Landgericht München I Beschluss, 22. Sept. 2017 - 5 U 3589/17

bei uns veröffentlicht am22.09.2017
vorgehend
Landgericht München I, 6 O 5219/17, 22.09.2017

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 22.09.2017, Aktenzeichen 6 O 5219/17, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der klagende Insolvenzverwalter verlangt vom Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Anfechtung die Rückzahlung eines von der Schuldnerin erhaltenen Geldbetrags.

Der Kläger wurde mit Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 01.02.2014 auf den dort am 04.12.2013 eingegangenen Antrag zum Insolvenzverwalter der Fa. … GmbH bestellt. Der Beklagte, der Geschäftsführer der Schuldnerin, alleiniger Kommanditist von deren Muttergesellschaft Fa. . KG sowie alleiniger Gesellschafter von deren Komplementärin war, gewährte der Schuldnerin mit Vertrag vom 20.02.2013 ein an diesem Tag ausbezahltes Darlehen über 100.000 €. Die Schuldnerin zahlte den Betrag am 07.03.2013 zurück. Am gleichen Tag erbrachte der Beklagte eine Einlagezahlung von 100.000 € an die Fa. … KG und diese in gleicher Höhe eine Verlustausgleichszahlung von 100.000 € an die Schuldnerin.

Der Kläger war in erster Instanz der Meinung, dass die Rückzahlung der Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr.2 InsO unterliege. Die mit ihr bei der gebotenen Einzelbetrachtung verbundene Benachteiligung der Masse begründe eine objektive Gläubigerbenachteiligung.

Der Kläger hat in erster Instanz unter Einschluss einer weiteren Forderung, die nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 105.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2014 zu bezahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er war der Ansicht, es fehle an einer Gläubigerbenachteiligung, da die Masse nicht geschmälert worden sei. Ohne die Darlehensrückzahlung hätte die Schuldnerin die Verlustausgleichszahlung nicht erhalten können.

Die vom Landgericht zugesprochene Widerklage ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 22.09.2017 die noch im Berufungsverfahren anhängige Klage abgewiesen, weil die Rückzahlung des Darlehens die Masse nicht benachteiligt habe. Erhalte der Schuldner für das, was er aus seinem Vermögen weggebe, eine vollwertige Gegenleistung, liege keine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vor. Darlehensrück- und Verlustausgleichszahlung seien am 07.03.2013 erfolgt. Insofern komme eine Gläubigerbenachteiligung nur in Betracht, wenn die Schuldnerin nicht nur das Darlehen, sondern auch die Verlustausgleichszahlung, insgesamt also 200.000 € hätte erhalten sollen. Dies sei nach den vom Kläger nicht widersprochenen Angaben des Beklagten jedoch nicht der Fall. Nach dem Ergebnis der Anhörung des Beklagten sei vielmehr davon auszugehen, dass sämtliche Zahlungen vom 07.03.2013 von dessen einheitlichen Willen getragen gewesen seien, seine Firma zu retten und dieser 100.000 € zukommen zu lassen.

Der Kläger hat das am 28.09.2017 zugestellte Ersturteil am 26.10.2017 mit der Berufung angegriffen, die er nach Fristverlängerung bis zu diesem Tag am 28.12.2017 begründet hat. Er verfolgt sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines bereits angebrachten Vorbringens fort. Nach dem Grundsatz der Einzelbetrachtung seien die Darlehensrück- und die Verlustausgleichszahlung gesondert zu betrachten. Es sei entgegen der Meinung des Erstgerichts nicht nachvollziehbar, dass der Beklagte mit seinen Zahlungen lediglich aus steuerlichen Gründen den Rechtsgrund der Zahlung an die Schuldnerin von Darlehen auf Verlustausgleich geändert habe, zumal er dieser zu einem späteren Zeitpunkt erneut persönlich Geld zur Verfügung gestellt habe. Allein wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs der Zahlungen könne nicht von einem einheitlichen Vorgang ausgegangen werden. Es dürfe nicht übersehen werden, dass der erneuten Zahlung ein völlig anderer Schuldgrund zugrunde liege. Davon könne nur ausgegangen werden, wenn die Verlustausgleichszahlung der vorweggenommenen Befriedigung des nun geltend gemachten Anfechtungsanspruchs gegen den Beklagten gedient habe. Dies sei aber nicht der Fall. Mit dem OLG Naumburg (Urt. V. 22.06.2005, 5 U 39/05) sei davon auszugehen, dass irgendwelche Hinund Herzahlungen nicht ausreichend seien.

