Landgericht Köln Urteil, 08. Jan. 2015 - 24 O 149/14
Gericht
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages.
1
T a t b e s t a n d:
2Zwischen den Parteien bestand seit 1997 ein Hausratversicherungsvertrag. Auf den Versicherungsschein vom 20.02.1997 nebst Nachträgen wird ebenso Bezug genommen wie auf die Gerling-Konzern Allgemeine Hausrat-Versicherungsbedingungen (GKA VHB 95.1); vgl. Anlagen K 1 bis K 5, Bl. 9 ff. GA).
3Der Kläger teilte der Beklagten am 16.01.2012 mit, dass er umgezogen sei und nun unter der Adresse Margaretenhöhe 1 in Bergisch Gladbach wohne. Mit Schreiben vom 19.01.2012 (Anlage K 7, Bl. 35 GA) bestätigte die Beklagte, dass Versicherungsort nunmehr die neue Anschrift des Klägers ist. Zugleich forderte die Beklagte den Kläger auf, bis zum 15.02.2012 die neue Wohnfläche schriftlich mitzuteilen, um seinen Anspruch auf volle Entschädigung zu bewahren; hieran erinnerte die Beklagte mit Schreiben vom 04.05.2012. Dem kam der Kläger zunächst nicht nach.
4Mit Schreiben vom 25.04.2012 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis zum 01.02.2013 (Anlage K 8, Bl. 40 GA). Das Kündigungsschreiben wurde dem Kläger als Einwurf-Einschreiben übersandt (vgl. Einlieferungsbeleg der Deutschen Post, Anlage BLD 1, Bl. 71 GA); ein Zugangsbeleg konnte nach Eintritt des Versicherungsfalles wegen Ablaufs der Speicherfrist bei der Deutschen Post nicht mehr erlangt werden.
5Unter dem 02.05.2012 kam es auf einen entsprechenden Rückrufwunsch des Klägers (vgl. Mail vom 30.04.2012, Anlage BLD 2, Bl. 73 GA) zwischen dem Kläger und der Sachbearbeiterin der Beklagten, der Zeugin T, zu einem Telefonat; der Inhalt des Telefonats ist zwischen den Parteien streitig.
6Mit Schreiben vom 04.05.2012 teilte der Kläger die neue (erheblich größere) Wohnfläche der Beklagten mit (Anlage K 9, Bl. 41 GA); der Beklagten ging das Schreiben spätestens am 16.05.2012 zu.
7Mit Schreiben vom 28.08.2012 (Anlage K 10, Bl. 43 GA) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die O2 Versicherungs AG und die O1 Firmen und Privat Versicherung AG eine Veränderung der gesellschaftsrechtlichen Unternehmensstrukturen planen und nach der Verschmelzung als O Versicherung AG firmieren würden. Dies werde voraussichtlich Ende September 2012 der Fall sein. Weiter heißt es dann: „Ihr Versicherungsvertrag wird dann von der O Versicherung AG unverändert fortgeführt…“.
8Am 04.11.2013 kam es in der Wohnung des Klägers zu einem Brand, für den der seitens der Beklagten eingeschaltete Sachverständige C einen Neuwertschaden (einschließlich versicherter Kosten) von 77.829,- € ermittelte sowie einen Versicherungswert von 158.500,- € bei einer Versicherungssumme von 23.000,00 € (Auszug aus dem Gutachten Anlage K 11, Bl. 44 ff. GA).
9Mit Schreiben vom 08.11.2013 (Anlage 4 zum Protokoll vom 01.12.2014, Bl. 166 GA) bestritt der Kläger, eine Kündigung erhalten zu haben.
10Unter dem 11.11.2013 führte der beklagtenseits beauftragte Schadensregulierer, der Zeuge G, einen Ortstermin mit dem Kläger durch. Im Rahmen dieses Ortstermins behauptete der Kläger auf den Hinweis des Schadensregulierers auf die Vertragsbeendigung zum 01.02.2013, er habe kein Kündigungsschreiben erhalten.
11Mit Schreiben vom 22.11.2013 lehnte die Beklagte eine Regulierung mit der Begründung ab, dass der Vertrag seit dem 01.02.2013 nicht mehr bestehe (Anlage K 12, Bl. 48 GA). Bei ihrer ablehnenden Regulierungsentscheidung blieb sie auch in Ihrem Schreiben vom 24.04.2014 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers (vgl. Anlage BLD 5, Bl. 76 GA).
