Landgericht Köln Urteil, 18. Dez. 2014 - 14 O 193/14
Tenor
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 31. Juli 2014 wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsklägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T A T B E S T A N D:
2Die Verfügungsklägerin ist langjährig in der Beratung und Analyse bei der Vergabe von Wach- und Sicherungsdienstleistungen tätig. Gleiches gilt für den bei ihr beschäftigten Zeugen A, der auch schon vor seiner Tätigkeit für die Verfügungsklägerin in der Branche tätig war.
3Die Verfügungsbeklagte zu 1) ist die Kunst- und Ausstellungshalle C in Bonn; die Verfügungsbeklagten zu 2) und zu 3) sind die Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten zu 1).
4Die Verfügungsbeklagte zu 1) beauftragte die Verfügungsklägerin mit der Überarbeitung ihres Sicherheitskonzepts und mit der Durchführung des Vergabeverfahrens für die Neuvergabe des Bewachungsvertrages. Daraufhin erstellte und übersandte die Verfügungsklägerin ein Angebot (Anlage AST 11) und erhielt den Auftrag mit Schreiben der Verfügungsbeklagten zu 1) vom 22. Mai 2013 (Anlage AST 12).
5Die Verfügungsklägerin erstellte eine Sicherheitsanalyse und auf dieser Basis dann eine Leistungsbeschreibung und ein Dienstleistungsangebot (Anlage AST 5) als Ausschreibungsunterlagen für das Vergabeverfahren Ausschreibung KAH 13.12.15UB5 "Bewachung".
6Im Rahmen der Ausschreibung kam es zu Differenzen zwischen den Verfahrensbeteiligten. Anstatt das Vergabeverfahren mit den von der Verfügungsklägerin erarbeiteten Unterlagen fortzusetzen, führten die Verfügungsbeklagten eine so genannte Interimsausschreibung durch. Dazu verwandten die Verfügungsbeklagten die von der Verfügungsklägerin erstellten Unterlagen mit dem jeweiligen Titelzusatz "Interimsausschreibung" im Untertitel. Dabei wurde der auf jeder Seite unten links angebrachte Vermerk:
7"131213rh/sag"
8entfernt (vergleiche Anlage AST 6).
9Mit Antrag der Verfügungsklägerin vom 7. Juli 2014 hat die Verfügungsklägerin beantragt,
101. es den Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, an den Verfügungsbeklagten zu 2) und zu 3) zu vollziehen, zu untersagen, die von der Verfügungsklägerin für das Vergabeverfahren Ausschreibung KAH 13.12.15.UB5 "Bewachung" erstellten
11– Dienstleistungsangebot Sicherungsdienstleistungen für die Kunst- und Ausstellungshalle C GmbH Ausschreibung KAH 13.12.15UB5 "Bewachung"
12– Vertragsbedingungen/Leistungsbeschreibung
13Sicherheitsdienstleistungen für die Kunst- und Ausstellungshalle C GmbH Ausschreibung KAH 13.12.15.UB5 "Bewachung"
14in dem weiteren Vergabeverfahren, bezeichnet als "Interimsauftrag über Sicherungsdienstleistungen für die Kunst- und Ausstellungshalle C GmbH", dort sind die Unterlagen bezeichnet als
15– Dienstleistungsangebot Interimsauftrag über Sicherungsdienstleistungen für die Kunst- und Ausstellungshalle C GmbH und Vertragsbedingungen" und
16– "Leistungsbeschreibung Interimsauftrag über Sicherungsdienstleistungen für die Kunst- und Ausstellungshalle C GmbH",
17a) zu vervielfältigen und zu verbreiten oder
18b) in der Öffentlichkeit anzubieten.
192. es den Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, an den Verfügungsbeklagten zu 2) und zu 3) zu vollziehen, zu untersagen, die vorstehend bezeichneten Benutzungshandlungen vorzunehmen, ohne die Verfügungsklägerin und ihren Mitarbeiter A als Urheber zu bezeichnen;
20Die Kammer hat die einstweilige Verfügung vom 31. Juli 2014 erlassen (Bl. 346 ff. der Akte) und den Verfügungsbeklagten verboten,
21die von der Verfügungsklägerin für das Vergabeverfahren Ausschreibung KAH 13.12.15.UB5 "Bewachung" erstellten
22– Vertragsbedingungen/Leistungsbeschreibung
23Sicherheitsdienstleistungen für die Kunst- und Ausstellungshalle C GmbH Ausschreibung KAH 13.12.15.UB5 "Bewachung", wie aus Anlage AST 5, Bl. 100-132 der Akte, ersichtlich,
24a) zu vervielfältigen und zu verbreiten oder
25b) in der Öffentlichkeit anzubieten,
26– ohne die Verfügungsklägerin und ihren Mitarbeiter A als Urheber zu bezeichnen,
27wenn dies geschieht wie im weiteren Vergabeverfahren unter der Bezeichnung:
28"Leistungsbeschreibung Interimsauftrag über Sicherungsdienstleistungen für die Kunst- und Ausstellungshalle C GmbH", wie aus der Anlage AST 6, Bl. 157 - Bl. 187 der Akte, ersichtlich.
29Im Übrigen hat die Kammer den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss der Kammer vom 31. Juli 2014 (Bl. 346 ff. der Akte) Bezug genommen.
30Dagegen haben die Verfügungsbeklagten Widerspruch erhoben.
31Die Verfügungsklägerin behauptet, dass Herr A im Jahr 1999 – damals unter seiner Firma Z – im Auftrag der Verfügungsbeklagten für eine Ausschreibung ein Anschreiben und das Leistungsverzeichnis erstellt habe (Anlage AST 15 und Anlage AST 16). Damals habe sich Herr A sämtliche Urheberrechte an den Vergabeunterlagen gegenüber der Verfügungsbeklagten vorbehalten und die Nutzung nur im Rahmen des damaligen Vergabeverfahrens erlaubt; darüber hinaus sei das von ihm eingebrachte Know-how geschützt worden und für Zuwiderhandlungen eine Vertragsstrafe in Höhe von 30.000,00 EUR (DM) vereinbart worden. Dazu legt die Verfügungsklägerin Kopie des Schreibens vom 30. August 1999 (Anlage AST 18) vor. Im Jahre 2008 sei Herr A dann erneut von der Verfügungsbeklagten beauftragt worden, die Ausschreibungsunterlagen zu erstellen. Er habe insgesamt 6 Versionen auf der Grundlage der Ausschreibung aus dem Jahre 2000 und diverse Analysen erstellt. Es hätten sich Änderungen in den Qualifikationen, den Dienstzeiten und den Tariflöhnen ergeben, wobei zu betonen sei dass das System der Nennung von in DM bzw. Euro ausgewiesenen Löhnen, objektbezogenen Zulagen und Zeitzuschlägen (Nachtarbeit, Arbeiten an Sonn- und Feiertagen) von Herrn A selbst entwickelt worden sei, um die Angebotspreise durch eine einheitliche Kalkulationsgrundlage vergleichen zu können.
32Die Verfügungsklägerin legt die eidesstattliche Versicherung des Herrn A vom 4. November 2004 (Anlage AST 17) vor, und behauptet dazu, dass sämtliche dort eingefügten und gelb markierten Texte von Herrn A selbst erstellt worden seien, so dass lediglich die Seiten 1-16 – mit Ausnahme der dort ebenfalls gelb markierten Textstellen – von den Verfügungsbeklagten veranlasst worden seien, während alle übrigen Texte auf den Seiten 17-68 ausschließlich von Herrn A stammten.
