Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Titisee-Neustadt vom 10.06.2014 - 12 C 49/14 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
I.
Der Beklagte war - ursprünglich gemeinsam mit seiner im Oktober 2003 verstorbenen Ehefrau - seit 01.07.2001 Mieter einer Wohnung des Klägers. Er kündigte diese durch Anwaltsschriftsatz fristgerecht zum 31.01.2014. Zwischen den Partei-Vertretern folgten unstreitig verschiedene Terminabsprachen zur Übergabe der Wohnung, letztmals am 07.02.2014 auf den 18.02.2014. Für den Kläger und dessen Prozessbevollmächtigte nahm Rechtsanwältin F. diesen Termin als Unterbevollmächtigte wahr. Anwesend war zudem der Beklagte und dessen Rechtsanwalt. Die Wohnung war jedoch noch nicht vollständig geräumt, weshalb es nicht zu einer Übergabe kam. In einem im Anschluss an den Termin verfassten Schreiben an die Hauptbevollmächtigten, teilte Rechtsanwältin F. mit, offensichtlich sei der Beklagte in Anbetracht seiner körperlichen Verfassung und der fehlenden Möglichkeit, die Sachen wegzubringen, der Sache nicht gewachsen. Diesem Schreiben vom 18.02.2014 fügte sie ein Fax vom gleichen Tag an den Beklagten-Vertreter bei, in dem sie diesem absprachegemäß einen geeigneten Räumungsunternehmer benannte. Nach Angaben des Beklagten hat er für den Monat Februar 2014 eine Nutzungsentschädigung in Höhe einer Monatsmiete bezahlt, was ebenfalls am 18.02.2014 vereinbart worden sein soll. Die Wohnung wurde sodann endgültig geräumt und am 28.02.2014 übergeben.
Bereits mit Schriftsatz vom 18.02.2014 - eingegangen beim Amtsgericht Titisee-Neustadt per Fax am gleichen Tag - hatte der Kläger eine - bereits zuvor für den Fall nicht vollständiger Räumung angekündigte - Räumungsklage erhoben, die dem Beklagten-Vertreter aufgrund richterlicher Verfügung vom 04.03.2014 am 07.03.2014 zugestellt wurde. Als Anschrift des Beklagten war in dieser Räumungsklage bereits dessen neue Adresse genannt. Der Kläger nahm anschließend die Klage zurück und stellte den Antrag, dem Beklagten nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Kosten aufzuerlegen. Der Beklagte trat dem entgegen.
Mit Beschluss vom 10.06.2014 hob das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits mit der Begründung gegeneinander auf, der Ausgang des Rechtsstreits sei ohne Durchführung einer Beweisaufnahme offen gewesen. Nähere Angaben enthält der Beschluss nicht. Der vom Kläger eingelegten sofortigen Beschwerde half das Amtsgericht ohne näher auszuführen, was im Einzelnen beweiserheblich wäre, nicht ab.
II.
Die gem. § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
1.
Die Kammer hat bereits darauf hingewiesen, dass der Beklagte mit seiner Rückgabepflicht (§ 546 Abs. 1 BGB), die auch die Entfernung von Einrichtungen umfasst, am 03.02.2014 (Montag) in Verzug geraten ist (vgl. etwa Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl., § 546 Rn 14). Es kommt daher nicht darauf an, ob der Kläger ausdrücklich zur Rückgabe der Schlüssel aufgefordert hat. Auf eine (vollständige) Räumung durch den Beklagten hat er jedenfalls nicht verzichtet. Der Klaganspruch war zudem auch materiell rechtlich begründet, da das Mietverhältnis durch die Kündigung des Beklagten mit Ablauf des 31.01.2014 geendet hatte.
2.