12Der Kläger vertritt die Auffassung, der ursprüngliche Versicherungsvertrag habe trotz der Kündigung unverändert fortbestanden, da er seinen Willen zur Fortführung des Vertrages durch die nach Ausspruch der Kündigung erfolgte Mitteilung der geänderten Wohnfläche dokumentiert und die Beklagte ihm sodann mitgeteilt habe, dass der Vertrag unverändert fortgeführt werde, ohne darauf hinzuweisen, dass die Kündigung Bestand haben solle. Auch nach dem Telefongespräch mit der Zeugin T sei der Kläger davon ausgegangen, dass mit der Mitteilung der neuen Wohnfläche weiterhin Versicherungsschutz mit erhöhter Prämienbelastung bestehe. Dass ihm in der Folgezeit keine Prämienrechnung bzw. kein Nachtrag zugesandt worden sei, sei ihm nicht aufgefallen, da Versicherungsunterlagen und Rechnungen grundsätzlich von seiner Ehefrau bearbeitet würden.
13Jedenfalls aber liege ein Beratungsverschulden der Beklagten vor. Sie habe aufgrund der Mitteilung der geänderten Wohnfläche erkennen müssen, dass der Kläger den Vertrag fortsetzen wolle. Beratungsbedarf sei jedenfalls durch das Schreiben vom 28.08.2012 entstanden, da ein Hinweis auf den Fortbestand der Kündigung fehle, was bei dem Kläger die Vorstellung hervorgerufen habe, sein Vertrag werde trotz der früher ausgesprochenen Kündigung fortgesetzt. Wäre der Kläger darauf hingewiesen worden, hätte er sich anderweitigen Hausratversicherungsschutz besorgt.
14Es sei keine Leistungsfreiheit wegen arglistiger Aufklärungsobliegenheitsverletzung eingetreten. In der Aufregung nach dem Brandereignis habe der Kläger seine Versicherungsunterlagen nicht umfänglich überprüft, so dass ihm der Zugang der Kündigung nicht präsent gewesen sei. Zudem könne dann nicht von einer arglistigen Täuschung ausgegangen werden, wenn der Versicherer von dem Umstand, auf dem die Arglist gründet, bereits Kenntnis gehabt hat. Vorliegend sei der Beklagten aufgrund des Telefongesprächs mit der Zeugin T und der sich hierzu verhaltenden Gesprächsnotiz bekannt gewesen, dass der Kläger das Kündigungsschreiben erhalten hat. Ob die Beklagte einen schriftlichen Nachweis des Zugangs über die Deutsche Post habe beibringen können, spiele demgemäß keine Rolle.
15Der Kläger beantragt,
161.
17die Beklagte zu verurteilen, an ihn 77.829,- € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2013 zu zahlen;
182.
19die Beklagte zu verurteilen, ihn von den außergerichtlichen Anwaltsgebühren der Rechtsanwälte K & Collegen in Höhe von 2.085,95 € freizustellen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte ist der Ansicht, aufgrund der Kündigung im Schreiben vom 25.04.2012 sei der Hausratversicherungsvertrag mit dem Kläger zum 01.02.2013 beendet gewesen. Zum Brandzeitpunkt habe daher kein Versicherungsschutz bestanden. Dieser könne weder aus dem Rundschreiben vom 28.08.2012 noch aus dem Umstand der Beauftragung eines Sachverständigen gefolgert werden; Letztere sei lediglich aus Gründen zeitnaher Beweissicherung erfolgt. Zudem sei – was für sich genommen unstreitig ist – bereits beim Ortstermin am 11.11.2013 auf die Kündigung hingewiesen worden.