33Soweit das Kürzel unten auf den Seiten verändert worden sei, so habe die Verfügungsbeklagte dieses Kürzel von sag/rh in mü/vb geändert, was der Verfügungsklägerin und Herrn A erst jetzt aufgefallen sei. Wie dargelegt, seien jedoch die Texte nur von Herrn A erstellt worden. Herr A habe seine gesamte Expertise und sein umfangreiches Know-how in seine Entwürfe gesteckt, die er im Laufe der Jahre kontinuierlich weiterentwickelt und mit neuen Erkenntnissen aus anderen Vergabeverfahren und Sicherheitsprojekten verfeinert habe. Zusätzlich sei für die Ausschreibungsunterlagen der Verfügungsbeklagten zu 1) eine Sicherheitsanalyse durchgeführt worden, um festzustellen, ob Änderungen in den Aufgabenbeschreibungen, Dienstzeiten und Qualifikationen vonnöten gewesen seien, wozu die Verfügungsklägerin die Anlage AST 21 vorlegt.
34Die Verfügungsklägerin beantragt,
35die einstweilige Verfügung durch Urteil zu bestätigen.
36Die Verfügungsbeklagten beantragen,
37den Beschluss des Landgerichts Köln vom 31. Juli 2014 – 14 O 193/14 – dahingehend abzuändern, dass der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung insgesamt zurückgewiesen wird.
38Die Verfügungsbeklagten behaupten, dass bei der Erstellung der Vertragsbedingungen/Leistungsbeschreibung die Mitarbeiter Erwin Müller und Axel Wupper mitgewirkt hätten und dabei ganz wesentlich auf Formulierungen zurückgegriffen hätten, welche die Verfügungsbeklagte bereits für das Vergabeverfahren der Sicherungsdienstleistungen für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis 31. März 2014 verwendet habe. Dazu legen die Verfügungsbeklagten eidesstattliche Versicherungen der beiden benannten Mitarbeiter (AGG 2 und AGG 3) vor. Sie verweisen ferner darauf, dass bei diesen Ausschreibungsunterlagen links unten jeweils der Vermerk "erstellt von mü/vb" vorhanden sei, was als solches unstreitig ist. Die Verfügungsbeklagten verweisen ferner auf Ausschreibungsunterlagen für die Vergabe einer "Beschaffung einer drahtlosen UHF-Mikrofon Anlage (Anlage AGG 4) sowie für die Vergabe von Sanierungsarbeiten an der Obermaschinerie im Forum der Kunst- und Ausstellungshalle (Anlage AGG 5). Dazu legen sie Synopsen vor. Im Übrigen sind sie der Auffassung, dass die Vertragsbedingungen/Leistungsbeschreibung kein geschütztes Werk sei, Herr A nicht alleiniger Urheber sei und kein Verfügungsgrund vorliege.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.
40E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
41Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten war die einstweilige Verfügung der Kammer vom 31. Juli 2014 aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
42Ein Anspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG i.V.m. § 13 UrhG auf Unterlassung der Nutzung der Ausschreibungsunterlagen ohne die Benennung des Herrn A mit dem Kürzel "131213rh/sag" im Sinne einer Urheberbenennung besteht nicht.
43Den Ausschreibungsunterlagen kommt auch auf der Grundlage des Vorbringens der Verfügungsklägerin kein Urheberrechtsschutz zu; es fehlt ihnen an der erforderlichen Schöpfungshöhe für ein Sprachwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Voraussetzung für beide Werkarten ist nämlich gemäß § 2 Abs. 2 UrhG, dass es sich um persönliche geistige Schöpfungen handelt. Auch eine Einordnung als eine Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG scheidet aus. Im Einzelnen:
441. Die Voraussetzungen für ein Sprachwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG i.V.m. § 2 Abs. 2 UrhG liegen nicht vor. Dabei geht die Kammer nach dem Vorbringen der Parteien, insbesondere auch dem Vorbringen der Verfügungsklägerin, nunmehr davon aus, dass von Herrn A nur die in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 4. November 2014 gelb markierten Stellen erstellt worden sind. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk vorliegt und daher Urheberrechtsschutz zu Gunsten der Verfügungsklägerin besteht, sind mithin nur (noch) diese gelb markierten Textstellen, und dies auch nur insoweit, als sie bereits Gegenstand des Beschlusses der Kammer vom 31. Juli 2014 waren. Dies betrifft mithin die Ziffern 3.4 sowie 3.6 und die Ziffer 4 (bis 4.16 einschließlich).
45Bei einem Schriftwerk kann die urheberrechtlich geschützte, individuelle geistige Schöpfung sowohl in der von der Gedankenführung geprägten Gestaltung der Sprache als auch in der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffes zum Ausdruck kommen (BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - I ZR 9/95, BGHZ 134, 250, 254 f. - CB-infobank I; Urteil vom 6. Mai 1999 - I ZR 199/96, BGHZ 141, 329, 333 f. - Tele-Info-CD; Urteil vom 1. Dezember 2010 – I ZR 12/08 – Perlentaucher). (Gebrauchs-) Texte wie im vorliegenden Fall können darunter fallen, wenn sie sich wegen ihres gedanklichen Konzepts von gebräuchlichen Standardformulierungen betreffend technische Produkte abheben, während sprachliche Besonderheiten regelmäßig ausscheiden. So ist es auch im vorliegenden Fall; sprachliche Besonderheiten ergeben sich nicht; vielmehr wird in den streitgegenständlichen Ausschreibungsunterlagen die für eine solche Ausschreibung typische Sprache benutzt. Die Auswahl anderer sprachlicher Mittel und anderer Begriffe entspräche aufgrund des mit den Unterlagen verfolgten Zwecks, nämlich auf der Grundlage des für die Sicherungsdienstleistungen geltenden Rechts mit den für die Branche geltenden Fachbegriffen eine für die aus dem Fachbereich kommenden Unternehmen eindeutige Beschreibung der anzubietenden Leistungen zu definieren, auch nicht dem Auftrag an die Antragstellerin, sachgerechte Ausschreibungsunterlagen zu stellen. Schon vor diesem Hintergrund ist ein erhebliches Freihaltebedürfnis gegeben, da auch andere Personen die Möglichkeit behalten müssen, vergleichbare Ausschreibungsunterlagen zu erstellen, wobei sie insbesondere die Fachsprache verwenden müssen.
46Aber auch in der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung der von Herrn A geschaffenen Texte ist keine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG gegeben.
47Allerdings hat die Kammer auf der Grundlage des Vorbringens und der Glaubhaftmachung durch die Verfügungsklägerin noch bei Erlass der einstweiligen Verfügung vom 31. Juli 2014 urheberrechtliche Schutzfähigkeit bejaht. Dabei ist die Kammer jedoch nach dem damaligen Vorbringen einschließlich der durch die eidesstattlichen Versicherungen des Herrn A erbrachte Glaubhaftmachung davon ausgegangen, dass die Ausschreibungsunterlagen vollständig seine eigene geistige Leistung darstellen. Daher konnte die Kammer die darin getroffenen Kriterien der Auswahl, Anordnung, Einteilung und Kombination als im Sinne der "Kleinen Münze" noch als geschützt ansehen. Insbesondere war nämlich mit dem einleitenden Teil unter Ziff. 1 der Leistungsbeschreibung ein zwar überwiegend beschreibender, aber hinreichend individueller und dadurch von dem allgemeinen, durchschnittlichen Schaffen abhebender Sprachgebrauch gegeben, der im Sinne der "Kleinen Münze" jedenfalls gegen identische Übernahme von der Kammer als urheberrechtlich geschützt angesehen worden ist. Diese Systematik ist jedoch auf der Grundlage des jetzigen Vorbringens auch der Verfügungsklägerin nicht durch Herrn A geschaffen worden. Daher scheidet die Strukturierung der gesamten Leistungsbeschreibung mit den kompletten Ziffern 1-4 zur Begründung der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit aus.
