Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungskläger kann die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Verfügungsbeklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

 
Der Verfügungskläger macht Unterlassungsansprüche aus § 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB geltend.
Der Verfügungskläger ist Mitglied des baden-württembergischen Landtags sowie Fraktionsvorsitzender der CDU im baden-württembergischen Landtag. Der Verfügungsbeklagte ist ebenfalls Landtagsabgeordneter und Angehöriger der Landtagsfraktion der SPD.
Im Frühjahr 2007 entzündete sich an der Trauerrede des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Oettinger für den ehemaligen Ministerpräsidenten Filbinger (Volltext der Rede unter http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/777/109668) eine intensive, einige Wochen andauernde öffentliche Diskussion über die inhaltliche Richtigkeit der dort getroffenen Feststellungen über Hans Filbinger und allgemeiner über den Umgang mit der Rolle einzelner Personen in der NS-Zeit, an der sich alle demokratischen Parteien beteiligten, wobei insbesondere manche CDU-Mitglieder und Repräsentanten sich hinter den Ministerpräsidenten stellten. Die Breite der Diskussion nahm mit der Distanzierung des Ministerpräsidenten Mitte April 2007 von den umstrittensten Teilen seiner Rede, wobei er auch sein Bedauern über die eigene Wortwahl ausdrückte, deutlich ab.
Am Mittwoch, den 2.5.2007 äußerte sich der Verfügungsbeklagte auf einer SPD-Kreisdelegiertenkonferenz in Keltern-Ellmendingen wie folgt:
„In den Köpfen vieler in der baden-württembergischen CDU befindet sich noch braune Soße in den Köpfen.“ und
„Wäre die Erde eine Scheibe, würde S. M. über den Rand fallen, so weit rechts außen steht er schon.“
Über die Rede des Verfügungsbeklagten und insbesondere diese beiden Äußerungen wurde in der „Pforzheimer Zeitung“, dem „Mühlacker Tagblatt“ sowie dem „Enztäler“ berichtet (Anlagenheft des Verfügungsklägers, Anlagen „Ast 1“ bis „Ast 3“).
Auf vorgerichtliche Aufforderung (Anlage „Ast 5“) zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lehnte der Verfügungsbeklagte diese unter Einräumung der Äußerungen als solche ab (Anlage „Ast 4“).
Der Verfügungskläger trägt vor,
es handele sich bei den angegriffenen Äußerungen um grob ehrverletzende sowie beleidigende Werturteile, die als Schmähkritik von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt seien.
10 
Mit der ersten Äußerung werde der Landesverband der nationalsozialistischen Gesinnung bezichtigt, was insbesondere aus dem Zusammenhang mit dem politischen Meinungskampf zu den öffentlichen Verlautbarungen und dem politischen Streit über die Rolle des verstorbenen Ministerpräsidenten Filbinger, mithin aus dem Zusammenhang mit der historischen und politischen Bedeutung der Farbe braun ersichtlich sei. „Soße“ stehe für eine weiche Gehirnmasse, die nicht mehr funktioniert und über keine Form menschlicher Intelligenz verfügt. Die Äußerung entbehre eines tatsächlichen Bezugspunkts, auch unter Zugutehalten einer Anspielung auf die aktuelle Diskussion um die Person Filbinger und dem Umgang mit dessen Vergangenheit fehle es am erforderlichen Mindestmaß an Sachlichkeit. Es stehe allein die Diffamierung der Person im Vordergrund. In die Wertung habe nach verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung einzufließen, dass der Ehrenschutz im Hinblick auf Hoheitsträger auch das Ziel verfolgen müsse, ein Mindestmaß an öffentlicher Anerkennung zu gewährleisten, welches erforderlich sei, damit die betroffenen staatlichen Einrichtungen ihre Funktion erfüllen könnten.
11 
Aufgrund seines Amtes als Fraktionsvorsitzender sei der Verfügungskläger unzweifelhaft unter die benannten „viele(n) in der CDU“ zu zählen. Damit, dass der Verfügungsbeklagte im Fortgang seiner Ausführungen den Verfügungskläger insbesondere ins Visier genommen habe, habe er eindeutig zu erkennen gegeben, dass die erste Äußerung auch und insbesondere dem Verfügungskläger gelte. Die Zuhörerschaft habe einen direkten zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang gesehen (Anlage „Ast 1“ bis „Ast 3“). Ein expliziter Bezug sei nicht erforderlich. Des weiteren handele es sich um eine Kollektivbeleidigung der baden-württembergischen CDU, die (mit knapp 80.000 Mitgliedern) eine nach äußerlichen Kennzeichen abgegrenzte und zahlenmäßig überschaubare Personenmehrheit sei. Die Äußerung müsse auch von einem Dritten so verstanden werden, dass bestimmte Personen von ihr betroffen sein sollen. Jedes Mitglied der beleidigten Personengesamtheit gelte nach der Rechtsprechung als betroffen, wenn die Beleidigung sich gegen ein nicht näher individualisiertes Mitglied richtet. Es liege auch eine objektive Einbindung aller Mitglieder aufgrund der Satzung, insbesondere aber des Verfügungsklägers zusätzlich zu seiner Mitgliedschaft durch seine politischen Ämter und der alleinigen beruflichen Tätigkeit als Berufspolitiker vor. Der Verfügungskläger sei in die Hierarchie als stellvertretender Landesvorsitzender eingebunden und habe sich der Satzung unterworfen.
12 
Auch bei der zweiten Äußerung stehe die polemisierende politische Diffamierung durch den vollkommen unsachlichen Vorwurf im Vordergrund und entbehre eines tatsächlichen Bezugspunktes. Der Verfügungsbeklagte habe mit der Äußerung zu verstehen gegeben, dass er für den Verfügungskläger keinen Platz mehr auf der Welt aufgrund seiner angeblich rechtsextremen und rechtsradikalen Gesinnung sehe. Mit einer politischen Stellung „rechts außen“ sei immer eine Gutheißung der nationalsozialistischen Verbrechen verbunden. Dem Verfügungskläger werde damit die Eignung als demokratischer Politiker, seine verfassungsgemäße Mandatsausübung und sein Existenzrecht insgesamt abgesprochen. Bereits mit Anspielungen auf eine rechtsradikale oder nationalsozialistische Gesinnung eines demokratischen Politikers sei die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik überschritten. Die namentliche Nennung sei erschwerend zu werten. Der angebliche Humorgehalt der Äußerung erschließe sich nicht. Der Verfügungsbeklagte könne die Freiräume der politischen Karikatur und Satire nur in Anspruch nehmen, wenn dies gegenüber dem Zuhörer kenntlich gemacht werde.
13 
Die Dringlichkeit ergebe sich aus dem erheblichen Medieninteresse. Die Wiederholungsgefahr ergebe sich daraus, dass die Parteien ständig in der Öffentlichkeit stünden. Angesichts der herannahenden Landesparteitages der SPD bestehe ein erhebliches Interesse des Verfügungsklägers, die Zulässigkeit solcher Äußerungen klären zu lassen.
14 
Der Verfügungskläger beantragt:
15 
1. Dem Verfügungsbeklagten zu verbieten, sich in folgender Weise wörtlich oder sinngemäß in Bezug auf den Antragsteller zu äußern und/oder äußern zu lassen:
16 
a) „In den Köpfen vieler in der baden-württembergischen CDU befindet sich noch braune Soße in den Köpfen.“ und/oder
b) „Wäre die Erde eine Scheibe, würde S. M. über den Rand fallen, so weit rechts außen steht er schon.“
17 
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1 dem Verfügungsbeklagten Ordnungsgeld bis zu 20.000 EUR, ersatzweise/oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, in Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, anzudrohen.
18 
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
19 
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
20 
Der Verfügungsbeklagte trägt vor,
21 
etwaige - zu verneinende - Unterlassungsansprüche hinsichtlich der ersten Äußerung stünden lediglich der CDU, nicht dem Verfügungskläger zu, es fehle an der individuellen Betroffenheit. Die Äußerung sei nicht in den unmittelbaren Kontext mit der Person des Verfügungsklägers gebettet worden, sondern habe einen eigenständigen Themenpunkt der Rede gebildet und sei im Zusammenhang mit dem Vorwurf, der Verfügungskläger „fische am rechten Rand“, erfolgt. Es sei weder behauptet noch individualisierbar geäußert worden, der Verfügungskläger habe „braune Soße im Gehirn“. Eine kritische Äußerung über eine Partei führe nicht zur individuellen Betroffenheit ihrer Mitglieder.