23Der Kläger könne auch keinen Anspruch aus § 6 VVG herleiten. Nach der Kündigung habe eine anlassbezogene Beratungspflicht der Beklagten nicht bestanden. Dem Kläger sei von der Zeugin T in dem Telefonat vom 02.05.2012 der Kündigungsgrund erläutert worden und ihm sei erklärt worden, dass er über die Streithelferin ein neues Angebot zum Abschluss einer Hausratversicherung erhalten werde. Dem entsprechend habe die Zeugin T nach Erhalt der Wohnfläche die Streithelferin mit der E-Mail vom 04./07.05.2012 (vgl. Anlage BLD 3, Bl. 74 GA) veranlasst, auf Basis der Wohnfläche ein entsprechendes Angebot zu erstellen. Ein entsprechender Neuantrag sei jedoch – was für sich genommen unstreitig ist – zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
24Schließlich sei die Beklagte wegen arglistiger Aufklärungsobliegenheitsverletzung durch den Kläger leistungsfrei geworden. Die – für sich genommen unstreitige – Behauptung des Klägers im Rahmen des Ortstermins vom 11.11.2013, er habe das Kündigungsschreiben nicht erhalten, sei objektiv falsch gewesen und sei zu dem Zweck erfolgt, auf die Regulierungsentscheidung der Beklagten unlauter Einfluss zu nehmen.
25Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten seien unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt erstattungsfähig.
26Der Kläger hat der Finanzdienstleistung AG mit Schriftsatz vom 18.09.2014 den Streit verkündet (vgl. Bl. 117 ff. GA). Die Finanzdienstleistung AG ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelferin beigetreten (vgl. Bl. 131 GA).
27Das Gericht hat den Kläger persönlich nach § 141 ZPO angehört und gemäß Beweisbeschluss vom 09.10.2014 (Bl. 125 GA) die Zeugein T vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift vom 01.12.2014 (Bl. 159 ff. GA) nebst Anlagen (Bl. 163 ff. GA) wird Bezug genommen.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
30Die Klage ist unbegründet.
31Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigungsleistung, da er die Beklagte im Sinne von § 22 Ziff. 1 der Gerling-Konzern Allgemeine Hausrat-Versicherungsbedingungen (GKA VHB 95.1) dahingehend arglistig getäuscht hat, dass er im Rahmen des Ortstermins am 11.11.2013 gegenüber den Beauftragten der Beklagten behauptet hat, er habe das Kündigungsschreiben vom 25.04.2012 nicht erhalten, obwohl ihm das Kündigungsschreiben unstreitig zugegangen ist.
32Nach § 22 Ziff. 1 GKA VHB 95.1 i.V.m. § 28 VVG ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer versucht, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind.
33Arglist setzt insoweit ein bewusstes Einwirken des Versicherungsnehmers auf die Entscheidungen des Versicherers durch unrichtige oder unvollständige Angaben voraus. Eine Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht ist hingegen nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr die Absicht, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden oder die Regulierung zu beschleunigen oder allgemein unlauter auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen zu wollen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17.11.2009, 9 U 53/09 – recherchiert über juris).
34Bei dem besonderen Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung bedarf es keiner gesonderten Belehrung des Versicherungsnehmers (vgl. § 28 Abs. 4 VVG), da es eine Selbstverständlichkeit darstellt, dass ein Versicherungsnehmer gegenüber seinem Versicherer keine arglistigen Falschangaben machen darf und ein arglistig täuschender Versicherungsnehmer überdies nicht schützenswert ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2014, IV ZR 306/13 – recherchiert über juris).
35Die arglistige Täuschung des Klägers ist vorliegend darin begründet, dass er gegenüber dem Schadensregulierer im Rahmen des Ortstermins am 11.11.2013 und bereits mit Schreiben vom 08.11.2013 bewusst falsch behauptet hat, er habe das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 25.04.2012 nicht erhalten, obwohl unstreitig das Gegenteil der Fall gewesen ist. Damit wollte er – wie sich dem Schreiben vom 08.11.2013 und seinen Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vom 01.12.2014 zwanglos ergibt – die Beklagte zur Regulierung des Schadensfalles bewegen, obwohl das Vertragsverhältnis durch die Kündigung zum 01.02.2013 beendet gewesen ist und jedenfalls auch aus Sicht des Klägers ungewiss war, inwieweit nach Zugang der Kündigung wieder ein Vertragsverhältnis begründet worden war, zumal der Kläger über eine Neubegründung oder Fortsetzung des gekündigten Vertrages nichts Schriftliches hatte; es kann nicht angenommen werden, dass der Kläger davon ausgegangen wäre, mit dem Schreiben vom 28.08.2012, in dem er von der Verschmelzung zweier Versicherungen informiert wurde, sei die zuvor ausgesprochene Kündigung zurückgenommen worden; das Versicherungsverhältnis sollte "unverändert fortgeführt werden“, aber eben nur bis zum Ablauf der Auslauffrist nach Kündigung. Der Kläger machte im Rahmen seiner Anhörung einen durchaus intelligenten Eindruck, wozu auch sein akademischer Grad passt, und ist nicht als so unbeholfen anzusehen, dass er einfache rechtliche Fallgestaltungen nicht auseinanderhalten könnte und insbesondere etwa die schlichte Frage des Zugangs eines Schreibens mit der Frage verwechselt hätte, ob trotz der Kündigung das Vertragsverhältnis wegen nachfolgender Verhandlungen neu aufgelebt wäre. Bei seiner Darstellung des Ablaufs des Ortstermins hat er dementsprechend auch zunächst gezielt das Bestreiten des Zugangs der Kündigung außen vor gelassen, obwohl - oder besser: weil er natürlich aus den Schriftsätzen wusste, dass gerade dieser Punkt streitentscheidend sein könnte.