48Soweit die schöpferische Kraft eines Schriftwerkes dagegen allein im innovativen Charakter seines Inhalts liegt, kommt ein Urheberrechtsschutz nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 11. April 2002, GRUR 2002, 958, 959 = WRP 2002, 1177 - Technische Lieferbedingungen). Der gedankliche Inhalt eines Schriftwerkes muss einer freien geistigen Auseinandersetzung zugänglich sein (Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 2 UrhG Rn. 59 und 84). Die einem Schriftwerk zugrunde liegende Idee ist daher urheberrechtlich grundsätzlich nicht geschützt (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 – I ZR 12/08 – Perlentaucher; Schricker/Loewenheim aaO § 24 UrhG Rn. 19; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 24 Rn. 22, jeweils mwN). Das technische Gedankengut eines Werkes – die technische Lehre als solche – kann somit nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes sein und kann daher auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit von Schriftwerken, die die technische Lehre enthalten, herangezogen werde. Die Urheberrechtsschutzfähigkeit solcher Schriftwerke kann ihre Grundlage allein in der – notwendig schöpferischen – Form der Darstellung finden (BGH, Urteil vom 29. März 1984 – I ZR 32/82 – Ausschreibungsunterlagen). Die Verfügungsklägerin trägt jedoch vor allem vor, dass die von ihr als schutzfähig gekennzeichneten Stellen der Ausschreibungsunterlagen, die Herr A geschaffen hat, aufgrund von dessen langjähriger Erfahrung und des so erworbenen, im Laufe der Jahre kontinuierlich verfeinerten Know-hows möglich gewesen sei. Es bleibt jedoch dabei, dass Herr A auch auf der Grundlage des Vortrages der Verfügungsklägerin die technischen und gesetzlichen Bestimmungen zusammengetragen hat und dann – weitgehend durch Aufzählung – aneinandergereiht hat. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Ausschreibungsunterlagen in Begriffsbildung, Gedankenformung, Diktion und Zusammenstellung ein echtes Sprachwerk sind. Denn dem Vorbringen der Verfügungsklägerin mag man entnehmen, dass der Zeuge A beträchtliches Know-how im Bereich der Sicherungstechnik und der Sicherungsdienstleistungen besitzt und in die von ihm erstellten Ausschreibungsunterlagen hat einfließen lassen. Die für die Beurteilung des urheberrechtlichen Schutzes allein maßgebliche äußere Gestaltung der Darstellung dieses Know-hows ist damit jedoch nicht belegt. Dass nur die (äußere) Gestaltung für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblich ist, folgt aus dem Wesen des Urheberrechtsschutzes und seiner Abgrenzung gegenüber den technischen Schutzrechten; bei einem urheberrechtlichen Schutz der technischen Lehre würde in das bestehende Ordnungssystem der technischen Schutzrechte mit ihren anders gearteten formellen und materiellen Schutzvoraussetzungen und ihrer wesentlich kürzeren Schutzdauer eingegriffen werden (vergleiche BGH, Urteil vom 29. März 1984 – I ZR 32/82 – Ausschreibungsunterlagen).
49Zwar können auch kleine Teile eines Werkes Urheberrechtsschutz genießen, sofern sie für sich genommen eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG darstellen (BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 142/06, GRUR 2009, 1046 Rn. 43 = WRP 2009, 1404 - Kranhäuser, mwN). Unter dieser Voraussetzung kann auch kleinen Teilen eines Sprachwerkes urheberrechtlicher Schutz zukommen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 – I ZR 12/08 – Perlentaucher; BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2012 - I ZA 2/12; vgl. zu Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ferner EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - C-5/08, Slg. 2009, I-6569 = GRUR 2009, 1041 - Infopaq). Dies wäre jedoch von der Verfügungsklägerin darzulegen gewesen. Denn derjenige, der sich auf das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung beruft, trägt im urheberrechtlichen Verletzungsprozess die Darlegungslast. Er hat daher nicht nur das betreffende Werk vorzulegen, sondern grundsätzlich auch die konkreten Gestaltungselemente darzulegen, aus denen sich der urheberrechtliche Schutz ergeben soll (BGH, Urteil vom 12. Mai 2012 - I ZR 53/10 - Seilzirkus Rn. 24 mwN.; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 98/06, BGHZ 181, 98 Rn. 45 - Tripp-Trapp-Stuhl). Daran fehlt es aus den dargelegten Gründen.
502. Es liegt auch keine Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art im Sinne von § 2 Abs. 7 UrhG vor. Eine Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art ist nur dann zu bejahen, wenn sie der Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Informationen über den dargestellten Gegenstand mit dem Ausdrucksmittel der graphischen oder plastischen Darstellung dient (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 – I ZR 140/09 – Lernspiele, mit Hinweis auf OLG München, GRUR 1992, 510; KG, GRUR-RR 2002, 91, 92). Dass sie der Vermittlung von Informationen dient, unterscheidet sie von Werken der bildenden Kunst, die vorwiegend das ästhetische Empfinden ansprechen sollen und als Werke der angewandten Kunst daneben einem Gebrauchszweck dienen; das Ausdrucksmittel der graphischen oder plastischen Darstellung unterscheidet sie von Sprachwerken, deren Ausdrucksmittel die Sprache ist (BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 – I ZR 140/09 – Lernspiele; Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 2 UrhG Rn. 197 mwN). Selbst wenn man den unterrichtenden Charakter aufgrund des weit zu verstehenden Schutzgegenstandes noch annehmen wollte, fehlt es jedenfalls an einem Ausdrucksmittel der graphischen oder plastischen Darstellung. Die hier zu beurteilende Leistungsbeschreibung bedient sich allein der Sprache als Ausdrucksmittel.
51Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 6, 711 S. 1 ZPO.
52Streitwert: 100.000,00 EUR
53Rechtsbehelfsbelehrung:
54Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
55a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
56b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
57Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
58Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
59Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
60Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 18. Dez. 2014 - 14 O 193/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Köln Urteil, 18. Dez. 2014 - 14 O 193/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandgericht Köln Urteil, 18. Dez. 2014 - 14 O 193/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
- 1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; - 2.
Werke der Musik; - 3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; - 4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; - 5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; - 6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; - 7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
- 1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; - 2.
Werke der Musik; - 3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; - 4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; - 5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; - 6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; - 7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger macht gegen den Beklagten Ansprüche wegen Verletzung des Rechts des Urhebers aus § 13 Satz 1 UrhG auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk geltend. Er behauptet, Miturheber von 17 Texten zu Liedern des Beklagten zu sein. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Der Kläger beantragt, ihm für die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Prof. Dr. A. K. beizuordnen.
- 2
- II. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche wegen Verletzung des Rechts aus § 13 Satz 1 UrhG auf Anerkennung der Miturheberschaft nicht zu, weil er nicht im Sinne des § 8 Abs. 1 UrhG Miturheber der 17 Liedtexte sei. Dazu hat es ausgeführt:
- 3
- Eine Miturherberschaft des Klägers ergebe sich nicht aus den Feststellungswirkungen des Versäumnisurteils des Landgerichts Hamburg vom 26. Juni 1981. Das Versäumnisurteil stelle zwar fest, dass der Kläger neben dem Beklagten Miturheber auch der hier in Rede stehenden 17 Liedtexte sei. Darauf könne sich der Kläger jedoch nicht berufen, da sich die Parteien mit einem Ende des Jahres 1981 geschlossenen Vergleich geeinigt hätten, dass das Versäumnisurteil zwischen ihnen keine Wirkungen entfalten solle. Es könne daher dahinstehen, ob den Wirkungen des Versäumnisurteils auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehe.
- 4
- Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Anerkennung seiner Miturheberschaft unabhängig von den Wirkungen des Vergleichs nicht zu, weil er nicht hinreichend dargelegt habe, dass die 17 Liedtexte in einem gemeinsamen Werkschaffen der Parteien entstanden seien. Hinsichtlich der ersten drei Liedtexte fehle es bereits unter Zugrundelegung des eigenen Vortrags des Klägers an einem gemeinsamen Werkschaffen. Hinsichtlich der anderen 14 Liedtexte genössen die vom Kläger beanspruchten Textteile teilweise bereits keinen Urheberrechtsschutz und es fehle darüber hinaus gleichfalls an einer Miturheberschaft des Klägers.
