Landgericht Karlsruhe Urteil, 20. Feb. 2009 - 6 O 115/07

bei uns veröffentlicht am20.02.2009

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen zukünftigen - materiellen und immateriellen - Schaden aus der ärztlichen Behandlung in der F.-Klinik in B. wegen eines vom Kläger am 11. November 2002 erlittenen Sturzes zu ersetzen, soweit nicht Ansprüche auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind oder noch übergehen werden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 35 % und hat der Beklagte 65 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Schmerzensgeld und Feststellung aus Arzthaftung.
Der am … 2000 geborene Kläger erlitt am 11. November 2002 bei einem Sturz eine Fraktur am rechten Arm. Wegen der Verletzungen wurde er in der Chirurgischen Klinik der F.-Klinik in B., deren Träger der beklagte Landkreis ist, behandelt. Bei dem klagenden Kind wurde eine schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit im Ellbogengelenk festgestellt. Der rechte Oberarm mit Schultergelenk und Ellbogengelenk, sowie der Unterarm mit Handgelenk wurden in zwei Ebenen geröntgt. Danach ergab sich nach Einschätzung des behandelnden Arztes eine epikondyläre Oberarmfraktur mit Gelenkbeteiligung und einer minimalen Verschiebung der Fragmente. Auf dem gefertigten Röntgenbild ist eine Fehlstellung (Dislokation) des gebrochenen Knochens nicht zu erkennen. Der Arm des Kindes wurde durch Gipsverband ruhig gestellt.
Am 13. November 2002 wurde der Gipsverband in der F.-Klinik korrigiert.
Die Mutter des Klägers wurde durch Ärzte der F.-Klinik angewiesen, sich wegen der Gipskontrolle an den Hausarzt des Klägers zu wenden.
Am 6. Dezember 2002 wurde der Gipsverband in der chirug. Praxis Dr. D. entfernt. Bei einer Röntgenkontrolle war eine Fehlstellung (Dislokation) des mittlerweile zusammengewachsenen Knochens zu erkennen, weshalb der Kläger am 30. Dezember 2002 in der kinderchirurgischen Klinik K. operiert wurde. Die Dislokation wurde durch diese Operation jedoch nicht behoben. Eine Kernspintomographie vom 25. Juni 2003 zeigt eine Rotationsfehlstellung.
Am 12. Mai 2004 erstattete Prof. Dr. S. ein Gutachten für die Gutachterkommission und Schlichtungsstelle für Fragen ärztlicher Haftpflicht in K., in welchem er ausführte, dass erstens am Anfang der Behandlung eine prophylaktische operative Fixation hätte erfolgen müssen, der sich zweitens eine postprozedurale Kontrolldiagnostik hätte anschließen müssen; schließlich sei bei der Korrekturoperation vom 30. Dezember 2002 der Achsenfehler unzulänglich behoben worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten im Anlagenheft Seiten 1 - 23 (im Folgenden: AH) verwiesen. In ihrem Gutachten vom 2. August 2004 stellte die Gutachterkommission fest, dass ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliege (AH 25/27).
Die Haftpflichtversicherung der beklagten Klinik zahlte nach Aufforderung und Fristsetzung am 22. Februar 2006 auf einen geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch von EUR 10.000,- an den Kläger insgesamt EUR 6.000,-.
Der Kläger behauptet,
die am 11. November 2002 erlittene Fraktur am rechten Arm sei von den Ärzten der F.-Klinik in B. fehlerhaft diagnostiziert und behandelt worden. Fehlerhaft sei der Arm lediglich eingegipst worden, statt eines operativen Behandlungsverfahrens (prophylaktische operative Fixation). Falsch sei die Auffassung der Beklagten, aufgrund der bestimmten, beim Kläger festgestellten Fraktur auf der Grundlage der erstellten Röntgenbefunde sei eine konservative Behandlung mit Gips angezeigt, lege artis und leitliniengerecht gewesen. Fehlerhaft sei weiterhin die unzureichende postprozedurale Kontrolldiagnostik gewesen.
10 
Es bestehe aufgrund dieser Fehler und trotz einer Korrekturoperation am 30.Dezember 2002 eine nicht ausreichende Behebung des Achsenfehlers bzw. eine anhaltende gesundheitliche Beeinträchtigung. Der Kläger werde immer unter der eingeschränkten Streck- und Beugefähigkeit seines rechten Armes leiden. Durch eine Operation am Unfalltag oder kurz danach hätten diese Schäden verhindert werden können.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld zu bezahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.02.2006;
13 
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus der ärztlichen Behandlung des Klägers in der F.-Klinik in B. beginnend mit dem 11.11.2002 wegen eines vom Kläger am 11.11.2002 erlittenen Sturzes resultiert.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Er trägt vor,
17 
der Kläger bzw. seine Eltern seien darauf hingewiesen worden, dass eine klinische Befundkontrolle bei einem niedergelassenen Chirurgen / Kinderarzt durchzuführen sei. Möglicherweise sei es im Rahmen der Nachbehandlung zu einer sekundären Dislokation gekommen. Auch liege ein mitwirkendes Verschulden bei festgestellter Schädigung am 6. Dezember 2002 und Operation am 30. Dezember 2002 durch diese Verzögerung vor.
18 
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens (Beweisbeschluss vom 16. August 2007 - AS 73/75), welches am 6. Februar 2008 erstattet (AH 29 - 43), am 23. April 2008 ergänzt (AS. 193/195) und in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 (AS 227 - 241) erörtert wurde.
19 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24. August 2007 dem Städtischen Klinikum K. den Streit verkündet (AS 83/85); ein Beitritt ist nicht erfolgt. Der Beklagte hat am 25. Februar 2008 dem nachbehandelnden Arzt Dr. D. den Streit verkündet (AS. 167/169); ein Beitritt ist ebenfalls nicht erfolgt.
20 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
22 
Dem Kläger steht kein weiterer Anspruch auf Schmerzensgeld, jedoch ein Anspruch auf Feststellung der Haftung für materielle bzw. immaterielle künftige Schäden aus Krankenhausvertrag zu. Ihm ist der Nachweis schuldhaften Fehlverhaltens des behandelnden Arztes der F.-Klinik im Zusammenhang mit seinem Sturz vom 11. November 2002, welches kausal zu den bestehenden Bewegungseinschränkungen im Arm geführt hat, gelungen.
23 
1. Dass der Beklagte als Träger der F.-Klinik in B. für die ambulante Behandlung durch die dort arbeitenden Ärzte grundsätzlich haftet, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Ob es sich dabei um die ambulante Behandlung eines Kassenpatienten (vgl. zur Haftung bei Behandlungen in sog. Institutsambulanzen (§§ 117 - 119 SGB V) - BGH, Urteil vom 08. Dezember 1992, VI ZR 349/91, in BGHZ 120, 376 = NJW 1993, 784/786) oder eines Selbstzahlers (Privatpatient - vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1988, VI ZR 296/87 in BGHZ 105, 189 = NJW 1989, 769/770) handelt, braucht wegen der Gleichstellung der Haftung des Krankenhausträgers nicht entschieden zu werden.
24 
2. Der Kläger hat zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass das schuldhafte Fehlverhalten des in der Ambulanz des Klinikums der Beklagten arbeitenden Arztes bei der Behandlung der Sturzfolgen am 11. November 2002 kausal zu den bestehenden Bewegungseinschränkungen im rechten Arm geführt hat.
25 
a. Der maßgebliche Fehler des erstbehandelnden Arztes in der Ambulanz der F.-Klinik bestand darin, keine engmaschige Kontrolle der Fraktur am Ellbogen des Klägers nach der Ruhigstellung durch Gips unzweideutig angeordnet bzw. den Kläger nicht zur Nachbehandlung an einen Fachmann für Kinderchirurgie überwiesen zu haben.
26 
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 6. Februar 2008 ausgeführt und in seinem Ergänzungsgutachten vom 23. April 2008 bestätigt, dass initial der Frakturtyp nicht korrekt interpretiert wurde. Beschrieben wurde durch den behandelnden Arzt der F.-Klinik eine Epikondylus ulnaris Fraktur, die jedoch bei einem 2 Jahre und 3 Monate alten Kind mangels radiologischer Darstellbarkeit des Epikondylus ulnaris nicht vorliegen konnte. Tatsächlich handelte es sich um eine intraartikuläre transkondyläre Y-Fraktur des rechten Humerus (AH 33/39; AS 193).
27 
Der initial nicht verschobene ellenbogennahe Anteil des Knochenbruchs muss zwischen dem Zeitpunkt der Erstversorgung am 11. November 2002 und der Röntgendiagnostik nach Abnahme des Gipsverbandes am 6. Dezember 2002 disloziert sein. Dieses sekundäre Abrutschen der gebrochenen Knochenanteile war für diese sehr spezielle Bruchform typisch und zu erwarten (AH 35/39).
28 
Die initiale Behandlung bei zunächst nicht dislozierter Fraktur mit Gips war korrekt. Bei dieser zur zweiseitigen Dislokation neigenden Fraktur muss jedoch zwingend notwendig eine engmaschige, zeitnahe Röntgenkontrolle ohne Gips erfolgen, um dann zeitnah eine operative Fixation durchführen zu können. Die erforderlichen Röntgenkontrollen - sowohl bei der vorliegenden transkondylären Humerusfraktur als auch bei der diagnostizierten epikondylären Humerusfraktur - hätten ohne Gips am 5. und am 10. Tag nach dem Unfall erfolgen müssen.
29 
Diese Kontrolle wurde nicht vorgenommen und nach den Behandlungsunterlagen auch nicht empfohlen (AH 35/39; AS 195). In Kenntnis der richtigen Diagnose, also auch der altersspezifischen Anatomie und der möglichen Problematik, hätten die Vorgaben der Weiterbehandlung und Empfehlungen zur fachspezifischen Überweisung anders lauten müssen. Die initiale Fehldiagnose wurde durch den nachbehandelnden Arzt übernommen (AS 195). In der gesamten Behandlungsphase von der Notfallversorgung in der Klinik bis zur Gipsabnahme 3 Wochen nach dem Unfall durch den niedergelassenen Arzt ist eine adäquate, fachspezifische, d.h. kindertraumatologische Behandlung, nicht erfolgt (AS 195).
30 
In der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 hat der Sachverständige seine gutachterlichen Feststellungen eindrucksvoll und zur Überzeugung des Gerichts bestätigt.
31 
Er hat ausgeführt, dass bei dem im Zeitpunkt der Behandlung 2 Jahre und 3 Monate alten Kläger nach der Ruhigstellung des Bruches mit Gips es anschließend drei Alternativen der Folgemaßnahmen gab, und zwar erstens eine Röntgenkontrolle durch den erstbehandelnden Arzt selbst, zweitens eine Röntgenkontrolle durch den nachfolgenden Arzt oder drittens eine fachgerechte Weiterbehandlung in einer Kinderchirurgie. Diese Kinderchirurgie weiß von sich aus, was bei solchen hochkomplexen Brüchen zu tun ist. Auf jeden Fall reicht es nicht aus, wenn ein allgemeiner Chirurg oder noch weniger wenn ein Kinderarzt mit der Weiterbehandlung ohne weitere Informationen über eine engere Kontrolle betraut wird. Dieses besondere Informationsbedürfnis der Nachbehandler hat seinen Grund darin, dass hier der Bruch mit einem Gips überzogen war und von außen weitere Erkenntnisse nicht gewonnen werden konnten. Es handelte sich um schwere Verletzungen mit einer hohen Komplexität, wie sie bei Ellenbogenverletzungen eines Kindes dieses Alters vorliegen.
32 
Eine Dislokation lag bereits nach dem Unfall vor mit einem ersten initialen Bild, welches der Sachverständige jedoch selbst nicht gesehen hat, da es verschwunden ist. Wahrscheinlich hat sich der Umfang der Dislokation bei diesem ersten Bild noch nicht gezeigt, sonst hätte - so der Sachverständige - auch sofort eine Operation erfolgen müssen, was aber nicht geschah. Dann besteht aber die Tendenz, dass innerhalb von einer Woche bis höchstens 10 Tagen die Dislokation sich soweit verändert, dass sie auf dem Röntgenbild zu erkennen ist (sogenannte zweitzeitige Dislokation oder auch sekundäre Dislokation). Bei einer ersten Röntgenkontrolle nach fünf Tagen lassen sich die dann erkennbar noch frischen Bruchstücke wieder aneinandersetzen und es ist eine größtmögliche Heilung möglich. Der zehnte Tag, das heißt der zweite Röntgentag, ist quasi der letzte Tag der möglichen Operation, ohne dass es zu schweren Folgen kommt. Jede spätere Behandlung zur Korrektur der Dislokation führt dann zu einer schwierigeren Knochenheilung, da der zusammengewachsene Bruch wieder aufgelöst werden müsste. Eine dritte Kontrolle, also nach 15 Tagen oder wie hier am 6. Dezember 2002, war im Hinblick auf die Möglichkeit der Heilung deutlich zu spät.
33 
b. Bestand aufgrund des Alters des Kindes und der Art der Verletzung die besondere Veranlassung, den Bruch durch eine engmaschige und zeitnahe Röntgenkontrolle zu überwachen, so mussten die Ärzte der F.-Klinik dafür sorgen, dass die erforderliche Nachbehandlung gesichert war. Da die Ärzte der F.-Klinik die gebotene Nachbehandlung nicht selbst vornahmen, hätte in der Mitteilung an den nachbehandelnden Arzt nicht nur der Entlassungsbefund, sondern auch die sich daraus für die Nachbehandlung ergebenden besonderen therapeutischen Konsequenzen niedergelegt werden müssen. Nur in einer solchen umfassenden Unterrichtung kann jedenfalls in einem derartigen, nicht einfach gelagerten Fall dem nachbehandelnden Arzt die alleinige Verantwortung für die Nachbehandlung zugeschoben werden, da er nur dann selbst beurteilen kann, ob er aufgrund seiner Ausbildung, seiner Fähigkeiten und ggfls. seiner medizinisch technischen Ausrüstung die Weiterbehandlung eigenverantwortlich durchführen kann (vgl. zu den Hinweispflichten BGH, Urteil vom 7. Juli 1987, VI ZR 146/86, in NJW 1987, 2927/2928 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. Januar 1989, 7 U 155/87).
34 
Dass der behandelnde Arzt einer solchen Hinweispflicht an den nachbehandelnden Arzt nachgekommen ist, ist nicht substantiiert vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Ein ausführlicher Arztbrief an den nachbehandelnden Arzt findet sich nicht in den Unterlagen. In dem Krankenblatt der F.-Klinik ist auch nicht angekreuzt, dass der Bericht über die Erstbehandlung an den Hausarzt via Post oder über den Patienten erfolgen soll.
35 
