Landgericht Magdeburg Urteil, 14. Dez. 2017 - 10 O 1705/16 (379)

ECLI:ECLI:DE:LGMAGDE:2017:1130.10O1705.16.00
bei uns veröffentlicht am14.12.2017

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1

Die Parteien sind Nachbarn und streiten um ein Notwegerecht.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks T 6 in B, Flur 39, Flurstück 1342/2. Die Beklagten sind Eigentümer des Grundstücks G 13 b, Flur 39, Flurstück 1343/9 sowie Flurstücke 1343/21 und 1343/23. Auf dem Grundstück 1343/21 steht das Wohnhaus der Beklagten. Von der vom G abzweigenden Stichstraße führt ein in der Anlage K1 rot markierter, gepflasterter Weg auch Foto 3 des Ortstermins), der im Eigentum der Beklagten steht, bis etwa in die Mitte des Grundstücks der Beklagten 1343/21. Bis zum Grundstück der Klägerin ist dann eine Wiese vorhanden, auf der sich kleinere Bäume befinden. Das Grundstück trennt eine Hecke, die auf dem Grundstück der Beklagten steht.

3

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1, die Luftbilder aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 29.11.2017 und die vom Gericht anläßlich des Ortstermins am 30.11.2017 gefertigten Fotos Bezug genommen.

4

Die Klägerin hat ein im Grundbuch eingetragenes Notwegerecht über das Grundstück 1342/3. Von dem G/Ecke Gartenweg führt ein schmaler Gehweg (Foto 2) ansteigend bis zum Wohnhaus der Klägerin. Nach Angaben der Stadt soll der Zuweg zum Grundstück der Klägerin offiziell über den oberhalb des Grundstücks verlaufenen Weg erfolgen. Dabei handelt es sich um einen Weg, der nicht mit Fahrzeugen befahrbar ist.

5

Die Klägerin hat ihr Grundstück im Jahr 1991 von ihrem Vater übertragen bekommen und lebte allerdings bereits zuvor in dem auf dem Grundstück stehenden elterlichen Haus.

6

Die Klägerin meint, ihr stünde ein Notwegerecht dergestalt zu, dass sie den im Eigentum der Beklagten stehenden Weg mitbenutze dürfe bis zur Mitte des Grundstücks der Beklagten. Des Weiteren stünde ihr ein Recht zu, den Weg entsprechend zu verlängern bis zu ihrem Grundstück und um dann auf ihrem Grundstück einen Stellplatz zu erreichten.

7

Hinsichtlich des angedachten Weges wird auf die Anlage K 1 verwiesen, wo der Weg rot schraffiert ist. Hier ist allerdings zu beachten, dass der bisherige Weg etwa in der Mitte des Grundstücks 1343/21 endet.

8

Die Klägerin beantragt,

9

1. die Beklagten zu verurteilen, die Nutzung eines Teils ihrer Grundstücke G 13 b in ... B, gelegen in der Gemarkung B, Flur 39, Flurstück 1343/9, Flur 39, Flurstück 1343/21 sowie Flur 39, Flurstück 1343/23, in einer Breite von ca. 4 m bis zur öffentlichen Straße G hin zur Herstellung der notwendigen Verbindung des Grundstücks der Klägerin T 06 in ... B, gelegen in der Gemarkung B, Flur 39, Flurstück 1342/2 mit dem öffentlichen Weg G als Notweg zum Gehen und Befahren zu dulden, so wie es sich aus der beigefügten Skizze/Lageplan (rote Markierung) K 1 ergibt, Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Notwegerente nebst angemessenen Unterhaltskosten,

10

2. die Beklagten zu verurteilen, als Nebenforderung 2.030,03 € inkl. 19 % Umsatzsteuer außergerichtliche Kosten nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

11

Die Beklagten beantragen,

12

die Klage abzuweisen.

13

Das Gericht hat die Örtlichkeiten am 30.11.2017 im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor Ort in B in Augenschein genommen.

14

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll nebst Anlagen und Fotos Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten kein Anspruch auf Duldung der Errichtung eines Notweges mit dem Inhalt zu, dass die Klägerin mit Kraftfahrzeugen auf ihr eigenes Grundstück fahren kann.

