Oberlandesgericht Köln Urteil, 18. Dez. 2015 - 6 U 44/15
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am * 1) 5. März 2013 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 292/14 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerinnen abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit leisten. Die Höhe der Sicherheit beträgt
für den Tenor zu I.1 (Unterlassung) 150.000 EUR,
für den Tenor zu I.2 (Auskunft) 15.000 EUR,
im Übrigen für die Beklagte 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages, für die Klägerinnen 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)
3I.
4Die Klägerin zu 1) ist Herstellerin der Freizeitschuhe „Crocs“, die sie weltweit vertreibt. Die Klägerin zu 2) ist eine exklusiv für den Vertrieb in Europa zuständige Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1). Der Verkauf der „Crocs“ findet seit 2005 auch in Deutschland statt. Mittlerweile bieten die Klägerinnen eine Vielzahl unterschiedlicher Kollektionen mit über 544 Schuhmodellen an.
5In Deutschland vertreiben die Klägerinnen seit 2005 das Modell „Classic“ (Abbildung gem. Bl. 7 d. A.; im Folgenden: Modell C) und seit Ende 2009 das hier streitgegenständliche Modell „Crocband“ (im Folgenden: Modell CB). Mittlerweile werden unter der Bezeichnung „Crocband“ auch zahlreiche Sondermodelle vertrieben, zum Beispiel seit 2012 das Modell „Crocband II.5 Clog“ (Anlage B 15, Bl. 255 ff. d. A.; sowie Anlage K 14, Bl. 269 d. A.).
6Im Oktober 2013 stießen die Klägerinnen auf Nachahmungen ihres Modells C, die von einem mit der Beklagten verbundenen Unternehmen über den Online-Shop xxx vertrieben wurden. Diese sind Gegenstand des Parallelverfahrens LG Köln 31 O 154/14 = OLG Köln 6 U 45/15. Ende März 2014 wurde die Klägerin zu 2) darauf aufmerksam, dass unter anderem in deutschen M-Filialen im Rahmen eines Wochenangebots das im Tenor abgebildete Modell der Beklagten angeboten wurde. Es handelte sich um ein Modell für Damen, Herren und Kinder zu einem Preis von 3,59 EUR bzw. 3,99 EUR (vgl. Anlage K 6, Bl. 49 ff. d. A. und die zur Akte gereichten Originalschuhe). Nachfolgende Gegenüberstellung zeigt die Produkte der Klägerinnen und der Beklagten:
7Klägerinnen |
Beklagte |
Mit Schreiben vom 7. 4. 2014 mahnte die Klägerin zu 1) die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf (Anlage K 8, Bl. 58 ff. d. A.). Sie stützte die geltend gemachten Unterlassungs- und Kostenersatzansprüche dabei neben Wettbewerbsrecht vorrangig auf die Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. xxx mit Priorität vom 21.10.2009 für das Modell CB.
9Die Klägerinnen beanstanden das streitgegenständliche Produkt der Beklagten als eine unzulässige Nachahmung ihres Modells CB. Die wettbewerbliche Eigenart ihres Modells sehen sie durch die Kombination folgender Merkmale begründet:
10- clogartige Oberseite,
11- umklappbarer Fersenriemen, durch den der Schuh als Sandale und Clog getragen werden kann,
12- runde Löcher in der Oberseite des Schuhs,
13- sneakerartige Unterseite mit farblich abgehobener Umrandung mit Streifen; es handele sich bei ihrem Produkt um einen Zwitter aus „Sneakers“ und „Crocs“.
14Die Klägerinnen haben behauptet, die von ihnen vertriebenen Schuhe seien, sowohl allgemein als auch bezogen auf das Modell CB, von überragender Bekanntheit. Dies zeige auch die Entwicklung der weltweiten Umsatzzahlen der Crocs von 13,5 Millionen USD im Jahre 2004, über 108,6 Millionen USD im Jahre 2005 und 354,7 Millionen USD im Jahre 2006 und sogar über 1 Milliarde USD im Jahr 2011. Auch in Deutschland würden sich die Crocs einer herausragenden Beliebtheit erfreuen. So sei der Umsatz seit Einführung im April 2005 von rund 1,5 Millionen EUR im Jahr 2006 auf rund 14,3 Millionen EUR im Jahr 2007 und 29,5 Millionen EUR im Jahr 2012 gestiegen.
15Die „Crocs“ seien im gehobenen Schuhhandel mittlerweile omnipräsent. Neben den 13 Crocs-Flagship-Stores und sieben Discount-Outlets unter anderem in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, Leipzig und Köln erfolge der Verkauf über 1957 Verkaufsstätten der über 1009 Vertragshändler sowie über den Onlineshop auf www.crocs.de und zahlreiche namhafte Onlinehändler wie beispielsweise Amazon und Zalando. Darüber hinaus seien die Schuhe auch im Versandhandel (z. B. bei Otto) erhältlich. Obwohl es sich bei den Produkten um „Selbstläufer“ handele, sei ihr Erfolg seit der Einführung allein in Deutschland zusätzlich mit über 3 Millionen EUR Werbegeldern unterstützt worden. Die Bekanntheit der Produkte der Klägerin werde auch durch diverse Presseberichte belegt.
16Auch das Modell CB, dass unstreitig in zahlreichen Farben beziehungsweise Farbkombinationen für Damen, Herren und Kinder erhältlich ist, habe sich bereits kurz nach der Einführung Ende 2009 in Deutschland zu einem Verkaufsschlager entwickelt. So hätten die Klägerinnen allein mit dem Verkauf des Modells CB – ohne die CB-Sondermodelle – in Deutschland einen konstanten Umsatz von durchschnittlich 4,5 Millionen EUR im Jahr erzielt, nämlich
17ca. 4.183.214 EUR im Jahr 2010,
18ca. 4.438.684 EUR im Jahr 2011,
19ca. 4.757.120 EUR im Jahr 2012 und
20ca. 5.224.597 EUR im Jahr 2013,
21mit deutlich steigender Tendenz.
22Nach der Einführung Ende 2009 hätten die Klägerinnen in nur drei Jahren (2010-2013) über 1 Million Paar Schuhe des Modells CB in Deutschland verkauft. Bei Amazon sei das Modell der Klägerinnen in der Kategorie „Schuhe und Handtaschen“ auf Platz zehn zu finden, was zwischen den Parteien unstreitig ist (vgl. Anlage K 12, Bl. 232 ff. d. A.).
23Die wettbewerbliche Eigenart sei auch nicht aufgrund des Vertriebs von Nachahmerprodukten entfallen. Soweit die Beklagte dies unter Bezugnahme auf Produkte des Umfelds behauptet habe, so fehle es an dem erforderlichen Vortrag zur Marktbedeutung dieser Produkte. Im Übrigen würden die Klägerinnen regelmäßig gegen Nachahmerprodukte vorgehen.
24Die Klägerinnen haben die Ansicht vertreten, das angegriffene Schuhmodell sei eine nahezu identische Leistungsübernahme ihres Modells CB. Die geringfügigen Unterschiede in der Gestaltung würden sich auf den Gesamteindruck nicht auswirken. Sie stützen sich dabei sowohl auf die Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 9 lit. a UWG) als auch auf eine Rufausbeutung und -schädigung (§ 4 Nr. 9 lit. b UWG). Hilfsweise haben sich die Klägerinnen darauf berufen, ihre Schuhe seien als Werke der angewandten Kunst auch urheberrechtlich geschützt. Hierzu behaupten sie, sie hätten die Nutzungs- und Verwertungsrechte von dem Designer der Schuhe erworben. Auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster haben sich die Klägerinnen nicht mehr berufen.
25Die Klägerinnen haben mit der Klage von der Beklagten Unterlassung des Angebots und des Vertriebs der streitgegenständlichen Schuhe verlangt. Ferner haben sie Auskunftsansprüche geltend gemacht und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 2.657,00 EUR nebst Zinsen begehrt.
26Die Klägerinnen haben beantragt:
27I.
28Die Beklagte wird verurteilt,
29- 30
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Schuhe in jeglicher farblichen Gestaltung mit einer Form, wie nachstehend wiedergegeben,
selbst oder durch Dritte anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder sonst in den Verkehr zu bringen;
33- 34
2. den Klägerinnen Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Schuhe gern. Ziff. 1 zu erteilen, insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschriften sämtlicher Hersteller, Lieferanten und sonstiger Vorbesitzer sowie der Menge der bestellten und/oder erhaltenen Produkte gern. Ziff. 1, der Namen und Anschriften sämtlicher gewerblicher Abnehmer und die Menge der ausgelieferten Schuhe sowie Einkaufs- und Verkaufspreise der einzelnen erhaltenen bzw. getätigten Lieferungen;
- 35
3. an die Klägerin zu 1) die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.657,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. 4. 2014 zu zahlen;
II.
37Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der diesen aus den in Antrag zu 1.1 beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
38Die Beklagte hat beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die wettbewerbliche Eigenart des Modells CB sei zu verneinen, da die prägenden Gestaltungsmerkmale des Modells durch eine Vielzahl von Nachahmungen Allgemeingut geworden seien und der Verkehr sie daher nicht mehr einem bestimmten Hersteller zuordne. Zudem seien sämtliche Merkmale vorbekannt und funktionsbedingt. Die Beklagte hat behauptet, im Umfeld würden zahlreiche Produkte vertrieben, die einen ähnlichen Gesamteindruck wie das Modell „CB“ der Klägerinnen aufweisen würden.
41Schließlich fehle es an einer Nachahmung der Produkte der Klägerinnen, da die von der Beklagten vertriebenen Schuhmodelle über zahlreiche abweichende Details verfügen würden. Dabei stützt sie sich auf folgende Unterschiede:
42Klägerinnen |
Beklagte |
Ein schwarzer Streifen an der Sohle |
Zwei Streifen |
Runde Löcher in der Oberseite |
Sechseckige Löcher |
13 Löcher |
15 Löcher |
Farblich auffällig abgesetzter Stecker mit Krokodillogo |
Keine Entsprechung |
Schriftzug „crocs“ im Fersenbereich |
Keine Entsprechung |
Zweigeteilte Gestaltung der Sohle durch eine Linie |
Dreigeteilte Gestaltung durch zwei Linien |
Diese würden, angesichts der Vielzahl an Gestaltungen, die im deutschen Markt für derartige Plastik-Clogs vorhanden seien, ausreichen, um einen hinreichenden Abstand zum Produkt der Klägerinnen zu schaffen, zumal auch das Krokodillogo, mit dem die Produkte der Klägerinnen versehen seien, nicht übernommen worden sei.
44Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme über die Umsätze, die die Klägerinnen mit ihren Produkten erzielt haben, die Beklagte antragsgemäß, mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten, verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Produkt der Klägerinnen würde wettbewerbliche Eigenart aufweisen. Diese sei zum Zeitpunkt der Markteinführung als zumindest durchschnittlich zu bewerten. In der Folge sei aufgrund der in der Beweisaufnahme festgestellten Umsatzzahlen von einer Steigerung der wettbewerblichen Eigenart aufgrund der hohen Bekanntheit des Produkts auszugehen. Es könne zwar zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass anschließend auch Mitbewerber ähnlich aussehende Produkte auf den Markt gebracht hätten. Es sei aber nicht davon auszugehen, dass die wettbewerbliche Eigenart des Produkts der Klägerinnen hierdurch derart geschwächt worden sei, dass ein Anspruch aus § 4 Nr. 9 lit. a UWG entfallen würde. Bei der Mehrzahl der von der Beklagten herangezogenen Produkte des Umfelds fehle es bereits an einem vergleichbaren Gesamteindruck mit dem Produkt der Klägerinnen, was das Landgericht im Einzelnen näher ausgeführt hat. Bei diesen Produkten könne es daher offen bleiben, in welchem Umfang sie in Deutschland vertrieben würden. Bei den Produkten, die hinreichende Ähnlichkeit mit dem Modell der Klägerinnen aufweisen würde („Holiday“, Anlage B 7, Bl. 160 d. A.; „Hot Tuna EVA“, Anlage B 16, Bl. 260 ff. d. A.) fehle es an jeglichem Vortrag zu Art, Dauer und Umfang des Vertriebs in Deutschland. Bei den streitgegenständlichen Schuhen der Beklagten handele es sich um eine nahezu identische Nachahmung des Modells CB der Klägerinnen. Auch wenn das Produkt der Beklagten – anders als die Modelle der Klägerin – nicht deren Herstellerkennzeichen aufweisen würde, bestehe jedenfalls die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
45Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der vollständigen Klageabweisung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Zur wettbewerblichen Eigenart weist sie ergänzend darauf hin, dass der „Streifen“ an der Sohle ein seit Jahrzehnten bekanntes Gestaltungsmittel der unter der Bezeichnung „Chuck Taylor All Star“ vertriebenen Schuhe sei. Anders, als das Landgericht angenommen habe, wiesen die bereits erstinstanzlich vorgetragenen Modelle des Umfelds „WOZ“ und „Beppi“ einen vergleichbaren Gesamteindruck mit dem Produkt der Klägerin auf. Ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag bezieht sich die Beklagte auf weitere Umfeldprodukte, die unter der Bezeichnung „Gallux“ vertrieben würden, sowie eine Reihe von Schuhen, die sie im Mai 2015 in Filialen des Schuhhändlers Deichmann sowie einem weiteren Schuhgeschäft in I erworben habe (Anlage B IV bis B VI, Bl. 460 ff. d. A.).
46Die Beklagte beantragt,
47unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
48Die Klägerinnen beantragen,
49die Berufung zurückzuweisen.
50Die Klägerinnen verteidigen das Urteil des Landgerichts, soweit es der Klage stattgegeben hat. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere tragen sie vor, die Produkte des Umfelds, auf die sich die Beklagte berufen würde, würden von kleinen Anbietern über Handelsplattformen wie „Amazon Marketplace“ oder „eBay“ vertrieben. Bei den unter der Bezeichnung „WOZ“ vertriebenen Schuhen würde es sich um Restposten handeln, die nur noch in geringer Stückzahl lieferbar seien. Soweit die Beklagte weitere Modelle des Umfelds erstmals in der Berufungsbegründung aufgeführt habe, sei dieser Vortrag verspätet. Im Übrigen hätten sie, die Klägerinnen, von diesen Modellen erstmals durch die Berufungsbegründung Kenntnis erlangt. Gegen die Anbieter der unter „Gallux“ und von „Fascies“ vertriebenen Schuhe seien sie unmittelbar vorgegangen; diese hätten mittlerweile strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben. Von einem Vorgehen gegen die Firma „Deichmann“ sei abgesehen worden, da die dort erworbenen Produkte sich signifikant von dem Modell der Klägerinnen unterscheiden würden.
51II.
52Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
531. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 9, 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG zu.
54Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat, kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 21 – LIKEaBIKE; WRP 2012, 1379 = GRUR 2012, 1155 Tz. 16 – Sandmalkasten; WRP 2013, 1188 = GRUR 2013, 951 Tz. 14 – Regalsystem; WRP 2013, 1339 = GRUR 2013, 1052 Tz. 15 – Einkaufswagen III; Senat, GRUR-RR 2014, 25, 26 f. – Kinderhochstuhl „Sit up“, jeweils m. w. N.).
552. Beide Klägerinnen sind aktivlegitimiert. Die Ansprüche aus § 4 Nr. 9 UWG stehen zwar nicht jedem Mitbewerber, sondern grundsätzlich nur dem Hersteller des nachgeahmten Produkts zu (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 8 Rn. 3.6). Hiervon ist aber auch die Klägerin zu 2), bei der es sich um eine Vertriebsgesellschaft der Klägerin zu 1) handelt, umfasst. Ihre Interessen werden durch den Vertrieb von Nachahmungen in vergleichbarer Weise beeinträchtigt wie die der Klägerin zu 1) als der Herstellerin der Produkte. Entsprechend wäre die Klägerin zu 2) nach der Rechtslage im Designrecht als Lizenznehmerin der Klägerin zu 1) (mit deren Zustimmung, die aber ersichtlich vorliegt) selbständig klagebefugt (Art. 32 Abs. 3 Gemeinschaftsgeschmacksmuster-VO). Zwar könnten nach designrechtlichen Grundsätzen die Klägerinnen jeweils nur ihren eigenen Schaden geltend machen (vgl. Art. 32 Abs. 4 Gemeinschaftsgeschmacksmuster-VO). Ob dies auch für Ansprüche aus §§ 4 Nr. 9, 9 UWG gilt, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Feststellungsantrag betrifft nur die Ersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach. Mit dieser Feststellung ist damit noch keine Entscheidung darüber verbunden, welche Schadenspositionen die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) jeweils ersetzt verlangen können.
563. a) Das Modell CB der Klägerinnen weist wettbewerbliche Eigenart auf. Für die Annahme wettbewerblicher Eigenart genügt es, dass der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten Wert auf deren betriebliche Herkunft legt und aus deren Gestaltung Anhaltspunkte dafür gewinnen kann. Dafür wiederum ist maßgeblich, ob sich das unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilelemente entwickelte Leistungsergebnis von anderen vergleichbaren Erzeugnissen in einem Maß abhebt, dass hierdurch im angesprochenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb (BGH, WRP 2012, 1379 = GRUR 2012, 1155 Tz. 19 – Sandmalkasten; WRP 2013, 1339 = GRUR 2013, 1052 Tz. 18 – Einkaufswagen III; Senat, GRUR-RR 2013, 24, 25 – Gute Laune Drops, jeweils m. w. N.). Der Gesamteindruck eines Erzeugnisses kann dabei durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart verstärken oder begründen, da diese von dem Gesamteindruck abhängt, den die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des jeweiligen Erzeugnisses vermitteln (BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 34 – LIKEaBIKE; WRP 2013, 1188 = GRUR 2013, 951 Tz. 19 – Regalsystem; WRP 2013, 1339 = GRUR 2013, 1052 Tz. 20 – Einkaufswagen III). Dabei kann auch die als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungselemente eine wettbewerbliche Eigenart begründen (BGH, WRP 2006, 75 = GRUR 2006, 79 Tz. 26 – Jeans I; WRP 2008, 1510 = GRUR 2008, 1115 Tz. 22 – ICON). Abzustellen ist dabei nicht auf einzelne Gestaltungsmerkmale, sondern auf den durch seine prägenden Merkmale hervorgerufenen Gesamteindruck des jeweiligen Produkts (BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 32 – LIKEaBIKE; Senat, WRP 2013, 1500 = GRUR-RR 2014, 65, 66 – Pandas).
57Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen, können allerdings aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher technisch notwendiger Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich (außerhalb eines Sonderrechtsschutzes) nicht zu beanstanden. Dagegen können Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei wählbar oder austauschbar sind, ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind, wettbewerbliche Eigenart (mit-) begründen (BGH, WRP 2008, 1234 = GRUR 2008, 790 Tz. 36 – Baugruppe; WRP 2009, 1372 = GRUR 2009, 1073 Tz. 13 – Ausbeinmesser; WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 27 – LIKEaBIKE; WRP 2010, 1465 = GRUR 2010, 1125 Tz. 22 – Femur-Teil; WRP 2012, 1379 = GRUR 2012, 1155 Tz. 29 – Sandmalkasten). Auch unter dem Gesichtspunkt, den freien Stand der Technik für den Wettbewerb offenzuhalten, besteht kein Anlass, beliebig kombinier- und austauschbaren Merkmalen eine herkunftshinweisende Eignung im Sinne des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes von vornherein abzusprechen (BGH, WRP 2013, 1188 = GRUR 2013, 951 Tz. 19 f. – Regalsystem).
58Auf dieser Grundlage hat das Landgericht dem Modell CB der Klägerinnen rechtsfehlerfrei wettbewerbliche Eigenart zuerkannt. Auch die Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass zum Zeitpunkt seiner Markteinführung Wettbewerber Produkte mit einer auch nur ähnlichen Gesamtwirkung angeboten haben (vgl. auch OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2009, 142, zur bereits damals hohen Bekanntheit der Produkte der Klägerinnen). Der Umstand, dass ein einzelnes ästhetisches Gestaltungselement wie der „Streifen“ an der Sohle auch von anderen Herstellern verwendet wird, steht der Annahme wettbewerblicher Eigenart nicht entgegen. Die Löcher im Oberteil mögen technisch bedingt sein, um eine gewisse Luftzirkulation zu erlauben, ihre konkrete Ausgestaltung und Anordnung ist jedoch nicht zwingend vorgegeben. In ihrer konkreten Ausprägung sind sie daher ebenfalls geeignet, den Gesamteindruck des Produkts der Klägerinnen mitzubestimmen. Gleiches gilt für die Ausgestaltung des Oberteils („Clogform“) und des Fersenriemens.
59b) Die große Bekanntheit des Modells der Klägerinnen, die das Landgericht auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme über die mit ihm erzielten Umsätze angenommen hat, wird von der Beklagten in der Berufung im Ergebnis nicht in Abrede gestellt. Soweit sie meint, dies beruhe auf der Vermarktung unter den Zeichen „CROCS“ und „CROCBAND“, so ist es unerheblich, worauf der Erfolg dieses Modells ursächlich zurückzuführen ist. Entscheidend ist allein, dass es den Verbrauchern – auch aufgrund der (senatsbekannten) „Omnipräsenz“ der Produkte der Klägerinnen – sehr bekannt ist und diese es zutreffend den Klägerinnen zuordnen. Vor diesem Hintergrund ist hier im Ausgangspunkt eine auf sehr hoch oder weit überdurchschnittlich gesteigerte wettbewerbliche Eigenart anzunehmen.
60c) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist diese wettbewerbliche Eigenart durch Produkte des Umfelds nicht maßgeblich geschwächt worden.
61Die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts kann verloren gehen, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder seine Merkmale auf Grund der Entwicklung der Verhältnisse auf dem Markt, beispielsweise durch eine Vielzahl von Nachahmungen, nicht mehr geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, WRP 2007, 1455 = GRUR 2007, 984 Tz. 24 – Gartenliege). Der Anspruch aus § 4 Nr. 9 UWG entfällt aber nicht bereits dadurch, dass andere Nachahmer mehr oder weniger gleichzeitig auf den Markt kommen. Andernfalls könnte sich jeder Nachahmer auf die allgemeine Verbreitung der Gestaltungsform durch die anderen Nachahmer berufen und dem betroffenen Hersteller des Originals würde die Möglichkeit der rechtlichen Gegenwehr genommen (BGH, GRUR 1985, 876, 878 – Tchibo/Rolex I; WRP 2005, 878 = GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; Senat, GRUR-RR 2003, 183, 185 – Designerbrille; GRUR-RR 2008, 166, 168 – Bigfoot; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.26).
62Dabei ist es Sache des Anspruchsgegners, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass die in Rede stehenden Merkmale einzeln oder auch in der fraglichen Verbindung bereits vorbekannt oder inzwischen üblich geworden sind (BGH, WRP 1998, 377 = GRUR 1998, 477, 479 – Trachtenjanker; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.78). Insbesondere muss er dabei die Marktbedeutung von Produkten darlegen, mit denen er die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts in Frage stellen will (BGH, WRP 2005, 878 = GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; Senat, GRUR-RR 2008, 166, 168 – Bigfoot; WRP 2013, 1500 = GRUR-RR 2014, 65, 67 – Pandas; GRUR-RR 2014, 25, 28 – Kinderhochstuhl „Sit-Up“). Dazu ist es allerdings nicht zwingend erforderlich, Absatzzahlen der Wettbewerber zu benennen, die dem Anspruchsgegner in der Regel nicht bekannt sein werden. Bei der Prüfung der „hinreichenden Bekanntheit“ des nachgeahmten Produkts kann diese nicht nur aus hohen Absatzzahlen, sondern auch aus entsprechenden Werbeanstrengungen abgeleitet werden (Senat, GRUR-RR 2004, 21, 23 – Küchen-Seiher m. w. N.). Diese Grundsätze lassen sich auch auf die hier zu beurteilende Frage der Marktbedeutung von Produkten des wettbewerblichen Umfelds übertragen (Senat, GRUR-RR 2014, 494, 497 – Freischwinger-Stuhl).
63Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf den Vertrieb anderer Nachahmungsprodukte berufen kann, solange Ansprüche wegen dieser Produkte nicht durch Verwirkung untergegangen sind (BGH, WRP 2007, 1455 = GRUR 2007, 984 Tz. 27 – Gartenliege; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2009, 142, 144 – Crocs; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.26). Die Klägerinnen haben dargelegt, dass sie gegen von ihnen als Nachahmungen ihrer Modelle angesehene Produkte vorgehen, so zum Beispiel gegen die Produkte „WOZ“, „Gallux“ und „Fascies Galaxis“.
64Es genügt daher grundsätzlich nicht, wenn sich die Beklagte gegenüber von den Klägerinnen vorgetragenen Rechtsverfolgungsmaßnahmen gegen Produkte des Umfelds „mit Nichtwissen“ erklärt. Für den Vertrieb solcher Produkte, die die wettbewerbliche Eigenart schwächen sollen, ist die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Wenn sich die Klägerinnen darauf berufen, sie hätten den Vertrieb solcher Produkte unterbunden, kann sie allenfalls eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Einzelheiten ihres Vorgehens treffen, der sie jeweils nachgekommen sind. Es ist dann wieder Sache der Beklagten, entweder den Vortrag der Klägerinnen zu widerlegen oder vorzutragen, warum trotz solcher Maßnahmen ein Vertrieb der betreffenden Produkte in relevantem Umfang stattfindet.
65Auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vortrags ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die wettbewerbliche Eigenart des Modells CB der Klägerinnen nicht entfallen ist; der Senat schließt sich insoweit der Begründung des landgerichtlichen Urteils an. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und gibt lediglich zu folgenden Ergänzungen Anlass: Hinsichtlich der Modelle „WOZ“ (Anlage B 5, Bl. 148 ff. d. A.) und „Beppi“ (Anlage B 6, Bl. 155 ff. d. A.) hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass diese einen anderen Gesamteindruck aufweisen als das Modell CB der Klägerinnen. Dies folgt insbesondere aus der bei diesen Umfeldprodukten vorhandenen „Verstärkung“ im vorderen Bereich der Sohle, die dazu führt, dass der seitliche Streifen auf der Sohle nicht um den ganzen Schuh herumgeführt, sondern im vorderen Bereich unterbrochen wird. Die Modelle „Beppi“ zeigen darüber hinaus auch noch andere Abweichungen, die sich ebenfalls auf den Gesamteindruck auswirken: Bei einem Modell (Bl. 155 d. A.) sorgt eine andersfarbige „Fütterung“ für einen abweichenden Gesamteindruck, während sich ein anderes Modell (Bl. 157 d. A.) durch den farblich hervorgehobenen Knopf, mit dem der Fersenriemen am Schuh befestigt wird, von dem Modell „CB“ unterscheidet.
66Zu „WOZ“ genügt der Vortrag der Beklagten nach wie vor nicht, um einen relevanten Vertrieb in Deutschland anzunehmen. Diese Schuhe sind danach nicht im Sortiment von „Amazon“, sondern die Verkäuferin unterhält auf dem „Marketplace“ einen eigenen Internetshop. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerinnen werden die Schuhe dort nur in geringen Stückzahlen angeboten; auch der Umstand, dass der Shop in den vergangenen zwölf Monaten nur 80 Bewertungen erhalten hat, wie sich aus der Anlage B II (Bl. 455 d. A.) ergibt, spricht gegen eine beachtliche Marktrelevanz.
67Das auf der Anlage B 7 (Bl. 160 d. A.) angebotene Modell (ohne Herstellerbezeichnung) wird, entgegen dem Vortrag der Beklagten, nicht über „Amazon“, sondern ausweislich der Anlage B 7 über „eBay“ vertrieben; danach waren acht Paare verfügbar, sieben verkauft. Eine relevante Marktpräsenz kann aus diesen Zahlen nicht abgeleitet werden. Gleiches gilt für das Modell „Hot Tuna EVA“ (Anlage B 16, Bl. 260 d. A.), von dem über „eBay“ bei 0 Verkäufen zwei Paare lieferbar waren.
68Gegen den Vertrieb der erstmals mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Modelle „Gallux“ und „Fascies Galaxis“ haben die Klägerinnen nach ihrem Vortrag unmittelbar nach Kenntnisnahme rechtliche Schritte eingeleitet. Die Beklagte stellt das Vorgehen der Klägerinnen nicht in Abrede, sondern bezweifelt lediglich, dass sie erst durch das Vorbringen in der Berufungsinstanz Kenntnis vom Vertrieb dieser Modelle erlangt hätten. Da die Beklagte nicht dargelegt hat, wie lange diese Modelle zuvor vertrieben worden sind, kann aus ihnen keine Schwächung der wettbewerblichen Eigenart abgeleitet werden. Die über Deichmann vertriebenen Modelle (Bl. 471-474 d. A.) weisen eine völlig abweichende Gestaltung der Belüftungsöffnungen auf der Oberseite auf. Dort sind Löcher in unterschiedlichen Größen von eher längsovaler Form so in Gruppen angeordnet, dass sie Muster an der Oberseite des Schuhs bilden. Dies ist mit der gleichmäßigen Verteilung der runden Belüftungsöffnungen bei dem Produkt der Klägerinnen nicht zu vergleichen und führt zu einem abweichenden Gesamteindruck. Sie sind daher nicht geeignet, die wettbewerbliche Eigenart des Produkts der Klägerinnen zu schwächen.
69ee) Insgesamt kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die wettbewerbliche Eigenart des Modells C der Klägerinnen durch den Vertrieb ähnlicher Produkte auf „hoch“/„überdurchschnittlich“ abgesenkt worden ist.
704. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem beanstandeten Produkt um eine nahezu identische Übernahme des Modells CB der Klägerinnen handelt. Eine solche ist gegeben, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist (BGH, WRP 2000, 493 = GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst; WRP 2010, 1465 = GRUR 2010, 1125 Tz. 25 – Femur-Teil). Dabei kommt es darauf an, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGH, WRP 2010, 1465 =GRUR 2010, 1125 Tz. 25 – Femur-Teil).
71Die von den Klägerinnen hervorgehobenen Merkmale
72- clogartige Oberseite,
73- umklappbarer Fersenriemen, durch den der Schuh als Sandale und Clog getragen werden kann,
74- runde Löcher in der Oberseite des Schuhs, sowie
75- sneakerartige Unterseite mit farblich abgehobener Umrandung mit Streifen
76finden sich sämtlich, und zwar in weitgehend identischer Ausgestaltung, auch bei dem beanstandeten Produkt. Die von der Beklagten hervorgehobenen Unterschiede fallen entweder nur bei sehr genauer Betrachtung ins Auge (Zahl und Form der Belüftungsöffnungen) oder prägen nicht den Gesamteindruck. Letztlich ist der einzige Unterschied, der selbst bei einem direkten Vergleich der Schuhe überhaupt wahrnehmbar ist, der Umstand, dass das Modell der Klägerinnen einen Streifen an der Sohle aufweist, das der Beklagten zwei. Aber dieser Unterschied wird bei der gebotenen Bewertung des Gesamteindrucks, wie er aufgrund der Erinnerung gewonnen wird (vgl. BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz 41 – LIKEaBIKE), zurücktreten.
77Schließlich kann der Umstand, dass bei dem von der Beklagten vertriebenen Modell die Herstellerbezeichnung der Klägerinnen nicht nachgeahmt worden ist, dem Anspruch der Klägerinnen nicht entgegenstehen (vgl. BGH, WRP 2000, 493 = GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.46). Selbst wenn diese ihre Produkte ausnahmslos mit den entsprechenden Zeichen versehen sollte, ist nicht ersichtlich, dass dies auch den angesprochenen Verkehrskreisen bewusst ist. Im Übrigen verbleibt, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung, die gerade beim Vertrieb über Discounter, wie sie von der Beklagten betrieben werden, nicht von der Hand zu weisen ist.
785. Die Herkunftstäuschung ist auch vermeidbar. Die von den Parteien vorgelegten Produkte des Umfelds belegen, dass die konkrete Ausgestaltung der Grundelemente eines Plastik-Clogs zahlreiche Variationsmöglichkeiten bietet, durch die sich die Beklagte von den Modellen der Klägerinnen absetzen kann.
796. Die Annexansprüche folgen dem Unterlassungsanspruch; Einwendungen werden insoweit in der Berufung nicht erhoben.
807. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
81Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.
82Am 28.01.2016 erging folgender Berichtigungsbeschluss:
83In dem Rechtsstreit
84Der Tenor des am 18. 12. 2015 verkündeten Urteils des Senats wird wegen offensichtlicher Unrichtigkeit (§ 319 ZPO) dahingehend berichtigt, dass er richtig lautet:
85Die Berufung der Beklagten gegen das am *1) 5. März 2015 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 292/14 – wird zurückgewiesen.
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Tenor
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Schuhe in jeglicher farblichen Gestaltung mit einer Form wie nachstehend wiedergegeben
selbst oder durch Dritte anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder sonst in den Verkehr zu bringen;
2.
den Klägerinnen Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Schuhe gem. Ziffer 1. zu erteilen, insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschriften sämtlicher Hersteller, Lieferanten und sonstiger Vorbesitzer sowie der Menge der bestellten und/oder erhaltenen Produkte gem. Ziffer 1., der Namen und Anschriften sämtlicher gewerblicher Abnehmer und die Menge der ausgelieferten Schuhe sowie Einkaufs- und Verkaufspreise der einzelnen erhaltenen bzw. getätigten Lieferungen;
3.
an die Klägerin zu 1) die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.305,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2013 zu zahlen.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der diesen aus den in Antrag I. 1 beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV.
Das Urteil ist hinsichtlich der Ziffer I. und III. gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar bezüglich des Tenors zu I. 1, I. 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,00 EUR, bezüglich des Tenors zu I. 3 und der Kosten des Rechtsstreits gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin zu 1) ist Herstellerin der Freizeitschuhe „D“, die sie weltweit vertreibt.
3Die Klägerin zu 2) ist eine exklusiv für den Vertrieb in Europa zuständige Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1). Der Verkauf der „D“ findet seit 2005 auch in Deutschland statt. Mittlerweile bieten die Klägerinnen eine Vielzahl unterschiedlicher Kollektionen mit über 544 Schuhmodellen an. Gegen Nachahmungen ihrer Produkte gehen die Klägerinnen regelmäßig vor (Anlage K 21, Bl. 289 ff d.A.).
4In Deutschland vertreiben die Klägerinnen unter anderem seit 2005 das Modell „Classic“ (vgl. Abbildung Anlage K 2, Bl. 35 d.A. und die zur Akte gereichten Originalschuhe) und seit 2007 eine Winterversion mit Fütterung, das Modell „Mammoth“ (vgl. Abbildung Anlage K 7, Bl. 64 d.A.).
5Im Jahr 2013 wurde die Klägerin zu 2) von ihrem anwaltlichen Vertreter in Tschechien darauf aufmerksam gemacht, dass in den dortigen O-Filialen seiner Ansicht nach nahezu identische Kopien der Modelle „Classic“ bzw. „Mammoth“ angeboten würden.
6Im Oktober 2013 bestätigte sich der Verdacht der Klägerinnen, dass auch ein ähnliches Angebot in Deutschland stattfand und zwar über den von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Schwarz E-Commerce GmbH & Co. KG, betriebenen Internetshop unter der Domain www.anonym1.de .
7Dort wurden die im Tenor abgebildeten Modelle für Frauen, Männer und Kinder in verschiedenen Farben zu je 4,99 EUR bzw. 3,99 EUR angeboten (vgl. auch die zur Akte gereichten Originalschuhe).
8Mit Schreiben vom 15.10.2013 mahnte die Klägerin zu 1) die Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie die O Stiftung & Co. KG ab (vgl. Anlage K 12, Bl. 84 ff d.A.). Hierbei stützte sie sich neben Wettbewerbsrecht vorrangig auf die Verletzung der Gemeinschaftsmarke (3 D-Marke) Nr. #####2 für das Modell Classic mit Priorität vom 24.12.2007, eingetragen in Klasse 10 und 25 unter anderem für Schuhe sowie auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nummer #####1 mit Priorität vom 30.5.2007 für das Modell Mammoth (vgl. Anlage K 12, Bl. 84 ff d.A.). Sie forderte die Beklagte darin auf, die Abmahnkosten in Höhe von 2.743,43 EUR (1,3 Geschäftsgebühr bei einem Streitwert von 150.000,00 EUR zzgl. Auslagenpauschale = 2.305,40 EUR zzgl. MwSt) bis zum 25.10.2013 zu erstatten.
9Die Rechtsvorgängerin der Beklagten lehnte die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung ab unter Hinweis darauf, dass das Design der D zwischenzeitlich „Allgemeingut“ geworden sei (vgl. Anlage K 14, Bl. 111 ff d.A.).
10Zudem reichte die O Stiftung & Co. KG einen Nichtigkeitsantrag ein gegen die 3-D Marke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) sowie gegen das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. ##### der Klägerin zu 1), das die Grundform des klägerischen Schuhs schützen soll (vgl. Anlage B 25).
11Die streitgegenständlichen Schuhe sind auch weiterhin im Onlineshop der Beklagten erhältlich.
12Zwischenzeitlich sind auch die Gemeinschaftsgeschmacksmuster für das Modell Classic und für das Modell Mammoth Gegenstand eines beim HABM anhängigen Nichtigkeitsverfahrens, weshalb die Klägerinnen ihre Ansprüche allein auf UWG, hilfsweise UrhG, stützen.
13Mit Schriftsatz vom 04.09.2014 teilte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zwischenzeitlich in die jetzige Beklagte umfirmiert hatte.
14Gegen im Laufe des Verfahrens von der Beklagten dargelegte Nachahmungen haben die Klägerinnen bereits rechtliche Schritte eingeleitet (vgl. Bl. 398-399 d.A.).
15Die Klägerinnen sind der Ansicht, es handele sich bei den im Tenor wiedergegebenen Schuhmodellen um nahezu identische Nachahmungen der Modelle der Klägerinnen. Die Modelle der Klägerinnen würden über die erforderliche wettbewerbliche Eigenart verfügen, die durch die enorme Bekanntheit der Schuhe noch erheblich gesteigert sei.
16Die Klägerinnen behaupten, die von ihnen vertriebenen Schuhmodelle hätten mittlerweile Kultstatus.
17Dies zeige auch die Entwicklung der weltweiten Umsatzzahlen der D von 13,5 Millionen USD im Jahre 2004, über 108,6 Millionen USD im Jahre 2005 und 354,7 Millionen USD im Jahre 2006 und sogar über 1 Milliarde USD im Jahr 2011.
18Auch in Deutschland würden sich die D einer herausragenden Beliebtheit erfreuen. So sei der Umsatz seit Einführung im April 2005 von rund 1,5 Millionen EUR im Jahr 2006 auf rund 14,3 Millionen EUR im Jahr 2007 und 29,5 Millionen EUR im Jahr 2012 gestiegen.
19Die „D“ seien im gehobenen Schuhhandel mittlerweile omnipräsent. Neben den 13 D-Flagship-Stores und sieben Discount Outlets u.a. in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, Leipzig und Köln erfolge der Verkauf über 1957 Verkaufsstätten der über 1009 Vertragshändler sowie über den Onlineshop auf www.anonym.de und zahlreiche namhafte Onlinehändler wie z.B. Amazon und Zalando. Darüber hinaus seien die Schuhe auch im Versandhandel (z.B. bei Otto) erhältlich.
20Die überragende Bekanntheit der D, insbesondere des Modells Classic, beruhe auf dem einzigartigen Design. Die Schuhe seien auch deshalb besonders beliebt, weil sie aufgrund des besonders hochwertigen Materials „Croslite“ (PCCR Material) überaus leicht und bequem zu tragen seien. Das hochwertige, weiche Material sei aufgrund seiner zellgeschlossenen Beschaffenheit resistent gegen Gerüche, superleicht und recyclebar.
21Insbesondere in den Jahren 2006 und 2007 sei in Deutschland in nahezu jedem erhältlichen Pressemedium über die D und ihren außergewöhnlichen Erfolg berichtet worden, wobei fast immer der Verkaufsschlager, das streitgegenständliche Modell Classic, abgebildet worden sei.
22Im Jahr 2009 sei das Modell Classic vom London Design Museum ausgezeichnet worden als „einer von 50 Schuhen, der die Welt verändert hat“, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
23Obgleich sich die D-Modelle aufgrund ihrer Einzigartigkeit als Selbstläufer erwiesen hätten, sei der Erfolg seit der Einführung allein in Deutschland zusätzlich mit über 3 Millionen EUR Werbegeldern unterstützt worden.
24Auch nach der Hochphase in den Jahren 2007 und 2008 und nach Einführung einer Vielzahl weiterer D-Modelle hätten die Klägerinnen allein mit dem Verkauf des Modells Classic in Deutschland einen konstanten Umsatz von durchschnittlich 5 Millionen EUR im Jahr erzielt, nämlich
25ca. 5.654.996 EUR im Jahr 2009,
26ca. 4.056.450 EUR im Jahr 2010,
27ca. 4.897.512 EUR im Jahr 2011,
28ca. 4.985.993 EUR im Jahr 2012 und
29ca. 5.475.817 EUR im Jahr 2013
30was insgesamt mehr als 3,8 Millionen Paar verkauften Schuhen entspräche.
31Auch das Modell „Mammoth“ als Winterversion des Modells „Classic“ habe sich einer konstanten Beliebtheit erfreut, wobei die Umsätze naturgemäß geringer gewesen seien als bei dem Modell „Classic“, da es nur in der Winterzeit gekauft worden sei. Seit Einführung habe in Deutschland ein diesbezüglicher Gesamtumsatz von über 6,5 Millionen EUR erzielt werden können.
32Ein Wegfall der wettbewerblichen Eigenart komme nicht in Betracht. Die Beklagte verkenne, dass seitens der Rechtsprechung an die Annahme des Wegfalls der wettbewerblichen Eigenart hohe Anforderungen gestellt würden. Hierfür hätte die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte darlegen und beweisen müssen, dass die maßgebliche Gestaltung der Modelle Classic und Mammoth angesichts der konkreten Ausgestaltung der Konkurrenzprodukte und angesichts der Art, Dauer und Intensität ihrer Verbreitung auf dem deutschen Markt inzwischen üblich geworden sei und deshalb ihre Eignung als Herkunftshinweis verloren habe. Dabei hätte die Beklagte konkrete Tatsachen darlegen und beweisen müssen, aus denen auf Art, Dauer und Umfang der Marktpräsenz der Konkurrenzprodukte in Deutschland geschlossen werden könne. Dem sei die Beklagte nicht ansatzweise nachgekommen. Zudem würden die von der Beklagten in den Anlagen B 1 bis B 10 enthaltenen Abbildungen schon nicht den gleichen Gesamteindruck aufweisen wie die Modelle Classic und Mammoth der Klägerinnen.
33Auszunehmen seien hiervon lediglich das Modell „Sahara“ von F und das Modell „Y“.
34Von dem Modell Sahara gem. Anlage B 7 (Abbildung gem. Bl. 362 d.A.) habe die Klägerin jedoch erst im Rahmen des hiesigen Verfahrens Kenntnis erlangt und stehe diesbezüglich mit der Unternehmensgruppe F in Verhandlungen. Nach einer Auskunft von F seien die im Rahmen eines Tests der Zeitschrift ÖKO-Test im Jahr 2008 getesteten Sahara Clogs (Anlage B 6, Bl. 179 d.A.; weitere Abbildung gem. Bl. 358 d.A.) nur in Kindergrößen erhältlich gewesen und kurz nach dem Test auch nicht mehr vertrieben worden. Zudem habe das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 08.07.2008 (vgl. GRUR-RR 2009, 142 – D) bestätigt, dass sich ein Nachahmer zur Begründung des Wegfalls der wettbewerblichen Eigenart nicht darauf berufen könne, dass dies durch Verbreitung eigener oder fremder Nachahmung geschehen sei, solange Ansprüche gegen ihn oder andere Nachahmer nicht durch Verwirkung untergegangen seien. Von einer Verwirkung könne angesichts der bestehenden Gespräche mit der F Unternehmensgruppe nicht die Rede sein.