Allerdings kommt es für die Ermessensentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO nicht nur auf die materiell-rechtliche Begründetheit des ursprünglichen Klageanspruchs und auf den Verzug des Beklagten an. Vielmehr setzt § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO außerdem in prozessualer Hinsicht einen Anlass zur Klageerhebung voraus (OLG Naumburg, B. v. 28.09.2010 - 1 W 49/10 - = BeckRS 2010, 30215 m.w.N.). Ein solcher liegt vor, wenn das Verhalten des Beklagten vor Klageerhebung ohne Rücksicht auf Verschulden und auf die materielle Rechtslage so war, dass der Kläger annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Diese Annahme des Klägers war hier jedenfalls bis zum 18.02.2014 nicht gerechtfertigt, da dieser Übergabetermin zwischen den Parteien letztlich abgesprochen war. An diesem Termin haben die Bevollmächtigten der Parteien - jedenfalls insoweit unstreitig - übereinstimmend festgestellt, dass der Beklagte zwar nach wie vor die Wohnung auch noch von den letzten verbliebenen Gegenständen räumen wollte, er hiermit jedoch offensichtlich überfordert war, was dazu führte, dass die Bevollmächtigte des Klägers dem Beklagten noch ein geeignetes Räumungsunternehmen benannte. Für den Kläger musste demnach klar sein, dass der räumungswillige Beklagte lediglich aus persönlichen (gesundheitlichen) Gründen noch nicht vollständig geräumt hatte. Dann bestand aber zumindest am 18.02.2014 noch keine Veranlassung für den Kläger anzunehmen, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Nachdem er dem Beklagten am 18.02.2014 extra durch die Benennung eines Räumungsunternehmens behilflich gewesen ist, hätte er mit der Erhebung einer Räumungsklage mindestens 14 Tage zuwarten müssen, um feststellen zu können, ob der Beklagte nach dieser Hilfestellung nicht doch noch die Räumung vornehmen kann und auch vornimmt. Dies war dem Kläger auch ohne weiteres zumutbar; es ist nicht vorgetragen, dass die Wohnung bereits zum 01.02.2014 oder 01.03.2014 weiter vermietet war.
3.
Es kommt damit nicht entscheidend darauf an, dass der Beklagten-Vertreter behauptet hat, zwischen der Unterbevollmächtigten des Klägers und ihm sei am 18.02.2014 mündlich ausdrücklich vereinbart worden, dass die Übergabe der Wohnung erst Ende Februar erfolgen kann und soll (wogegen die vom Kläger vorgelegte Stellungnahme der Unterbevollmächtigten, es sei kein „Räumungsaufschub“ vereinbart worden spricht). Lediglich ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass der Kläger im Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO eine vom Regelfall des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO abweichende Kostenentscheidung erstrebt und daher - ebenfalls abweichend vom Fall des § 91 a Abs. 1 ZPO - darzulegen und zu beweisen hat, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht (BGH B. v. 06.10.2005 - I ZB 37/05) aber eine Beweisaufnahme im Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO - ebenso wie bei § 91 a ZPO - nach zutreffender Ansicht (BeckOK ZPO / Bacher [Stand 15.09.2014] § 269 Rn 19; Stein-Jonas-Roth, ZPO, 22. Aufl., § 269 Rn 56; offengelassen von BGH Urt. v. 18.04.2013 - III ZR 156/12) nicht stattfindet, was sich schon mit der Erwägung rechtfertigt, dass der Kläger zur Umstellung seiner ursprünglichen Räumungsklage auf eine Kostenerstattungsklage befugt und nicht gezwungen war, die Klage (verbunden mit einem Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO) zurückzunehmen (BGH Urt. v. 18.04.2013 - III ZR 156/12). Da die Entscheidung der Frage, ob Klagveranlassung bestand, von - entsprechende Beweisanträge unterstellt - einer Beweisaufnahme zur Frage, ob am 18.02.2014 eine Räumung bis Ende Februar vereinbart wurde, abhängt, die im Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO nicht in Betracht kommt, entspricht die Entscheidung des Amtsgerichts, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben, auch dann billigem Ermessen, wenn man entgegen obigen Ausführungen (unter 2.) der Ansicht wäre, der Kläger hätte nach dem 18.02.2014 nicht schon aufgrund der unstreitigen Umstände noch 14 Tage zuwarten müssen, ob der Beklagte seiner Räumungs- und Übergabeverpflichtung nachkommt.
4.