Einer Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung zur Behauptung der Beklagten, es sei am 11. November 2002 darauf hingewiesen worden, dass eine klinische Befundkontrolle bei einem niedergelassenen Chirurgen/Kinderarzt durchzuführen sei (AS. 35), bedurfte es nicht. Einerseits findet sich zu einem solchen Hinweis in den Behandlungsunterlagen der F.-Klinik, auf die sich der Beklagte zum Nachweis der o.g. Behauptung beruft, unter Therapievorschlag die Empfehlung „…Ruhigstellung ca. 3-4 Wo, klin. Befundkontrolle bei niedergelassenem Chirurgen/Kinderarzt, nach 3 - 4 Wo Ro - Kontrolle, am 13.11.02 Gipskontrolle bei Kinderarzt“. Die vollständige Aufzeichnung der Krankenunterlagen empfiehlt offenbar sogar eine Röntgen-Kontrolle erst nach 3 - 4 Wochen, was den Feststellungen des Sachverständigen zu einer unabdingbar notwendigen engmaschigen und zeitnahen Kontrolle widerspricht. Die Fehleinschätzung des behandelnden Arztes zur notwendigen Therapie beruht offensichtlich auf seiner Fehldiagnose einer Epikondylus ulnaris Fraktur. Tatsächlich handelte es sich um eine intraartikuläre transkondyläre Y-Fraktur des rechten Humerus. Zum Anderen ist angesichts der besonderen Anforderungen an die Nachuntersuchung durch eine engmaschige und zeitnahe Röntgenkontrolle der allgemeine Hinweis einer klinischen Befundkontrolle bei einem niedergelassenen Chirurgen/ Kinderarzt in jedem Fall unzureichend. Dies gilt umso mehr, als dieser Hinweis durch die nachfolgende Empfehlung einer Röntgenkontrolle nach 3 - 4 Wochen quasi wieder aufgehoben wird.
36 
c. Der beklagte Landkreis haftet für das Fehlverhalten des am 11. November 2002 in der F.-Klinik behandelnden Arztes auch, wenn sein Fehler neben der anschließenden fehlerhaften Nachbehandlung des Chirurgen Dr. D. bzw. der am 30. Dezember 2002 fehlerhaft operierenden Ärzte der kinderchirurgischen Klinik K. lediglich mitursächlich für die verbliebene Schädigung des klagenden Kindes war. Nach allgemeinem Schadensrecht steht eine Mitursächlichkeit, und sei es auch nur im Sinne eines Auslösers neben erheblichen anderen Umständen, der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich in vollem Umfang gleich. Dies gilt auch für die Arzthaftung (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 2005, VI ZR 216/03, in NJW 2005, 2072/2073 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282 f. m.w.N.). Etwas anderes kann allenfalls in dem - hier nicht vorliegenden - Fall der Teilkausalität gelten, wenn das ärztliche Versagen und ein weiterer, der Behandlungsseite nicht zuzurechnender Umstand abgrenzbar zu einem Schaden geführt haben (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363 m.w.N. und OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. Januar 1989, 7 U 155/87). Die „Kausalität“ ist im vorliegenden Fall nicht „abgebrochen“, weil sich der Kläger tatsächlich und rechtzeitig in die Nachbehandlung des Chirurgen Dr. D. begeben hat. Wie oben bereits ausgeführt hat dieser nachbehandelnde Arzt die erforderlichen Untersuchungen für eine mögliche Dislokation des Bruchs nicht vorgenommen. Er hat eine fachgerechte Nachbehandlung nicht eingeleitet. Es ist mithin nicht das eingetreten, was durch einen sachgerechten Arztbrief bezweckt und erreicht werden sollte.
37 
d. Das Gericht ist auch der Auffassung, dass die unterlassene Weiterverweisung an einen Kinderchirurgen bzw. unterlassene Anordnung einer engmaschigen und zeitnahen Kontrolle bei dem am 11. November 2002 vorliegenden Verletzungsbild einer intraartikulären transkondylären Y-Fraktur des rechten Humerus bei einem 2 Jahre und 3 Monate alten Kind einen groben Behandlungsfehler darstellt.
38 
Ein grober Behandlungsfehler liegt nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs nur dann vor, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Bei der Beurteilung eines Behandlungsfehlers als grob handelt es sich um eine juristische Wertung, die dem Tatrichter obliegt. Indessen muss, wie der Bundesgerichtshof hervorgehoben hat, diese wertende Entscheidung auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhen, die sich in der Regel aus der medizinischen Bewertung des Behandlungsgeschehens durch den Sachverständigen ergeben (vgl. zum groben Behandlungsfehler bei unterlassener Befunderhebung BGH, Urteil vom 4. Oktober 1994, VI ZR 205/93, in NJW 1995, 778/779 m.w.N.).
39 
Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Praxis der allgemeinen Chirurgie dahin geht, bei Brüchen kleiner Kinder nicht zwingend an die Kinderchirurgie weiter zu verweisen. Er, der Sachverständige, erhält immer wieder fehldiagnostizierte Kleinkinder. Die Weitergabe eines Kleinkindes mit einer Ellenbogenverletzung durch einen Allgemeinchirurgen sollte jedoch immer an einen Fachmann erfolgen, weil dieser Bruch extrem selten ist. Auch waren die Folgen des Bruchs zu dem Zeitpunkt des ersten Röntgenbildes am 11. November 2002 noch gar nicht absehbar gewesen, da der knöcherne Anteil bei kleinen Kindern noch nicht so angelegt ist, dass Feststellungen ohne Weiteres möglich sind.
40 
Zur Besonderheit der hier vorliegenden Fraktur hat der Sachverständige erläutert, dass zwischen dem Oberarmknochen und der Elle eine Gelenkverbindung besteht, die für das Beugen, Strecken und Drehen verantwortlich ist. Diese Gelenkverbindung am Oberarmknochen ist der Kondylus. Der Epikondylus ist ein Knöchelchen am Oberarmknochen, der an für sich nicht gelenkbildend ist. Die häufigste Fraktur ist eher oberhalb des Gelenkes. Dort kann es eventuell zu schwach dislozierenden Brüchen kommen, die bei der ersten Aufnahme erkennbar sind, weshalb auch ein Gips reicht und auch eine weitere Röntgenkontrolle nicht notwendig ist. Hier wurde eine solche oberhalb des Gelenkes liegende Fraktur aber nicht erwähnt und auch nicht erkannt. Bei der hier vorliegenden Art der Verletzung des Kondylus war deshalb auch auf jeden Fall eine Nachbehandlung mit einer regelmäßigen Kontrolle notwendig. Eine solche Nachbehandlung wäre sogar auch bei einem Erwachsenen mit dieser Art der Verletzung geboten gewesen.
41 
Die zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung nicht sicher abklärbare Art der Fraktur in dem höchst sensiblen Gelenkbereich - insbesondere bei einem Kleinkind - gab nach Auffassung des Gerichts Anlass zur besonderen Sorgfalt. Dann ist es aber nach Überzeugung des Gerichts gänzlich unverständlich, eine solche Nachuntersuchung durch einen Kinderchirurgen bzw. eine engmaschige und zeitnahe Kontrolle des Bruchs nicht angeordnet zu haben. Mit diesem Behandlungsfehler hat der erstbehandelnde Arzt die Aufklärung des Behandlungsverlaufs besonders erschwert (vgl. zum Wesen des groben Behandlungsfehlers bei Fehldiagnose und unterlassener Befunderhebung: BGH, Urteil vom 4. Oktober 1994, VI ZR 205/93, in NJW 1995, 778/779 m.w.N.). Der erstbehandelnde Arzt hat somit gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf; er handelte grob fahrlässig.
42 
e. Liegt ein grober Behandlungsfehler vor, so tritt zugunsten des Patienten eine Beweislastumkehr für die Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Schaden ein, wenn der Fehler geeignet war, die Gesundheitsbeschädigung zu verursachen (vgl. nur BGH, Urteil vom 16. November 2004, VI ZR 328/03, in VersR 2005, 228, 229 = NJW 2005, 427, 428 m.w.N.).
43 
Dies führt hier dazu, dass der Beklagte für die beim Kläger eingetretene Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Arms haftet, da ihm der Beweis nicht gelungen ist, dass der Fehler nicht für diese Folgen ursächlich war. Die Eignung des Fehlers, die Bewegungseinschränkung des Arms durch die verspätete Operation herbeizuführen, ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zu bejahen. Insoweit hat er ausgeführt, eine sofortige Operation zu einem früheren Zeitpunkt hätte mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein besseres Ergebnis gebracht. Inwieweit das zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 vorgefundene Ergebnis auf die fehlerhafte Initialbehandlung oder auf die spätere Korrekturoperation am 30. Dezember 2002 zurückzuführen ist, vermochte der Sachverständige nicht in Prozenten anzugeben. Wenn die Operation nach fünf oder nach zehn Tagen erfolgt wäre, das heißt in dem Bereich der von dem Sachverständigen angegebenen Röntgenkontrolluntersuchung, so wäre das Ergebnis auf jeden Fall günstiger gewesen, d.h. die Wahrscheinlichkeit auf ein folgenloses Abheilen der Fraktur hätte deutlich gesteigert werden können. Als Folge bleibt eine gesundheitliche Beeinträchtigung mit eingeschränkter Streck- und Beugefähigkeit des Arms.
44 
f. Die Eltern des Klägers oder andere nachbehandelnde Ärzte haben auch nicht schuldhaft eine schnellstmögliche Beseitigung der Dislokation verhindert, indem nach den radiologischen Feststellungen vom 6. Dezember 2002 eine Operation erst am 30. Dezember 2002 erfolgte. Zur Problematik, ob in der Zeit zwischen dem 6. Dezember und 30. Dezember 2002 eine Verzögerung bzw. eine Verschlechterung eingetreten sein könnte, hält der Sachverständige - wie er in der mündlichen Verhandlung ausführte - diesen Zeitraum im Hinblick auf den bereits eingetretenen Zustand und die dann erfolgte Operation für irrelevant. Er selbst, der Sachverständige, hätte vielleicht sogar noch länger zugewartet, bis er eine Korrektur vorgenommen hätte. Hier war die knöcherne Heilung des Ellbogens am 6. Dezember 2002 schon sehr weit fortgeschritten. Dann ist es im Hinblick auf den Zeitpunkt einer Korrekturoperation eine Frage der Abwägung, ob die Durchblutung eines eingeheilten Knochenstückes wieder verletzt oder eine Festigung abgewartet werden soll.
45 
g. Als Ausgleich für die sich aus dem Behandlungsfehler ergebenden Folgen für den Kläger rechtfertigt sich nach Überzeugung des Gerichts ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt EUR 6.000,-. Hinsichtlich der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 erkennbaren verbleibenden Schäden des Klägers für die Zukunft hat der Sachverständige ausgeführt, dass auf jeden Fall dauerhafte Folgen möglich sind, die aber erst zu einem späteren Zeitpunkt bei Abschluss des knöchernen Wachstums, das heißt bei einem Jungen mit 16 oder 17 Jahren festgestellt werden können. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf mögliche rentenpflichtige Schäden. Funktional könne sogar eine höhere Beweglichkeit und Stabilität bestehen, als unbedingt auf den Röntgenbildern oder dem Kernspin erkennbar ist. Es besteht die Möglichkeit einer Besserung ebenso, wie die einer Verschlechterung. Der Sachverständige hält eine jährliche Kontrolle hinsichtlich der Funktion des Arms für geboten. Bei der Untersuchung des klagenden Kindes in der mündlichen Verhandlung stellte der Sachverständige fest, dass eine fast komplette Beugung des Arms möglich ist. Die Streckung ist jedoch eingeschränkt. Der Kläger nimmt eine Korrektur über die Schulter vor; es besteht auch eine Verkrümmung des Ellenbogengelenks nach außen. Der Kläger hat jedoch gelernt, mit dieser Fehlstellung umzugehen. Nach heutiger, vorsichtiger Einschätzung geht der Sachverständige derzeit nicht davon aus, dass hier eine rentenpflichtige Einschränkung von über 20% vorliegen wird. Eine Einschränkung bei Sport und Spiel ist derzeit unzweifelhaft gegeben. Ob der Kläger eine Handwerkerlehre wird ausführen können, vermochte der Sachverständige nicht sicher anzugeben. Folgeverletzungen sind mit der hier vorliegenden Verletzung nicht typischerweise verbunden, eventuell gibt es später Druckschäden bei den Nerven in dieser Armregion, das heißt ggf. Neuralgien im Alter von 20 Jahren. Aber auch dies lässt sich heute noch nicht absehbar feststellen. Ob und inwieweit Folgeoperationen notwendig sind, um die Gelenkigkeit beizubehalten bzw. wiederherzustellen, bestimmt sich nach der jeweiligen Funktionsuntersuchung, die im jährlichen Abstand erfolgen sollte. Auch ob erst im ausgewachsenen Zustand eine solche Erstoperation geboten sein könnte, vermochte der Sachverständige nicht zu beantworten, da dies auch schon früher sein könnte, wenn eine deutliche Fehlstellung absehbar wird. Mit einer solchen Operation lässt sich die Achsabweichung beseitigen, aber nicht die Einschränkung von Beugung und Streckung. Das Gericht hat demnach bei der Bemessung des angemessenen Ausgleichs durch ein Schmerzensgeld entscheidend darauf abgestellt, dass bis zum 17. Lebensjahr des zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erst achtjährigen Klägers eine sichere Prognose der weiteren Entwicklung nicht möglich ist. Das hier zugesprochene Schmerzensgeld berücksichtigt demnach die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des rechten Arms nur für den Zeitraum von dem Zeitpunkt der Fehlbehandlung am 11. November 2002 bis zum Jahr 2016. Unberücksichtigt bleiben Feststellungen zu Möglichkeiten künftiger Berufsausübung, Nervenschädigungen und korrigierende Operationen wegen eingetretener Fehlstellungen nach der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008. Diese Folgen des Behandlungsfehlers vom 11. November 2002 bleiben den vom Sachverständigen empfohlenen weiteren jährlichen Untersuchungen vorbehalten. Nachdem der Kläger bereits EUR 6.000,- an Schmerzensgeld erhalten hat, war ihm ein weiteres Schmerzensgeld nicht mehr zuzusprechen.
46 
3. Die Feststellungsklage hat im Rahmen des gestellten Antrags Erfolg.
47 
Sie ist zulässig. Der Beklagte hat seine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede gestellt und Verjährung droht; die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts kann nicht verneint werden, das erforderliche Feststellungsinteresse ist daher gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2004, VI ZR 328/03, in VersR 2005, 228, 230 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 16. Januar 2001, VI ZR 381/99, in VersR 2001, 874). Auch der Vorbehalt hinsichtlich künftiger noch ungewisser und bei der Ausurteilung der Zahlungsklage auf Schmerzensgeld noch nicht berücksichtigungsfähiger immaterieller Schäden ist zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2004, VI ZR 70/03, in NJW 2004, 1243, 124). Der Feststellungsantrag ist auch begründet, denn Gegenstand der Feststellungsklage ist ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. November 2004, VI ZR 328/03, in VersR 2005, 228, 230 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige ausgeführt, dass als Folge der unzureichenden Versorgung des gebrochenen Arms eine anhaltende gesundheitliche Beeinträchtigung mit eingeschränkter Streck- und Beugefähigkeit des Arms verbleiben kann. Wie bei allen Knochenbrüchen im Kindesalter, lässt sich nach Überzeugung des Gerichts zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht feststellen, welchen Heilungsverlauf der fehlerhaft behandelte Arm nehmen wird.
48 
Aus oben dargelegten Gründen war der Klage im Umfang des Feststellungsantrages stattzugeben; im Übrigen war sie abzuweisen.
III.
49 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.

