Landgericht Köln Urteil, 05. März 2015 - 31 O 154/14
Tenor
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Schuhe in jeglicher farblichen Gestaltung mit einer Form wie nachstehend wiedergegeben
selbst oder durch Dritte anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder sonst in den Verkehr zu bringen;
2.
den Klägerinnen Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Schuhe gem. Ziffer 1. zu erteilen, insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschriften sämtlicher Hersteller, Lieferanten und sonstiger Vorbesitzer sowie der Menge der bestellten und/oder erhaltenen Produkte gem. Ziffer 1., der Namen und Anschriften sämtlicher gewerblicher Abnehmer und die Menge der ausgelieferten Schuhe sowie Einkaufs- und Verkaufspreise der einzelnen erhaltenen bzw. getätigten Lieferungen;
3.
an die Klägerin zu 1) die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.305,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2013 zu zahlen.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der diesen aus den in Antrag I. 1 beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV.
Das Urteil ist hinsichtlich der Ziffer I. und III. gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar bezüglich des Tenors zu I. 1, I. 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,00 EUR, bezüglich des Tenors zu I. 3 und der Kosten des Rechtsstreits gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin zu 1) ist Herstellerin der Freizeitschuhe „D“, die sie weltweit vertreibt.
3Die Klägerin zu 2) ist eine exklusiv für den Vertrieb in Europa zuständige Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1). Der Verkauf der „D“ findet seit 2005 auch in Deutschland statt. Mittlerweile bieten die Klägerinnen eine Vielzahl unterschiedlicher Kollektionen mit über 544 Schuhmodellen an. Gegen Nachahmungen ihrer Produkte gehen die Klägerinnen regelmäßig vor (Anlage K 21, Bl. 289 ff d.A.).
4In Deutschland vertreiben die Klägerinnen unter anderem seit 2005 das Modell „Classic“ (vgl. Abbildung Anlage K 2, Bl. 35 d.A. und die zur Akte gereichten Originalschuhe) und seit 2007 eine Winterversion mit Fütterung, das Modell „Mammoth“ (vgl. Abbildung Anlage K 7, Bl. 64 d.A.).
5Im Jahr 2013 wurde die Klägerin zu 2) von ihrem anwaltlichen Vertreter in Tschechien darauf aufmerksam gemacht, dass in den dortigen O-Filialen seiner Ansicht nach nahezu identische Kopien der Modelle „Classic“ bzw. „Mammoth“ angeboten würden.
6Im Oktober 2013 bestätigte sich der Verdacht der Klägerinnen, dass auch ein ähnliches Angebot in Deutschland stattfand und zwar über den von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Schwarz E-Commerce GmbH & Co. KG, betriebenen Internetshop unter der Domain www.anonym1.de .
7Dort wurden die im Tenor abgebildeten Modelle für Frauen, Männer und Kinder in verschiedenen Farben zu je 4,99 EUR bzw. 3,99 EUR angeboten (vgl. auch die zur Akte gereichten Originalschuhe).
8Mit Schreiben vom 15.10.2013 mahnte die Klägerin zu 1) die Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie die O Stiftung & Co. KG ab (vgl. Anlage K 12, Bl. 84 ff d.A.). Hierbei stützte sie sich neben Wettbewerbsrecht vorrangig auf die Verletzung der Gemeinschaftsmarke (3 D-Marke) Nr. #####2 für das Modell Classic mit Priorität vom 24.12.2007, eingetragen in Klasse 10 und 25 unter anderem für Schuhe sowie auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nummer #####1 mit Priorität vom 30.5.2007 für das Modell Mammoth (vgl. Anlage K 12, Bl. 84 ff d.A.). Sie forderte die Beklagte darin auf, die Abmahnkosten in Höhe von 2.743,43 EUR (1,3 Geschäftsgebühr bei einem Streitwert von 150.000,00 EUR zzgl. Auslagenpauschale = 2.305,40 EUR zzgl. MwSt) bis zum 25.10.2013 zu erstatten.
9Die Rechtsvorgängerin der Beklagten lehnte die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung ab unter Hinweis darauf, dass das Design der D zwischenzeitlich „Allgemeingut“ geworden sei (vgl. Anlage K 14, Bl. 111 ff d.A.).
10Zudem reichte die O Stiftung & Co. KG einen Nichtigkeitsantrag ein gegen die 3-D Marke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) sowie gegen das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. ##### der Klägerin zu 1), das die Grundform des klägerischen Schuhs schützen soll (vgl. Anlage B 25).
11Die streitgegenständlichen Schuhe sind auch weiterhin im Onlineshop der Beklagten erhältlich.
12Zwischenzeitlich sind auch die Gemeinschaftsgeschmacksmuster für das Modell Classic und für das Modell Mammoth Gegenstand eines beim HABM anhängigen Nichtigkeitsverfahrens, weshalb die Klägerinnen ihre Ansprüche allein auf UWG, hilfsweise UrhG, stützen.
13Mit Schriftsatz vom 04.09.2014 teilte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zwischenzeitlich in die jetzige Beklagte umfirmiert hatte.
14Gegen im Laufe des Verfahrens von der Beklagten dargelegte Nachahmungen haben die Klägerinnen bereits rechtliche Schritte eingeleitet (vgl. Bl. 398-399 d.A.).
15Die Klägerinnen sind der Ansicht, es handele sich bei den im Tenor wiedergegebenen Schuhmodellen um nahezu identische Nachahmungen der Modelle der Klägerinnen. Die Modelle der Klägerinnen würden über die erforderliche wettbewerbliche Eigenart verfügen, die durch die enorme Bekanntheit der Schuhe noch erheblich gesteigert sei.