35Gegen den Vertrieb der Y-Modelle sei die Klägerin bereits vorgegangen. So sei dem vorherigen Anbieter CE International bereits 2007 per einstweiliger Verfügung des Landgerichts Düsseldorf der Vertrieb verboten worden. In der Hauptsacheklage sei unter dem 06.10.2009 ein mittlerweile rechtskräftiges Versäumnisurteil erwirkt worden, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Am 23.05.2013 sei eine Vereinbarung mit dem italienischen Hersteller geschlossen worden, wonach nur noch der Abverkauf von in geringen Mengen vorhandenen Restposten der bereits an Dritte ausgelieferten Schuhe gestattet worden sei (vgl. Settlement Agreement vom 23.05.2013, Anlage K 20, Bl. 274 d.A.). Soweit über die Internetseite www.anonym.com noch derartige Schuhe angeboten würden, so handele es sich lediglich um einen solchen Abverkauf von Restposten, was auch die Inhaberin des der Y-Onlineshops sowie auch die Herstellerin auf Nachfrage bestätigt hätten.
36Von den seitens der Beklagten im Laufe des Prozesses angesprochenen und teilweise im Original vorgelegten weiteren Nachahmungen der Firmen N, T SB-Warenhaus GmbH (Anl. B 19) und K GmbH (Anl. B 21) hätten die Klägerinnen erst im Rahmen des hiesigen Prozesses Kenntnis erlangt. Gegen die beiden letzteren seien auch bereits rechtliche Schritte eingeleitet worden, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
37Zudem werde mit Nichtwissen bestritten, dass sämtliche vorgenannten Produkte und auch die anderen in den Anlagen B 1 bis B 10 abgebildeten Schuhe in Deutschland in nennenswertem Umfang vertrieben würden. Insbesondere könne aus der gemäß Anlage B 14 vorgelegten allgemeinen Umsätzen der F Gruppe, die unzählige Schuhmodelle vertreibe, nicht auf die Marktpräsenz des Modells Sahara geschlossen werden.
38Demnach habe die Beklagte nicht dargelegt, dass die Gestaltung der Modelle der Klägerinnen schon zum allgemeinen Formenschatz zähle. Dass möglicherweise vereinzelte Restposten des Modells auf dem Markt erhältlich seien, ändere hieran nichts.
39Gem. den Ausführungen des OLG Köln (OLG Köln GRUR-RR 2008,166 - Bigfoot) gelte, dass selbst wenn einzelne Konkurrenzprodukte eine solche identische Nachahmung darstellen würden, daraus noch nicht folge, dass die nachgeahmte Gestaltung inzwischen zum Allgemeingut geworden sei. Den Betroffenen würde jede Möglichkeit zur rechtlichen Gegenwehr genommen, wenn bei verschiedenen etwa gleichzeitig auf den Markt kommenden Nachahmern jeder von ihnen auf die allgemeine Verbreitung der betreffenden Gestaltung durch eigene oder fremde rechtsverletzende Nachahmungen verweisen könnte, so dass eine solche Rechtsverteidigung schon grundsätzlich unbeachtlich bleiben müsse.
40Die angegriffenen Schuhmodelle seien eine nahezu identische Leistungsübernahme in Bezug auf das Modell Classic. Hierdurch komme es zumindest zu einer mittelbaren, vermeidbaren Herkunftstäuschung. In diesem Zusammenhang sei irrelevant, ob Einzelmerkmale von einigen Mitbewerbern in der Vergangenheit schon verwendet worden seien oder ob bestimmte Gestaltungsmerkmale neben ihrer ästhetischen Funktion auch einen gewissen praktischen Zweck dienten, entscheidend sei der Gesamteindruck.
41Die Klägerinnen beantragen,
42-wie erkannt-
43Die Beklagte beantragt,
44die Klage abzuweisen.
45Die Beklagte ist der Ansicht, das Verfahren sei bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeit der oben aufgeführten Registerrechte der Klägerinnen auszusetzen.
46Die wettbewerbliche Eigenart sei zu verneinen, da die prägenden Gestaltungsmerkmale der Modelle der Klägerinnen durch eine Vielzahl von Nachahmungen Allgemeingut geworden seien und der Verkehr sie daher nicht mehr einem bestimmten Hersteller zuordne. Die Modelle der Klägerinnen würden sich schon lange nicht mehr vom Marktumfeld abheben (vgl. Anlage des Schriftsatzes der Beklagten vom 04.11.2013, Anlage B 5, Bl. 161 ff). Zudem seien sämtliche Merkmale vorbekannt und funktionsbedingt.
47Schon 2008 hätte die Zeitschrift Ökotest Plastikclogs von 22 verschiedenen Herstellern getestet - was unstreitig ist (vgl. Anlage B 6, Bl. 179 d.A.) -, darunter Modelle namhafter Hersteller- und Händler wie Romika, F, Betula und Quelle, so dass auch von einer entsprechenden Verbreitung der Schuhe am Markt auszugehen sei.
48Allein F vertreibe seit langer Zeit eine Vielzahl entsprechender Schuhmodelle über sein Internetshop (Anlage B 7, Bl. 185 d.A.). Dies gelte auch für eBay (Anlage B 8, Bl. 193 d.A.) und Amazon (Anlage B 9, Bl. 209 d.A.). T, Aldi, Norma und Penny würden seit 2008 kontinuierlich entsprechende Schuhmodelle anbieten (Anlage B 10, Bl. 225 d.A.).
49Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin erst durch die Klageerwiderung von dem Modell Sahara von F Kenntnis erlangt habe und dass tatsächlich gegen dieses Modell vorgegangen werde. Bezüglich des Modells Y würden die Klägerinnen ihre Rechte offenbar nur mangelhaft durchsetzen. Dies ergebe sich schon daraus, dass über die Internetseite www.anonym.com immer noch Modelle in diversen Farben vertrieben würden, die den streitgegenständlichen Schuhmodellen der Klägerinnen sehr ähneln würden (Anlage B 17, 18). Angesichts der Form und des Umfangs des Angebotes könne es sich auch nicht nur um den Abverkauf von Restposten handeln. Zudem seien die Klägerinnen nach ihren eigenen Angaben auch nur gegen ein ganz bestimmtes Y-Modell vorgegangen, nämlich den Y Swalk Clog Uni Nero. Es sei nicht ersichtlich, warum sie gegen die weiteren Modelle (vgl. Abbildungen gem. Bl. 342 - 343 d.A.) nicht ebenfalls vorgegangen seien.
50Selbst wenn man den Vortrag bezüglich der Umsatzzahlen, Werbeaufwendungen und den Verbreitungsgrad als zutreffend unterstelle, so habe sich zumindest in den letzten sechs Jahren auf dem deutschen Markt ein Wettbewerbsumfeld gebildet, das dazu führe, dass die charakteristischen Merkmale der Schuhmodelle der Klägerinnen von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht mehr einem bestimmten Unternehmen zugeordnet würden. Eine Zuordnung würde der Verbraucher vielmehr allein aufgrund des Krokodil-Logos vornehmen.
51Zudem sei auch keine Nachahmung gegeben, da die von der Beklagten vertriebenen Schuhmodelle über zahlreiche abweichende Details verfügen würden. Diese würden, angesichts der Vielzahl an Gestaltungen, die im deutschen Markt für derartige Plastik-Clogs vorhanden seien, ausreichen, um einen hinreichenden Abstand zum Produkt der Klägerinnen zu schaffen, zumal auch das Krokodillogo nicht übernommen werde. Es fehle daher auch am Vorliegen einer Herkunftstäuschung.
52Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
53Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung eines Zeugen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 05.02.2015 (Bl. 423 d.A.) verwiesen.
54Entscheidungsgründe:
55Die Klage ist begründet.
56I.
571.
58Eine Aussetzung gem. § 148 ZPO wegen der laufenden Nichtigkeitsverfahren vor dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) gegen die Gemeinschaftsmarke (3 D-Marke) Nr. #####2 und das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. ##### ist nicht geboten, da der hiesige Rechtsstreit von diesen Verfahren unabhängig ist. Die Klägerinnen machen hier keine Ansprüche wegen der Verletzung ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters bzw. ihrer Gemeinschaftsmarke geltend. Es ist höchstrichterlich anerkannt, dass die Eigenart eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 DesignG und Art. 6 Abs. 1 GGV nicht gleichbedeutend mit der wettbewerblichen Eigenart im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG ist (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4, Rn. 9.8 m.w.N.), so dass Schutzrechte wie Designschutzrechte keinen Vorrang vor dem lauterkeitsrechtlichen Schutz haben, sondern der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz vielmehr gleichrangig neben diese tritt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4, Rn. 9.6 m.w.N.). Das gleiche gilt auch für Markenrechte, d.h. unabhängig davon, ob das nachgeahmte Produkt markenrechtlichen Schutz genießt, kommt ein lauterkeitsrechtlicher Anspruch gem. § 4 Nr. 9 UWG in Betracht, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4, Rn. 9.10 m.w.N.).
592.
60Den Klägerinnen steht ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 9 a UWG zu.
61a.
62Die Klägerinnen sind als unmittelbare Wettbewerber gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt. Sie stehen mit der Beklagten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Nr. 3 UWG, da alle beteiligten Parteien Schuhe in Deutschland vertreiben.
63b.
64Die angegriffenen Produkte der Beklagten stellen unlautere Nachahmungen der Produkte der Klägerinnen dar, da potentielle Abnehmer über die betriebliche Herkunft getäuscht werden, obwohl dies vermeidbar wäre gem. § 4 Nr. 9 a UWG.
65Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 21 - LIKEaBIKE; GRUR 2012, 1155 - Sandmalkasten; GRUR 2013, 95 - Regalsystem; GRUR 2013, 1052 - Einkaufswagen III, OLG Köln GRUR-RR 2014, 25 – Kinderhochstuhl „Sit up“, jeweils m. w. N.).
66aa.
67Die streitgegenständlichen Produkte der Klägerinnen verfügen über wettbewerbliche Eigenart.
68Für die Annahme wettbewerblicher Eigenart genügt es, dass der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten Wert auf deren betriebliche Herkunft legt und aus deren konkreter Gestaltung oder aufgrund bestimmter Merkmale Anhaltspunkte dafür gewinnen kann. Dafür wiederum ist maßgeblich, ob sich das unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilelemente entwickelte Leistungsergebnis von anderen vergleichbaren Erzeugnissen in einem Maß abhebt, dass hierdurch im angesprochenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb (BGH, GRUR 2012, 1155 - Sandmalkasten; GRUR 2013, 1052 - Einkaufswagen III; OLG Köln GRUR-RR 2013 – Gute Laune Drops; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.24, jeweils m. w. N.). Der Grad der wettbewerblichen Eigenart bestimmt sich nach dem Gesamteindruck und kann durch die tatsächliche Bekanntheit des Erzeugnisses im Verkehr gesteigert sein (BGH GRUR 2010, 80 - LIKEaBIKE).
69Sowohl das D-Modell „Classic“ (Modell C) als auch das D-Modell „Mamoth“ (Modell M) verfügen über wettbewerbliche Eigenart.
70Die wettbewerbliche Eigenart des Modells C ergibt sich aus der clog-ähnlichen Form, dem umklappbaren Fersenriemen, den halbkreisförmigen Löchern rund um die Vorderseite des Schuhs, mit denen aus der Seitenansicht das Profil einer leicht geöffneten Krokodilschnauze angedeutet wird und der besonderen Gestaltung und Anordnung der übrigen Entlüftungslöcher.
71Die wettbewerbliche Eigenart des Modells M ergibt sich ebenfalls aus der clog-ähnlichen Form, (teilweise) dem umklappbaren Fersenriemen, dem in der Seitenansicht angedeutetem Profil einer leicht geöffneten Krokodilschnauze, der besonderen Gestaltung und Anordnung der Entlüftungslöcher sowie der besonderen Gestaltung des teilweise über die Öffnung des Schuhs gestülpten Innenfutters.
72Soweit die Beklagte einwendet, die einzelnen Merkmale der Produkte der Klägerinnen, wie beispielsweise die clog-artige Form, die Fersenriemen und Belüftungslöcher, seien nicht als Herkunftshinweis geeignet, da sie lediglich funktionsbedingt seien, steht dies der Annahme der wettbewerblichen Eigenart nicht entgegen. Der Gesamteindruck eines Erzeugnisses kann auch durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart verstärken oder begründen, da diese von dem Gesamteindruck abhängt, den die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des jeweiligen Erzeugnisses vermitteln (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 21 - LIKEaBIKE; GRUR 2012, 1155 - Sandmalkasten; GRUR 2013, 95 - Regalsystem; GRUR 2013, 1052 - Einkaufswagen III). Dabei kann auch die als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungselemente eine wettbewerbliche Eigenart begründen (BGH GRUR 2006, 79 – Jeans I; BGH GRUR 2008, 1115 – ICON; OLG Frankfurt GRUR-RR 2014, 34).
73Die wettbewerbliche Eigenart der Produkte der Klägerin war zum Zeitpunkt der Produkteinführung als zumindest durchschnittlich zu bewerten. Jedenfalls hat die Beklagte nichts zu dem Marktumfeld zum Zeitpunkt der Produkteinführung vorgetragen, aus dem sich etwas Anderes ergeben könnte. Der Vortrag der Beklagten zum wettbewerblichen Umfeld beschränkt sich vielmehr auf den Zeitraum ab 2008 (vgl. Anlagen B 1 – B 10, Bl. 150 ff d.A.; Bl. 345 ff d.A).
74Die wettbewerbliche Eigenart der Produkte der Klägerinnen hat sich - insbesondere was das Modell C betrifft - in der Folgezeit zunächst wegen des großen Erfolges und der großen Bekanntheit erheblich gesteigert.
75Die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts kann aufgrund seiner hohen Bekanntheit gesteigert sein (vgl. GRUR 2012, 1155 - Sandmalkasten; GRUR 2013, 95 - Regalsystem; GRUR 2013, 1052 - Einkaufswagen III). Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus entsprechenden Werbeanstrengungen, sondern auch aus der Dauer der Marktpräsenz, den hohen Absatzzahlen des Originals oder dem hohen Marktanteil ergeben (BGH GRUR 2007, 339 – Stufenleitern; BGH GRUR 2007, 984 – Gartenliege; BGH WRP 2013, 1189 – Regalsystem).
76Aufgrund der von den Klägerinnen angegebenen Umsatzzahlen, Werbeausgaben und Anzahl der Verkaufsstätten/Vertragshändler in Deutschland, die der Zeuge Leidl im Wesentlichen bestätigt hat, ist von einer hohen Verkehrsbekanntheit der Produkte der Klägerinnen auszugehen.