22 
Im Übrigen sei die erste Äußerung äußerungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Verfügungsbeklagte habe sich im Kontext der großen öffentlichen Diskussion (vgl. Anlagen des Verfügungsbeklagten) mit der Bedeutung der „Oettinger-Rede“ und den Reaktionen der CDU auseinandergesetzt ohne den Namen des Verfügungsklägers zu erwähnen. „Braune Soße“ stehe für nichts anderes, als für die Verteidigung des Rechtspositivismus und eines obrigkeitshörig geprägten Staatsverständnisses. Mit der Äußerung würde pointiert zum Ausdruck gebracht, dass durch führende Repräsentanten der CDU versucht worden sei, geschichtsrevisionistische Tendenzen zu legitimieren, womit ein demokratiefeindliches rechtspositivistisches Staatsverständnis dokumentiert werde. Die Äußerung sei nicht dahingehend verstanden worden und sei auch nicht derart zu verstehen, eine Person lasse sich von nationalsozialistischem Gedankengut leiten. „Soße“ stehe auch nicht für eine besonders weiche Gehirnmasse, sondern etikettiere lediglich umgangssprachlich ein Element im Bereich der politischen Einstellungen. Eine Gleichstellung mit den Nationalsozialisten erfolge nicht. Der Sachbezug werde nicht in den Hintergrund gedrängt. Vielmehr habe es sich bei der intensiven politischen Auseinandersetzung um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung gehandelt, polemisierende und plakative Wertungen seien nicht unzulässig.
23 
Die zweite Äußerung sei evident keine Schmähkritik und nicht ansatzweise im äußerungsrechtlichen Grenzbereich zuzuordnen. Bei Personen, die politische Bedeutung beanspruchen, sei der Zulässigkeitsrahmen besonders weit zu ziehen. Kein einziger Rezipient habe die Äußerung dergestalt aufgefasst oder interpretiert, dass der Verfügungskläger eine angebliche rechtsextreme oder rechtsradikale Gesinnung habe. Es sei lediglich zum Ausdruck gebracht und auch so verstanden worden, dass der Verfügungskläger dem rechtskonservativen Lager innerhalb der CDU zuzuordnen sei. Das Wort rechtsradikal oder rechtsextrem sei bewusst nicht verwendet worden, mit der Bezeichnung „rechts“ sei für jeden ersichtlich gewesen, dass damit die Position des Verfügungsklägers innerhalb der CDU und der demokratischen Parteien gekennzeichnet werden sollte. Es seien dem Verfügungskläger damit nicht die Eignung als demokratischer Politiker, seine verfassungsmäßige Mandatsausübung und seine Existenzrechte abgesprochen worden.
24 
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet.
26 
Durch die erste angegriffene Äußerung des Verfügungsbeklagten („In den Köpfen vieler in der baden-württembergischen CDU ...“ ) ist der Verfügungskläger nicht individuell betroffen und damit nicht anspruchsberechtigt, der zweiten („Wäre die Erde eine Scheibe ...“) ist - jedenfalls spätestens nach der Klarstellung des Verfügungsbeklagten mit Schriftsatz vom 31.05.2007 - kein ehrverletzender Inhalt beizumessen. Daher ist der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, weil es an einem Verfügungsanspruch fehlt.
I.
27 
Gegen den Satz: „In den Köpfen vieler in der baden-württembergischen CDU befindet sich noch braune Soße“ kann sich der Verfügungskläger nicht wenden, weil ihm kein eigener Unterlassungsanspruch zusteht. Anspruchsberechtigt ist nur, wer durch die umstrittene Äußerung individuell betroffen ist. An dieser individuellen Betroffenheit fehlt es dem Verfügungskläger. Einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Zulässigkeit der betroffenen Äußerung im Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Ehrschutz bedarf es daher nicht.
28 
1. Zwar ist es für die Bejahung eines Unterlassungsanspruchs nicht erforderlich, dass der Anspruchsteller in der beanstandeten Äußerung namentlich genannt wurde, vielmehr reicht es aus, wenn eine nicht unbeträchtliche Anzahl unbefangener Leser diese mit einer bestimmten Person in Beziehung setzen wird (vgl. z.B. zum insoweit vergleichbaren Gegendarstellungsanspruch: Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Aufl., Kap. 24 Rdn. 5 m.w.N.; MünchKomm/Schwertner, BGB, 3. Aufl., § 12 Rdn. 359). Im Streitfall ist nicht glaubhaft gemacht, dass die beanstandete Äußerung - sei es ausdrücklich oder auch nur aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Rede auf der Kreisdelegiertenkonferenz - erkennbar auf den Verfügungskläger zu beziehen war.
29 
Nicht zwingend ergibt sich dies aus dem Umstand, dass die über „viele Mitglieder der baden-württembergischen CDU“ getane Äußerung in der selben Rede gefallen ist, in der der Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger namentlich genannt und direkt kritisiert hat. Der Verfügungsbeklagte selbst hat lediglich die sinngemäße Äußerung über einen Teil der CDU-Mitglieder als solche eingeräumt, die behauptete schlüssige Bezugnahme auf den Verfügungskläger aber ausdrücklich in Abrede gestellt und darauf verwiesen, die namentliche Nennung des Verfügungsbeklagten und die Kritik an seiner Person sei in ganz anderem Zusammenhang, nämlich verbunden mit der Aussage, dieser „fische am rechten Rand“ gefallen.
30 
Zur Unterrichtung über den Gesamtinhalt der Rede stehen lediglich drei Zeitungsartikel zur Verfügung, deren inhaltliche Richtigkeit zwar nicht in Zweifel gezogen werden soll, die die Äußerungen des Verfügungsbeklagten aber naturgemäß nur in geraffter Form wiedergeben und möglicherweise auch mit anderer Gewichtung und in anderer Reihenfolge.
31 
Allen Zeitungsartikeln ist zu entnehmen, dass der Verfügungsbeklagte in seiner Rede auf eine Reihe inhaltlich nicht zusammenhängender Punkte eingegangen ist. Neben den direkten Attacken gegen den Verfügungskläger und neben der Auseinandersetzung über das Verhalten des verstorbenen Ministerpräsidenten Filbinger in der NS-Zeit und der in diesem Zusammenhang geäußerten Kritik an der Einstellung „vieler CDU-Mitglieder“ kam der Verfügungsbeklagte offenbar auch auf Versäumnisse der Landesregierung in der Bildungspolitik, den Einsatz der SPD für einen gesetzlichen Mindestlohn, die drohende Klimakatastrophe und die Förderung des Mittelstands zu sprechen.
32 
In der „Pforzheimer Zeitung“ werden die beiden im Verfügungsverfahren interessierenden Äußerungen in keinen inhaltlichen Zusammenhang gebracht. Während hier die erste Äußerung über geistige Strömungen in der CDU in Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion über die Haltung des früheren Ministerpräsidenten Filbinger in der NS-Zeit, welche auf die Trauerrede des Ministerpräsidenten Günther Oettinger folgte, gestellt wurde, gingen die auf den Verfügungskläger bezogenen Äußerungen nach der Darstellung dieses Artikels in eine andere Richtung. Dort heißt es: Landtagsabgeordneter K. nahm den CDU-Abgeordneten aus Pforzheim aufs Korn: „`S. M. fischt am rechten Rand. Wäre die Erde eine Scheibe, würde M. über den Rand fallen, so weit rechts außen steht er schon.´ Im Fall des grünen Politikers F.-U. S. habe sich der Vorsitzende der CDU- Landtagsfraktion völlig daneben benommen, ...“.
33 
Richtig ist allerdings, dass die - jeweils vom selben Verfasser stammenden - weiteren Artikel im „Mühlacker Tagblatt“ und im „Enztäler“ beide Äußerungen mit einander verknüpft haben. So heißt es dort: „K. argwöhnte, in den Köpfen vieler in der baden-württembergischen CDU befinde sich noch „braune Soße“. Der Abgeordnete nahm dabei auch seinen Kollegen S. M. nicht aus, den er am rechtesten Rand stehend einstufte: „Wäre die Erde eine Scheibe, wäre M. schon ganz rechts von ihr abgestürzt““. Diese möglicherweise nur aus sprachlichen Gründen gewählte, flüssige Überleitung zwischen zwei Themenpunkten allein macht aber die Annahme des Verfügungsklägers nicht glaubhaft, der Verfügungsbeklagte habe ihn im Sinne einer „Insbesondere -Verknüpfung“ als typisches Beispiel für eine angeblich häufig anzutreffende Geisteshaltung der hiesigen CDU-Mitglieder angeführt.
