Landgericht Münster Beschluss, 05. Mai 2014 - 05 T 212/14
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
1
Gründe:
21)
3Das Amtsgericht U hat mit Beschluss vom 07.04.2014 im Wege einer weiteren einstweiligen Anordnung die vorläufige geschlossene Unterbringung der Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus bis zum 05.05.2014 verlängert. Der hiergegen gerichtete, mündliche „Einspruch“ der Betroffenen vom 07.04.2014 ist als Beschwerde gemäß § 13 Abs. 1 PsychKG NRW, § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Die Kammer behandelt die Beschwerde im Interesse der Betroffenen auch sonst als zulässig, obwohl die Beschwerde bereits vor Erlass des Beschlusses vom 07.04.2014 eingelegt wurde, was an sich nicht wirksam möglich ist.
42)
5In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der vorläufigen geschlossenen Unterbringung der Betroffenen sind erfüllt (§§ 11, 15 S. 1 PsychKG NRW, §§ 331-333 FamFG).
6a)
7Der Beteiligte zu 2. hat nach einem Hinweis der Kammer vom 22.04.2014 den erforderlichen Antrag auf Verlängerung der geschlossenen Unterbringung mit Schriftsatz vom 23.04.2014 nachgeholt und damit den ursprünglichen Antragsmangel geheilt (jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft).
8Die Kammer hält an ihrer Auffassung fest, dass die Unterbringungsverlängerung hier einen entsprechenden behördlichen Antrag voraussetzt. Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2. genügte sein ursprünglicher Unterbringungsantrag vom 28.02.2014 für eine Verlängerung nicht. Der Antrag vom 28.02.2014 ist dahingehend auszulegen, dass eine einstweilige Unterbringungsanordnung für die gesetzliche Höchstdauer von sechs Wochen (§ 333 Abs. 1 Satz 1 FamFG) erlassen werden sollte. Mit der Unterbringungsverlängerung wurde dieser Zeitraum überschritten.
9Ob es möglich wäre, mit dem Unterbringungsantrag vorsorglich einen ausdrücklichen Verlängerungsantrag zu verbinden, ist sehr zweifelhaft, kann hier aber dahinstehen.
10b)
11Die sachlichen Voraussetzungen für eine (weitere) geschlossene Unterbringung der Betroffenen sind erfüllt.
12Gegen oder ohne seinen Willen kann ein Betroffener nach dem PsychKG NRW nur untergebracht werden, wenn er im Sinne des § 1 Abs. 2 PsychKG NRW psychisch erkrankt ist und durch sein krankheitsbedingtes Verhalten gegenwärtig eine erhebliche Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer besteht, die nicht anders abgewendet werden kann (§ 11 Abs. 1 Satz 1 PsychKG NRW). Von einer gegenwärtigen Gefahr im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 PsychKG NRW ist gemäß § 11 Abs. 2 PsychKG NRW dann auszugehen, wenn eine schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände aber doch jederzeit zu erwarten ist.
13Im vorliegenden Fall besteht aufgrund neuerer Erkenntnisse dringender Grund zu der Annahme, dass die genannten Unterbringungsvoraussetzungen erfüllt sind, sodass eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme veranlasst ist (siehe § 331 Satz 1 Nr. 1 FamFG):
14Nach den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen ist davon auszugehen, dass die Betroffene an einer behandlungsbedürftigen Psychose i.S.v. § 1 Abs. 2 PsychKG NRW leidet, nämlich an einer paranoiden Schizophrenie. Die Kammer sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit der ärztlichen Diagnosen zu zweifeln.
15Ferner besteht dringender Grund zu der Annahme, dass sich die Betroffene gegenwärtig krankheitsbedingt erheblich selbst gefährdet und dass die Selbstgefährdung nicht anders als durch eine geschlossene Unterbringung abgewendet werden kann. Zugleich besteht bzw. bestand ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden des Gerichts (siehe § 331 Satz 1 Nr. 1 FamFG). Zwar hat die Kammer mit Schreiben vom 22.04.2014 Bedenken gegen die Notwendigkeit der geschlossenen Unterbringung zur Abwendung einer bedrohlichen Dehydratation oder Unterernährung der Betroffenen geäußert, die weiterhin nicht gänzlich ausgeräumt sind. Aus der jüngsten ärztlichen Stellungnahme vom 23.04.2014 folgt jedoch, dass die Betroffene an einem schwer einstellbaren Bluthochdruck leidet und dass außerhalb der vollstationären Behandlung mit einer Entgleisung des Bluthochdrucks zu rechnen wäre, da die Betroffene mangels Krankheitseinsicht eine Medikation nicht fortführen würde. In der Folge könnte es zu einem potentiell tödlichen Herzinfarkt oder Schlaganfall kommen, zumal die Betroffene Hilfe von außen krankheitsbedingt ablehnt. Die Betroffene und der Verfahrenspfleger hatten Gelegenheit, sich zu der ärztlichen Stellungnahme vom 23.04.2014 zu äußern.