- 5
- III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 ZPO). Die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
- 6
- 1. Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast für eine Miturheberschaft weit überspannt. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger als Anspruchssteller die Darlegungslast dafür trägt, dass er die in Rede stehenden Liedtexte im Sinne des § 8 Abs. 1 UrhG gemeinsam mit einem weiteren Urheber geschaffen hat. Es hat angenommen, der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass er die 17 Liedtexte gemeinsam mit dem Beklagten geschaffen habe. Der Kläger setzt dieser Beurteilung lediglich - unter Wiederholung seines Sachvortrags - entgegen, sein Vorbringen sei ausreichend schlüssig. Damit ist weder ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts noch ein Grund für die Zulassung der Revision dargelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht Sachvortrag des Klägers übergangen hat. Da das Vorbringen des Klägers nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts unschlüssig ist, hat es die vom Kläger angebotenen Beweise zu Recht nicht erhoben.
- 7
- 2. Soweit der Kläger geltend macht, entgegen der Auffassung des Berufungsgericht sei zwischen dem Beklagten und ihm kein wirksamer Vergleich hinsichtlich der hier in Rede stehenden Liedtexte geschlossen worden, wiederholt er lediglich sein Vorbringen, ohne dass ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts oder ein Grund für die Zulassung der Revision besteht. Der Kläger macht vergeblich geltend, selbst wenn ein Vergleich geschlossen worden wäre, wäre er nicht gehindert, seine Ansprüche auf Anerkennung der Urheberschaft durchzusetzen, weil diese Ansprüche den unverzichtbaren Kern des urheberrechtlichen Persönlichkeitsrechts beträfen. Das Berufungsgericht hat nicht angenommen, einer Durchsetzung von Ansprüchen des Klägers auf Anerkennung der Urheberschaft stehe entgegen, dass der Kläger mit dem Vergleich auf sein Recht auf Anerkennung der Urheberschaft verzichtet habe. Das Berufungsgericht hat vielmehr angenommen, dieses Recht werde dem Kläger durch den Vergleich nicht genommen. Es hat die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche deshalb verneint, weil der Kläger nicht Miturheber der Liedtexte sei.
- 8
- 3. Der Kläger rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Werkteilen oder Werkbeiträgen überspannt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann auch kleinen Teilen eines Sprachwerkes urheberrechtlicher Schutz zukommen, wenn diese für sich genommen persönliche geistige Schöpfungen sind; bei sehr kleinen Teilen eines Sprachwerkes - wie einzelnen Wörtern oder knappen Wortfolgen - wird der Urheberrechtsschutz jedoch meist daran scheitern, dass diese für sich genommen nicht hinreichend individuell sind (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 12/08, GRUR 2011, 134 Rn. 54 = WRP 2011, 249 - Perlentaucher, mwN). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die vom Kläger beanspruchten Wörter, Satzteile und Sätze der Liedtexte seien nicht hinreichend individuell, um urheberrechtlich geschützt zu sein, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht übersehen, dass der Beklagte nicht nur Urheberrechtsschutz für einzelne Begriffe wie etwa die Namen „Elli Pirelli“, „Sister King Kong“ oder „Bodo Ballermann“ begehrt, sondern sich darauf berufen hat, diese in einen Zusammenhang gestellt zu haben. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Ansprüche des Klägers bereits deshalb verneint, weil er nicht hinreichend dargelegt habe, dass er Schöpfer dieser Textteile sei. Ein Rechtsfehler bei der Beurteilung des Urheberrechtsschutzes dieser Textteile wäre daher auch nicht entscheidungserheblich und kein Grund für die Zulassung der Revision.
- 9
- 4. Der Kläger macht weiter ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht hätte nicht aus eigener Kenntnis darüber urteilen dürfen, ob die von ihm beigesteuerten Wortbeiträge für das damalige textliche Werk des Beklagten prägend seien und der Beklagte diese Art von Texten nach Beendigung ihrer Zusammenarbeit nicht mehr geschaffen habe. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es im Streitfall nicht um eine Bewertung des damaligen oder späteren Gesamtwerks des Beklagten geht. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob die vom Kläger behaupteten Beiträge zu den einzelnen Liedtexten die Annahme seiner Miturheberschaft rechtfertigen. Diese Frage konnte das Berufungsgericht ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen selbst beurteilen. Es hat daher ohne Rechtsfehler davon abgesehen, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob die Beiträge des Klägers das Lebenswerk des Beklagten entscheidend geprägt haben.
- 10
- 5. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Argumentation des Berufungsgerichts nicht einseitig und in sich widersprüchlich. Es trifft nicht zu, dass das Berufungsgericht einerseits zu Lasten des Klägers zu hohe Anforderungen an die Darlegung der Miturheberschaft und andererseits zu Gunsten des Beklagten zu geringe Anforderungen an den Nachweis des Abschlusses und der Reichweite des Vergleichs gestellt hat.
- 11
- 6. Auch im Übrigen ergibt der Akteninhalt keinen Anhalt dafür, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen. Büscher Pokrant Schaffert Kirchhoff Koch
LG Hamburg, Entscheidung vom 05.02.2010 - 308 O 221/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 22.02.2012 - 5 U 21/10 -
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
- 1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; - 2.
Werke der Musik; - 3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; - 4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; - 5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; - 6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; - 7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin entwickelt und vertreibt unter den Marken "pocketLÜK", "bambinoLÜK" und "miniLÜK" Lernspiele unter dem didaktischen Ansatz "Lerne -Übe-Kontrolliere". Die Lernspiele bestehen jeweils aus Aufgaben- oder Übungsheften und einem Kontrollgerät.
- 2
- Bei dem Lernspiel "pocketLÜK" ist das Kontrollgerät ein nach oben offener Kunststoffrahmen, in den Aufgabenhefte, die die Form eines Spiralblocks haben, eingesteckt werden können. Auf der rechten Seite sind sechs Kippschalter angebracht, die jeweils mit zwei Symbolen versehen sind. Die Aufgabenhefte enthalten auf jeder Seite sechs Aufgaben. Durch Bedienung der Kippschalter kann der Anwender jeder Aufgabe eine Lösung zuordnen. Hat der Anwender die Aufgabe richtig gelöst, kann er dies, nachdem er das Gerät umgedreht hat, daran erkennen, dass die von ihm eingestellte Symbolkombination ebenso auf der Rückseite des Aufgabenblocks abgebildet ist.
PocketLÜK
- 3
- Das Kontrollgerät des Lernspiels "bambinoLÜK" besteht aus einem transparenten, flachen Kunststoffkasten, in dem sechs quadratische Plättchen in zwei Reihen zu je drei Plättchen auf dafür vorgesehenen Feldern liegen. Die Plättchen zeigen auf der Vorderseite einfarbige, recht abstrakt gestaltete Symbole (Apfel, Blume, Auto, Haus, Ente und Herz) und auf der Rückseite ein Farbmuster aus vier zur Seite offenen Halbkreisen in den Farben grün, rot oder blau. Zu dem Lernspiel gehören außerdem Übungshefte. Die Aufgabe des Anwenders besteht darin, die Plättchen je nach Aufgabenstellung einem bestimmten Feld zuzuordnen. Ist diese Zuordnung richtig, sind die Rückseiten der Plättchen so angeordnet, dass sich geschlossene, einfarbige Kreise ergeben.
bambinoLÜK (Vorderseite) bambinoLÜK (Rückseite)
- 4
- Das Funktionsprinzip des Lernspiels "miniLÜK" entspricht dem des "bambinoLÜK". Es enthält jedoch 12 Plättchen in zwei Reihen zu je 6 Plättchen. Die Unterseite des Kastens ist nicht transparent, sondern farbig, und die Felder sind von eins bis zwölf durchnummeriert. Hier besteht das Farbmuster aus einem roten, blauen oder grünen rechtwinkligen Trapez, so dass sich bei richtiger Lösung der Aufgabe ein harmonisches, im Übungsheft zur Kontrolle abgebildetes Muster ergibt.
miniLÜK (Vorderseite) miniLÜK (Rückseite)
- 5
- Die Beklagte hat unter den Marken "Taschen Logolino", "Logolino Junior" und "Logolino" Lernspiele hergestellt und vertrieben, die weitgehend nach demselben Prinzip wie die Lernspiele der Klägerin funktionieren.