34 
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass zwei der drei vorgelegten Artikel die Hauptüberschrift trugen „K. wettert gegen M.“ bzw. „K. attackiert M.“. Auch dies vermochte dem durchschnittlichen Leser angesichts des vielfältigen Inhalts der nachfolgenden Artikel und der unterschiedlichen Angriffsrichtungen nicht den Eindruck zu vermitteln, sämtliche Kritikpunkte des Verfügungsbeklagten seien auf den Verfügungskläger zu beziehen. Selbst wenn aber dieser Eindruck entstanden sein sollte, wäre jedenfalls der Verfügungsbeklagte nicht für diese von dritter Seite vorgenommene Gewichtung seiner Äußerungen verantwortlich zu machen.
35 
Soweit der Verfügungskläger darauf verwiesen hat, er selbst habe sich an dem Meinungsaustausch über die Trauerrede für den früheren Ministerpräsidenten Filbinger beteiligt und sei schon deshalb von der beanstandeten Äußerung betroffen, ist damit die Erkennbarkeit der Bezugnahme aber nicht glaubhaft gemacht. Der Verfügungsbeklagte hat diesen Umstand in seiner Rede nicht erwähnt, er war ihm, wie sein Verfahrenbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2007 anwaltlich versichert hat, seinerzeit nicht einmal bekannt. Dass der verständige Durchschnittshörer der Rede sich dessen bewusst gewesen wäre und deshalb die beanstandete Äußerung zwingend auch auf den Verfügungskläger bezogen hätte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Es ist nicht einmal bekannt, wann die Stellungnahme des Verfügungsklägers veröffentlicht wurde und ob somit ein solcher Hergang in zeitlicher Hinsicht überhaupt möglich gewesen wäre.
36 
2. Grundsätzlich kann mit der Verwendung einer Kollektivbezeichnung auch ein Angriff auf einzelne der fraglichen Gruppe angehörende Personen verbunden sein. Richtig ist, dass der Verfügungskläger der baden-württembergischen CDU angehört und dort die herausgehobene Funktion des Fraktionsvorsitzenden begleitet. Gleichwohl muss die abwertende Äußerung des Verfügungsbeklagten nicht auf ihn gemünzt gewesen sein.
37 
Ob ein Einzelner individuell betroffen ist, wenn der Angriff unter einer Kollektivbezeichnung erfolgt, ist sorgfältig abzuwägen und nach richtiger Rechtsauffassung einschränkend zu verstehen (vgl. dazu z.B. Staudinger/Hager, BGB, 1999, § 823 C 21 ff, 24 m.w.N.; MünchKomm/Schwerdtner, BGB, 3. Aufl., § 12 Rdn. 192; siehe auch zur Zusammenstellung des aktuellen Meinungsstands: OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.04.2007 - 14 U 11/07). Je größer sich eine Gruppe darstellt, desto weniger kann eine Äußerung in dem Sinne verstanden werden, dass sie jedes einzelne Gruppenmitglied treffen soll (vgl. dazu auch BVerfGE 93, 266, 301 und BVerfG NJW 2006, 3769, 3771). Es handelt sich stets um ein Durchschnittsurteil, bei dem die individuelle Ausnahme zumindest konkludent mit erklärt wird, so dass ein Bezug zu einer konkreten Person in der Regel gerade nicht mehr zu erkennen ist. Dies wird im Streitfall besonders deutlich, wo sich die Äußerung des Verfügungsbeklagten schon nach ihrem Wortlaut nur auf viele und gerade nicht auf alle CDU-Mitglieder in Baden-Württemberg bezogen hat. Dies lässt schon sprachlich die Möglichkeit offen, dass der Verfügungskläger gerade nicht gemeint war. Zwar kann es bei kleineren Gruppen auch ausreichen, wenn der Täter zwar nicht alle Mitglieder angreift, aber offen lässt, wer gemeint gewesen sei. Dies setzt aber eine zahlenmäßige Überschaubarkeit der Gruppe voraus, die bei der baden-württembergischen CDU nicht mehr gegeben ist (vgl. Staudinger, a.a.O., Rdn. 24; MünchKomm, a.aO.). So hat beispielsweise das Kammergericht Berlin in einem ähnlichen Fall entschieden, dass dann, wenn an einem Gericht mehr als 200 Richter tätig sind, die Verunglimpfung einer nicht genannten Zahl unter ihnen nicht geeignet ist, jeden dieser Richter zu verletzen (KG JR 1978, 422 f).
38 
Der Verfügungskläger hat sich für seine gegenteilige Auffassung auf die Soldatenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 93, 266 ff) berufen und dabei als Argument für die uneingeschränkte Übertragbarkeit dieser Entscheidung angeführt, dass wie die dort betroffenen aktiven Soldaten der Bundeswehr auch die Mitglieder der CDU in Baden-Württemberg in Ansehung der Parteisatzung „in ein Kollektiv objektiv eingebunden“ seien. Insofern unterscheide sich der Streitfall hinsichtlich der individuellen Betroffenheit von den lediglich im Rahmen einer konkreten, freiwilligen Protestaktion verbundenen Ärzten, um deren Betroffenheit es in der zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe gegangen sei. Ob und inwieweit strafrechtliche Entscheidungsgrundsätze im Rahmen zivilrechtlicher Unterlassungsklagen herangezogen werden können, ist umstritten (vgl. z.B. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Hdb. des Äußerungsrechts, 4. Aufl., Rdn. 12.44). Selbst wenn man aber die Grundsätze der verfassungsgerichtlichen Entscheidung im Streitfall anwendete, käme man nicht zu einer persönlichen Betroffenheit. Die Äußerung des Verfügungsbeklagten bezog sich gerade nicht auf ein satzungsgemäßes Verhalten der Parteimitglieder, sondern auf deren angebliche innerste, durch keine Parteisatzung zu reglementierende Überzeugung. Soweit es um die freie Willens- und Gewissensbildung der Parteimitglieder geht, liegt das geforderte „Eingebundensein“ bei CDU-Mitgliedern nicht vor.
39 
Dass ein einzelnes Parteimitglied durch eine Kritik an seiner Partei grundsätzlich (anders für einen Sonderfall im Wahlkampf OLG Karlsruhe AfP 1981, 363) nicht persönlich betroffen ist, hat schon das Oberlandesgericht Hamburg in der vom Verfügungsbeklagten zitierten Entscheidung AfP 1977,47 f entschieden.
40 
3. Nicht verkannt wird, dass auch Parteien Persönlichkeitsschutz genießen können (vgl. z.B. OLG München NJW 1996, 2515; Staudinger, a.a.O., § 823 C 28). Im vorliegenden Verfügungsverfahren ist der Verfügungskläger aber aus eigenem Recht und nicht für die baden-württembergische CDU vorgegangen. Deshalb bedarf es keiner Auseinandersetzung damit, ob die umstrittenen Äußerung inhaltlich zulässig war.
II.
41 
Hinsichtlich der mit dem Antrag zu 2 angegriffenen Äußerung (Wäre die Erde eine Scheibe ...) ist ein Verfügungsanspruch jedenfalls nach der Klarstellung des Verfügungsbeklagten im Schriftsatz vom 31.05.2007 nicht gegeben.
42 
Der Verfügungskläger sieht das betroffene Werturteil deswegen als unzulässig an, weil er annimmt, er sei damit in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt worden und weil dies als sogenannte Schmähkritik, die nicht mehr auf eine Auseinandersetzung in der Sache, sondern nur noch auf die Herabsetzung der Person ziele, auch nicht von der allgemeinen Meinungsfreiheit gedeckt sei.
43 
Richtig ist daran, dass es grundsätzlich die Grenzen des Zulässigen überschreiten dürfte, wenn eine Person, deren Biographie dazu keinen Anlass gibt, beispielsweise durch die Bezeichnung als „Nazi“ mit dem Nationalsozialismus und dessen Unrechtstaten in Verbindung gebracht wird (vgl. z.B. OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1050). Hier ist aber bereits äußerst zweifelhaft, ob die Äußerungen des Verfügungsbeklagten überhaupt in diesem Sinne verstanden werden konnten.
