Landgericht Magdeburg Beschluss, 06. Dez. 2016 - 10 OH 12/16

ECLI:ECLI:DE:LGMAGDE:2016:1206.10OH12.16.0A
bei uns veröffentlicht am06.12.2016

Tenor

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; eine Auslagenerstattung ist nicht veranlasst.

Gründe

I.

1

Am 10.08.2016 kauften der Beschwerdeführer und seine Ehefrau ein Grundstück in B zu einem Kaufpreis von 60.000,00 €.

2

Am 07.09.2015 beurkundete die beteiligte Notarin einen Vertrag zwischen dem Antragsteller und seiner geschiedenen Ehefrau. Danach überließ die Ehefrau dem Antragsteller ihren Miteigentumsanteil von 1/2 an dem in B gelegenen Grundstück. Als Gegenleistung übernahm der Antragsteller die noch offene Darlehensforderung der Commerzbank AG, die zum damaligen Zeitpunkt ein Betrag von 67.000,00 € aufwies. Darüber hinaus verpflichtete sich der Antragsteller an seine geschiedene Ehefrau im Falle des Verkaufs des Grundstücks 7.500,00 € zu zahlen. Schließlich bestellte der Antragsteller der Ehefrau ein Vorkaufsrecht für den ersten Vorkaufsfall: danach sollte die Ehefrau bei Ausübung des Vorkaufsrechts einen Kaufpreis zahlen, der den vertraglich vereinbarten Kaufpreis mit dem Dritten um 7.500 € unterschreitet.

3

Mit Kostenrechnung vom 21.09.2015 rechnete die Notarin mit der Kosten Rechnungsnummer R 1330/0/1 2015 einen Gesamtbetrag von 968,90 € ab. Als Geschäftswert nahm sie einen Betrag i.H.v.161.500,00 € an. Dabei addierte sie den hälftigen Grundstückswert von 60.000,00 €, die Übernahme der hälftigen Restvaluta i.H.v. 34.000,00 €, die Zahlungsverpflichtung von 7.500,00 € und das Vorkaufsrechts mit einem Wert von 60.000,00 €.

4

Die Notarin behauptet, der Antragsteller habe mit Darlehn und aus eigenen Mitteln Investitionen in das Grundstück vorgenommen, so dass der Wert höher anzusetzen sei.

5

Der Antragsteller behauptet, es seien nach dem Erwerb nur einige Fenster erneuert und Wohnräume im normalen Umfang renoviert worden.

6

Der Antragsteller meint, es könne der hälftige Grundstückswert betrage 30.000,00 €, die Übernahme der Darlehnsvaluta müsse mit 33.500,00 € und das Vorkaufsrecht mit 52.500,00 € (nämlich 60.000,00 € -7.500,00 €) bewertet werden, so dass der Geschäftswert 123.500,00 € betrage.

II.

7

Der nach § 127 GNotKG statthafte Kostenprüfungsantrag ist teilweise begründet.

8

Zwischen den Parteien streitig ist alleine der angenommene Geschäftswert.

9

Nach § 97 Abs. 3 GNotKG darf bei einem gegenseitigen Vertrag nur eine Leistung im Geschäftswert angesetzt werden, und zwar der höhere Wert. Die Leistung der Ehefrau besteht in der Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils. Die Gegenleistung des Antragstellers ist die Freistellung des hälftigen Darlehnsbetrags in Höhe von 33.500,00 € im Innenverhältnis, die Verpflichtung zur Rückübertragung bei Scheitern der Freistellung und die bedingte Zahlungsverpflichtung im Falle des Verkaufs in Höhe von 7.500,00 €.

10

Wie sich der Wert des Miteigentumsanteils berechnet, welcher sowohl für die Bewertung der Leistung der Ehefrau, als auch die Bewertung der Verpflichtung zur Rückübertragung von Bedeutung ist, ist zwischen der Notarin und dem Antragsteller streitig. Maßgeblich ist nach § 46 Abs.1 GNotKG der Verkehrswert.

11

Zunächst kann das Geschäft selbst als Anhaltspunkt für den Verkehrswert des Grundstücks dienen. Der Antragsteller bietet als Gegenleistung für die Überlassung des Grundstücks die Freistellung von Hälfte der noch offenen Darlehnsbeträge in Höhe von 33.500,00 € an. Zudem ist er bereit für den Fall des Verkaufs noch einen Betrag von 7.500,00 € zu zahlen. Der Vertrag erfolgt zur endgültigen Auseinandersetzung aller Ansprüche aus der Ehe. Danach ist ersichtlich, dass die Parteien davon ausgingen, alle gegenseitigen Ansprüche in diesem Vertrag erfasst zu haben. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Seite sich gegenüber der anderen Seite in einer darüber hinausgehenden Verpflichtung sah. Dies spricht dafür als Wert des Vertrages für Überlassung des Grundstücks die im Gegenzug vorgenommene Befreiung der Ehefrau im Innenverhältnis aus einer Schuld von 41.000,00 € zu sehen.