- 6
- Das Lernspiel "Taschen Logolino" weist jedoch lediglich fünf Schalter auf, die zudem durch Drehen bewegt werden.
pocketLÜK Taschen Logolino
- 7
- Die Vorderseiten der Plättchen des Lernspiels "Logolino Junior" zeigen bunte, eher konkrete Darstellungen (Ente, Schmetterling, Blume, Gießkanne, Ball, Marienkäfer); die Rückseiten zeigen statt Halbkreisen Rechtecke (mit abgerundeten Ecken), so dass sich bei richtiger Lösung Quadrate ergeben.
bambinoLÜK (Vorderseite) Logolino Junior (Vorderseite)
bambinoLÜK (Rückseite) Logolino Junior (Rückseite)
- 8
- Beim Lernspiel "Logolino" ist die Rückseite des Kontrollkastens blau; die Rückseiten der Plättchen sind diagonal in zwei Hälften geteilt, deren eine blau ist und deren andere entlang der Diagonalen einen farbigen (gelben, roten oder grünen) Balken aufweist und im Übrigen weiß ist.
miniLÜK (Vorderseite) Logolino (Vorderseite)
miniLÜK (Rückseite) Logolino (Rückseite)
- 9
- Die Aufgaben- und Übungshefte zu den Lernspielen der Beklagten unterscheiden sich inhaltlich von denen der Klägerin.
- 10
- Die Klägerin hat am 13. Juni 2006 beim Landgericht eine einstweilige Verfügung erwirkt, die der Beklagten die Vervielfältigung und Verbreitung der Kontrollgeräte zu den "Logolino"-Lernspielen verbietet. Die einstweilige Verfügung ist der Beklagten am 22. Juni 2006 zugestellt worden. Am 26. Juli 2006 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung wegen Fehlens des Verfügungsgrundes aufgehoben.
- 11
- Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch den Vertrieb der Kontrollgeräte zu den "Logolino"-Lernspielen das Urheberrecht an den "LÜK"Lernspielen verletzt; zudem handele es sich dabei um unlautere Nachahmungen im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG.
- 12
- Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung der Kontrollgeräte, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Erstattung von Abmahnkosten und Herausgabe von Vervielfältigungsstücken zum Zwecke der Vernichtung in Anspruch.
- 13
- Die Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der sie die Klägerin wegen der Vollziehung der einstweiligen Verfügung nach § 945 ZPO auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 80.084,64 € und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch nimmt.
- 14
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen; hinsichtlich der Widerklage hat es den Zahlungsantrag dem Grun- http://www.juris.de/jportal/portal/t/w1d/ - 8 - de nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag stattgegeben (OLG Köln, GRUR-RR 2010, 147 = ZUM 2010, 176). Die Revision hat das Berufungsgericht beschränkt auf die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche und die Widerklage zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, ihren Klageantrag und ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.
Entscheidungsgründe:
- 15
- A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei weder wegen einer Verletzung von Urheberrechten noch unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes begründet. Die Widerklage sei hinsichtlich des Zahlungsantrags dem Grunde nach und hinsichtlich des Feststellungsantrags in vollem Umfang gerechtfertigt. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 16
- Die Beklagte habe Urheberrechte an den Kontrollgeräten als Werken der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG nicht verletzt. Hinsichtlich des Kontrollgeräts "pocketLÜK" fehle es bereits an der erforderlichen Gestaltungshöhe. Bei den Kontrollgeräten "bambinoLÜK" und "miniLÜK" habe die Beklagte einen in den graphischen Darstellungen und geometrischen Formen möglicherweise verkörperten schöpferischen Gehalt nicht übernommen.
- 17
- Die Beklagte habe auch Urheberrechte an den Kontrollgeräten als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG nicht verletzt. Die Kontrollgeräte seien zwar, wenn man sie als Einheit mit den Übungsheften betrachte, möglicherweise als Darstellungen wissenschaftlicher Art geschützt. Die Beklagte habe diese Darstellungen jedoch nicht unzulässig über- nommen, weil sich die Inhalte und Aufgaben ihrer Übungshefte von denen der Klägerin abhöben. Die Kontrollgeräte seien auch nicht als Teil einer Darstellung wissenschaftlicher Art urheberrechtlich geschützt. Sie seien keine Darstellungen wissenschaftlicher Art, da sie selbst keine Informationen vermittelten. Die Idee einer Fehlerkontrolle mittels Kippschaltern oder beidseitig bedruckten Plättchen sei urheberrechtlich nicht geschützt, obwohl hierin eine erhebliche geistige Leistung liege. Geschützt sei diese Idee lediglich, soweit sie in einer Formgestaltung verkörpert sei. Die Kontrollgeräte wichen in ihrer Gestaltung jedoch so erheblich voneinander ab, dass eine unfreie Bearbeitung nicht angenommen werden könne.
- 18
- Es bestünden auch keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz unter den Gesichtspunkten der vermeidbaren Herkunftstäuschung oder der unangemessenen Rufausnutzung.
- 19
- Der Beklagten stehe gegen die Klägerin gemäß § 945 ZPO der mit der Widerklage erhobene Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, der ihr aus der Vollziehung der einstweiligen Verfügung entstanden sei. Die Anordnung der einstweiligen Verfügung sei von Anfang an ungerechtfertigt gewesen.
- 20
- B. Die Revision der Klägerin ist uneingeschränkt zulässig (dazu I). Sie ist begründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche abgewiesen hat (dazu II). Sie ist unbegründet, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz verneint hat (dazu III). Sie hat Erfolg, soweit sie beanstandet, dass das Berufungsgericht der Widerklage stattgegeben hat (dazu IV).
- 21
- I. Die Revision der Klägerin ist uneingeschränkt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision zwar nur beschränkt auf die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche sowie die Widerklage zugelassen. Diese Beschränkung ist jedoch unwirksam. Die Revision ist daher auch insoweit statthaft, als sie sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz verneint hat.
- 22
- Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision nur auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs beschränken, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, BGHZ 180, 77 Rn. 17 - UHU, mwN).
- 23
- Wäre allein die Klage, mit der die Klägerin Ansprüche aus Urheberrecht neben Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz geltend macht, Gegenstand des Rechtsstreits, hätte das Berufungsgericht die Zulassung der Revision wirksam auf urheberrechtliche Ansprüche beschränken können. Werden Ansprüche aus einem Schutzrecht neben Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz geltend gemacht, handelt es sich um zwei Streitgegenstände; sie bilden jeweils einen selbständigen Teil des Streitstoffs, auf den das Berufungsgericht die Zulassung der Revision beschränken kann (vgl. BGHZ 180, 77 Rn. 18 - UHU, mwN).