16

Nach § 917 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks, dem die zur ordnungsgemäßen Benutzung Verbindungen mit einem öffentlichen Weg fehlen, von den Nachbarn die Duldung der Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung verlangen. Danach stellt die Pflicht zur Duldung der Benutzung durch den Nachbarn für den Eigentümer des Verbindungsgrundstücks eine Beschränkung seines Eigentums dar, die kraft Gesetzes mit dem Vorliegen der Zugangsnot entsteht. Diese Eigentumsbeschränkung muss der Verpflichtete im Interesse einer wirtschaftlichen Ausnutzung des Grund und Bodens hinnehmen. Auf Seiten des Berechtigten führt der Notwegeanspruch zu einer Erweiterung des Inhalts seines Grundstückseigentums. Wegen des schwerwiegenden Eingriffs, den ein Notweg für das Eigentum des Nachbarn bedeutet, hat die Rechtsprechung an die tatbestandlichen Erfordernisse des § 917 Abs. 1 BGB für ein Überfahrtsrecht stets einen strengen Maßstab angelegt und besonders sorgfältig geprüft, ob nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls die beanspruchte Zufahrtsmöglichkeit tatsächlich für eine ordnungsgemäße Benutzung des betreffenden Grundstücks unerlässlich und damit im Sinne der gesetzlichen Regelungen notwendig ist. Das Erfordernis der Notwendigkeit hängt dabei von den nach den objektiven Maßstäben zu messenden Bedürfnissen des abgeschnittenen Grundstücks nach ordnungsgemäßer Bewirtschaftung ab. Wird dies bejaht, so besteht das geforderte Notwegerecht kraft Gesetzes. In dem damit verbundenen Eingriff in das Grundstückseigentum des Nachbarn liegt der Grund für die Anlehnung des strengen Maßstabes. Die Interessen des Nachbarn finden in § 917 Abs. 1 BGB bei der Feststellung der Entstehungsvoraussetzungen keine Berücksichtigung. Daher hat der Bundesgerichtshof eine Abwägung der beiderseitigen Interessen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit prinzipiell ausgeschlossen. Im Ausgangspunkt ist daher zu prüfen, ob die fehlende Verbindung für die ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks notwendig ist (BGH nach Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 25.01.1995, 6 U 198/93, zitiert nach Juris, Rz. 33 ff.).

17

Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass die ordnungsgemäße Benutzung eines notleitenden Grundstücks sich nach objektiven Gesichtspunkten bemisst. Maßgebend ist die danach angemessene, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Grundstücks entsprechende Nutzung. Eine nur einem persönlichen Bedürfnis des Eigentümers oder eines Nutzungsberechtigten entsprechende oder eine nur provisorische Nutzung ergibt daher keinen Anspruch auf einen Notweg nach § 917 BGB. Eine in diesem Sinn ordnungsgemäße Grundstücksbenutzung setzt bei einem Wohngrundstück in der Regel die Erreichbarkeit mit einem Kraftfahrzeug voraus. Dies ist zur Gewährleistung elementarer Bedürfnisse objektiv erforderlich, so etwa im Hinblick auf die Müllentsorgung oder die Belieferung mit Brennstoffen oder sperrigen Gütern. Ebenfalls zur ordnungsgemäßen Benutzung eines Wohngrundstücks gehört die Möglichkeit, dieses mit dem eigenen Kraftfahrzeug anzufahren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es nicht lediglich um das Abstellen von Kraftfahrzeugen auf dem Grundstück, sondern um dessen Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen geht. An dieser Erreichbarkeit fehlt es nicht bereits dann, wenn das Kraftfahrzeug nicht vor dem Eingangsbereich des auf dem Grundstück aufstehenden Gebäudes fahren kann. Vielmehr ist es ausreichend, wenn das Kraftfahrzeug unmittelbar in das Wohngrundstück heranfahren kann und der Eingangsbereich von dieser Stelle aus in zumutbarer Weise auch mit sperrigen Gegenständen erreicht werden kann. Der Gesichtspunkt, dass das Erreichen des Hauseingangs bei einem Auffahren auf das Grundstück erleichtert möglich wäre, rechtfertigt kein Notwegerecht (BGH, Urteil vom 18.10.2003, V ZR 278/12, juris, Rz. 11 - 12; Urteil vom 22.01.2016, V ZR 116/15, Rz. 5).

18

Wendet man diese Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt an, ergibt sich Folgendes:

19

Das klägerische Grundstück besitzt ein eingetragenes Notwegerecht über das Grundstück 1342/3. Der Eingangsbereich dieses Zuweges ist über die Straße G, bei der es sich um eine gepflasterte Straße handelt, erreichbar.