Gründe

 
21 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
22 
Dem Kläger steht kein weiterer Anspruch auf Schmerzensgeld, jedoch ein Anspruch auf Feststellung der Haftung für materielle bzw. immaterielle künftige Schäden aus Krankenhausvertrag zu. Ihm ist der Nachweis schuldhaften Fehlverhaltens des behandelnden Arztes der F.-Klinik im Zusammenhang mit seinem Sturz vom 11. November 2002, welches kausal zu den bestehenden Bewegungseinschränkungen im Arm geführt hat, gelungen.
23 
1. Dass der Beklagte als Träger der F.-Klinik in B. für die ambulante Behandlung durch die dort arbeitenden Ärzte grundsätzlich haftet, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Ob es sich dabei um die ambulante Behandlung eines Kassenpatienten (vgl. zur Haftung bei Behandlungen in sog. Institutsambulanzen (§§ 117 - 119 SGB V) - BGH, Urteil vom 08. Dezember 1992, VI ZR 349/91, in BGHZ 120, 376 = NJW 1993, 784/786) oder eines Selbstzahlers (Privatpatient - vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1988, VI ZR 296/87 in BGHZ 105, 189 = NJW 1989, 769/770) handelt, braucht wegen der Gleichstellung der Haftung des Krankenhausträgers nicht entschieden zu werden.
24 
2. Der Kläger hat zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass das schuldhafte Fehlverhalten des in der Ambulanz des Klinikums der Beklagten arbeitenden Arztes bei der Behandlung der Sturzfolgen am 11. November 2002 kausal zu den bestehenden Bewegungseinschränkungen im rechten Arm geführt hat.
25 
a. Der maßgebliche Fehler des erstbehandelnden Arztes in der Ambulanz der F.-Klinik bestand darin, keine engmaschige Kontrolle der Fraktur am Ellbogen des Klägers nach der Ruhigstellung durch Gips unzweideutig angeordnet bzw. den Kläger nicht zur Nachbehandlung an einen Fachmann für Kinderchirurgie überwiesen zu haben.
26 
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 6. Februar 2008 ausgeführt und in seinem Ergänzungsgutachten vom 23. April 2008 bestätigt, dass initial der Frakturtyp nicht korrekt interpretiert wurde. Beschrieben wurde durch den behandelnden Arzt der F.-Klinik eine Epikondylus ulnaris Fraktur, die jedoch bei einem 2 Jahre und 3 Monate alten Kind mangels radiologischer Darstellbarkeit des Epikondylus ulnaris nicht vorliegen konnte. Tatsächlich handelte es sich um eine intraartikuläre transkondyläre Y-Fraktur des rechten Humerus (AH 33/39; AS 193).
27 
Der initial nicht verschobene ellenbogennahe Anteil des Knochenbruchs muss zwischen dem Zeitpunkt der Erstversorgung am 11. November 2002 und der Röntgendiagnostik nach Abnahme des Gipsverbandes am 6. Dezember 2002 disloziert sein. Dieses sekundäre Abrutschen der gebrochenen Knochenanteile war für diese sehr spezielle Bruchform typisch und zu erwarten (AH 35/39).
28 
Die initiale Behandlung bei zunächst nicht dislozierter Fraktur mit Gips war korrekt. Bei dieser zur zweiseitigen Dislokation neigenden Fraktur muss jedoch zwingend notwendig eine engmaschige, zeitnahe Röntgenkontrolle ohne Gips erfolgen, um dann zeitnah eine operative Fixation durchführen zu können. Die erforderlichen Röntgenkontrollen - sowohl bei der vorliegenden transkondylären Humerusfraktur als auch bei der diagnostizierten epikondylären Humerusfraktur - hätten ohne Gips am 5. und am 10. Tag nach dem Unfall erfolgen müssen.
29 
Diese Kontrolle wurde nicht vorgenommen und nach den Behandlungsunterlagen auch nicht empfohlen (AH 35/39; AS 195). In Kenntnis der richtigen Diagnose, also auch der altersspezifischen Anatomie und der möglichen Problematik, hätten die Vorgaben der Weiterbehandlung und Empfehlungen zur fachspezifischen Überweisung anders lauten müssen. Die initiale Fehldiagnose wurde durch den nachbehandelnden Arzt übernommen (AS 195). In der gesamten Behandlungsphase von der Notfallversorgung in der Klinik bis zur Gipsabnahme 3 Wochen nach dem Unfall durch den niedergelassenen Arzt ist eine adäquate, fachspezifische, d.h. kindertraumatologische Behandlung, nicht erfolgt (AS 195).
30 
In der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 hat der Sachverständige seine gutachterlichen Feststellungen eindrucksvoll und zur Überzeugung des Gerichts bestätigt.
31 
Er hat ausgeführt, dass bei dem im Zeitpunkt der Behandlung 2 Jahre und 3 Monate alten Kläger nach der Ruhigstellung des Bruches mit Gips es anschließend drei Alternativen der Folgemaßnahmen gab, und zwar erstens eine Röntgenkontrolle durch den erstbehandelnden Arzt selbst, zweitens eine Röntgenkontrolle durch den nachfolgenden Arzt oder drittens eine fachgerechte Weiterbehandlung in einer Kinderchirurgie. Diese Kinderchirurgie weiß von sich aus, was bei solchen hochkomplexen Brüchen zu tun ist. Auf jeden Fall reicht es nicht aus, wenn ein allgemeiner Chirurg oder noch weniger wenn ein Kinderarzt mit der Weiterbehandlung ohne weitere Informationen über eine engere Kontrolle betraut wird. Dieses besondere Informationsbedürfnis der Nachbehandler hat seinen Grund darin, dass hier der Bruch mit einem Gips überzogen war und von außen weitere Erkenntnisse nicht gewonnen werden konnten. Es handelte sich um schwere Verletzungen mit einer hohen Komplexität, wie sie bei Ellenbogenverletzungen eines Kindes dieses Alters vorliegen.
32 
Eine Dislokation lag bereits nach dem Unfall vor mit einem ersten initialen Bild, welches der Sachverständige jedoch selbst nicht gesehen hat, da es verschwunden ist. Wahrscheinlich hat sich der Umfang der Dislokation bei diesem ersten Bild noch nicht gezeigt, sonst hätte - so der Sachverständige - auch sofort eine Operation erfolgen müssen, was aber nicht geschah. Dann besteht aber die Tendenz, dass innerhalb von einer Woche bis höchstens 10 Tagen die Dislokation sich soweit verändert, dass sie auf dem Röntgenbild zu erkennen ist (sogenannte zweitzeitige Dislokation oder auch sekundäre Dislokation). Bei einer ersten Röntgenkontrolle nach fünf Tagen lassen sich die dann erkennbar noch frischen Bruchstücke wieder aneinandersetzen und es ist eine größtmögliche Heilung möglich. Der zehnte Tag, das heißt der zweite Röntgentag, ist quasi der letzte Tag der möglichen Operation, ohne dass es zu schweren Folgen kommt. Jede spätere Behandlung zur Korrektur der Dislokation führt dann zu einer schwierigeren Knochenheilung, da der zusammengewachsene Bruch wieder aufgelöst werden müsste. Eine dritte Kontrolle, also nach 15 Tagen oder wie hier am 6. Dezember 2002, war im Hinblick auf die Möglichkeit der Heilung deutlich zu spät.
33 
b. Bestand aufgrund des Alters des Kindes und der Art der Verletzung die besondere Veranlassung, den Bruch durch eine engmaschige und zeitnahe Röntgenkontrolle zu überwachen, so mussten die Ärzte der F.-Klinik dafür sorgen, dass die erforderliche Nachbehandlung gesichert war. Da die Ärzte der F.-Klinik die gebotene Nachbehandlung nicht selbst vornahmen, hätte in der Mitteilung an den nachbehandelnden Arzt nicht nur der Entlassungsbefund, sondern auch die sich daraus für die Nachbehandlung ergebenden besonderen therapeutischen Konsequenzen niedergelegt werden müssen. Nur in einer solchen umfassenden Unterrichtung kann jedenfalls in einem derartigen, nicht einfach gelagerten Fall dem nachbehandelnden Arzt die alleinige Verantwortung für die Nachbehandlung zugeschoben werden, da er nur dann selbst beurteilen kann, ob er aufgrund seiner Ausbildung, seiner Fähigkeiten und ggfls. seiner medizinisch technischen Ausrüstung die Weiterbehandlung eigenverantwortlich durchführen kann (vgl. zu den Hinweispflichten BGH, Urteil vom 7. Juli 1987, VI ZR 146/86, in NJW 1987, 2927/2928 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. Januar 1989, 7 U 155/87).
34 
Dass der behandelnde Arzt einer solchen Hinweispflicht an den nachbehandelnden Arzt nachgekommen ist, ist nicht substantiiert vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Ein ausführlicher Arztbrief an den nachbehandelnden Arzt findet sich nicht in den Unterlagen. In dem Krankenblatt der F.-Klinik ist auch nicht angekreuzt, dass der Bericht über die Erstbehandlung an den Hausarzt via Post oder über den Patienten erfolgen soll.
35 
Einer Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung zur Behauptung der Beklagten, es sei am 11. November 2002 darauf hingewiesen worden, dass eine klinische Befundkontrolle bei einem niedergelassenen Chirurgen/Kinderarzt durchzuführen sei (AS. 35), bedurfte es nicht. Einerseits findet sich zu einem solchen Hinweis in den Behandlungsunterlagen der F.-Klinik, auf die sich der Beklagte zum Nachweis der o.g. Behauptung beruft, unter Therapievorschlag die Empfehlung „…Ruhigstellung ca. 3-4 Wo, klin. Befundkontrolle bei niedergelassenem Chirurgen/Kinderarzt, nach 3 - 4 Wo Ro - Kontrolle, am 13.11.02 Gipskontrolle bei Kinderarzt“. Die vollständige Aufzeichnung der Krankenunterlagen empfiehlt offenbar sogar eine Röntgen-Kontrolle erst nach 3 - 4 Wochen, was den Feststellungen des Sachverständigen zu einer unabdingbar notwendigen engmaschigen und zeitnahen Kontrolle widerspricht. Die Fehleinschätzung des behandelnden Arztes zur notwendigen Therapie beruht offensichtlich auf seiner Fehldiagnose einer Epikondylus ulnaris Fraktur. Tatsächlich handelte es sich um eine intraartikuläre transkondyläre Y-Fraktur des rechten Humerus. Zum Anderen ist angesichts der besonderen Anforderungen an die Nachuntersuchung durch eine engmaschige und zeitnahe Röntgenkontrolle der allgemeine Hinweis einer klinischen Befundkontrolle bei einem niedergelassenen Chirurgen/ Kinderarzt in jedem Fall unzureichend. Dies gilt umso mehr, als dieser Hinweis durch die nachfolgende Empfehlung einer Röntgenkontrolle nach 3 - 4 Wochen quasi wieder aufgehoben wird.
36 
c. Der beklagte Landkreis haftet für das Fehlverhalten des am 11. November 2002 in der F.-Klinik behandelnden Arztes auch, wenn sein Fehler neben der anschließenden fehlerhaften Nachbehandlung des Chirurgen Dr. D. bzw. der am 30. Dezember 2002 fehlerhaft operierenden Ärzte der kinderchirurgischen Klinik K. lediglich mitursächlich für die verbliebene Schädigung des klagenden Kindes war. Nach allgemeinem Schadensrecht steht eine Mitursächlichkeit, und sei es auch nur im Sinne eines Auslösers neben erheblichen anderen Umständen, der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich in vollem Umfang gleich. Dies gilt auch für die Arzthaftung (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 2005, VI ZR 216/03, in NJW 2005, 2072/2073 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282 f. m.w.N.). Etwas anderes kann allenfalls in dem - hier nicht vorliegenden - Fall der Teilkausalität gelten, wenn das ärztliche Versagen und ein weiterer, der Behandlungsseite nicht zuzurechnender Umstand abgrenzbar zu einem Schaden geführt haben (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363 m.w.N. und OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. Januar 1989, 7 U 155/87). Die „Kausalität“ ist im vorliegenden Fall nicht „abgebrochen“, weil sich der Kläger tatsächlich und rechtzeitig in die Nachbehandlung des Chirurgen Dr. D. begeben hat. Wie oben bereits ausgeführt hat dieser nachbehandelnde Arzt die erforderlichen Untersuchungen für eine mögliche Dislokation des Bruchs nicht vorgenommen. Er hat eine fachgerechte Nachbehandlung nicht eingeleitet. Es ist mithin nicht das eingetreten, was durch einen sachgerechten Arztbrief bezweckt und erreicht werden sollte.
37 
d. Das Gericht ist auch der Auffassung, dass die unterlassene Weiterverweisung an einen Kinderchirurgen bzw. unterlassene Anordnung einer engmaschigen und zeitnahen Kontrolle bei dem am 11. November 2002 vorliegenden Verletzungsbild einer intraartikulären transkondylären Y-Fraktur des rechten Humerus bei einem 2 Jahre und 3 Monate alten Kind einen groben Behandlungsfehler darstellt.
38 
Ein grober Behandlungsfehler liegt nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs nur dann vor, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Bei der Beurteilung eines Behandlungsfehlers als grob handelt es sich um eine juristische Wertung, die dem Tatrichter obliegt. Indessen muss, wie der Bundesgerichtshof hervorgehoben hat, diese wertende Entscheidung auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhen, die sich in der Regel aus der medizinischen Bewertung des Behandlungsgeschehens durch den Sachverständigen ergeben (vgl. zum groben Behandlungsfehler bei unterlassener Befunderhebung BGH, Urteil vom 4. Oktober 1994, VI ZR 205/93, in NJW 1995, 778/779 m.w.N.).
39 
Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Praxis der allgemeinen Chirurgie dahin geht, bei Brüchen kleiner Kinder nicht zwingend an die Kinderchirurgie weiter zu verweisen. Er, der Sachverständige, erhält immer wieder fehldiagnostizierte Kleinkinder. Die Weitergabe eines Kleinkindes mit einer Ellenbogenverletzung durch einen Allgemeinchirurgen sollte jedoch immer an einen Fachmann erfolgen, weil dieser Bruch extrem selten ist. Auch waren die Folgen des Bruchs zu dem Zeitpunkt des ersten Röntgenbildes am 11. November 2002 noch gar nicht absehbar gewesen, da der knöcherne Anteil bei kleinen Kindern noch nicht so angelegt ist, dass Feststellungen ohne Weiteres möglich sind.
40 
Zur Besonderheit der hier vorliegenden Fraktur hat der Sachverständige erläutert, dass zwischen dem Oberarmknochen und der Elle eine Gelenkverbindung besteht, die für das Beugen, Strecken und Drehen verantwortlich ist. Diese Gelenkverbindung am Oberarmknochen ist der Kondylus. Der Epikondylus ist ein Knöchelchen am Oberarmknochen, der an für sich nicht gelenkbildend ist. Die häufigste Fraktur ist eher oberhalb des Gelenkes. Dort kann es eventuell zu schwach dislozierenden Brüchen kommen, die bei der ersten Aufnahme erkennbar sind, weshalb auch ein Gips reicht und auch eine weitere Röntgenkontrolle nicht notwendig ist. Hier wurde eine solche oberhalb des Gelenkes liegende Fraktur aber nicht erwähnt und auch nicht erkannt. Bei der hier vorliegenden Art der Verletzung des Kondylus war deshalb auch auf jeden Fall eine Nachbehandlung mit einer regelmäßigen Kontrolle notwendig. Eine solche Nachbehandlung wäre sogar auch bei einem Erwachsenen mit dieser Art der Verletzung geboten gewesen.
41 
Die zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung nicht sicher abklärbare Art der Fraktur in dem höchst sensiblen Gelenkbereich - insbesondere bei einem Kleinkind - gab nach Auffassung des Gerichts Anlass zur besonderen Sorgfalt. Dann ist es aber nach Überzeugung des Gerichts gänzlich unverständlich, eine solche Nachuntersuchung durch einen Kinderchirurgen bzw. eine engmaschige und zeitnahe Kontrolle des Bruchs nicht angeordnet zu haben. Mit diesem Behandlungsfehler hat der erstbehandelnde Arzt die Aufklärung des Behandlungsverlaufs besonders erschwert (vgl. zum Wesen des groben Behandlungsfehlers bei Fehldiagnose und unterlassener Befunderhebung: BGH, Urteil vom 4. Oktober 1994, VI ZR 205/93, in NJW 1995, 778/779 m.w.N.). Der erstbehandelnde Arzt hat somit gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf; er handelte grob fahrlässig.
42 
e. Liegt ein grober Behandlungsfehler vor, so tritt zugunsten des Patienten eine Beweislastumkehr für die Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Schaden ein, wenn der Fehler geeignet war, die Gesundheitsbeschädigung zu verursachen (vgl. nur BGH, Urteil vom 16. November 2004, VI ZR 328/03, in VersR 2005, 228, 229 = NJW 2005, 427, 428 m.w.N.).
43 
Dies führt hier dazu, dass der Beklagte für die beim Kläger eingetretene Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Arms haftet, da ihm der Beweis nicht gelungen ist, dass der Fehler nicht für diese Folgen ursächlich war. Die Eignung des Fehlers, die Bewegungseinschränkung des Arms durch die verspätete Operation herbeizuführen, ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zu bejahen. Insoweit hat er ausgeführt, eine sofortige Operation zu einem früheren Zeitpunkt hätte mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein besseres Ergebnis gebracht. Inwieweit das zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 vorgefundene Ergebnis auf die fehlerhafte Initialbehandlung oder auf die spätere Korrekturoperation am 30. Dezember 2002 zurückzuführen ist, vermochte der Sachverständige nicht in Prozenten anzugeben. Wenn die Operation nach fünf oder nach zehn Tagen erfolgt wäre, das heißt in dem Bereich der von dem Sachverständigen angegebenen Röntgenkontrolluntersuchung, so wäre das Ergebnis auf jeden Fall günstiger gewesen, d.h. die Wahrscheinlichkeit auf ein folgenloses Abheilen der Fraktur hätte deutlich gesteigert werden können. Als Folge bleibt eine gesundheitliche Beeinträchtigung mit eingeschränkter Streck- und Beugefähigkeit des Arms.
44 
f. Die Eltern des Klägers oder andere nachbehandelnde Ärzte haben auch nicht schuldhaft eine schnellstmögliche Beseitigung der Dislokation verhindert, indem nach den radiologischen Feststellungen vom 6. Dezember 2002 eine Operation erst am 30. Dezember 2002 erfolgte. Zur Problematik, ob in der Zeit zwischen dem 6. Dezember und 30. Dezember 2002 eine Verzögerung bzw. eine Verschlechterung eingetreten sein könnte, hält der Sachverständige - wie er in der mündlichen Verhandlung ausführte - diesen Zeitraum im Hinblick auf den bereits eingetretenen Zustand und die dann erfolgte Operation für irrelevant. Er selbst, der Sachverständige, hätte vielleicht sogar noch länger zugewartet, bis er eine Korrektur vorgenommen hätte. Hier war die knöcherne Heilung des Ellbogens am 6. Dezember 2002 schon sehr weit fortgeschritten. Dann ist es im Hinblick auf den Zeitpunkt einer Korrekturoperation eine Frage der Abwägung, ob die Durchblutung eines eingeheilten Knochenstückes wieder verletzt oder eine Festigung abgewartet werden soll.
45 
g. Als Ausgleich für die sich aus dem Behandlungsfehler ergebenden Folgen für den Kläger rechtfertigt sich nach Überzeugung des Gerichts ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt EUR 6.000,-. Hinsichtlich der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 erkennbaren verbleibenden Schäden des Klägers für die Zukunft hat der Sachverständige ausgeführt, dass auf jeden Fall dauerhafte Folgen möglich sind, die aber erst zu einem späteren Zeitpunkt bei Abschluss des knöchernen Wachstums, das heißt bei einem Jungen mit 16 oder 17 Jahren festgestellt werden können. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf mögliche rentenpflichtige Schäden. Funktional könne sogar eine höhere Beweglichkeit und Stabilität bestehen, als unbedingt auf den Röntgenbildern oder dem Kernspin erkennbar ist. Es besteht die Möglichkeit einer Besserung ebenso, wie die einer Verschlechterung. Der Sachverständige hält eine jährliche Kontrolle hinsichtlich der Funktion des Arms für geboten. Bei der Untersuchung des klagenden Kindes in der mündlichen Verhandlung stellte der Sachverständige fest, dass eine fast komplette Beugung des Arms möglich ist. Die Streckung ist jedoch eingeschränkt. Der Kläger nimmt eine Korrektur über die Schulter vor; es besteht auch eine Verkrümmung des Ellenbogengelenks nach außen. Der Kläger hat jedoch gelernt, mit dieser Fehlstellung umzugehen. Nach heutiger, vorsichtiger Einschätzung geht der Sachverständige derzeit nicht davon aus, dass hier eine rentenpflichtige Einschränkung von über 20% vorliegen wird. Eine Einschränkung bei Sport und Spiel ist derzeit unzweifelhaft gegeben. Ob der Kläger eine Handwerkerlehre wird ausführen können, vermochte der Sachverständige nicht sicher anzugeben. Folgeverletzungen sind mit der hier vorliegenden Verletzung nicht typischerweise verbunden, eventuell gibt es später Druckschäden bei den Nerven in dieser Armregion, das heißt ggf. Neuralgien im Alter von 20 Jahren. Aber auch dies lässt sich heute noch nicht absehbar feststellen. Ob und inwieweit Folgeoperationen notwendig sind, um die Gelenkigkeit beizubehalten bzw. wiederherzustellen, bestimmt sich nach der jeweiligen Funktionsuntersuchung, die im jährlichen Abstand erfolgen sollte. Auch ob erst im ausgewachsenen Zustand eine solche Erstoperation geboten sein könnte, vermochte der Sachverständige nicht zu beantworten, da dies auch schon früher sein könnte, wenn eine deutliche Fehlstellung absehbar wird. Mit einer solchen Operation lässt sich die Achsabweichung beseitigen, aber nicht die Einschränkung von Beugung und Streckung. Das Gericht hat demnach bei der Bemessung des angemessenen Ausgleichs durch ein Schmerzensgeld entscheidend darauf abgestellt, dass bis zum 17. Lebensjahr des zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erst achtjährigen Klägers eine sichere Prognose der weiteren Entwicklung nicht möglich ist. Das hier zugesprochene Schmerzensgeld berücksichtigt demnach die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des rechten Arms nur für den Zeitraum von dem Zeitpunkt der Fehlbehandlung am 11. November 2002 bis zum Jahr 2016. Unberücksichtigt bleiben Feststellungen zu Möglichkeiten künftiger Berufsausübung, Nervenschädigungen und korrigierende Operationen wegen eingetretener Fehlstellungen nach der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008. Diese Folgen des Behandlungsfehlers vom 11. November 2002 bleiben den vom Sachverständigen empfohlenen weiteren jährlichen Untersuchungen vorbehalten. Nachdem der Kläger bereits EUR 6.000,- an Schmerzensgeld erhalten hat, war ihm ein weiteres Schmerzensgeld nicht mehr zuzusprechen.
46 
3. Die Feststellungsklage hat im Rahmen des gestellten Antrags Erfolg.
47 
Sie ist zulässig. Der Beklagte hat seine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede gestellt und Verjährung droht; die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts kann nicht verneint werden, das erforderliche Feststellungsinteresse ist daher gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2004, VI ZR 328/03, in VersR 2005, 228, 230 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 16. Januar 2001, VI ZR 381/99, in VersR 2001, 874). Auch der Vorbehalt hinsichtlich künftiger noch ungewisser und bei der Ausurteilung der Zahlungsklage auf Schmerzensgeld noch nicht berücksichtigungsfähiger immaterieller Schäden ist zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2004, VI ZR 70/03, in NJW 2004, 1243, 124). Der Feststellungsantrag ist auch begründet, denn Gegenstand der Feststellungsklage ist ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. November 2004, VI ZR 328/03, in VersR 2005, 228, 230 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige ausgeführt, dass als Folge der unzureichenden Versorgung des gebrochenen Arms eine anhaltende gesundheitliche Beeinträchtigung mit eingeschränkter Streck- und Beugefähigkeit des Arms verbleiben kann. Wie bei allen Knochenbrüchen im Kindesalter, lässt sich nach Überzeugung des Gerichts zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht feststellen, welchen Heilungsverlauf der fehlerhaft behandelte Arm nehmen wird.
48 
Aus oben dargelegten Gründen war der Klage im Umfang des Feststellungsantrages stattzugeben; im Übrigen war sie abzuweisen.
III.
49 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 117 Hochschulambulanzen


(1) Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) sind zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen1.in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang sowie2.

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. Apr. 2005 - VI ZR 216/03

bei uns veröffentlicht am 05.04.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 216/03 Verkündet am: 5. April 2005 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Jan. 2004 - VI ZR 70/03

bei uns veröffentlicht am 20.01.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 70/03 Verkündet am: 20. Januar 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Nov. 2004 - VI ZR 328/03

bei uns veröffentlicht am 16.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 328/03 Verkündet am: 16. November 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

(1) Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) sind zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen

1.
in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang sowie
2.
für solche Personen, die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanz bedürfen,
ermächtigt. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 kann die ambulante ärztliche Behandlung nur auf Überweisung eines Facharztes in Anspruch genommen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft vereinbaren die Gruppe derjenigen Patienten, die wegen Art, Schwere oder Komplexität der Erkrankung einer Versorgung durch die Hochschulambulanzen bedürfen. Sie können zudem Ausnahmen von dem fachärztlichen Überweisungsgebot in den Fällen von Satz 1 Nummer 2 vereinbaren. Wird eine Vereinbarung ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf der Vereinbarungszeit keine neue Vereinbarung zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Ist ein Vertrag nach Satz 3 zustande gekommen, können Hochschulen oder Hochschulkliniken zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten mit den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich durch Vertrag Abweichendes von dem Vertrag nach Satz 3 regeln.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Ermächtigung der Hochschulambulanzen

1.
an Psychologischen Universitätsinstituten und
2.
an Universitätsinstituten, an denen das für die Erteilung einer Approbation als Psychotherapeut notwendige Studium absolviert werden kann,
im Rahmen des für Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs sowie für solche Personen, die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanzen bedürfen. Für die Vergütung gilt § 120 Abs. 2 bis 4 entsprechend.

(3) Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 28 des Psychotherapeutengesetzes sind zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt sind, ermächtigt, sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.

(3a) Die folgenden Ambulanzen im Sinne des Absatzes 3 bedürfen abweichend von Absatz 3 einer Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss:

1.
Ambulanzen, die vor dem 26. September 2019 nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung staatlich anerkannt wurden, aber noch keine Behandlungsleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht haben, weil das von ihnen angewandte psychotherapeutische Behandlungsverfahren noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt war, oder
2.
Ambulanzen, die nach dem 26. September 2019 nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung staatlich anerkannt werden.
Eine Ermächtigung ist auf Antrag zu erteilen,
1.
soweit sie notwendig ist, um eine ausreichende Versorgung der Versicherten, insbesondere in neuen vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannten Psychotherapieverfahren, sicherzustellen, und
2.
sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.

(3b) Ambulanzen an Einrichtungen, die nach Landesrecht für die Weiterbildung von Psychotherapeuten oder Ärzten in psychotherapeutischen Fachgebieten zugelassen sind, sind vom Zulassungsausschuss auf Antrag zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt sind, zu ermächtigen,

1.
soweit die Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende psychotherapeutische Versorgung der Versicherten sicherzustellen, und
2.
sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.
Die Ermächtigung ist ohne Bedarfsprüfung zu erteilen, wenn die jeweilige Ambulanz bereits nach Absatz 3 oder Absatz 3a zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung ermächtigt war.

(3c) Für die Vergütung der in den Ambulanzen nach den Absätzen 3 bis 3b erbrachten Leistungen gilt § 120 Absatz 2 Satz 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass dabei eine Abstimmung mit Entgelten für vergleichbare Leistungen erfolgen soll. § 120 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend. Die Ambulanzen sind verpflichtet, von der Vergütung, die sie von den Krankenkassen für die durch einen Aus- oder Weiterbildungsteilnehmenden erbrachte Leistung erhalten, jeweils einen Anteil in Höhe von mindestens 40 Prozent an den jeweiligen Aus- oder Weiterbildungsteilnehmenden auszuzahlen. Sie haben die Auszahlung des Vergütungsanteils den Krankenkassen nachzuweisen. Die Ambulanzen haben der Bundespsychotherapeutenkammer die jeweils aktuelle Höhe der von den Aus- oder Weiterbildungsteilnehmern zu zahlenden Ausbildungskosten sowie des auszuzahlenden Vergütungsanteils, erstmalig bis zum 31. Juli 2021, mitzuteilen. Die Bundespsychotherapeutenkammer hat eine bundesweite Übersicht der nach Satz 5 mitgeteilten Angaben zu veröffentlichen.