44 
Näher liegt nach dem Gesamtzusammenhang der Rede, soweit er dem Gericht bekannt geworden ist, dass der verständige Durchschnittshörer den Eindruck erlangt hat, der Verfügungskläger solle ins äußerste rechte Spektrum der hiesigen CDU gerückt werden, nachdem ein unmittelbarer Zusammenhang der Äußerung mit der Befassung des Verfügungsbeklagten mit der Vergangenheit des früheren Ministerpräsidenten Filbinger von ihm bestritten und vom Verfügungskläger nicht glaubhaft gemacht ist. Der Meinung des Verfügungsklägers, der verständige Durchschnittshörer werde die scherzhafte Metapher von der Erde als Scheibe in dem Sinne fortschreiben, dass er das Bild von der Scheibe mit dem „Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ gleichsetze, den der Verfügungskläger demnach schon verlassen habe, neigt die Kammer nicht zu, sondern hält sie für eher fernliegend. Dies braucht aber nicht abschließend entschieden zu werden.
45 
Sollte entgegen der vorstehend vertretenen Rechtsmeinung die Äußerung des Verfügungsbeklagten als mehrdeutig im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. dazu BVerfG NJW 2006, 207 ff, 208 - IM-Sekretär und BVerfG NJW 2006, 3769 ff, 3773 - „Babycaust“, jeweils m.w.N.) anzusehen sein, so hätte der Verfügungsbeklagte den Anforderungen, die nach den beiden vorstehend zitierten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen dann an ihn zu stellen wären, mit seiner schriftsätzlichen Erklärung vom 31.05.2007 Genüge getan. Dort hat der Verfügungsbeklagte u.a. ausführen lassen:
46 
„... Der Verfügungsbeklagte hat damit dem Verfügungskläger keinesfalls den Vorwurf unterbreiten wollen, nicht mehr auf dem Boden der demokratischen Grundordnung zu stehen. Er hat damit nicht zum Ausdruck bringen wollen und will damit auch nicht zum Ausdruck bringen, bei dem Verfügungskläger handele es sich um einen Rechtsextremisten oder eine Person mit nationalsozialistischem Gedankengut.“
47 
Der Verfügungsbeklagte hat damit die vom Verfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Unterlassung einer mehrdeutigen Meinungsäußerung für nötig gehaltene Bereitschaft zu erkennen gegeben, seiner Aussage eindeutig nur einen zulässigen Inhalt geben zu wollen. Deshalb ist ein etwaiger Unterlassungsanspruch spätestens aufgrund der klarstellenden Äußerungen des Verfügungsbeklagten entfallen.
48 
Soweit damit nur der vom Verfügungsbeklagten gewollte Inhalt zur Beurteilung verbleibt, es also lediglich noch um den Vorwurf des „Rechtspopulismus“ bzw. einer extrem rechtskonservativen Haltung geht, ist die - in dieser Deutung auch vom Verfügungskläger selbst nicht beanstandete - Äußerung zweifelsfrei vom Grundrecht der Meinungsäußerung gedeckt. Sie ist als erkennbar vom politischen Gegner stammende, pointierte Erklärung nicht geeignet, den sozialen Geltungsanspruch des Verfügungsklägers in unzulässiger Weise zu beeinträchtigen.
III.
49 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Gründe

 
25 
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet.
26 
Durch die erste angegriffene Äußerung des Verfügungsbeklagten („In den Köpfen vieler in der baden-württembergischen CDU ...“ ) ist der Verfügungskläger nicht individuell betroffen und damit nicht anspruchsberechtigt, der zweiten („Wäre die Erde eine Scheibe ...“) ist - jedenfalls spätestens nach der Klarstellung des Verfügungsbeklagten mit Schriftsatz vom 31.05.2007 - kein ehrverletzender Inhalt beizumessen. Daher ist der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, weil es an einem Verfügungsanspruch fehlt.
I.
27 
Gegen den Satz: „In den Köpfen vieler in der baden-württembergischen CDU befindet sich noch braune Soße“ kann sich der Verfügungskläger nicht wenden, weil ihm kein eigener Unterlassungsanspruch zusteht. Anspruchsberechtigt ist nur, wer durch die umstrittene Äußerung individuell betroffen ist. An dieser individuellen Betroffenheit fehlt es dem Verfügungskläger. Einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Zulässigkeit der betroffenen Äußerung im Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Ehrschutz bedarf es daher nicht.
28 
1. Zwar ist es für die Bejahung eines Unterlassungsanspruchs nicht erforderlich, dass der Anspruchsteller in der beanstandeten Äußerung namentlich genannt wurde, vielmehr reicht es aus, wenn eine nicht unbeträchtliche Anzahl unbefangener Leser diese mit einer bestimmten Person in Beziehung setzen wird (vgl. z.B. zum insoweit vergleichbaren Gegendarstellungsanspruch: Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Aufl., Kap. 24 Rdn. 5 m.w.N.; MünchKomm/Schwertner, BGB, 3. Aufl., § 12 Rdn. 359). Im Streitfall ist nicht glaubhaft gemacht, dass die beanstandete Äußerung - sei es ausdrücklich oder auch nur aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Rede auf der Kreisdelegiertenkonferenz - erkennbar auf den Verfügungskläger zu beziehen war.
29 
Nicht zwingend ergibt sich dies aus dem Umstand, dass die über „viele Mitglieder der baden-württembergischen CDU“ getane Äußerung in der selben Rede gefallen ist, in der der Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger namentlich genannt und direkt kritisiert hat. Der Verfügungsbeklagte selbst hat lediglich die sinngemäße Äußerung über einen Teil der CDU-Mitglieder als solche eingeräumt, die behauptete schlüssige Bezugnahme auf den Verfügungskläger aber ausdrücklich in Abrede gestellt und darauf verwiesen, die namentliche Nennung des Verfügungsbeklagten und die Kritik an seiner Person sei in ganz anderem Zusammenhang, nämlich verbunden mit der Aussage, dieser „fische am rechten Rand“ gefallen.
30 
Zur Unterrichtung über den Gesamtinhalt der Rede stehen lediglich drei Zeitungsartikel zur Verfügung, deren inhaltliche Richtigkeit zwar nicht in Zweifel gezogen werden soll, die die Äußerungen des Verfügungsbeklagten aber naturgemäß nur in geraffter Form wiedergeben und möglicherweise auch mit anderer Gewichtung und in anderer Reihenfolge.
31 
Allen Zeitungsartikeln ist zu entnehmen, dass der Verfügungsbeklagte in seiner Rede auf eine Reihe inhaltlich nicht zusammenhängender Punkte eingegangen ist. Neben den direkten Attacken gegen den Verfügungskläger und neben der Auseinandersetzung über das Verhalten des verstorbenen Ministerpräsidenten Filbinger in der NS-Zeit und der in diesem Zusammenhang geäußerten Kritik an der Einstellung „vieler CDU-Mitglieder“ kam der Verfügungsbeklagte offenbar auch auf Versäumnisse der Landesregierung in der Bildungspolitik, den Einsatz der SPD für einen gesetzlichen Mindestlohn, die drohende Klimakatastrophe und die Förderung des Mittelstands zu sprechen.
32 
In der „Pforzheimer Zeitung“ werden die beiden im Verfügungsverfahren interessierenden Äußerungen in keinen inhaltlichen Zusammenhang gebracht. Während hier die erste Äußerung über geistige Strömungen in der CDU in Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion über die Haltung des früheren Ministerpräsidenten Filbinger in der NS-Zeit, welche auf die Trauerrede des Ministerpräsidenten Günther Oettinger folgte, gestellt wurde, gingen die auf den Verfügungskläger bezogenen Äußerungen nach der Darstellung dieses Artikels in eine andere Richtung. Dort heißt es: Landtagsabgeordneter K. nahm den CDU-Abgeordneten aus Pforzheim aufs Korn: „`S. M. fischt am rechten Rand. Wäre die Erde eine Scheibe, würde M. über den Rand fallen, so weit rechts außen steht er schon.´ Im Fall des grünen Politikers F.-U. S. habe sich der Vorsitzende der CDU- Landtagsfraktion völlig daneben benommen, ...“.