16Die Klägerinnen behaupten, die von ihnen vertriebenen Schuhmodelle hätten mittlerweile Kultstatus.
17Dies zeige auch die Entwicklung der weltweiten Umsatzzahlen der D von 13,5 Millionen USD im Jahre 2004, über 108,6 Millionen USD im Jahre 2005 und 354,7 Millionen USD im Jahre 2006 und sogar über 1 Milliarde USD im Jahr 2011.
18Auch in Deutschland würden sich die D einer herausragenden Beliebtheit erfreuen. So sei der Umsatz seit Einführung im April 2005 von rund 1,5 Millionen EUR im Jahr 2006 auf rund 14,3 Millionen EUR im Jahr 2007 und 29,5 Millionen EUR im Jahr 2012 gestiegen.
19Die „D“ seien im gehobenen Schuhhandel mittlerweile omnipräsent. Neben den 13 D-Flagship-Stores und sieben Discount Outlets u.a. in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, Leipzig und Köln erfolge der Verkauf über 1957 Verkaufsstätten der über 1009 Vertragshändler sowie über den Onlineshop auf www.anonym.de und zahlreiche namhafte Onlinehändler wie z.B. Amazon und Zalando. Darüber hinaus seien die Schuhe auch im Versandhandel (z.B. bei Otto) erhältlich.
20Die überragende Bekanntheit der D, insbesondere des Modells Classic, beruhe auf dem einzigartigen Design. Die Schuhe seien auch deshalb besonders beliebt, weil sie aufgrund des besonders hochwertigen Materials „Croslite“ (PCCR Material) überaus leicht und bequem zu tragen seien. Das hochwertige, weiche Material sei aufgrund seiner zellgeschlossenen Beschaffenheit resistent gegen Gerüche, superleicht und recyclebar.
21Insbesondere in den Jahren 2006 und 2007 sei in Deutschland in nahezu jedem erhältlichen Pressemedium über die D und ihren außergewöhnlichen Erfolg berichtet worden, wobei fast immer der Verkaufsschlager, das streitgegenständliche Modell Classic, abgebildet worden sei.
22Im Jahr 2009 sei das Modell Classic vom London Design Museum ausgezeichnet worden als „einer von 50 Schuhen, der die Welt verändert hat“, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
23Obgleich sich die D-Modelle aufgrund ihrer Einzigartigkeit als Selbstläufer erwiesen hätten, sei der Erfolg seit der Einführung allein in Deutschland zusätzlich mit über 3 Millionen EUR Werbegeldern unterstützt worden.
24Auch nach der Hochphase in den Jahren 2007 und 2008 und nach Einführung einer Vielzahl weiterer D-Modelle hätten die Klägerinnen allein mit dem Verkauf des Modells Classic in Deutschland einen konstanten Umsatz von durchschnittlich 5 Millionen EUR im Jahr erzielt, nämlich
25ca. 5.654.996 EUR im Jahr 2009,
26ca. 4.056.450 EUR im Jahr 2010,
27ca. 4.897.512 EUR im Jahr 2011,
28ca. 4.985.993 EUR im Jahr 2012 und
29ca. 5.475.817 EUR im Jahr 2013
30was insgesamt mehr als 3,8 Millionen Paar verkauften Schuhen entspräche.
31Auch das Modell „Mammoth“ als Winterversion des Modells „Classic“ habe sich einer konstanten Beliebtheit erfreut, wobei die Umsätze naturgemäß geringer gewesen seien als bei dem Modell „Classic“, da es nur in der Winterzeit gekauft worden sei. Seit Einführung habe in Deutschland ein diesbezüglicher Gesamtumsatz von über 6,5 Millionen EUR erzielt werden können.
32Ein Wegfall der wettbewerblichen Eigenart komme nicht in Betracht. Die Beklagte verkenne, dass seitens der Rechtsprechung an die Annahme des Wegfalls der wettbewerblichen Eigenart hohe Anforderungen gestellt würden. Hierfür hätte die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte darlegen und beweisen müssen, dass die maßgebliche Gestaltung der Modelle Classic und Mammoth angesichts der konkreten Ausgestaltung der Konkurrenzprodukte und angesichts der Art, Dauer und Intensität ihrer Verbreitung auf dem deutschen Markt inzwischen üblich geworden sei und deshalb ihre Eignung als Herkunftshinweis verloren habe. Dabei hätte die Beklagte konkrete Tatsachen darlegen und beweisen müssen, aus denen auf Art, Dauer und Umfang der Marktpräsenz der Konkurrenzprodukte in Deutschland geschlossen werden könne. Dem sei die Beklagte nicht ansatzweise nachgekommen. Zudem würden die von der Beklagten in den Anlagen B 1 bis B 10 enthaltenen Abbildungen schon nicht den gleichen Gesamteindruck aufweisen wie die Modelle Classic und Mammoth der Klägerinnen.
33Auszunehmen seien hiervon lediglich das Modell „Sahara“ von F und das Modell „Y“.
34Von dem Modell Sahara gem. Anlage B 7 (Abbildung gem. Bl. 362 d.A.) habe die Klägerin jedoch erst im Rahmen des hiesigen Verfahrens Kenntnis erlangt und stehe diesbezüglich mit der Unternehmensgruppe F in Verhandlungen. Nach einer Auskunft von F seien die im Rahmen eines Tests der Zeitschrift ÖKO-Test im Jahr 2008 getesteten Sahara Clogs (Anlage B 6, Bl. 179 d.A.; weitere Abbildung gem. Bl. 358 d.A.) nur in Kindergrößen erhältlich gewesen und kurz nach dem Test auch nicht mehr vertrieben worden. Zudem habe das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 08.07.2008 (vgl. GRUR-RR 2009, 142 – D) bestätigt, dass sich ein Nachahmer zur Begründung des Wegfalls der wettbewerblichen Eigenart nicht darauf berufen könne, dass dies durch Verbreitung eigener oder fremder Nachahmung geschehen sei, solange Ansprüche gegen ihn oder andere Nachahmer nicht durch Verwirkung untergegangen seien. Von einer Verwirkung könne angesichts der bestehenden Gespräche mit der F Unternehmensgruppe nicht die Rede sein.
