Landgericht München I Hinweisbeschluss, 19. Apr. 2018 - 36 S 10312/17 WEG

bei uns veröffentlicht am19.04.2018
vorgehend
Amtsgericht München, 481 C 3768/17, 09.06.2017
nachgehend
Landgericht München I, 36 S 10312/17, 29.05.2018

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 09.06.2017, Az. 481 C 3768/17 WEG, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagtenpartei gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass diese offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, wobei das Merkmal der Offensichtlichkeit nicht voraussetzt, dass die Aussichtslosigkeit quasi auf der Hand liegt, sie kann auch das Ergebnis vorgängiger gründlicher Überprüfung sein. Weiterhin kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu - die grundlegenden Maßstäbe sind in einer Reihe von Entscheidungen durch den Bundesgerichtshof geklärt -; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Das Amtsgericht hat sich sehr sorgfältig mit der Rechtslage befasst und der Klage mit zutreffenden Erwägungen stattgegeben. Auch das Vorbringen in der Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.

1. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass der Einwand der Beklagten, wonach die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation unzulässig sei, nicht greift. Klägerin ist hier die WEG als Verband, welcher durch den Verwalter vertreten wird. Nun ist richtig, dass die Gemeinschaftsordnung den Verwalter nur dazu berechtigt, die von den Wohnungseigentümern zu entrichtenden Beträge gegenüber säumigen Wohnungseigentümern namens der übrigen Wohnungseigentümer oder in eigenem Namen für Rechnung der übrigen Wohnungseigentümer gerichtlich geltend zu machen. Der Verwaltervertrag sieht lediglich die 2 Alternative (Prozessstandschaft) vor. Beide Regelungswerke wurden jedoch vor Inkrafttreten der WEG-Novelle und damit vor der gesetzlichen Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit des Verbandes verfasst. Der Bundesgerichtshof hat zur neuen Rechtslage entschieden, dass das für eine Prozessstandschaft notwendige Eigeninteresse an der Durchsetzung der Rechte der Wohnungseigentümer nicht mehr aus der dem Verwalter durch das Wohnungseigentumsgesetz zugewiesenen Rechts- und Pflichtenstellung hergeleitet werden kann, nachdem das Gesetz die Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähigen Verband anerkannt hat (BGH, ZWE 2011, 177). Nachdem nunmehr für eine Prozessstandschaft des Verwalters kein Raum mehr ist, die Gemeinschaftsordnung indes darüber hinaus ausdrücklich eine Vertretung der übrigen Eigentümer ermöglicht, sind diese Regelungen, wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt, ergänzend dahingehend auszulegen, dass diese eine Vertretung des Verbandes bei Wohngeldklagen ermöglichen sollen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts nebst Belegzitaten wird Bezug genommen. Nach der neuen Gesetzeslage ergibt sich eine Regelungslücke, die nach dem hypothetischen Parteiwillen nunmehr mittels Annahme einer Vertretungsbefugnis für den Verband zu schließen ist. Ansonsten liefe die Regelung, die ersichtlich entsprechende Klagebefugnisse des Verwalters bei Wohngeldklagen schaffen will, gänzlich leer. Im übrigen kann ein Verwalter, auch wenn er ausdrücklich nur zur Prozessstandschaft ermächtigt wäre, ebenfalls als Bevollmächtigter auftreten, da die weitergehende Geltendmachung im eigenen Namen die Befugnis zum Handeln in fremdem Namen umfasst (Riecke/Schmid, WEG, 4. Auflage, § 27, Rdnr. 69). Die Vollmacht gilt für sämtliche Instanzen (Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage, § 27, Rdnr. 27) und umfasst auch die Möglichkeit, einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

Soweit beklagtenseits die Vollmachtsrüge erhoben wurde, wurde mit Schriftsatz vom 12.3.2018 (Bl. 70 d.A.) ein Original der Vollmacht vorgelegt.

2. Die streitgegenständlichen Ansprüche auf Wohngeldvorauszahlungen folgen aus § 28 Abs. 2 WEG i.V.m. dem bestandskräftigen Beschluss der Eigentümerversammlung vom 3.5.2016 zu TOP 4.1.

2.1. Grundsatz ist, dass Schuldner der Wohngeldvorschüsse bzw. von Fehlbeträgen aus der Jahresabrechnung derjenige ist, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit im Grundbuch eingetragen ist. Die Haftung nach § 16 Abs. 2 WEG setzt die Zugehörigkeit zu der Wohnungseigentümergemeinschaft und damit grundsätzlich die Eigentümerstellung des Inanspruchgenommenen voraus (BGH, NJW 1994, 3352, 3353). Demgemäß ist der noch nicht ins Grundbuch eingetragene Erwerber, der - wie hier - seine Wohnung bereits nutzt, also faktisch in die Wohnungseigentümergemeinschaft eingegliedert ist, nicht verpflichtet, Beiträge gemäß § 16 Abs. 2 WEG zu leisten (BGHZ 87, 138; BGHZ 106, 113, 119; BGHZ 107, 285, 288). Eingetragener Eigentümer und damit Kostenschuldner ist hier grundsätzlich also die Beklagte.

2.2. Eine Ausnahme wird jedoch für den Fall der werdenden WEG anerkannt, worauf sich die Beklagte in beiden Instanzen beruft. Danach ist in der Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten, sobald der vom Aufteiler erwerbende Käufer (sog. Ersterwerb) eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition besitzt und infolge des vertraglich vereinbarten Übergangs der Lasten und Nutzungen der Wohnung ein berechtigtes Interesse daran hat, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Anlage vorzeitig auszuüben. Dies ist anzunehmen, wenn ein wirksamer Erwerbsvertrag abgeschlossen wurde, für den Käufer eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist und der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist (BGH. BGHZ 177, 53 ff; BGH, NJW 2012, 2650 ff.; BGH, NJW 2015, 2877 ff.; BGH, NJW-RR 2016, 461 ff., LG Hamburg, ZWE 2016, 38 ff.; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Auflage, § 10, Rdnr. 8 bis 10). Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann der werdende Eigentümer einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben; andererseits hat er - und nur er - gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten zu tragen. Sollte der Fall hier nach den Grundsätzen der werdenden WEG zu behandeln sein, wäre also in der Tat die Beklagte nicht passivlegitimiert, nachdem die Erwerber unstreitig eine derart gesicherte Erwerbsposition innehaben.

2.3. Indes hat der Bundesgerichtshof bei der Veräußerung von Wohnungen aus einer vollständig und rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft heraus die vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes stets abgelehnt (sog. Zweiterwerb, BGH, a.a.O.) und damit der Ansicht, die mit der faktischen Eingliederung in die Eigentümergemeinschaft und mit wirtschaftlichen Interessen argumentiert hat, in diesem Fall eine Absage erteilt. Die Funktion des Grundbuchs, zuverlässig Auskunft über den Inhaber des Wohnungseigentumsrechts zu geben, könne nicht eingeschränkt und auch der Grundsatz nicht aufgegeben werden, dass der Erwerb der Wohnung untrennbar mit der Eintragung im Grundbuch verbunden ist. Die Rechtssicherheit erfordere es, das Stimmrecht - und damit auch die damit korrespondierende Kostenbelastung - an formale Kriterien zu knüpfen, mit der Konsequenz, dass der eingetragene Wohnungseigentümer unabhängig von den tatsächlichen Besitzverhaltnissen weiterhin verpflichtet bleibt, gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Lasten und Kosten zu tragen (BGHZ 106, 113 ff.). Sollte es sich hier also um einen Zweiterwerb handeln, wäre die Beklagte nach wie vor passivlegitimiert.

2.4. Es gilt daher, beide Fälle voneinander abzugrenzen. In seiner grundlegenden Entscheidung vom 5.6.2008, Az.: V ZB 85/07, NJW 2008, 2639 ff., hatte der Bundesgerichtshof bereits angedeutet, dass einiges dafür sprechen könnte, für einen gewissen Zeitraum auch solche Ersterwerber wie Wohnungseigentümer zu behandeln, die eine grundbuchrechtlich gesicherte Erwerbsposition und den Besitz an der Wohnung erst nach der Eintragung des ersten Erwerbers erlangen. Er hat damit angekündigt, der bislang herrschenden Meinung voraussichtlich nicht zu folgen, sondern für einen noch näher zu bestimmenden Übergangszeitraum nach Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft jeden Erwerber, der seine Wohnung vom Aufteiler erwirbt, wie einen werdenden Wohnungseigentümer zu behandeln. Mit Urteil vom 11.5.2012, Az.: V ZR 196/11, NJW 2012, 2650 ff. hat der BGH diese Rechtsprechung dahingehend fortgeführt, dass ein Erwerber von Wohnungseigentum, der den Erwerbsvertrag vor Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließt und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eintragen wird, auch dann als werdender Wohnungseigentümer anzusehen ist, wenn er den Besitz an der Wohnung erst nach dem Entstehen der WEG erlangt. In Betracht käme dies, wenn der Erwerbsvertrag als erster Bestandteil einer gesicherten Erwerbsposition erst geraume Zeit nach dem Entstehen der Wohnungseigentürnergemeinschaft geschlossen wird. Definitiv entschieden werden musste dies nicht, da im konkreten Fall der Erwerbsvertrag noch vor Entstehen der Eigentümergemeinschaft abgeschlossen wurde. In dieser Entscheidung führt der Bundesgerichtshof jedoch gleichzeitig aus, dass der Senat eine zeitliche Begrenzung für die Anwendung der Grundsätze der werdenden WEG auf die Ersterwerber - lediglich - im Hinblick darauf erwogen hat, dass der teilende Eigentümer nach einer längeren Vorratshaltung einem Eigenerwerber gleichzustellen sein könnte. Der BGH verweist in diesem Zusammenhang auf einen Aufsatz von Wenzel, NZM 2008, 625 ff., in dem Erst- und Zweiterwerb gegeneinander abgegrenzt werden, insbesondere auch die vom Bundesgerichtshof bereits angedachte zeitliche Begrenzung thematisiert wird und der Verfasser in diesem Zusammenhang zu folgendem Schluss kommt: „Können bei Vertragsschluss werkvertragliche Gewährleistungsrechte wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums nach dem Gesetz verjährt sein oder veräußert ein Ersterwerber sein Eigentum, handelt es sich um einen Zweiterwerb, bei dem der Erwerber erst mit seiner Eintragung in das Grundbuch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten wird“ (Wenzel, a.a.O., S. 628).