20

Das Gericht hat den berganführenden Notweg bis zum Grundstück und letztendlich bis zum Hauseingang der Klägerin, der sich im oberen Teil des Grundstücks befindet, beschritten. Es handelt sich hierbei um einen schmalen Weg, der jedoch keinesfalls lediglich die von der Klägerin angegebene maximale Breite von 70 Zentimetern aufweist. Das Gericht schätzt die Breite als größer ein. Insbesondere dürften über diesen Weg auch Gegenstände transportierbar sein, die 90 Zentimeter Breite und damit die übliche Türbreite aufweisen. Das Gericht verkennt nicht, dass dieser Weg bergan führt und lediglich zu Fuß Transporte ermöglicht. Damit besitzt die Klägerin grundsätzlich einen Zugang zu ihrem Grundstück.

21

Mit dem angestrebten Notwegerecht über das Grundstück der Beklagten möchte sie einen weiteren für sie wesentlich bequemeren Zustand erreichen. Bequemlichkeit wird jedoch durch das Notwegerecht des § 917 BGB nicht geschützt. Sicherlich ist es so, dass über die Zufahrt bis zur Mitte des Grundstücks der Beklagten 1343/21 es auch möglich wäre, mit einem PKW oder auch einem Kleintransporter dort hinzufahren. Sicherlich ist es auch so, wenn schwerere und sperrige Gegenstände über diesen Weg bis zur Mitte des Grundstücks der Beklagten transportiert würden, der Weg zum Haus der Klägerin von dort aus wesentlich kürzer ist.

22

Die Klägerin möchte aber nunmehr nicht nur erreichen, dass sie diesen bereits bestehenden Weg der Beklagten mit nutzt. Sie möchte darüber hinaus, wie es sich anlässlich ihrer persönlichen Anhörung im Termin ergeben hat, den bestehenden Weg der Beklagten über deren Grundstück verlängern und auf ihrem eigenen Grundstück dann einen Stellplatz errichten, auf dem sie ihre PKW parken kann. Hierzu ist es erforderlich, dass das Grundstück der Beklagten durch einen zusätzlichen Weg durchschnitten wird und auch kleinere, wohl Obstbäume gefällt werden müssen (Foto 5). Bereits dieses Ziel der Klägerin deutet darauf hin, dass ihre Klage nicht primär darauf gerichtet ist, in bestimmten Situationen etwa dann, wenn Umbauarbeiten an ihrem Haus anstehen oder größere, schwerere Gegenstände geliefert werden, das Grundstück der Beklagten zu nutzen. Vielmehr geht es ihr darum, im alltäglichen Leben ihr Grundstück bequem erreichen und dort einen PKW abstellen zu können.

23

Der Antrag der Klägerin auf Einräumung eines Notwegerechtes zielte daher ersichtlich darauf, ihr den alltäglichen Gebrauch ihres Grundstücks zu erleichtern, damit sie auf diesem einen PKW-Stellplatz errichten kann.

24

Das Gericht hat durchaus dafür Verständnis, dass ein derartiger Weg und Stellplatz auf ihrem Grundstück der Klägerin und ihrer Familie das Leben allgemein erleichtern würde. Das Notwegerecht, das jedoch massiv in das Eigentumsrecht Ditter eingreift, dient jedoch nicht der Klägerin ihr alltägliches Leben zu erleichtern. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin bereits seit Jahrzehnten das streitgegenständliche Grundstück bewohnt. Die Hanglage und die Position des Hauses ermöglichen auf der einen Seite einen hervorragenden Blick in die Weite der Landschaft, auf der anderen Seite sind hiermit Erschwernisse in der Erreichbarkeit gegeben. Diese Erschwernisse haben allerdings auch in den vergangenen Jahren nicht verhindert, dass ein Leben in dem Grundstück mit dem bereits grundbuchrechtlich eingetragenen Notwegerecht nicht möglich gewesen wäre.

25

Die Beklagten haben zu überdies erkennen gegeben, dass sie durchaus damit einverstanden sind, dass die Klägerin ihren Weg nutzt, um von dort einen kürzeren Trageweg zu haben, um sperrige Gegenstände in das Haus der Klägerin transportieren zu können. Die Beklagten sind allerdings nicht damit einverstanden, dass dauerhaft ihr Recht auf Eigentum dadurch eingeschränkt wird, dass eine weitere Zuwegung zum Grundstück der Klägerin geschaffen wird, die ein Parken der Klägerin auf ihrem Grundstück ermöglicht.