33 
Richtig ist allerdings, dass die - jeweils vom selben Verfasser stammenden - weiteren Artikel im „Mühlacker Tagblatt“ und im „Enztäler“ beide Äußerungen mit einander verknüpft haben. So heißt es dort: „K. argwöhnte, in den Köpfen vieler in der baden-württembergischen CDU befinde sich noch „braune Soße“. Der Abgeordnete nahm dabei auch seinen Kollegen S. M. nicht aus, den er am rechtesten Rand stehend einstufte: „Wäre die Erde eine Scheibe, wäre M. schon ganz rechts von ihr abgestürzt““. Diese möglicherweise nur aus sprachlichen Gründen gewählte, flüssige Überleitung zwischen zwei Themenpunkten allein macht aber die Annahme des Verfügungsklägers nicht glaubhaft, der Verfügungsbeklagte habe ihn im Sinne einer „Insbesondere -Verknüpfung“ als typisches Beispiel für eine angeblich häufig anzutreffende Geisteshaltung der hiesigen CDU-Mitglieder angeführt.
34 
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass zwei der drei vorgelegten Artikel die Hauptüberschrift trugen „K. wettert gegen M.“ bzw. „K. attackiert M.“. Auch dies vermochte dem durchschnittlichen Leser angesichts des vielfältigen Inhalts der nachfolgenden Artikel und der unterschiedlichen Angriffsrichtungen nicht den Eindruck zu vermitteln, sämtliche Kritikpunkte des Verfügungsbeklagten seien auf den Verfügungskläger zu beziehen. Selbst wenn aber dieser Eindruck entstanden sein sollte, wäre jedenfalls der Verfügungsbeklagte nicht für diese von dritter Seite vorgenommene Gewichtung seiner Äußerungen verantwortlich zu machen.
35 
Soweit der Verfügungskläger darauf verwiesen hat, er selbst habe sich an dem Meinungsaustausch über die Trauerrede für den früheren Ministerpräsidenten Filbinger beteiligt und sei schon deshalb von der beanstandeten Äußerung betroffen, ist damit die Erkennbarkeit der Bezugnahme aber nicht glaubhaft gemacht. Der Verfügungsbeklagte hat diesen Umstand in seiner Rede nicht erwähnt, er war ihm, wie sein Verfahrenbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2007 anwaltlich versichert hat, seinerzeit nicht einmal bekannt. Dass der verständige Durchschnittshörer der Rede sich dessen bewusst gewesen wäre und deshalb die beanstandete Äußerung zwingend auch auf den Verfügungskläger bezogen hätte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Es ist nicht einmal bekannt, wann die Stellungnahme des Verfügungsklägers veröffentlicht wurde und ob somit ein solcher Hergang in zeitlicher Hinsicht überhaupt möglich gewesen wäre.
36 
2. Grundsätzlich kann mit der Verwendung einer Kollektivbezeichnung auch ein Angriff auf einzelne der fraglichen Gruppe angehörende Personen verbunden sein. Richtig ist, dass der Verfügungskläger der baden-württembergischen CDU angehört und dort die herausgehobene Funktion des Fraktionsvorsitzenden begleitet. Gleichwohl muss die abwertende Äußerung des Verfügungsbeklagten nicht auf ihn gemünzt gewesen sein.
37 
Ob ein Einzelner individuell betroffen ist, wenn der Angriff unter einer Kollektivbezeichnung erfolgt, ist sorgfältig abzuwägen und nach richtiger Rechtsauffassung einschränkend zu verstehen (vgl. dazu z.B. Staudinger/Hager, BGB, 1999, § 823 C 21 ff, 24 m.w.N.; MünchKomm/Schwerdtner, BGB, 3. Aufl., § 12 Rdn. 192; siehe auch zur Zusammenstellung des aktuellen Meinungsstands: OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.04.2007 - 14 U 11/07). Je größer sich eine Gruppe darstellt, desto weniger kann eine Äußerung in dem Sinne verstanden werden, dass sie jedes einzelne Gruppenmitglied treffen soll (vgl. dazu auch BVerfGE 93, 266, 301 und BVerfG NJW 2006, 3769, 3771). Es handelt sich stets um ein Durchschnittsurteil, bei dem die individuelle Ausnahme zumindest konkludent mit erklärt wird, so dass ein Bezug zu einer konkreten Person in der Regel gerade nicht mehr zu erkennen ist. Dies wird im Streitfall besonders deutlich, wo sich die Äußerung des Verfügungsbeklagten schon nach ihrem Wortlaut nur auf viele und gerade nicht auf alle CDU-Mitglieder in Baden-Württemberg bezogen hat. Dies lässt schon sprachlich die Möglichkeit offen, dass der Verfügungskläger gerade nicht gemeint war. Zwar kann es bei kleineren Gruppen auch ausreichen, wenn der Täter zwar nicht alle Mitglieder angreift, aber offen lässt, wer gemeint gewesen sei. Dies setzt aber eine zahlenmäßige Überschaubarkeit der Gruppe voraus, die bei der baden-württembergischen CDU nicht mehr gegeben ist (vgl. Staudinger, a.a.O., Rdn. 24; MünchKomm, a.aO.). So hat beispielsweise das Kammergericht Berlin in einem ähnlichen Fall entschieden, dass dann, wenn an einem Gericht mehr als 200 Richter tätig sind, die Verunglimpfung einer nicht genannten Zahl unter ihnen nicht geeignet ist, jeden dieser Richter zu verletzen (KG JR 1978, 422 f).
38 
Der Verfügungskläger hat sich für seine gegenteilige Auffassung auf die Soldatenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 93, 266 ff) berufen und dabei als Argument für die uneingeschränkte Übertragbarkeit dieser Entscheidung angeführt, dass wie die dort betroffenen aktiven Soldaten der Bundeswehr auch die Mitglieder der CDU in Baden-Württemberg in Ansehung der Parteisatzung „in ein Kollektiv objektiv eingebunden“ seien. Insofern unterscheide sich der Streitfall hinsichtlich der individuellen Betroffenheit von den lediglich im Rahmen einer konkreten, freiwilligen Protestaktion verbundenen Ärzten, um deren Betroffenheit es in der zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe gegangen sei. Ob und inwieweit strafrechtliche Entscheidungsgrundsätze im Rahmen zivilrechtlicher Unterlassungsklagen herangezogen werden können, ist umstritten (vgl. z.B. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Hdb. des Äußerungsrechts, 4. Aufl., Rdn. 12.44). Selbst wenn man aber die Grundsätze der verfassungsgerichtlichen Entscheidung im Streitfall anwendete, käme man nicht zu einer persönlichen Betroffenheit. Die Äußerung des Verfügungsbeklagten bezog sich gerade nicht auf ein satzungsgemäßes Verhalten der Parteimitglieder, sondern auf deren angebliche innerste, durch keine Parteisatzung zu reglementierende Überzeugung. Soweit es um die freie Willens- und Gewissensbildung der Parteimitglieder geht, liegt das geforderte „Eingebundensein“ bei CDU-Mitgliedern nicht vor.
39 
Dass ein einzelnes Parteimitglied durch eine Kritik an seiner Partei grundsätzlich (anders für einen Sonderfall im Wahlkampf OLG Karlsruhe AfP 1981, 363) nicht persönlich betroffen ist, hat schon das Oberlandesgericht Hamburg in der vom Verfügungsbeklagten zitierten Entscheidung AfP 1977,47 f entschieden.
40 
3. Nicht verkannt wird, dass auch Parteien Persönlichkeitsschutz genießen können (vgl. z.B. OLG München NJW 1996, 2515; Staudinger, a.a.O., § 823 C 28). Im vorliegenden Verfügungsverfahren ist der Verfügungskläger aber aus eigenem Recht und nicht für die baden-württembergische CDU vorgegangen. Deshalb bedarf es keiner Auseinandersetzung damit, ob die umstrittenen Äußerung inhaltlich zulässig war.
II.
41 
Hinsichtlich der mit dem Antrag zu 2 angegriffenen Äußerung (Wäre die Erde eine Scheibe ...) ist ein Verfügungsanspruch jedenfalls nach der Klarstellung des Verfügungsbeklagten im Schriftsatz vom 31.05.2007 nicht gegeben.
42 
Der Verfügungskläger sieht das betroffene Werturteil deswegen als unzulässig an, weil er annimmt, er sei damit in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt worden und weil dies als sogenannte Schmähkritik, die nicht mehr auf eine Auseinandersetzung in der Sache, sondern nur noch auf die Herabsetzung der Person ziele, auch nicht von der allgemeinen Meinungsfreiheit gedeckt sei.