2.5. Nach diesen Grundsätzen gilt es die vorliegende, durchaus speziell gelagerte Konstellation, zu beurteilen. Auf der einen Seite stellen sich hier, worauf die Beklagte im Grundsatz zu Recht hinweist, Gewährleistungsfragen, wie sie beim Ersterwerb auftreten und gegebenenfalls zu einer Verzögerung der Eigentumsumschreibung führen. Auf der anderen Seite - und dies halt die Kammer für entscheidend -, ist hier keine Veräußerung durch den teilenden Eigentümer gegeben, so dass schon begrifflich kein Ersterwerb vorliegen kann, sondern vielmehr ein Fall des Zweit- bzw. hier sogar des Dritt- oder Vierterwerbs. Genau darauf stellt auch Wenzel in dem zitierten Aufsatz ab, wenn er die Veräußerung durch den Ersterwerber als Zweiterwerb qualifiziert. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 5.6.2008 angedeutet hatte, dass Ersterwerber (schon dies ist hier nicht gegeben) für einen gewissen Zeitraum wie Wohnungseigentümer zu behandeln sind, die eine gesicherte Erwerbsposition erst nach der Eintragung des ersten Erwerbers erlangen, kann hier bei einem verstrichenen Zeitraum von mehr als 20 Jahren nicht mehr von einem angemessenen bzw. Übergangszeitraum gesprochen werden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist seit Jahrzehnten rechtlich und tatsächlich in Vollzug gesetzt. Es handelt sich nicht um einen Erwerb in der Gründungsphase, mögen auch einzelne Einheiten erst später geschaffen worden sein. Der bestehende Verband existiert seit Jahrzehnten. Eine daneben bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft in Gestalt der Erwerber der neu geschaffenen Einheiten 93 bis 99 gibt es nicht und kann es dogmatisch auch nicht geben.

Schon formal liegt damit kein Fall des Ersterwerbs vor. Auch greifen die Argumente, die letztlich zur Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft geführt haben, hier nicht ein.

Der BGH hatte die vorverlagerte Anwendung der WEG-rechtlichen Vorschriften auf die werdende Wohnungseigentümergemelnschaft u.a. mit dem Demokratisierungsinteresse der Erwerber begründet. Zwischen Verkauf und Übergabe der Wohnungen einerseits und Eintragung des ersten Miteigentümers andererseits könnten Jahre liegen. Dies gelte insbesondere für den Kauf vom Bauträger, wenn der Erwerber Gewährleistungsrechte geltend macht und unter Berufung auf diese einen Teil des Kaufpreises zurückhält. Die Wohnanlage müsse schon ab Bezugsfertigkeit und Übergabe der verkauften Wohnungen bewirtschaftet und verwaltet werden, was sinnvollerweise nicht allein dem Veräußerer überlassen bleiben könne, sondern unter Mitwirkung der künftigen Eigentümer nach den Regeln erfolgen sollte, deren Geltung die Beteiligen ohnehin anstreben (BGH, a.a.O.). Dieser Gedanke greift jedoch nicht, wenn, wie hier, die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits besteht, d.h. bereits demokratisiert ist und es gerade nicht mehr darum geht, „die Alleinherrschaft des teilenden Eigentümers zu brechen“ (so auch Dr. Reichert, ZWE 2017, 142, 126). Dass die Wohnungseigentumsanwärter der unterteilten Einheit ebenfalls ein Interesse an Ausübung von Mitspracherechten haben, ist letztlich jedem Verkauf immanent und reicht alleine nicht aus, um diese als werdende Wohnungseigentümer zu qualifizieren. Es handelt sich in einem solchen Fall nicht, wie es Wenzel formuliert, um ein schon vor Eigentumsumschreibung schützenswertes kollektives Gleichberechtigungs- und Mitverwaltungsinteresse, sondern um ein rein persönliches bzw. individuelles.

In diesem Sinne hat der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung die Veräußerung der Wohnung durch einen werdenden Wohnungseigentümer dem Zweiterwerb gleichgestellt und den Erwerber, dessen Eintragung sich ebenfalls bei Ausübung von Gewährleistungsrechten verzögern kann und der ebenfalls ein Interesse an Teilhabe an der Verwaltung besitzt, gerade nicht als werdenden Wohnungseigentümer qualifiziert (BGH, Urteil vom 24.7.2015, Az.: V ZR 275/14, NJW 2015, 2877 ff.). Der BGH hatte insoweit ausgeführt, dass sich der Zedent vertraglich absichern könne, indem er einen Schuldbeitritt des Zessionars im Wege eines echten Vertrags zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbart. Eine wegen möglicher Abwicklung von Gewährleistungsrechten fortbestehende Haftung im Außenverhältnis sei zwar problematisch, könne sich aber auch bei einem Zweiterwerb ergeben und sei daher nicht geeignet, die bestehenden Bedenken gegen einen Übergang der Rechtsposition zu überwinden (BGH, a.a.O.). Es sei dem Zedenten und dem Zessionar wie bei einem Zweiterwerb ohne weiteres möglich, die Ausübung der Stimmrechte und die Tragung von Kosten und Lasten im Innenverhältnis vertraglich zu regeln. Schon dies spreche dafür, die Veräußerung wie einen Zweiterwerb zu behandeln, zumal der Einzelrechtsnachfolger eines werdenden Wohnungseigentümers andernfalls eine stärkere Rechtsstellung erlangen würde als der eines eingetragenen Eigentümers. Auch diese Entscheidung zeigt, dass die Grundsätze des Ersterwerbs als Ausnahme zur Regel eng gefasst werden und es auf die wirtschaftliche Interessenlage und die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse, mit denen die Beklagte entscheidend argumentiert, nicht ankommt.

2.7. Den Argumenten der Beklagtenpartei vermag die Kammer auch im übrigen nicht beizutreten. Die Beklagte will die Veräußerung der unterteilten Einheiten nach den Grundsätzen des Ersterwerbs behandeln und hält die diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts für rechtsfehlerhaft. Es liege ein klassischer Bauträgervertrag vor und es sei nicht sachgerecht, sie als Bauträger als Miteigentümer zu behandeln. Nachdem die Unterteilung und der Ausbau des Dachgeschosses bereits in der Teilungserklärung angelegt seien, handele es sich um eine zeitlich versetzte Maßnahme des ursprünglichen Aufteilers. Diese Argumentation lässt jedoch den tatsächlichen zeitlichen Ablauf, sowie die Funktion des Grundbuchs, welches die Beklagte als eingetragene Miteigentümerin ausweist, unberücksichtigt. Es liegt eben gerade kein Erwerb vom Aufteiler in der Gründungsphase vor - und nur für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof die Rechtsfigur des werdenden Wohnungseigentümers im Gegensatz zum reinen Wohnungseigentumsanwärter entwickelt -, sondern der Erwerb von einem eingetragenen Eigentümer aus einer vollständig in Vollzug gesetzten WEG, 20 Jahre nach Aufteilung. Der Erwerb kann auch nicht als mittelbarer Erwerb vom teilenden Eigentümer qualifiziert werden, nachdem eine Kette von selbständigen Übertragungsvorgängen gegeben ist. Veräußert - wie hier - nicht der teilende Eigentümer, sondern ein Ersterwerber das Eigentum, kann es sich nur um einen Zweiterwerb handeln, bei dem der Erwerber erst mit seiner Eintragung ins Grundbuch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten wird. Dabei ist der Verweis der Beklagten darauf, dass die Erwerber die Wohnungen allesamt bezogen haben, bewohnen würden und Betriebskosten verbrauchen würden und ihnen damit die Rechtsstellung als werdender Eigentümer nicht versagt werden könne, durchaus ein pragmatischer Ansatz; die Rechtsprechung stellt darauf jedoch - beim Zweiterwerb - gerade nicht ab, sondern hält die Eintragung im Grundbuch für entscheidend. So hatte der Bundesgerichtshof bereits in seiner Grundsatzentscheidung vom 24.3.1983, Az.: VII ZB 28/82 ausgeführt, dass ein Wegfall der Haftung des im Grundbuch noch eingetragenen Eigentümers dem tatsächlichen Nutzungsübergang sowie der Begründung und dem Verlust eines „faktischen“ Eigentums eine zu weitgehende rechtliche Bedeutung beimessen und die Funktion des Grundbuchs mindern würde. Die Rechtssicherheit erfordere, dass der eingetragene Wohnungseigentümer auch nach Überlassung der Nutzung an den Erwerber kostentragungspflichtig bleibe. Dieser Gedanke gilt auch hier. Dabei mag sein, dass das streitgegenständliche Sondereigentum bis zur Bezugsfertigkeit der zusätzlichen Wohnungen von Wohngeldzahlungsverpflichtungen befreit war, dieser Befreiungstatbestand ist jedoch nach Herstellung der Wohnungen weggefallen Nach 20 Jahren handelt es sich auch nicht etwa um eine zeitliche versetzte Maßnahme des ursprünglichen Aufteilers im Rahmen einer - gegebenenfalls etwas verlängerten - Gründungsphase. Es handelt sich vielmehr um eine Bestandsimmobilie. Die Beklagte ist bezüglich der Einheit 92 eingetragener Viert- und bezüglich der neu geschaffenen Einheiten Nr. 93 bis 99 eingetragener Dritteigentümer und ist damit Kostenschuldner. Die von den Beklagten gerügte Dualität ist im übrigen durch die zitierten Entscheidungen des BGH angelegt, wenn danach nur Erwerber, die innerhalb eines angemessenen Zeitraums (der aber sicher nicht unbegrenzt dauern kann), eine gesicherte Erwerbsposition erlangen, als Ersterwerber qualifiziert werden können. Dabei mag es durchaus zu Interessenkonflikten zwischen der Beklagten und den Neuerwerbern kommen; solche sind allerdings auch beim Zweiterwerb nicht zwingend ausgeschlossen. Soweit beklagtenseits weiter eingewendet wird, dass es auf diese Weise auch nicht zu einer vernünftigen Abnahmeregelung unter Einbeziehung der Alteigentümer kommen würde, ist darauf hinzuweisen, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ohnehin einer Vergemeinschaftung nicht zugänglich ist (vgl. BGH, IBR 2016, 399). Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.3.2018 ein weiteres Urteil des BGH vom 8.12.2017, Az: V ZR 82/17 zitiert hat, betrifft dies einen Fall des Ersterwerbs vom Aufteiler - was hier gerade nicht vorliegt - und ist damit nicht einschlägig.