77Der Zeuge hat für die Kammer nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, dass und wie genau er in der Lage ist, die einzelnen Daten zu den Umsätzen, Werbeausgaben und Verkaufsstätten/Vertragshändlern in Bezug auf den deutschen Markt zu überprüfen. Dabei hat er die für das Modell C behaupteten Umsatzzahlen seit 2005 mit nicht ins Gewicht fallenden Abweichungen bestätigt. Weiter hat er glaubhaft berichtet, dass mit dem Modell M seit seiner Einführung im Jahr 2007 bis heute einen Gesamtumsatz von 6,6 Millionen EUR erzielt werden konnte, was einer Stückzahl von 390.000 entspricht. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, um an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen Leidl zu zweifeln. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Zeuge Leidl als Angestellter der Klägerin zu 2) im Lager der Klägerinnen steht. Für die Glaubhaftigkeit seiner Aussage spricht aber vor allem, dass er offen eingeräumt hat, teilweise keine exakten Angaben machen zu können und daher abweichende Angaben zu Lasten der Klägerinnen gemacht hat. So hatten diese beispielsweise Werbeausgaben von 3 Millionen EUR behauptet, der Zeuge Leidl konnte aber „nur“ 2,6 Millionen EUR bestätigen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 05.02.2015, Bl. 424 d.A.). Die Bekanntheit des Modells C – aber auch des Modells M - wird zudem bestätigt durch die umfangreichen Presseberichte/-veröffentlichungen aus den Jahren 2005 - 2009, die die Klägerinnen in der Sitzung vom 05.02.2015 zur Akte gereicht haben.
78Die wettbewerbliche Eigenart der Produkte der Klägerinnen ist auch in der Folgezeit nicht derart geschwächt worden oder gar ganz entfallen, dass ein Anspruch gem. § 4 Nr. 9 a UWG scheitern würde.
79Zwar kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass wegen des großen Erfolges der Produkte der Klägerinnen in den Folgejahren etliche Mitbewerber ähnliche Schuhe auf den Markt brachten, um von dem Erfolg der Klägerinnen zu profitieren.
80Es kann damit sogar unterstellt werden, dass die anfänglich durch die Bekanntheit gesteigerte wettbewerbliche Eigenart im Verlauf der letzten Jahre wieder etwas geschwächt wurde. Verloren gegangen ist die wettbewerbliche Eigenart der Klägerischen Produkte entgegen der Auffassung der Beklagten allerdings nicht.
81Die wettbewerbliche Eigenart kann nur dann verloren gehen, wenn die prägenden Gestaltungsmerkmale des nachgeahmten Originals, z.Bsp. durch eine Vielzahl von Nachahmungen, Allgemeingut geworden sind, der Verkehr sie also nicht mehr einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (vgl. BGH GRUR 2007, 984 – Gartenliege; OLG Frankfurt WRP 2013, 1069).
82Der Vortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten reicht nicht aus, um hier einen derartigen Verlust der wettbewerblichen Eigenart annehmen zu können.
83Der wegen einer wettbewerbswidrigen Nachahmung in Anspruch Genommene hat die Marktbedeutung von Produkten darzulegen, mit denen er die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produktes in Frage stellen will (BGH GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen; OLG Köln GRUR-RR 2008, 166 – Bigfoot).
84Soweit die Beklagte auf die Ergebnisse aus diversen Google-Bildersuchen verweist (Anlage B 1 – B 4, Bl. 150-158 d.A.), fehlt es an einem substantiierten Vortrag zu Art, Dauer und Umfang des Vertriebs darin enthaltener ähnlicher Modelle in Deutschland, so dass offen bleiben kann, ob diese im Einzelnen vom Gesamteindruck her überhaupt mit den Modellen der Klägerin vergleichbar sind.
85Gleiches gilt für die im Rahmen eines Testes der Zeitschrift ÖKO-Test aus dem Jahr 2008 aufgeführten Schuhmodelle gemäß Anlage B 6 (Bl. 179 ff d.A.).
86Bezüglich der darin enthaltenen Modelle „Sahara“ von F und dem Modell Y, die tatsächlich dem Modell der Klägerinnen sehr nahe kommen, gilt dies ebenfalls.
87Es kommt daher nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob Gegenstand des Testes lediglich das von den Klägerinnen behauptete Kindermodell „Sahara“ (vgl. Abbildung Bl. 358 d.A.) war und nicht das nunmehr neue Modell „Sahara“ (vgl. Abbildung Bl. 362 d.A.), von dem die Klägerinnen erst nach Klageerhebung Kenntnis erlangt haben wollen. Auch wäre es unschädlich, wenn die Klägerin gegen dieses Modell – wie die Beklagte behauptet – nicht unverzüglich bei Kenntnis und/oder nur unzureichend vorgegangen wäre, denn auch in diesem Fall könnte dies der wettbewerblichen Eigenart der klägerischen Produkte nur dann abträglich sein, wenn das Modell „Sahara“ auf dem deutschen Markt eine entsprechend hohe Marktbedeutung hätte. Allein die Tatsache, dass das Modell „Sahara“ von F Gegenstand des Tests der Zeitschrift ÖKO-Test aus dem Jahr 2008 war und über einen nicht näher bekannten Zeitraum in einem nicht bekannten Umfang – in welcher konkreten Form auch immer – von F vertrieben wurde, lässt keinen automatischen Rückschluss auf eine hohe Marktbedeutung dieses Modells zu. Insbesondere kann aus den gemäß Anlage B 14 vorgelegten allgemeinen Umsätzen der F Gruppe, die unzählige Schuhmodelle vertreibt, nicht auf die Marktpräsenz des Modells „Sahara“ geschlossen werden. Auch die seitens der Beklagten vorgelegten Unterlagen zu den allgemeinen Umsätzen und zur Bedeutung der Zeitschrift ÖKO-Test (vgl. Anlage B 26, Bl. 386 ff d. A.) vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern.
88Bezüglich der „Y“ - Modelle kann die zwischen den Parteien streitige Frage, ob es sich bei dem Verkauf über die Internetseite www.anonym.com lediglich um den Abverkauf von Restposten handelt, ebenfalls offen bleiben, da die Beklagte auch hier bislang nicht ausreichend substantiiert zu Art, Dauer und Umfang des Vertriebs in Deutschland vorgetragen hat. Allein die Tatsache, dass das Modell „Y“ ebenfalls Gegenstand des Tests der Zeitschrift ÖKO-Test aus dem Jahr 2008 war, lässt keinen automatischen Rückschluss auf eine hohe Marktbedeutung dieses Modells zu. Auch die Tatsache, dass aktuell noch über den Internetshop auf der Webseite www.anonym.com diverse Y-Modelle käuflich erworben werden können, lässt nicht den automatischen Schluss auf eine hohe Marktbedeutung zu. Aus den Anlagen B 15 und K 23 (vgl. Bl. 365 ff d.A.) ergibt sich vielmehr, dass die Marktbedeutung dieser Modelle insgesamt überschaubar sein dürfte, da mehrere Modelle nur noch in bestimmten, wenigen Größen erhältlich sind, was im Übrigen tatsächlich für einen Verkauf von Restposten spricht.
89Folglich wäre es auch hier unschädlich, wenn die Klägerin gegen diese Modelle – wie die Beklagte behauptet – teilweise nicht bzw. nur unzureichend vorgegangen wäre, denn auch in diesem Fall könnte dies der wettbewerblichen Eigenart der klägerischen Produkte nur dann abträglich sein, wenn die „Y“-Modelle auf dem deutschen Markt eine entsprechend hohe Marktbedeutung hätten, was die Beklagte jedoch nicht darlegen konnte. Es kann mithin auch offen bleiben, ob sämtliche über das Internet vertriebene Y- Modelle im Einzelnen vom Gesamteindruck her überhaupt mit den Modellen der Klägerin vergleichbar sind.
90Auch bezüglich der neben dem Modell „Sahara“ in der Anlage B 7 (vgl. Bl. 185 ff d.A. – Ausdruck des F Online-Shop) und in den Anlagen B 8 (vgl. Bl. 193 ff d.A. – Angebote bei ebay), Anlage B 9 (vgl. Bl. 209 ff d.A. – Angebote bei Amazon) und Anlage B 10 (vgl. Bl. 225 ff d.A. – Angebote diverser Discounter) aufgeführten Modelle fehlt es an ausreichend substantiiertem Vortrag zu Art, Dauer und Umfang des Vertriebs in Deutschland, so dass es auch hier keiner Entscheidung darüber bedarf, ob diese Modelle im Einzelnen vom Gesamteindruck her überhaupt mit den Modellen der Klägerin vergleichbar sind.
91Auch bezüglich der von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Laufe des Verfahrens eingeführten und in der mündlichen Verhandlung vom 11.09.2014 im Original zur Akte gereichten Modellen der T SB-Warenhaus GmbH und der K GmbH fehlt es an ausreichend substantiiertem Vortrag zu Art, Dauer und Umfang des Vertriebs in Deutschland.
92Gleiches gilt auch für das Modell aus dem Verkaufsprospekt der N, welchen die Prozessbevollmächtigte der Beklagten ebenfalls anlässlich der mündlichen Verhandlung zur Akte gereicht hat.
93bb.
94Bei den angegriffenen Produkten der Beklagten handelt es sich um nahezu identische Nachahmungen des Modells C der Klägerinnen. Eine nahezu identische Nachahmung ist gegeben, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist (BGH GRUR 2000, 521- Modulgerüst I; BGH GRUR 2010, 1125 – Femur-Teil). Dabei kommt es darauf an, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGH GRUR 2007, 795 – Handtaschen; BGH GRUR 2010, 1125 – Femur-Teil).
95Bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit von Produkten ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den Original und Nachahmung dem Betrachter vermitteln (BGH GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen; BGH GRUR 2007, 795 - Handtaschen; BGH GRUR 2009, 1069 – Knoblauchwürste). Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindruckes gewinnt. Dabei treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor, so dass es mehr auf die Übereinstimmungen als die Unterschiede ankommt (BGH GRUR 2007, 795 – Handtaschen; BGH GRUR 2010, 80 – LIKEaBIKE; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage 2015, § 4, Rn. 4.43). Maßgebend für die Beurteilung von Übereinstimmungen ist der jeweilige Gesamteindruck, den die verschiedenen Erzeugnisse bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln (BGH GRUR 2002, 629 – Blendsegel).
96Die angegriffenen Schuhmodelle der Beklagten weisen in erster Linie die prägenden Gestaltungsmittel des Modells C der Klägerinnen auf. Sie sind ebenfalls in verschiedenen, ähnlichen Farben und ähnlichem Material erhältlich. Die clog-ähnliche Form, die Form und Anordnung des umklappbaren Fersenriemens sowie Form und Anordnung der halbkreisförmigen Löcher rund um die Vorderseite des Schuhs sind nahezu identisch übernommen worden. Dies bezieht sich sogar auf die horizontal verlaufenden Profillinien unmittelbar oberhalb der Sohle und die Strukturierung der Oberfläche, der Sohle und des Fersenriemens im Einzelnen. Lediglich bei Gestaltung und Anordnung der übrigen Entlüftungslöcher und der Anzahl der seitlichen, halbkreisförmigen Lüftungslöcher sind kleine Unterschiede vorhanden, die sich aber auf den insgesamt sehr ähnlichen Gesamteindruck nicht auswirken. So sind bei den angegriffenen Modellen zwar 15 und nicht 13 Luftlöcher wie bei dem Modell C der Klägerinnen vorhanden. Die Anordnung der Luftlöcher erfolgt aber ebenfalls nicht stringent in geraden Reihen, sondern teilweise auch versetzt (vgl. Abbildungen gem. Bl. 15 d.A. bzw Originalmodelle). Auch sind die Löcher gleich groß und gleich geformt. Die Tatsache, dass sich bei den angegriffenen Modellen an der seitlichen Außenseite ein Lüftungsloch weniger befindet, als bei dem Modell C der Klägerinnen, ändert an dem insgesamt ähnlichen Gesamteindruck ebenfalls nichts. Diese marginalen Abweichungen wird der Verkehr nicht erinnern, da sie den Gesamteindruck der Schuhe nicht bestimmend prägen. Gleiches gilt für den einzigen etwas augenfälligeren Unterschied zu dem Modell C, dem Innenfutter. Denn dieses ist von seiner Gestaltung her weitgehend an die Gestaltung des Innenfutters bei dem nach obigen Ausführungen ebenfalls bekannten Modell M der Klägerinnen angelehnt. Auffällig ist, dass gerade die Besonderheit, dass das Innenfutter über die Öffnung des Schuhs gestülpt ist, quasi-identisch übernommen wurde. Die etwas andersartige Struktur des farblich abgesetzten glatten Fleece-Futters im Vergleich zu dem durch das Modell M bekannten fellartigen, farblich nicht abgesetzten Futter wird der Verkehr hingegen nicht im Einzelnen erinnern.
97cc.
98Es liegt auch eine vermeidbare Herkunftstäuschung vor. Eine solche ist anzunehmen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck gewinnen können, die Nachahmung stamme vom Hersteller des Originals oder einem mit ihm geschäftlich oder organisatorisch verbundenen Unternehmen. Das Hervorrufen bloßer Assoziationen an das Originalprodukt reicht nicht aus. Maßgebend ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (oder sonstigen Marktteilnehmers), der sich für das Produkt interessiert (vgl. BGH GRUR 2010, 1125 – Femur-Teil).
99Die Produkte der Klägerinnen weisen – wie oben dargelegt – einen sehr hohen Bekanntheitsgrad auf. Der Käufer, der ein Angebot der beanstandeten Schuhe wahrnimmt, wird angesichts der Übereinstimmungen in den prägenden Merkmalen der Produkte davon ausgehen, es handele sich um die ihm bekannten Produkte der Klägerinnen oder jedenfalls solche eines Herstellers, der mit den Klägerinnen organisatorisch oder geschäftlich verbunden ist. Durch die oben erwähnten Unterschiede in Details der Schuhe wird die Gefahr einer Herkunftstäuschung nicht beseitigt. Falls dem Verkehr die Unterschiede überhaupt auffallen, wird er davon ausgehen, dass es sich um ein neues Modell der Klägerinnen handelt. Dies gilt vor allem deshalb, weil die Verbraucher angesichts der Vielzahl der erhältlichen Modelle (544, s.o.) die Gestaltungen der einzelnen Modelle der Klägerinnen im Detail gar nicht mehr überblicken können. Hinzu kommt, dass die einzige augenfälligere Abweichung zu dem Modell C, nämlich das Innenfutter, in seiner Gestaltung die prägenden Merkmale des Modells M übernommen hat. Da es sich also bei den angegriffenen Modellen quasi um eine Art Zwitterwesen aus Modell C und Modell M handelt, werden die angesprochenen Verkehrskreise von einer Zugehörigkeit zur Produktfamilie der Klägerinnen ausgehen.
100Die Gefahr einer Herkunftstäuschung wird schließlich auch nicht dadurch vermieden, dass die streitgegenständlichen Modelle der Klägerinnen jeweils am Fersenriemen mit einem Krokodillogo versehen sind. Selbst wenn der Verkehr diese Zeichen als Hinweis auf den Hersteller versteht, bleibt die Gefahr einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne bestehen, also dass Verbraucher bezüglich der angegriffenen Schuhmodelle gesellschafts- oder lizenzrechtliche Beziehungen zwischen den Parteien vermuten könnten.