16c)
17Der angefochtene Beschluss vom 07.04.2014 ordnet eine weitere geschlossene Unterbringung für die Dauer von vier Wochen an und bleibt damit unterhalb der gesetzlichen Höchstdauer von sechs Wochen (§ 333 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Gemäß § 333 Abs. 1 Satz 4 FamFG beträgt die maximal zulässigeGesamtdauer der verlängerten vorläufigen Unterbringung drei Monate. Auch diese Grenze wird durch die Beschlüsse vom 28.02. und 07.04.2014 nicht überschritten.
18d)
19Die verfahrensrechtlichen Unterbringungsvoraussetzungen gemäß § 331 Satz 1 Nr. 2 bis 4 FamFG sind erfüllt. Insbesondere wurde die Betroffene vor der Verlängerung vom Amtsgericht erneut persönlich angehört. Von einer weiteren persönlichen Anhörung der Betroffenen hat die Kammer abgesehen, weil hierdurch keine zusätzlichen Kenntnisse zu erwarten sind, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Es liegt auch, wie oben dargelegt, ein ärztliches Zeugnis über den Zustand der Betroffenen vor (§ 331 Satz 1 Nr. 2 FamFG). Die (fach)ärztlichen Stellungnahmen der LWL-Klinik M vom 07., 11. und 23.04.2014 erfüllen zugleich die Anforderungen, die an die „Anhörung eines Sachverständigen“ i.S.v. § 333 Abs. 1 Satz 2 FamFG zu stellen sind.
203)
21Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da Kostenerstattungsansprüche anderer Verfahrensbeteiligter gegen die Betroffene, die sich nicht bereits aus dem Gesetz ergeben, nicht ersichtlich sind. Es besteht auch kein Anlass für eine Festsetzung des Verfahrenswertes. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
224)
23Gegen diesen Beschluss findet kein weiteres Rechtsmittel statt (§ 70 Abs. 4 FamFG).
24Unterschriften
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Referenzen - Gesetze
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 58 Statthaftigkeit der Beschwerde
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 68 Gang des Beschwerdeverfahrens
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 331 Einstweilige Anordnung
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 333 Dauer der einstweiligen Anordnung
(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.
(1) Die einstweilige Anordnung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, kann sie nach Anhörung eines Sachverständigen durch eine weitere einstweilige Anordnung verlängert werden. Die mehrfache Verlängerung ist unter den Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 zulässig. Sie darf die Gesamtdauer von drei Monaten nicht überschreiten. Eine Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens (§ 322) ist in diese Gesamtdauer einzubeziehen.
(2) Die einstweilige Anordnung darf bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung die Dauer von zwei Wochen nicht überschreiten. Bei mehrfacher Verlängerung darf die Gesamtdauer sechs Wochen nicht überschreiten.
Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme anordnen oder genehmigen, wenn
- 1.
dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, - 2.
ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen und über die Notwendigkeit der Maßnahme vorliegt; der Arzt, der das ärztliche Zeugnis ausstellt, soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie haben; dies gilt nicht für freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 312 Nummer 2 und 4, - 3.
im Fall des § 317 ein Verfahrenspfleger bestellt und angehört worden ist und - 4.
der Betroffene persönlich angehört worden ist.
(1) Die einstweilige Anordnung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, kann sie nach Anhörung eines Sachverständigen durch eine weitere einstweilige Anordnung verlängert werden. Die mehrfache Verlängerung ist unter den Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 zulässig. Sie darf die Gesamtdauer von drei Monaten nicht überschreiten. Eine Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens (§ 322) ist in diese Gesamtdauer einzubeziehen.
(2) Die einstweilige Anordnung darf bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung die Dauer von zwei Wochen nicht überschreiten. Bei mehrfacher Verlängerung darf die Gesamtdauer sechs Wochen nicht überschreiten.
Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme anordnen oder genehmigen, wenn
- 1.
dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, - 2.
ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen und über die Notwendigkeit der Maßnahme vorliegt; der Arzt, der das ärztliche Zeugnis ausstellt, soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie haben; dies gilt nicht für freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 312 Nummer 2 und 4, - 3.
im Fall des § 317 ein Verfahrenspfleger bestellt und angehört worden ist und - 4.
der Betroffene persönlich angehört worden ist.
(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.
(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme anordnen oder genehmigen, wenn
- 1.
dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, - 2.
ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen und über die Notwendigkeit der Maßnahme vorliegt; der Arzt, der das ärztliche Zeugnis ausstellt, soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie haben; dies gilt nicht für freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 312 Nummer 2 und 4, - 3.
im Fall des § 317 ein Verfahrenspfleger bestellt und angehört worden ist und - 4.
der Betroffene persönlich angehört worden ist.
(1) Die einstweilige Anordnung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, kann sie nach Anhörung eines Sachverständigen durch eine weitere einstweilige Anordnung verlängert werden. Die mehrfache Verlängerung ist unter den Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 zulässig. Sie darf die Gesamtdauer von drei Monaten nicht überschreiten. Eine Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens (§ 322) ist in diese Gesamtdauer einzubeziehen.
(2) Die einstweilige Anordnung darf bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung die Dauer von zwei Wochen nicht überschreiten. Bei mehrfacher Verlängerung darf die Gesamtdauer sechs Wochen nicht überschreiten.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.