35Gegen den Vertrieb der Y-Modelle sei die Klägerin bereits vorgegangen. So sei dem vorherigen Anbieter CE International bereits 2007 per einstweiliger Verfügung des Landgerichts Düsseldorf der Vertrieb verboten worden. In der Hauptsacheklage sei unter dem 06.10.2009 ein mittlerweile rechtskräftiges Versäumnisurteil erwirkt worden, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Am 23.05.2013 sei eine Vereinbarung mit dem italienischen Hersteller geschlossen worden, wonach nur noch der Abverkauf von in geringen Mengen vorhandenen Restposten der bereits an Dritte ausgelieferten Schuhe gestattet worden sei (vgl. Settlement Agreement vom 23.05.2013, Anlage K 20, Bl. 274 d.A.). Soweit über die Internetseite www.anonym.com noch derartige Schuhe angeboten würden, so handele es sich lediglich um einen solchen Abverkauf von Restposten, was auch die Inhaberin des der Y-Onlineshops sowie auch die Herstellerin auf Nachfrage bestätigt hätten.
36Von den seitens der Beklagten im Laufe des Prozesses angesprochenen und teilweise im Original vorgelegten weiteren Nachahmungen der Firmen N, T SB-Warenhaus GmbH (Anl. B 19) und K GmbH (Anl. B 21) hätten die Klägerinnen erst im Rahmen des hiesigen Prozesses Kenntnis erlangt. Gegen die beiden letzteren seien auch bereits rechtliche Schritte eingeleitet worden, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
37Zudem werde mit Nichtwissen bestritten, dass sämtliche vorgenannten Produkte und auch die anderen in den Anlagen B 1 bis B 10 abgebildeten Schuhe in Deutschland in nennenswertem Umfang vertrieben würden. Insbesondere könne aus der gemäß Anlage B 14 vorgelegten allgemeinen Umsätzen der F Gruppe, die unzählige Schuhmodelle vertreibe, nicht auf die Marktpräsenz des Modells Sahara geschlossen werden.
38Demnach habe die Beklagte nicht dargelegt, dass die Gestaltung der Modelle der Klägerinnen schon zum allgemeinen Formenschatz zähle. Dass möglicherweise vereinzelte Restposten des Modells auf dem Markt erhältlich seien, ändere hieran nichts.
39Gem. den Ausführungen des OLG Köln (OLG Köln GRUR-RR 2008,166 - Bigfoot) gelte, dass selbst wenn einzelne Konkurrenzprodukte eine solche identische Nachahmung darstellen würden, daraus noch nicht folge, dass die nachgeahmte Gestaltung inzwischen zum Allgemeingut geworden sei. Den Betroffenen würde jede Möglichkeit zur rechtlichen Gegenwehr genommen, wenn bei verschiedenen etwa gleichzeitig auf den Markt kommenden Nachahmern jeder von ihnen auf die allgemeine Verbreitung der betreffenden Gestaltung durch eigene oder fremde rechtsverletzende Nachahmungen verweisen könnte, so dass eine solche Rechtsverteidigung schon grundsätzlich unbeachtlich bleiben müsse.
40Die angegriffenen Schuhmodelle seien eine nahezu identische Leistungsübernahme in Bezug auf das Modell Classic. Hierdurch komme es zumindest zu einer mittelbaren, vermeidbaren Herkunftstäuschung. In diesem Zusammenhang sei irrelevant, ob Einzelmerkmale von einigen Mitbewerbern in der Vergangenheit schon verwendet worden seien oder ob bestimmte Gestaltungsmerkmale neben ihrer ästhetischen Funktion auch einen gewissen praktischen Zweck dienten, entscheidend sei der Gesamteindruck.
41Die Klägerinnen beantragen,
42-wie erkannt-
43Die Beklagte beantragt,
44die Klage abzuweisen.
45Die Beklagte ist der Ansicht, das Verfahren sei bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeit der oben aufgeführten Registerrechte der Klägerinnen auszusetzen.
46Die wettbewerbliche Eigenart sei zu verneinen, da die prägenden Gestaltungsmerkmale der Modelle der Klägerinnen durch eine Vielzahl von Nachahmungen Allgemeingut geworden seien und der Verkehr sie daher nicht mehr einem bestimmten Hersteller zuordne. Die Modelle der Klägerinnen würden sich schon lange nicht mehr vom Marktumfeld abheben (vgl. Anlage des Schriftsatzes der Beklagten vom 04.11.2013, Anlage B 5, Bl. 161 ff). Zudem seien sämtliche Merkmale vorbekannt und funktionsbedingt.
47Schon 2008 hätte die Zeitschrift Ökotest Plastikclogs von 22 verschiedenen Herstellern getestet - was unstreitig ist (vgl. Anlage B 6, Bl. 179 d.A.) -, darunter Modelle namhafter Hersteller- und Händler wie Romika, F, Betula und Quelle, so dass auch von einer entsprechenden Verbreitung der Schuhe am Markt auszugehen sei.
48Allein F vertreibe seit langer Zeit eine Vielzahl entsprechender Schuhmodelle über sein Internetshop (Anlage B 7, Bl. 185 d.A.). Dies gelte auch für eBay (Anlage B 8, Bl. 193 d.A.) und Amazon (Anlage B 9, Bl. 209 d.A.). T, Aldi, Norma und Penny würden seit 2008 kontinuierlich entsprechende Schuhmodelle anbieten (Anlage B 10, Bl. 225 d.A.).
49Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin erst durch die Klageerwiderung von dem Modell Sahara von F Kenntnis erlangt habe und dass tatsächlich gegen dieses Modell vorgegangen werde. Bezüglich des Modells Y würden die Klägerinnen ihre Rechte offenbar nur mangelhaft durchsetzen. Dies ergebe sich schon daraus, dass über die Internetseite www.anonym.com immer noch Modelle in diversen Farben vertrieben würden, die den streitgegenständlichen Schuhmodellen der Klägerinnen sehr ähneln würden (Anlage B 17, 18). Angesichts der Form und des Umfangs des Angebotes könne es sich auch nicht nur um den Abverkauf von Restposten handeln. Zudem seien die Klägerinnen nach ihren eigenen Angaben auch nur gegen ein ganz bestimmtes Y-Modell vorgegangen, nämlich den Y Swalk Clog Uni Nero. Es sei nicht ersichtlich, warum sie gegen die weiteren Modelle (vgl. Abbildungen gem. Bl. 342 - 343 d.A.) nicht ebenfalls vorgegangen seien.
50Selbst wenn man den Vortrag bezüglich der Umsatzzahlen, Werbeaufwendungen und den Verbreitungsgrad als zutreffend unterstelle, so habe sich zumindest in den letzten sechs Jahren auf dem deutschen Markt ein Wettbewerbsumfeld gebildet, das dazu führe, dass die charakteristischen Merkmale der Schuhmodelle der Klägerinnen von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht mehr einem bestimmten Unternehmen zugeordnet würden. Eine Zuordnung würde der Verbraucher vielmehr allein aufgrund des Krokodil-Logos vornehmen.
51Zudem sei auch keine Nachahmung gegeben, da die von der Beklagten vertriebenen Schuhmodelle über zahlreiche abweichende Details verfügen würden. Diese würden, angesichts der Vielzahl an Gestaltungen, die im deutschen Markt für derartige Plastik-Clogs vorhanden seien, ausreichen, um einen hinreichenden Abstand zum Produkt der Klägerinnen zu schaffen, zumal auch das Krokodillogo nicht übernommen werde. Es fehle daher auch am Vorliegen einer Herkunftstäuschung.
52Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
53Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung eines Zeugen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 05.02.2015 (Bl. 423 d.A.) verwiesen.
54Entscheidungsgründe:
55Die Klage ist begründet.
56I.
571.
58Eine Aussetzung gem. § 148 ZPO wegen der laufenden Nichtigkeitsverfahren vor dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) gegen die Gemeinschaftsmarke (3 D-Marke) Nr. #####2 und das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. ##### ist nicht geboten, da der hiesige Rechtsstreit von diesen Verfahren unabhängig ist. Die Klägerinnen machen hier keine Ansprüche wegen der Verletzung ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters bzw. ihrer Gemeinschaftsmarke geltend. Es ist höchstrichterlich anerkannt, dass die Eigenart eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 DesignG und Art. 6 Abs. 1 GGV nicht gleichbedeutend mit der wettbewerblichen Eigenart im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG ist (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4, Rn. 9.8 m.w.N.), so dass Schutzrechte wie Designschutzrechte keinen Vorrang vor dem lauterkeitsrechtlichen Schutz haben, sondern der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz vielmehr gleichrangig neben diese tritt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4, Rn. 9.6 m.w.N.). Das gleiche gilt auch für Markenrechte, d.h. unabhängig davon, ob das nachgeahmte Produkt markenrechtlichen Schutz genießt, kommt ein lauterkeitsrechtlicher Anspruch gem. § 4 Nr. 9 UWG in Betracht, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4, Rn. 9.10 m.w.N.).
592.
60Den Klägerinnen steht ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 9 a UWG zu.
61a.
62Die Klägerinnen sind als unmittelbare Wettbewerber gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt. Sie stehen mit der Beklagten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Nr. 3 UWG, da alle beteiligten Parteien Schuhe in Deutschland vertreiben.
63b.
64Die angegriffenen Produkte der Beklagten stellen unlautere Nachahmungen der Produkte der Klägerinnen dar, da potentielle Abnehmer über die betriebliche Herkunft getäuscht werden, obwohl dies vermeidbar wäre gem. § 4 Nr. 9 a UWG.
65Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 21 - LIKEaBIKE; GRUR 2012, 1155 - Sandmalkasten; GRUR 2013, 95 - Regalsystem; GRUR 2013, 1052 - Einkaufswagen III, OLG Köln GRUR-RR 2014, 25 – Kinderhochstuhl „Sit up“, jeweils m. w. N.).
66aa.
67Die streitgegenständlichen Produkte der Klägerinnen verfügen über wettbewerbliche Eigenart.
68Für die Annahme wettbewerblicher Eigenart genügt es, dass der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten Wert auf deren betriebliche Herkunft legt und aus deren konkreter Gestaltung oder aufgrund bestimmter Merkmale Anhaltspunkte dafür gewinnen kann. Dafür wiederum ist maßgeblich, ob sich das unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilelemente entwickelte Leistungsergebnis von anderen vergleichbaren Erzeugnissen in einem Maß abhebt, dass hierdurch im angesprochenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb (BGH, GRUR 2012, 1155 - Sandmalkasten; GRUR 2013, 1052 - Einkaufswagen III; OLG Köln GRUR-RR 2013 – Gute Laune Drops; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.24, jeweils m. w. N.). Der Grad der wettbewerblichen Eigenart bestimmt sich nach dem Gesamteindruck und kann durch die tatsächliche Bekanntheit des Erzeugnisses im Verkehr gesteigert sein (BGH GRUR 2010, 80 - LIKEaBIKE).