(4) Untersuchungs- und Behandlungsmethoden können Gegenstand des Leistungsumfangs der Hochschulambulanzen nach den Absätzen 1 und 2 sein, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c für die Krankenhausbehandlung keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. § 137c Absatz 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 216/03 Verkündet am:
5. April 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
,
BGB § 823 Abs. 1 (Aa, Dd, I);
Steht fest, daß der Arzt dem Patienten durch rechtswidriges und fehlerhaftes ärztliches Handeln einen Schaden
zugefügt hat, so muß der Arzt beweisen, daß der Patient den gleichen Schaden auch bei einem rechtmäßigen
und fehlerfreien ärztlichen Handeln erlitten hätte. Die Behandlungsseite muß, sofern ein schadensursächlicher
Eingriff ohne ausreichende vorherige Aufklärung des Patienten erfolgt ist, auch beweisen, daß es zu
dem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung des Patienten gekommen wäre.
BGH, Urteil vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03 - OLG Naumburg
LG Halle
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. April 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Bei der Klägerin wurde im Jahre 1997 eine beiderseitige Vergrößerung der Schilddrüse mit einem Knoten im Isthmus-Bereich sowie zwei Knoten im rechten Bereich der Schilddrüse (sogenannte Knotenstruma III. Grades) festgestellt. Sie wurde zur operativen Behandlung in dem Kreiskrankenhaus, dessen Träger der Beklagte ist, aufgenommen. Am Tag vor der Operation wurde sie über den Verlauf einer teilweisen Entfernung der Schilddrüse sowie die daraus resultierenden Risiken aufgeklärt. Am Morgen des 29. Mai 1997 wurde die
Schilddrüse der Klägerin operativ unter Darstellung der Stimmbandnerven vollständig entfernt. In der Folge ergaben sich Komplikationen, die zu einer beidseitigen Stimmbandlähmung bei der Klägerin führten. Infolge dieser hat die Klägerin bereits im Ruhezustand Atembeschwerden, die sich bei körperlichen Aktivitäten verstärken. Sie kann nur noch flüsternd sprechen. Die Klägerin macht geltend, die Schilddrüsenoperation sei wegen unzureichender Aufklärung rechtswidrig erfolgt und zudem fehlerhaft durchgeführt worden. Sie begehrt deshalb von dem Beklagten Schmerzensgeld, Ersatz ihres materiellen Schadens und Feststellung der weiteren Ersatzpflicht des Beklagten. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin auf die Berufung des Beklagten in vollem Umfang abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt aus, ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten sei schon dem Grunde nach nicht gegeben; er scheitere jedenfalls daran, daß die Klägerin den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem pflichtwidrigen Verhalten der sie behandelnden Ärzte im Krankenhaus des Beklagten und der bei ihr eingetretenen beidseitigen Stimmbandlähmung nicht führen könne.
Allerdings hätten die behandelnden Ärzte die Kläger in inhaltlich nicht ausreichend über den beabsichtigten operativen Eingriff und dessen Risiken aufgeklärt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß der der Klägerin im Rahmen der Eingriffs- und Risikoaufklärung gegebene pauschale Hinweis auf eine Operationserweiterung während der Operation hier nicht genügt habe. Präoperativ sei die Durchführung einer Teilresektion der Schilddrüse indiziert und an der Wahl dieser indizierten Behandlungsmaßnahme sei die Aufklärung zunächst auszurichten gewesen; insoweit sei die Aufklärung , was durch die von dem Beklagten vorgelegten Krankenunterlagen bewiesen sei, auch inhaltlich ausreichend erfolgt. Im vorliegenden Fall sei aber eine intraoperative Operationserweiterung hin zu einer Totalresektion des Schilddrüsengewebes auch aus präoperativer Sicht der behandelnden Ärzte ernsthaft in Betracht gekommen, weshalb die Klägerin in eine solche konkrete Option auch habe eingeweiht werden müssen. Zwar sei das Behandlungsrisiko, insbesondere dasjenige von Nachblutungen bzw. der Verletzung eines oder beider Stimmbandnerven , sowohl bei einer Teil- als auch bei einer Totalresektion des Schilddrüsengewebes jeweils als gering einzuschätzen. Doch seien die Risiken einer Totalresektion signifikant höher als bei einer Teilresektion. Eine dahin gehende Aufklärung der Klägerin hätten die behandelnden Ärzte schon nach dem Sachvorbringen des Beklagten nicht vorgenommen. Ob die die Klägerin behandelnden Ärzte die Indikati on für eine Totalresektion des Schilddrüsengewebes während der Operation verfrüht, d.h. auf unzureichender Entscheidungsgrundlage, getroffen hätten oder nicht, könne offen bleiben. Unter Zugrundelegung der Zeugenaussagen der beiden behandelnden Ärzte sei die Entscheidung zur totalen Ausräumung des Schi lddrüsengewebes aus fachärztlicher Sicht geboten gewesen. Unter Zugrundelegung des Operationsberichts hingegen hätten die behandelnden Ärzte die Indikation für eine To-
talresektion zumindest verfrüht gestellt. Selbst wenn man davon ausgehe, sei aber ein Arzthaftungsanspruch der Klägerin nicht begründet. Der Klägerin sei der Nachweis nicht gelungen, daß die bei ihr eingetretene beidseitige Stimmbandlähmung allein darauf zurückzuführen sei, daß die als Teilresektion begonnene Operation intraoperativ zu einer totalen Entfernung des Schilddrüsengewebes erweitert wurde. Wie bereits das erstinstanzliche Gericht auf der Grundlage sachverständiger Beratung zutreffend festgestellt habe, sei eine Teilentfernung des Schilddrüsengewebes der Klägerin, nämlich zumindest im rechten und im Isthmus-Bereich, sowohl aus chirurgischer als auch aus internistischer und nuklearmedizinischer Sicht absolut indiziert gewesen. In eine solche Operation habe die Klägerin wirksam eingewilligt. Mit dem gerichtlichen Sachverständigen sei davon auszugehen, daß die beidseitige Stimmbandlähmung der Klägerin dadurch entstanden sei, daß sich in der Nähe des Operationsgebietes eine Nachblutung eingestellt und entweder zur Herausbildung eines Hämatoms oder zur Einblutung in das Nervenhüllgewebe geführt habe. Hinsichtlich der Ursache der Nachblutung, einer kontinuierlich blutenden Vene unterhalb der bei der Erstoperation eröffneten Grenzlamelle , sei nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu beantworten , ob diese auch bei einer nur teilweisen Entfernung der Schilddrüse eingetreten wäre. Diese nicht überwindbare Unsicherheit bei der Aufklärung des tatsächlichen Behandlungsverlaufs gehe nach den zivilrechtlichen Grundsätzen der Beweislastverteilung im Arzthaftungsprozeß zu Lasten der Klägerin, die aus der behaupteten Kausalität einen Schadensersatzanspruch herleiten wolle. Zwar habe der Sachverständige ausgeführt, daß die vorbeschriebene Nachblutung bei einer Teilresektion „nicht so wahrscheinlich" sei, wie bei dem umfangreicheren Eingriff in Gestalt einer Totalresektion. Eine weitere Festlegung habe
er jedoch als spekulativ abgelehnt. Beispielsweise könne eine Zugwirkung an der Schilddrüse sowohl bei einer Teilresektion als auch bei einer Totalresektion auftreten. Letztlich habe der Sachverständige den Eintritt der bilateralen Recurrensparese hier als ein schicksalhaftes, für beide Operationsmaßnahmen auch bei facharztgerechter Behandlung typisches Ereignis bewertet. Dieser Einschätzung folge der Senat. Die Klägerin trage die Beweislast für die Kausalität der wegen des festgestellten Aufklärungsmangels rechtswidrigen Operationserweiterung bzw. des als wahr unterstellten Behandlungsfehlers für die beidseitige Stimmbandlähmung. Das bedeute, daß die Klägerin im Prozess schon dann unterliege, wenn sie nicht beweisen könne, daß die Pflichtverletzung den Schaden verursacht habe bzw. daß der Schadenseintritt ohne die Pflichtverletzung zumindest sehr unwahrscheinlich gewesen wäre. Beweiserleichterungen kämen der Klägerin nicht zugute; auf einen groben Behandlungsfehler könne sie sich nicht berufen.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde die Klägerin nicht ausreichend darüber aufgeklärt, daß während der Operation gegebenenfalls von der Teilresektion der Schilddrüse zu einer Totalresektion überzugehen war. Dies nimmt die Klägerin als ihr günstig hin. Die Bedenken, die die Revisionserwiderung insoweit vorbringt, sind unbegründet. Die Bejahung einer unzureichenden Aufklärung durch das Berufungsgericht beruht auf einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung des Aufklärungs-
bogens, des vom Beklagten dargestellten Inhalts des Aufklärungsgesprächs und der Ausführungen des Sachverständigen. 2. Revisionsrechtlich ist zudem davon auszugehen, daß die behandelnden Ärzte die Entscheidung für eine Totalresektion verfr üht getroffen haben. Denn das Berufungsgericht läßt ausdrücklich dahinstehen, ob insoweit ein Behandlungsfehler festgestellt werden kann oder nicht. 3. Unter diesen Umständen durfte das Berufungsgericht die Klägerin nicht hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen der rechtswidrig, weil ohne ausreichende Aufklärung, und zudem auch behandlungsfehlerhaft vorgenommenen Operation und dem erlittenen Gesundheitsschaden als beweisfällig behandeln.
a) Den Ausführungen des Berufungsgerichts könnte - was die Revision zu Recht geltend macht - nicht gefolgt werden, wenn es auf Seite 9 des angefochtenen Urteils hat zum Ausdruck bringen wollen, daß der Arzt nur haftet, wenn sein Fehler die alleinige Ursache für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Patienten ist. Nach allgemeinem Schadensrecht steht eine Mitursächlichkeit , und sei es auch nur im Sinne eines Auslösers neben erheblichen anderen Umständen, der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich in vollem Umfang gleich. Dies gilt auch für die Arzthaftung (vgl. nur Senatsurteil vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282 f. m.w.N.). Etwas anderes kann allenfalls in dem - hier nicht vorliegenden - Fall der Teilkausalität gelten, wenn das ärztliche Versagen und ein weiterer, der Behandlungsseite nicht zuzurechnender Umstand abgrenzbar zu einem Schaden geführt haben (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363 m.w.N.).
b) Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn das Berufungsgericht der Klägerin den Beweis dafür auferlegen will, daß die beabsichtigte rechtmäßige Teilre-
sektion nicht zu denselben Beeinträchtigungen geführt hätte wie die tatsächlich durchgeführte rechtswidrige Operation. Steht fest, daß der Arzt dem Patienten durch rechtswidriges und fehlerhaftes ärztliches Handeln einen Schaden zugefügt hat, so muß der Arzt beweisen, daß der Patient den gleichen Schaden auch bei einem rechtmäßigen und fehlerfreien ärztlichen Handeln erlitten hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 209, 213 ff.; 106, 153, 156; vom 13. Dezember 1988 - VI ZR 22/88 - VersR 1989, 289 f.; vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03 - zur Veröffentlichung bestimmt; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht , 4. Aufl., Rn. C 151 m.w.N.). Auch soweit es darum geht, ob es zu einem schadensursächlichen Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung des Patienten gekommen wäre, liegt die Beweislast bei der Behandlungsseite (vgl. Senatsurteile BGHZ 29, 176, 187; vom 15. Oktober 1968 - VI ZR 226/67 - VersR 1969, 43, 44; vom 14. April 1981 - VI ZR 39/80 - VersR 1981, 677, 678; vgl. auch die ständige Senatsrechtsprechung zur Beweislast der Behandlungsseite bei der Behauptung hypothetischer Einwilligung des Patienten, z.B. Senatsurteile BGHZ 29, 176, 187; vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - VersR 1990, 1238, 1239 m.w.N.). Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, wonach der Schädiger zu beweisen hat, daß sich ein hypothetischer Kausalverlauf bzw. eine Reserveursache ebenso ausgewirkt haben würde wie der tatsächliche Geschehensablauf (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1992 - VIII ZR 170/91 - VersR 1993, 754, 755 f. m.w.N.; MünchKomm-BGB/Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 218 m.w.N.). 4. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts lassen die gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen keine ausreichend siche ren Feststellungen dahingehend zu, daß der Gesundheitsschaden der Klägerin auch bei Durchführung einer Teilresektion entstanden wäre. Verbleibt es bei diesem Beweisergebnis , bleibt der Beklagte hinsichtlich der von ihm behaupteten Reserveursache beweisfällig. Dann wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob
und inwieweit die weiteren Voraussetzungen für die geltend gemachten Ansprüche vorliegen.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 328/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Verletzung der Pflicht des behandelnden Arztes zur therapeutischen Aufklärung
(Sicherungsaufklärung), die als grober Behandlungsfehler zu werten ist, führt regelmäßig
zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang
zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden, wenn sie
geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; eine Wahrscheinlichkeit für
ein Ergebnis einer Kontrolluntersuchung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich
(Fortführung von BGH, Urteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909,
zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 328/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. Oktober 2003 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 10. Oktober 2002 abgeändert. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und Ersatz des bezifferten materiellen Schadens des Klägers ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 entstandenen und künftig entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, soweit der Ersatzanspruch nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen.
Zur Entscheidung über den Betrag des Zahlungsanspruchs wird der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, der am 6. Januar 2000 abends Lichtblitze in seinem linken Auge bemerkt hatte, begab sich noch am selben Tag in den augenärztlichen Bereitschaftsdienst, den die Beklagte wahrnahm. Gesichtsfeldmessungen und Messungen des Augeninnendrucks ergaben keinen auffälligen Befund. Auch bei einer Untersuchung des Augenhintergrundes nach Erweiterung der Pupille stellte die Beklagte keine pathologischen Veränderungen fest. Am 11. Januar 2000 trat beim Kläger eine massive Ablösung der Netzhaut im linken Auge auf. Trotz zweier Operationen in der Universitätsklinik, bei denen die Netzhaut angelegt und stabilisiert wurde, ist die Sehfähigkeit des Klägers beeinträchtigt. Der Kläger hält die Untersuchung durch die Beklagte für fehlerhaft; auch habe sie ihn nicht in gehöriger Weise darauf hingewiesen, daß er alsbald Kontrolluntersuchungen durchführen lassen müsse. Er begehrt Schmerzensgeld, Ersatz materiellen Schadens sowie die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche nach Schluß der mündlichen Verhandlung aus dem Behandlungsfehler der Beklagten vom 6. Januar 2000 entstehenden materiellen
und immateriellen Schäden zu ersetzen. Seine Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt, es sei an die Feststellungen des Landgerichts gebunden, die Beklagte habe den Kläger nicht auf die Gefährdung der Netzhaut durch eine fortschreitende Glaskörper-Abhebung hingewiesen und ihn auch nicht aufgefordert , diesen Vorgang unbedingt weiter überwachen zu lassen. Da beim Kläger eine beginnende Glaskörper-Abhebung vorgelegen und die Beklagte das auch erkannt habe, habe sie den Kläger über diese mögliche Diagnose und das dabei bestehende vergleichsweise geringe Risiko einer Netzhautablösung unterrichten müssen. Sie habe den Kläger auffordern müssen, sich auch ohne Zunahme der Symptome zu einer Kontrolluntersuchung beim Augenarzt vorzustellen. Diese Unterlassungen seien als "einfache" Behandlungsfehler zu werten. Daß die Beklagte den Kläger nicht zusätzlich darauf hingewiesen habe, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen, sei als ein grober Behandlungsfehler zu werten. Der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem Körperschaden des Klägers sei zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen , weil der Kläger nach eigenen Angaben keine sich ausweitende oder verschlimmernde Symptomatik bemerkt habe. Es sei nämlich nicht ausgeschlossen , daß der Kläger bei zutreffender Information auch ohne Verschlech-
terung seines Zustandes zu einer augenärztlichen Kontrolle gegangen wäre und ein Augenarzt dann Anzeichen für eine beginnende Netzhautablösung festgestellt hätte. Möglicherweise hätte dann erfolgreich Vorsorge gegen die spätere Netzhautablösung getroffen werden können. Ein Ursachenzusammenhang könne jedoch nicht festgestellt werden. Es sei zwar davon auszugehen, daß der Kläger nach ordnungsgemäßer Beratung durch die Beklagte innerhalb von zwei oder drei Tagen zu einer Kontrolluntersuchung gegangen wäre. Es sei aber vorstellbar, daß die Glaskörper-Abhebung, die der Netzhautablösung vorangehe , sehr plötzlich und sehr massiv eingesetzt und dann sehr schnell eine erst am 11. Januar 2000 erkennbare Netzhautablösung nach sich gezogen habe. Daher sei völlig offen, ob es zuvor Anzeichen für eine solche Ablösung gegeben habe, die bei einer Kontrolluntersuchung erkennbar gewesen wären. Dem Kläger sei keine Beweislastumkehr für den Ursachenzusammenhang zuzubilligen. Es fehle an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, daß bei einer augenärztlichen Kontrolle Anzeichen für die Netzhautablösung erkennbar gewesen wären. Daß eine solche Kontrolle Aufschluß darüber gegeben hätte, ob sich zu jenem Zeitpunkt Anzeichen für eine Netzhautablösung gezeigt hätten , sei keine ausreichende Grundlage für eine Beweislastumkehr. Zwar liege es nicht fern, das Gesamtverhalten der Beklagten ohne Differenzierung zu den einzelnen Unterlassungen als grob fehlerhaft anzusehen. Selbst dann aber sei es nicht gerechtfertigt, dem Kläger ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder die andere Richtung eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Auftretens von Gefährdungsanzeichen bei der hypothetischen Kontrolluntersuchung zuzubilligen.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht wertet im Anschluß an die Ausführungen des Sachverständigen und im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats als grob fehlerhaft, daß die Beklagte den Kläger nach Abschluß der Notfalluntersuchung nicht darauf hingewiesen hat, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030; vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, 1117; vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026 - jeweils m.w.N.). Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin; auch die Revisionserwiderung erhebt insoweit keine Beanstandungen. Beim Kläger lag eine beginnende Glaskörper-Abhebung als Vorstufe einer Netzhautablösung nahe und die Beklagte hatte dies erkannt. Sie war infolgedessen verpflichtet, dem Kläger ihre Erkenntnisse ebenso wie ihren Verdacht bekannt zu geben (Diagnoseaufklärung; vgl. Senatsurteil BGHZ 29, 176, 183 f.; OLG Nürnberg AHRS 3130/108). Dementsprechend hatte sie den Kläger im Rahmen der ihr obliegenden therapeutischen Aufklärungspflicht darauf hinzuweisen , er müsse bei fortschreitenden Symptomen sofort einen Augenarzt einschalten und im übrigen alsbald den Befund überprüfen lassen, damit der Kläger mögliche Heilungschancen wahrnehmen konnte. Das hat die Beklagte versäumt. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht in dieser unterlassenen therapeutischen Aufklärung einen Behandlungsfehler gesehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 1995 - VI ZR 32/94 - VersR 1995, 1099, 1100) und ihn als grob bewertet.
2. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht auch darin, daß der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem entstandenen Körperschaden des Klägers nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Kläger keine sich ausweitende oder verschlechternde Symptomatik bemerkt hat. Das Oberlandesgericht stellt ohne Rechtsfehler fest, daß nicht auszuschließen ist, ein zur Kontrolluntersuchung eingeschalteter Augenarzt hätte vom Kläger selbst noch nicht bemerkte, aber für den Facharzt erkennbare Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung entdecken und daraufhin eine erfolgreiche Therapie durchführen können. 3. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch eine Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung und dem Schaden des Klägers, weil eine solche Beweislastumkehr dem Kläger nicht "ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Richtung" zugebilligt werden könne. Damit zieht das Berufungsgericht nicht die gebotenen Folgerungen aus dem Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers.
a) Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, führt ein grober Behandlungsfehler grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. aa) Eine Umkehr der Beweislast ist schon dann anzunehmen, wenn der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen ; nahelegen oder wahrscheinlich machen muß der Fehler den Schaden dagegen nicht (vgl. Senatsurteile BGHZ 85, 212, 216 f.; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - VersR 1996, 1535, 1537; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909, 911).
Eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite ist nur ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - aaO; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). Gleiches gilt, wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen läßt (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 955), oder wenn der Patient durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt hat und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, daß der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026, 1028; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO; KG VersR 1991, 928 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 19. Februar 1991 - VI ZR 224/90; OLG Braunschweig VersR 1998, 459, 461 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 20. Januar 1998 - VI ZR 161/97). Das Vorliegen einer solchen Ausnahme hat allerdings die Behandlungsseite zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). bb) Hiernach war es Sache der Beklagten darzulegen und zu beweisen, daß ein ordnungsgemäßer Hinweis an den Kläger, er solle bei Befundverschlechterung umgehend eine Kontrolluntersuchung durchführen lassen, eine Netzhautablösung mit den eingetretenen Folgen weder verhindert noch abgemildert hätte. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, war ein solcher Hinweis geeignet, den Kläger zu einer kurzfristigen Kontrolluntersuchung zu veranlassen; eine solche wäre geeignet gewesen, Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung erkennbar zu machen und frühzeitiger Behandlungsmaßnahmen durchzuführen, die ihrerseits die später eingetretene Netzhautablösung verhindern oder feststellbar hätten vermindern können.
cc) Daß ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich wäre, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Solches ergibt sich nicht aus den gutachtlichen Äußerungen d es Sachverständigen ; das wird auch von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht. Soweit diese darauf abstellt, das Berufungsgericht habe keine Wahrscheinlichkeit für Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung feststellen können, ist das nicht gleichbedeutend damit, daß ein Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung des Patienten und der Netzhautablösung äußerst unwahrscheinlich war. dd) Einer Umkehr der Beweislast steht auch nicht entgegen, daß der Kläger weitergehende Anzeichen als die bis dahin aufgetretenen Lichtblitze nicht bemerkt hat. Die Beklagte hätte den Kläger durch einen Hinweis auf die Gefahr einer Netzhautablösung, die infolge der Glaskörperabhebung drohte, zu einer baldigen Kontrolle des Augenhintergrundes veranlassen müssen, um das eingetretene Risiko möglichst gering zu halten. Das hat sie versäumt. Die Netzhautablösung ist eingetreten und hat zu einer Verringerung des Sehvermögens auf dem Auge geführt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Kläger auch ohne Fortschreiten der Symptome alsbald eine Kontrolluntersuchung hätte durchführen lassen, wäre er ordnungsgemäß über die Diagnose und die Gefahr für sein Sehvermögen aufgeklärt und auf die Notwendigkeit einer sofortigen Kontrolluntersuchung bei Verschlechterung hingewiesen worden. Das hätte, wie bereits ausgeführt, zur Vermeidung des Gesundheitsschadens führen können. Ohnehin ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufspaltung in eine "einfache" und eine "grobe" Pflichtwidrigkeit verfehlt, weil insoweit eine Gesamtbetrachtung der geschuldeten therapeutischen Aufklärung geboten ist, die sich als insgesamt grob fehlerhaft erweist, ohne daß es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf.

