Landgericht Köln Urteil, 26. Aug. 2015 - 20 O 33/15
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Beklagte durch den Widerruf der Klägerin und ihres Ehemannes der Vertragserklärungen für die Darlehensverträge bei der B- mit den Nummern ###02 mit einer Darlehenssumme von 69.000 € und ###01 mit einer Darlehensnettosumme von 225.000 € und die Zurückweisung des Widerrufes durch die B- mit Schreiben vom 22.10.2014 verpflichtet ist, aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrages mit der Versicherungsscheinnummer ##### Deckungsschutz für die außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzung mit der B- Bauspar AG zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin macht Ansprüche aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung geltend.
3Die Kläger und ihr Ehemann hatten mit der B- Bauspar AG im Jahr 2008 zwei Darlehensverträge geschlossen. Die Darlehensbeträge betrugen 69.000 € sowie 225.000 €. Die von ihnen zeitgleich unter dem 16.08.2008 unterzeichneten Widerrufsbelehrungen enthielten in Bezug auf die Widerrufsfrist die Formulierung:
4„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Erklärung“.
5Die Parteien schlossen im Jahr 2009 eine Rechtsschutzversicherung; Versicherungsbeginn war am 01.11.2009. Dem Vertrag liegen die ARB – Stand 2008 (Bl. 31 ff. d.A.) zugrunde.
6Mit Schreiben vom 18.10.2014 und 15.11.2014 widerriefen die Klägerin und ihr Ehemann die beiden Darlehensverträge. Gleichzeitig forderten sie die Rückabwicklung der Darlehensverträge. Mit Schreiben vom 22.10.2014 wies die B- Bauspar AG den Widerruf zurück. Mit Schreiben vom 09.12.2014 schilderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten diesen Sachverhalt und baten um Kostendeckungszusage. Die Beklagte wurde darüber informiert, dass mit den Darlehensbeträgen der Erwerb einer gebrauchten Immobilie, die für eigene Wohnzwecke genutzt wird, finanziert worden seien und dass keine genehmigungspflichtigen Änderungen vorgenommen worden seien. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 18.12.2014 mit, dass sie in dieser Angelegenheit keine Kosten übernehmen werde und begründete dies damit, dass der Versicherungsfall schon im Jahre 2008 eingetreten sei, somit vor Beginn der Rechtsschutzversicherung. Ferner berief sie sich auf § 3 Abs. 1 d) ARB 2000.
7Die Klägerin ist der Auffassung, dass es für den Rechtsschutzfall allein darauf ankomme, zu welchem Zeitpunkt die B- Bauspar AG den Widerruf zurückgewiesen hatte. Die Darlehensgelder seien von der Klägerin und ihr Ehemann für den Erwerb einer gebrauchten Immobilie zu einem Kaufpreis von 289.000 € zzgl. 10.000 € für die vorhandene Küche verwandt worden. Die Einliegerwohnung sei von Anfang an als Kinderspielzimmer genutzt worden. Es seien auch keine genehmigungspflichtigen Änderungen vorgenommen worden.
8Die Klägerin beantragt,
9festzustellen, dass durch ihren Widerruf und durch den Widerruf ihres Ehemannes der Vertragserklärungen für die Darlehensverträge bei der B- mit den Nummern ###02 mit einer Darlehenssumme von 69.000 € und ###01 mit einer Darlehensnettosumme von 225.000 € und die Zurückweisung des Widerrufes durch die B- mit Schreiben vom 22.10.2014 die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrages mit der Versicherungsscheinnummer ##### Deckungsschutz für die außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzung mit der B- Bauspar AG zu gewähren.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte beruft sich auf Vorvertraglichkeit. Sie ist der Auffassung, dass der Rechtsschutzfall auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu datieren sei. Ergänzend beruft die Beklagte sich auf den Baurisikoausschluss gemäß § 3 Abs. 1 d) ARB.
13Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze mit allen Anlagen Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15Die zulässige Feststellungsklage ist begründet.
16Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Deckungsschutz aus § 1 VVG i.V.m. §§ 1, 2 d), 4 (1c) ARB.