2.8. Es verbleibt damit bei dem Grundsatz, wonach derjenige gemäß § 16 Abs. 2 WEG Kostenschuldner ist, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit im Grundbuch eingetragen ist, und es auf die faktische Nutzung nicht ankommt. Soweit der Bundesgerichtshof als einzige Ausnahme von dieser Regel den Ersterwerb vom teilenden Eigentümer in der Gründungsphase der Gemeinschaft ansieht, liegt diese Ausnahme hier nicht vor. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 12 Abs. 2 des Kaufvertrages, wie er in Anlage B 1 exemplarisch vorgelegt wurde. Danach übernimmt der Käufer im Verhältnis zum Verkaufer ab Besitzübergang alle Rechte einschließlich des Stimmrechts sowie alle sich aus der Stellung als Wohnungseigentümer ergebenden Pflichten gegenüber der Eigentümergemeinschaft. Diese Bestimmung wirkt, wie explizit formuliert und vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt, nur inter partes. Es wäre der Beklagten unbenommen gewesen, wie ausgeführt, im Kaufvertrag Bestimmungen zu treffen, die entsprechende Außenwirkung entfalten, wenn sie dafür ein praktisches Bedürfnis sieht (vgl. zu den entsprechenden Regelungsmöglichkeiten BGHZ 107, 285 ff.).

2.9 Die Beklagte hat durch die Aufteilung auch keine größere Entscheidungsmacht. Nach der Teilungserklärung gilt hier das Objektprinzip. In einem solchen Fall führt die Unterteilung der Wohnungseigentumseinheit auch im Fall einer Veräußerung gerade nicht zu einer Stimmrechtsvermehrung, sondern lässt die bisherige Anzahl der Stimmrechte unberührt. Es wird lediglich das zuvor auf die unterteilte Einheit entfallende Stimmrecht entsprechend der Zahl der neu entstandenen Einheiten nach Bruchteilen aufgespalten und diesen zugewiesen (BGH, NJW 2004, 3413 ff.).

2.10. Auch die Verurteilung zu künftigen Leistungen begegnet keinen Bedenken. Dies ist keine Frage der Existenz von materiellrechtlichen Vorfälligkeitsregelungen, sondern ergibt sich aus den prozessualen Vorschriften der §§ 259 ff. ZPO. Im übrigen ist für die Bewertung der Zulässigkeit der Klage auf künftige Leistungen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. im Rahmen des Vorgehens gemäß § 522 Abs. 2 ZPO der diesem gleichgestellte Zeitpunkt maßgebend. Danach war hier nunmehr insgesamt Fälligkeit eingetreten und es kommt auf die Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 257 ff. ZPO nicht an. Einer Antragsänderung bedurfte es nicht, wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt (BGH, NZM 2005, 582, 583; BAG, NJW 2015, 1773 ff.).

Eigenständige Ausführungen zum Zinsausspruch enthält die Berufungsbegründung nicht.

II.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Hinweises. Zur Kostenbegrenzung wird angeregt, die Rücknahme der Berufung zu überdenken.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


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Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 16 Nutzungen und Kosten


(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 28 Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Vermögensbericht


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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.

(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.

(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.

(4) Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 196/11
Verkündet am:
11. Mai 2012
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein Erwerber von Wohnungseigentum, der den Erwerbsvertrag vor Entstehen
der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließt und zu dessen
Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen wird, ist auch dann als
werdender Wohnungseigentümer anzusehen, wenn er den Besitz an der
Wohnung erst nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft
erlangt (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 5. Juni 2008
- V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 ff.).

b) Der in dem Grundbuch als Eigentümer eingetragene Veräußerer haftet
nicht gesamtschuldnerisch für die Lasten der Wohnung, wenn der Erwerber
als werdender Wohnungseigentümer anzusehen ist.
BGH, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11 - LG Stuttgart
AG Nürtingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und
Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Eigentümerin einer Wohnanlage, die sie in Wohnungseigentum aufteilte. Nach wie vor ist sie Eigentümerin einer Wohnung und zweier Tiefgaragenstellplätze, die sie mit notariellem Vertrag vom 14. Juli 2004 verkaufte. Für die Erwerberin wurde am 19. Juli 2004 eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Zu einem nicht genau festgestellten Zeitpunkt überließ ihr die Beklagte die Wohnung und die Stellplätze zur Nutzung. Am 22. September 2004 wurde der erste weitere Erwerber in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von der Beklagten unter anderem Zahlung der Abrechnungsspitzen aus den Abrechnungen der Jahre 2007 und 2008 sowie rückständiges Hausgeld aus den Jahren 2009 und 2010, jeweils bezogen auf die genannte Wohnung nebst Tiefgaragenstellplätzen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg gehabt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, und verfolgt ihren zuletzt gestellten Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


2
Das Berufungsgericht meint, für die Nachzahlungsbeträge und die rückständigen Hausgelder hafte nicht die Beklagte als eingetragene Eigentümerin der Wohnung nebst Tiefgaragenstellplätzen, sondern ausschließlich die Erwerberin. Diese sei als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen und trage als solche an Stelle des teilenden Eigentümers sämtliche Rechte und Pflichten. Eine gesamtschuldnerische Haftung des Veräußerers scheide daneben aus. Aufgrund der Auflassungsvormerkung sei aus dem Grundbuch ersichtlich, wer die mit dem Wohnungs- bzw. Teileigentum verbundenen Pflichten trage.

II.