101Die Herkunftstäuschung ist schließlich auch vermeidbar. Vermeidbarkeit liegt vor, wenn die Herkunftstäuschung durch Ergreifen geeigneter und zumutbarer Maßnahmen verhindert werden kann (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage 2015, § 4, Rn. 9. 45 m.w.N.). Wie sich aus dem von der Beklagten umfassend dargelegten wettbewerblichen Umfeld ergibt, ist bei der Produktklasse der Plastik-Clogs eine Vielzahl von Gestaltungen denkbar und auf dem Markt erhältlich, die sich ausreichend voneinander und der Gestaltung der Produkte der Klägerinnen unterscheiden, und somit – im Gegensatz zu den Produkten der Beklagten - eine Herkunftstäuschung vermeiden (vgl. u.a. Anlagen B 1 – B 10). Schon durch eine andere Anordnung und Größe der Lüftungslöcher kann ein völlig anderer Gesamteindruck erreicht werden (vgl. z.Bsp. Anlage B 9, Bl. 210 – 213 d.A.).
1023.
103Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ergibt sich aus § 242 BGB.
1044.
105Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
106Der Anspruch auf die tenorierte Verzinsung resultiert aus §§ 288, 286 BGB.
1075.
108Der Anspruch auf Schadensersatzfeststellung ist gem. § 9 S. 1 UWG gerechtfertigt. Es ist zumindest von einem fahrlässigen Verhalten der Beklagten auszugehen. Fahrlässig handelt, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der Zulässigkeit seines Verhaltens in Betracht ziehen muss (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage 2015, § 9, Rn 1.19 m.w.N.). Durch die sehr große Nähe der von der Beklagten gewählten Produktgestaltung zur klägerischen Produktgestaltung bewegte sich die Beklagte für sie erkennbar in einem solchen Grenzbereich.
109II.
110Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO.
111Streitwert: 200.000,00 EUR
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 5. März 2013 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 154/14 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerinnen abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit leisten. Die Höhe der Sicherheit beträgt
für den Tenor zu I.1 (Unterlassung) 200.000 EUR,
für den Tenor zu I.2 (Auskunft) 20.000 EUR,
im Übrigen für die Beklagte 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages, für die Klägerinnen 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)
3I.
4Die Klägerin zu 1) ist Herstellerin der Freizeitschuhe „Crocs“, die sie weltweit vertreibt. Die Klägerin zu 2) ist eine exklusiv für den Vertrieb in Europa zuständige Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1). Der Verkauf der „Crocs“ findet seit 2005 auch in Deutschland statt. Mittlerweile bieten die Klägerinnen eine Vielzahl unterschiedlicher Kollektionen mit über 544 Schuhmodellen an.
5In Deutschland vertreiben die Klägerinnen unter anderem seit 2005 das Modell „Classic“ (Abbildung Anlage K 2, Bl. 35 d. A. und die zur Akte gereichten Originalschuhe, nachfolgend: Modell C) und seit 2007 eine Winterversion mit Fütterung, das Modell „Mammoth“ (vgl. Abbildung Anlage K 7, Bl. 64 d. A., nachfolgend Modell M).
6Im Oktober 2013 wurden die Klägerinnen auf den Vertrieb von Plastikschuhen im Internetshop der Beklagten aufmerksam, die in Varianten für Frauen, Männer und Kinder in verschiedenen Farben zu je 4,99 EUR beziehungsweise 3,99 EUR angeboten wurden. Nachfolgende Gegenüberstellung zeigt die Produkte der Klägerinnen und der Beklagten:
7Modell C Klägerinnen |
Modell Beklagte |
Modell M Klägerinnen |
|
Mit Schreiben vom 15. 10. 2013 mahnte die Klägerin zu 1) die Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie die M Stiftung & Co. KG ab (Anlage K 12, Bl. 84 ff. d. A.). Sie stützte die geltend gemachten Unterlassungs- und Kostenersatzansprüche neben Wettbewerbsrecht vorrangig auf die Verletzung der Gemeinschaftsmarke (3 D-Marke) Nr. 06xx35xx für das Modell C sowie auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nummer 00xx33xx2-0001 für das Modell M.
9Die Klägerinnen beanstanden das streitgegenständliche Produkt der Beklagten als eine unzulässige Nachahmung ihrer Modelle C und M. Die wettbewerbliche Eigenart ihrer Modelle sehen sie durch die Kombination folgender Merkmale begründet:
10- clogartige Form,
11- umklappbarer Fersenriemen, durch den der Schuh als Sandale und Clog getragen werden kann,
12- halbkreisförmige Löcher rund um die Oberseite des Schuhs, sowie
13- runde Löcher in der Oberseite des Schuhs.
14Das Modell M weist darüber hinaus eine Fütterung auf, wobei nur das Kindermodell mit dem umklappbaren Fersenriemen versehen ist.
15Die Klägerinnen haben behauptet, die von ihnen vertriebenen Schuhe seien, sowohl allgemein als auch bezogen auf die Modelle C und M, von überragender Bekanntheit. Dies zeige auch die Entwicklung der weltweiten Umsatzzahlen ihrer Produkte von 13,5 Millionen USD im Jahre 2004, über 108,6 Millionen USD im Jahre 2005 und 354,7 Millionen USD im Jahre 2006 und sogar über 1 Milliarde USD im Jahr 2011. Auch in Deutschland würden sie sich einer herausragenden Beliebtheit erfreuen. So sei der Umsatz seit Einführung im April 2005 von rund 1,5 Millionen EUR im Jahr 2006 auf rund 14,3 Millionen EUR im Jahr 2007 und 29,5 Millionen EUR im Jahr 2012 gestiegen.
16Die „Crocs“ seien im gehobenen Schuhhandel mittlerweile omnipräsent. Neben den 13 Crocs-Flagship-Stores und sieben Discount Outlets unter anderem in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, Leipzig und Köln erfolge der Verkauf über 1957 Verkaufsstätten der über 1009 Vertragshändler sowie über den Onlineshop auf www.crocs.de und zahlreiche namhafte Onlinehändler wie beispielsweise Amazon und Zalando. Darüber hinaus seien die Schuhe auch im Versandhandel (z. B. bei Otto) erhältlich. Obgleich es sich den Produkten um „Selbstläufer“ handele, sei der Erfolg seit der Einführung allein in Deutschland zusätzlich mit über 3 Millionen EUR Werbegeldern unterstützt worden. Die Bekanntheit ihrer Produkte werde auch durch diverse Presseberichte belegt.
17Die Klägerinnen haben behauptet, auch nach Einführung einer Vielzahl weiterer Crocs-Modelle hätten sie allein mit dem Verkauf des Modells C in Deutschland einen konstanten Umsatz von durchschnittlich 5 Millionen EUR im Jahr erzielt, nämlich
18ca. 5.654.996 EUR im Jahr 2009,
19ca. 4.056.450 EUR im Jahr 2010,
20ca. 4.897.512 EUR im Jahr 2011,
21ca. 4.985.993 EUR im Jahr 2012 und
22ca. 5.475.817 EUR im Jahr 2013,
23was insgesamt mehr als 3,8 Millionen Paar verkauften Schuhen entspräche.
24Auch das Modell „Mammoth“ als Winterversion des Modells „Classic“ habe sich einer konstanten Beliebtheit erfreut, wobei die Umsätze naturgemäß geringer gewesen seien als bei dem Modell „Classic“, da es nur in der Winterzeit gekauft worden sei. Seit Einführung habe in Deutschland ein diesbezüglicher Gesamtumsatz von über 6,5 Millionen EUR erzielt werden können.
25Die wettbewerbliche Eigenart sei auch nicht aufgrund des Vertriebs von Nachahmerprodukten entfallen. Soweit die Beklagte dies unter Bezugnahme auf Produkte des Umfelds behauptet habe, so fehle es an dem erforderlichen Vortrag zur Marktbedeutung dieser Produkte. Im Übrigen würden die Klägerinnen regelmäßig gegen Nachahmerprodukte vorgehen.
26Die Klägerinnen haben die Ansicht vertreten, das angegriffene Schuhmodell sei eine nahezu identische Leistungsübernahme ihres Modells C. Die geringfügigen Unterschiede in der Gestaltung würden sich auf den Gesamteindruck nicht auswirken. Sie stützen sich dabei sowohl auf die Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 9 lit. a UWG) als auch auf eine Rufausbeutung und -schädigung (§ 4 Nr. 9 lit. b UWG). Hilfsweise haben sich die Klägerinnen darauf berufen, ihre Schuhe seien als Werke der angewandten Kunst auch urheberrechtlich geschützt. Hierzu haben sie behauptet, sie hätten die Nutzungs- und Verwertungsrechte von dem Designer der Schuhe erworben. Auf die Gemeinschaftsmarke und das Gemeinschaftsgeschmacksmuster haben sich die Klägerinnen nicht mehr berufen.
27Die Klägerinnen haben mit der Klage von der Beklagten Unterlassung des Angebots und des Vertriebs der streitgegenständlichen Schuhe verlangt. Ferner haben sie Auskunftsansprüche geltend gemacht und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 2.305,40 EUR nebst Zinsen begehrt.
28Die Klägerinnen haben beantragt:
29I.
30Die Beklagte wird verurteilt,
31- 32
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Schuhe in jeglicher farblichen Gestaltung mit einer Form wie nachstehend wiedergegeben
selbst oder durch Dritte anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder sonst in den Verkehr zu bringen;
36- 37
2. den Klägerinnen Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Schuhe gern. Ziff. 1 zu erteilen, insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschriften sämtlicher Hersteller, Lieferanten und sonstiger Vorbesitzer sowie der Menge der bestellten und/oder erhaltenen Produkte gern. Ziff. 1, der Namen und Anschriften sämtlicher gewerblicher Abnehmer und die Menge der ausgelieferten Schuhe sowie Einkaufs- und Verkaufspreise der einzelnen erhaltenen bzw. getätigten Lieferungen;
- 39
3. an die Klägerin zu 1) die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.657,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. 4. 2014 zu zahlen;
II.
41Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der diesen aus den in Antrag zu 1.1 beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
42Die Beklagte hat beantragt,
43die Klage abzuweisen.
44Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die wettbewerbliche Eigenart der Schuhe der Klägerinnen sei zu verneinen, da die prägenden Gestaltungsmerkmale der Modelle der Klägerinnen durch eine Vielzahl von Nachahmungen Allgemeingut geworden seien und der Verkehr sie daher nicht mehr einem bestimmten Hersteller zuordne. Die Modelle der Klägerinnen würden sich schon lange nicht mehr vom Marktumfeld abheben. Zudem seien sämtliche Merkmale vorbekannt und funktionsbedingt. Schon 2008 hätte die Zeitschrift Öko-Test Plastikclogs von 22 verschiedenen Herstellern getestet – was unstreitig ist (Anlage B 6, Bl. 179 ff. d. A.) –, darunter Modelle namhafter Hersteller und Händler wie Romika, Deichmann, Betula und Quelle, so dass auch von einer entsprechenden Verbreitung der Schuhe am Markt auszugehen sei. Allein die Fa. Deichmann vertreibe seit langer Zeit eine Vielzahl entsprechender Schuhmodelle über ihren Internetshop. Dies gelte auch für eBay und Amazon. Handelshäuser wie Real, Aldi, Norma und Penny würden seit 2008 kontinuierlich entsprechende Schuhmodelle anbieten. Insgesamt habe sich in den letzten sechs Jahren auf dem deutschen Markt ein Wettbewerbsumfeld gebildet, das dazu führe, dass die charakteristischen Merkmale der Schuhmodelle der Klägerinnen von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht mehr einem bestimmten Unternehmen zugeordnet würden. Eine Zuordnung würde der Verbraucher vielmehr allein aufgrund des Krokodillogos, mit dem die Schuhe der Klägerinnen versehen seien, vornehmen.
45Zudem sei auch keine Nachahmung gegeben, da sich die von der Beklagten vertriebenen Schuhmodelle erkennbar von den Modellen der Klägerinnen unterscheiden würden. Die Unterschiede würden, angesichts der Vielzahl an Gestaltungen, die im deutschen Markt für derartige Plastik-Clogs vorhanden seien, ausreichen, um einen hinreichenden Abstand zum Produkt der Klägerinnen zu schaffen, zumal auch das Krokodillogo nicht übernommen werde. Es fehle daher auch am Vorliegen einer Herkunftstäuschung.
46Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme über die von den Klägerinnen mit den Modellen C und M erzielten Umsätze die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Schuhe der Klägerinnen würden über wettbewerbliche Eigenart verfügen. Diese sei in der Folgezeit wegen des großen Erfolges und der großen Bekanntheit erheblich gesteigert worden, was sich aus den aufgrund der Beweisaufnahme festgestellten Umsätzen, die die Klägerinnen mit den Schuhen erzielt hätten, ergäbe. Auch wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden könne, dass in den Folgejahren ähnliche Schuhe auf den Markt gekommen seien, so habe dies nicht dazu geführt, dass die wettbewerbliche Eigenart vollständig verloren gegangen sei. Hinsichtlich der meisten Produkte des Umfelds, auf die sich die Beklagte berufen hätte, sei nicht dargelegt worden, in welchem Umfang sie auf dem Markt vertreten gewesen seien. Allein der Umstand, dass einige dieser Modelle über Schuhhandelsketten wie „Deichmann“ vertrieben worden seien, sage nichts über den Verkaufserfolg eines individuellen Produkts aus. Schließlich würden die Produkte der Beklagten auch eine fast identische Nachahmung des Modells C der Klägerinnen darstellen. Soweit sie sich von diesen durch die Fütterung unterscheiden würden, sei dieses Merkmal von dem Modell M übernommen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28. 4. 2015, seinerseits berichtigt durch Beschluss vom 7. 7. 2015, verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
47Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der vollständigen Klageabweisung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Um ihre Behauptung, die Produkte der Klägerinnen hätten aufgrund des Vertriebs gleichartiger Produkte die wettbewerbliche Eigenart verloren, zu belegen, bezieht sie sich neben dem bereits erstinstanzlich vorgelegten Testbericht der Zeitschrift „Öko-Test“ insbesondere auf das Modell „Sahara“ der Fa. Deichmann, Produkte der Firmen „WOZ“ und „Holeys“, einen Schuh „Betula Gelato“ sowie Modelle der „Jawoll Sonderposten GmbH“ und ein über die „real SB Warenhaus GmbH“ vertriebenes Modell. Erstmals in der Berufungsinstanz bezieht sie sich auf weitere Schuhmodelle, die über die Firmen „Schuhpark Fascies“ und „Rossmann“ vertrieben würden. Auch zu dem Modell M der Klägerinnen würden ähnliche Produkte vertrieben, so über die „real SB Warenhaus GmbH“ und die „Rossmann GmbH“. Schließlich fehle es an einer Herkunftstäuschung, da die Schuhe von ihr unter Eigenmarken vertrieben worden seien.
48Die Beklagte beantragt,
49unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
50Die Klägerinnen beantragen,
51die Berufung zurückzuweisen.
