Grundsätzen waren die Kosten gegeneinander aufzuheben, denn die Berufung der Verfügungsbeklagten wäre allenfalls teilweise Aussicht auf Erfolg beschieden gewesen. Wenn der Verfügungskläger nicht den Stromanbieter gewechselt hätte, wäre das Urteil des Amtsgerichts voraussichtlich unter Zurückweisung der darüber hinausgehenden Berufung dahingehend abgeändert worden, dass die einstweilige Verfügung mit einer Befristung versehen und im übrigen zurückgewiesen worden wäre.

6

1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt zunächst voraus, dass zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines nicht auf eine Geldleistung gerichteten Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, § 935 ZPO.

7

a) Vorliegend war die Vereitelung eines Anspruches des Verfügungsklägers auf Belieferung mit Strom durch die Verfügungsbeklagte zu besorgen. Dieser Anspruch stand ihm aufgrund des seinerzeit bestehenden Energielieferungsvertrages zu.

8

Die Verfügungsbeklagte durfte die Stromversorgung insbesondere nicht gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 17 StromGVV unterbrechen.

9

aa) Nach dieser Vorschrift ist der Grundversorger bei der Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung berechtigt, die Grundversorgung vier Wochen nach Androhung unterbrechen zu lassen.

10

Dies war hier zwar der Fall, denn der Verfügungskläger befand sich bereits seit Dezember 2008 mit seiner Zahlungsverpflichtung aus dem laufenden Energielieferungsvertrag in Rückstand. Die Verfügungsbeklagte hat insoweit substantiiert dargelegt, dass der Verfügungskläger auf den sich aus der Jahresabrechnung für 2007 ergebenden offenen Betrag in Höhe von 2.142,33 € wie auch auf die Abschläge für die Monate Dezember 2008 bis einschließlich Februar 2009 zunächst keinerlei und in der Folgezeit bis einschließlich Oktober 2009 lediglich unregelmäßig Zahlungen geleistet hat. Insoweit wird auf die bei den Akten befindliche Forderungsaufstellung der Verfügungsbeklagten per 26.10.2009 Bezug genommen. Diesem Vortrag der Verfügungsbeklagten ist der Verfügungskläger nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit er sich darauf berufen hat, es sei im Verhältnis mit einem Drittanbieter zu fehlerhaften Abrechnungen und fehlgeleiteten Zahlungen gekommen, handelt es sich dabei nach seinem eigenen Vortrag lediglich um einen Betrag in Höhe von 300,- €, also knapp ein Siebtel der gegenüber der Verfügungsbeklagten offenen Summe.

11

Es kann dahinstehen, ob die Verfügungsbeklagte die geleisteten Zahlungen korrekt verrechnet hat, denn selbst ohne Berücksichtigung etwaig aufgelaufener Zinsen und Kosten für Mahnungen, Inkasso- und Sperrversuche verbleibt jedenfalls per 26.10.2008 ein offener Betrag in Höhe von 2.026,49 € zugunsten der Verfügungsbeklagten.

12

Diese hat die jeweils offenen Beträge mehrfach, unter anderem 12.01.2009 und 02.02.2009, zur Zahlung angemahnt und die Unterbrechung der Versorgung unstreitig fristgerecht angekündigt.

13

bb) Eine Versorgungsunterbrechung war angesichts der Höhe der offenen Forderung auch nicht nach § 19 Abs. 2 Satz 3 StromGVV ausgeschlossen.

14

cc) Einer Unterbrechung der Stromversorgung stand hier jedoch die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 StromGVV entgegen.

15

Nach dieser Vorschrift ist eine Unterbrechung nicht zulässig, wenn deren Folgen außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt.

16

Das Versorgungsunternehmen hat dabei die Folgen der Versorgungseinstellung für den Kunden, die Schwere der Zuwiderhandlung desselben gegen seine Vertragspflichten und die Aussicht auf künftige Erfüllung dieser Pflichten zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen.

17

(1) Hinreichende Aussicht, dass der Verfügungskläger seinen Verpflichtungen künftig nachkommen werde, besteht nach dessen Darlegungen zunächst nicht.