3
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, nicht die Beklagte als eingetragene Eigentümerin, sondern nur die Erwerberin als werdende Wohnungseigentümerin schulde die geltend gemachten Beträge, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
4
1. Die Erwerberin ist als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen.
5
a) Der Senat hat für die Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden, dass - anders als bei einem sogenannten Zweiterwerb von Wohnungseigentum - jedenfalls im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten sein kann (Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 ff.; für den Zweiterwerb vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 1983 - VII ZB 28/82, BGHZ 87, 138, 141 ff.; Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1988 - V ZB 6/88, BGHZ 106, 113, 118 ff.; Beschluss vom 18. Mai 1989 - V ZB 14/88, BGHZ 107, 285 ff.). Voraussetzung ist, dass der Erwerber aufgrund einer rechtlich verfestigten Erwerbsposition ein berechtigtes Interesse daran erlangt hat, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnanlage vorzeitig auszuüben. Eine solche Erwerbsposition ist entstanden, wenn ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorliegt, der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist (Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008, aaO, Rn. 14). Dies hat zur Folge, dass der werdende Wohnungseigentümer einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben kann und andererseits gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten zu tragen hat (Senat, aaO, Rn. 14, 21). Der Senat hat darüber hinaus entschieden, dass die solchermaßen erlangte Rechtsposition nicht dadurch endet, dass ein anderer Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird und damit die endgültige Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht (aaO, Rn. 16). Offen gelassen hat er bislang, ob und gegebenenfalls wie lange auch ein Ersterwerber, der erst nach diesem Zeitpunkt eine gesicherte Erwerbsposition erlangt, als werdender Wohnungseigentümer zu behandeln ist (aaO, Rn. 19 ff.).
6
b) Gemessen daran steht zwar nicht fest, ob die Erwerbsposition der Käuferin schon vor dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft ge- sichert war, weil aus dem Urteil nicht hervorgeht, wann sie den Besitz erlangt hat. Das Berufungsgericht hat sie aber zu Recht als werdende Wohnungseigentümerin behandelt. Fest steht nämlich, dass vor Entstehung der endgültigen Wohnungseigentümergemeinschaft am 22. September 2004 sowohl der Erwerbsvertrag abgeschlossen wurde als auch die Eintragung der Auflassungsvormerkung erfolgte. Sollte die Erwerberin - wie die Klägerin in der Revisionsbegründung vorträgt - den Besitz erst im Jahr 2006 erlangt haben, wäre ihre Erwerbsposition zwar erst zu einem Zeitpunkt gesichert gewesen, in dem die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits in Vollzug gesetzt war. Ungeachtet dessen wäre sie aber von der Besitzeinräumung an als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen.
7
aa) Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 5. Juni 2008 angedeutet , dass jedenfalls für einen gewissen Zeitraum auch diejenigen Ersterwerber , die eine gesicherte Erwerbsposition erst nach der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangen, als werdende Wohnungseigentümer anzusehen sein könnten (Senat, aaO, Rn. 21 mwN). Im Ergebnis kam es darauf in der entschiedenen Fallkonstellation allerdings nicht an. Diese Ausführungen sind teilweise auf Zustimmung gestoßen. Als Abgrenzungskriterium in zeitlicher Hinsicht ist eine Anlehnung an das Verjährungsrecht vorgeschlagen worden (Wenzel, NZM 2008, 625, 627 f.; zustimmend Timme in Timme, WEG, § 1 Rn. 45 f.). Andere meinen, verlässliche Abgrenzungskriterien ließen sich nicht entwickeln. Daher seien bis zu der Veräußerung der letzten Einheit sämtliche Ersterwerber ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Erlangens einer gesicherten Erwerbsposition als werdende Wohnungseigentümer anzusehen (Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 10 Rn. 18; Reymann, ZWE 2009, 233, 241 ff.). Nach verbreiteter Auffassung ist eine solche Ausdehnung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt abzulehnen mit der Folge, dass von dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft an nur noch die Eintra- gung als Eigentümer in das Grundbuch zu der Ausübung der mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten berechtigt (Hügel in Hügel /Scheel, Handbuch des Wohnungseigentums, 3. Aufl., Teil 2 Rn. 23; Becker, ZfIR 2008, 869, 871; Elzer, ZMR 2008, 808, 810 f.; Müller, FS Merle [2010], 255, 258; zweifelnd auch Demharter, EWiR 2008, 637, 638).
8
bb) Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung nicht, weil sie zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Ersterwerber führt. Diese haben unabhängig von dem Zeitpunkt der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft ein berechtigtes Interesse an einem zügigen Übergang der Entscheidungsmacht des teilenden Eigentümers. Die gegen die Einbeziehung der später hinzutretenden Erwerber gerichteten Argumente überzeugen nicht.
9
Zwar ist es richtig, dass sich der Verkauf von einem Bauträger über mehrere Jahre hinziehen kann mit der an sich nicht erwünschten Folge, dass Buchposition einerseits und Mitgliedschaftsrechte und -pflichten andererseits für geraume Zeit auseinanderfallen. Dies gilt aber gleichermaßen für diejenigen Erwerber , die die gesicherte Erwerbsposition vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangen, und ist deshalb kein taugliches Argument für eine Ungleichbehandlung; es entspricht inzwischen nämlich einhelliger Ansicht, dass die einmal erlangte Stellung als werdender Eigentümer nicht entfällt, selbst wenn sich die anschließende Umschreibung des Eigentums über Jahre hinzieht (Senat, aaO, Rn. 16 mwN).
10
Der Minderheitenschutz wird von dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft an auch nicht dadurch gewährleistet, dass der eingetragene Erwerber oder die in diesem Zeitpunkt vorhandenen werdenden Wohnungseigentümer Beschlussmängelklage erheben können. Dieser Personenkreis repräsentiert nicht ohne weiteres auch die Interessen der später hinzukommen- den Erwerber. Vielmehr besteht auch im Verhältnis der Ersterwerber untereinander ein berechtigtes Interesse an der Herstellung gleicher Mitwirkungschancen (Coester, NJW 1990, 3184, 3185; Reymann, ZWE 2009, 233, 241 f.).
11
Schließlich ist die unterschiedliche Behandlung von Erst- und Zweiterwerbern auch nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft sachlich begründet. Denn der Erwerb von Wohnungseigentum in der Entstehungsphase von einem Bauträger unterscheidet sich insbesondere wegen der mit der Abwicklung von Gewährleistungsrechten verbundenen Verzögerungen der Eigentumsumschreibung und wegen der typischen Interessenkonflikte von Erwerbern und Bauträgern grundlegend von dem Eigentumserwerb in einer bestehenden Gemeinschaft (vgl. nur Wenzel, NZM 2008, 625, 627; Heismann, ZMR 2004, 10, 11).
12
cc) Eine zeitliche Begrenzung für die Anwendung der Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Ersterwerber hat der Senat lediglich im Hinblick darauf erwogen, dass der teilende Eigentümer nach einer längeren Vorratshaltung einem Eigenerwerber gleichzustellen sein könnte (Senat, aaO, Rn. 21; vgl. Wenzel, NZM 2008, 625, 627). In Betracht käme dies, wenn der Erwerbsvertrag als erster Bestandteil einer gesicherten Erwerbsposition erst geraume Zeit nach Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen wird. Ob sich insoweit geeignete Abgrenzungskriterien finden lassen oder ob einer zeitlich unbegrenzten Anwendung auf Ersterwerber der Vorzug zu geben ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Ist nämlich - wie hier - der Erwerbsvertrag bereits vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen worden, gibt es selbst dann keine sachliche Rechtfertigung für eine zeitliche Begrenzung, wenn die Erwerbsposition erst geraume Zeit nach der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Eintragung der Auflassungsvormerkung und die Einräumung des Besitzes gesichert wird. Beides kann der Erwerber häufig ebenso wenig wie die Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Eintragung eines anderen Erwerbers beeinflussen. Während sich die Eintragung in das Grundbuch durch behördeninterne Abläufe verzögern kann, hängt die Besitzübergabe unter anderem von der Fertigstellung der Wohnung ab. Der darauf bezogene zeitliche Ablauf kann deshalb keine unterschiedlichen Rechtsfolgen nach sich ziehen.
13
2. Zutreffend ist auch die Folgerung des Berufungsgerichts, dass die persönliche Verpflichtung der Beklagten zur Lastentragung gemäß § 16 Abs. 2 WEG entfällt, obwohl sie in dem Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist.
14
a) Allerdings soll nach verbreiteter Ansicht eine Gesamtschuld zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber entstehen (Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 203; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 4. Aufl., Rn. 621; Elzer, ZMR 2007, 714, 715; Müller, FS Merle [2010], 255, 260 f.). Andernfalls könne nicht in die verkaufte Wohnung vollstreckt werden (Müller, aaO, 261; Drasdo, NZI 2009, 823, 824; vgl. auch Timme/Dötsch, WEG, § 10 Rn. 58). Nach der Gegenauffassung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, tritt der werdende Eigentümer im Hinblick auf die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten an die Stelle des Veräußerers, dem nur in sachenrechtlicher Hinsicht das Eigentum verbleibe (Schneider, ZWE 2010, 341, 342 f.; Wenzel, NZM 2008, 625, 628; so im Ergebnis wohl auch Sauren, ZWE 2008, 375, 377; Timme/Dötsch, WEG, § 10 Rn. 58).
15
b) Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung.
16
aa) Richtig ist allerdings, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ohne weiteres in das Wohnungseigentum eines werdenden Eigentümers vollstrecken kann. Die Zwangsvollstreckung aufgrund eines gegen den Erwerber gerichteten persönlichen Titels scheitert daran, dass er nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (§ 17 Abs. 1, § 146 ZVG). Nach der Rechtspre- chung des Senats geht mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft keine Verschiebung oder Vorwegnahme der sachenrechtlichen Zuordnung einher, an die das Zwangsvollstreckungsrecht in formalisierter Weise anknüpft (Beschluss vom 23. September 2009 - V ZB 19/09, NZM 2009, 912, Rn. 4). Die titulierte Hausgeldforderung stellt auch kein eingetragenes Recht im Sinne von § 147 ZVG dar; eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf nicht eingetragene Rechte scheidet aus (Senat, aaO, Rn. 4 f.).
17
Die vollstreckungsrechtlichen Folgen können für sich genommen aber nicht die persönliche Haftung des teilenden Eigentümers neben dem werdenden Eigentümer begründen. Ohnehin wäre auch die Vollstreckung in das Wohnungseigentum aufgrund eines gegen den Veräußerer gerichteten persönlichen Titels praktisch aussichtslos (Schneider, ZWE 2010, 341, 346 und 349). Eine Zwangsverwaltung scheiterte nämlich an seinem fehlenden Eigenbesitz (BGH, Urteil vom 26. September 1985 - IX ZR 88/84, BGHZ 96, 61 ff.). Auch die Zwangsversteigerung wäre im Ergebnis ohne Erfolgsaussicht, weil die Auflassungsvormerkung gegenüber einem persönlichen Titel vorrangig ist. Eine Vollstreckung in das Wohnungseigentum wäre deshalb allenfalls dann möglich, wenn eine - von der persönlichen Haftung des Veräußerers unabhängige - gegenüber der Auflassungsvormerkung vorrangige dingliche Haftung des Wohnungseigentums gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG für den nach dieser Vorschrift bevorrechtigten Teil der Kosten und Lasten anzunehmen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2009 - IX ZB 112/06, NJW-RR 2009, 923 Rn. 7; Urteil vom 21. Juli 2011 - IX ZR 120/10, NJW 2011, 3098 Rn. 23 jeweils zu § 49 InsO; für eine dingliche Haftung Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 185; Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 10 Rn. 19, § 52 Rn. 3; Alf, ZWE 2010, 105, 106; Schneider, ZMR 2009, 165 ff.; ders., ZWE 2010, 341, 347 f.; aA Kesseler, NJW 2009, 121 ff.; Fabis, ZfIR 2010, 354, 357 f.).
18
bb) Gegen eine persönliche Haftung des Veräußerers spricht entscheidend , dass der werdende Wohnungseigentümer wie ein Eigentümer behandelt wird und an dessen Stelle tritt. Hat er die Kosten und Lasten des Wohnungseigentums in analoger Anwendung von § 16 Abs. 2 WEG zu tragen, bedarf es im Hinblick auf den eingetragenen Eigentümer einer teleologischen Reduktion der Norm. Ihm könnten nämlich nur dann weiterhin Pflichten auferlegt werden, wenn ihm zugleich die Rechte eines Wohnungseigentümers zugestanden würden. Insbesondere muss das Stimm- und Anfechtungsrecht mit der Verpflichtung korrespondieren, Kosten und Lasten zu tragen (insoweit zutreffend Elzer, ZMR 2007, 714, 715; aA Pause, aaO, Rn. 621 ff.). Stimmberechtigt ist jedoch allein der werdende Wohnungseigentümer (vgl. OLG Hamm, ZMR 2007, 712, 713 f.), und zwar unabhängig davon, ob das Kopf-, das Objekt- oder das Anteilsstimmrecht gilt. Denn es widerspräche dem mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft verfolgten Zweck, einen frühzeitigen Übergang der Entscheidungsmacht von dem Veräußerer auf die Erwerber zu gewährleisten, wenn der Veräußerer weiterhin an der Willensbildung der Gemeinschaft beteiligt würde. Eine Verdoppelung des Stimmrechts, wie sie teilweise vorgeschlagen wird (Elzer, ZMR 2007, 714, 715; Heismann, Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, 2003, S. 214 ff.), wäre zudem mit den Belangen der übrigen Wohnungseigentümer unvereinbar (vgl. auch Senat, Urteil vom 27. April 2012 - V ZR 211/11, juris).