Der Kläger beantragt,

das Ersturteil aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung von 100.000 € nebst Zinsen zu verurteilen.

Der Senat hat den Kläger mit Beschluss vom 08.01.2018 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Darlehensrückzahlung durch die Einlagezahlung des Beklagten sofort wieder ausgeglichen worden sei. Dazu habe der Beklagte in erster Instanz vorgetragen, dass die Zahlung der Muttergesellschaft nur habe erfolgen können, weil er zuvor die Darlehensrückzahlung erhalten habe. Ohne die Einlageleistung des Beklagten aufgrund der Darlehensrückzahlung wäre die Fa. . KG nicht in der Lage gewesen, der Schuldnerin 100.000 € zur Verfügung zu stellen. Dem habe der Kläger nur entgegengehalten, dass die Muttergesellschaft wegen ihrer entsprechenden Verpflichtung aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gezahlt habe. Abgesehen davon, dass letztere Behauptung unspezifiziert und ins Blaue hinein aufgestellt worden sei, habe der Kläger nicht bestritten, dass die Muttergesellschaft ohne die Darlehensrückzahlung an den Beklagten zu einer Zahlung an die Schuldnerin nicht in der Lage gewesen sei. Damit sei nichts dagegen zu erinnern, dass das Landgericht nicht von einer Gläubigerbenachteiligung ausgegangen sei.