- 24
- Gegenstand des Rechtsstreits ist jedoch auch die Widerklage, mit der die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen der Vollziehung einer - wie sie meint - von Anfang an ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung beansprucht. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zwar sowohl auf urhe- berrechtliche Ansprüche als auch auf solche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gestützt und hatte damit gleichfalls zwei Streitgegenstände. Der von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO stellt jedoch nur einen Streitgegenstand dar. Im Rahmen der Prüfung dieses Schadensersatzanspruchs stellen sich zwar möglicherweise zwei Rechtsfragen, nämlich zum einen die Frage, ob die einstweilige Verfügung auf Ansprüche aus Urheberrecht gestützt werden konnte, und zum andern die Frage, ob sie auf Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegründet werden konnte. Es ist jedoch nicht zulässig, die Revision auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, BGHZ 180, 77 Rn. 17 - UHU, mwN). Hinsichtlich der Widerklage konnte die Zulassung der Revision daher nicht auf die urheberrechtliche Rechtsfrage beschränkt werden.
- 25
- Daraus folgt, dass das Berufungsgericht auch die Zulassung der Revision hinsichtlich der Klage nicht wirksam auf die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche beschränken und seine Entscheidung über die mit der Klage erhobenen Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz damit einer Überprüfung durch den Senat entziehen konnte. Die Entscheidung über die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz könnte mit Blick auf die Widerklage nicht Gegenstand eines Teilurteils sein, weil die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen bestünde (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2000 - I ZR 220/97, GRUR 2001, 54 Rn. 29 = WRP 2000, 1296 - SUBWAY/Subwear, mwN). Würde sich bei einer Prüfung der Widerklage durch den Senat herausstellen, dass ein Unterlassungsanspruch aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz bestand, stünde dies im Widerspruch dazu, dass das Berufungsgericht im Rahmen der Klage Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz verneint hat.
- 26
- II. Die Revision ist begründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche abgewiesen hat. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung der Kontrollgeräte sowie Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht (§ 97 Abs. 1 UrhG aF), Auskunftserteilung und Rechnungslegung (§ 101a UrhG aF, §§ 242, 259, 260 BGB), Erstattung von Abmahnkosten (§ 97 Abs. 1 UrhG aF, §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) und Herausgabe von Vervielfältigungsstücken zum Zwecke der Vernichtung (§ 98 Abs. 1 UrhG aF) nicht verneint werden.
- 27
- 1. Die Klägerin hat ihre urheberrechtlichen Ansprüche sowohl auf eine Verletzung von Urheberrechten an den Kontrollgeräten (dazu 2) als auch auf eine Verletzung von Urheberrechten an den aus Kontrollgeräten und Übungsheften bestehenden Lernspielen (dazu 3) gestützt. Das ergibt sich aus dem Klagevorbringen, das zur Auslegung des Klagebegehrens heranzuziehen ist. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin allein aus den Übungsheften zu ihren Lernspielen, die sich von denen der Beklagten inhaltlich unterscheiden, keine Rechte herleitet.
- 28
- 2. Ansprüche wegen Verletzung eines Urheberrechts an den Kontrollgeräten scheitern bereits daran, dass es sich bei den Kontrollgeräten nicht um urheberrechtlich geschützte Werke im Sinne des § 2 UrhG handelt. Die Kontrollgeräte sind - was hier allein in Betracht kommt - weder als Werke der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG noch als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG urheberrechtlich geschützt.
- 29
- a) Bei den Kontrollgeräten handelt es sich nicht um schutzfähige Werke der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG.
- 30
- aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG gehören Werke der bildenden Kunst einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke zu den urheberrechtlich geschützten Werken, sofern sie nach § 2 Abs. 2 UrhG persönliche geistige Schöpfungen sind.
- 31
- bb) Die Kontrollgeräte dienen einem Gebrauchszweck und sind daher dem Bereich der angewandten Kunst und nicht dem der "reinen" (zweckfreien) Kunst zuzurechnen. Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer "künstlerischen" Leistung gesprochen werden kann (st. Rspr.; vgl. Urteil vom 27. Januar 1983 - I ZR 177/80, GRUR 1983, 377, 378 = WRP 1983, 484 - Brombeer-Muster; Urteil vom 10. Dezember 1986 - I ZR 15/85, GRUR 1987, 903, 904 - Le-Corbusier-Möbel).
- 32
- cc) Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können die Kontrollgeräte danach nicht als urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst angesehen werden.
- 33
- (1) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass bei dem Kontrollgerät "pocketLÜK" der Kunststoffrahmen und die auf den Kippschaltern verwendeten Symbole keine individuell-künstlerische Gestaltung erkennen lassen.
- 34
- (2) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei den Kontrollgeräten "bambinoLÜK" und "miniLÜK" die Verwendung eines beid- seitig zu öffnenden Kastens, in den beidseitig bedruckte quadratische Plättchen eingelegt sind, keine künstlerische Formgebung darstellt, die einen Schutz als Werk der angewandten Kunst rechtfertigen könnte.
- 35
- Soweit das Berufungsgericht es für möglich gehalten hat, dass bei diesen Kontrollgeräten die graphischen Darstellungen und geometrischen Formen den Anforderungen des § 2 Abs. 2 UrhG genügen, kann dem dagegen nicht zugestimmt werden. Die sechs quadratischen Plättchen des Kontrollgeräts zum Lernspiel "bambinoLÜK" zeigen auf der Vorderseite einfarbige, recht abstrakt gestaltete Symbole (Apfel, Blume, Auto, Haus, Ente und Herz) und auf der Rückseite ein Farbmuster aus vier zur Seite offenen Halbkreisen in den Farben grün, rot oder blau, die bei richtiger Zuordnung in sich geschlossene, einfarbige Kreise ergeben. Die zwölf Plättchen des Kontrollgeräts zum Lernspiel "miniLÜK" sind auf der Vorderseite von eins bis zwölf durchnummeriert und auf der Rückseite mit einem Farbmuster aus einem roten, blauen oder grünen rechtwinkligen Trapez versehen, das bei richtiger Lösung der Aufgabe ein harmonisches Muster ergibt. Damit weisen die Kontrollgeräte keinen schöpferischen Gehalt auf, der einen Schutz als Werk der angewandten Kunst begründen könnte.
- 36
- Es kommt daher nicht darauf an, ob - wie das Berufungsgericht angenommen hat - die Beklagte die graphischen Darstellungen und geometrischen Formen der Kontrollgeräte "bambinoLÜK" und "miniLÜK" nicht übernommen hat, weil die von ihr verwendeten Bilder und Formen völlig anders sind und nicht einmal erkennen lassen, dass die von der Klägerin verwendeten Gestaltungen als Anregung gedient haben könnten.
- 37
- b) Die Kontrollgeräte sind auch nicht als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt. http://www.juris.de/jportal/portal/t/25m9/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=8&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE004202305&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/27d1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=14&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE004202305&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 -
- 38
- aa) Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG bezieht Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art (wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen , Tabellen und plastische Darstellungen) in den Kreis der urheberrechtlich schutzfähigen Werke ein, wobei § 2 Abs. 2 UrhG voraussetzt, dass diese Darstellungen persönliche geistige Schöpfungen sind.
- 39
- bb) Eine Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art liegt nur dann vor, wenn sie der Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Informationen über den dargestellten Gegenstand mit dem Ausdrucksmittel der graphischen oder plastischen Darstellung dient (vgl. OLG München, GRUR 1992, 510; KG, GRUR-RR 2002, 91, 92). Dass sie der Vermittlung von Informationen dient, unterscheidet sie von Werken der bildenden Kunst, die vorwiegend das ästhetische Empfinden ansprechen sollen und als Werke der angewandten Kunst daneben einem Gebrauchszweck dienen; das Ausdrucksmittel der graphischen oder plastischen Darstellung unterscheidet sie von Sprachwerken, deren Ausdrucksmittel die Sprache ist (Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 2 UrhG Rn. 197 mwN).