18

Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass sich der Verfügungskläger zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung bereits knapp ein Jahr mit der Zahlung im Rückstand befunden hat, ohne dass es ihm gelungen war, den offenen Saldo nennenswert zu reduzieren. Zwar hat der Verfügungskläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht eine Erhöhung seiner Abschlagszahlungen auf 300,- € monatlich angeboten. Selbst wenn der den aktuellen Abschlag von 156,- € übersteigende Betrag auf den offenen Saldo angerechnet würde, könnte dies rechnerisch allenfalls zu einem Ausgleich des behaupteten Zahlungsrückstandes binnen 15 Monaten führen; hierbei sind jedoch weder etwaige Verzugszinsen noch zu erwartende Rückstände aus der Jahresendabrechnung für 2009 einbezogen. Berücksichtigt man diese jedoch, liegt nahe, dass auch ein erhöhter Abschlag allenfalls zu einem Ausgleich laufender Verbrauchskosten führen werde. Das Angebot, den laufenden Verbrauch zu bezahlen, stellt jedoch keine hinreichende Zahlungsaussicht im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 StromGVV dar (vgl. Hempel: Die Einstellung der Versorgung in der öffentlichen Versorgungswirtschaft, NJW 1989, 1652 zu § 33 Absatz II 2 AVBV). Selbst die - hier nicht darlegte - Gewissheit, dass künftige Forderungen beglichen werden, beseitigt nicht das Recht zur Einstellung der Versorgung aufgrund der aus der Vergangenheit resultierenden Zahlungsrückstände (vgl. Hempel a.a.O.).

19

(2) Der Verfügungskläger konnte sich jedoch darauf berufen, dass eine Stromsperrung eine unzumutbare Härte darstellte.

20

Eine Stromsperrung stellt die gravierendste Maßnahme des Versorgers in einem Lieferungsvertrag dar. Er ist daher aus ultima-ratio-Gesichtspunkten gehalten, diese Maßnahme nur zu ergreifen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Dies war hier zwar der Fall, denn die Verfügungsbeklagte hat über einen längeren Zeitraum erfolglos versucht, den Verfügungskläger zum Ausgleich seiner Verbindlichkeiten anzuhalten. Auch mehrere Sperrandrohungen in den Monaten April, Mai, Juli, August und September haben den Verfügungskläger nicht dazu bewogen, den aufgelaufenen Rückstand nennenswert zu reduzieren.

21

Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Energieversorgungsunternehmen, bedürftige Kunden notfalls kostenlos mit Energie zu versorgen; die Unterstützung Bedürftiger ist letztlich Sache der Sozialverwaltung (vgl. LG Hildesheim, Urteil vom 10.10.2008 - Az. 7 S 155/08 - m.w.N.; zit. nach juris); demgegenüber hat der säumige Kunde die mit einer Stromsperre regelmäßig verbundenen Härten auch dann hinzunehmen, wenn sie für ihn erheblich sind.

22

Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die mit dem Ausfall des Stromversorgung verbundenen Unannehmlichkeiten einen Umfang annehmen, der über den "Normalfall" in besonderem Maße hinausgeht; namentlich dann, wenn durch die Lieferungsunterbrechung konkrete Gefahr für Leib oder Leben der dadurch Betroffenen zu besorgen ist.

23

Dies war hier der Fall. Neben dem Verfügungskläger waren unstreitig dessen Ehefrau sowie seine fünf minderjährigen Kinder, die zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung zwischen 3 1/2 und 15 1/2 Jahre alt waren, von der Stromsperre betroffen; der Verfügungskläger und seine Familie verwendeten Strom zum Kochen, Waschen und zur Warmwasserbereitung, daneben auch - in nicht näher dargelegtem Umfang - zur "teilweisen" Beheizung der Kinderzimmer. Eine Unterbrechung der Stromversorgung hätte dementsprechend zur Folge, dass jedenfalls die Zubereitung warmer Mahlzeiten wie auch warmen Wassers nur noch sehr eingeschränkt möglich gewesen wäre. Angesichts der Anzahl der Familienmitglieder erscheint kaum denkbar, eine ausreichende Versorgung noch sicherzustellen. Angesichts der bekannt außergewöhnlich niedrigen Temperaturen im Winter 2009/2010 lag eine konkrete Gesundheitsgefahr durch diese Einschränkungen, wie in der erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend dargestellt, jedenfalls für die jüngeren Kinder des Verfügungsklägers auf der Hand. Hinzu kam, dass im Falle einer Stromsperre wegen der niedrigen Temperaturen in besonderem Maße mit einem Zusammenbruch der Wasserversorgung - durch Einfrieren der Leitungen - und damit einer weiteren Versorgungsverschlechterung der Kinder zu rechnen war.