Der Kläger ist nach wie vor der Meinung, dass die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Darlehensrückzahlung durch die Einlageleistung der Muttergesellschaft nicht wieder aufgehoben worden sei, da letztere Zahlung nicht der Befriedigung eines etwaigen Anfechtungsanspruchs gedient habe. Ob die Muttergesellschaft ohne die auf die Darlehensrückzahlung erfolgende Einlageleistung des Beklagten zur Zahlung in der Lage gewesen sei, sei anfechtungsrechtlich bedeutungslos.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Ersturteil, den zitierten Senatsbeschluss und die im Berufungsverfahren vorlegten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 22.09.2017, Aktenzeichen 6 O 5219/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Eine wie hier durch die Darlehensrückzahlung zunächst eingetretene Gläubigerbenachteiligung kann nachträglich dadurch wieder behoben werden, dass der Anfechtungsgegner den anfechtbar erhaltenen Gegenstand oder dessen vollen Wert in das Vermögen des Schuldners zurückführt. Die Beseitigung der Gläubigerbenachteiligung setzt voraus, dass die entsprechende Rückgewähr des Anfechtungsgegners eindeutig zu dem Zweck erfolgt, dem Schuldner den entzogenen Vermögenswert wiederzugeben und damit die Verkürzung der Haftungsmasse ungeschehen zu machen. Von der Zweckbestimmung her muss es sich um eine vorweggenommene Befriedigung des individuellen Rückgewähranspruchs handeln. Eine solche Rückführung kann etwa dann anzunehmen sein, wenn ein abgetretenes Recht an den Schuldner rückabgetreten oder eine erhaltene Zahlung an ihn zurückgewährt wird. Soweit nach der Zweckbestimmung der Erstattungsleistung eine vorweggenommene Befriedigung des Rückgewähranspruchs verlangt wird, bedeutet dies nicht, dass dem Anfechtungsgegner die Anfechtbarkeit der an ihn bewirkten Zahlung bewusst gewesen sein muss. Vielmehr genügt es, wenn der Anfechtungsgegner dem Schuldner Vermögenswerte zukommen lässt, welche bestimmungsgemäß die angefochtene Leistung vollständig ausgleichen und dem Gläubigerzugriff offenstehen. Denn die Kenntnis der Anfechtbarkeit wird bei dem Anfechtungsgegner vielfach ausscheiden, wenn es sich um eine an rein objektive Voraussetzungen geknüpfte Anfechtung einer inkongruenten Deckung in der kritischen Zeit (§ 131 Abs. 1 Nr.1, 2 InsO) handelt. Dieser Umstand schließt aber eine vorweggenommene Tilgung des Anfechtungsanspruchs durch den Anfechtungsgegner vor Verfahrenseröffnung nicht aus. Es ist kein tragfähiger Grund dafür ersichtlich, einen Anfechtungsgegner, der ohne Kenntnis der Anfechtbarkeit eine erhaltene Leistung dem Schuldner zurückgewährt, schlechter zu stellen als einen Anfechtungsgegner, der im Wissen um die Anfechtbarkeit das Empfangene dem Schuldner erstattet. Vielmehr ist allein ausschlaggebend, ob der Anfechtungsgegner die bei dem Schuldner vor Vollzug der anfechtbaren Handlung bestehende Vermögenslage tatsächlich wiederherstellt. Dies ist anzunehmen, wenn die von dem Anfechtungsgegner vorgenommene Leistung allein zur Vorwegbefriedigung des Anfechtungsanspruchs dienen kann, weil sonstige Forderungen des Schuldners, auf welche die Leistung angerechnet werden könnte, nicht bestehen. Letzteres kann vorliegend nicht bejaht werden, weil der Kläger - wenn auch substanzlos - auf eine Verlustübernahmeverpflichtung der Muttergesellschaft der Schuldnerin verweist. Allerdings wird eine eingetretene Gläubigerbenachteiligung auch dann ausgeglichen, wenn die Beteiligten die benachteiligende Rechtshandlung einverständlich wieder aufheben oder der Begünstigte unter Verzicht auf den ihm durch das Geschäft erwachsenen Vorteil das Empfangene in das Vermögen des Schuldners zurückführt. Dadurch wird der alleinige Zweck der Anfechtung erfüllt, das von dem Schuldner aufgegebene Vermögensobjekt als noch zur Masse gehörig zu behandeln und an sie zurückzuführen. Eine Anfechtung und eine Rückgewährpflicht scheidet folglich auch dann aus, wenn der Anfechtungsgegner das Empfangene an den Schuldner zurückgegeben hat. Damit ist der benachteiligende Erfolg der angefochtenen Rechtshandlung wieder beseitigt. Aus dieser Erwägung entfällt im Falle der Erstattung eines Gesellschafterdarlehens durch die Gesellschaft im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag (§ 135 Abs. 1 Nr.2 InsO) an den Gesellschafter die damit verbundene objektive Gläubigerbenachteiligung, wenn der Gesellschafter die empfangenen Zahlungen noch vor Verfahrenseröffnung an die Gesellschaft zurückzahlt. Die mit der Wiederherstellung der ursprünglichen Vermögenslage einhergehende Verhinderung der Entstehung eines Anspruchs ist anfechtungsrechtlich dessen Erfüllung gleichzustellen. Genau dies ist hier geschehen, weil es hingewiesenermaßen unter den Partien unstreitig ist, dass die Muttergesellschaft der Schuldnerin zu ihrer Verlustausgleichszahlung nur in der Lage war, weil die Schuldnerin das Gesellschafterdarlehen an den Beklagten zurückgezahlt hat und dieser die Muttergesellschaft mit seiner auf dieser Grundlage erfolgten Einlagezahlung in die Lage versetzt hat, der Schuldnerin genau diesen Geldbetrag als Verlustausgleich zur Verfügung zu stellen.