b) Das Berufungsgericht hat den Ursachenverlauf in seine einzelnen Bestandteile aufgespalten und dann Anzeichen für eine Netzhautablösung vor dem 11. Januar 2000 sowie für den Erfolg einer vorbeugenden Behandlung vermißt. Eine Umkehr der Beweislast zugunsten des Klägers hat es verneint, weil zu den genannten Umständen auch keine Wahrscheinlichkeiten feststellbar seien. Das widerspricht den Grundsätzen des erkennenden Senats zu den Rechtsfolgen eines groben Behandlungsfehlers. aa) Eine Unterteilung des Ursachenzusammenhangs in unmittelbare und mittelbare Ursachen ist dem Haftungsrecht fremd (vgl. Senatsurteile vom 11. November 1997 - VI ZR 146/96 - VersR 1998, 200 f.; vom 26. Januar 1999 - VI ZR 374/97 - VersR 1999, 862; vom 27. Juni 2000 – VI ZR 201/99 – VersR 2000, 1282, 1283). Beim groben Behandlungsfehler umfaßt die in Betracht stehende Umkehr der Beweislast den Beweis der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den haftungsbegründenden Primärschaden, der ohne die Beweislastumkehr dem Patienten nach § 286 ZPO obläge. Auf die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. den Kausalzusammenhang zwischen körperlicher oder gesundheitlicher Primärschädigung und weiteren Gesundheitsschäden des Patienten wird die Beweislastumkehr nicht ausgedehnt, es sei denn, der sekundäre Gesundheitsschaden wäre typisch mit dem Primärschaden verbunden und die als grob zu bewertende Mißachtung der ärztlichen Verhaltensregel sollte gerade auch solcherart Schädigungen vorbeugen (vgl. Senatsurteile vom 21. Oktober 1969 - VI ZR 82/68 - VersR 1969, 1148, 1149; vom 9. Mai 1978 - VI ZR 81/77 - VersR 1978, 764, 765). Eine Zerlegung des Kausalzusammenhangs in seine einzelnen logischen Bestandteile im übrigen kommt nicht in Betracht. bb) Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht hier eine Umkehr der Beweislast nicht verneinen. Die Parteien streiten nicht um einen Sekundärschaden des Klägers. Vielmehr beruht die Schädigung des Sehvermö-
gens auf dem Primärschaden der Netzhautablösung, die der Kläger als Schädigung geltend macht (vgl. zur Abgrenzung zwischen Primär- und Sekundärschaden Senatsurteile vom 28. Juni 1988 - VI ZR 210/87 - VersR 1989, 145; vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154). 4. Nach allem ist die Klage zum Zahlungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt (§§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F.; 304 Abs. 1, 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Feststellungsklage hat im Rahmen des gestellten Antrags ebenfalls Erfolg. Sie ist zulässig. Die Beklagte hat ihre haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede gestellt und Verjährung droht; die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts kann nicht verneint werden, das erforderliche Feststellungsinteresse ist daher gegeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874). Der Feststellungsantrag ist auch begründet, denn Gegenstand der Feststellungsklage ist ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - aaO). Auch der Vorbehalt hinsichtlich künftiger noch ungewisser und bei der Ausurteilung der Zahlungsklage auf Schmerzensgeld noch nicht berücksichtigungsfähiger immaterieller Schäden ist zulässig (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - NJW 2004, 1243, 1244).
Zum Betrag der Zahlungsklage ist die Sache nicht entscheidungsreif. Insoweit ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 70/03 Verkündet am:
20. Januar 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit einer Teilklage im Schmerzensgeldprozeß.
BGH, Urteil vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Februar 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in der Sache zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen der Folgen einer tätlichen Auseinandersetzung auf Zahlung materiellen Schadensersatzes und eines Teilbetrages des ihm zustehenden Schmerzensgeldes in Anspruch. Er begehrt außerdem die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet sei, materiellen Zukunftsschaden zu ersetzen.
Das Landgericht hat dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 4.803,20 zugesprochen und festgestellt, daß der Beklagte 80% des materiellen Zukunftsschadens zu ersetzen habe. Zur Begründung hat es ausgeführt, angesichts der vorsätzlichen Tat und der gravierenden Dauerfolgen sei bei einer Haftung des Beklagten in vollem Umfang ein einheitlich zu bemessendes Schmerzensgeld ! #" $ %& '$ ( ' ) *% '+ von 5000 i- - ' . /0 1 320 '+ 4 ! #" $ % 5 '$ schen Mitverschuldens von 20% 4000 , , eine Teilklage erhoben habe, müsse derzeit nicht entschieden werden, wie hoch das insgesamt zu bezahlende Schmerzensgeld sei. $ Die auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 1000 6 rzensgeld gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung des Beklagten, mit der dieser die Unzulässigkeit der Teilklage gerügt hat, hat das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der Schmerzensgeldforderung in vollem Umfang abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung damit begründet, daß der Kläger die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teilschmerzensgeld trotz rechtlicher Hinweise durch das Gericht nicht vorgetragen habe. Auf Teilschmerzensgeld könne nur geklagt werden, wenn sich die künftige Entwicklung noch nicht überschauen lasse, deswegen das insgesamt angemessene Schmerzensgeld noch nicht endgültig beurteilt werden könne und sich deshalb das Gericht außer Stande sehe, den Betrag in voller Höhe zu ermitteln. Nur in solchen
Ausnahmefällen müsse dem Verletzten, um ihm eine Entschädigung für zukünftige Schäden nicht abzuschneiden, für den bisher überschaubaren Zeitraum ein Teilschmerzensgeld zugesprochen und die Geltendmachung einer weiteren Entschädigung für die Zukunft vorbehalten werden. Das mache der Kläger jedoch nicht geltend, sondern glaube, ein Teilschmerzensgeld nur deshalb verlangen zu können, weil es sich um eine teilbare Geldforderung handle. Das berechtige den Geschädigten jedoch nicht, ein Teilschmerzensgeld einzuklagen. Der einheitliche Schmerzensgeldanspruch lasse sich - von dem Ausnahmefall ungewisser Zukunftsschäden abgesehen - nicht in zwei oder mehr Teile "zerlegen". Für sich bereits abzeichnende Verletzungsfolgen sei die angemessene Höhe des Schmerzensgeldes zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unter Einbeziehung sämtlicher schmerzensgeldrelevanter Faktoren zu ermitteln, die durch das entsprechend festgesetzte Schmerzensgeld dann auch abgegolten seien.

II.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. 1. Zutreffend ist der Ansatz des Berufungsgerichts, daß es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. Großer Senat BGHZ 18, 149; Senatsurteile vom 6. Dezember 1960 - VI ZR 73/60 - VersR 1961, 164, 165 und vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - VersR 2001, 876). Dabei steht die mit der Verletzung verbundene Lebensbeeinträchtigung im Verhältnis zu den anderen zu berücksichtigenden Umständen
stets an der Spitze. Denn Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden bil- den das ausschlaggebende Moment für den angerichteten immateriellen Schaden. Im übrigen läßt sich ein Rangverhältnis der zu berücksichtigenden Umstände nicht allgemein aufstellen, weil diese Umstände ihr Maß und Gewicht für die vorzunehmende Ausmessung der billigen Entschädigung erst durch ihr Zusammenwirken im Einzelfall erhalten (vgl. BGHZ 18, 149, 157 ff.). Soweit die Revision darauf hinweist, daß der Begriff der Einheitlichkeit sich daneben auf die Doppelfunktion des Schmerzensgeldes als Ausgleich und Genugtuung für die erlittenen Verletzungen bezieht, führt dies zu keiner anderen Beurteilung, sondern bedeutet nur, daß der Anspruch weder in einen Betrag auf angemessenen Ausgleich und einen weiteren Betrag zur Genugtuung, noch in Teilbeträge zum Ausgleich bestimmter Verletzungen aufgespalten werden kann (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 1960 - VI ZR 73/60 - aaO). 2. Das wird vom Berufungsgericht im Grundsatz nicht verkannt.
a) In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertritt es die Auffassung, daß mit dem auf eine unbeschränkte Klage insgesamt zuzuerkennenden Schmerzensgeld nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten werden (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 1980 - VI ZR 72/79 - VersR 1980, 975; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87 - VersR 1988, 929 f.; vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94 - VersR 1995, 471, 472; vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - aaO; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1975 - III ZR 41/74 - VersR 1976, 440). Das stellt auch die Revision nicht in Frage.

b) Mit Erfolg macht sie jedoch geltend, daß das Berufungsgericht bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall, die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen nicht gewürdigt hat (§ 286 ZPO). aa) Nach den bereits mit der Klageschrift vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen besteht die Gefahr, daß es beim Kläger zu einer Humeruskopfnekrose kommen könnte, die eine erneute operative Versorgung und höchstwahrscheinlich eine Schulterprothese erfordern würde; außerdem drohe die Gefahr einer sich zunehmend entwickelnden Handgelenksarthrose, die im Falle ihres Auftretens mittelfristig eine Korrekturoperation erforderlich machen würde. Somit läßt sich eine Aussage darüber, ob und in welchem Umfang in der Zukunft noch Spätfolgen der Unfallverletzungen auftreten können, derzeit nicht treffen. Es besteht jedenfalls die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts. bb) Auf diesen Vortrag hat der Kläger in der Berufung nicht nur Bezug genommen, sondern in der Erwiderung auf die Anschlußberufung ausdrücklich vorgetragen, daß mit der vorliegenden Klage ausdrücklich ein bezifferter Teilbetrag des Schmerzensgeldes geltend gemacht werde, das dem Kläger insgesamt zustehe, weil sich wegen der ungewissen weiteren Folgen der Verletzungen das Gesamtschmerzensgeld, das der Kläger beanspruchen könne, noch nicht ausreichend verlässlich beziffern lasse. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich dabei nicht um einen allgemeinen Hinweis auf das praktische Bedürfnis einer solchen Teilklage, sondern um die Darlegung, weshalb dem Kläger derzeit eine endgültige Bezifferung des Schmerzensgeldes nicht möglich sei.
c) Diesen Vortrag hätte das Berufungsgericht der Beurteilung zugrundelegen müssen, ob unter diesen Voraussetzungen die geltend gemachte offene Teilklage zulässig war, was zu bejahen ist.
aa) Bereits das Reichsgericht (RG Warn Rspr. 1917 Nr. 99 S. 143, 144) hat es - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - für zulässig erachtet, den Betrag des Schmerzensgeldes zuzusprechen, der dem Verletzten zum Zeitpunkt der Entscheidung mindestens zusteht, und später den zuzuerkennenden Betrag auf die volle abzuschätzende Summe zu erhöhen, die der Verletzte aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der für den immateriellen Schaden maßgeblichen Umstände beanspruchen kann, wenn sich nicht endgültig sagen läßt, welche Änderungen des gesundheitlichen Zustandes noch eintreten können. bb) Dieser Rechtsauffassung hat sich der erkennende Senat angeschlossen (vgl. Senatsurteile vom 16. Mai 1961 - VI ZR 112/60 - VersR 1961, 727, 728; vom 22. April 1975 - VI ZR 50/74 - VersR 1975, 852, 853 f. zu IV. und vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - VersR 2001, 876, 877). So hat er für den Fall, daß mit dem Eintritt weiterer Schäden zu rechnen ist, die letztlich noch nicht absehbar sind, das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für die Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger immaterieller Schäden bejaht, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung Grund besteht , mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. Senatsurteile vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874 ff. und vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - aaO). Auch im Falle eines solchen Feststellungsantrages bleibt offen, wie hoch der Schmerzensgeldanspruch letztendlich sein wird, und wird der zu zahlende Betrag nach den gegenwärtigen Umständen und unter Außerachtlassung der noch nicht absehbaren Folgen in gewisser Weise vorläufig als Teilbetrag festgesetzt. cc) Im Hinblick darauf hätte es der offenen Teilklage nicht bedurft. Der Kläger hätte sich auch durch einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für zukünftige immaterielle Schäden seinen Anspruch sichern können.
3. Andererseits bestehen gegen die Zulässigkeit einer Teilklage, wie sie hier vorliegt, keine rechtlichen Bedenken.
a) Da die Schmerzensgeldforderung auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, ist sie grundsätzlich teilbar (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1994 - XII ZR 128/93 - NJW 1994, 3165 f.; RGRK/Kreft BGB 12. Aufl. § 847 Rdn. 19; Jauernig, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd. III, S. 311, 327 f. unter Hinweis auf BGHZ 34, 337). Dem steht nicht entgegen, daß es sich um einen einheitlichen Anspruch handelt (vgl. BGHZ 18, 149). Ob ein einheitlicher Anspruch im rechtlichen Sinne teilbar ist, hängt davon ab, ob er quantitativ abgrenzbar und eindeutig individualisierbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1992 - V ZR 253/90 - NJW 1992, 1769, 1770) und in welchem Umfang über ihn Streit bestehen kann, ohne daß die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht. Ist die Höhe des Anspruchs im Streit, kann grundsätzlich ein ziffernmäßig oder sonstwie individualisierter Teil davon Gegenstand einer Teilklage sein, sofern erkennbar ist, um welchen Teil des Gesamtanspruchs es sich handelt (vgl. BGHZ 124, 164, 166).
b) Macht der Kläger - wie im vorliegenden Fall - nach diesen Grundsätzen nur einen Teilbetrag eines Schmerzensgeldes geltend und verlangt er bei der Bemessung der Anspruchshöhe nur die Berücksichtigung der Verletzungsfolgen , die bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten sind, ist eine hinreichende Individualisierbarkeit gewährleistet. 4. Von der offenen Teilklage sind allerdings die Fallgestaltungen zu unterscheiden , für die gewöhnlich der Begriff des Teilschmerzensgeldes gebraucht wird und für die sich die Frage stellt, ob über den Schmerzensgeldanspruch bereits in einem früheren Verfahren rechtskräftig abschließend entschieden worden ist. Wird für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein
Schmerzensgeld verlangt, so werden durch den zuerkannten Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (ständige Rechtsprechung; Senatsurteile vom 11. Juni 1963 - VI ZR 135/62 - VersR 1963, 1048, 1049; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 72/79 - VersR 1980, 975 f.; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87 - VersR 1988, 929 f. und vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94 - VersR 1995, 471 f.; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1975 - III ZR 41/74 - VersR 1976, 440, 441). Nicht erfasst werden solche Verletzungsfolgen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, d.h. mit denen nicht oder nicht ernstlich zu rechnen war (vgl. Senatsurteil vom 2. März 2001 - VI ZR 325/99 - VersR 2001, 876, 877). Dem Geschädigten muß auch in einem solchen Fall für den bisher überschaubaren Zeitraum ein Schmerzensgeld zugesprochen werden , so dass das bereits früher zuerkannte Schmerzensgeld sich gegenüber einer durch die spätere Entwicklung bedingten weiteren Schmerzensgeldforderung als Teilschmerzensgeld darstellt (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94 - aaO; v. Gerlach VersR 2000, 525, 530 f.). In einem solchen Fall kann der Geschädigte weitere Ansprüche nur geltend machen, wenn später Schäden auftreten, die vom Streit- und Entscheidungsgegenstand des vorausgegangenen Schmerzensgeldprozesses nicht erfaßt sind und deren Geltendmachung daher dessen Rechtskraft nicht entgegensteht.

III.

Nach alledem wird sich das Berufungsgericht mit der in der Berufungsbegründung aufgeworfenen Frage zu befassen haben, ob angesichts der ge-
samten Umstände des Falls, insbesondere des Tathergangs, der Verletzungen des Klägers und ihrer Folgen sowie des Mitverschuldens des Klägers von 20% ! ( $ 879 ! ( ' : ;. ein Schmerzensgeld von 5000
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 328/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Verletzung der Pflicht des behandelnden Arztes zur therapeutischen Aufklärung
(Sicherungsaufklärung), die als grober Behandlungsfehler zu werten ist, führt regelmäßig
zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang
zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden, wenn sie
geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; eine Wahrscheinlichkeit für
ein Ergebnis einer Kontrolluntersuchung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich
(Fortführung von BGH, Urteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909,
zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 328/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. Oktober 2003 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 10. Oktober 2002 abgeändert. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und Ersatz des bezifferten materiellen Schadens des Klägers ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 entstandenen und künftig entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, soweit der Ersatzanspruch nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen.
Zur Entscheidung über den Betrag des Zahlungsanspruchs wird der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, der am 6. Januar 2000 abends Lichtblitze in seinem linken Auge bemerkt hatte, begab sich noch am selben Tag in den augenärztlichen Bereitschaftsdienst, den die Beklagte wahrnahm. Gesichtsfeldmessungen und Messungen des Augeninnendrucks ergaben keinen auffälligen Befund. Auch bei einer Untersuchung des Augenhintergrundes nach Erweiterung der Pupille stellte die Beklagte keine pathologischen Veränderungen fest. Am 11. Januar 2000 trat beim Kläger eine massive Ablösung der Netzhaut im linken Auge auf. Trotz zweier Operationen in der Universitätsklinik, bei denen die Netzhaut angelegt und stabilisiert wurde, ist die Sehfähigkeit des Klägers beeinträchtigt. Der Kläger hält die Untersuchung durch die Beklagte für fehlerhaft; auch habe sie ihn nicht in gehöriger Weise darauf hingewiesen, daß er alsbald Kontrolluntersuchungen durchführen lassen müsse. Er begehrt Schmerzensgeld, Ersatz materiellen Schadens sowie die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche nach Schluß der mündlichen Verhandlung aus dem Behandlungsfehler der Beklagten vom 6. Januar 2000 entstehenden materiellen
und immateriellen Schäden zu ersetzen. Seine Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt, es sei an die Feststellungen des Landgerichts gebunden, die Beklagte habe den Kläger nicht auf die Gefährdung der Netzhaut durch eine fortschreitende Glaskörper-Abhebung hingewiesen und ihn auch nicht aufgefordert , diesen Vorgang unbedingt weiter überwachen zu lassen. Da beim Kläger eine beginnende Glaskörper-Abhebung vorgelegen und die Beklagte das auch erkannt habe, habe sie den Kläger über diese mögliche Diagnose und das dabei bestehende vergleichsweise geringe Risiko einer Netzhautablösung unterrichten müssen. Sie habe den Kläger auffordern müssen, sich auch ohne Zunahme der Symptome zu einer Kontrolluntersuchung beim Augenarzt vorzustellen. Diese Unterlassungen seien als "einfache" Behandlungsfehler zu werten. Daß die Beklagte den Kläger nicht zusätzlich darauf hingewiesen habe, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen, sei als ein grober Behandlungsfehler zu werten. Der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem Körperschaden des Klägers sei zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen , weil der Kläger nach eigenen Angaben keine sich ausweitende oder verschlimmernde Symptomatik bemerkt habe. Es sei nämlich nicht ausgeschlossen , daß der Kläger bei zutreffender Information auch ohne Verschlech-
terung seines Zustandes zu einer augenärztlichen Kontrolle gegangen wäre und ein Augenarzt dann Anzeichen für eine beginnende Netzhautablösung festgestellt hätte. Möglicherweise hätte dann erfolgreich Vorsorge gegen die spätere Netzhautablösung getroffen werden können. Ein Ursachenzusammenhang könne jedoch nicht festgestellt werden. Es sei zwar davon auszugehen, daß der Kläger nach ordnungsgemäßer Beratung durch die Beklagte innerhalb von zwei oder drei Tagen zu einer Kontrolluntersuchung gegangen wäre. Es sei aber vorstellbar, daß die Glaskörper-Abhebung, die der Netzhautablösung vorangehe , sehr plötzlich und sehr massiv eingesetzt und dann sehr schnell eine erst am 11. Januar 2000 erkennbare Netzhautablösung nach sich gezogen habe. Daher sei völlig offen, ob es zuvor Anzeichen für eine solche Ablösung gegeben habe, die bei einer Kontrolluntersuchung erkennbar gewesen wären. Dem Kläger sei keine Beweislastumkehr für den Ursachenzusammenhang zuzubilligen. Es fehle an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, daß bei einer augenärztlichen Kontrolle Anzeichen für die Netzhautablösung erkennbar gewesen wären. Daß eine solche Kontrolle Aufschluß darüber gegeben hätte, ob sich zu jenem Zeitpunkt Anzeichen für eine Netzhautablösung gezeigt hätten , sei keine ausreichende Grundlage für eine Beweislastumkehr. Zwar liege es nicht fern, das Gesamtverhalten der Beklagten ohne Differenzierung zu den einzelnen Unterlassungen als grob fehlerhaft anzusehen. Selbst dann aber sei es nicht gerechtfertigt, dem Kläger ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder die andere Richtung eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Auftretens von Gefährdungsanzeichen bei der hypothetischen Kontrolluntersuchung zuzubilligen.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht wertet im Anschluß an die Ausführungen des Sachverständigen und im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats als grob fehlerhaft, daß die Beklagte den Kläger nach Abschluß der Notfalluntersuchung nicht darauf hingewiesen hat, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030; vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, 1117; vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026 - jeweils m.w.N.). Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin; auch die Revisionserwiderung erhebt insoweit keine Beanstandungen. Beim Kläger lag eine beginnende Glaskörper-Abhebung als Vorstufe einer Netzhautablösung nahe und die Beklagte hatte dies erkannt. Sie war infolgedessen verpflichtet, dem Kläger ihre Erkenntnisse ebenso wie ihren Verdacht bekannt zu geben (Diagnoseaufklärung; vgl. Senatsurteil BGHZ 29, 176, 183 f.; OLG Nürnberg AHRS 3130/108). Dementsprechend hatte sie den Kläger im Rahmen der ihr obliegenden therapeutischen Aufklärungspflicht darauf hinzuweisen , er müsse bei fortschreitenden Symptomen sofort einen Augenarzt einschalten und im übrigen alsbald den Befund überprüfen lassen, damit der Kläger mögliche Heilungschancen wahrnehmen konnte. Das hat die Beklagte versäumt. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht in dieser unterlassenen therapeutischen Aufklärung einen Behandlungsfehler gesehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 1995 - VI ZR 32/94 - VersR 1995, 1099, 1100) und ihn als grob bewertet.
2. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht auch darin, daß der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem entstandenen Körperschaden des Klägers nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Kläger keine sich ausweitende oder verschlechternde Symptomatik bemerkt hat. Das Oberlandesgericht stellt ohne Rechtsfehler fest, daß nicht auszuschließen ist, ein zur Kontrolluntersuchung eingeschalteter Augenarzt hätte vom Kläger selbst noch nicht bemerkte, aber für den Facharzt erkennbare Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung entdecken und daraufhin eine erfolgreiche Therapie durchführen können. 3. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch eine Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung und dem Schaden des Klägers, weil eine solche Beweislastumkehr dem Kläger nicht "ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Richtung" zugebilligt werden könne. Damit zieht das Berufungsgericht nicht die gebotenen Folgerungen aus dem Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers.
a) Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, führt ein grober Behandlungsfehler grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. aa) Eine Umkehr der Beweislast ist schon dann anzunehmen, wenn der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen ; nahelegen oder wahrscheinlich machen muß der Fehler den Schaden dagegen nicht (vgl. Senatsurteile BGHZ 85, 212, 216 f.; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - VersR 1996, 1535, 1537; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909, 911).
Eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite ist nur ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - aaO; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). Gleiches gilt, wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen läßt (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 955), oder wenn der Patient durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt hat und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, daß der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026, 1028; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO; KG VersR 1991, 928 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 19. Februar 1991 - VI ZR 224/90; OLG Braunschweig VersR 1998, 459, 461 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 20. Januar 1998 - VI ZR 161/97). Das Vorliegen einer solchen Ausnahme hat allerdings die Behandlungsseite zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). bb) Hiernach war es Sache der Beklagten darzulegen und zu beweisen, daß ein ordnungsgemäßer Hinweis an den Kläger, er solle bei Befundverschlechterung umgehend eine Kontrolluntersuchung durchführen lassen, eine Netzhautablösung mit den eingetretenen Folgen weder verhindert noch abgemildert hätte. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, war ein solcher Hinweis geeignet, den Kläger zu einer kurzfristigen Kontrolluntersuchung zu veranlassen; eine solche wäre geeignet gewesen, Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung erkennbar zu machen und frühzeitiger Behandlungsmaßnahmen durchzuführen, die ihrerseits die später eingetretene Netzhautablösung verhindern oder feststellbar hätten vermindern können.
cc) Daß ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich wäre, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Solches ergibt sich nicht aus den gutachtlichen Äußerungen d es Sachverständigen ; das wird auch von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht. Soweit diese darauf abstellt, das Berufungsgericht habe keine Wahrscheinlichkeit für Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung feststellen können, ist das nicht gleichbedeutend damit, daß ein Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung des Patienten und der Netzhautablösung äußerst unwahrscheinlich war. dd) Einer Umkehr der Beweislast steht auch nicht entgegen, daß der Kläger weitergehende Anzeichen als die bis dahin aufgetretenen Lichtblitze nicht bemerkt hat. Die Beklagte hätte den Kläger durch einen Hinweis auf die Gefahr einer Netzhautablösung, die infolge der Glaskörperabhebung drohte, zu einer baldigen Kontrolle des Augenhintergrundes veranlassen müssen, um das eingetretene Risiko möglichst gering zu halten. Das hat sie versäumt. Die Netzhautablösung ist eingetreten und hat zu einer Verringerung des Sehvermögens auf dem Auge geführt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Kläger auch ohne Fortschreiten der Symptome alsbald eine Kontrolluntersuchung hätte durchführen lassen, wäre er ordnungsgemäß über die Diagnose und die Gefahr für sein Sehvermögen aufgeklärt und auf die Notwendigkeit einer sofortigen Kontrolluntersuchung bei Verschlechterung hingewiesen worden. Das hätte, wie bereits ausgeführt, zur Vermeidung des Gesundheitsschadens führen können. Ohnehin ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufspaltung in eine "einfache" und eine "grobe" Pflichtwidrigkeit verfehlt, weil insoweit eine Gesamtbetrachtung der geschuldeten therapeutischen Aufklärung geboten ist, die sich als insgesamt grob fehlerhaft erweist, ohne daß es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf.

