Landgericht Halle Beschluss, 23. Mai 2017 - 7 StVK 265/17

bei uns veröffentlicht am23.05.2017

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers vom 17.03.2017 auf Herausgabe von zwei T-Shirts mit Kragen und Knopfleiste (sog. Polo-Shirts) wird abgelehnt.

2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

3. Die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner eigenen notwendigen Auslagen hat der Antragsteller zu tragen.

4. Der Gegenstandswert wird auf 30,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller befindet sich seit dem 13.02.2017 im Regelvollzug zur Verbüßung verschiedener Freiheitsstrafen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Diebstahls pp. in Haft. Das Haftende ist für den 11.10.2018 notiert.

2

Der Antragsteller beantragte bei der JVA ... ein Wäschepaket. Ihm wurden u.a. drei T-Shirts genehmigt. Als das Paket einging, wurde festgestellt, dass zwei T-Shirts Kragen und Knopfleiste haben. Die Aushändigung dieser Shirts wurde von der JVA abgelehnt.

3

Mit Antragsschreiben vom 17.03.2017 stellte der Antragsteller den Antrag auf Herausgabe der zwei beanstandeten T-Shirts.

4

Der Antragsteller machte geltend, dass die T-Shirts keine verbotenen Gegenstände verstecken. Bei der Kontrolle des Paketinhaltes seien die T-Shirts nicht aufgefallen. Weder Tastkontrolle, noch Durchleuchtung des Pakets oder die Anwesenheit eines Drogenhundes hätten irgendwelche Hinweise auf Drogen etc. geliefert. Bei der Anstaltskleidung seien auch Polo-Shirts dabei.

5

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.

6

Die Antragsgegnerin machte geltend, dass dem Verurteilten - wie jedem Gefangenen - schriftlich durch die Hausordnung und die dazu gehörigen Anlagen mitgeteilt worden sei, dass nur T-Shirts ohne Kragen und Knopfleiste genehmigt werden können. Die zwei beanstandeten T-Shirts. Derartige Bekleidungsstücke bieten zahlreiche Versteckmöglichkeiten, da der Kragen und die Knopfleiste doppeltvernäht seien. Im Kragen könnten Gegenstände wie SIM-Karten, Bargeld und Drogen versteckt sein, die nur mit enormen und kaum zu realisierenden Kontrollaufwand gefunden werden könnten.

7

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

8

Der Antrag ist unbegründet.

9

Ein Anspruch auf Herausgabe der zwei Polo-Shirts besteht nicht.

10

Denn die Antragsgegnerin hat zu Recht und ohne Ermessensfehler die Aushändigung von Polo-Shirts abgelehnt.

11

Die Frage, ob die JVA verpflichtet ist, bestimmte Paketinhalte für den Gefangenen zu genehmigen und herauszugeben, richtet sich nach § 54 Abs. 1 Satz 2 JVollzGB LSA. Die JVA kann die Genehmigung und Herausgabe verweigern, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wird. Es ist obergerichtlich geklärt, dass die in einem Gegenstand innewohnende Gefährlichkeit bereits ein Recht auf dessen Besitz im Strafvollzug ausschließt, ohne dass in der Person des Gefangenen liegende Anhaltspunkte für eine Gefährlichkeit von Sicherheit und Ordnung vorliegen müssen. Nur wenn sich der erforderliche Kontrollaufwand der JVA durch technische Vorkehrungen auf ein leistbares Maß reduzieren lässt, so dass dem Gefangenen der Besitz des betreffenden Gegenstandes ohne Gefahr für Sicherheit und Ordnung der Anstalt ermöglicht werden kann, gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, diese Möglichkeit zu nutzen.

12

Durch die Vorschrift des § 54 Abs. 1 Satz 2 JVollzGB LSA hat die JVA keinen Beurteilungsspielraum bezüglich der Frage, ob eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung vorliegt, jedoch einen Ermessensspielraum mit welchen Mitteln sie der Gefährdung entgegen tritt.

13

Die Kammer schließt sich der Auffassung der Antragsgegnerin an, dass die Beschaffenheit der Kragen und Knopfleisten bei Polo-Shirts die Möglichkeit eröffnet, unerlaubte Gegenstände einzunähen. Diese Gegenstände sind bei der Paketkontrolle nicht durch bloße Sicht- und Tastkontrolle zu finden. Im Zweifel müsste der Bedienstete jede Naht kontrollieren und ggfls. Nähte öffnen, was einen großen, im Vollzugsalltag nicht zu bewerkstelligenden Aufwand nach sich zöge. Damit stehen der JVA gerade keine Mittel zur Verfügung, die Gefahr durch vertretbaren Einsatz von Mitteln abzuwenden. Es wäre völlig überzogen von der JVA zu verlangen, jedes Shirt gesondert zu röntgen oder dem Drogenspurhund vorzulegen.

14

Daneben ist nicht erforderlich, eine besondere Unzuverlässigkeit des Gefangenen oder des Absenders des Pakets festzustellen, so dass die diesbezüglichen Ausführungen des Antragstellers ins Leere gehen.

15

Weiterhin setzt sich die Antragsgegnerin auch nicht in einen Widerspruch, weil sie selber als Anstaltskleidung Polo-Shirts an die Gefangenen ausgibt. Die Anstaltskleidung wird von der JVA selber bezogen und ist daher bei der Eingangskontrolle unverdächtig.

16

Da es kann milderes Mittel gab, war die Nichtaushändigung der Shirts auch ermessensfehlerfrei.

17

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war ebenfalls aus den Gründen zu II. gemäß § 120 Abs. 2 StVollzG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO abzulehnen.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 StVollzG, die Festsetzung des Gegenstandswertes auf § 60 GKG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG.


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Referenzen - Gesetze

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 121 Kosten des Verfahrens


(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind. (2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Ver

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 120 Entsprechende Anwendung anderer Vorschriften


(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entspr

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 60 Gerichtliche Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes


Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs ei

Referenzen

(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Im Übrigen sind die Vorschriften der Strafprozessordnung und die auf der Grundlage des § 32a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 6, des § 32b Absatz 5 und des § 32f Absatz 6 der Strafprozessordnung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.

(2) Auf die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.

(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.

(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.

(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.

(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.

Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Vollzugsbehörde oder auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt § 52 Absatz 1 und 2 entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.