12

Ein anderer Anhaltspunkt für die Ermittlung des Verkehrswerts kann der Preis sein, zu dem das Grundstück im 5 Jahre vor dem Geschäft gekauft worden ist. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Preis damals nicht dem tatsächlichen Wert des Hauses entsprochen haben könnte. Danach betrug der Wert im Jahr 2010 60.000,00 €. Die Notarin behauptet, dass mit Darlehn und aus eigenen Mitteln ein höherer Geldbetrag investiert worden sei, so dass der Geschäftswert höher anzusetzen sei. Der Antragsteller behauptet, dass lediglich einige Fenster erneuert und Renovierung im normalen Umfang stattgefunden hat. Eine Beweisaufnahme zur Wertermittlung kann darf nicht stattfinden, § 46 Abs. 4 GNotKG. Danach kann das Gericht nicht davon ausgehen, dass das der hälftige Grundstücksteil einen weit über 30.000,00 € liegenden Betrag ausmacht.

13

Ein weiterer Anhaltspunkt können Bodenrichtwert und von der Feuerversicherung angenommener Gebäudewert sein. Bei den von der Notarin zugrunde gelegten Betrag von 15,00 € pro Quadratmeter errechnet sich bei einem 1.020 m² großen Grundstück ein Bodenrichtwert von 15.300,00 €. Welcher Gebäudewert der Feuerversicherung zugrunde liegt, konnte jedoch nicht geklärt werden, so dass diese Methode nicht zielführend ist. jedenfalls ist der Bodenrichtwert nicht so hoch, dass dieser einen Geschäftswert von 41.000,00 € für die Übertragung hälftigen Eigentums als zweifelhaft erscheinen lässt.

14

Betrachtet man danach nur die Leistung der Ehefrau ist von einem Wert in Höhe von 41.000,00 € auszugehen.

15

Die Gegenleistung des Antragstellers ist Freistellung im Innenverhältnis hinsichtlich der noch offenen Darlehnsschuld in Höhe von 33.500,00 €. Hinzuzurechnen ist die von ihm zu leistende Rückübertragung für den Fall, dass die Freistellung nicht zu einer Enthaftung im Außenverhältnis führt. Nach § 51 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 46 GNotKG ist unter Berücksichtigung eines Billigkeitsausgleichs nach § 51 Abs. 3 GNotKG von 50 % des hälftigen Miteigentumsanteils auszugehen – demnach 20.500,00 € auszugehen (41.000,00 : 2). Schließlich ist noch die bedingte Zahlungsverpflichtung für den Fall des Verkaufs in Höhe von 7.500,00 € hinzuzurechnen, so dass der Wert der Gegenleistung insgesamt 61.500,00 € beträgt. Dieser ist als der höhere der Geschäftswertberechnung zugrunde zu legen.

16

Das Vorkaufsrecht schließlich richtet sich nach dem hälftigen Grundstückswert gemäß § 51 Abs. 1 S.2 i.V.m. § 46 GNotKG. Dieser beträgt nach dem oben Gesagten 41.000,00 €. Die schuldrechtliche Verpflichtung zur Ausgleichszahlung von 7.500,00 € bei einem Verkauf, hat keine Einfluss auf die Bestimmung des Wertes Vorkaufsrechts. Vorkaufsrecht stellt verschiedener Beurkundungsgegenstände nach § 86 Abs. 2 Buchst. g not KG da, denn es liegt kein Fall des §§ 109 die not KG vor. Daher die Geschäftswert werden gemäß § 35 Abs. 1 Buchst. g not KG addiert, weil die Überlassung und Vorkaufsrechtseinräumung jeweils eine 2,0 Gebühr nach Nr. 211000 GVG not KG auslösen, die Gebühr wegen § 93 Absatz ein S. 1G not KG jedoch nur einmal angesetzt werden darf.

17

Die Kostenberechnung hat danach folgenden Inhalt:

18

KV 211000 Beurkundung:
Wert der Leistung des Antragstellers    
61.500,00 €
und Vorkaufsrecht
41.000,00
Summe: 102.500,00 €

546,00 €

Auslagen KV 32001

16,20 €

Auslagen KV 32005

20,00 €

Auslagen KV 32011

16,00 €

Mehrwertsteuer auf 598,20 €

113,66 €

Summe

711,85 €


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Referenzen - Gesetze

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Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 46 Sache


(1) Der Wert einer Sache wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert).