24

Vor diesem Hintergrund hatte im vorliegenden Fall ausnahmsweise das Interesse der Verfügungsbeklagten, keine weitere Erhöhung ihrer offenen Forderungen dulden zu müssen, gegenüber den unmittelbaren gesundheitlichen Interessen der von der Lieferungssperre betroffenen Kinder des Verfügungsklägers zurückzustehen.

25

bb) Da die Verfügungsbeklagte die Unterbrechung der Stromversorgung angekündigt hatte, bestand auch ein Verfügungsgrund, denn durch die Unterbrechung wäre die Verwirklichung des Rechtes des Verfügungsklägers auf Lieferung elektrischer Energie vereitelt worden.

26

2. Die einstweilige Verfügung hätte jedoch mit einer Befristung versehen werden müssen, da anderenfalls die Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache vorweggenommen worden wäre. Zwar bestimmt das Gericht im Rahmen des gestellten Antrags (§ 308 ZPO) den Inhalt der einstweiligen Verfügung nach freiem Ermessen, § 938 Abs. 1 ZPO; im Verhältnis zum Hauptsacheanspruch muss die angeordnete Maßnahme jedoch stets ein minus und ein aliud sein (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 938 Rnr. 3). Da eine Einschränkung der Stromlieferung oder eine Teilsperre technisch kaum zu bewerkstelligen gewesen sein dürfte und eine Sequestration nicht in Frage kam, stellte eine Befristung des Sperrverbots die einzige Möglichkeit einer vorläufigen Regelung ohne Vorwegnahme der Hauptsache dar.

III.

27

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 ZPO.

28

Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung; auch die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gebietet keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 938 Inhalt der einstweiligen Verfügung


(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind. (2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verbo

Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV | § 19 Unterbrechung der Versorgung


(1) Der Grundversorger ist berechtigt, die Grundversorgung ohne vorherige Androhung durch den Netzbetreiber unterbrechen zu lassen, wenn der Kunde dieser Verordnung in nicht unerheblichem Maße schuldhaft zuwiderhandelt und die Unterbrechung erforderl

Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV | § 17 Zahlung, Verzug


(1) Rechnungen und Abschläge werden zu dem vom Grundversorger angegebenen Zeitpunkt, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig. Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen gegenüber dem Grundversorg

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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

(1) Rechnungen und Abschläge werden zu dem vom Grundversorger angegebenen Zeitpunkt, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig. Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen gegenüber dem Grundversorger zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,

1.
soweit die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers besteht oder
2.
sofern
a)
der in einer Rechnung angegebene Verbrauch ohne ersichtlichen Grund mehr als doppelt so hoch wie der vergleichbare Verbrauch im vorherigen Abrechnungszeitraum ist und
b)
der Kunde eine Nachprüfung der Messeinrichtung verlangt
und solange durch die Nachprüfung nicht die ordnungsgemäße Funktion des Messgeräts festgestellt ist.
§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.

(2) Bei Zahlungsverzug des Kunden kann der Grundversorger, wenn er erneut zur Zahlung auffordert oder den Betrag durch einen Beauftragten einziehen lässt, die dadurch entstandenen Kosten für strukturell vergleichbare Fälle pauschal berechnen; die pauschale Berechnung muss einfach nachvollziehbar sein. Die Pauschale darf die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Kosten nicht übersteigen. Auf Verlangen des Kunden ist die Berechnungsgrundlage nachzuweisen.

(3) Gegen Ansprüche des Grundversorgers kann vom Kunden nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufgerechnet werden.

(1) Der Grundversorger ist berechtigt, die Grundversorgung ohne vorherige Androhung durch den Netzbetreiber unterbrechen zu lassen, wenn der Kunde dieser Verordnung in nicht unerheblichem Maße schuldhaft zuwiderhandelt und die Unterbrechung erforderlich ist, um den Gebrauch von elektrischer Arbeit unter Umgehung, Beeinflussung oder vor Anbringung der Messeinrichtungen zu verhindern.