43 
Richtig ist daran, dass es grundsätzlich die Grenzen des Zulässigen überschreiten dürfte, wenn eine Person, deren Biographie dazu keinen Anlass gibt, beispielsweise durch die Bezeichnung als „Nazi“ mit dem Nationalsozialismus und dessen Unrechtstaten in Verbindung gebracht wird (vgl. z.B. OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1050). Hier ist aber bereits äußerst zweifelhaft, ob die Äußerungen des Verfügungsbeklagten überhaupt in diesem Sinne verstanden werden konnten.
44 
Näher liegt nach dem Gesamtzusammenhang der Rede, soweit er dem Gericht bekannt geworden ist, dass der verständige Durchschnittshörer den Eindruck erlangt hat, der Verfügungskläger solle ins äußerste rechte Spektrum der hiesigen CDU gerückt werden, nachdem ein unmittelbarer Zusammenhang der Äußerung mit der Befassung des Verfügungsbeklagten mit der Vergangenheit des früheren Ministerpräsidenten Filbinger von ihm bestritten und vom Verfügungskläger nicht glaubhaft gemacht ist. Der Meinung des Verfügungsklägers, der verständige Durchschnittshörer werde die scherzhafte Metapher von der Erde als Scheibe in dem Sinne fortschreiben, dass er das Bild von der Scheibe mit dem „Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ gleichsetze, den der Verfügungskläger demnach schon verlassen habe, neigt die Kammer nicht zu, sondern hält sie für eher fernliegend. Dies braucht aber nicht abschließend entschieden zu werden.
45 
Sollte entgegen der vorstehend vertretenen Rechtsmeinung die Äußerung des Verfügungsbeklagten als mehrdeutig im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. dazu BVerfG NJW 2006, 207 ff, 208 - IM-Sekretär und BVerfG NJW 2006, 3769 ff, 3773 - „Babycaust“, jeweils m.w.N.) anzusehen sein, so hätte der Verfügungsbeklagte den Anforderungen, die nach den beiden vorstehend zitierten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen dann an ihn zu stellen wären, mit seiner schriftsätzlichen Erklärung vom 31.05.2007 Genüge getan. Dort hat der Verfügungsbeklagte u.a. ausführen lassen:
46 
„... Der Verfügungsbeklagte hat damit dem Verfügungskläger keinesfalls den Vorwurf unterbreiten wollen, nicht mehr auf dem Boden der demokratischen Grundordnung zu stehen. Er hat damit nicht zum Ausdruck bringen wollen und will damit auch nicht zum Ausdruck bringen, bei dem Verfügungskläger handele es sich um einen Rechtsextremisten oder eine Person mit nationalsozialistischem Gedankengut.“
47 
Der Verfügungsbeklagte hat damit die vom Verfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Unterlassung einer mehrdeutigen Meinungsäußerung für nötig gehaltene Bereitschaft zu erkennen gegeben, seiner Aussage eindeutig nur einen zulässigen Inhalt geben zu wollen. Deshalb ist ein etwaiger Unterlassungsanspruch spätestens aufgrund der klarstellenden Äußerungen des Verfügungsbeklagten entfallen.
48 
Soweit damit nur der vom Verfügungsbeklagten gewollte Inhalt zur Beurteilung verbleibt, es also lediglich noch um den Vorwurf des „Rechtspopulismus“ bzw. einer extrem rechtskonservativen Haltung geht, ist die - in dieser Deutung auch vom Verfügungskläger selbst nicht beanstandete - Äußerung zweifelsfrei vom Grundrecht der Meinungsäußerung gedeckt. Sie ist als erkennbar vom politischen Gegner stammende, pointierte Erklärung nicht geeignet, den sozialen Geltungsanspruch des Verfügungsklägers in unzulässiger Weise zu beeinträchtigen.
III.
49 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Strafgesetzbuch - StGB | § 185 Beleidigung


Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstraf

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 13. Apr. 2007 - 14 U 11/07

bei uns veröffentlicht am 13.04.2007

Tenor 1. Die Berufung des Klägers Nr. 1 gegen den Beschluß der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 22.12.2006 - 6 O 524/06 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers Nr. 1 gegen den Beschluß der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 22.12.2006 - 6 O 524/06 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Kläger Nr. 1 trägt die Kosten der Berufung.

3. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 50.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die beiden Antragsteller, in Deutschland niedergelassene Fachärzte, haben am 04. Dezember 2006 an einem bundesweiten Protesttag gegen die von der gegenwärtigen Bundesregierung geplante Reform im Gesundheitswesen teilgenommen. An dem Protesttag blieben zahlreiche Arztpraxen und Apotheken geschlossen.
Auf die an diesem Tag stattfindenden Ärzteproteste angesprochen äußerte sich die Antragsgegnerin Nr. 1 (künftig auch: Beklagte Nr. 1), die Bundesministerin für Gesundheit, am Morgen des 04. Dezember 2006 in einem vom Deutschlandfunk ausgestrahlten Interview wie folgt: „.... Mich ärgert vielleicht, wenn Patienten oder kranke Menschen in Geiselhaft genommen werden für Forderungen nach mehr Geld .....“. Bei einem am 13. Dezember 2006 in Bad Lippspringe gehaltenen öffentlichen Vortrag gebrauchte sie in Bezug auf die Protestaktion ebenfalls den Begriff „Geiselhaft“.
Die Antragsteller tragen vor, der Antragsgegner Nr. 2 (künftig auch: Beklagter Nr. 2), Bundestagsabgeordneter und langjähriger gesundheitspolitischer Berater der Antragsgegnerin Nr. 1, habe am 04. Dezember 2006 dem privaten Fernsehsender n-tv unter anderem gesagt: „Das ist schon eine Geiselhaft der Patienten. Es gibt keine Berufsgruppe, die so brutal die Menschen ausnutzt, wenn es um das eigene Einkommen geht, wie die Ärzteschaft“.
Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, durch die Verwendung des Begriffs „Geiselhaft“ würden sie in nicht hinzunehmender Weise mit Schwerverbrechern gleichgesetzt. Sie haben, nachdem die Beklagten von ihnen verlangte Unterlassungserklärungen nicht abgegeben haben, beantragt, die Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verpflichten,
es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, daß Ärzte durch ihre Proteste gegen die geplante Gesundheitsreform Patienten in Geiselhaft genommen haben oder nehmen werden.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, den inkriminierten Äußerungen der Beklagten sei eine Gleichstellung der Antragsteller mit Schwerverbrechern nicht zu entnehmen. Mit der Formulierung, die Patienten würden in Geiselhaft genommen, sei vielmehr bildhaft die Auffassung formuliert worden, daß die Protestaktionen der Ärzte auf dem Rücken der Patienten ausgetragen würden, um so mittelbar politischen Druck auf die Reformbestrebungen auszuüben. Die Verwendung des aus dem Strafrecht stammenden Begriffs möge zwar drastisch sein, sei aber im Rahmen der politischen Auseinandersetzung hinzunehmen.
Gegen die landgerichtliche Entscheidung hat lediglich der Antragsteller Nr. 1 (künftig auch: Kläger) sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weiterverfolgt. Er beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung seinem erstinstanzlichen Antrag gemäß zu entscheiden.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 12.01.2007 (I 57) nicht abgeholfen.
10 
Die Beklagten verteidigen die landgerichtliche Entscheidung und beantragen
11 
Zurückweisung des Rechtsmittels.
12 
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt der seitens der Beklagten Nr. 1 vorgelegten Schutzschrift sowie auf die zweitinstanzlichen Schriftsätze beider Beklagter Bezug genommen.
II.
13 
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch verneint. Eine Prüfung, ob der beschrittene Zivilrechtsweg zulässig ist, hatte im Berufungsverfahren nicht zu erfolgen (§ 17a Abs. 5 GVG).
14 
1. In entsprechender Anwendung der §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, §§ 185 ff. StGB kann der von einer zu erwartenden ehrverletzenden Presseäußerung - dazu gehören auch Äußerungen in den elektronischen Medien - Betroffene deren Unterlassung verlangen, wenn der mit ihr verbundene Angriff in sein Persönlichkeitsrecht nicht durch die gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Meinungsäußerungsfreiheit gerechtfertigt wäre. Dabei wird die Gefahr einer künftigen, das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzenden Äußerung dann vermutet, wenn eine solche Äußerung bereits erfolgt ist und Wiederholungsgefahr nicht durch das Verhalten der Verletzten ausgeräumt ist (vgl. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Rdn. 12.8 ff., unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung).