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 127 Antrag auf gerichtliche Entscheidung


(1) Gegen die Kostenberechnung (§ 19), einschließlich der Verzinsungspflicht (§ 88), gegen die Zahlungspflicht, die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts (§ 11) und die Erteilung der Vollstreckungsklausel kann die Entscheidung des Landgerichts, in dess

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 51 Erwerbs- und Veräußerungsrechte, Verfügungsbeschränkungen


(1) Der Wert eines Ankaufsrechts oder eines sonstigen Erwerbs- oder Veräußerungsrechts ist der Wert des Gegenstands, auf den sich das Recht bezieht. Der Wert eines Vorkaufs- oder Wiederkaufsrechts ist die Hälfte des Werts nach Satz 1. (2) Der Wert e

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 97 Verträge und Erklärungen


(1) Der Geschäftswert bei der Beurkundung von Verträgen und Erklärungen bestimmt sich nach dem Wert des Rechtsverhältnisses, das Beurkundungsgegenstand ist. (2) Handelt es sich um Veränderungen eines Rechtsverhältnisses, so darf der Wert des von der

Referenzen

(1) Gegen die Kostenberechnung (§ 19), einschließlich der Verzinsungspflicht (§ 88), gegen die Zahlungspflicht, die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts (§ 11) und die Erteilung der Vollstreckungsklausel kann die Entscheidung des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar den Amtssitz hat, beantragt werden. Antragsberechtigt ist der Kostenschuldner und, wenn der Kostenschuldner dem Notar gegenüber die Kostenberechnung beanstandet, auch der Notar.

(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Jahr folgt, in dem die vollstreckbare Ausfertigung der Kostenberechnung zugestellt ist, können neue Anträge nach Absatz 1 nicht mehr gestellt werden. Soweit die Einwendungen gegen den Kostenanspruch auf Gründen beruhen, die nach der Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung entstanden sind, können sie auch nach Ablauf dieser Frist geltend gemacht werden.

(1) Der Geschäftswert bei der Beurkundung von Verträgen und Erklärungen bestimmt sich nach dem Wert des Rechtsverhältnisses, das Beurkundungsgegenstand ist.

(2) Handelt es sich um Veränderungen eines Rechtsverhältnisses, so darf der Wert des von der Veränderung betroffenen Rechtsverhältnisses nicht überschritten werden, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um mehrere Veränderungen desselben Rechtsverhältnisses handelt.

(3) Bei Verträgen, die den Austausch von Leistungen zum Gegenstand haben, ist nur der Wert der Leistungen des einen Teils maßgebend; wenn der Wert der Leistungen verschieden ist, ist der höhere maßgebend.

(1) Der Wert einer Sache wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert).

(2) Steht der Verkehrswert nicht fest, ist er zu bestimmen

1.
nach dem Inhalt des Geschäfts,
2.
nach den Angaben der Beteiligten,
3.
anhand von sonstigen amtlich bekannten Tatsachen oder Vergleichswerten aufgrund einer amtlichen Auskunft oder
4.
anhand offenkundiger Tatsachen.

(3) Bei der Bestimmung des Verkehrswerts eines Grundstücks können auch herangezogen werden

1.
im Grundbuch eingetragene Belastungen,
2.
aus den Grundakten ersichtliche Tatsachen oder Vergleichswerte oder
3.
für Zwecke der Steuererhebung festgesetzte Werte.
Im Fall der Nummer 3 steht § 30 der Abgabenordnung einer Auskunft des Finanzamts nicht entgegen.

(4) Eine Beweisaufnahme zur Feststellung des Verkehrswerts findet nicht statt.

(1) Der Wert eines Ankaufsrechts oder eines sonstigen Erwerbs- oder Veräußerungsrechts ist der Wert des Gegenstands, auf den sich das Recht bezieht. Der Wert eines Vorkaufs- oder Wiederkaufsrechts ist die Hälfte des Werts nach Satz 1.

(2) Der Wert einer Verfügungsbeschränkung, insbesondere nach den §§ 1365 und 1369 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie einer Belastung gemäß § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, beträgt 30 Prozent des von der Beschränkung betroffenen Gegenstands.

(3) Ist der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann ein höherer oder ein niedrigerer Wert angenommen werden.

(1) Der Wert einer Sache wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert).

(2) Steht der Verkehrswert nicht fest, ist er zu bestimmen

1.
nach dem Inhalt des Geschäfts,
2.
nach den Angaben der Beteiligten,
3.
anhand von sonstigen amtlich bekannten Tatsachen oder Vergleichswerten aufgrund einer amtlichen Auskunft oder
4.
anhand offenkundiger Tatsachen.

(3) Bei der Bestimmung des Verkehrswerts eines Grundstücks können auch herangezogen werden

1.
im Grundbuch eingetragene Belastungen,
2.
aus den Grundakten ersichtliche Tatsachen oder Vergleichswerte oder
3.
für Zwecke der Steuererhebung festgesetzte Werte.
Im Fall der Nummer 3 steht § 30 der Abgabenordnung einer Auskunft des Finanzamts nicht entgegen.

(4) Eine Beweisaufnahme zur Feststellung des Verkehrswerts findet nicht statt.