Vorstehende Ausführungen beruhen auf der mehr oder weniger wörtlichen Übernahme des Urteils des BGH vom 25.01.2018, IX ZR 299/16 Rn.10 - 15, so dass sich die Frage einer revisionszulassungspflichtigen Divergenz zum vom Kläger zitierten Urteil des OLG Naumburg vom 22.06.2005, 5 U 39/05 nicht stellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO. Der Senat hat dem Kläger die Kosten der Streithelferin im Berufungsverfahren nicht auferlegt, da sich deren Streitbeitritt ausweislich der Schriftsätze vom 19.05.2017 (Klägervertreter) und 09.08.2017 (Streithelfervertreter) nur auf die Widerklage bezogen hat, die nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens war (vgl. dazu MüKo-ZPO/Sc/7t//z, 5. Aufl. 2016, Rn.14 zu § 101 ZPO).

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr.10 ZPO, 711.

Verfügung

1. Beschluss vom 22.02.2018 hinausgeben an: München, 22.02.2018

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung 1. Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2018 - IX ZR 299/16

bei uns veröffentlicht am 25.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 299/16 Verkündet am: 25. Januar 2018 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 129 Abs. 1

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung

1.
Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, oder
2.
Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.

(2) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens innerhalb der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Fristen Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete; dies gilt sinngemäß für Leistungen auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen.

(3) Wurde dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen, so kann der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich; bei der Berechnung ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen, bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend.

(4) § 39 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung

1.
Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, oder
2.
Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.

(2) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens innerhalb der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Fristen Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete; dies gilt sinngemäß für Leistungen auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen.

(3) Wurde dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen, so kann der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich; bei der Berechnung ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen, bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend.

(4) § 39 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 299/16
Verkündet am:
25. Januar 2018
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Tilgt der Schuldner eine gegen ihn gerichtete Darlehensforderung durch Barzahlung,
wird die darin liegende Gläubigerbenachteiligung beseitigt, wenn der Darlehensgeber
dem Schuldner erneut Barmittel zu gleichen Bedingungen wieder zur Verfügung
stellt.
BGH, Urteil vom 25. Januar 2018 - IX ZR 299/16 - OLG Hamburg
LG Hamburg
ECLI:DE:BGH:2018:250118UIXZR299.16.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 23. November 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 7.000 € verurteilt wurde.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 17. Juli 2015 über das Vermögen des M. H. (nachfolgend: Schuldner) am 10. August 2015 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Der Schuldner erteilte der Beklagten, seiner Schwester, in einer mit "Rückzahlungsvereinbarung" überschriebenen Urkunde vom 23. März 2012 die Bestätigung, ihr insgesamt 23.500 € zu schulden und diesen Betrag bis zum 31. Dezember 2015 zu erstatten. Am 11. Juni 2015 erhielt der Schuldner aus einer Lebensversicherung eine Banküberweisung in Höhe von 25.000 €. Den am 12. Juni 2015 von seinem Konto abgehobenen Barbetrag von 23.500 € händigte der Schuldner am selben Tag der Beklagten aus. Diese behauptet, unter Verwendung der erhaltenen Scheine am 13. Juni 2015 einen Barbetrag von 16.500 € an den Schuldner zurückbezahlt zu haben.
3
Der Kläger nimmt die Beklagte im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung von 23.500 € in Anspruch. Nach Stattgabe der Klage durch das Erstgericht hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt - entsprechend der beschränkten Revisionszulassung durch den Senat - ihr Klageabweisungsbegehren weiter, soweit sie zur Zahlung von 16.500 € verurteilt wurde.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision der Beklagten ist begründet.

I.