52Die Klägerinnen verteidigen das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Insbesondere weisen sie darauf hin, dass einige der von der Zeitschrift „Öko-Test“ getesteten Schuhmodelle bereits kurze Zeit nach der Veröffentlichung nicht mehr im Handel erhältlich gewesen seien. Soweit sie Abbildungen dieser Modelle hätten recherchieren können – aufgrund der schlechten Abbildungsqualität in dem von der Beklagten eingereichten Testbericht lasse sich auf dessen Grundlage kein Urteil fällen –, würden sie einen deutlich abweichenden Gesamteindruck aufweisen. Gegen die Hersteller der Modelle „WOZ“ und „Holey Soles“ sei sie gerichtlich vorgegangen; von den WOZ-Modellen würden nur noch Restposten über ein einzelkaufmännisches Unternehmen vertrieben, der Hersteller von „Holey Soles“ sei mittlerweile insolvent. Das Modell „Deichmann Sahara“ sei trotz des gleichen Namens nicht mit dem seinerzeit von der Zeitschrift „Öko-Test“ geprüften Produkt identisch. Gegen dieses neue Modell seien die Klägerinnen vorgegangen; der Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung stehe kurz bevor. Gegen „Jawoll“ (mittlerweile J. A. Woll Handels GmbH) – wobei es sich offensichtlich nur um Restposten handele, wie bereits die Unternehmensbezeichnung zeige – und die „real SB Warenhaus GmbH“ sei sie unmittelbar nach Kenntnisnahme der Schuhmodelle, auf die sich die Beklagte berufen würde, vorgegangen. Die in der Berufungsinstanz erstmals vorgetragenen Modelle von „Schuhpark Fascies“ und „Rossmann“ würden einen abweichenden Gesamteindruck aufweisen und nach Kenntnis der Klägerinnen nicht mehr vertrieben.
53II.
54Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
551. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a, 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG zu.
56Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat, kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 21 – LIKEaBIKE; WRP 2012, 1379 = GRUR 2012, 1155 Tz. 16 – Sandmalkasten; WRP 2013, 1188 = GRUR 2013, 951 Tz. 14 – Regalsystem; WRP 2013, 1339 = GRUR 2013, 1052 Tz. 15 – Einkaufswagen III; Senat, GRUR-RR 2014, 25, 26 f. – Kinderhochstuhl „Sit up“, jeweils m. w. N.).
572. Beide Klägerinnen sind aktivlegitimiert. Die Ansprüche aus § 4 Nr. 9 UWG stehen zwar nicht jedem Mitbewerber, sondern grundsätzlich nur dem Hersteller des nachgeahmten Produkts zu (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 8 Rn. 3.6). Hiervon ist aber auch die Klägerin zu 2), bei der es sich um eine Vertriebsgesellschaft der Klägerin zu 1) handelt, umfasst. Ihre Interessen werden durch den Vertrieb von Nachahmungen in vergleichbarer Weise beeinträchtigt wie die der Klägerin zu 1) als der Herstellerin der Produkte. Entsprechend wäre die Klägerin zu 2) nach der Rechtslage im Designrecht als Lizenznehmerin der Klägerin zu 1) (mit deren Zustimmung, die aber ersichtlich vorliegt) selbständig klagebefugt (Art. 32 Abs. 3 Gemeinschaftsgeschmacksmuster-VO). Zwar könnten nach designrechtlichen Grundsätzen die Klägerinnen jeweils nur ihren eigenen Schaden geltend machen können (vgl. Art. 32 Abs. 4 Gemeinschaftsgeschmacksmuster-VO). Ob dies auch für Ansprüche aus §§ 4 Nr. 9, 9 UWG gilt, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Feststellungsantrag betrifft nur die Ersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach. Mit dieser Feststellung ist damit noch keine Entscheidung darüber verbunden, welche Schadenspositionen die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) jeweils ersetzt verlangen können.
583. a) Die Modelle C und M der Klägerinnen weisen wettbewerbliche Eigenart auf. Für die Annahme wettbewerblicher Eigenart genügt es, dass der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten Wert auf deren betriebliche Herkunft legt und aus deren Gestaltung Anhaltspunkte dafür gewinnen kann. Dafür wiederum ist maßgeblich, ob sich das unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilelemente entwickelte Leistungsergebnis von anderen vergleichbaren Erzeugnissen in einem Maß abhebt, dass hierdurch im angesprochenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb (BGH, WRP 2012, 1379 = GRUR 2012, 1155 Tz. 19 – Sandmalkasten; WRP 2013, 1339 = GRUR 2013, 1052 Tz. 18 – Einkaufswagen III; Senat, GRUR-RR 2013, 24, 25 – Gute Laune Drops, jeweils m. w. N.). Der Gesamteindruck eines Erzeugnisses kann dabei durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart verstärken oder begründen, da diese von dem Gesamteindruck abhängt, den die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des jeweiligen Erzeugnisses vermitteln (BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 34 – LIKEaBIKE; WRP 2013, 1188 = GRUR 2013, 951 Tz. 19 – Regalsystem; WRP 2013, 1339 = GRUR 2013, 1052 Tz. 20 – Einkaufswagen III). Dabei kann auch die als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungselemente eine wettbewerbliche Eigenart begründen (BGH, WRP 2006, 75 = GRUR 2006, 79 Tz. 26 – Jeans I; WRP 2008, 1510 = GRUR 2008, 1115 Tz. 22 – ICON). Abzustellen ist dabei nicht auf einzelne Gestaltungsmerkmale, sondern auf den durch seine prägenden Merkmale hervorgerufenen Gesamteindruck des jeweiligen Produkts (BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 32 – LIKEaBIKE; Senat, WRP 2013, 1500 = GRUR-RR 2014, 65, 66 – Pandas).
59Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen, können allerdings aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher technisch notwendiger Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich (außerhalb eines Sonderrechtsschutzes) nicht zu beanstanden. Dagegen können Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei wählbar oder austauschbar sind, ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind, wettbewerbliche Eigenart (mit-) begründen (BGH, WRP 2008, 1234 = GRUR 2008, 790 Tz. 36 – Baugruppe; WRP 2009, 1372 = GRUR 2009, 1073 Tz. 13 – Ausbeinmesser; WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 27 – LIKEaBIKE; WRP 2010, 1465 = GRUR 2010, 1125 Tz. 22 – Femur-Teil; WRP 2012, 1379 = GRUR 2012, 1155 Tz. 29 – Sandmalkasten). Auch unter dem Gesichtspunkt, den freien Stand der Technik für den Wettbewerb offenzuhalten, besteht kein Anlass, beliebig kombinier- und austauschbaren Merkmalen eine herkunftshinweisende Eignung im Sinne des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes von vornherein abzusprechen (BGH, WRP 2013, 1188 = GRUR 2013, 951 Tz. 19 f. – Regalsystem).
60Auf dieser Grundlage hat das Landgericht den Modellen der Klägerinnen rechtsfehlerfrei wettbewerbliche Eigenart zuerkannt. Auch die Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass zum Zeitpunkt ihrer Markteinführung Wettbewerber Produkte mit einer auch nur ähnlichen Gesamtwirkung angeboten haben (vgl. auch OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2009, 142 – Crocs, zur bereits damals hohen Bekanntheit der Produkte der Klägerinnen). Die Löcher im Oberteil mögen technisch bedingt sein, um eine gewisse Luftzirkulation zu erlauben, ihre konkrete Ausgestaltung und Anordnung ist jedoch nicht zwingend vorgegeben. In ihrer konkreten Ausprägung sind sie daher ebenfalls geeignet, den Gesamteindruck des Produkts der Klägerinnen mitzubestimmen. Gleiches gilt für die Ausgestaltung des Oberteils („Clogform“) und des Fersenriemens.
61b) Die Bekanntheit der Modelle der Klägerinnen, die das Landgericht auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme über die mit ihm erzielten Umsätze angenommen hat, wird von der Beklagten in der Berufung im Ergebnis nicht in Abrede gestellt. Soweit sie meint, dies beruhe auf der Vermarktung unter den Zeichen der Klägerinnen, so ist es unerheblich, worauf der Erfolg der Modelle ursächlich zurückzuführen ist. Entscheidend ist allein, dass sie den Verbrauchern – auch aufgrund der (senatsbekannten) „Omnipräsenz“ der Produkte der Klägerinnen – bekannt sind und diese sie zutreffend den Klägerinnen zuordnen. Vor diesem Hintergrund ist hier für das Modell C im Ausgangspunkt eine auf sehr hoch oder weit überdurchschnittlich gesteigerte wettbewerbliche Eigenart anzunehmen, für das in geringerem Umfang vertriebene Modell M ist immer noch eine hohe oder überdurchschnittliche wettbewerbliche Eigenart anzunehmen.
62c) aa) Die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts kann verloren gehen, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder seine Merkmale auf Grund der Entwicklung der Verhältnisse auf dem Markt, beispielsweise durch eine Vielzahl von Nachahmungen, nicht mehr geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, WRP 2007, 1455 = GRUR 2007, 984 Tz. 24 – Gartenliege). Der Anspruch aus § 4 Nr. 9 UWG entfällt aber nicht bereits dadurch, dass andere Nachahmer mehr oder weniger gleichzeitig auf den Markt kommen. Andernfalls könnte sich jeder Nachahmer auf die allgemeine Verbreitung der Gestaltungsform durch die anderen Nachahmer berufen und dem betroffenen Hersteller des Originals würde die Möglichkeit der rechtlichen Gegenwehr genommen (BGH, GRUR 1985, 876, 878 – Tchibo/Rolex I; WRP 2005, 878 = GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; Senat, GRUR-RR 2003, 183, 185 – Designerbrille; GRUR-RR 2008, 166, 168 – Bigfoot; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.26).
63Dabei ist es Sache des Anspruchsgegners, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass die in Rede stehenden Merkmale einzeln oder auch in der fraglichen Verbindung bereits vorbekannt oder inzwischen üblich geworden sind (BGH, WRP 1998, 377 = GRUR 1998, 477, 479 – Trachtenjanker; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.78). Insbesondere muss er dabei die Marktbedeutung von Produkten darlegen, mit denen er die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts in Frage stellen will (BGH, WRP 2005, 878 = GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; Senat, GRUR-RR 2008, 166, 168 – Bigfoot; WRP 2013, 1500 = GRUR-RR 2014, 65, 67 – Pandas; GRUR-RR 2014, 25, 28 – Kinderhochstuhl „Sit-Up“). Dazu ist es allerdings nicht zwingend erforderlich, Absatzzahlen der Wettbewerber zu benennen, die dem Anspruchsgegner in der Regel nicht bekannt sein werden. Bei der Prüfung der „hinreichenden Bekanntheit“ des nachgeahmten Produkts kann diese nicht nur aus hohen Absatzzahlen, sondern auch aus entsprechenden Werbeanstrengungen abgeleitet werden (Senat, GRUR-RR 2004, 21, 23 – Küchen-Seiher m. w. N.). Diese Grundsätze lassen sich auch auf die hier zu beurteilende Frage der Marktbedeutung von Produkten des wettbewerblichen Umfelds übertragen (Senat, GRUR-RR 2014, 494, 497 – Freischwinger-Stuhl).
64Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf den Vertrieb anderer Nachahmungsprodukte berufen kann, solange Ansprüche wegen des Vertriebs dieser Produkte nicht durch Verwirkung untergegangen sind (BGH, WRP 2007, 1455 = GRUR 2007, 984 Tz. 27 – Gartenliege; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2009, 142, 144 – Crocs; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.26). Die Klägerinnen haben dargelegt, dass sie gegen von ihnen als Nachahmungen ihrer Modelle angesehene Produkte vorgehen, so zum Beispiel gegen die Produkte „Deichmann Sahara“, „Dockers by Gerli“, „WOZ“ oder „Holey Soles“, wie auch durch die zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf, die von den Klägerinnen erwirkt worden ist, belegt wird. Die Klägerinnen haben ferner ein Konvolut von einstweiligen Verfügungen und Unterlassungserklärungen (Anlage K 21, Bl. 290 ff. d. A.) vorgelegt, dem die Beklagte inhaltlich nicht entgegengetreten ist, und das belegt, dass die Klägerinnen wegen des Vertriebs von Nachahmungsprodukten vorgehen. Betroffen sind u. a. die Unternehmen „Schuhimport und Export Gerli GmbH“ (Bl. 296 d. A.), „real SB Warenhaus GmbH“ (Bl. 299 d. A.) und „Rossmann GmbH“ (Bl. 308 d. A.), deren Produkte auch im vorliegenden Rechtsstreit als Umfeldprodukte herangezogen worden sind.
65Soweit die Klägerinnen auf diese Weise bewirken, dass Nachahmungsprodukte vom Markt genommen werden, verhindern sie bereits die Schwächung der wettbewerblichen Eigenart ihrer Produkte. Selbst wenn ihnen dies nicht in jedem Fall gelungen sein sollte, ist bei dieser Sachlage die Beklagte daran gehindert, sich auf eine dennoch eingetretene Schwächung der wettbewerblichen Eigenart zu berufen (OLG Düsseldorf, a. a. O.). Es genügt daher grundsätzlich nicht, wenn sich die Beklagte gegenüber von den Klägerinnen vorgetragenen Rechtsverfolgungsmaßnahmen gegen Produkte des Umfelds „mit Nichtwissen“ erklärt. Für den Vertrieb solcher Produkte, die die wettbewerbliche Eigenart schwächen sollen, ist die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Wenn sich die Klägerinnen darauf berufen, sie hätten den Vertrieb solcher Produkte unterbunden, kann sie allenfalls eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Einzelheiten ihres Vorgehens treffen, der sie jeweils nachgekommen sind. Es ist dann wieder Sache der Beklagten, entweder den Vortrag der Klägerinnen zu widerlegen oder vorzutragen, warum trotz solcher Maßnahmen ein Vertrieb der betreffenden Produkte in relevantem Umfang stattfindet.
66bb) Bei dem als Anlage B 6 (Bl. 179 ff. d. A.) vorgelegten Artikel aus der Zeitschrift „Öko-Test“ stellt sich zunächst das Problem, dass – wie die Klägerinnen bereits erstinstanzlich und auch in der Berufungserwiderung gerügt haben – die getesteten Produkte dort nur als Miniaturen abgebildet sind, bei denen sich Einzelheiten kaum erkennen lassen. Ob beispielsweise die dort abgebildeten „Deichmann Sahara Clogs“ mit dem Modell „Deichmann Sahara“ der Anlage B V (Anlagenheft) identisch sind, lässt sich aufgrund der vorgelegten Abbildungen nicht beurteilen. Ein Vergleich mit den Produkten der Klägerinnen ist daher nur sehr eingeschränkt möglich. Grundsätzlich kann zwar der Beklagten zugestanden werden, dass der Umstand, dass die Produkte von einem Verbrauchermagazin getestet worden sind, ein gewisses Indiz für ihre Marktbedeutung im Testzeitraum darstellt. Die Klägerinnen haben allerdings darauf hingewiesen, dass einige der dort getesteten Modelle („Dockers Gerli“, „Deichmann Sahara“) bereits nach kurzer Zeit nicht mehr erhältlich gewesen seien, ohne dass dem die – für die Schwächung der wettbewerblichen Eigenart darlegungs- und beweisbelastete – Beklagte substantiiert entgegengetreten wäre. Für die Beurteilung der Marktsituation im Rahmen des vorliegenden Verfahrens, das im Jahr 2014 eingeleitet worden ist, kann der Testbericht aus dem Jahr 2008 daher vernachlässigt werden.