69Sowohl das D-Modell „Classic“ (Modell C) als auch das D-Modell „Mamoth“ (Modell M) verfügen über wettbewerbliche Eigenart.
70Die wettbewerbliche Eigenart des Modells C ergibt sich aus der clog-ähnlichen Form, dem umklappbaren Fersenriemen, den halbkreisförmigen Löchern rund um die Vorderseite des Schuhs, mit denen aus der Seitenansicht das Profil einer leicht geöffneten Krokodilschnauze angedeutet wird und der besonderen Gestaltung und Anordnung der übrigen Entlüftungslöcher.
71Die wettbewerbliche Eigenart des Modells M ergibt sich ebenfalls aus der clog-ähnlichen Form, (teilweise) dem umklappbaren Fersenriemen, dem in der Seitenansicht angedeutetem Profil einer leicht geöffneten Krokodilschnauze, der besonderen Gestaltung und Anordnung der Entlüftungslöcher sowie der besonderen Gestaltung des teilweise über die Öffnung des Schuhs gestülpten Innenfutters.
72Soweit die Beklagte einwendet, die einzelnen Merkmale der Produkte der Klägerinnen, wie beispielsweise die clog-artige Form, die Fersenriemen und Belüftungslöcher, seien nicht als Herkunftshinweis geeignet, da sie lediglich funktionsbedingt seien, steht dies der Annahme der wettbewerblichen Eigenart nicht entgegen. Der Gesamteindruck eines Erzeugnisses kann auch durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart verstärken oder begründen, da diese von dem Gesamteindruck abhängt, den die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des jeweiligen Erzeugnisses vermitteln (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 21 - LIKEaBIKE; GRUR 2012, 1155 - Sandmalkasten; GRUR 2013, 95 - Regalsystem; GRUR 2013, 1052 - Einkaufswagen III). Dabei kann auch die als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungselemente eine wettbewerbliche Eigenart begründen (BGH GRUR 2006, 79 – Jeans I; BGH GRUR 2008, 1115 – ICON; OLG Frankfurt GRUR-RR 2014, 34).
73Die wettbewerbliche Eigenart der Produkte der Klägerin war zum Zeitpunkt der Produkteinführung als zumindest durchschnittlich zu bewerten. Jedenfalls hat die Beklagte nichts zu dem Marktumfeld zum Zeitpunkt der Produkteinführung vorgetragen, aus dem sich etwas Anderes ergeben könnte. Der Vortrag der Beklagten zum wettbewerblichen Umfeld beschränkt sich vielmehr auf den Zeitraum ab 2008 (vgl. Anlagen B 1 – B 10, Bl. 150 ff d.A.; Bl. 345 ff d.A).
74Die wettbewerbliche Eigenart der Produkte der Klägerinnen hat sich - insbesondere was das Modell C betrifft - in der Folgezeit zunächst wegen des großen Erfolges und der großen Bekanntheit erheblich gesteigert.
75Die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts kann aufgrund seiner hohen Bekanntheit gesteigert sein (vgl. GRUR 2012, 1155 - Sandmalkasten; GRUR 2013, 95 - Regalsystem; GRUR 2013, 1052 - Einkaufswagen III). Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus entsprechenden Werbeanstrengungen, sondern auch aus der Dauer der Marktpräsenz, den hohen Absatzzahlen des Originals oder dem hohen Marktanteil ergeben (BGH GRUR 2007, 339 – Stufenleitern; BGH GRUR 2007, 984 – Gartenliege; BGH WRP 2013, 1189 – Regalsystem).
76Aufgrund der von den Klägerinnen angegebenen Umsatzzahlen, Werbeausgaben und Anzahl der Verkaufsstätten/Vertragshändler in Deutschland, die der Zeuge Leidl im Wesentlichen bestätigt hat, ist von einer hohen Verkehrsbekanntheit der Produkte der Klägerinnen auszugehen.
77Der Zeuge hat für die Kammer nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, dass und wie genau er in der Lage ist, die einzelnen Daten zu den Umsätzen, Werbeausgaben und Verkaufsstätten/Vertragshändlern in Bezug auf den deutschen Markt zu überprüfen. Dabei hat er die für das Modell C behaupteten Umsatzzahlen seit 2005 mit nicht ins Gewicht fallenden Abweichungen bestätigt. Weiter hat er glaubhaft berichtet, dass mit dem Modell M seit seiner Einführung im Jahr 2007 bis heute einen Gesamtumsatz von 6,6 Millionen EUR erzielt werden konnte, was einer Stückzahl von 390.000 entspricht. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, um an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen Leidl zu zweifeln. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Zeuge Leidl als Angestellter der Klägerin zu 2) im Lager der Klägerinnen steht. Für die Glaubhaftigkeit seiner Aussage spricht aber vor allem, dass er offen eingeräumt hat, teilweise keine exakten Angaben machen zu können und daher abweichende Angaben zu Lasten der Klägerinnen gemacht hat. So hatten diese beispielsweise Werbeausgaben von 3 Millionen EUR behauptet, der Zeuge Leidl konnte aber „nur“ 2,6 Millionen EUR bestätigen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 05.02.2015, Bl. 424 d.A.). Die Bekanntheit des Modells C – aber auch des Modells M - wird zudem bestätigt durch die umfangreichen Presseberichte/-veröffentlichungen aus den Jahren 2005 - 2009, die die Klägerinnen in der Sitzung vom 05.02.2015 zur Akte gereicht haben.