5
Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
6
Im Blick auf die behauptete Rückzahlung von 16.500 € durch die Beklagte sei die Gläubigerbenachteiligung nicht entfallen. Hiervon könne nur ausgegangen werden, wenn der Anfechtungsgegner mit der Rückzahlung den Zweck verfolge, den individuellen Rückgewähranspruch vorweg zu befriedigen. Dies setze voraus, dass der Anfechtungsgegner das Entstehen eines Rückgewähranspruchs zumindest für möglich erachte, was aber nach dem Vortrag der Beklagten gerade nicht der Fall gewesen sei.
7
In rechtlicher Hinsicht sei das ursprüngliche Darlehen durch die Zahlung des Schuldners vom 12. Juni 2015 erloschen. Wenn danach derselbe Betrag darlehensweise an den Schuldner zurückgegeben werde, um wirtschaftlich den Zustand vor der Zahlung wiederherzustellen, werde rechtlich ein Darlehen zu den bisherigen Konditionen neu begründet, nicht aber das getilgte Altdarlehen unverändert fortgeführt. Die Tilgung des Altdarlehens sei insolvenzrechtlich anfechtbar , während der Rückzahlungsanspruch aus dem Neudarlehen eine bloße Insolvenzforderung bilde.

II.


8
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Der auf § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestützte Anspruch scheitert nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt daran, dass es als Voraussetzung jeder Insolvenzanfechtung an einer Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) fehlt.
9
1. Eine Gläubigerbenachteiligung ist gegeben, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, WM 2011, 2293 Rn. 6; vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 12; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, WM 2014, 1868 Rn. 12). Die von dem Schuldner zugunsten der Beklagten bewirkten Barzahlungen haben infolge des Vermögensabflusses eine objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) bewirkt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, WM 2016, 1701 Rn. 9 mwN; vom 15. September 2016 - IX ZR 250/15, WM 2016, 2312 Rn. 11; vom 7. September 2017 - IX ZR 224/16, WM 2017, 1910 Rn. 11).
10
2. Eine zunächst eingetretene Gläubigerbenachteiligung kann nachträglich dadurch wieder behoben werden, dass der Anfechtungsgegner den anfechtbar erhaltenen Gegenstand oder dessen vollen Wert in das Vermögen des Schuldners zurückführt. In dieser Weise verhält es sich nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall.
11
a) Die Beseitigung der Gläubigerbenachteiligung setzt voraus, dass die entsprechende Rückgewähr des Anfechtungsgegners eindeutig zu dem Zweck erfolgt, dem Schuldner den entzogenen Vermögenswert wiederzugeben und damit die Verkürzung der Haftungsmasse ungeschehen zu machen. Von der Zweckbestimmung her muss es sich um eine vorweggenommene Befriedigung des individuellen Rückgewähranspruchs handeln (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084 Rn. 19; Beschluss vom 7. Februar2013 - IX ZR 175/12, ZInsO 2013, 670 Rn. 3; Urteil vom 4. Juli 2013 - IX ZR 229/12, BGHZ 198, 77 Rn. 18; vom 10. September 2015 - IX ZR 215/13, WM 2015, 1996 Rn. 15 mwN). Eine solche Rückführung kann etwa dann anzunehmen sein, wenn ein abgetretenes Recht an den Schuldner rückabgetreten oder eine erhaltene Zahlung an ihn zurückgewährt wird (BGH, Urteil vom 10. September 2015, aaO mwN).
12
b) Soweit nach der Zweckbestimmung der Erstattungsleistung eine vorweggenommene Befriedigung des Rückgewähranspruchs verlangt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007, aaO; vom 10. September 2015, aaO), bedeutet dies entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass dem Anfechtungsgegner die Anfechtbarkeit der an ihn bewirkten Zahlung bewusst gewesen sein muss. Vielmehr genügt es, wenn der Anfechtungsgegner dem Schuldner Vermögenswerte zukommen lässt, welche bestimmungsgemäß die angefochtene Leistung vollständig ausgleichen und dem Gläubigerzugriff offenstehen (BGH, Urteil vom 16. August 2007 - IX ZR 63/06, BGHZ 173, 328 Rn. 57; Beschluss vom 7. Februar 2013, aaO).
13
aa) Die Kenntnis der Anfechtbarkeit wird bei dem Anfechtungsgegner vielfach ausscheiden, wenn es sich - wie hier - um eine an rein objektive Voraussetzungen geknüpfte Anfechtung einer inkongruenten Deckung in der kritischen Zeit (§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 2 InsO) handelt. Dieser Umstand schließt indessen eine vorweggenommene Tilgung des Anfechtungsanspruchs durch den Anfechtungsgegner vor Verfahrenseröffnung nicht aus. Es ist kein tragfähiger Grund dafür ersichtlich, einen Anfechtungsgegner, der ohne Kenntnis der Anfechtbarkeit eine erhaltene Leistung dem Schuldner zurückgewährt, schlechter zu stellen als einen Anfechtungsgegner, der im Wissen um die Anfechtbarkeit das Empfangene dem Schuldner erstattet. Vielmehr ist allein ausschlaggebend, ob der Anfechtungsgegner die bei dem Schuldner vor Vollzug der anfechtbaren Handlung bestehende Vermögenslage tatsächlich wiederherstellt. Dies ist anzunehmen , wenn die von dem Anfechtungsgegner vorgenommene Leistung allein zur Vorwegbefriedigung des Anfechtungsanspruchs dienen kann, weil sonstige Forderungen des Schuldners, auf welche die Leistung angerechnet werden könnte, nicht bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084 Rn. 19; Kreft, KTS 2012, 405, 415 f).

