Landgericht Hamburg Urteil, 19. Mai 2016 - 418 HKO 1/16

bei uns veröffentlicht am19.05.2016

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die stille Beteiligung der Klägerin zum Stichtag 31.07.2014 abzurechnen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 45% und die Klägerin zu 55%.

4. Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert beträgt EUR 36.000,-.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt als stille Gesellschafterin der Beklagten diese auf Rückzahlung einer Vermögenseinlage in Anspruch (§§ 230, 235 HGB).

2

Mit Vertrag vom 30.06./14.07.2011 errichteten die Parteien eine zeitlich begrenzte stille Gesellschaft für die Zeit ab 01.08.2011 bis zum 31.07.2014. Ihre stille Einlage mit einem Zeichnungsbetrag von nominal 20.000,00 € leistete die Klägerin an die Beklagte noch im Juli 2011.

3

Mit Schreiben vom 17.06.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Beteiligung € am 31.7.2014 auslaufe und kündigte die Rückzahlung an.

4

Mit vom 29.6.2014 forderte die Klägerin auf, das für die stille Beteiligung eingezahlte Kapital bis zum 31.7.2014 zu überweisen, was nicht erfolgte.

5

Die Klägerin beantragt,

6

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 20.000,00 € zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszins seit dem 01.08.2014,

7

Hilfsweise hat die Klägerin zunächst beantragt,

8

I. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, über die Höhe des Abfindungsguthabens der Klägerin bezogen auf den 31.07.2014, aus der Beteiligung der Klägerin an der Beklagten in Höhe von 20.000,00 € gemäß Vertrag vom 30.06./14.07.2011.

9

II. die Beklagte zu verurteilen, das sich nach Ziffer I.) ergebende Abfindungsguthaben an die Klägerin auszubezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszins seit dem 30.06.2015.

10

Im Termin vom 4.5.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin diesen Hilfsantrag geändert und beantragt zuletzt insoweit,

11

die Beklagte zu verurteilen, die stille Beteiligung der Klägerin abzurechnen,
und
der Beklagten ein Zwangsgeld in Höhe von 100.000,00 € anzudrohen für den Fall, dass sie nicht binnen 2 Monaten nach Erlass des Urteils die Abrechnung fertiggestellt und an die Klägerin übersandt hat

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte ist der Ansicht, ein der Klägerin zustehendes Auseinandersetzungsguthaben aus der stillen Beteiligung stehe derzeit weder der Höhe nach fest noch sei es fällig. Für die Ermittlung der Höhe des Auseinandersetzungsguthabens sei die Ergebnisbeteiligung nach § 6 StGesV zu beachten. Im Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft (Anlage B 1) sei nicht geregelt, zu welchem Zeitpunkt die Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen sei. Erst nach Aufstellung des Jahresabschlusses 2014 könne daher die Auseinandersetzungsbilanz aufgestellt werden, nach der sich das Abfindungsguthaben berechne. Die Aufstellung des Jahresabschlusses 2014 sei jedoch bisher noch nicht erfolgt. Aufgrund der grundsätzlichen Verlustbeteiligung der stillen Gesellschafter an dem Ergebnis der Beklagten gemäß § 6.3 des Gesellschaftsvertrags stehe auch noch nicht vor Beendigung der Auseinandersetzung mit Sicherheit fest, dass die Klägerin zumindest einen bestimmten Betrag fordern könne.

15

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

16

Die zulässige Klage ist nur in Bezug auf den Hilfsantrag begründet.

17

1. Der Hauptantrag ist unbegründet. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass der Auseinandersetzungsanspruch des ausscheidenden stillen Gesellschafters nicht selbständig geltend gemacht werden kann, sondern im Rahmen einer Gesamtabrechnung zu ermitteln ist (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Auflage 2014, § 235 Rz 2 aE). Der Anspruch wird erst fällig, wenn er sich errechnen lässt.

18

2. Die Klägerin hat aber Anspruch auf die Abrechnung ihrer abgelaufenen Stillen Beteiligung (20.000,00 €).

19

Der Anspruch ergibt sich aus § 235 Abs. 1 1. Alt. HGB. Er ist – wie auch die Beklagtenseite nicht in Abrede nimmt – jedenfalls nunmehr fällig.

20

Das Gericht hat den vom Klägervertreter im Termin gestellten Antrag im Wege der Auslegung in Bezug auf den Stichtag 31.07.2014 präzisiert.

21

Eine Androhung des Zwangsmittels findet bei nicht vertretbaren Handlungen - wie hier - nicht statt (§ 888 Abs. 2 ZPO).

22

3. Der Streitwert für den Hauptantrag beträgt EUR 20.000,-, für den Hilfsantrag erscheint ein Prozentsatz von 80% der Einlage angemessen: 16.000 EUR.

23

Kann – wie hier – ohne Berechnung der Leistungsanspruch nicht weiterverfolgt werden, ist die Klage hoch zu bewerten, nicht erheblich geringer als der Leistungsanspruch selbst (Zöller-Herget, 2016, § 3 ZPO „Rechnungslegung“ )

II.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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(1) Wer sich als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage so zu leisten, daß sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht.

(2) Der Inhaber wird aus den in dem Betrieb geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.

(1) Nach der Auflösung der Gesellschaft hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen.

(2) Die zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte werden von dem Inhaber des Handelsgeschäfts abgewickelt. Der stille Gesellschafter nimmt teil an dem Gewinn und Verlust, der sich aus diesen Geschäften ergibt.

(3) Er kann am Schluß jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.