78Die wettbewerbliche Eigenart der Produkte der Klägerinnen ist auch in der Folgezeit nicht derart geschwächt worden oder gar ganz entfallen, dass ein Anspruch gem. § 4 Nr. 9 a UWG scheitern würde.
79Zwar kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass wegen des großen Erfolges der Produkte der Klägerinnen in den Folgejahren etliche Mitbewerber ähnliche Schuhe auf den Markt brachten, um von dem Erfolg der Klägerinnen zu profitieren.
80Es kann damit sogar unterstellt werden, dass die anfänglich durch die Bekanntheit gesteigerte wettbewerbliche Eigenart im Verlauf der letzten Jahre wieder etwas geschwächt wurde. Verloren gegangen ist die wettbewerbliche Eigenart der Klägerischen Produkte entgegen der Auffassung der Beklagten allerdings nicht.
81Die wettbewerbliche Eigenart kann nur dann verloren gehen, wenn die prägenden Gestaltungsmerkmale des nachgeahmten Originals, z.Bsp. durch eine Vielzahl von Nachahmungen, Allgemeingut geworden sind, der Verkehr sie also nicht mehr einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (vgl. BGH GRUR 2007, 984 – Gartenliege; OLG Frankfurt WRP 2013, 1069).
82Der Vortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten reicht nicht aus, um hier einen derartigen Verlust der wettbewerblichen Eigenart annehmen zu können.
83Der wegen einer wettbewerbswidrigen Nachahmung in Anspruch Genommene hat die Marktbedeutung von Produkten darzulegen, mit denen er die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produktes in Frage stellen will (BGH GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen; OLG Köln GRUR-RR 2008, 166 – Bigfoot).
84Soweit die Beklagte auf die Ergebnisse aus diversen Google-Bildersuchen verweist (Anlage B 1 – B 4, Bl. 150-158 d.A.), fehlt es an einem substantiierten Vortrag zu Art, Dauer und Umfang des Vertriebs darin enthaltener ähnlicher Modelle in Deutschland, so dass offen bleiben kann, ob diese im Einzelnen vom Gesamteindruck her überhaupt mit den Modellen der Klägerin vergleichbar sind.
85Gleiches gilt für die im Rahmen eines Testes der Zeitschrift ÖKO-Test aus dem Jahr 2008 aufgeführten Schuhmodelle gemäß Anlage B 6 (Bl. 179 ff d.A.).
86Bezüglich der darin enthaltenen Modelle „Sahara“ von F und dem Modell Y, die tatsächlich dem Modell der Klägerinnen sehr nahe kommen, gilt dies ebenfalls.
87Es kommt daher nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob Gegenstand des Testes lediglich das von den Klägerinnen behauptete Kindermodell „Sahara“ (vgl. Abbildung Bl. 358 d.A.) war und nicht das nunmehr neue Modell „Sahara“ (vgl. Abbildung Bl. 362 d.A.), von dem die Klägerinnen erst nach Klageerhebung Kenntnis erlangt haben wollen. Auch wäre es unschädlich, wenn die Klägerin gegen dieses Modell – wie die Beklagte behauptet – nicht unverzüglich bei Kenntnis und/oder nur unzureichend vorgegangen wäre, denn auch in diesem Fall könnte dies der wettbewerblichen Eigenart der klägerischen Produkte nur dann abträglich sein, wenn das Modell „Sahara“ auf dem deutschen Markt eine entsprechend hohe Marktbedeutung hätte. Allein die Tatsache, dass das Modell „Sahara“ von F Gegenstand des Tests der Zeitschrift ÖKO-Test aus dem Jahr 2008 war und über einen nicht näher bekannten Zeitraum in einem nicht bekannten Umfang – in welcher konkreten Form auch immer – von F vertrieben wurde, lässt keinen automatischen Rückschluss auf eine hohe Marktbedeutung dieses Modells zu. Insbesondere kann aus den gemäß Anlage B 14 vorgelegten allgemeinen Umsätzen der F Gruppe, die unzählige Schuhmodelle vertreibt, nicht auf die Marktpräsenz des Modells „Sahara“ geschlossen werden. Auch die seitens der Beklagten vorgelegten Unterlagen zu den allgemeinen Umsätzen und zur Bedeutung der Zeitschrift ÖKO-Test (vgl. Anlage B 26, Bl. 386 ff d. A.) vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern.
88Bezüglich der „Y“ - Modelle kann die zwischen den Parteien streitige Frage, ob es sich bei dem Verkauf über die Internetseite www.anonym.com lediglich um den Abverkauf von Restposten handelt, ebenfalls offen bleiben, da die Beklagte auch hier bislang nicht ausreichend substantiiert zu Art, Dauer und Umfang des Vertriebs in Deutschland vorgetragen hat. Allein die Tatsache, dass das Modell „Y“ ebenfalls Gegenstand des Tests der Zeitschrift ÖKO-Test aus dem Jahr 2008 war, lässt keinen automatischen Rückschluss auf eine hohe Marktbedeutung dieses Modells zu. Auch die Tatsache, dass aktuell noch über den Internetshop auf der Webseite www.anonym.com diverse Y-Modelle käuflich erworben werden können, lässt nicht den automatischen Schluss auf eine hohe Marktbedeutung zu. Aus den Anlagen B 15 und K 23 (vgl. Bl. 365 ff d.A.) ergibt sich vielmehr, dass die Marktbedeutung dieser Modelle insgesamt überschaubar sein dürfte, da mehrere Modelle nur noch in bestimmten, wenigen Größen erhältlich sind, was im Übrigen tatsächlich für einen Verkauf von Restposten spricht.