26

Auch die mit Schriftsatz der Klägerin vom 13.12.2017 zitierte Entscheidung BGH vom 12.12.2008 V ZR 106/07 steht der Entscheidung der Kammer nicht entgegen. In dem Fall aus dem Jahr 2008 liegt bereits eine vollständige vorhandene Privatstrasse vor, die auch der Nachbar nutzen möchte. In dem hiesigen Fall reicht die Privatstrasse nur bis zum Grundstück der Beklagten und die Klägerin möchte selbst eine Privatstrasse über das Grundstück der Beklagten errichten, die für die Beklagten keinerlei Wert hat, sondern nur ihre Eigentumsposition massiv einschränkt.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2016 - V ZR 116/15

bei uns veröffentlicht am 22.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 116/15 Verkündet am: 22. Januar 2016 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:220116UVZR116.15.0

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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 116/15 Verkündet am:
22. Januar 2016
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:220116UVZR116.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 26. Mai 2015 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger sind seit 1979 Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Es ist von der öffentlichen Straße D. (im Folgenden: D.-Straße) aus über eine Treppe zugänglich. Zwischen dem Zugang und der D.-Straße besteht ein Höhenunterschied, der nach Darstellung der Kläger etwa 8 Meter beträgt. Die zu dem Haus gehörenden Garagen liegen auf dem Höhenniveau der D.-Straße und sind von dort aus anzufahren. Auf dem an das Grundstück der Kläger teilweise angrenzenden Grundstück befindet sich eine Wohnungseigentumsanlage. Sie verfügt über einen auf dem Grundstück der Wohnungseigentümer gelegenen Zufahrtsweg zur öffentlichen K. straße (im Folgenden: K.-Straße). In der Vergangenheit wurde dieser Weg auch als Zufahrt zum Haus der Kläger genutzt, ohne dass dies vertraglich oder dinglich abgesichert war. Auf dem Grundstück der Kläger befindet sich ein KfzAbstellplatz , der nur über diesen Weg zu erreichen ist. Nachdem es im Jahr 2011 zu Unstimmigkeiten zwischen den Klägern und Mitgliedern der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft gekommen war, wurden die Kläger aufgefordert , die Nutzung des Weges zu unterlassen.
2
Mit der Klage haben die Kläger von der Beklagten die Einräumung eines Notwegrechts über den Zufahrtsweg zur K.-Straße Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Notwegrente nebst angemessenen Unterhaltskosten verlangt. Die Beklagte hat Widerklage erhoben und beantragt, die Kläger zu verurteilen , es zu unterlassen, ihr Grundstück zum Gehen, Fahren oder in sonstiger Weise zu nutzen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Kläger antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt mit Ausnahme der Nutzung zum Zweck des Transports der Müllbehälter von und zur K.-Straße sowie im Rahmen des Hammerschlag- und Leiterrechts. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts haben die Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Einräumung eines Notwegrechts. Ihrem Grundstück fehle nicht die zu dessen Nutzung notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg. Über die D.-Straße könne man unmit- telbar an das Wohnungsgrundstück der Kläger heranfahren und den Eingangsbereich ihres Hauses über die vorhandene Treppe in zumutbarer Weise erreichen. Dies sei auch mit sperrigen Gegenständen sowie mit Waren und Gütern möglich. Aber selbst wenn die vorhandene Treppe nicht mehr den heutigen Ansprüchen entspräche und deshalb für den Transport von sperrigen Gegenständen nicht geeignet wäre, begründe dies nicht den Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts. Die Kläger wären für diesen Fall gehalten, die Treppe so herzustellen, dass sie für den Transport von sperrigen Gütern geeignet wäre. Die Beklagte sei auch keineswegs verpflichtet, den Klägern deshalb ein Notwegrecht einzuräumen, weil sie stufenlos zum Eingang ihres Hauses gelangen wollten. Dass sie den Eingangsbereich ihres Hauses nur über eine Treppe erreichen könnten, stelle eine Unbequemlichkeit dar, die sie auch unter Berücksichtigung ihres Alters in Kauf nehmen müssten. Den Klägern stehe gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Benutzung des Wegs zur K.-Straße aufgrund eines Gewohnheitsrechts zu.