b) Das Berufungsgericht hat den Ursachenverlauf in seine einzelnen Bestandteile aufgespalten und dann Anzeichen für eine Netzhautablösung vor dem 11. Januar 2000 sowie für den Erfolg einer vorbeugenden Behandlung vermißt. Eine Umkehr der Beweislast zugunsten des Klägers hat es verneint, weil zu den genannten Umständen auch keine Wahrscheinlichkeiten feststellbar seien. Das widerspricht den Grundsätzen des erkennenden Senats zu den Rechtsfolgen eines groben Behandlungsfehlers. aa) Eine Unterteilung des Ursachenzusammenhangs in unmittelbare und mittelbare Ursachen ist dem Haftungsrecht fremd (vgl. Senatsurteile vom 11. November 1997 - VI ZR 146/96 - VersR 1998, 200 f.; vom 26. Januar 1999 - VI ZR 374/97 - VersR 1999, 862; vom 27. Juni 2000 – VI ZR 201/99 – VersR 2000, 1282, 1283). Beim groben Behandlungsfehler umfaßt die in Betracht stehende Umkehr der Beweislast den Beweis der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den haftungsbegründenden Primärschaden, der ohne die Beweislastumkehr dem Patienten nach § 286 ZPO obläge. Auf die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. den Kausalzusammenhang zwischen körperlicher oder gesundheitlicher Primärschädigung und weiteren Gesundheitsschäden des Patienten wird die Beweislastumkehr nicht ausgedehnt, es sei denn, der sekundäre Gesundheitsschaden wäre typisch mit dem Primärschaden verbunden und die als grob zu bewertende Mißachtung der ärztlichen Verhaltensregel sollte gerade auch solcherart Schädigungen vorbeugen (vgl. Senatsurteile vom 21. Oktober 1969 - VI ZR 82/68 - VersR 1969, 1148, 1149; vom 9. Mai 1978 - VI ZR 81/77 - VersR 1978, 764, 765). Eine Zerlegung des Kausalzusammenhangs in seine einzelnen logischen Bestandteile im übrigen kommt nicht in Betracht. bb) Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht hier eine Umkehr der Beweislast nicht verneinen. Die Parteien streiten nicht um einen Sekundärschaden des Klägers. Vielmehr beruht die Schädigung des Sehvermö-
gens auf dem Primärschaden der Netzhautablösung, die der Kläger als Schädigung geltend macht (vgl. zur Abgrenzung zwischen Primär- und Sekundärschaden Senatsurteile vom 28. Juni 1988 - VI ZR 210/87 - VersR 1989, 145; vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154). 4. Nach allem ist die Klage zum Zahlungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt (§§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F.; 304 Abs. 1, 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Feststellungsklage hat im Rahmen des gestellten Antrags ebenfalls Erfolg. Sie ist zulässig. Die Beklagte hat ihre haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede gestellt und Verjährung droht; die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts kann nicht verneint werden, das erforderliche Feststellungsinteresse ist daher gegeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874). Der Feststellungsantrag ist auch begründet, denn Gegenstand der Feststellungsklage ist ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - aaO). Auch der Vorbehalt hinsichtlich künftiger noch ungewisser und bei der Ausurteilung der Zahlungsklage auf Schmerzensgeld noch nicht berücksichtigungsfähiger immaterieller Schäden ist zulässig (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - NJW 2004, 1243, 1244).
Zum Betrag der Zahlungsklage ist die Sache nicht entscheidungsreif. Insoweit ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) sind zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen

1.
in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang sowie
2.
für solche Personen, die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanz bedürfen,
ermächtigt. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 kann die ambulante ärztliche Behandlung nur auf Überweisung eines Facharztes in Anspruch genommen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft vereinbaren die Gruppe derjenigen Patienten, die wegen Art, Schwere oder Komplexität der Erkrankung einer Versorgung durch die Hochschulambulanzen bedürfen. Sie können zudem Ausnahmen von dem fachärztlichen Überweisungsgebot in den Fällen von Satz 1 Nummer 2 vereinbaren. Wird eine Vereinbarung ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf der Vereinbarungszeit keine neue Vereinbarung zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Ist ein Vertrag nach Satz 3 zustande gekommen, können Hochschulen oder Hochschulkliniken zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten mit den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich durch Vertrag Abweichendes von dem Vertrag nach Satz 3 regeln.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Ermächtigung der Hochschulambulanzen

1.
an Psychologischen Universitätsinstituten und
2.
an Universitätsinstituten, an denen das für die Erteilung einer Approbation als Psychotherapeut notwendige Studium absolviert werden kann,
im Rahmen des für Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs sowie für solche Personen, die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanzen bedürfen. Für die Vergütung gilt § 120 Abs. 2 bis 4 entsprechend.

(3) Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 28 des Psychotherapeutengesetzes sind zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt sind, ermächtigt, sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.

(3a) Die folgenden Ambulanzen im Sinne des Absatzes 3 bedürfen abweichend von Absatz 3 einer Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss:

1.
Ambulanzen, die vor dem 26. September 2019 nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung staatlich anerkannt wurden, aber noch keine Behandlungsleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht haben, weil das von ihnen angewandte psychotherapeutische Behandlungsverfahren noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt war, oder
2.
Ambulanzen, die nach dem 26. September 2019 nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung staatlich anerkannt werden.
Eine Ermächtigung ist auf Antrag zu erteilen,
1.
soweit sie notwendig ist, um eine ausreichende Versorgung der Versicherten, insbesondere in neuen vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannten Psychotherapieverfahren, sicherzustellen, und
2.
sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.

(3b) Ambulanzen an Einrichtungen, die nach Landesrecht für die Weiterbildung von Psychotherapeuten oder Ärzten in psychotherapeutischen Fachgebieten zugelassen sind, sind vom Zulassungsausschuss auf Antrag zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt sind, zu ermächtigen,

1.
soweit die Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende psychotherapeutische Versorgung der Versicherten sicherzustellen, und
2.
sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.
Die Ermächtigung ist ohne Bedarfsprüfung zu erteilen, wenn die jeweilige Ambulanz bereits nach Absatz 3 oder Absatz 3a zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung ermächtigt war.

(3c) Für die Vergütung der in den Ambulanzen nach den Absätzen 3 bis 3b erbrachten Leistungen gilt § 120 Absatz 2 Satz 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass dabei eine Abstimmung mit Entgelten für vergleichbare Leistungen erfolgen soll. § 120 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend. Die Ambulanzen sind verpflichtet, von der Vergütung, die sie von den Krankenkassen für die durch einen Aus- oder Weiterbildungsteilnehmenden erbrachte Leistung erhalten, jeweils einen Anteil in Höhe von mindestens 40 Prozent an den jeweiligen Aus- oder Weiterbildungsteilnehmenden auszuzahlen. Sie haben die Auszahlung des Vergütungsanteils den Krankenkassen nachzuweisen. Die Ambulanzen haben der Bundespsychotherapeutenkammer die jeweils aktuelle Höhe der von den Aus- oder Weiterbildungsteilnehmern zu zahlenden Ausbildungskosten sowie des auszuzahlenden Vergütungsanteils, erstmalig bis zum 31. Juli 2021, mitzuteilen. Die Bundespsychotherapeutenkammer hat eine bundesweite Übersicht der nach Satz 5 mitgeteilten Angaben zu veröffentlichen.