(2) Bei anderen Zuwiderhandlungen, insbesondere bei der Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung, ist der Grundversorger berechtigt, die Grundversorgung vier Wochen nach Androhung unterbrechen zu lassen und den zuständigen Netzbetreiber nach § 24 Absatz 3 der Niederspannungsanschlussverordnung mit der Unterbrechung der Grundversorgung zu beauftragen. Dies gilt nicht, wenn die Folgen der Unterbrechung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt. Im Fall einer Androhung nach Satz 1 hat der Grundversorger den Kunden einfach verständlich zu informieren, wie er dem Grundversorger das Vorliegen von Voraussetzungen nach Satz 5 in Textform mitteilen kann. Der Grundversorger hat dem Kunden die Kontaktadresse anzugeben, an die der Kunde die Mitteilung zu übermitteln hat. Die Verhältnismäßigkeit ist insbesondere dann nicht gewahrt, wenn infolge der Unterbrechung eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der dadurch Betroffenen zu besorgen ist. Der Grundversorger kann mit der Mahnung zugleich die Unterbrechung der Grundversorgung androhen, sofern dies nicht außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung steht. Der Grundversorger hat den Kunden mit der Androhung der Unterbrechung über die Möglichkeit zu informieren, Gründe für eine Unverhältnismäßigkeit der Unterbrechung, insbesondere eine Gefahr für Leib und Leben, in Textform vorzutragen. Wegen Zahlungsverzuges darf der Grundversorger eine Unterbrechung unter den in den Sätzen 1 bis 4 genannten Voraussetzungen nur durchführen lassen, wenn der Kunde nach Abzug etwaiger Anzahlungen in Verzug ist mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe des Doppelten der rechnerisch auf den laufenden Kalendermonat entfallenden Abschlags- oder Vorauszahlung oder, für den Fall, dass keine Abschlags- oder Vorauszahlungen zu entrichten sind, mit mindestens einem Sechstel des voraussichtlichen Betrages der Jahresrechnung. Dabei muss der Zahlungsverzug des Kunden mindestens 100 Euro betragen. Bei der Berechnung der Höhe des Betrages nach den Sätzen 6 und 7 bleiben diejenigen nicht titulierten Forderungen außer Betracht, die der Kunde form- und fristgerecht sowie schlüssig begründet beanstandet hat. Ferner bleiben diejenigen Rückstände außer Betracht, die wegen einer Vereinbarung zwischen Versorger und Kunde noch nicht fällig sind oder die aus einer streitigen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Preiserhöhung des Grundversorgers resultieren.

(3) Der Grundversorger ist verpflichtet, den betroffenen Kunden mit der Androhung einer Unterbrechung der Grundversorgung wegen Zahlungsverzuges zugleich in Textform über Möglichkeiten zur Vermeidung der Unterbrechung zu informieren, die für den Kunden keine Mehrkosten verursachen. Dazu können beispielsweise gehören

1.
örtliche Hilfsangebote zur Abwendung einer Versorgungsunterbrechung wegen Nichtzahlung,
2.
Vorauszahlungssysteme,
3.
Informationen zu Energieaudits und zu Energieberatungsdiensten und
4.
Hinweise auf staatliche Unterstützungsmöglichkeiten der sozialen Mindestsicherung und bei welcher Behörde diese beantragt werden kann sowie auf eine anerkannte Schuldner- und Verbraucherberatung.
Ergänzend ist auch auf die Pflicht des Grundversorgers hinzuweisen, dem Kunden auf dessen Verlangen innerhalb einer Woche sowie unabhängig von einem solchen Verlangen des Kunden spätestens mit der Ankündigung der Unterbrechung eine Abwendungsvereinbarung nach Absatz 5 anzubieten und dem Kunden ein standardisiertes Antwortformular zu übersenden, mit dem der Kunde die Übersendung einer Abwendungsvereinbarung anfordern kann. Die Informationen nach den Sätzen 1 bis 3 sind in einfacher und verständlicher Weise zu erläutern.

(4) Der Beginn der Unterbrechung der Grundversorgung ist dem Kunden acht Werktage im Voraus durch briefliche Mitteilung anzukündigen. Zusätzlich soll die Ankündigung nach Möglichkeit auch auf elektronischem Wege in Textform erfolgen.