III.


19
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Nürtingen, Entscheidung vom 21.10.2010 - 18 C 1367/10 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 28.07.2011 - 2 S 49/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 275/14 Verkündet am:
24. Juli 2015
Rinke
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein werdender Wohnungseigentümer bleibt auch dann Mitglied des Verbands, wenn
er die Einheit unter Abtretung des vorgemerkten Übereignungsanspruchs und
Besitzübertragung veräußert (insoweit Aufgabe von BGH, Urteil vom 14. Juni 1965 -
VII ZR 160/63, BGHZ 44, 43, 45); der Erwerber ist nicht als werdender Wohnungseigentümer
anzusehen.
BGH, Urteil vom 24. Juli 2015 - V ZR 275/14 - LG Stuttgart
AG Nürtingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Juli 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 30. Oktober 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Tochter der Beklagten (im Folgenden: Streitverkündete) kaufte mit notariellem Vertrag vom 14. Juli 2004 von einer Bauträgerin eine Eigentumswohnung sowie zwei Tiefgaragenstellplätze, die durch Teilung des der Bauträgerin gehörenden Grundstücks entstanden waren. Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung erfolgte am 19. Juli 2004. Am 22. September 2004 wurde erstmals ein weiterer Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Spätestens im Jahr 2006 überließ die Bauträgerin der Streitverkündeten die Wohnung und die Stellplätze zur Nutzung. Mit notariellem Vertrag vom 2. Oktober 2012 veräußerte die Streitverkündete die Wohnung nebst Stellplätzen an die Beklagte. Am 12. Oktober 2012 wurde die Abtretung der Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Derzeit leben die Beklagte und die Streitverkündete in der Wohnung. Am 23. Oktober 2013 wurden die Einheiten in der Zwangsversteigerung einem Dritten zugeschlagen.
2
Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von der Beklagten die Zahlung der Abrechnungsspitzen für das Jahr 2012, rückständiges Hausgeld für den Zeitraum Januar bis einschließlich Oktober 2013 und anteilige Zahlung einer Sonderumlage. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision will die Klägerin die Zurückweisung der Berufung erreichen. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in ZWE 2015, 121 f. veröffentlicht ist, schuldet die Beklagte die geforderten Beträge nicht. Werdende Wohnungseigentümerin sei die Streitverkündete. Diese Rechtsstellung sei nicht infolge der Abtretung der Auflassungsvormerkung auf die Beklagte übergegangen. Der Zweck der Anerkennung der Rechtsfigur des werdenden Wohnungseigentümers, nämlich die Loslösung der Meinungsbildung innerhalb der Gemeinschaft von dem teilenden Eigentümer, sei erreicht, sobald der erste Erwerber der jeweiligen Einheit - hier die Streitverkündete - diese Rechtsstellung erlangt habe. Dagegen sei die Beklagte als Zweiterwerberin vor dem endgültigen Erwerb des Eigentums weder beitragspflichtig noch stimmberechtigt.

II.