II.

4
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
5
1. Ohne Rechtsfehler hält das Berufungsgericht die auf Einräumung eines Notwegrechts gerichtete Klage für unbegründet.
6
a) § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen , dass sie bis zur Behebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
7
aa) Der Umstand alleine, dass ein Grundstück mit einem öffentlichen Weg - hier mit der D.-Straße - verbunden ist, schließt ein Notwegrecht nicht von vornherein aus. Entscheidend ist vielmehr, ob die ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks die Einräumung des Notwegs über das Grundstück der Nachbarn notwendig macht. Dies bestimmt sich nach objektiven Gesichtspunkten. Maßgebend ist die danach angemessene, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Grundstücks entsprechende Nutzung. Eine nur einem persönlichen Bedürfnis des Eigentümers oder eines Nutzungsberechtigten entsprechende oder eine nur provisorische Nutzung gibt daher keinen Anspruch auf einen Notweg nach § 917 BGB (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 10 f. mwN).
8
Bei einem Wohngrundstück setzt eine in diesem Sinn ordnungsmäßige Grundstücksbenutzung in der Regel die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen voraus. Dies ist zur Gewährleistung elementarer Bedürfnisse objektiv erforderlich, so etwa im Hinblick auf die Müllentsorgung oder die Belieferung mit Brennstoffen oder sperrigen Gütern. Ebenfalls zur ordnungsgemäßen Benutzung eines Wohngrundstücks gehört die Möglichkeit, dieses mit dem eigenen Kraftfahrzeug anzufahren. An dieser Erreichbarkeit fehlt es nicht bereits dann, wenn das Kraftfahrzeug nicht bis vor den Eingangsbereich des auf einem Grundstück aufstehenden Gebäudes fahren kann. Vielmehr ist es ausreichend, wenn mit einem Kraftfahrzeug unmittelbar an das Wohngrundstück herangefahren und der Eingangsbereich von dieser Stelle aus in zumutbarer Weise - auch mit sperrigen Gegenständen - erreicht werden kann. Dass das Erreichen des Hauseingangs bei dem Auffahren auf das Grundstück erleichtert möglich wäre, rechtfertigt kein Notwegrecht (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 12; vgl. auch Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 14).
9
bb) Von diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht zutreffend aus. Seine tatrichterliche Würdigung, das Grundstück der Kläger sei von der D.-Straße in zumutbarer Weise zu erreichen, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander gesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 13 mwN). Einen solchen Rechtsfehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
10
(1) Sollte die zum Eingangsbereich führende Treppe nicht mehr den aktuellen DIN-Vorschriften entsprechen und für den Transport von Waren und Gütern nicht (mehr) geeignet sein, wie von der Revision unter Bezugnahme auf Vortrag in der Berufungsinstanz geltend gemacht, obliegt es den Klägern, den Zugang über die Treppe ordnungsgemäß herzurichten. Dass die hiermit etwaig verbundenen Erschwernisse so groß sind, dass die Wirtschaftlichkeit der Grundstücksbenutzung aufgehoben oder in unzumutbarer Weise geschmälert wird (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 21), machen die Kläger nicht geltend. Sie verweisen auf die Kosten für die Installation eines Aufzugs von der D.-Straße, die sich auf 180.000 € belaufen würden. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil eine angemessene Nutzung des Grundstücks bereits durch eine funktionsfähige Treppe gewährleistet ist.
11
(2) Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Rüge, das Berufungsgericht habe bei der Prüfung, ob eine ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks über die D.-Straße möglich sei, die persönlichen Umstände der Kläger, insbesondere deren Alter von 70 Jahren bzw. 83 Jahren, nicht berücksichtigt. Es sei vorauszusehen , dass ihnen jedenfalls in absehbarer Zeit die Benutzung der Treppe nicht mehr möglich sein werde. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen der Kläger zur Kenntnis genommen, jedoch zutreffend als rechtlich unerheblich angesehen. Maßgebend ist eine objektive Betrachtung, auf die persönlichen Bedürfnisse des jeweiligen Eigentümers kommt es nicht an (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 11 mwN). Bei einer objektiven Betrachtung ist das Wohngrundstück der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber über die vorhandene Treppe von der D.-Straße aus in zumutbarer Weise trotz des von den Klägern behaupteten Höhenunterschieds zu erreichen.