15 
2. Im hier zu entscheidenden Fall scheitert der geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon daran, daß der Kläger durch die inkriminierten Äußerungen - daß diese erfolgt sind, ist von der Beklagten Nr. 1 nicht und vom Beklagten Nr. 2 jedenfalls nicht in einer den Vorschriften nach § 138 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO genügenden Weise bestritten worden - nicht als Individuum betroffen ist:
16 
a) Nach den gesamten Umständen - dazu gehören insbesondere der Anlaß des Interviews, die zur inkriminierten Äußerung führende Fragestellung sowie der Kontext - steht außer Zweifel, daß die Beklagte Nr. 1 die Patienten und Kranken als durch diejenigen niedergelassenen Ärzte „in Geiselhaft genommen“ bezeichnen - und damit diesen Teil der Ärzte als „Geiselnehmer“ qualifizieren - wollte, die am 04.12.2006 ihre Praxen geschlossen hielten und am bundesweiten Protesttag gegen die Gesundheitsreform teilnahmen. Gleiches kann für den Beklagten Nr. 2 in Bezug auf dessen vom Kläger - allerdings ohne Mitteilung des Kontextes - angegriffene Formulierung angenommen werden. Die Angriffsrichtung der vom Kläger beanstandeten Sentenzen beider Beklagter ging somit gegen die Gesamtheit der am Protesttag „streikenden“ Ärzte.
17 
b) Daß durch die Bezeichnung eines Kollektivs auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht einzelner diesem Kollektiv angehöriger Personen verletzt werden kann, ist zwar nicht völlig unbestritten (grundsätzlich verneinend Burkhardt, in: Wenzel, a.a.O. Rdn. 12.51; zweifelnd Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 2. Aufl. 2001, Rdn. 299), aber in Rechtsprechung (BGHZ 75, S. 160 ff. mit Anm. Steffen, LM Art. 5 GG Nr. 49) und weiten Teilen der Literatur (vgl. etwa Hager, in: Staudinger, BGB, 13. Bearb. 1999, Rdn C 21 zu § 823; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rdn. 146; Erman/Ehmann, BGB, 11. Aufl. 2004, Anh. § 12, Rdn. 29; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Aufl. 2005, Rdn. 53.4; Rixecker, in: Münch. Komm. BGB, 5. Aufl. 2006, Anh. § 12 - Allg. PersönlR - Rdn. 20; Steffen, in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, Rdn. 103 zu § 6 LPG) unter Heranziehung der für den strafrechtlichen Ehrenschutz entwickelten Grundsätze anerkannt. Dabei besteht freilich weitgehend Einigkeit darüber, daß - von den Sonderfällen der Beleidigung der Juden abgesehen (vgl. etwa BGHSt 11, S. 207 ff.; BGHZ 75, S. 160 ff.) - herabsetzende Äußerungen dann nicht auf die persönliche Ehre jedes einzelnen Mitglieds des angegriffenen Kollektivs durchschlagen, wenn es sich dabei um eine unüberschaubar große Gruppe handelt (etwa Erman/Ehmann, a.a.O.; Hager, a.a.O, Rdn. C 23 zu § 823; Rixecker, a.a.O.). Dem schließt sich der Senat an, weil von einer Persönlichkeitsverletzung des Einzelnen nur dann die Rede sein kann, wenn er auch tatsächlich das Angriffsziel einer ehrverletzenden Äußerung ist (Rixecker, a.a.O., m.w.N.). Je größer aber der Kreis des herabgesetzten Kollektivs ist, desto mehr „verliert sich die Beleidigung in der Unbestimmtheit“ (KG, JR 1978, S. 423 f., bezogen auf die Verunglimpfung der mehr als 200 bei einem Gericht tätigen Richter) und desto mehr geht die „Individuumsbezogenheit“ (Lenckner, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., 2001, Rdn. 7 vor §§ 185 ff.) verloren (vgl. auch BVerfGE 93, S.266 ff., 301).
18 
c) Das von den inkriminierten Äußerungen angesprochene Kollektiv umfaßte - wie sich aus dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten Nr. 2 (II 67) ergibt - mehr als 40.000 Ärzte, die am 04.12.2006 ihre Praxen geschlossen hielten. Damit war der Kreis der dem Kollektiv angehörenden Personen derart groß und unübersehbar, daß der Einzelne von auf die Gesamtheit gemünzten Angriffen nicht in seinen Persönlichkeitsrechten betroffen war. Zwar kann auch bei einer derart großen Zahl von Gruppenmitgliedern ausnahmsweise noch eine zur Betroffenheit des Einzelnen führende „Überschaubarkeit“ gegeben sein. Voraussetzung hierfür wäre aber ein „objektives Eingebundensein in das angefochtene Kollektiv“ (vgl. die Nachweise bei Prinz/Peters, a.a.O.; auch Lenckner, a.a.O., Rdn. 7b vor §§ 185 ff.), wie das etwa bei den zwingenden Verhaltensregeln unterworfenen Soldaten der Bundeswehr der Fall ist. Ein derartiges „Eingebundensein“ liegt bei niedergelassenen Ärzten aber in Bezug auf die Teilnahme an Praxisschließungen nicht vor, zu denen sie sich in freier Entscheidung verstanden haben.
19 
3. Nachdem der Kläger Unterlassung schon deshalb nicht verlangen kann, weil er durch die inkriminierten Äußerungen nicht betroffen ist, kann dahingestellt bleiben, ob der den diesbezüglichen Kontext nicht mitteilende klägerische Vortrag eine Beurteilung der Äußerung des Beklagten Nr. 2 zuläßt, ob das vom Kläger vertretene Verständnis der inkriminierten Äußerungen als „naheliegend“ bzw. „nicht fernliegend“ im Sinne der Entscheidung des BVerfG vom 24.05.2006 - „Babycaust“ (NJW 2006, S. 3769 ff.) anzusehen ist und - wollte man dies bejahen - in welcher Form eine „Klarstellung“ im Sinne der genannten Entscheidung des BVerfG erfolgen muß, um einen Unterlassungsanspruch auszuschließen.
III.
20 
Nach allem hat das Landgericht richtig entschieden, so daß die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen war.
21 
Da das Urteil rechtskräftig ist (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO), bedarf es keines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers Nr. 1 gegen den Beschluß der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 22.12.2006 - 6 O 524/06 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Kläger Nr. 1 trägt die Kosten der Berufung.

3. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 50.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die beiden Antragsteller, in Deutschland niedergelassene Fachärzte, haben am 04. Dezember 2006 an einem bundesweiten Protesttag gegen die von der gegenwärtigen Bundesregierung geplante Reform im Gesundheitswesen teilgenommen. An dem Protesttag blieben zahlreiche Arztpraxen und Apotheken geschlossen.
Auf die an diesem Tag stattfindenden Ärzteproteste angesprochen äußerte sich die Antragsgegnerin Nr. 1 (künftig auch: Beklagte Nr. 1), die Bundesministerin für Gesundheit, am Morgen des 04. Dezember 2006 in einem vom Deutschlandfunk ausgestrahlten Interview wie folgt: „.... Mich ärgert vielleicht, wenn Patienten oder kranke Menschen in Geiselhaft genommen werden für Forderungen nach mehr Geld .....“. Bei einem am 13. Dezember 2006 in Bad Lippspringe gehaltenen öffentlichen Vortrag gebrauchte sie in Bezug auf die Protestaktion ebenfalls den Begriff „Geiselhaft“.
Die Antragsteller tragen vor, der Antragsgegner Nr. 2 (künftig auch: Beklagter Nr. 2), Bundestagsabgeordneter und langjähriger gesundheitspolitischer Berater der Antragsgegnerin Nr. 1, habe am 04. Dezember 2006 dem privaten Fernsehsender n-tv unter anderem gesagt: „Das ist schon eine Geiselhaft der Patienten. Es gibt keine Berufsgruppe, die so brutal die Menschen ausnutzt, wenn es um das eigene Einkommen geht, wie die Ärzteschaft“.
Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, durch die Verwendung des Begriffs „Geiselhaft“ würden sie in nicht hinzunehmender Weise mit Schwerverbrechern gleichgesetzt. Sie haben, nachdem die Beklagten von ihnen verlangte Unterlassungserklärungen nicht abgegeben haben, beantragt, die Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verpflichten,
es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, daß Ärzte durch ihre Proteste gegen die geplante Gesundheitsreform Patienten in Geiselhaft genommen haben oder nehmen werden.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, den inkriminierten Äußerungen der Beklagten sei eine Gleichstellung der Antragsteller mit Schwerverbrechern nicht zu entnehmen. Mit der Formulierung, die Patienten würden in Geiselhaft genommen, sei vielmehr bildhaft die Auffassung formuliert worden, daß die Protestaktionen der Ärzte auf dem Rücken der Patienten ausgetragen würden, um so mittelbar politischen Druck auf die Reformbestrebungen auszuüben. Die Verwendung des aus dem Strafrecht stammenden Begriffs möge zwar drastisch sein, sei aber im Rahmen der politischen Auseinandersetzung hinzunehmen.
Gegen die landgerichtliche Entscheidung hat lediglich der Antragsteller Nr. 1 (künftig auch: Kläger) sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weiterverfolgt. Er beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung seinem erstinstanzlichen Antrag gemäß zu entscheiden.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 12.01.2007 (I 57) nicht abgeholfen.
10 
Die Beklagten verteidigen die landgerichtliche Entscheidung und beantragen
11 
Zurückweisung des Rechtsmittels.
12 
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt der seitens der Beklagten Nr. 1 vorgelegten Schutzschrift sowie auf die zweitinstanzlichen Schriftsätze beider Beklagter Bezug genommen.
II.
13 
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch verneint. Eine Prüfung, ob der beschrittene Zivilrechtsweg zulässig ist, hatte im Berufungsverfahren nicht zu erfolgen (§ 17a Abs. 5 GVG).
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1. In entsprechender Anwendung der §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, §§ 185 ff. StGB kann der von einer zu erwartenden ehrverletzenden Presseäußerung - dazu gehören auch Äußerungen in den elektronischen Medien - Betroffene deren Unterlassung verlangen, wenn der mit ihr verbundene Angriff in sein Persönlichkeitsrecht nicht durch die gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Meinungsäußerungsfreiheit gerechtfertigt wäre. Dabei wird die Gefahr einer künftigen, das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzenden Äußerung dann vermutet, wenn eine solche Äußerung bereits erfolgt ist und Wiederholungsgefahr nicht durch das Verhalten der Verletzten ausgeräumt ist (vgl. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Rdn. 12.8 ff., unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung).
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2. Im hier zu entscheidenden Fall scheitert der geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon daran, daß der Kläger durch die inkriminierten Äußerungen - daß diese erfolgt sind, ist von der Beklagten Nr. 1 nicht und vom Beklagten Nr. 2 jedenfalls nicht in einer den Vorschriften nach § 138 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO genügenden Weise bestritten worden - nicht als Individuum betroffen ist:
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a) Nach den gesamten Umständen - dazu gehören insbesondere der Anlaß des Interviews, die zur inkriminierten Äußerung führende Fragestellung sowie der Kontext - steht außer Zweifel, daß die Beklagte Nr. 1 die Patienten und Kranken als durch diejenigen niedergelassenen Ärzte „in Geiselhaft genommen“ bezeichnen - und damit diesen Teil der Ärzte als „Geiselnehmer“ qualifizieren - wollte, die am 04.12.2006 ihre Praxen geschlossen hielten und am bundesweiten Protesttag gegen die Gesundheitsreform teilnahmen. Gleiches kann für den Beklagten Nr. 2 in Bezug auf dessen vom Kläger - allerdings ohne Mitteilung des Kontextes - angegriffene Formulierung angenommen werden. Die Angriffsrichtung der vom Kläger beanstandeten Sentenzen beider Beklagter ging somit gegen die Gesamtheit der am Protesttag „streikenden“ Ärzte.
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b) Daß durch die Bezeichnung eines Kollektivs auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht einzelner diesem Kollektiv angehöriger Personen verletzt werden kann, ist zwar nicht völlig unbestritten (grundsätzlich verneinend Burkhardt, in: Wenzel, a.a.O. Rdn. 12.51; zweifelnd Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 2. Aufl. 2001, Rdn. 299), aber in Rechtsprechung (BGHZ 75, S. 160 ff. mit Anm. Steffen, LM Art. 5 GG Nr. 49) und weiten Teilen der Literatur (vgl. etwa Hager, in: Staudinger, BGB, 13. Bearb. 1999, Rdn C 21 zu § 823; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rdn. 146; Erman/Ehmann, BGB, 11. Aufl. 2004, Anh. § 12, Rdn. 29; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Aufl. 2005, Rdn. 53.4; Rixecker, in: Münch. Komm. BGB, 5. Aufl. 2006, Anh. § 12 - Allg. PersönlR - Rdn. 20; Steffen, in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, Rdn. 103 zu § 6 LPG) unter Heranziehung der für den strafrechtlichen Ehrenschutz entwickelten Grundsätze anerkannt. Dabei besteht freilich weitgehend Einigkeit darüber, daß - von den Sonderfällen der Beleidigung der Juden abgesehen (vgl. etwa BGHSt 11, S. 207 ff.; BGHZ 75, S. 160 ff.) - herabsetzende Äußerungen dann nicht auf die persönliche Ehre jedes einzelnen Mitglieds des angegriffenen Kollektivs durchschlagen, wenn es sich dabei um eine unüberschaubar große Gruppe handelt (etwa Erman/Ehmann, a.a.O.; Hager, a.a.O, Rdn. C 23 zu § 823; Rixecker, a.a.O.). Dem schließt sich der Senat an, weil von einer Persönlichkeitsverletzung des Einzelnen nur dann die Rede sein kann, wenn er auch tatsächlich das Angriffsziel einer ehrverletzenden Äußerung ist (Rixecker, a.a.O., m.w.N.). Je größer aber der Kreis des herabgesetzten Kollektivs ist, desto mehr „verliert sich die Beleidigung in der Unbestimmtheit“ (KG, JR 1978, S. 423 f., bezogen auf die Verunglimpfung der mehr als 200 bei einem Gericht tätigen Richter) und desto mehr geht die „Individuumsbezogenheit“ (Lenckner, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., 2001, Rdn. 7 vor §§ 185 ff.) verloren (vgl. auch BVerfGE 93, S.266 ff., 301).
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c) Das von den inkriminierten Äußerungen angesprochene Kollektiv umfaßte - wie sich aus dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten Nr. 2 (II 67) ergibt - mehr als 40.000 Ärzte, die am 04.12.2006 ihre Praxen geschlossen hielten. Damit war der Kreis der dem Kollektiv angehörenden Personen derart groß und unübersehbar, daß der Einzelne von auf die Gesamtheit gemünzten Angriffen nicht in seinen Persönlichkeitsrechten betroffen war. Zwar kann auch bei einer derart großen Zahl von Gruppenmitgliedern ausnahmsweise noch eine zur Betroffenheit des Einzelnen führende „Überschaubarkeit“ gegeben sein. Voraussetzung hierfür wäre aber ein „objektives Eingebundensein in das angefochtene Kollektiv“ (vgl. die Nachweise bei Prinz/Peters, a.a.O.; auch Lenckner, a.a.O., Rdn. 7b vor §§ 185 ff.), wie das etwa bei den zwingenden Verhaltensregeln unterworfenen Soldaten der Bundeswehr der Fall ist. Ein derartiges „Eingebundensein“ liegt bei niedergelassenen Ärzten aber in Bezug auf die Teilnahme an Praxisschließungen nicht vor, zu denen sie sich in freier Entscheidung verstanden haben.
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3. Nachdem der Kläger Unterlassung schon deshalb nicht verlangen kann, weil er durch die inkriminierten Äußerungen nicht betroffen ist, kann dahingestellt bleiben, ob der den diesbezüglichen Kontext nicht mitteilende klägerische Vortrag eine Beurteilung der Äußerung des Beklagten Nr. 2 zuläßt, ob das vom Kläger vertretene Verständnis der inkriminierten Äußerungen als „naheliegend“ bzw. „nicht fernliegend“ im Sinne der Entscheidung des BVerfG vom 24.05.2006 - „Babycaust“ (NJW 2006, S. 3769 ff.) anzusehen ist und - wollte man dies bejahen - in welcher Form eine „Klarstellung“ im Sinne der genannten Entscheidung des BVerfG erfolgen muß, um einen Unterlassungsanspruch auszuschließen.
III.
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Nach allem hat das Landgericht richtig entschieden, so daß die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen war.
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Da das Urteil rechtskräftig ist (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO), bedarf es keines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.