4
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Die Beklagte schuldet die geforderten Beträge nicht, weil sie nicht Wohnungseigentümerin im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG ist. Eine entsprechende Anwendung dieser Norm scheidet aus, weil sie nicht als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen ist. Diese Rechtsstellung hat die Streitverkündete spätestens im Jahr 2006 erlangt mit der Folge, dass (nur) sie seither die Kosten und Lasten zu tragen hat (näher hierzu das von der teilenden Bauträgerin erstrittene Urteil des Senats vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 4 ff.). Hieran hat sich durch die im Jahr 2012 vorgenommene Veräußerung nichts geändert.
5
1. Nach der Rechtsprechung des Senats ist in der Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft jedenfalls im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten, sobald die Käufer eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition besitzen und infolge des vertraglich vereinbarten Übergangs der Lasten und Nutzungen der Wohnung ein berechtigtes Interesse daran haben, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnungsanlage vorzeitig auszuüben. Beides ist anzunehmen, wenn ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorliegt, der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist. Infolgedessen kann der werdende Wohnungseigentümer einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben. Andererseits hat nur er gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten zu tragen (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 12 ff.; Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 5); der teilende Eigentümer haftet nicht gesamtschuldnerisch (Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11, aaO Rn. 18). Dies gilt im Grundsatz auch dann, wenn sich die Erwerbsposition erst nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft rechtlich verfestigt (Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11, aaO Rn. 8 ff.). Bei der Veräußerung von Wohnungen aus einer vollständig und rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft heraus hat der Bundesgerichtshof die vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes dagegen stets abgelehnt (sog. Zweiterwerb, vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1983 - VII ZB 28/82, BGHZ 87, 138 ff.; Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1988 - V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 ff.; Beschluss vom 18. Mai 1989 - V ZB 14/88, BGHZ 107, 285 ff.; Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 18).
6
2. Die besondere rechtliche Behandlung des Erwerbs von Wohnungseigentum in der Entstehungsphase der Wohnungseigentümergemeinschaft beruht auf der Überlegung, dass sich dieser insbesondere bei der Aufteilung durch den Bauträger grundlegend von dem Eigentumserwerb in einer bestehenden Gemeinschaft unterscheidet, und zwar wegen der mit der Abwicklung von Gewährleistungsrechten verbundenen Verzögerungen der Eigentumsumschreibung und wegen der typischen Interessenkonflikte von Erwerbern und Bauträgern. Für diese Übergangsphase ist eine Mitwirkung der Erwerber nach den Regeln sinnvoll, deren Geltung die Beteiligten ohnehin anstreben. Deren vertragliche Vereinbarung zwischen teilendem Eigentümer und Ersterwerbern stößt indessen auf Schwierigkeiten, weil sie sich nicht nur auf das Verhältnis der Vertragsparteien beschränken, sondern alle Erwerber gleichermaßen einbeziehen müsste. Dagegen geht es bei einem Zweiterwerb lediglich um den Zeitpunkt des Mitgliederwechsels innerhalb einer bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft (eingehend zum Ganzen Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 12 ff.).
7
3. Ob die Veräußerung einer Einheit durch den werdenden Wohnungseigentümer dazu führen kann, dass der Erwerber als werdender Wohnungseigentümer anzusehen ist, oder ob dieser die mitgliedschaftliche Stellung wie ein Zweiterwerber erst mit dem vollendeten Eigentumserwerb erlangt, ist bislang nicht abschließend geklärt.
8
a) Einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 1965 lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem im Gründungsstadium der Gemeinschaft ein Erwerber seine Rechte aus dem Erwerbsvertrag sowie den Besitz an der Wohnung vor seiner Eintragung in das Grundbuch auf eine dritte Person übertragen hatte. Der Bundesgerichtshof ließ damals zwar offen, ob der Erwerber zunächst als Wohnungseigentümer anzusehen gewesen wäre, war aber der Ansicht, dass dieser jedenfalls durch die vor Rechtshängigkeit erfolgte Weiterveräußerung endgültig aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeschieden sei. Infolgedessen verneinte er die Zuständigkeit der Wohnungseigentumsgerichte (VII ZR 160/63, BGHZ 44, 43, 45), die der Senat später - insoweit unter Aufgabe der erstgenannten Entscheidung - für Klagen aus dem Gemeinschaftsverhältnis gegen einen oder von einem ausgeschiedenen Wohnungseigentümer bejaht hat; dabei ging es jedoch nicht um das Ausscheiden eines werdenden Wohnungseigentümers aus der Gemeinschaft (Urteil vom 26. September 2002 - V ZB 24/02, BGHZ 152, 136, 140 ff.).
9
b) In Teilen der Literatur wird - meist unter Bezugnahme auf das genannte Urteil vom 14. Juni 1965 (VII ZR 160/63, BGHZ 44, 43, 45) - vertreten, die Rechtsstellung als werdender Wohnungseigentümer könne mittels Abtretung des durch Vormerkung gesicherten Anspruchs und Verschaffung des Besitzes übertragen werden (Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., nach § 10 Rn. 9; Timme in Timme, WEG, 2. Aufl., § 1 Rn. 41; Weitnauer, WE 1986, 92, 95; Seuss in Fest- schrift Bärmann und Weitnauer [1990], S. 599, 602 f.; Heismann, Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, S. 272 f.; Reymann, ZWE 2009, 233, 243).
10
c) Nach überwiegender Ansicht wird die Veräußerung einer Wohnung durch einen werdenden Wohnungseigentümer dagegen dem sogenannten Zweiterwerb gleichgestellt (OLG Saarbrücken, NJW-RR 2002, 1236, 1237; MüKo-BGB/Engelhardt, 6. Aufl., § 16 WEG Rn. 44; Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 10 Rn. 19; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 73; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 10 Rn. 9; Riecke/Schmid/Lehmann-Richter, WEG, 4. Aufl., § 10 Rn. 54; Wenzel, NZM 2008, 625, 627; Stobbe, ZMR 2012, 234, 235; Engelhardt, ZfIR 2012, 606; für die Zeit nach Invollzugsetzung der Gemeinschaft BayObLGZ 1990, 101, 106). Werdender Wohnungseigentümer soll - soweit diese Frage erörtert wird - der Zedent bleiben (Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 73).
11
4. Der Senat entscheidet diese Frage mit der zuletzt genannten Auffassung dahingehend, dass der werdende Wohnungseigentümer (Zedent) auch dann Mitglied des Verbands bleibt, wenn er die Einheit unter Abtretung des vorgemerkten Übereignungsanspruchs und Besitzübertragung veräußert (insoweit Aufgabe von BGH, Urteil vom 14. Juni 1965 - VII ZR 160/63, BGHZ 44, 43, 45); der Erwerber (Zessionar) ist nicht als werdender Wohnungseigentümer anzusehen.
12
a) Im Ausgangspunkt ist es weiterhin geboten, das Wohnungseigentumsgesetz nicht direkt anzuwenden. Die Zession führt nicht dazu, dass der noch immer im Grundbuch eingetragene teilende Eigentümer als Wohnungseigentümer im Sinne von § 16 Abs. 2 BGB anzusehen ist. Dies liefe nämlich dem mit der Anerkennung des werdenden Wohnungseigentums verfolgten Ziel zuwider , einen möglichst frühzeitigen Übergang der Entscheidungsmacht von dem teilenden Eigentümer auf die Erwerber zu erreichen (hierzu Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 19 ff.; Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 8 ff.); es fehlte auch an einer inneren Rechtfertigung für den Eintritt des teilenden Eigentümers in den Verband , weil dieser an der Zession in keiner Weise beteiligt ist.
13
b) Danach ist entweder der Zedent oder der Zessionar als werdender Wohnungseigentümer anzusehen. Die besseren Gründe sprechen für Ersteres.
14
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Zessionar allerdings begrifflich kein Zweiterwerber, sondern Ersterwerber, weil er das Eigentum unmittelbar von dem teilenden Eigentümer erwirbt. Eine Auflassungsvormerkung kann nicht isoliert abgetreten werden. Sie geht nur dann in analoger Anwendung von § 401 BGB auf den Zessionar über, wenn die Abtretung des gesicherten Anspruchs auf Übertragung des Eigentums aus dem zwischen dem Bauträger und dem Zedenten geschlossenen Kaufvertrag erfolgt (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 204/92, NJW 1994, 2947 f.; Versäumnisurteil vom 27. Oktober 2006 - V ZR 234/05, NJW 2007, 508 Rn. 16; Urteil vom 10. Oktober 2008 - V ZR 137/07, NJW 2009, 356 Rn. 8).
15
bb) Gegen diese eher formale Sichtweise spricht jedoch, dass die Gründe , die den Senat in erster Linie zu einer besonderen Behandlung der Ersterwerber bei der Veräußerung durch den teilenden Bauträger bewogen haben, auf eine nachfolgende Zession nicht zutreffen. Insbesondere hebt das Berufungsgericht zutreffend hervor, dass dem „Demokratisierungsinteresse“ der Erwerber (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 20) mit dem ersten Erwerb einer gesicherten Rechtsposition von dem Bauträger durch den Zedenten Genüge getan ist. Fortan ist es dem Zedenten und dem Zessionar wie bei einem Zweiterwerb ohne weiteres möglich, die Aus- übung des Stimmrechts und die Tragung von Kosten und Lasten im Innenverhältnis vertraglich zu regeln. Schon dies spricht dafür, die Veräußerung wie einen Zweiterwerb zu behandeln, zumal der Einzelrechtsnachfolger eines werdenden Wohnungseigentümers andernfalls eine stärkere Rechtsstellung erlangte als der eines eingetragenen Eigentümers (so bereits BayObLGZ 1990, 101, 106). Der Einwand der Revision, dass bei einer Gesamtrechtsnachfolge (auch) die Rechte und Pflichten des werdenden Wohnungseigentümers auf den Rechtsnachfolger übergehen, ist zwar richtig, besagt aber nichts über die Folgen einer rechtsgeschäftlichen Weiterveräußerung.
16
cc) Ein Übergang der Mitgliedschaft brächte zudem gravierende praktische Folgeprobleme mit sich. Es ist ein Gebot der Rechtssicherheit, dass der Verband unschwer ermitteln kann, wer die mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten innehat, also zu Eigentümerversammlungen eingeladen werden muss, dort das Stimmrecht ausüben darf und die Kosten und Lasten zu tragen hat. Eine Veräußerung durch den werdenden Wohnungseigentümer ist für die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mit der erforderlichen Gewissheit ersichtlich.
17
(1) Nach außen nicht erkennbar ist zum einen die Abtretung des gegen den Bauträger gerichteten Übereignungsanspruchs, die zu dem Übergang der Auflassungsvormerkung führt (§ 401 BGB analog). Sie vollzieht sich nämlich außerhalb des Grundbuchs. Wird sie - wie hier - in das Grundbuch eingetragen, geschieht dies nur deklaratorisch im Wege der Berichtigung (vgl. Staudinger /Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 347; Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl., § 22 Rn. 34; jeweils mwN), und kann daher den Übergang der Rechte und Pflichten des Wohnungseigentümers nicht bewirken. Zudem erwirbt der Zessionar keine gleichermaßen gefestigte Rechtsposition wie der Zedent, weil der Eintragung der Abtretung in das Grundbuch eine gegenüber einer originären Vormerkung geminderte Sicherungswirkung zukommt (näher Senat, Versäumnisurteil vom 27. Oktober 2006 - V ZR 234/05, DNotZ 2007, 360, 361 f. mit Anm. Kesseler).
18
(2) Nach außen nicht ohne weiteres erkennbar ist auch der Besitzübergang. Dieser wäre entgegen der Auffassung der Revision zwingend erforderlich , damit der Zessionar als werdender Wohnungseigentümer angesehen werden kann, weil die Abtretung als solche nicht zu einem Übergang der Nutzungen und Lasten führt. Die Feststellung der Besitzverhältnisse bereitet jedoch besondere Schwierigkeiten, die den Bundesgerichtshof bei einem Zweiterwerb dazu bewogen haben, das auch insoweit diskutierte „faktische Wohnungsei- gentum“ abzulehnen (BGH, Urteil vom 24. März 1983 - VII ZB 28/82, BGHZ 87, 138, 143 ff.; im Anschluss daran Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1988 - V ZB 6/88, BGHZ 106, 113, 119). Schon die Feststellung, ob und wann der Besitzübergang von dem Bauträger auf den Zedenten erfolgt ist, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft vor praktische Probleme stellen (vgl. hierzu Drabek, ZWE 2015, 198, 199 f.). Dies ist deshalb noch hinnehmbar, weil der Bauträger die Einheit regelmäßig im Anschluss an die Errichtung des Gebäudes ohne vorherige Eigennutzung übergibt und dieser Vorgang - jedenfalls typischerweise - anhand äußerer Merkmale feststellbar ist. Dagegen können sich die Besitzverhältnisse nach einer Zession für Außenstehende als undurchsichtig erweisen. Dies gilt vor allem bei einer durchgehend vermieteten Wohnung, zeigt sich aber auch im vorliegenden Fall anschaulich. Da Zedentin und Zessionarin die Wohnung gemeinsam bewohnen, wäre ein Ausscheiden der Zedentin aus dem Verband nach außen nicht ersichtlich. Zudem führt die Aufnahme der Zessionarin in die Wohnung nicht ohne weiteres dazu, dass diese Besitzerin (und nicht nur Besitzdienerin im Sinne von § 855 BGB) geworden ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07, NJW 2008, 1959 Rn. 16).
19
dd) Die Interessen der Beteiligten rechtfertigen kein anderes Ergebnis.
20
(1) Der Zessionar erlangt zwar nicht die Rechte des Wohnungseigentümers , kann jedoch im Innenverhältnis durch entsprechende vertragliche Regelungen sicherstellen, dass seine Rechtsstellung weitgehend der eines Wohnungseigentümers angenähert wird (vgl. Riecke/Schmid/Lehmann-Richter, WEG, 4. Aufl., § 10 Rn. 54).
21
(2) Auch der Zedent kann sich vertraglich absichern, indem er einen Schuldbeitritt des Zessionars im Wege eines echten Vertrags zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbart (vgl. für den Zweiterwerber Senat , Beschluss vom 18. Mai 1989 - V ZB 14/88, BGHZ 107, 285, 288). Seine Rechtsposition unterscheidet sich von derjenigen eines eingetragenen Veräußerers in erster Linie dadurch, dass sich der Erwerb von Wohnungseigentum in der Gründungsphase der Gemeinschaft wegen der Abwicklung von Gewährleistungsrechten über Jahre hinziehen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 12; Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 8 ff.). Eine infolgedessen über längere Zeit fortbestehende Haftung im Außenverhältnis ist zwar problematisch, kann sich aber im Einzelfall auch bei einem Zweiterwerb ergeben und ist daher nicht geeignet, die aufgezeigten Bedenken gegen einen Übergang der Rechtsposition zu überwinden.
22
(3) Aus Sicht der Wohnungseigentümergemeinschaft wird auf diese Weise am ehesten gewährleistet, dass deren Mitglieder mit der erforderlichen Sicherheit bestimmt werden können. Dieses Bedürfnis ist höher zu gewichten als mögliche vollstreckungsrechtliche Nachteile, die sich ergeben können, weil der Zedent die Hausgelder schuldet, die spätere Umschreibung des Eigentums jedoch auf den Zessionar erfolgt. Ohnehin wird der Zedent in seinem eigenen Interesse bei der Veräußerung regelmäßig einen Schuldbeitritt des Zessionars vereinbaren; dieser ermöglicht der Wohnungseigentümergemeinschaft nach Umschreibung des Eigentums die Vollstreckung in das Wohnungseigentum wegen etwaiger Rückstände.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Roth Brückner
Weinland Kazele