Ob die Entscheidung des Amtsgerichts gar zugunsten des Beklagten abzuändern wäre, muss nicht entscheiden werden, da einer etwaigen Verschlechterung des Beschwerdeführers analog § 528 Satz 2 ZPO und wie bei einer Entscheidung nach § 91 a ZPO, das Verbot der reformatio in peius entgegen steht (zutreffend OLGR Naumburg, 2006, 108; OLG Saarbrücken B. v. 26.04.2012 - 5 W 52/12).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
10 
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
11 
Für die Gerichtsgebühren gilt eine Festgebühr, weshalb für eine amtswegige Streitwertfestsetzung kein Raum ist.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2013 - III ZR 156/12

bei uns veröffentlicht am 18.04.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 156/12 Verkündet am: 18. April 2013 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 269 Abs. 3

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2005 - I ZB 37/05

bei uns veröffentlicht am 06.10.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 37/05 vom 6. Oktober 2005 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja Unberechtigte Abmahnung ZPO § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 Die Regelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2

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(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 37/05
vom
6. Oktober 2005
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Unberechtigte Abmahnung
Die Regelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 ZPO, wonach sich die Kostentragungspflicht
bei einer vor Zustellung zurückgenommenen Klage unter Berücksichtigung
des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen bestimmt
, benachteiligt die beklagte Partei nicht in einer gegen Art. 3 Abs. 1,
Art. 19 Abs. 4 GG verstoßenden Weise.
Eine Kostenentscheidung zugunsten des Klägers scheidet nicht deshalb aus,
weil er als abgemahnter Mitbewerber negative Feststellungsklage erhoben hat,
ohne den Abmahnenden zuvor auf dessen fehlende Berechtigung hingewiesen
zu haben; es besteht keine Obliegenheit des zu Unrecht Abgemahnten, eine
Gegenabmahnung auszusprechen.
BGH, Beschl. v. 6. Oktober 2005 - I ZB 37/05 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Oktober 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 1. März 2005 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam vom 16. August 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf bis zu 300 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Parteien sind Wettbewerber und streiten um die Kostenlast aus einer vor der Zustellung zurückgenommenen negativen Feststellungsklage.
2
Die Beklagte hatte im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung wegen eines unzureichenden Vorrats der beworbenen Ware von der Klägerin auch Auskunft über den aufgrund der Verwendung des beanstandeten Flugblatts erzielten Umsatz verlangt und für den Fall, dass die Klägerin dem nicht nachkommen sollte, Klageerhebung angedroht. Die Klägerin hat hierauf Klage eingereicht mit dem Antrag festzustellen, dass der Beklagten ein solcher Auskunftsanspruch nicht zusteht. Vor Zustellung der Klage hat die Beklagte auf die Auskunft verzichtet. Die Klägerin hat deshalb die Klage zurückgenommen und Kostenantrag gestellt.
3
Das Landgericht hat ausgesprochen, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Die sofortige Beschwerde der Beklagten hat zur Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses geführt.
4
Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren Kostenantrag weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Die Beklagte hat der Klägerin die durch die Klageerhebung entstandenen Kosten zu erstatten.
6
1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne die ihr in dem von ihr anhängig gemachten Rechtsstreit bis zur Klagerücknahme entstandenen Kosten nicht gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO erstattet verlangen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
7
Die Bestimmung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO sei wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG unwirksam, weil sie dem Beklagten die Möglichkeit einer Einflussnahme versage, wie sie im entsprechend gelagerten Fall des § 91a ZPO bestehe. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG sei jedoch nicht veranlasst, weil § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO auch dann, wenn er als verfassungsmäßig anzusehen wäre, die vom Landgericht getroffene Entscheidung nicht rechtfertigen könnte, weil es im Streitfall sowohl an einer Klagerücknahme als auch an einem Sach- und Streitstand fehle, an dem sich die Kostenentscheidung orientieren könne. Da es im Falle der "Klagerücknahme" vor Klagezustellung nicht zu einem Rechtsstreit kommen könne, gehe auch die angeordnete Rechtsfolge ins Leere. Die Beklagte habe im Übrigen dadurch, dass sie zunächst einen zu weitgehenden Anspruch geltend gemacht habe, keinen Anlass für das von der Klägerin eingereichte Rechtsschutzgesuch gegeben.
8
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen i.S. des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO, dass die Beklagte die der Klägerin bis zur Klagerücknahme entstandenen Kosten trägt.