14
bb) Demgemäß wird eine eingetretene Gläubigerbenachteiligung ausgeglichen , indem die Beteiligten die benachteiligende Rechtshandlung einverständlich wieder aufheben oder der Begünstigte unter Verzicht auf den ihm durch das Geschäft erwachsenen Vorteil das Empfangene in das Vermögen des Schuldners zurückführt (RGZ 14, 311, 313). Dadurch wird der alleinige Zweck der Anfechtung erfüllt, das von dem Schuldner aufgegebene Vermögensobjekt als noch zur Masse gehörig zu behandeln und an sie zurückzuführen (RGZ, aaO). Eine Anfechtung und eine Rückgewährpflicht scheidet folglich aus, wenn der Anfechtungsgegner das Empfangene an den Schuldner zurückgegeben hat (RGZ 69, 44, 48). Damit ist der benachteiligende Erfolg der angefochtenen Rechtshandlung wieder beseitigt (RGZ 37, 97, 100). Aus dieser Erwägung entfällt im Falle der Erstattung eines Gesellschafterdarlehens durch die Gesellschaft im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO) an den Gesellschafter die damit verbundene objektive Gläubigerbenachteiligung , wenn der Gesellschafter die empfangenen Zahlungen noch vor Verfahrenseröffnung an die Gesellschaft zurückzahlt. Die mit der Wiederherstellung der ursprünglichen Vermögenslage einhergehende Verhinderung der Entstehung eines Anspruchs ist anfechtungsrechtlich dessen Erfüllung gleichzustellen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - IX ZR 229/12, BGHZ 198, 77 Rn. 18).
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c) Trifft die Darstellung der Beklagten zu, wurde durch die von ihr bewirkte teilweise Rückzahlung der empfangenen Barmittel die zuvor bei dem Schuldner bestehende Vermögenslage teilweise wiederhergestellt und folglich die eingetretene Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) insoweit ausgeglichen.
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aa) Im Streitfall würde nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt die in der Barzahlung des Schuldners über 23.500 € lie- gende Gläubigerbenachteiligung teilweise gutgemacht, indem die Beklagte als Empfängerin einen Barbetrag über 16.500 € dem Schuldner erstattet hat. Dieser Barbetrag stand den Gläubigern, ohne dass es auf eine - hier behauptete - Identität der empfangenen mit den zurückgezahlten Geldnoten ankäme, in gleicher Weise wie vor der Zahlung an die Beklagte zur Vollstreckung offen. Da gegen die Beklagte keine sonstigen Zahlungsforderungen des Schuldners bestanden , ist ihre Zahlung dem Anfechtungsanspruch zuzuordnen und folglich gutzubringen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2009 - II ZR 217/07, BGHZ 179, 285 Rn. 11). Bei dieser Sachlage hat die Beklagte die durch die an sie bewirkte Barzahlung ausgelöste Gläubigerbenachteiligung insoweit beseitigt, als sie danach einen entsprechenden Bargeldbetrag dem Schuldner überlassen hat.