Vorinstanzen:
AG Nürtingen, Entscheidung vom 27.02.2014 - 18 C 1276/13 WEG -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 30.10.2014 - 2 S 19/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 82/17 Verkündet am:
8. Dezember 2017
Weschenfelder
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird von Dritten die Zwangsversteigerung in das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers
betrieben, ist der Verwalter grundsätzlich verpflichtet, die
gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft
in dem Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden.
BGH, Versäumnisurteil vom 8. Dezember 2017 - V ZR 82/17 - LG Dresden
AG Leipzig
ECLI:DE:BGH:2017:081217UVZR82.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 8. Februar 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, die bis zum Jahr 2012 von der Beklagten verwaltet wurde. Für die Einheiten 14 und 15, die ein Herr F. erworben hatte, wurden in den Jahren 2001 bis 2007 Hausgelder in Höhe von 7.932,64 € nicht bezahlt. Im Grundbuch war als Eigen- tümerin beider Einheiten die Bauträgerin, die die Anlage errichtet hatte, eingetragen. Über deren Vermögen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 6. November 2007 wurden die Einheiten 14 und 15 in einem von Dritten betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren beschlagnahmt. Der Ver- kehrswert der Einheiten wurde auf 62.000 € bzw. 76.000 € festgesetzt.

2
In der Eigentümerversammlung am 31. Mai 2008 wurde die Beklagte durch Frau G. vertreten. In dem Protokoll heißt es: „Frau G. gab Informationen über den Stand der Zwangsversteigerung der Wohnungen 14 und 15, da die Eigentümergemeinschaft ihre Ansprüche anmelden muss. Der Termin der Versteigerung wird bekanntgegeben“. Der Zuschlag erfolgte am 13. August 2008 auf ein Gebot von 124.000 €. Eine Anmeldung der offenen Hausgeldforderungen war nicht erfolgt.
3
Die Beklagte ist zunächst durch Versäumnisurteil in der Hauptsache zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 7.932,64 € zzgl. Nebenforderungen verurteilt worden. Auf ihren Einspruch hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass sie zum Ersatz offener Hausgeldbei- träge für die Jahre 2006 und 2007 in Höhe von 4.324,76 € zzgl. Nebenforde- rungen verurteilt worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie erreichen will, dass das Versäumnisurteil auch im Hinblick auf den Ersatz der Hausgeldbeiträge für das Jahr 2005 in Höhe von weiteren 994,08 € zzgl. Nebenforderungen aufrechterhalten wird, hat das Land- gericht zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin dieses Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


4
Das Berufungsgericht verneint einen (weiteren) Zahlungsanspruch der Klägerin schon deshalb, weil ihr bereits dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch zustehe. Der Beklagten habe es nicht oblegen, die Ansprüche in der Zwangsversteigerung anzumelden, weil § 27 WEG eine solche Pflicht nicht vorsehe. Der Verwalter müsse die Wohnungseigentümergemeinschaft zwar auf die Rückstände, die laufende Zwangsversteigerung und die Möglichkeit der Geltendmachung hinweisen, sei aber nicht gehalten, einen Beschluss anzuregen oder vorzubereiten, der ihn zum Handeln ermächtige. Die ihr obliegenden Hinweispflichten habe die Beklagte ausweislich des Protokolls erfüllt. Zudem scheitere ein Schadensersatzanspruch auch an dem fehlenden Verschulden, da die Frage, ob Hausgeldansprüche gegen den werdenden Wohnungseigentümer in der Zwangsversteigerung gegen den teilenden Bauträger angemeldet werden könnten, in der Literatur kontrovers diskutiert werde.

II.


5
Die Revision hat Erfolg. Zu entscheiden ist durch Versäumnisurteil. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82 ff.).
6
1. Mit der gegebenen Begründung lässt sich ein gegen die Beklagte als frühere Verwalterin der Klägerin gerichteter Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB nicht verneinen.
7
a) Wird - wie hier - von Dritten die Zwangsversteigerung in das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers betrieben, ist der Verwalter entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts grundsätzlich verpflichtet, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Woh- nungseigentümergemeinschaft in dem Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden.
8
aa) Obwohl § 27 Abs. 1 WEG hierzu keine ausdrückliche Regelung trifft, entspricht es einhelliger Ansicht, dass der Verwalter die Anmeldung herbeizuführen hat. Abgeleitet wird eine dahingehende Pflicht - soweit diese Frage überhaupt erörtert wird - aus § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG, wonach der Verwalter unter anderem berechtigt und verpflichtet ist, Lasten- und Kostenbeiträge anzufordern. Dies erfasse auch die Verpflichtung, für eine Anmeldung bevorrechtigter Hausgeldansprüche zu sorgen, wenn von Dritten die Zwangsversteigerung in das Wohnungseigentum des Schuldners betrieben werde; die erforderliche Vertretungsmacht im Außenverhältnis werde dem Verwalter in § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG eingeräumt (eingehend Jacoby, ZWE 2015, 297, 300; ebenso Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 27 Rn. 42; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 27 Rn. 39; Then in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 10 ZVG Rn. 9; für eine Haftung des Verwalters bei unterbliebener Anmeldung ohne weitere Begründung LG Köln, ZWE 2014, 135; Bärmann/Merle/Becker, WEG, 13. Aufl., § 27 Rn. 330).
9
bb) Diese Auffassung trifft zu.
10
(1) Dass die Anmeldung als Anforderung der Kostenbeiträge im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG anzusehen und von dem Verwalter als Vertreter des Verbands gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG ohne weiteres vorzunehmen ist, lässt sich damit begründen, dass sie die Durchsetzung der Kostenbeiträge mit geringem Aufwand ermöglicht und einen endgültigen Forderungsausfall abwenden kann. Die Anmeldung bevorrechtigter Ansprüche ist in § 45 Abs. 3 ZVG bewusst einfach ausgestaltet worden, um der Wohnungseigentümergemeinschaft die Rechtsverfolgung zu erleichtern (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 46 f.).
Eines Titels bedarf es nicht zwingend. Die Ansprüche können auch durch die Niederschrift der Beschlüsse der Wohnungseigentümer einschließlich ihrer Anlagen oder in sonst geeigneter Weise glaubhaft gemacht werden; nur müssen sich aus dem Vorbringen die Zahlungspflicht, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit ergeben (vgl. § 45 Abs. 3 ZVG). Mit wirtschaftlichen Risiken ist die Anmeldung nicht verbunden. Weder fallen Gebühren an noch müssen Vorschüsse geleistet werden. Weil die bevorrechtigten Ansprüche den Rechten der nachfolgenden Rangklassen - insbesondere denjenigen von Kreditgebern und Vormerkungsberechtigten (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 9. Mai 2014 - V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 ff.) - vorgehen, wird der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Regel eine effektive Rechtsdurchsetzung ermöglicht. Zu Recht verweist die Revision ferner darauf, dass die Zuordnung der Anmeldung zu den Pflichten des Verwalters auch im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf der Zwangsversteigerung geboten ist. Denn nur auf rechtzeitige Anmeldung werden die nicht aus dem Grundbuch ersichtlichen, aber in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldansprüche in das geringste Gebot aufgenommen (§ 45 Abs. 1 ZVG) und bei der Erlösverteilung berücksichtigt (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Werden sie nicht spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten (vgl. § 37 Nr. 4 ZVG) angemeldet, tritt nach Maßgabe von § 110 ZVG ein endgültiger Rangverlust ein (vgl. Böttcher, ZVG, 6. Aufl., § 37 Rn. 16). Die rechtzeitige Vornahme der Anmeldung wäre gefährdet, wenn der Verwalter zuvor eine (außerordentliche ) Eigentümerversammlung einberufen müsste, um eine Beschlussfassung herbeizuführen; zudem stünden deren Kosten außer Verhältnis zu dem geringen Aufwand der Anmeldung (zutreffend Jacoby, ZWE 2015, 297, 300).
.11 (2) Dagegen darf der Verwalter auf die Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens (§ 15 ZVG) oder einen Beitritt (§ 27 ZVG) bezogene Anträge schon wegen der entstehenden Gerichtsgebühren (vgl. Nr. 2210 ff. KVGKG) und ggf. anfallenden Sachverständigenkosten - vorbehaltlich einer vertraglichen Abrede - nicht eigenmächtig stellen. Kommt in Betracht, dass die in § 10 Abs. 3 ZVG geregelten, zusätzlichen Voraussetzungen für einen eigenen Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegen (vgl. dazu BT-Drucks. 16/887, S. 45 a.E.), ist der Verwalter jedoch regelmäßig verpflichtet, die Wohnungseigentümer über diese Möglichkeit zu informieren und eine Beschlussfassung über das weitere Vorgehen bzw. über das Einholen von Rechtsrat herbeizuführen (vgl. Jacoby, ZWE 2015, 297, 300 f.; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten , WEG, 12. Aufl., § 27 Rn. 42).
12
cc) Daran gemessen hat die Beklagte die mit der Verwalterstellung verbundenen Pflichten verletzt. Die in der Eigentümerversammlung erteilten Informationen entbanden sie nicht von ihrer Verpflichtung zur rechtzeitigen Anmeldung in dem laufenden Zwangsversteigerungsverfahren. Weder der Hinweis darauf, dass eine Anmeldung erfolgen müsse, noch die (lediglich) angekündigte Mitteilung des Termins der Zwangsversteigerung konnte die rechtzeitige Anmeldung ersetzen.
13
b) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht auch insoweit, als es eine Haftung der Beklagten wegen fehlenden Verschuldens verneint, da „die Frage, ob Hausgeldansprüche gegen den werdenden Wohnungseigentümer in der Zwangsversteigerung gegen den Bauträger angemeldet werden können, in der Literatur kontrovers diskutiert wird“. Richtig ist zwar, dass im maßgeblichen Jahr 2008 umstritten war, inwieweit der im Grundbuch als Eigentümer eingetragene Bauträger während der Entstehungsphase der Wohnungseigentümerge- meinschaft für das Hausgeld haftet (vgl. jeweils mN zum damaligen Streitstand Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 8 ff.; Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 14). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird dadurch aber nicht die Vermutung, dass die Beklagte die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 276 BGB), widerlegt. Da wirtschaftliche Nachteile mit der Anmeldung nicht verbunden waren, musste die Beklagte das Risiko eines Forderungsausfalls durch die Anmeldung der Forderungen verringern. Dies gilt umso mehr, als im Jahr 2008 auch die Ansicht vertreten wurde, dass der eingetragene Eigentümer stets für das Hausgeld hafte (vgl. die Nachweise in dem Beschluss des Senats vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 9). Zudem war die Beklagte, wie sich aus ihren Hinweisen an die Eigentümer ergibt, selbst der Ansicht, dass eine Anmeldung in dem Zwangsversteigerungsverfahren der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Durchsetzung der Forderungen verhelfen könnte. Dass nur sie selbst als Verwalterin zu einer solchen Anmeldung in der Lage war, lag auf der Hand.
14
2. Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Allerdings wäre der Forderungsausfall nicht durch das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten verursacht worden, wenn die rechtzeitige Anmeldung nicht zu der Berücksichtigung der Hausgeldrückstände aus dem Jahr 2005 im geringsten Gebot und im nachfolgenden Verteilungsverfahren geführt hätte. Dass es sich so verhält, steht aber nicht fest.
15
a) Grundsätzlich kam ein (für die Berücksichtigung im geringsten Gebot erforderliches) Vorrecht zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in der ab dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung in Betracht. Die Vorschrift war gemäß § 62 Abs. 1 WEG anwendbar, nachdem die Zwangsversteigerung am 6. November 2007 und damit nach dem 1. Juli 2007 angeordnet wurde. Maßgeblicher Zeitpunkt für das anwendbare Recht ist nämlich der Erlass des Anordnungsbeschlusses im Sinne von § 20 Abs. 1 ZVG (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Februar 2008 - V ZB 123/07, NJW 2008, 1383 Rn. 8); da § 62 Abs. 1 WEG auf die Anhängigkeit des Zwangsversteigerungsverfahrens abstellt, gilt auch dann nichts anderes, wenn - wie hier - die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorausgegangen ist.
16
b) Allerdings hätte die Wohnungseigentümergemeinschaft wegen der rückständigen Hausgelder nicht in das Wohnungseigentum vollstrecken können , wenn der (weiterhin) eingetragene Eigentümer nicht Hausgeldschuldner war.
17
aa) Insoweit kommt es nicht auf eine hypothetische Betrachtung darüber an, wie das Vollstreckungsgericht im Jahr 2008 angesichts der damals umstrittenen Rechtslage verfahren wäre. Hängt die Haftung des Verwalters vom Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens ab, hat das Regressgericht vielmehr selbst zu entscheiden, wie richtigerweise hätte verfahren werden müssen (vgl. zur Haftung des Rechtsanwalts BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - IX ZR 233/95, BGHZ 133, 110, 111). Dies ist eine Folge des normativen Schadensbegriffs; ein Geschädigter soll grundsätzlich im Wege des Schadensersatzes nicht mehr erhalten als dasjenige, was er nach der materiellen Rechtslage hätte verlangen können. Der Verlust einer tatsächlichen oder rechtlichen Position, auf die er keinen Anspruch hat, ist grundsätzlich kein erstattungsfähiger Nachteil. Durch eine fiktive Entscheidung, die gerade mit diesem Inhalt nicht hätte ergehen dürfen , wird kein schutzwürdiger Besitzstand begründet (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 34/04, NJW 2008, 440 Rn. 21; Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 207/11, NJW 2013, 540 Rn. 26 ff., jeweils mwN).