(4) Untersuchungs- und Behandlungsmethoden können Gegenstand des Leistungsumfangs der Hochschulambulanzen nach den Absätzen 1 und 2 sein, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c für die Krankenhausbehandlung keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. § 137c Absatz 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 216/03 Verkündet am:
5. April 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
,
BGB § 823 Abs. 1 (Aa, Dd, I);
Steht fest, daß der Arzt dem Patienten durch rechtswidriges und fehlerhaftes ärztliches Handeln einen Schaden
zugefügt hat, so muß der Arzt beweisen, daß der Patient den gleichen Schaden auch bei einem rechtmäßigen
und fehlerfreien ärztlichen Handeln erlitten hätte. Die Behandlungsseite muß, sofern ein schadensursächlicher
Eingriff ohne ausreichende vorherige Aufklärung des Patienten erfolgt ist, auch beweisen, daß es zu
dem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung des Patienten gekommen wäre.
BGH, Urteil vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03 - OLG Naumburg
LG Halle
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. April 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Bei der Klägerin wurde im Jahre 1997 eine beiderseitige Vergrößerung der Schilddrüse mit einem Knoten im Isthmus-Bereich sowie zwei Knoten im rechten Bereich der Schilddrüse (sogenannte Knotenstruma III. Grades) festgestellt. Sie wurde zur operativen Behandlung in dem Kreiskrankenhaus, dessen Träger der Beklagte ist, aufgenommen. Am Tag vor der Operation wurde sie über den Verlauf einer teilweisen Entfernung der Schilddrüse sowie die daraus resultierenden Risiken aufgeklärt. Am Morgen des 29. Mai 1997 wurde die
Schilddrüse der Klägerin operativ unter Darstellung der Stimmbandnerven vollständig entfernt. In der Folge ergaben sich Komplikationen, die zu einer beidseitigen Stimmbandlähmung bei der Klägerin führten. Infolge dieser hat die Klägerin bereits im Ruhezustand Atembeschwerden, die sich bei körperlichen Aktivitäten verstärken. Sie kann nur noch flüsternd sprechen. Die Klägerin macht geltend, die Schilddrüsenoperation sei wegen unzureichender Aufklärung rechtswidrig erfolgt und zudem fehlerhaft durchgeführt worden. Sie begehrt deshalb von dem Beklagten Schmerzensgeld, Ersatz ihres materiellen Schadens und Feststellung der weiteren Ersatzpflicht des Beklagten. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin auf die Berufung des Beklagten in vollem Umfang abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt aus, ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten sei schon dem Grunde nach nicht gegeben; er scheitere jedenfalls daran, daß die Klägerin den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem pflichtwidrigen Verhalten der sie behandelnden Ärzte im Krankenhaus des Beklagten und der bei ihr eingetretenen beidseitigen Stimmbandlähmung nicht führen könne.
Allerdings hätten die behandelnden Ärzte die Kläger in inhaltlich nicht ausreichend über den beabsichtigten operativen Eingriff und dessen Risiken aufgeklärt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß der der Klägerin im Rahmen der Eingriffs- und Risikoaufklärung gegebene pauschale Hinweis auf eine Operationserweiterung während der Operation hier nicht genügt habe. Präoperativ sei die Durchführung einer Teilresektion der Schilddrüse indiziert und an der Wahl dieser indizierten Behandlungsmaßnahme sei die Aufklärung zunächst auszurichten gewesen; insoweit sei die Aufklärung , was durch die von dem Beklagten vorgelegten Krankenunterlagen bewiesen sei, auch inhaltlich ausreichend erfolgt. Im vorliegenden Fall sei aber eine intraoperative Operationserweiterung hin zu einer Totalresektion des Schilddrüsengewebes auch aus präoperativer Sicht der behandelnden Ärzte ernsthaft in Betracht gekommen, weshalb die Klägerin in eine solche konkrete Option auch habe eingeweiht werden müssen. Zwar sei das Behandlungsrisiko, insbesondere dasjenige von Nachblutungen bzw. der Verletzung eines oder beider Stimmbandnerven , sowohl bei einer Teil- als auch bei einer Totalresektion des Schilddrüsengewebes jeweils als gering einzuschätzen. Doch seien die Risiken einer Totalresektion signifikant höher als bei einer Teilresektion. Eine dahin gehende Aufklärung der Klägerin hätten die behandelnden Ärzte schon nach dem Sachvorbringen des Beklagten nicht vorgenommen. Ob die die Klägerin behandelnden Ärzte die Indikati on für eine Totalresektion des Schilddrüsengewebes während der Operation verfrüht, d.h. auf unzureichender Entscheidungsgrundlage, getroffen hätten oder nicht, könne offen bleiben. Unter Zugrundelegung der Zeugenaussagen der beiden behandelnden Ärzte sei die Entscheidung zur totalen Ausräumung des Schi lddrüsengewebes aus fachärztlicher Sicht geboten gewesen. Unter Zugrundelegung des Operationsberichts hingegen hätten die behandelnden Ärzte die Indikation für eine To-
talresektion zumindest verfrüht gestellt. Selbst wenn man davon ausgehe, sei aber ein Arzthaftungsanspruch der Klägerin nicht begründet. Der Klägerin sei der Nachweis nicht gelungen, daß die bei ihr eingetretene beidseitige Stimmbandlähmung allein darauf zurückzuführen sei, daß die als Teilresektion begonnene Operation intraoperativ zu einer totalen Entfernung des Schilddrüsengewebes erweitert wurde. Wie bereits das erstinstanzliche Gericht auf der Grundlage sachverständiger Beratung zutreffend festgestellt habe, sei eine Teilentfernung des Schilddrüsengewebes der Klägerin, nämlich zumindest im rechten und im Isthmus-Bereich, sowohl aus chirurgischer als auch aus internistischer und nuklearmedizinischer Sicht absolut indiziert gewesen. In eine solche Operation habe die Klägerin wirksam eingewilligt. Mit dem gerichtlichen Sachverständigen sei davon auszugehen, daß die beidseitige Stimmbandlähmung der Klägerin dadurch entstanden sei, daß sich in der Nähe des Operationsgebietes eine Nachblutung eingestellt und entweder zur Herausbildung eines Hämatoms oder zur Einblutung in das Nervenhüllgewebe geführt habe. Hinsichtlich der Ursache der Nachblutung, einer kontinuierlich blutenden Vene unterhalb der bei der Erstoperation eröffneten Grenzlamelle , sei nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu beantworten , ob diese auch bei einer nur teilweisen Entfernung der Schilddrüse eingetreten wäre. Diese nicht überwindbare Unsicherheit bei der Aufklärung des tatsächlichen Behandlungsverlaufs gehe nach den zivilrechtlichen Grundsätzen der Beweislastverteilung im Arzthaftungsprozeß zu Lasten der Klägerin, die aus der behaupteten Kausalität einen Schadensersatzanspruch herleiten wolle. Zwar habe der Sachverständige ausgeführt, daß die vorbeschriebene Nachblutung bei einer Teilresektion „nicht so wahrscheinlich" sei, wie bei dem umfangreicheren Eingriff in Gestalt einer Totalresektion. Eine weitere Festlegung habe
er jedoch als spekulativ abgelehnt. Beispielsweise könne eine Zugwirkung an der Schilddrüse sowohl bei einer Teilresektion als auch bei einer Totalresektion auftreten. Letztlich habe der Sachverständige den Eintritt der bilateralen Recurrensparese hier als ein schicksalhaftes, für beide Operationsmaßnahmen auch bei facharztgerechter Behandlung typisches Ereignis bewertet. Dieser Einschätzung folge der Senat. Die Klägerin trage die Beweislast für die Kausalität der wegen des festgestellten Aufklärungsmangels rechtswidrigen Operationserweiterung bzw. des als wahr unterstellten Behandlungsfehlers für die beidseitige Stimmbandlähmung. Das bedeute, daß die Klägerin im Prozess schon dann unterliege, wenn sie nicht beweisen könne, daß die Pflichtverletzung den Schaden verursacht habe bzw. daß der Schadenseintritt ohne die Pflichtverletzung zumindest sehr unwahrscheinlich gewesen wäre. Beweiserleichterungen kämen der Klägerin nicht zugute; auf einen groben Behandlungsfehler könne sie sich nicht berufen.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde die Klägerin nicht ausreichend darüber aufgeklärt, daß während der Operation gegebenenfalls von der Teilresektion der Schilddrüse zu einer Totalresektion überzugehen war. Dies nimmt die Klägerin als ihr günstig hin. Die Bedenken, die die Revisionserwiderung insoweit vorbringt, sind unbegründet. Die Bejahung einer unzureichenden Aufklärung durch das Berufungsgericht beruht auf einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung des Aufklärungs-
bogens, des vom Beklagten dargestellten Inhalts des Aufklärungsgesprächs und der Ausführungen des Sachverständigen. 2. Revisionsrechtlich ist zudem davon auszugehen, daß die behandelnden Ärzte die Entscheidung für eine Totalresektion verfr üht getroffen haben. Denn das Berufungsgericht läßt ausdrücklich dahinstehen, ob insoweit ein Behandlungsfehler festgestellt werden kann oder nicht. 3. Unter diesen Umständen durfte das Berufungsgericht die Klägerin nicht hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen der rechtswidrig, weil ohne ausreichende Aufklärung, und zudem auch behandlungsfehlerhaft vorgenommenen Operation und dem erlittenen Gesundheitsschaden als beweisfällig behandeln.
a) Den Ausführungen des Berufungsgerichts könnte - was die Revision zu Recht geltend macht - nicht gefolgt werden, wenn es auf Seite 9 des angefochtenen Urteils hat zum Ausdruck bringen wollen, daß der Arzt nur haftet, wenn sein Fehler die alleinige Ursache für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Patienten ist. Nach allgemeinem Schadensrecht steht eine Mitursächlichkeit , und sei es auch nur im Sinne eines Auslösers neben erheblichen anderen Umständen, der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich in vollem Umfang gleich. Dies gilt auch für die Arzthaftung (vgl. nur Senatsurteil vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282 f. m.w.N.). Etwas anderes kann allenfalls in dem - hier nicht vorliegenden - Fall der Teilkausalität gelten, wenn das ärztliche Versagen und ein weiterer, der Behandlungsseite nicht zuzurechnender Umstand abgrenzbar zu einem Schaden geführt haben (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363 m.w.N.).
b) Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn das Berufungsgericht der Klägerin den Beweis dafür auferlegen will, daß die beabsichtigte rechtmäßige Teilre-
sektion nicht zu denselben Beeinträchtigungen geführt hätte wie die tatsächlich durchgeführte rechtswidrige Operation. Steht fest, daß der Arzt dem Patienten durch rechtswidriges und fehlerhaftes ärztliches Handeln einen Schaden zugefügt hat, so muß der Arzt beweisen, daß der Patient den gleichen Schaden auch bei einem rechtmäßigen und fehlerfreien ärztlichen Handeln erlitten hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 209, 213 ff.; 106, 153, 156; vom 13. Dezember 1988 - VI ZR 22/88 - VersR 1989, 289 f.; vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03 - zur Veröffentlichung bestimmt; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht , 4. Aufl., Rn. C 151 m.w.N.). Auch soweit es darum geht, ob es zu einem schadensursächlichen Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung des Patienten gekommen wäre, liegt die Beweislast bei der Behandlungsseite (vgl. Senatsurteile BGHZ 29, 176, 187; vom 15. Oktober 1968 - VI ZR 226/67 - VersR 1969, 43, 44; vom 14. April 1981 - VI ZR 39/80 - VersR 1981, 677, 678; vgl. auch die ständige Senatsrechtsprechung zur Beweislast der Behandlungsseite bei der Behauptung hypothetischer Einwilligung des Patienten, z.B. Senatsurteile BGHZ 29, 176, 187; vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - VersR 1990, 1238, 1239 m.w.N.). Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, wonach der Schädiger zu beweisen hat, daß sich ein hypothetischer Kausalverlauf bzw. eine Reserveursache ebenso ausgewirkt haben würde wie der tatsächliche Geschehensablauf (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1992 - VIII ZR 170/91 - VersR 1993, 754, 755 f. m.w.N.; MünchKomm-BGB/Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 218 m.w.N.). 4. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts lassen die gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen keine ausreichend siche ren Feststellungen dahingehend zu, daß der Gesundheitsschaden der Klägerin auch bei Durchführung einer Teilresektion entstanden wäre. Verbleibt es bei diesem Beweisergebnis , bleibt der Beklagte hinsichtlich der von ihm behaupteten Reserveursache beweisfällig. Dann wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob
und inwieweit die weiteren Voraussetzungen für die geltend gemachten Ansprüche vorliegen.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 328/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Verletzung der Pflicht des behandelnden Arztes zur therapeutischen Aufklärung
(Sicherungsaufklärung), die als grober Behandlungsfehler zu werten ist, führt regelmäßig
zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang
zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden, wenn sie
geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; eine Wahrscheinlichkeit für
ein Ergebnis einer Kontrolluntersuchung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich
(Fortführung von BGH, Urteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909,
zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 328/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. Oktober 2003 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 10. Oktober 2002 abgeändert. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und Ersatz des bezifferten materiellen Schadens des Klägers ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 entstandenen und künftig entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, soweit der Ersatzanspruch nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen.
Zur Entscheidung über den Betrag des Zahlungsanspruchs wird der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, der am 6. Januar 2000 abends Lichtblitze in seinem linken Auge bemerkt hatte, begab sich noch am selben Tag in den augenärztlichen Bereitschaftsdienst, den die Beklagte wahrnahm. Gesichtsfeldmessungen und Messungen des Augeninnendrucks ergaben keinen auffälligen Befund. Auch bei einer Untersuchung des Augenhintergrundes nach Erweiterung der Pupille stellte die Beklagte keine pathologischen Veränderungen fest. Am 11. Januar 2000 trat beim Kläger eine massive Ablösung der Netzhaut im linken Auge auf. Trotz zweier Operationen in der Universitätsklinik, bei denen die Netzhaut angelegt und stabilisiert wurde, ist die Sehfähigkeit des Klägers beeinträchtigt. Der Kläger hält die Untersuchung durch die Beklagte für fehlerhaft; auch habe sie ihn nicht in gehöriger Weise darauf hingewiesen, daß er alsbald Kontrolluntersuchungen durchführen lassen müsse. Er begehrt Schmerzensgeld, Ersatz materiellen Schadens sowie die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche nach Schluß der mündlichen Verhandlung aus dem Behandlungsfehler der Beklagten vom 6. Januar 2000 entstehenden materiellen
und immateriellen Schäden zu ersetzen. Seine Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt, es sei an die Feststellungen des Landgerichts gebunden, die Beklagte habe den Kläger nicht auf die Gefährdung der Netzhaut durch eine fortschreitende Glaskörper-Abhebung hingewiesen und ihn auch nicht aufgefordert , diesen Vorgang unbedingt weiter überwachen zu lassen. Da beim Kläger eine beginnende Glaskörper-Abhebung vorgelegen und die Beklagte das auch erkannt habe, habe sie den Kläger über diese mögliche Diagnose und das dabei bestehende vergleichsweise geringe Risiko einer Netzhautablösung unterrichten müssen. Sie habe den Kläger auffordern müssen, sich auch ohne Zunahme der Symptome zu einer Kontrolluntersuchung beim Augenarzt vorzustellen. Diese Unterlassungen seien als "einfache" Behandlungsfehler zu werten. Daß die Beklagte den Kläger nicht zusätzlich darauf hingewiesen habe, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen, sei als ein grober Behandlungsfehler zu werten. Der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem Körperschaden des Klägers sei zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen , weil der Kläger nach eigenen Angaben keine sich ausweitende oder verschlimmernde Symptomatik bemerkt habe. Es sei nämlich nicht ausgeschlossen , daß der Kläger bei zutreffender Information auch ohne Verschlech-
terung seines Zustandes zu einer augenärztlichen Kontrolle gegangen wäre und ein Augenarzt dann Anzeichen für eine beginnende Netzhautablösung festgestellt hätte. Möglicherweise hätte dann erfolgreich Vorsorge gegen die spätere Netzhautablösung getroffen werden können. Ein Ursachenzusammenhang könne jedoch nicht festgestellt werden. Es sei zwar davon auszugehen, daß der Kläger nach ordnungsgemäßer Beratung durch die Beklagte innerhalb von zwei oder drei Tagen zu einer Kontrolluntersuchung gegangen wäre. Es sei aber vorstellbar, daß die Glaskörper-Abhebung, die der Netzhautablösung vorangehe , sehr plötzlich und sehr massiv eingesetzt und dann sehr schnell eine erst am 11. Januar 2000 erkennbare Netzhautablösung nach sich gezogen habe. Daher sei völlig offen, ob es zuvor Anzeichen für eine solche Ablösung gegeben habe, die bei einer Kontrolluntersuchung erkennbar gewesen wären. Dem Kläger sei keine Beweislastumkehr für den Ursachenzusammenhang zuzubilligen. Es fehle an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, daß bei einer augenärztlichen Kontrolle Anzeichen für die Netzhautablösung erkennbar gewesen wären. Daß eine solche Kontrolle Aufschluß darüber gegeben hätte, ob sich zu jenem Zeitpunkt Anzeichen für eine Netzhautablösung gezeigt hätten , sei keine ausreichende Grundlage für eine Beweislastumkehr. Zwar liege es nicht fern, das Gesamtverhalten der Beklagten ohne Differenzierung zu den einzelnen Unterlassungen als grob fehlerhaft anzusehen. Selbst dann aber sei es nicht gerechtfertigt, dem Kläger ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder die andere Richtung eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Auftretens von Gefährdungsanzeichen bei der hypothetischen Kontrolluntersuchung zuzubilligen.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht wertet im Anschluß an die Ausführungen des Sachverständigen und im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats als grob fehlerhaft, daß die Beklagte den Kläger nach Abschluß der Notfalluntersuchung nicht darauf hingewiesen hat, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030; vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, 1117; vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026 - jeweils m.w.N.). Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin; auch die Revisionserwiderung erhebt insoweit keine Beanstandungen. Beim Kläger lag eine beginnende Glaskörper-Abhebung als Vorstufe einer Netzhautablösung nahe und die Beklagte hatte dies erkannt. Sie war infolgedessen verpflichtet, dem Kläger ihre Erkenntnisse ebenso wie ihren Verdacht bekannt zu geben (Diagnoseaufklärung; vgl. Senatsurteil BGHZ 29, 176, 183 f.; OLG Nürnberg AHRS 3130/108). Dementsprechend hatte sie den Kläger im Rahmen der ihr obliegenden therapeutischen Aufklärungspflicht darauf hinzuweisen , er müsse bei fortschreitenden Symptomen sofort einen Augenarzt einschalten und im übrigen alsbald den Befund überprüfen lassen, damit der Kläger mögliche Heilungschancen wahrnehmen konnte. Das hat die Beklagte versäumt. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht in dieser unterlassenen therapeutischen Aufklärung einen Behandlungsfehler gesehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 1995 - VI ZR 32/94 - VersR 1995, 1099, 1100) und ihn als grob bewertet.
2. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht auch darin, daß der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem entstandenen Körperschaden des Klägers nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Kläger keine sich ausweitende oder verschlechternde Symptomatik bemerkt hat. Das Oberlandesgericht stellt ohne Rechtsfehler fest, daß nicht auszuschließen ist, ein zur Kontrolluntersuchung eingeschalteter Augenarzt hätte vom Kläger selbst noch nicht bemerkte, aber für den Facharzt erkennbare Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung entdecken und daraufhin eine erfolgreiche Therapie durchführen können. 3. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch eine Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung und dem Schaden des Klägers, weil eine solche Beweislastumkehr dem Kläger nicht "ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Richtung" zugebilligt werden könne. Damit zieht das Berufungsgericht nicht die gebotenen Folgerungen aus dem Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers.
a) Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, führt ein grober Behandlungsfehler grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. aa) Eine Umkehr der Beweislast ist schon dann anzunehmen, wenn der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen ; nahelegen oder wahrscheinlich machen muß der Fehler den Schaden dagegen nicht (vgl. Senatsurteile BGHZ 85, 212, 216 f.; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - VersR 1996, 1535, 1537; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909, 911).
Eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite ist nur ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - aaO; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). Gleiches gilt, wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen läßt (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 955), oder wenn der Patient durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt hat und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, daß der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026, 1028; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO; KG VersR 1991, 928 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 19. Februar 1991 - VI ZR 224/90; OLG Braunschweig VersR 1998, 459, 461 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 20. Januar 1998 - VI ZR 161/97). Das Vorliegen einer solchen Ausnahme hat allerdings die Behandlungsseite zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). bb) Hiernach war es Sache der Beklagten darzulegen und zu beweisen, daß ein ordnungsgemäßer Hinweis an den Kläger, er solle bei Befundverschlechterung umgehend eine Kontrolluntersuchung durchführen lassen, eine Netzhautablösung mit den eingetretenen Folgen weder verhindert noch abgemildert hätte. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, war ein solcher Hinweis geeignet, den Kläger zu einer kurzfristigen Kontrolluntersuchung zu veranlassen; eine solche wäre geeignet gewesen, Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung erkennbar zu machen und frühzeitiger Behandlungsmaßnahmen durchzuführen, die ihrerseits die später eingetretene Netzhautablösung verhindern oder feststellbar hätten vermindern können.
cc) Daß ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich wäre, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Solches ergibt sich nicht aus den gutachtlichen Äußerungen d es Sachverständigen ; das wird auch von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht. Soweit diese darauf abstellt, das Berufungsgericht habe keine Wahrscheinlichkeit für Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung feststellen können, ist das nicht gleichbedeutend damit, daß ein Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung des Patienten und der Netzhautablösung äußerst unwahrscheinlich war. dd) Einer Umkehr der Beweislast steht auch nicht entgegen, daß der Kläger weitergehende Anzeichen als die bis dahin aufgetretenen Lichtblitze nicht bemerkt hat. Die Beklagte hätte den Kläger durch einen Hinweis auf die Gefahr einer Netzhautablösung, die infolge der Glaskörperabhebung drohte, zu einer baldigen Kontrolle des Augenhintergrundes veranlassen müssen, um das eingetretene Risiko möglichst gering zu halten. Das hat sie versäumt. Die Netzhautablösung ist eingetreten und hat zu einer Verringerung des Sehvermögens auf dem Auge geführt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Kläger auch ohne Fortschreiten der Symptome alsbald eine Kontrolluntersuchung hätte durchführen lassen, wäre er ordnungsgemäß über die Diagnose und die Gefahr für sein Sehvermögen aufgeklärt und auf die Notwendigkeit einer sofortigen Kontrolluntersuchung bei Verschlechterung hingewiesen worden. Das hätte, wie bereits ausgeführt, zur Vermeidung des Gesundheitsschadens führen können. Ohnehin ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufspaltung in eine "einfache" und eine "grobe" Pflichtwidrigkeit verfehlt, weil insoweit eine Gesamtbetrachtung der geschuldeten therapeutischen Aufklärung geboten ist, die sich als insgesamt grob fehlerhaft erweist, ohne daß es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf.

b) Das Berufungsgericht hat den Ursachenverlauf in seine einzelnen Bestandteile aufgespalten und dann Anzeichen für eine Netzhautablösung vor dem 11. Januar 2000 sowie für den Erfolg einer vorbeugenden Behandlung vermißt. Eine Umkehr der Beweislast zugunsten des Klägers hat es verneint, weil zu den genannten Umständen auch keine Wahrscheinlichkeiten feststellbar seien. Das widerspricht den Grundsätzen des erkennenden Senats zu den Rechtsfolgen eines groben Behandlungsfehlers. aa) Eine Unterteilung des Ursachenzusammenhangs in unmittelbare und mittelbare Ursachen ist dem Haftungsrecht fremd (vgl. Senatsurteile vom 11. November 1997 - VI ZR 146/96 - VersR 1998, 200 f.; vom 26. Januar 1999 - VI ZR 374/97 - VersR 1999, 862; vom 27. Juni 2000 – VI ZR 201/99 – VersR 2000, 1282, 1283). Beim groben Behandlungsfehler umfaßt die in Betracht stehende Umkehr der Beweislast den Beweis der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den haftungsbegründenden Primärschaden, der ohne die Beweislastumkehr dem Patienten nach § 286 ZPO obläge. Auf die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. den Kausalzusammenhang zwischen körperlicher oder gesundheitlicher Primärschädigung und weiteren Gesundheitsschäden des Patienten wird die Beweislastumkehr nicht ausgedehnt, es sei denn, der sekundäre Gesundheitsschaden wäre typisch mit dem Primärschaden verbunden und die als grob zu bewertende Mißachtung der ärztlichen Verhaltensregel sollte gerade auch solcherart Schädigungen vorbeugen (vgl. Senatsurteile vom 21. Oktober 1969 - VI ZR 82/68 - VersR 1969, 1148, 1149; vom 9. Mai 1978 - VI ZR 81/77 - VersR 1978, 764, 765). Eine Zerlegung des Kausalzusammenhangs in seine einzelnen logischen Bestandteile im übrigen kommt nicht in Betracht. bb) Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht hier eine Umkehr der Beweislast nicht verneinen. Die Parteien streiten nicht um einen Sekundärschaden des Klägers. Vielmehr beruht die Schädigung des Sehvermö-
gens auf dem Primärschaden der Netzhautablösung, die der Kläger als Schädigung geltend macht (vgl. zur Abgrenzung zwischen Primär- und Sekundärschaden Senatsurteile vom 28. Juni 1988 - VI ZR 210/87 - VersR 1989, 145; vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154). 4. Nach allem ist die Klage zum Zahlungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt (§§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F.; 304 Abs. 1, 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Feststellungsklage hat im Rahmen des gestellten Antrags ebenfalls Erfolg. Sie ist zulässig. Die Beklagte hat ihre haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede gestellt und Verjährung droht; die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts kann nicht verneint werden, das erforderliche Feststellungsinteresse ist daher gegeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874). Der Feststellungsantrag ist auch begründet, denn Gegenstand der Feststellungsklage ist ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - aaO). Auch der Vorbehalt hinsichtlich künftiger noch ungewisser und bei der Ausurteilung der Zahlungsklage auf Schmerzensgeld noch nicht berücksichtigungsfähiger immaterieller Schäden ist zulässig (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - NJW 2004, 1243, 1244).
Zum Betrag der Zahlungsklage ist die Sache nicht entscheidungsreif. Insoweit ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 70/03 Verkündet am:
20. Januar 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit einer Teilklage im Schmerzensgeldprozeß.
BGH, Urteil vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Februar 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in der Sache zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen der Folgen einer tätlichen Auseinandersetzung auf Zahlung materiellen Schadensersatzes und eines Teilbetrages des ihm zustehenden Schmerzensgeldes in Anspruch. Er begehrt außerdem die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet sei, materiellen Zukunftsschaden zu ersetzen.
Das Landgericht hat dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 4.803,20 zugesprochen und festgestellt, daß der Beklagte 80% des materiellen Zukunftsschadens zu ersetzen habe. Zur Begründung hat es ausgeführt, angesichts der vorsätzlichen Tat und der gravierenden Dauerfolgen sei bei einer Haftung des Beklagten in vollem Umfang ein einheitlich zu bemessendes Schmerzensgeld ! #" $ %& '$ ( ' ) *% '+ von 5000 i- - ' . /0 1 320 '+ 4 ! #" $ % 5 '$ schen Mitverschuldens von 20% 4000 , , eine Teilklage erhoben habe, müsse derzeit nicht entschieden werden, wie hoch das insgesamt zu bezahlende Schmerzensgeld sei. $ Die auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 1000 6 rzensgeld gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung des Beklagten, mit der dieser die Unzulässigkeit der Teilklage gerügt hat, hat das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der Schmerzensgeldforderung in vollem Umfang abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung damit begründet, daß der Kläger die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teilschmerzensgeld trotz rechtlicher Hinweise durch das Gericht nicht vorgetragen habe. Auf Teilschmerzensgeld könne nur geklagt werden, wenn sich die künftige Entwicklung noch nicht überschauen lasse, deswegen das insgesamt angemessene Schmerzensgeld noch nicht endgültig beurteilt werden könne und sich deshalb das Gericht außer Stande sehe, den Betrag in voller Höhe zu ermitteln. Nur in solchen
Ausnahmefällen müsse dem Verletzten, um ihm eine Entschädigung für zukünftige Schäden nicht abzuschneiden, für den bisher überschaubaren Zeitraum ein Teilschmerzensgeld zugesprochen und die Geltendmachung einer weiteren Entschädigung für die Zukunft vorbehalten werden. Das mache der Kläger jedoch nicht geltend, sondern glaube, ein Teilschmerzensgeld nur deshalb verlangen zu können, weil es sich um eine teilbare Geldforderung handle. Das berechtige den Geschädigten jedoch nicht, ein Teilschmerzensgeld einzuklagen. Der einheitliche Schmerzensgeldanspruch lasse sich - von dem Ausnahmefall ungewisser Zukunftsschäden abgesehen - nicht in zwei oder mehr Teile "zerlegen". Für sich bereits abzeichnende Verletzungsfolgen sei die angemessene Höhe des Schmerzensgeldes zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unter Einbeziehung sämtlicher schmerzensgeldrelevanter Faktoren zu ermitteln, die durch das entsprechend festgesetzte Schmerzensgeld dann auch abgegolten seien.