89Folglich wäre es auch hier unschädlich, wenn die Klägerin gegen diese Modelle – wie die Beklagte behauptet – teilweise nicht bzw. nur unzureichend vorgegangen wäre, denn auch in diesem Fall könnte dies der wettbewerblichen Eigenart der klägerischen Produkte nur dann abträglich sein, wenn die „Y“-Modelle auf dem deutschen Markt eine entsprechend hohe Marktbedeutung hätten, was die Beklagte jedoch nicht darlegen konnte. Es kann mithin auch offen bleiben, ob sämtliche über das Internet vertriebene Y- Modelle im Einzelnen vom Gesamteindruck her überhaupt mit den Modellen der Klägerin vergleichbar sind.
90Auch bezüglich der neben dem Modell „Sahara“ in der Anlage B 7 (vgl. Bl. 185 ff d.A. – Ausdruck des F Online-Shop) und in den Anlagen B 8 (vgl. Bl. 193 ff d.A. – Angebote bei ebay), Anlage B 9 (vgl. Bl. 209 ff d.A. – Angebote bei Amazon) und Anlage B 10 (vgl. Bl. 225 ff d.A. – Angebote diverser Discounter) aufgeführten Modelle fehlt es an ausreichend substantiiertem Vortrag zu Art, Dauer und Umfang des Vertriebs in Deutschland, so dass es auch hier keiner Entscheidung darüber bedarf, ob diese Modelle im Einzelnen vom Gesamteindruck her überhaupt mit den Modellen der Klägerin vergleichbar sind.
91Auch bezüglich der von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Laufe des Verfahrens eingeführten und in der mündlichen Verhandlung vom 11.09.2014 im Original zur Akte gereichten Modellen der T SB-Warenhaus GmbH und der K GmbH fehlt es an ausreichend substantiiertem Vortrag zu Art, Dauer und Umfang des Vertriebs in Deutschland.
92Gleiches gilt auch für das Modell aus dem Verkaufsprospekt der N, welchen die Prozessbevollmächtigte der Beklagten ebenfalls anlässlich der mündlichen Verhandlung zur Akte gereicht hat.
93bb.
94Bei den angegriffenen Produkten der Beklagten handelt es sich um nahezu identische Nachahmungen des Modells C der Klägerinnen. Eine nahezu identische Nachahmung ist gegeben, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist (BGH GRUR 2000, 521- Modulgerüst I; BGH GRUR 2010, 1125 – Femur-Teil). Dabei kommt es darauf an, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGH GRUR 2007, 795 – Handtaschen; BGH GRUR 2010, 1125 – Femur-Teil).
95Bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit von Produkten ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den Original und Nachahmung dem Betrachter vermitteln (BGH GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen; BGH GRUR 2007, 795 - Handtaschen; BGH GRUR 2009, 1069 – Knoblauchwürste). Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindruckes gewinnt. Dabei treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor, so dass es mehr auf die Übereinstimmungen als die Unterschiede ankommt (BGH GRUR 2007, 795 – Handtaschen; BGH GRUR 2010, 80 – LIKEaBIKE; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage 2015, § 4, Rn. 4.43). Maßgebend für die Beurteilung von Übereinstimmungen ist der jeweilige Gesamteindruck, den die verschiedenen Erzeugnisse bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln (BGH GRUR 2002, 629 – Blendsegel).
96Die angegriffenen Schuhmodelle der Beklagten weisen in erster Linie die prägenden Gestaltungsmittel des Modells C der Klägerinnen auf. Sie sind ebenfalls in verschiedenen, ähnlichen Farben und ähnlichem Material erhältlich. Die clog-ähnliche Form, die Form und Anordnung des umklappbaren Fersenriemens sowie Form und Anordnung der halbkreisförmigen Löcher rund um die Vorderseite des Schuhs sind nahezu identisch übernommen worden. Dies bezieht sich sogar auf die horizontal verlaufenden Profillinien unmittelbar oberhalb der Sohle und die Strukturierung der Oberfläche, der Sohle und des Fersenriemens im Einzelnen. Lediglich bei Gestaltung und Anordnung der übrigen Entlüftungslöcher und der Anzahl der seitlichen, halbkreisförmigen Lüftungslöcher sind kleine Unterschiede vorhanden, die sich aber auf den insgesamt sehr ähnlichen Gesamteindruck nicht auswirken. So sind bei den angegriffenen Modellen zwar 15 und nicht 13 Luftlöcher wie bei dem Modell C der Klägerinnen vorhanden. Die Anordnung der Luftlöcher erfolgt aber ebenfalls nicht stringent in geraden Reihen, sondern teilweise auch versetzt (vgl. Abbildungen gem. Bl. 15 d.A. bzw Originalmodelle). Auch sind die Löcher gleich groß und gleich geformt. Die Tatsache, dass sich bei den angegriffenen Modellen an der seitlichen Außenseite ein Lüftungsloch weniger befindet, als bei dem Modell C der Klägerinnen, ändert an dem insgesamt ähnlichen Gesamteindruck ebenfalls nichts. Diese marginalen Abweichungen wird der Verkehr nicht erinnern, da sie den Gesamteindruck der Schuhe nicht bestimmend prägen. Gleiches gilt für den einzigen etwas augenfälligeren Unterschied zu dem Modell C, dem Innenfutter. Denn dieses ist von seiner Gestaltung her weitgehend an die Gestaltung des Innenfutters bei dem nach obigen Ausführungen ebenfalls bekannten Modell M der Klägerinnen angelehnt. Auffällig ist, dass gerade die Besonderheit, dass das Innenfutter über die Öffnung des Schuhs gestülpt ist, quasi-identisch übernommen wurde. Die etwas andersartige Struktur des farblich abgesetzten glatten Fleece-Futters im Vergleich zu dem durch das Modell M bekannten fellartigen, farblich nicht abgesetzten Futter wird der Verkehr hingegen nicht im Einzelnen erinnern.