12
(3) Das Berufungsgericht bejaht entgegen der Auffassung der Revision die Erreichbarkeit des Grundstücks der Kläger mit Kraftfahrzeugen ebenfalls ohne Rechtsfehler, weil über die D.-Straße eine Heranfahrt bis an ihr Grundstück möglich ist. Dass die Kläger, wie ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betont hat, ein besonderes Interesse daran haben, darüber hinausgehend den auf ihrem Grundstück befindlichen Kfz-Stellplatz mit einem Kraftfahrzeug zu erreichen, rechtfertigt die Einräumung eines Notwegrechts und die damit einhergehende Beeinträchtigung fremden Eigentums nicht, da die ordnungsmäßige Benutzung ihres Grundstücks bereits ohne diese zusätzliche Erreichbarkeit gewährleistet ist. Der von der Revision zudem vermissten Gesamtwürdigung, in wie vielen Fällen die Nutzung der Zufahrt auf dem Grundstück der Beklagten durch die Kläger bzw. durch andere Personen schon deshalb erforderlich sei, weil die Nutzung der Treppe ausscheide , bedarf es nicht. Die Kläger stellen in diesem Zusammenhang erneut auf ihre persönlichen Umstände ab, auf die es wegen der gebotenen objektiven Betrachtung gerade nicht ankommt.
13
(4) Ebenfalls erfolglos macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Benutzung der streitigen Zufahrt durch die Kläger seit 1979 bis August 2013 von der Beklagten widerspruchslos geduldet worden sei. Die langjährige Grundstücksnutzung in einer von den Nachbarn ermöglichten bestimmten Art und Weise bildet keine Grundlage für die Ordnungsmäßigkeit der Benutzung des verbindungslosen Grundstücks im Sinne von § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 106/07, NJW-RR 2009, 515 Rn. 18).
14
b) Die Kläger können von der Beklagten die Nutzung des Zufahrtsweges auch nicht losgelöst von den Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 BGB verlangen. Ein solcher Anspruch lässt sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis , auf das sich die Kläger in der Revision ebenfalls stützen, nicht herleiten. Die Regelung des Notwegerechts in § 917 BGB stellt eine spezialgesetzliche Ausgestaltung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses dar, die im Hinblick auf die nicht durch dingliche Rechte oder schuldrechtliche Verträge begründeten Wegerechte eine abschließende Regelung enthält. Sind ihre tatbestandlichen Voraussetzungen - wie hier - nicht erfüllt, können sie nicht mit Hilfe des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses umgangen oder erweitert werden (Senat, Urteil vom 15. November 2013 - V ZR 24/13, NJW 2014, 311 Rn. 26).
15
2. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung auch insoweit stand, als die Berufung der Kläger gegen ihre Verurteilung gemäß der Widerklage zurückgewiesen worden ist.
16
a) Die Widerklage ist - was der Senat gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen hat - zulässig, insbesondere ist die Beklagte prozessführungsbefugt.
17
aa) Macht eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Wege der Klage oder - wie hier die Beklagte - im Wege der Widerklage Unterlassungsansprüche gemäß § 1004 Abs. 1 BGB geltend, ist sie nur dann ausübungs- und prozessführungsbefugt , wenn die Ansprüche (durch sog. Ansichziehen) von den Wohnungseigentümern durch einen Beschluss vergemeinschaftet worden sind (gekorene Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG, vgl. Senat, Urteile vom 5. Dezember 2014 - V ZB 5/14, BGHZ 203, 327 Rn. 7 und vom 10. Juli 2015 - V ZR 194/14, NJW 2015, 2968 Rn. 14, siehe auch bereits Senat, Beschluss vom 30. März 2006 - V ZB 17/06, NJW 2006, 2187 Rn. 12).
18
bb) Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat die Beklagte das Beschlussprotokoll der Eigentümerversammlung vom 14. Januar 2016 vorgelegt. Hiernach haben die Wohnungseigentümer die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gemäß § 1004 BGB gegen die Kläger in dem vorliegenden Prozess ausdrücklich genehmigt. Zugleich hat die Wohnungseigentümergemeinschaft die Individualansprüche der Wohnungseigentümer an sich gezogen. Auf der Grundlage dieses Beschlusses steht die Prozessführungsbefugnis der Beklagten fest. Die hiergegen von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobenen Einwendungen sind unbegründet.
19