(5) Der betroffene Kunde ist nach Erhalt einer Androhung der Unterbrechung der Grundversorgung wegen Zahlungsverzugs berechtigt, von dem Grundversorger die Übermittlung des Angebots einer Abwendungsvereinbarung zu verlangen. Der Grundversorger ist verpflichtet, dem betroffenen Kunden im Fall eines Verlangens nach Satz 1 innerhalb einer Woche und unabhängig von einem solchen Verlangen des betroffenen Kunden spätestens mit der Ankündigung einer Unterbrechung der Grundversorgung nach Absatz 4 zugleich in Textform den Abschluss einer Abwendungsvereinbarung anzubieten. Das Angebot für die Abwendungsvereinbarung hat Folgendes zu beinhalten:

1.
eine Vereinbarung über zinsfreie monatliche Ratenzahlungen zur Tilgung der nach Absatz 2 Satz 6 bis 8 ermittelten Zahlungsrückstände sowie
2.
eine Verpflichtung des Grundversorgers zur Weiterversorgung nach Maßgabe der allgemeinen und ergänzenden Bedingungen, soweit der Kunde seine laufenden Zahlungsverpflichtungen aus dem Grundversorgungsvertrag erfüllt, und
3.
allgemein verständliche Erläuterungen der Vorgaben für Abwendungsvereinbarungen.
Unabhängig vom gesetzlichen Widerrufsrecht des Kunden darf nicht ausgeschlossen werden, dass er innerhalb eines Monats nach Abschluss der Abwendungsvereinbarung Einwände gegen die der Ratenzahlung zugrunde liegenden Forderungen in Textform erheben kann. Die Ratenzahlungsvereinbarung nach Satz 3 Nummer 1 muss so gestaltet sein, dass der Kunde sich dazu verpflichtet, die Zahlungsrückstände in einem für den Grundversorger sowie für den Kunden wirtschaftlich zumutbaren Zeitraum vollständig auszugleichen. Als in der Regel zumutbar ist je nach Höhe der Zahlungsrückstände ein Zeitraum von sechs bis 18 Monaten anzusehen. Überschreiten die Zahlungsrückstände die Summe von 300 Euro, beträgt dieser Zeitraum mindestens zwölf bis 24 Monate. In die Bemessung der Zeiträume nach den Sätzen 6 und 7 soll die Höhe der jeweiligen Zahlungsrückstände maßgeblich einfließen. Der Kunde kann in dem Zeitraum, den die Abwendungsvereinbarung umfasst, von dem Grundversorger eine Aussetzung der Verpflichtungen nach Satz 3 Nummer 1 hinsichtlich der monatlichen Ratenzahlungsvereinbarung in Höhe von bis zu drei Monatsraten verlangen, solange er im Übrigen seine laufenden Zahlungsverpflichtungen aus dem Grundversorgungsvertrag erfüllt. Darüber hat der Haushaltskunde den Grundversorger vor Beginn des betroffenen Zeitraums in Textform zu informieren. Kommt der Kunde seinen Verpflichtungen aus der Abwendungsvereinbarung nicht nach, ist der Grundversorger berechtigt, die Grundversorgung unter Beachtung des Absatzes 4 zu unterbrechen. Absatz 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(6) In einer Unterbrechungsandrohung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und in einer Ankündigung des Unterbrechungsbeginns nach Absatz 4 ist klar und verständlich sowie in hervorgehobener Weise auf den Grund der Unterbrechung sowie darauf hinzuweisen, welche voraussichtlichen Kosten dem Kunden infolge einer Unterbrechung nach Absatz 2 Satz 1 und infolge einer nachfolgenden Wiederherstellung nach Absatz 7 in Rechnung gestellt werden können.

(7) Der Grundversorger hat die Grundversorgung unverzüglich wiederherstellen zu lassen, sobald die Gründe für ihre Unterbrechung entfallen sind und der Kunde die Kosten der Unterbrechung und Wiederherstellung der Belieferung ersetzt hat. Die Kosten können für strukturell vergleichbare Fälle pauschal berechnet werden; die pauschale Berechnung muss einfach nachvollziehbar sein. Die Pauschale darf die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Kosten nicht übersteigen. Auf Verlangen des Kunden ist die Berechnungsgrundlage nachzuweisen. Der Nachweis geringerer Kosten ist dem Kunden zu gestatten. Die in Rechnung gestellten Kosten dürfen, auch im Fall einer Pauschalisierung, die tatsächlich entstehenden Kosten nicht überschreiten.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind.

(2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerks untersagt wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.