97cc.
98Es liegt auch eine vermeidbare Herkunftstäuschung vor. Eine solche ist anzunehmen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck gewinnen können, die Nachahmung stamme vom Hersteller des Originals oder einem mit ihm geschäftlich oder organisatorisch verbundenen Unternehmen. Das Hervorrufen bloßer Assoziationen an das Originalprodukt reicht nicht aus. Maßgebend ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (oder sonstigen Marktteilnehmers), der sich für das Produkt interessiert (vgl. BGH GRUR 2010, 1125 – Femur-Teil).
99Die Produkte der Klägerinnen weisen – wie oben dargelegt – einen sehr hohen Bekanntheitsgrad auf. Der Käufer, der ein Angebot der beanstandeten Schuhe wahrnimmt, wird angesichts der Übereinstimmungen in den prägenden Merkmalen der Produkte davon ausgehen, es handele sich um die ihm bekannten Produkte der Klägerinnen oder jedenfalls solche eines Herstellers, der mit den Klägerinnen organisatorisch oder geschäftlich verbunden ist. Durch die oben erwähnten Unterschiede in Details der Schuhe wird die Gefahr einer Herkunftstäuschung nicht beseitigt. Falls dem Verkehr die Unterschiede überhaupt auffallen, wird er davon ausgehen, dass es sich um ein neues Modell der Klägerinnen handelt. Dies gilt vor allem deshalb, weil die Verbraucher angesichts der Vielzahl der erhältlichen Modelle (544, s.o.) die Gestaltungen der einzelnen Modelle der Klägerinnen im Detail gar nicht mehr überblicken können. Hinzu kommt, dass die einzige augenfälligere Abweichung zu dem Modell C, nämlich das Innenfutter, in seiner Gestaltung die prägenden Merkmale des Modells M übernommen hat. Da es sich also bei den angegriffenen Modellen quasi um eine Art Zwitterwesen aus Modell C und Modell M handelt, werden die angesprochenen Verkehrskreise von einer Zugehörigkeit zur Produktfamilie der Klägerinnen ausgehen.
100Die Gefahr einer Herkunftstäuschung wird schließlich auch nicht dadurch vermieden, dass die streitgegenständlichen Modelle der Klägerinnen jeweils am Fersenriemen mit einem Krokodillogo versehen sind. Selbst wenn der Verkehr diese Zeichen als Hinweis auf den Hersteller versteht, bleibt die Gefahr einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne bestehen, also dass Verbraucher bezüglich der angegriffenen Schuhmodelle gesellschafts- oder lizenzrechtliche Beziehungen zwischen den Parteien vermuten könnten.
101Die Herkunftstäuschung ist schließlich auch vermeidbar. Vermeidbarkeit liegt vor, wenn die Herkunftstäuschung durch Ergreifen geeigneter und zumutbarer Maßnahmen verhindert werden kann (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage 2015, § 4, Rn. 9. 45 m.w.N.). Wie sich aus dem von der Beklagten umfassend dargelegten wettbewerblichen Umfeld ergibt, ist bei der Produktklasse der Plastik-Clogs eine Vielzahl von Gestaltungen denkbar und auf dem Markt erhältlich, die sich ausreichend voneinander und der Gestaltung der Produkte der Klägerinnen unterscheiden, und somit – im Gegensatz zu den Produkten der Beklagten - eine Herkunftstäuschung vermeiden (vgl. u.a. Anlagen B 1 – B 10). Schon durch eine andere Anordnung und Größe der Lüftungslöcher kann ein völlig anderer Gesamteindruck erreicht werden (vgl. z.Bsp. Anlage B 9, Bl. 210 – 213 d.A.).
1023.
103Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ergibt sich aus § 242 BGB.
1044.
105Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
106Der Anspruch auf die tenorierte Verzinsung resultiert aus §§ 288, 286 BGB.
1075.
108Der Anspruch auf Schadensersatzfeststellung ist gem. § 9 S. 1 UWG gerechtfertigt. Es ist zumindest von einem fahrlässigen Verhalten der Beklagten auszugehen. Fahrlässig handelt, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der Zulässigkeit seines Verhaltens in Betracht ziehen muss (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage 2015, § 9, Rn 1.19 m.w.N.). Durch die sehr große Nähe der von der Beklagten gewählten Produktgestaltung zur klägerischen Produktgestaltung bewegte sich die Beklagte für sie erkennbar in einem solchen Grenzbereich.
109II.
110Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO.
111Streitwert: 200.000,00 EUR
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 05. März 2015 - 31 O 154/14
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Urteil einreichenLandgericht Köln Urteil, 05. März 2015 - 31 O 154/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Als eingetragenes Design wird ein Design geschützt, das neu ist und Eigenart hat.
(2) Ein Design gilt als neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Design offenbart worden ist. Designs gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden.
(3) Ein Design hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Design bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. Bei der Beurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Designs berücksichtigt.
Unlauter handelt, wer
- 1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft; - 2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden; - 3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er - a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, - b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder - c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
- 4.
Mitbewerber gezielt behindert.
(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.
(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.
(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:
- 1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt, - 2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt, - 3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind, - 4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.
(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.
(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden; - 2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen; - 3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist; - 4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht; - 5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können; - 6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen; - 7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln; - 8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt; - 9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält; - 10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben; - 11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.
(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass
- 1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat, - 2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und - 3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.
(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6 sowie nach Nummer 32 des Anhangs.
(3) Gegen verantwortliche Personen von periodischen Druckschriften kann der Anspruch auf Schadensersatz nach den Absätzen 1 und 2 nur bei einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung geltend gemacht werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.