36Soweit der Kläger im Rahmen des Termins am 01.12.2014 erklärt hat, er sei bei Abgabe seiner Erklärung betreffend den Zugang der Kündigung krank gewesen, habe nicht klar denken können und habe letztlich sagen wollen, er habe das Kündigungsschreiben nicht greifbar gehabt, so ist dies nicht glaubhaft, weil der Kläger bereits mit Schreiben vom 08.11.2013, also 2 Tage vor dem Ortstermin, bestritten hat, eine Kündigung erhalten zu haben. Die entsprechenden „Erklärungen“ des Klägers sind auch erst auf wiederholte Rückfrage erfolgt und nach einem zweimaligen Zuflüstern durch den Prozessbevollmächtigten. Es ist völlig ausgeschlossen, dass dem Kläger der Zugang der Kündigung im Rahmen der Regulierungsverhandlungen nicht mehr präsent gewesen sein soll, nachdem gerade wegen der Kündigung seitens des Klägers mit der Zeugin T telefoniert worden ist.
37Soweit der Kläger meint, der Vorwurf der Arglist gerate in Wegfall, wenn ein Aufklärungsinteresse des Versicherers nicht bestehe, weil er von dem Umstand, auf den sich der Arglistvorwurf gründet, bereits Kenntnis gehabt hat, so kann er mit dieser Argumentation nicht durchdringen. Insoweit ist anerkannt, dass der Versicherer, der einen regulierungsrelevanten Umstand bereits kennt, kein schützenswertes Aufklärungsinteresse für sich beanspruchen kann (vgl. BGH, Entscheidung vom 26.01.2005, IV ZR 239/03 – recherchiert über juris). Mit Blick auf ihre Beweisnot hinsichtlich des Zugangs des Kündigungsschreibens kann die Beklagte vorliegend trotz ihrer Kenntnis von dem Zugang der Kündigung ein Aufklärungsinteresse für sich in Anspruch nehmen. Auch wenn die Beklagte aufgrund der Mail vom 30.04.2012 (Anlage BLD 2, Bl. 73 GA) und der Gesprächsnotiz der Zeugin T vom 02.05.2012 Kenntnis davon gehabt hat, dass dem Kläger das Kündigungsschreiben vom 25.04.2012 zugegangen ist, so hätte das Bestreiten des Zugangs im Falle eines gerichtlichen Verfahrens zu einer Beweisaufnahme mit ungewissem Ausgang geführt, da Postbelege für den Zugang nicht mehr verfügbar gewesen sind. Das Aufklärungsinteresse fehlt nur dann, wenn der Versicherer positive Kenntnis über einen regulierungsrelevanten Umstand bereits vor einer täuschenden Äußerung des Versicherungsnehmers hat und insoweit auch keine Beweisbedürftigkeit entstehen kann, wie etwa bei der Leugnung eines Vorschadens, den der Versicherer selbst reguliert hat, nicht jedoch, wenn der Versicherer nur die Möglichkeit hat, eine Klärung herbeizuführen (vgl. die Urteile des BGH vom 17.01.2007, IV ZR 106/06, und vom 11.07.2007, IV ZR 332/05 – recherchiert über juris).
38Mangels Begründetheit der Hauptforderung ist auch die prozessuale Nebenforderung betreffend die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht begründet.
39Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 101, 709 ZPO.
40Streitwert: 77.829,00 €
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(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.
(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.
(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.
(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.
(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.
(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.
(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.
(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.
(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.