67cc) Der Umstand, dass Produkte des Umfelds über bundesweit tätige Einzelhandelsunternehmen (wie „Deichmann“) vertrieben werden, kann ebenfalls als ein Indiz für deren Marktbedeutung gewertet werden. Allerdings hat das Landgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Unternehmen über ein sehr umfangreiches Produktsortiment verfügen, so dass die indizielle Wirkung der Aufnahme eines bestimmtes Produkts in dieses Sortiment nur schwach ausgeprägt ist, soweit nicht zusätzliche Anhaltspunkte (wie auf die konkreten Produkte bezogene Werbemaßnahmen) vorgetragen werden (vgl. Senat, GRUR-RR 2014, 494, 497 Tz. 37 – Freischwinger-Stuhl). Von zu vernachlässigender Bedeutung sind Angebote auf Handelsplattformen wie „Amazon Marketplace“ oder „eBay“, da dort erfahrungsgemäß auch Einzelposten in geringen Stückzahlen angeboten werden.
68dd) Vor diesem Hintergrund ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die wettbewerbliche Eigenart der Modelle der Klägerinnen aufgrund von ähnlichen Umfeldprodukten jedenfalls nicht vollständig verloren gegangen ist; der Senat schließt sich insoweit der Begründung des landgerichtlichen Urteils an. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz zeigt keine konkrete Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und gibt lediglich zu folgenden Ergänzungen Anlass:
69Ob es sich bei dem Modell „Deichmann Sahara“ um das gleiche Modell handelt wie dasjenige, das dem Testbericht der Zeitschrift „Öko-Test“ im Jahr 2008 zugrundegelegen hat, ist zwischen den Parteien streitig und lässt sich anhand des vorgelegten Abbildungsmaterials, wie erwähnt, nicht feststellen. Ferner hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass sie dieses Modell gegenüber der Unternehmensgruppe Deichmann im Zusammenhang mit einer anderen wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung beanstandet hat, und dass eine entsprechende Vergleichsvereinbarung, durch die das Modell vom Markt genommen werden solle, kurz vor dem Abschluss stehe. Vor diesem Hintergrund wäre weiterer Vortrag der Beklagten zum tatsächlichen Vertrieb dieses Produkts erforderlich gewesen.
70Gleiches gilt für die Modelle „WOZ“. Erstinstanzlich haben die Klägerinnen vorgetragen, dass sie mit der italienischen Herstellerin dieser Schuhe eine Vereinbarung geschlossen hätten, nachdem dieser die Herstellung und der Vertrieb dieser Modelle untersagt ist, sie sich zum Schadensersatz verpflichtet hat und im Gegenzug lediglich noch Restposten abveräußern konnte. Der Umstand, dass diese Schuhe über einen eigenen Internetshop sowie einen Internetshop auf der Handelsplattform „Amazon“ vertrieben werden (die beide nach dem durch Screenshots belegten Vortrag der Klägerinnen von der gleichen Einzelkauffrau betrieben werden), ist grundsätzlich nicht geeignet, die wettbewerbliche Eigenart der Produkte der Klägerinnen infrage zu stellen. Die Ausführungen der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten können den substantiierten Vortrag der Klägerin, wonach über diese Shops lediglich Einzelexemplare einer Lieferung aus dem Jahr 2012 vertrieben würden, nicht entkräften. Die von den Klägerinnen vorgelegten Screenshots des Internetauftritts „woz-shop“ (Anlage K 25) belegen, dass dort nur noch Exemplare in einzelnen Größen angeboten werden. Aus den von der Beklagten selber vorgelegten Unterlagen (Anlage B 15) folgt, dass die Produkte dort überwiegend mit erheblichen Preisnachlässen (meist 60 %) angeboten werden, was ebenfalls für den Abverkauf von Restposten spricht.
71Zu den Produkten des Unternehmens „Holey Soles“ haben die Klägerinnen vorgetragen, dass sie gegen dieses Unternehmen eine Reihe von Verfahren geführt haben, die lediglich infolge der inzwischen eingetretenen Insolvenz dieses Unternehmens nicht fortgeführt würden. Tatsächlich hat auch die Beklagte in der Berufungsinstanz lediglich auf die Angebote einzelner Internetshops verwiesen (Anlage B IX), die nicht geeignet sind, eine relevante Marktpräsenz zu belegen.
72Bei den erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragenen Modellen der „Jawoll Sonderposten GmbH“ und der „real SB Warenhaus GmbH“ spricht im Fall der „Jawoll Sonderposten GmbH“ bereits die Firmierung des Unternehmens gegen einen Vertrieb in relevantem Umfang. Im Übrigen haben die Klägerinnen in der Berufungserwiderung dargelegt, dass sie gegen beide Unternehmen wegen des Vertriebs der Schuhe vorgegangen sind, ohne dass dem die Beklagte in geeigneter Weise entgegengetreten wäre.
73Das Modell „Betula Gelato“, das nach dem bestrittenen Vortrag der Beklagten über den Internetshop der Birkenstock GmbH & Co. KG vertrieben wird, weist bereits einen deutlich abweichenden Gesamteindruck von den Modellen der Klägerin auf. Dies betrifft insbesondere die Anordnung und Ausgestaltung der Löcher auf der Oberseite des Schuhs. Prägend sind hier insbesondere die Querstreifen, durch die die – anders als bei den Modellen der Klägerinnen – in parallelen Reihen angeordneten Löcher in voneinander abgegrenzte Gruppen aufgeteilt werden.
74Bei dem erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragenen Modell „Schuhpark Fascies“ fehlen, soweit sich dies auf den von der Beklagten vorgelegten Abbildungen erkennen lässt, die direkt oberhalb der Sohle angebrachten seitlichen Aussparungen, die den Gesamteindruck der Modelle der Klägerinnen mitprägen. Das Modell „Rossmann“ weist eine von dem Modell M der Klägerinnen deutlich abweichende Ausgestaltung des Futters auf, das lediglich um die Kante des Oberteils des Schuhs herumgeführt ist und nicht den gesamten Schuh ausfüllt. Ferner ist die Beklagte nicht dem Vortrag der Klägerinnen entgegengetreten, dass diese Modelle mittlerweile nicht mehr erhältlich seien. Gleiches gilt für die Modelle „Rossmann“ und „real SB Warenhaus“, die die Beklagte als Entgegenhaltung zu dem Modell M der Klägerinnen in der Berufungsinstanz neu eingeführt hat (Anlagen B XVII und B XVIII). Das über „Rossmann“ vertriebene Produkt, so der unwidersprochene Vortrag der Klägerinnen, sei nicht mehr erhältlich; das Produkt der „real SB Warenhaus GmbH“ sei Gegenstand einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung mit diesen Unternehmen.
75ee) Insgesamt kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die wettbewerbliche Eigenart des Modells C der Klägerinnen durch den Vertrieb ähnlicher Produkte auf „hoch“/„überdurchschnittlich“ abgesenkt worden ist. Eine Schwächung der wettbewerblichen Eigenart des Modells M ist dagegen nicht anzunehmen, da Modelle mit einem vergleichbaren Gesamteindruck (Plastik-Clogs mit Fütterung) im Umfeld allenfalls vereinzelt auftauchen.
764. Bei den von der Beklagten vertriebenen Produkten handelt es sich um Nachahmungen der Modelle der Klägerinnen.
77a) Das Landgericht ist von einer nahezu identischen Nachahmung des Modells C der Klägerinnen ausgegangen. Der einzige „etwas augenfälligere“ Unterschied, das Innenfutter des Modells der Beklagten, sei seinerseits von dem Modell M der Klägerin übernommen.
78Bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit von Produkten ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den Original und Nachahmung bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln (BGH, GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; GRUR 2007, 795 Tz. 32 – Handtaschen; GRUR 2009, 1069 Tz. 20 – Knoblauchwürste). Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt. Dabei treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor, so dass es mehr auf die Übereinstimmungen als die Unterschiede ankommt (BGH, GRUR 2007, 795 Tz. 34 – Handtaschen; WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz 41 – LIKEaBIKE; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.43).
79Eine nahezu identische Übernahme ist gegeben, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist (BGH, WRP 2000, 493 = GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst I; WRP 2010, 1465 = GRUR 2010, 1125 Tz. 25 – Femur-Teil). Dabei kommt es darauf an, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGH, WRP 2010, 1465 =GRUR 2010, 1125 Tz. 25 – Femur-Teil). Eine nachschaffende Übernahme liegt dagegen bereits vor, wenn die Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweist und sich nicht deutlich davon absetzt. Geringfügige Abweichungen vom Original sind unerheblich, solange das Original als Vorbild erkennbar bleibt (BGH, GRUR 1992, 523, 524 – Betonsteinelemente; Senat, GRUR-RR 2014, 117, 119 – Knoppers; GRUR-RR 2014, 494, 497 – Freischwinger-Stuhl; KG, GRUR-RR 2003, 84, 85 – Tatty Teddy; OLG Hamburg, MarkenR 2011, 275, 280 = juris Tz. 55; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.37).
80b) Das Modell der Beklagten stellt tatsächlich im Grundsatz eine fast identische Nachahmung des Modells C der Klägerinnen dar. Sämtliche prägenden Gestaltungselemente sind nahezu unverändert übernommen worden, dies gilt insbesondere für die Form, die Ausgestaltung der Löcher auf der Oberseite und die umlaufenden halbkreisförmigen Öffnungen unmittelbar über der Sohle, die die Assoziation an eine Krokodilschnauze erwecken. Geringfügige Abweichungen hinsichtlich Zahl und Anordnung der Löcher wirken sich auf den Gesamteindruck nicht aus.
81Allerdings führt der Umstand, dass das Modell der Beklagten im Gegensatz zu dem Modell C der Klägerinnen über eine Fütterung verfügt, zunächst einmal zu einem abweichenden Gesamteindruck. Dieser ist jedoch, wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, nicht geeignet, die Gefahr einer Herkunftstäuschung zu beseitigen. Jedenfalls einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise, denen das Modell C der Klägerin bekannt ist, wird auch bekannt sein, dass die Klägerinnen auch ein Modell mit Fütterung – das Modell M – vertreiben. Insoweit hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass auch dieses Modell aufgrund seiner großen Bekanntheit über gesteigerte wettbewerbliche Eigenart verfügt. Wenn diese Verbraucher nunmehr mit einem Produkt konfrontiert werden, dass eine nahezu identische Nachahmung des Modells C darstellt, ergänzt um eine Fütterung, werden sie davon ausgehen, es handele sich um die – tatsächlich in leicht abweichender Form vertriebene – Produktvariante „mit Fütterung“ des ihnen bekannten Modells C.
82c) Bestätigt wird dieses Ergebnis dadurch, dass sich das Modell der Beklagten ebenfalls stark an das Modell M der Klägerinnen angenähert hat. Der wesentliche Unterschied der Modelle C und M der Klägerinnen besteht – von der Fütterung abgesehen – darin, dass die über der Sohle angebrachten Öffnungen des Modells C bei dem Modell M nicht vorhanden sind. An deren Stelle sind Einprägungen im oberen Bereich der Sohle vorhanden, die die Assoziation an eine Krokodilschnauze wieder aufgreifen. Das Modell der Beklagten verfügt zwar, wie das Modell C der Klägerinnen, an dieser Stelle über echte Öffnungen in dem Plastikkorpus des Schuhs. Diese werden jedoch durch die Fütterung hinterlegt, so dass sich auch insoweit wieder ein ähnlicher Eindruck – die Assoziation an eine Krokodilschnauze – einstellt. Die von der Beklagten hervorgehobene abweichende Art der Fütterung führt zu keinem optisch wesentlich abweichenden Gesamteindruck. Für sich betrachtet, stellt das Produkt der Beklagten daher jedenfalls auch eine nachschaffende Übernahme des Modells M der Klägerinnen dar. Dem Umstand, dass bei manchen – nicht allen – Modellen der Beklagten die Fütterung zum Korpus des Schuhs farblich kontrastiert (dies ist z. B. bei dem dunkelblauen Schuh kaum der Fall), kommt keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Die Schuhe der Klägerinnen werden in den unterschiedlichsten Farben und Farbkombinationen vertrieben, so dass eine Farbkombination, auch wenn sie so von den Klägerinnen nicht angeboten wird, nicht geeignet ist, einen maßgeblich anderen Gesamteindruck hervorzurufen.
83d) Schließlich kann der Umstand, dass bei dem von der Beklagten vertriebenen Modell die Herstellerbezeichnung der Klägerinnen nicht nachgeahmt worden ist, dem Anspruch der Klägerinnen nicht entgegenstehen (vgl. BGH, WRP 2000, 493 = GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 9.46). Selbst wenn diese ihre Produkte ausnahmslos mit den entsprechenden Zeichen versehen sollte, ist nicht ersichtlich, dass dies auch den angesprochenen Verkehrskreisen bewusst ist. Im Übrigen verbleibt, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung, die gerade beim Vertrieb über Discounter, wie sie von der Beklagten betrieben werden, nicht von der Hand zu weisen ist.
84e) Die Herkunftstäuschung ist auch vermeidbar. Die von den Parteien vorgelegten Produkte des Umfelds belegen, dass die konkrete Ausgestaltung der Grundelemente eines Plastik-Clogs zahlreiche Variationsmöglichkeiten bietet, durch die sich die Beklagte von den Modellen der Klägerinnen absetzen kann. Der Umstand, dass sie ihre Produkte unter Bezeichnungen wie „ESMARA“, „PEPPERTS“ und „LIVERGY“ vertrieben hat, steht einer Herkunftstäuschung nicht entgegen. Für die angesprochenen Verkehrskreise liegt die Annahme nahe, dass es sich um die Namen von Sondermodellen der Klägerin handelt; jedenfalls die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung vermögen diese Bezeichnungen ohnehin nicht auszuschließen.
855. Im Rahmen der Gesamtabwägung ist zu berücksichtigen, dass das Produkt der Beklagten im Ergebnis die Kombination der prägenden Elemente zweier Modelle der Klägerin darstellt, wobei sie sich von keinem der Modelle, die beide mindestens über eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart verfügen, ausreichend abgesetzt hat. Vor diesem Hintergrund ist eine unlautere Produktnachahmung gegeben.
866. Die Annexansprüche folgen dem Unterlassungsanspruch; Einwendungen werden insoweit in der Berufung nicht erhoben.
877. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
88Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.
(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.
(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.
(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.
Unlauter handelt, wer
- 1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft; - 2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden; - 3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er - a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, - b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder - c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
- 4.
Mitbewerber gezielt behindert.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.