II.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. 1. Zutreffend ist der Ansatz des Berufungsgerichts, daß es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. Großer Senat BGHZ 18, 149; Senatsurteile vom 6. Dezember 1960 - VI ZR 73/60 - VersR 1961, 164, 165 und vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - VersR 2001, 876). Dabei steht die mit der Verletzung verbundene Lebensbeeinträchtigung im Verhältnis zu den anderen zu berücksichtigenden Umständen
stets an der Spitze. Denn Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden bil- den das ausschlaggebende Moment für den angerichteten immateriellen Schaden. Im übrigen läßt sich ein Rangverhältnis der zu berücksichtigenden Umstände nicht allgemein aufstellen, weil diese Umstände ihr Maß und Gewicht für die vorzunehmende Ausmessung der billigen Entschädigung erst durch ihr Zusammenwirken im Einzelfall erhalten (vgl. BGHZ 18, 149, 157 ff.). Soweit die Revision darauf hinweist, daß der Begriff der Einheitlichkeit sich daneben auf die Doppelfunktion des Schmerzensgeldes als Ausgleich und Genugtuung für die erlittenen Verletzungen bezieht, führt dies zu keiner anderen Beurteilung, sondern bedeutet nur, daß der Anspruch weder in einen Betrag auf angemessenen Ausgleich und einen weiteren Betrag zur Genugtuung, noch in Teilbeträge zum Ausgleich bestimmter Verletzungen aufgespalten werden kann (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 1960 - VI ZR 73/60 - aaO). 2. Das wird vom Berufungsgericht im Grundsatz nicht verkannt.
a) In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertritt es die Auffassung, daß mit dem auf eine unbeschränkte Klage insgesamt zuzuerkennenden Schmerzensgeld nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten werden (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 1980 - VI ZR 72/79 - VersR 1980, 975; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87 - VersR 1988, 929 f.; vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94 - VersR 1995, 471, 472; vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - aaO; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1975 - III ZR 41/74 - VersR 1976, 440). Das stellt auch die Revision nicht in Frage.

b) Mit Erfolg macht sie jedoch geltend, daß das Berufungsgericht bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall, die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen nicht gewürdigt hat (§ 286 ZPO). aa) Nach den bereits mit der Klageschrift vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen besteht die Gefahr, daß es beim Kläger zu einer Humeruskopfnekrose kommen könnte, die eine erneute operative Versorgung und höchstwahrscheinlich eine Schulterprothese erfordern würde; außerdem drohe die Gefahr einer sich zunehmend entwickelnden Handgelenksarthrose, die im Falle ihres Auftretens mittelfristig eine Korrekturoperation erforderlich machen würde. Somit läßt sich eine Aussage darüber, ob und in welchem Umfang in der Zukunft noch Spätfolgen der Unfallverletzungen auftreten können, derzeit nicht treffen. Es besteht jedenfalls die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts. bb) Auf diesen Vortrag hat der Kläger in der Berufung nicht nur Bezug genommen, sondern in der Erwiderung auf die Anschlußberufung ausdrücklich vorgetragen, daß mit der vorliegenden Klage ausdrücklich ein bezifferter Teilbetrag des Schmerzensgeldes geltend gemacht werde, das dem Kläger insgesamt zustehe, weil sich wegen der ungewissen weiteren Folgen der Verletzungen das Gesamtschmerzensgeld, das der Kläger beanspruchen könne, noch nicht ausreichend verlässlich beziffern lasse. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich dabei nicht um einen allgemeinen Hinweis auf das praktische Bedürfnis einer solchen Teilklage, sondern um die Darlegung, weshalb dem Kläger derzeit eine endgültige Bezifferung des Schmerzensgeldes nicht möglich sei.
c) Diesen Vortrag hätte das Berufungsgericht der Beurteilung zugrundelegen müssen, ob unter diesen Voraussetzungen die geltend gemachte offene Teilklage zulässig war, was zu bejahen ist.
aa) Bereits das Reichsgericht (RG Warn Rspr. 1917 Nr. 99 S. 143, 144) hat es - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - für zulässig erachtet, den Betrag des Schmerzensgeldes zuzusprechen, der dem Verletzten zum Zeitpunkt der Entscheidung mindestens zusteht, und später den zuzuerkennenden Betrag auf die volle abzuschätzende Summe zu erhöhen, die der Verletzte aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der für den immateriellen Schaden maßgeblichen Umstände beanspruchen kann, wenn sich nicht endgültig sagen läßt, welche Änderungen des gesundheitlichen Zustandes noch eintreten können. bb) Dieser Rechtsauffassung hat sich der erkennende Senat angeschlossen (vgl. Senatsurteile vom 16. Mai 1961 - VI ZR 112/60 - VersR 1961, 727, 728; vom 22. April 1975 - VI ZR 50/74 - VersR 1975, 852, 853 f. zu IV. und vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - VersR 2001, 876, 877). So hat er für den Fall, daß mit dem Eintritt weiterer Schäden zu rechnen ist, die letztlich noch nicht absehbar sind, das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für die Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger immaterieller Schäden bejaht, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung Grund besteht , mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. Senatsurteile vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874 ff. und vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - aaO). Auch im Falle eines solchen Feststellungsantrages bleibt offen, wie hoch der Schmerzensgeldanspruch letztendlich sein wird, und wird der zu zahlende Betrag nach den gegenwärtigen Umständen und unter Außerachtlassung der noch nicht absehbaren Folgen in gewisser Weise vorläufig als Teilbetrag festgesetzt. cc) Im Hinblick darauf hätte es der offenen Teilklage nicht bedurft. Der Kläger hätte sich auch durch einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für zukünftige immaterielle Schäden seinen Anspruch sichern können.
3. Andererseits bestehen gegen die Zulässigkeit einer Teilklage, wie sie hier vorliegt, keine rechtlichen Bedenken.
a) Da die Schmerzensgeldforderung auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, ist sie grundsätzlich teilbar (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1994 - XII ZR 128/93 - NJW 1994, 3165 f.; RGRK/Kreft BGB 12. Aufl. § 847 Rdn. 19; Jauernig, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd. III, S. 311, 327 f. unter Hinweis auf BGHZ 34, 337). Dem steht nicht entgegen, daß es sich um einen einheitlichen Anspruch handelt (vgl. BGHZ 18, 149). Ob ein einheitlicher Anspruch im rechtlichen Sinne teilbar ist, hängt davon ab, ob er quantitativ abgrenzbar und eindeutig individualisierbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1992 - V ZR 253/90 - NJW 1992, 1769, 1770) und in welchem Umfang über ihn Streit bestehen kann, ohne daß die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht. Ist die Höhe des Anspruchs im Streit, kann grundsätzlich ein ziffernmäßig oder sonstwie individualisierter Teil davon Gegenstand einer Teilklage sein, sofern erkennbar ist, um welchen Teil des Gesamtanspruchs es sich handelt (vgl. BGHZ 124, 164, 166).
b) Macht der Kläger - wie im vorliegenden Fall - nach diesen Grundsätzen nur einen Teilbetrag eines Schmerzensgeldes geltend und verlangt er bei der Bemessung der Anspruchshöhe nur die Berücksichtigung der Verletzungsfolgen , die bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten sind, ist eine hinreichende Individualisierbarkeit gewährleistet. 4. Von der offenen Teilklage sind allerdings die Fallgestaltungen zu unterscheiden , für die gewöhnlich der Begriff des Teilschmerzensgeldes gebraucht wird und für die sich die Frage stellt, ob über den Schmerzensgeldanspruch bereits in einem früheren Verfahren rechtskräftig abschließend entschieden worden ist. Wird für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein
Schmerzensgeld verlangt, so werden durch den zuerkannten Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (ständige Rechtsprechung; Senatsurteile vom 11. Juni 1963 - VI ZR 135/62 - VersR 1963, 1048, 1049; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 72/79 - VersR 1980, 975 f.; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87 - VersR 1988, 929 f. und vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94 - VersR 1995, 471 f.; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1975 - III ZR 41/74 - VersR 1976, 440, 441). Nicht erfasst werden solche Verletzungsfolgen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, d.h. mit denen nicht oder nicht ernstlich zu rechnen war (vgl. Senatsurteil vom 2. März 2001 - VI ZR 325/99 - VersR 2001, 876, 877). Dem Geschädigten muß auch in einem solchen Fall für den bisher überschaubaren Zeitraum ein Schmerzensgeld zugesprochen werden , so dass das bereits früher zuerkannte Schmerzensgeld sich gegenüber einer durch die spätere Entwicklung bedingten weiteren Schmerzensgeldforderung als Teilschmerzensgeld darstellt (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94 - aaO; v. Gerlach VersR 2000, 525, 530 f.). In einem solchen Fall kann der Geschädigte weitere Ansprüche nur geltend machen, wenn später Schäden auftreten, die vom Streit- und Entscheidungsgegenstand des vorausgegangenen Schmerzensgeldprozesses nicht erfaßt sind und deren Geltendmachung daher dessen Rechtskraft nicht entgegensteht.

III.

Nach alledem wird sich das Berufungsgericht mit der in der Berufungsbegründung aufgeworfenen Frage zu befassen haben, ob angesichts der ge-
samten Umstände des Falls, insbesondere des Tathergangs, der Verletzungen des Klägers und ihrer Folgen sowie des Mitverschuldens des Klägers von 20% ! ( $ 879 ! ( ' : ;. ein Schmerzensgeld von 5000
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 328/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Verletzung der Pflicht des behandelnden Arztes zur therapeutischen Aufklärung
(Sicherungsaufklärung), die als grober Behandlungsfehler zu werten ist, führt regelmäßig
zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang
zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden, wenn sie
geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; eine Wahrscheinlichkeit für
ein Ergebnis einer Kontrolluntersuchung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich
(Fortführung von BGH, Urteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909,
zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 328/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. Oktober 2003 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 10. Oktober 2002 abgeändert. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und Ersatz des bezifferten materiellen Schadens des Klägers ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 entstandenen und künftig entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, soweit der Ersatzanspruch nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen.
Zur Entscheidung über den Betrag des Zahlungsanspruchs wird der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, der am 6. Januar 2000 abends Lichtblitze in seinem linken Auge bemerkt hatte, begab sich noch am selben Tag in den augenärztlichen Bereitschaftsdienst, den die Beklagte wahrnahm. Gesichtsfeldmessungen und Messungen des Augeninnendrucks ergaben keinen auffälligen Befund. Auch bei einer Untersuchung des Augenhintergrundes nach Erweiterung der Pupille stellte die Beklagte keine pathologischen Veränderungen fest. Am 11. Januar 2000 trat beim Kläger eine massive Ablösung der Netzhaut im linken Auge auf. Trotz zweier Operationen in der Universitätsklinik, bei denen die Netzhaut angelegt und stabilisiert wurde, ist die Sehfähigkeit des Klägers beeinträchtigt. Der Kläger hält die Untersuchung durch die Beklagte für fehlerhaft; auch habe sie ihn nicht in gehöriger Weise darauf hingewiesen, daß er alsbald Kontrolluntersuchungen durchführen lassen müsse. Er begehrt Schmerzensgeld, Ersatz materiellen Schadens sowie die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche nach Schluß der mündlichen Verhandlung aus dem Behandlungsfehler der Beklagten vom 6. Januar 2000 entstehenden materiellen
und immateriellen Schäden zu ersetzen. Seine Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt, es sei an die Feststellungen des Landgerichts gebunden, die Beklagte habe den Kläger nicht auf die Gefährdung der Netzhaut durch eine fortschreitende Glaskörper-Abhebung hingewiesen und ihn auch nicht aufgefordert , diesen Vorgang unbedingt weiter überwachen zu lassen. Da beim Kläger eine beginnende Glaskörper-Abhebung vorgelegen und die Beklagte das auch erkannt habe, habe sie den Kläger über diese mögliche Diagnose und das dabei bestehende vergleichsweise geringe Risiko einer Netzhautablösung unterrichten müssen. Sie habe den Kläger auffordern müssen, sich auch ohne Zunahme der Symptome zu einer Kontrolluntersuchung beim Augenarzt vorzustellen. Diese Unterlassungen seien als "einfache" Behandlungsfehler zu werten. Daß die Beklagte den Kläger nicht zusätzlich darauf hingewiesen habe, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen, sei als ein grober Behandlungsfehler zu werten. Der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem Körperschaden des Klägers sei zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen , weil der Kläger nach eigenen Angaben keine sich ausweitende oder verschlimmernde Symptomatik bemerkt habe. Es sei nämlich nicht ausgeschlossen , daß der Kläger bei zutreffender Information auch ohne Verschlech-
terung seines Zustandes zu einer augenärztlichen Kontrolle gegangen wäre und ein Augenarzt dann Anzeichen für eine beginnende Netzhautablösung festgestellt hätte. Möglicherweise hätte dann erfolgreich Vorsorge gegen die spätere Netzhautablösung getroffen werden können. Ein Ursachenzusammenhang könne jedoch nicht festgestellt werden. Es sei zwar davon auszugehen, daß der Kläger nach ordnungsgemäßer Beratung durch die Beklagte innerhalb von zwei oder drei Tagen zu einer Kontrolluntersuchung gegangen wäre. Es sei aber vorstellbar, daß die Glaskörper-Abhebung, die der Netzhautablösung vorangehe , sehr plötzlich und sehr massiv eingesetzt und dann sehr schnell eine erst am 11. Januar 2000 erkennbare Netzhautablösung nach sich gezogen habe. Daher sei völlig offen, ob es zuvor Anzeichen für eine solche Ablösung gegeben habe, die bei einer Kontrolluntersuchung erkennbar gewesen wären. Dem Kläger sei keine Beweislastumkehr für den Ursachenzusammenhang zuzubilligen. Es fehle an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, daß bei einer augenärztlichen Kontrolle Anzeichen für die Netzhautablösung erkennbar gewesen wären. Daß eine solche Kontrolle Aufschluß darüber gegeben hätte, ob sich zu jenem Zeitpunkt Anzeichen für eine Netzhautablösung gezeigt hätten , sei keine ausreichende Grundlage für eine Beweislastumkehr. Zwar liege es nicht fern, das Gesamtverhalten der Beklagten ohne Differenzierung zu den einzelnen Unterlassungen als grob fehlerhaft anzusehen. Selbst dann aber sei es nicht gerechtfertigt, dem Kläger ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder die andere Richtung eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Auftretens von Gefährdungsanzeichen bei der hypothetischen Kontrolluntersuchung zuzubilligen.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht wertet im Anschluß an die Ausführungen des Sachverständigen und im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats als grob fehlerhaft, daß die Beklagte den Kläger nach Abschluß der Notfalluntersuchung nicht darauf hingewiesen hat, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030; vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, 1117; vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026 - jeweils m.w.N.). Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin; auch die Revisionserwiderung erhebt insoweit keine Beanstandungen. Beim Kläger lag eine beginnende Glaskörper-Abhebung als Vorstufe einer Netzhautablösung nahe und die Beklagte hatte dies erkannt. Sie war infolgedessen verpflichtet, dem Kläger ihre Erkenntnisse ebenso wie ihren Verdacht bekannt zu geben (Diagnoseaufklärung; vgl. Senatsurteil BGHZ 29, 176, 183 f.; OLG Nürnberg AHRS 3130/108). Dementsprechend hatte sie den Kläger im Rahmen der ihr obliegenden therapeutischen Aufklärungspflicht darauf hinzuweisen , er müsse bei fortschreitenden Symptomen sofort einen Augenarzt einschalten und im übrigen alsbald den Befund überprüfen lassen, damit der Kläger mögliche Heilungschancen wahrnehmen konnte. Das hat die Beklagte versäumt. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht in dieser unterlassenen therapeutischen Aufklärung einen Behandlungsfehler gesehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 1995 - VI ZR 32/94 - VersR 1995, 1099, 1100) und ihn als grob bewertet.
2. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht auch darin, daß der Ursachenzusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem entstandenen Körperschaden des Klägers nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Kläger keine sich ausweitende oder verschlechternde Symptomatik bemerkt hat. Das Oberlandesgericht stellt ohne Rechtsfehler fest, daß nicht auszuschließen ist, ein zur Kontrolluntersuchung eingeschalteter Augenarzt hätte vom Kläger selbst noch nicht bemerkte, aber für den Facharzt erkennbare Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung entdecken und daraufhin eine erfolgreiche Therapie durchführen können. 3. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch eine Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung und dem Schaden des Klägers, weil eine solche Beweislastumkehr dem Kläger nicht "ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Richtung" zugebilligt werden könne. Damit zieht das Berufungsgericht nicht die gebotenen Folgerungen aus dem Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers.
a) Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, führt ein grober Behandlungsfehler grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. aa) Eine Umkehr der Beweislast ist schon dann anzunehmen, wenn der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen ; nahelegen oder wahrscheinlich machen muß der Fehler den Schaden dagegen nicht (vgl. Senatsurteile BGHZ 85, 212, 216 f.; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - VersR 1996, 1535, 1537; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909, 911).
Eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite ist nur ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - aaO; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). Gleiches gilt, wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen läßt (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 955), oder wenn der Patient durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt hat und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, daß der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026, 1028; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO; KG VersR 1991, 928 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 19. Februar 1991 - VI ZR 224/90; OLG Braunschweig VersR 1998, 459, 461 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 20. Januar 1998 - VI ZR 161/97). Das Vorliegen einer solchen Ausnahme hat allerdings die Behandlungsseite zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - aaO). bb) Hiernach war es Sache der Beklagten darzulegen und zu beweisen, daß ein ordnungsgemäßer Hinweis an den Kläger, er solle bei Befundverschlechterung umgehend eine Kontrolluntersuchung durchführen lassen, eine Netzhautablösung mit den eingetretenen Folgen weder verhindert noch abgemildert hätte. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, war ein solcher Hinweis geeignet, den Kläger zu einer kurzfristigen Kontrolluntersuchung zu veranlassen; eine solche wäre geeignet gewesen, Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung erkennbar zu machen und frühzeitiger Behandlungsmaßnahmen durchzuführen, die ihrerseits die später eingetretene Netzhautablösung verhindern oder feststellbar hätten vermindern können.
cc) Daß ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich wäre, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Solches ergibt sich nicht aus den gutachtlichen Äußerungen d es Sachverständigen ; das wird auch von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht. Soweit diese darauf abstellt, das Berufungsgericht habe keine Wahrscheinlichkeit für Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung feststellen können, ist das nicht gleichbedeutend damit, daß ein Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung des Patienten und der Netzhautablösung äußerst unwahrscheinlich war. dd) Einer Umkehr der Beweislast steht auch nicht entgegen, daß der Kläger weitergehende Anzeichen als die bis dahin aufgetretenen Lichtblitze nicht bemerkt hat. Die Beklagte hätte den Kläger durch einen Hinweis auf die Gefahr einer Netzhautablösung, die infolge der Glaskörperabhebung drohte, zu einer baldigen Kontrolle des Augenhintergrundes veranlassen müssen, um das eingetretene Risiko möglichst gering zu halten. Das hat sie versäumt. Die Netzhautablösung ist eingetreten und hat zu einer Verringerung des Sehvermögens auf dem Auge geführt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Kläger auch ohne Fortschreiten der Symptome alsbald eine Kontrolluntersuchung hätte durchführen lassen, wäre er ordnungsgemäß über die Diagnose und die Gefahr für sein Sehvermögen aufgeklärt und auf die Notwendigkeit einer sofortigen Kontrolluntersuchung bei Verschlechterung hingewiesen worden. Das hätte, wie bereits ausgeführt, zur Vermeidung des Gesundheitsschadens führen können. Ohnehin ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufspaltung in eine "einfache" und eine "grobe" Pflichtwidrigkeit verfehlt, weil insoweit eine Gesamtbetrachtung der geschuldeten therapeutischen Aufklärung geboten ist, die sich als insgesamt grob fehlerhaft erweist, ohne daß es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf.

b) Das Berufungsgericht hat den Ursachenverlauf in seine einzelnen Bestandteile aufgespalten und dann Anzeichen für eine Netzhautablösung vor dem 11. Januar 2000 sowie für den Erfolg einer vorbeugenden Behandlung vermißt. Eine Umkehr der Beweislast zugunsten des Klägers hat es verneint, weil zu den genannten Umständen auch keine Wahrscheinlichkeiten feststellbar seien. Das widerspricht den Grundsätzen des erkennenden Senats zu den Rechtsfolgen eines groben Behandlungsfehlers. aa) Eine Unterteilung des Ursachenzusammenhangs in unmittelbare und mittelbare Ursachen ist dem Haftungsrecht fremd (vgl. Senatsurteile vom 11. November 1997 - VI ZR 146/96 - VersR 1998, 200 f.; vom 26. Januar 1999 - VI ZR 374/97 - VersR 1999, 862; vom 27. Juni 2000 – VI ZR 201/99 – VersR 2000, 1282, 1283). Beim groben Behandlungsfehler umfaßt die in Betracht stehende Umkehr der Beweislast den Beweis der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den haftungsbegründenden Primärschaden, der ohne die Beweislastumkehr dem Patienten nach § 286 ZPO obläge. Auf die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. den Kausalzusammenhang zwischen körperlicher oder gesundheitlicher Primärschädigung und weiteren Gesundheitsschäden des Patienten wird die Beweislastumkehr nicht ausgedehnt, es sei denn, der sekundäre Gesundheitsschaden wäre typisch mit dem Primärschaden verbunden und die als grob zu bewertende Mißachtung der ärztlichen Verhaltensregel sollte gerade auch solcherart Schädigungen vorbeugen (vgl. Senatsurteile vom 21. Oktober 1969 - VI ZR 82/68 - VersR 1969, 1148, 1149; vom 9. Mai 1978 - VI ZR 81/77 - VersR 1978, 764, 765). Eine Zerlegung des Kausalzusammenhangs in seine einzelnen logischen Bestandteile im übrigen kommt nicht in Betracht. bb) Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht hier eine Umkehr der Beweislast nicht verneinen. Die Parteien streiten nicht um einen Sekundärschaden des Klägers. Vielmehr beruht die Schädigung des Sehvermö-
gens auf dem Primärschaden der Netzhautablösung, die der Kläger als Schädigung geltend macht (vgl. zur Abgrenzung zwischen Primär- und Sekundärschaden Senatsurteile vom 28. Juni 1988 - VI ZR 210/87 - VersR 1989, 145; vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154). 4. Nach allem ist die Klage zum Zahlungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt (§§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F.; 304 Abs. 1, 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Feststellungsklage hat im Rahmen des gestellten Antrags ebenfalls Erfolg. Sie ist zulässig. Die Beklagte hat ihre haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede gestellt und Verjährung droht; die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts kann nicht verneint werden, das erforderliche Feststellungsinteresse ist daher gegeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874). Der Feststellungsantrag ist auch begründet, denn Gegenstand der Feststellungsklage ist ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - aaO). Auch der Vorbehalt hinsichtlich künftiger noch ungewisser und bei der Ausurteilung der Zahlungsklage auf Schmerzensgeld noch nicht berücksichtigungsfähiger immaterieller Schäden ist zulässig (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - NJW 2004, 1243, 1244).
Zum Betrag der Zahlungsklage ist die Sache nicht entscheidungsreif. Insoweit ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.