(1) Soweit er unter Hinweis auf § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestritten hat, dass die nach dem Protokoll vom 14. Januar 2016 in der Eigentümerversammlung nicht anwesenden Miteigentümer wirksam vertreten worden seien, ist dies rechtlich unerheblich. Selbst wenn es an einer wirksamen Vertretung fehlte und die Versammlung deshalb nicht beschlussfähig (§ 25 Abs. 3 WEG) gewesen wäre, änderte dies nichts an der Wirksamkeit des Beschlusses. Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG ist ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft nur dann nichtig, wenn er gegen Vorschriften des Wohnungsei- gentumsgesetzes verstößt, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann. § 25 Abs. 3 WEG gehört indessen nicht zu solchen Vorschriften. Deshalb ist ein Beschluss einer beschlussunfähigen Wohnungseigentümerversammlung nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 196/08, NJW 2009, 2132 Rn. 28) und gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist. Letzteres ist hier nicht der Fall.
20
(2) Es besteht auch keine Veranlassung, den Klägern vor einer Entscheidung des Senats zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes bzw. zur „Wahrung ihres Eigentumsrechts“ Gelegenheit zu einer Anfechtung des Be- schlusses der Eigentümerversammlung zu geben. Die Kläger gehören nicht zu dem Personenkreis, der gemäß § 46 Abs. 1 WEG zur Erhebung einer Anfechtungsklage befugt ist, insbesondere sind sie nicht Wohnungseigentümer.
21
b) In der Sache folgt der Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Betreten oder Befahren des zum Grundstück der Wohnungseigentümer gehörenden Weges stellt eine Eigentumsverletzung dar. Eine Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB scheidet aus, weil den Klägern ein Nutzungsrecht in dem von ihnen begehrten Umfang nicht zusteht. Die weiter erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich daraus, dass nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die sich das Berufungsgericht jedenfalls konkludent zu Eigen gemacht hat, die Kläger ihrem Sohn gestattet hatten, das Grundstück der Wohnungseigentümer zu betreten.
22
c) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stellt sich entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB dar.
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aa) Zunächst kann dies nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Benutzung der streitigen Zufahrt nach dem Vorbringen der Kläger 34 Jahre ohne Widerspruch geduldet worden ist. Eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs folgt hieraus nicht.
24
Der Eigentümer verwirkt seine Ansprüche aus dem Eigentum nicht, wenn er Störungen gegenüber solange untätig bleibt, wie sie sich ihm gegenüber als rechtmäßig darstellen. So verhält es sich hier, weil nach dem Vorbringen der Kläger die Nutzung des Weges mit Zustimmung der Beklagten bzw. der Wohnungseigentümer erfolgte. Hierdurch verloren diese jedoch nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB geltend zu machen (Senat, Urteile vom 16. Mai 2014 - V ZR 181/13, NJW-RR 2014, 1043 Rn. 20 f.; vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 11). Zugleich darf sich derjenige, der - wie die Kläger - ein Nachbargrundstück nutzt, nicht darauf einrichten, dass der Eigentümer, der diese Nutzung über einen langen Zeitraum gestattet hat, auch künftig auf die Geltendmachung seiner Eigentumsrechte verzichtet. Vielmehr muss er damit rechnen, dass seine (bloß schuldrechtliche) Nutzungsbefugnis enden kann und der Eigentümer dann die Unterlassung der Beeinträchtigung verlangen wird (Senat, Urteile vom 16. Mai 2014 - V ZR 181/13, aaO Rn. 21; vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, aaO Rn. 11).
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bb) Nicht tragfähig ist auch der weitere Einwand der Kläger, die Beklagte könne keinen sachlichen Grund für die Sperrung der Zufahrt geltend machen. Abgesehen davon, dass die Beklagte bis zur Grenze der Schikane (§ 226 BGB) einen solchen Grund nicht benötigt (§ 903 Satz 1 BGB), stellt jeder Fahrzeugverkehr eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentümers dar, an deren Beschränkung bzw. Verhinderung er ein berechtigtes Interesse hat (Senat, Urteile vom 11. April 2003 - V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235, 1236 f.; vom 15. November 2013 - V ZR 24/13, NJW 2014, 311 Rn. 27).

III.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 21.05.2014 - 91 C 1607/14 (31) -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 26.05.2015 - 4 S 14/14 -

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.