- 40
- cc) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kontrollgeräte danach für sich genommen nicht als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG anzusehen sind. Die Kontrollgeräte vermitteln selbst keine Informationen. Sie sind zwar dazu bestimmt und geeignet , die Richtigkeit der Lösung einer in den zugehörigen Übungsheften gestellten Aufgabe zu überprüfen und damit eine belehrende oder unterrichtende Information zu vermitteln. Sie vermitteln diese Information aber nicht eigenständig , sondern nur in Verbindung mit den Übungsheften. Die Kontrollgeräte können daher entgegen der Ansicht der Revision nicht für sich genommen, sondern allenfalls zusammen mit den Übungsheften als Darstellungen wissenschaftli- cher Art urheberrechtlich geschützt sein (vgl. auch BGH, Urteil vom 25. November 1958 - I ZR 15/58, GRUR 1959, 251 f. - Einheitsfahrschein; Urteil vom 27. März 1963 - Ib ZR 129/61, BGHZ 39, 306, 308 f. - Rechenschieber).
- 41
- 3. Dagegen können Ansprüche wegen einer Verletzung von Urheberrechten an den aus Kontrollgeräten und Übungsheften bestehenden Lernspielen mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.
- 42
- a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kontrollgeräte seien, wenn man sie als Einheit mit den Übungsheften betrachte, möglicherweise als Darstellungen wissenschaftlicher Art geschützt. Es könne unterstellt werden, dass die Übungshefte im Zusammenwirken mit den Kontrollgeräten wissenschaftliche Erkenntnisse sichtbar machten und sich darin die geistig schöpferische Leistung einer Person manifestiere.
- 43
- aa) Es bestehen keine rechtlichen Bedenken, die Kontrollgeräte und die zugehörigen Übungshefte, die sinnvoll und zweckentsprechend nur zusammen als Lernspiel verwendet werden können und sollen, auch für die urheberrechtliche Beurteilung als Einheit zu betrachten. Soweit die Kontrollgeräte im Zusammenwirken mit den Übungsheften - wie das Berufungsgericht unterstellt hat - wissenschaftliche Erkenntnisse sichtbar machen, erfüllen sie die Anforderungen an Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. Sie dienen damit der Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Informationen und setzen dazu (auch) das Ausdrucksmittel der graphischen und plastischen Darstellung ein. Dass die Lernspiele die - vom Berufungsgericht unterstellten - "wissenschaftlichen Erkenntnisse" an Kinder vermitteln sollen, steht ihrer Einordnung als Darstellungen wissenschaftlicher Art nicht entgegen. Der Begriff "wissenschaftlicher oder technischer Art" ist weit auszulegen. Er http://www.juris.de/jportal/portal/t/33e7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE006301307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 17 - dient der Abgrenzung zu Werken der bildenden Künste, die vornehmlich das ästhetische Empfinden ansprechen sollen. Bereits die Darstellung einfachster wissenschaftlicher Erkenntnisse kann daher geschützt sein (vgl. Bullinger in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 2 UrhG Rn. 132; Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 2 UrhG Rn. 197).
- 44
- bb) Das Berufungsgericht hat lediglich unterstellt, dass die in Rede stehenden Lernspiele als Darstellungen wissenschaftlicher Art auch die Anforderungen an eine persönliche geistige Schöpfung erfüllen. Es hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und gegebenenfalls in welcher Hinsicht sich die Lernspiele nach ihrem Gesamteindruck vom alltäglichen Schaffen im betroffenen Bereich abheben und vom individuellen Geist ihres Schöpfers geprägt sind. Unter diesen Umständen muss für das Revisionsverfahren davon ausgegangen werden, dass die Lernspiele als Darstellungen wissenschaftlicher Art persönliche geistige Schöpfungen darstellen.
- 45
- b) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Darstellungen jedenfalls nicht unzulässig übernommen, weil sich die Inhalte und Aufgaben ihrer Übungshefte von denen der Klägerin abhöben. Nehme eine Information auch nicht in Teilen auf die mit dem früheren Werk vermittelte Information Bezug, so sei das frühere Werk in einer Weise umgestaltet worden, dass es völlig hinter das neue Werk zurücktrete.
- 46
- Das Berufungsgericht ist demnach ersichtlich davon ausgegangen, bei den in Rede stehenden Lernspielen der Beklagten handele es sich nicht um Bearbeitungen oder Umgestaltungen der in Rede stehenden Lernspiele der Klägerin, die nach § 23 Satz 1 UrhG nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes verwertet werden dürften; die Lernspiele der Beklagten seien vielmehr als selbständige Werke anzusehen, die in freier http://www.juris.de/jportal/portal/t/33e7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE006400315&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/205w/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE308932004&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/205w/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE308932004&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/205w/ [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/205w/ - 18 - Benutzung der Lernspiele der Klägerin geschaffen worden seien und die nach § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes verwertet werden dürften. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 47
- aa) Bei der Frage, ob in freier Benutzung eines geschützten älteren Werkes ein selbständiges neues Werk geschaffen worden ist, kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Senats entscheidend auf den Abstand an, den das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werkes hält. Eine freie Benutzung setzt voraus, dass angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen. In der Regel ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten, so dass die Benutzung des älteren Werkes durch das neuere nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 12/08, GRUR 2011, 134 Rn. 33 = WRP 2011, 249 - Perlentaucher, mwN).
- 48
- Zur Prüfung, ob eine freie Benutzung oder eine abhängige Bearbeitung vorliegt, ist zunächst im Einzelnen festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werkes bestimmen. Sodann ist durch Vergleich der sich gegenüberstehenden Werke zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im neuen Werk eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Maßgebend für die Entscheidung ist letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen , in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - I ZR 25/02, GRUR 2004, 855, 857 = WRP 2004, 1293 - Hundefigur, mwN). http://www.juris.de/jportal/portal/t/36i1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=7&numberofresults=39&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR141400004BJNE000805140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/36i1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=7&numberofresults=39&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR141400004BJNE000902140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 19 -
- 49
- bb) Das Berufungsgericht hat schon nicht im Einzelnen festgestellt, auf welchen objektiven Merkmalen die schöpferische Eigentümlichkeit der "LÜK"Lernspiele als Darstellungen wissenschaftlicher Art beruht. Es ist ersichtlich davon ausgegangen, dass diese zumindest auch auf dem Inhalt der Übungshefte beruht und die Lernspiele der Beklagten bereits deshalb als eine urheberrechtlich unbedenkliche freie Bearbeitung der Lernspiele der Klägerin anzusehen sind, weil sich die Inhalte und Aufgaben der Übungshefte der Beklagten von denen der Klägerin deutlich unterscheiden. Das Berufungsgericht hat damit vernachlässigt, dass die urheberrechtlich geschützte schöpferische Eigenart einer Darstellung wissenschaftlicher Art nicht im dargestellten Inhalt, sondern allein in der Form der Darstellung liegt.
- 50
- Bei Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art muss die persönliche geistige Schöpfung in der Darstellung selbst liegen. In der Form der Darstellung muss ein darstellerischer Gedanke auf eigentümliche Weise zum Ausdruck gekommen sein. Dagegen kommt es nicht auf den schöpferischen Gehalt des wissenschaftlichen oder technischen Inhalts der Darstellung an. Das wissenschaftliche und technische Gedankengut eines Werkes ist nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes und kann daher auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit von Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1978 - I ZR 26/77, BGHZ 73, 288, 292 - Flughafenpläne). Eine Verletzung des Urheberrechts an den Lernspielen der Klägerin als Darstellungen wissenschaftlicher Art scheidet demnach nicht schon deshalb aus, weil sich die Inhalte und Aufgaben der Übungshefte der Beklagten von denen der Klägerin unterscheiden.
- 51
- III. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 9 http://www.juris.de/jportal/portal/t/36i1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=7&numberofresults=39&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR141400004BJNE000302140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/36i1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=7&numberofresults=39&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR141400004BJNE000402140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/36i1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=7&numberofresults=39&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE023502377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/36i1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=7&numberofresults=39&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE023502377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 20 - Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a und b, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG i.V. mit § 242 BGB verneint hat.