17Nach § 4 Abs. 1 c) ARB 2000 besteht Anspruch auf Rechtsschutz nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles von dem Zeitpunkt an, zu dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Dabei führt nach der Rechtsprechung des BGH (zuletzt im Urteil vom 24.04.2013, Az.: IV ZR 23/12) bereits die Behauptung eines Rechts- oder Pflichtverstoßes, welchen der Versicherungsnehmer vorträgt, zur Entstehung des Rechtsschutzfalles. Mit der Regelung des § 4 Abs. 1 c ARB soll Zweckabschlüssen vorgebeugt werden. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet. Vorliegend kommt es auf die Weigerung der Versicherung, das Widerrufsrecht der Klägerpartei anzuerkennen, an. Macht der Versicherungsnehmer geltend, dass er mangels wirksamer Widerrufsbelehrung noch zur Ausübung des Widerrufsrechts berechtigt ist, so stellt nicht die (angebliche) fehlerhafte Widerrufsbelehrung durch den Gegner den Verstoß dar, sondern dessen spätere Leugnung der Widerrufsberechtigung, vgl. BGH, a.a.O.; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 4 ARB 2000, Rn. 114. Der B- Bauspar AG wird nicht vorgeworfen, dass sie eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwandt habe, sondern dass sie den aufgrund der fehlerhaften Belehrung erklärten Widerruf nicht akzeptiert. Die fehlerhafte Belehrung stellt lediglich eine Tatbestandsvoraussetzung dafür dar, dass der Versicherungsnehmer zu dem Zeitpunkt, zu dem er das Widerrufsrecht ausübt, hierzu noch berechtigt ist, was der Gegner ihm streitig macht, vgl. Armbrüster, a.a.O.. Hinzu kommt, dass die unwirksame Widerrufsbelehrung nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages führt, sondern hieraus ein unbefristetes Widerrufsrecht resultiert. Dieses Widerrufsrecht hat die B- Bauspar AG zurückgewiesen. Dieser der B- Bauspar AG angelastete Verstoß liegt damit in versicherter Zeit; der Rechtskonflikt war bei Abschluss der Darlehensverträge noch nicht vorprogrammiert.
18Des Weiteren handelt es sich um mehrere Verstöße, so dass zugunsten der Klägerin § 4 (2) S. 2 ARB eingreift, wonach, wenn mehrere Rechtsschutzfälle für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen ursächlich sind, die länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetretenen Rechtsschutzfälle außer Betracht bleiben. Die Unterzeichnung der Widerrufsbelehrung durch die Klägerin und ihrem Ehemann erfolgte am 16.08.2008 und damit länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes am 01.11.2009. Es handelt sich bei der fehlerhaften Widerrufsbelehrung und der Zurückweisung des Widerrufs um mehrere rechtlich selbständige Verstöße. Die Nichtanerkennung des Widerrufsrechts durch den Vertragspartner stellt eine eigenständige Pflichtverletzung dar. Allein die fehlerhafte Widerrufsbelehrung hat noch nicht die rechtliche Auseinandersetzung adäquat verursacht, sondern erst die Zurückweisung des unbefristeten Widerrufs.
19Die Beklagte kann sich auch nicht auf den Baurisikoausschluss (§ 3 Abs. 1 d ARB) berufen. Die Klägerin hat substantiiert dargelegt, dass die Darlehensbeträge für den Erwerb einer gebrauchten Immobilie verwendet worden seien, an der keine genehmigungspflichtigen Änderungen vorgenommen worden seien ist. Ferner werde die Immobilie für private Wohnzwecke genutzt. Das lediglich pauschale Bestreiten der Beklagten ist insoweit unerheblich.
20Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
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Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Streitwert: 1.676,91 € Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Feststellung, der beklagte Rechtsschutzversicherer müsse ihm für eine Auseinandersetzung mit seinem früheren Lebensversicherer um die Rückzahlung von Versicherungsprämien Deckungsschutz gewähren.
- 2
- Er unterhielt bei der Beklagten in der Zeit vom 4. August 2005 bis zum 31. Dezember 2010 eine Rechtsschutzversicherung, welcher die Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen 2004 (ARB 2004) zugrunde lagen. Darin heißt es unter anderem: "§ 4 Voraussetzung für den Anspruch auf Rechtsschutz (1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles
a) im Schadenersatz-Rechtsschutz gemäß § 2 a) …
b) im Beratungs-Rechtsschutz für Familien-, Lebenspartnerschafts - und Erbrecht gemäß § 2 k) …
c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sein. … (2) Erstreckt sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum, ist dessen Beginn maßgeblich. Sind für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich, ist der erste entscheidend, wobei jedoch jeder Rechtsschutzfall außer Betracht bleibt, der länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung eingetreten oder, soweit sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum erstreckt, beendet ist.
a) eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wur- de, den Verstoß nach Absatz 1 c) ausgelöst hat; …"
- 3
- Beginnend am 1. Dezember 1995 hatte der Kläger eine Lebensversicherung abgeschlossen, für die er nachfolgend Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 2.815,61 € leistete, ehe er das Versicherungs- verhältnis durch Kündigung zum 1. September 2006 beendete und vom Lebensversicherer einen Rückkaufswert in Höhe von 1.747,16 € ausge- zahlt bekam. Mit anwaltlichem Schreiben vom 2. August 2010 widersprach der Kläger seiner Erklärung über den Abschluss des bereits abgewickelten Lebensversicherungsvertrages und forderte vom Lebensversicherer die Rückerstattung sämtlicher Prämienzahlungen.
- 4
- Zeitgleich wandte er sich an die Beklagte mit dem Begehren nach Deckungsschutz für die - gegebenenfalls auch klageweise - Geltendmachung dieses Rückzahlungsverlangens. Bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages hätten ihm nicht alle für seine Willensbildung maßgeblichen Informationen, insbesondere die Vertragsbedingungen, zur Verfügung gestanden. Das stelle einen Verstoß gegen Art. 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 i.V.m. Anhang III. A. a. 13 der Lebensversicherungsrichtlinie sowie gegen Art. 5 S. 1 und Anhang Nr. 1 lit. i der Klausel-Richtlinie dar mit der Folge, dass ihm das Widerspruchsrecht unbefristet zustehe (vgl. dazu den Vorlagebeschluss des Senats an den Europäischen Gerichtshof vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608). Erst durch seine Ausübung des Widerspruchsrechts habe er den Rechtsschutzfall ausgelöst.
- 5
- Mit Schreiben vom 10. August 2010 verweigerte der Lebensversicherer die begehrte Prämienrückzahlung.
- 6
- Die Beklagte hält sich für leistungsfrei, weil der dem Lebensversicherer angelastete Verstoß gegen Rechtspflichten schon bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages im Jahre 1995 - und mithin vor Beginn des Versicherungsschutzes in der Rechtsschutzversicherung ("vorvertraglich" ) - geschehen sei und im Übrigen der Lebensversicherer die Widerspruchsberechtigung des Klägers im Zeitpunkt der Deckungsanfrage noch nicht bestritten gehabt habe.
- 7
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Das Rechtsmittel hat Erfolg.
- 9
- I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der geltend gemachte Rechtsschutzfall bereits vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten. Den nach § 4 (1) Satz 1 Buchst. c) ARB 2004 für den Eintritt des Versicherungsfalls maßgeblichen Pflichtenverstoß des Lebensversicherers habe der Kläger im Tatsächlichen auf eine Verletzung europarechtlicher Vorgaben bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages im Jahre 1995 gestützt. Darin liege die zentrale Begründung seines Rückzahlungsbegehrens und nicht lediglich tatbestandliches Beiwerk ("Kolorit").
- 10
- Zum Zeitpunkt der Deckungsanfrage des Klägers habe der Lebensversicherer noch nicht erklärt gehabt, dass er die Prämienrückzahlung verweigere. Insoweit scheide die Annahme eines neuen, eigenständigen Rechtsschutzfalles aus. Die inzwischen erklärte Ablehnung des Lebensversicherers stehe in engem Zusammenhang mit dem vom Kläger schon bei seiner Deckungsanfrage erhobenen Begehren und stelle deshalb ebenfalls keinen neuen Versicherungsfall dar.
- 11
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Beklagte ist nach den §§ 1, 2 Buchst. d), 4 (1) Satz 1 Buchst. c) ARB 2004 vertraglich verpflichtet, dem Kläger den begehrten Deckungsschutz zu gewähren.
- 12
- 1. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, greift der Vorvertragseinwand der Beklagten nicht durch. Wie der Senat im Urteil vom 28. September 2005 (IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684 unter I 2 und
3) und dem Hinweisbeschluss vom 17. Oktober 2007 (IV ZR 37/07, VersR 2008, 113 Rn. 3 und 4) dargelegt hat, ist für die Festlegung der dem Vertragspartner des Versicherungsnehmers vorgeworfenen Pflichtverletzung der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der Versiche- rungsnehmer den Verstoß begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2007 aaO; Senatsurteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 1 a).