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bb) Grundsätzlich genügt es, wenn der empfangene Gegenstand dem Werte nach wieder in das Vermögen des Schuldners gebracht wird (RGZ 37, 97, 100). Allerdings wird die durch eine Überweisung ausgelöste Gläubigerbenachteiligung seitens des Empfängers nicht mit Hilfe einer zuvor einvernehmlich abgesprochenen Barrückzahlung rückgängig gemacht, weil den Gläubigern durch diese Maßnahme der Zugriff auf das Schuldnervermögen erschwert wird (BGH, Urteil vom 10. September 2015, aaO Rn. 16). Eine solche Gestaltung ist im Streitfall indessen nicht gegeben. Der Schuldner hat aus eigenem Antrieb eine Barabhebung über 23.500 € vorgenommen und daraus den hier noch streitigen Betrag von 16.500 € der Beklagten zur Verfügung gestellt. Zweck der Zahlung des Schuldners war nach den Feststellungen der Vordergerichte die Begleichung der Forderung der Beklagten und nicht etwa die Vornahme einer Scheinzahlung, die dem Schuldner alsbald erstattet werden sollte. Bei dieser Sachlage wurde die Gläubigerbenachteiligung beseitigt, weil die Beklagte an sie in bar ausgehändigte Geldbeträge dem Schuldner ebenfalls in bar erstattet hat. Es fand mithin durch die Rückführung der anfechtbaren Barzahlung im Wege einer Barrückzahlung bei dem Schuldner eine Wiederherstellung der ursprünglichen Vermögenslage und keine Vermögensumschichtung statt. Ein Ausgleich der Gläubigerbenachteiligung ist jedenfalls anzunehmen, wenn der entstandene Nachteil - wie hier - in seiner konkreten Form wiedergutgemacht wird.
18
3. Die Anfechtung hat nicht deshalb Erfolg, weil in der Zahlung der Beklagten an den Schuldner anstelle der Erfüllung des Anfechtungsanspruchs die Gewährung eines neuen Darlehens zu erkennen wäre. Die von dem Schuldner im Wege der Begleichung eines Darlehensbetrages an den Darlehensgeber veranlasste Gläubigerbenachteiligung entfällt, wenn der Darlehensgeber den Betrag sodann zu gleichen Bedingungen dem Schuldner wieder zur Verfügung stellt (RG JW 1905, 184 Nr. 33). Auch hier wurde durch die Rückgewähr der Zahlung seitens der Beklagten der ursprüngliche Darlehensvertrag wiederhergestellt.

III.


19
Die angefochtene Entscheidung kann damit nicht bestehen bleiben. Sie ist teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um abschließende Feststellungen zu treffen, ob die Beklagte, die insoweit die Beweislast trägt (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 13/07, ZIP 2011, 440 Rn. 12), den empfangenen Bargeldbetrag tatsächlich dem Schuldner in Höhe von 16.500 € zurückgewährt hat.
Kayser Gehrlein Grupp
Möhring Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.02.2016 - 325 O 299/15 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.11.2016 - 14 U 65/16 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.