- 52
- 1. Unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Rn. 21 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE, mwN). Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 23 - LIKEaBIKE, mwN). Die Unlauterkeit kann sich daraus ergeben, dass das Angebot des nachahmenden Erzeugnisses eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UWG) oder die Wertschätzung der nachgeahmten Ware unangemessen ausnutzt (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG).
- 53
- 2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden jedenfalls deshalb keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes wegen vermeidbarer Täuschung über die Herkunft (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UWG) oder unangemessener Ausnutzung der Wertschätzung (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG) zu, weil es sowohl an einer Herkunftstäuschung als auch an einer Rufausbeutung fehle. Eine Täuschung über die betriebliche Herkunft der Kontrollgeräte erscheine angesichts der Unterschiede zwischen den Kontrollgeräten der Parteien ausgeschlossen. Eine Ausnutzung der Wertschätzung der Produkte der Klägerin liege nichtvor, weil der Abstand zwischen den Produkten der Parteien für einen Imagetransfer zu groß sei.
- 54
- Die Revision macht ohne Erfolg geltend, diese Beurteilung des Berufungsgerichts beruhe auf einer Verletzung der Hinweispflicht aus § 139 ZPO und einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Entgegen der Ansicht der Revision war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass es eine Täuschung über die betriebliche Herkunft der Kontrollgeräte für ausgeschlossen erachtet. Die Klägerin hat sich bereits in ihrer Klageschrift auf Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung berufen. Die Parteien haben eingehend zu der Frage vorgetragen, ob mit Blick auf die Übereinstimmungen und die Unterschiede zwischen den Kontrollgeräten die Gefahr einer Herkunftstäuschung besteht. Das Berufungsgericht war unter diesen Umständen nicht gehalten, die Parteien darauf hinzuweisen, wie es diese streitige Frage entscheiden wird. Es kommt deshalb nicht darauf an, was die Klägerin auf einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts vorgetragen hätte. Der von der Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz gehaltene Vortrag zur angeblich unlauteren Ausnutzung einer Vertriebskooperation durch die Beklagte , aus der sich die Unlauterkeit einer Nachahmung ergeben soll, ist daher nicht zu berücksichtigen.
- 55
- IV. Die Revision ist begründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht hinsichtlich der Widerklage den Zahlungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag stattgegeben hat. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Beklagten mit der Widerklage erhobenen Ansprüche auf Ersatz des Schadens aus der Vollziehung der einstweiligen Verfügung nicht bejaht werden.
- 56
- 1. Die Partei, die - wie hier die Klägerin - die Anordnung einer einstweiligen Verfügung erwirkt hat, ist nach § 945 ZPO verpflichtet, dem Gegner - hier http://www.juris.de/jportal/portal/t/25rr/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE116802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 22 - also der Beklagten - den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel entsteht, wenn die Anordnung sich als von Anfang an ungerechtfertigt erweist.
- 57
- 2. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne von der Klägerin danach den Ersatz des Schadens verlangen, der ihr aus der Vollziehung der einstweiligen Verfügung entstanden ist, weil die Anordnung der einstweiligen Verfügung wegen Fehlens eines Verfügungsanspruchs von Anfang an ungerechtfertigt gewesen sei.
- 58
- a) Mit dieser Begründung kann ein Schadensersatzanspruch nicht bejaht werden. Nach den vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann - wie oben unter Rn. 41 ff. ausgeführt - nicht angenommen werden, dass der Klägerin kein Verfügungsanspruch zustand, weil die Beklagte kein Urheberrecht an den Lernspielen verletzt hatte. Zugunsten der Klägerin ist daher im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass sie wegen Verletzung eines Urheberrechts an den Lernspielen durch die Beklagte einen Verfügungsanspruch hatte.
- 59
- b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Hatte die Klägerin einen Verfügungsanspruch wegen einer Urheberrechtsverletzung, ist es unerheblich, dass der Verfügungsanspruch nicht auch noch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründet war. Ebensowenig kommt es darauf an, dass das Landgericht die einstweilige Verfügung wegen Fehlens des Verfügungsgrundes aufgehoben hat. Der Beklagten wäre durch die Vollziehung einer mangels eines Verfügungsgrundes von Anfang an ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung kein nach § 945 ZPO zu ersetzender Schaden erwachsen, wenn sie materiell-rechtlich ohnehin verpflichtet gewesen wäre, die ihr durch die einstwei- lige Verfügung untersagte Handlung zu unterlassen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1954 - I ZR 262/52, BGHZ 15, 356, 358 f. - Progressive Kundenwerbung ; Urteil vom 28. November 1980 - I ZR 182/78, GRUR 1981, 295, 296 = WRP 1981, 269 - Fotoartikel I; Urteil vom 7. Juli 1994 - I ZR 63/92, BGHZ 126, 368, 374 f. - Fortsetzungsverbot, mwN).
- 60
- C. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche sowie der Widerklage zum Nachteil der Klägerin erkannt hat. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
- 61
- Das Berufungsgericht wird erneut zu prüfen haben, ob die aus den Kontrollgeräten und den Übungsheften bestehenden Lernspiele der Klägerin als Darstellungen wissenschaftlicher Art urheberrechtlich geschützt sind und ob gegebenenfalls die Beklagte diese Urheberrechte mit der Herstellung und dem Vertrieb ihrer Lernspiele verletzt hat. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 62
- Bei Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein zu hohes Maß an eigenschöpferischer Formgestaltung verlangt werden; denn derartige Darstellungen stehen unter dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes, obwohl sie regelmäßig einem praktischen Zweck dienen, der den Spielraum für eine individuelle Gestaltung einengt. Es reicht daher aus, dass in dem darstellerischen Gedanken eine individuelle , sich vom alltäglichen Schaffen im betroffenen Bereich abhebende, Geistestätigkeit zum Ausdruck kommt, mag auch das Maß der geistigen Leis- http://www.juris.de/jportal/portal/t/259b/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=7&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302759105&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/259b/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=7&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302759105&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/259b/ [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/259b/ - 24 - tung und individuellen Prägung gering sein (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 20. November 1986 - I ZR 160/84, GRUR 1987, 360, 361 - Werbepläne; Urteil vom 28. Februar 1991 - I ZR 88/89, GRUR 1991, 529, 530 - Explosionszeichnungen, mwN).
- 63
- Allerdings ergibt sich bei einem geringen Maß an Eigentümlichkeit auch ein entsprechend enger Schutzbereich für das betreffende Werk (st. Rspr.; BGH, GRUR 1987, 360, 361 - Werbepläne; GRUR 1991, 529, 530 - Explosionszeichnungen, mwN). Sollten die Lernspiele der Klägerin nur ein geringes Maß an Eigentümlichkeit haben, könnten demnach bereits verhältnismäßig geringfügige Abweichungen in der eigenschöpferischen Gestaltung der Lernspiele der Beklagten bewirken, dass keine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Die vom Berufungsgericht - in anderem Zusammenhang - vorgenommene Beurteilung, die Kontrollgeräte wichen in ihrer Gestaltung so erheblich voneinander ab, dass eine unfreie Bearbeitung nicht angenommen werden könne, wird von seinen Feststellungen nicht getragen. Das Berufungsgericht hat bislang nicht festgestellt, auf welchen Merkmalen gegebenenfalls die schöpferische Eigentümlichkeit der "LÜK"-Lernspiele als Darstellung wissenschaftlicher Art beruht, ob die "Logolino"-Lernspiele diese Merkmale übernommen haben und ob die Gestaltung der Lernspiele der Beklagten unter Berücksichtigung etwaiger Übernahmen einen anderen Gesamteindruck als die Gestaltung der Lernspiele der Klägerin vermittelt.
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 03.12.2008 - 28 O 483/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.08.2009 - 6 U 225/08 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.