- 13
- 2. Das ist hier die Weigerung des Lebensversicherers, das Widerspruchsrecht des Klägers anzuerkennen und ihm die verlangte Differenz aus Prämienzahlung und Rückkaufswert zurückzuzahlen. Zwar hat der Kläger - worauf die Revisionserwiderung hinweist - in seinem an die Beklagte gerichteten Deckungsverlangen geltend gemacht, er selbst habe den Versicherungsfall mit der Ausübung des Widerspruchsrechts gegen den bereits abgewickelten Lebensversicherungsvertrag ausgelöst; das ist aber schon deshalb nicht richtig, weil der Kläger seinen Anspruch auf Prämienrückzahlung nicht auf eigenes pflichtwidriges Verhalten im Sinne von § 4 (1) Satz 1 Buchst. c) ARB 2004, sondern eine Pflichtverletzung des Lebensversicherers stützen kann (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 19. März 2003 aaO).
- 14
- In Wahrheit hat der Kläger sein Begehren nach Rechtsschutz von vornherein mit dem Vorwurf begründet, der Lebensversicherer bestreite vertrags- und insbesondere europarechtswidrig seine Berechtigung, dem Abschluss des Lebensversicherungsvertrages noch zu widersprechen. Zwar ist diese Weigerung vom Lebensversicherer erst mit dessen Schreiben vom 10. August 2010 konkret erklärt worden und lag mithin im Zeitpunkt des an die Beklagte gerichteten ersten Verlangens nach Versicherungsschutz noch nicht vor. Der Kläger hatte aber - wie sich seinem Leistungsverlangen entnehmen lässt - mit einer solchen Ablehnung des Lebensversicherers fest gerechnet, weil Lebensversicherer häufig so entschieden, und sie deshalb bereits vorausgesetzt.
- 15
- 3. Dieser dem Lebensversicherer angelastete Verstoß liegt in versicherter Zeit.
- 16
- Der Rechtskonflikt war bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages im Jahre 1995 noch nicht im Sinne der vorgenannten Senatsrechtsprechung und des Senatsurteils vom 19. November 2008 (IV ZR 305/07, BGHZ 178, 346 Rn. 20 ff.) vorprogrammiert. Der Kläger verfolgt einen Bereicherungsanspruch, der erst mit Ausübung seines Widerspruchsrechts aus § 5a Abs. 1 VVG a.F. entstanden sein kann. Dass der Lebensversicherer bei Vertragsschluss europarechtliche Vorgaben missachtet und bei Übersendung der Versicherungspolice nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt hatte, wirft der Kläger ihm nicht als Pflichtenverstöße vor, die - ähnlich einer Schadensersatzleistung - durch eine Ersatzleistung des Versicherers kompensiert werden müssten. Dem Kläger geht es auch nicht darum, nachträglich die Übergabe der bei Vertragsschluss vermissten Verbraucherinformationen durchzusetzen , er möchte vielmehr den Versicherungsvertrag rückabwickeln (vgl. dazu Wendt, r+s 2008, 221, 226) und dazu geltend machen, ihm sei das - wegen Vertragsabschlusses nach dem Policenmodell - gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. eröffnete Gestaltungsrecht (Widerspruchsrecht) erhalten geblieben. Unter Zugrundelegung dieses Vortrages liegt der dem Lebensversicherer angelastete Pflichtenverstoß erst im Bestreiten der Fortgeltung dieses Widerspruchsrechtes.
- 17
- 4. Aus den vorgenannten Gründen haben die Umstände des Vertragsschlusses im Jahre 1995 den für den Versicherungsfall maßgebli- chen Pflichtenverstoß auch nicht in dem Sinne "ausgelöst", dass bereits die erste Stufe der Verwirklichung der Gefahr einer rechtlichen Auseinandersetzung erreicht gewesen wäre. Die Beklagte ist deshalb auch nicht aufgrund des in § 4 (3) Buchst. a) ARB 2004 geregelten Haftungsausschlusses , der keine zusätzliche Definition des Rechtsschutzfalles enthält (vgl. dazu Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684 unter I 3 e), leistungsfrei (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2007 - IV ZR 37/07, VersR 2008, 113 Rn. 4).
Vorinstanzen:
AG Stuttgart, Entscheidung vom 05.07.2011- 11 C 1016/11 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 23.12.2011- 4 S 210/11 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.