18
bb) Daran gemessen ist § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG im Sinne der zwischenzeitlich ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auszulegen. Hiernach wäre die Bauträgerin nicht mehr Hausgeldschuldnerin gewesen, wenn der Erwerber die Rechtsstellung eines werdenden Wohnungseigentümers erlangt haben sollte. Von diesem Zeitpunkt an schuldet nämlich nur der Erwerber das Hausgeld, und der eingetragene Eigentümer haftet daneben nicht gesamtschuldnerisch (Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 15 ff.). Nichts anderes ergibt sich aus dem in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG geregelten Vorrecht. Es begründet kein dingliches Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft , aufgrund dessen sie von dem eingetragenen Eigentümer Befriedigung aus dem Wohnungseigentum verlangen könnte (grundlegend Senat, Urteil vom 13. September 2013 - V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 Rn. 8 ff., insbes. Rn. 9, 15; Beschluss vom 9. Mai 2014 - V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 Rn. 15). Die darauf bezogene Kritik (vgl. Böttcher, ZVG, 6. Aufl., § 10 Rn. 19; Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 10 Rn. 4.3; Bärmann/Becker, WEG, 13. Aufl., § 16 Rn. 187b ff.; Becker, ZfIR 2013, 809, 811; Schneider, ZWE 2014, 61, 66) lässt insbesondere außer Acht, dass die für den Umfang des Vorrechts gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG maßgeblichen Begriffe der „Beschlagnahme“ einerseits und des „nach § 74a Abs. 5 (ZVG) festgesetzten Werts“ außerhalb des Zwangsversteigerungs - bzw. Insolvenzverfahrens keine funktionelle Entsprechung finden, ein Duldungstitel den Umfang des Vorrechts aber aus Gründen der Bestimmtheit nicht offenlassen könnte (eingehend zum Ganzen Senat, Urteil vom 13. September 2013 - V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 Rn. 17 ff.). Erst recht wäre unklar, wie ein Erwerber außerhalb von gerichtlichen Verfahren eine freiwillige Ablösung vornehmen sollte, wenn das Vorrecht zwar als dingliches Recht anzusehen , sein Umfang aber in Ermangelung der zentralen, auf das Zwangsversteigerungsverfahren bezogenen Anknüpfungspunkte nicht bestimmbar wäre.

19
cc) Dass eine Vollstreckung in das Wohnungseigentum hier gescheitert wäre, weil die insolvente Bauträgerin nicht Hausgeldschuldnerin war, steht nicht fest. Tatsächliche Feststellungen zu der Frage, ob der Erwerber in dem maßgeblichen Jahr 2005 werdender Wohnungseigentümer war, hat das Berufungsgericht nämlich - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen.

III.


20
Die Sache ist aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
21
1. Das Berufungsgericht wird nach ergänzendem Vortrag der Parteien festzustellen haben, ob der Erwerber im Jahr 2005 als werdender Wohnungseigentümer anzusehen war. Dies setzt voraus, dass ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorlag, der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert und der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen war (näher Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn.14). Da diese Frage die haftungsausfüllende Kausalität betrifft, ist nach § 287 ZPO zu verfahren (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - IX ZR 233/95, BGHZ 133, 110, 113 ff.); die Darlegungs - und Beweislast trägt grundsätzlich die Klägerin. Sollten die Wohnungen von dem Erwerber nicht bezogen worden sein (nach den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts war dieser „nicht auffindbar“), ist jedoch imZweifel davon auszugehen, dass eine Über- gabe der Wohnungen an ihn nicht stattgefunden hat und die im Grundbuch ein- getragene Bauträgerin infolgedessen Wohnungseigentümerin und Hausgeldschuldnerin geblieben ist (vgl. Senat, Urteil vom 11. Dezember 2015 - V ZR 80/15, ZfIR 2016, 237 Rn. 16).
22
2. Sollte die Bauträgerin das Hausgeld schulden, wird noch zu klären sein, wann das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden ist. Zwar bestimmt sich das für die Reichweite des Vorrechts gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG maßgebliche Jahr der Beschlagnahme außerhalb eines Insolvenzverfahrens nach § 22 Abs. 1 ZVG (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 178/09, ZfIR 2010, 863 Rn. 6). Anders liegt es aber, wenn - wie hier - vor diesem Zeitpunkt das Insolvenzverfahren eröffnet wird; dann ist unter der Be- schlagnahme i. S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG die Insolvenzeröffnung zu verste- hen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - IX ZR 120/10, NJW 2011, 3098 Rn. 34). Dieser bislang nicht festgestellte Zeitpunkt wäre entscheidend für die Frage, ob die Ansprüche aus dem Jahr 2005 dem Vorrecht unterfallen.
Rechtsbehelfsbelehrung Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen. Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn das Rechtsmittel nur teilweise eingelegt werden solle, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde. In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann die Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei
Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird. Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Leipzig, Entscheidung vom 28.04.2016 - 152 C 1572/15 -
LG Dresden, Entscheidung vom 08.02.2017 - 2 S 265/16 -

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.