9
a) Wie der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs bereits zu der Fassung , die § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (vom 27. Juli 2001, BGBl. I, S. 1887, geänd. S. 3138) erhalten hatte, entschieden hat (Beschl. v. 18.11.2003 - VIII ZB 72/03, NJW 2004, 1530 f.) und mit der Anfügung eines entsprechenden Halbsatzes 2 durch das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz (vom 24. August 2004, BGBl. I, S. 2198) klargestellt wurde, bestimmt sich die Kostentragungspflicht nach billigem Ermessen, wenn die Klage vor ihrer Zustellung zurückgenommen worden ist. Unter den Kosten des "Rechtsstreits" sind in diesem Fall diejenigen Kosten zu verstehen, die im Falle der Rücknahme der Klage nach deren Zustellung erstattungsfähig gewesen wären.
10
b) Die nunmehr in § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 ZPO ausdrücklich enthaltene Regelung benachteiligt die beklagte Partei entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht in einer gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG verstoßenden Weise. Zwar trifft es zu, dass die beklagte Partei im Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO anders als dann, wenn der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nicht wählen kann, ob sie sich dem anschließt oder nicht. Sie kann hier daher auch nicht bestimmen, dass entweder gemäß § 91a Abs. 1 ZPO - entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO - unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten nach billigem Ermessen entschieden wird oder aber der Rechtsstreit in der Hauptsache - wenn auch mit geändertem Klageantrag - seinen Fortgang nimmt und daher gegebenenfalls über die ursprüngliche Berechtigung der Klage - anders als im Fall des § 91a ZPO - voller Beweis erhoben wird. Hierin liegt jedoch keine willkürliche oder der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG zuwiderlaufende Benachteiligung des Beklagten. Trotz des an sich entgegenstehenden Wortlauts hat die beklagte Partei auch im Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO Anspruch auf rechtliches Gehör, wobei ihr Tatsachenvortrag und die zu seiner Untermauerung angeführten Beweismittel nach der Natur der Sache - anders als grundsätzlich im Fall des § 91a Abs. 1 ZPO (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rdn. 26) - nicht deshalb unberücksichtigt bleiben können, weil sie bislang noch nicht vorgetragen worden sind. Es kommt hinzu, dass der Kläger im Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO eine vom Regelfall des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO abweichende Kostenentscheidung erstrebt und daher - ebenfalls abweichend vom Fall des § 91a Abs. 1 ZPO - darzulegen und zu beweisen hat, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht (vgl. Zöller/Greger aaO § 269 Rdn. 18e).
11
c) Nicht zugestimmt werden kann des Weiteren der Auffassung des Beschwerdegerichts , die Klägerin könne die ihr entstandenen Kosten zudem deshalb nicht erstattet verlangen, weil sie es versäumt habe, die Beklagte vor der Klageerhebung auf die (teilweise) Unbegründetheit des geltend gemachten Auskunftsanspruchs hinzuweisen. Eine Obliegenheit des zu Unrecht Abgemahnten , seinerseits vor der Erhebung einer negativen Feststellungsklage eine Gegenabmahnung auszusprechen, besteht grundsätzlich nicht.
12
Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegen nicht vor. Der Umstand, dass die Beklagte ihren zu weit gehenden Anspruch aus eigenem Antrieb bereits vor Zustellung der Klage zurückgezogen hat, lässt hierauf nicht schließen.
13
d) Die Beklagte hat nach billigem Ermessen die Kosten zu tragen. Die Klage wäre begründet gewesen. Der Beklagten stand ein Anspruch auf Auskunft über die mit dem Werbeprospekt erzielten Umsätze nicht zu. Der Anspruch auf Auskunft zur Ermittlung des dem Mitbewerber aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten entstandenen Schadens erstreckt sich nur auf solche Tatsachen, die für die Schadensberechnung erforderlich sind (BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 114/98, GRUR 2001, 84, 85 = WRP 2000, 1266 - Neu in Bielefeld II). Der aus dem Vorwurf unzureichender Vorratshaltung abgeleitete Schaden der Beklagten kann nicht mit den Umsätzen belegt werden, die mit dem vorhandenen Vorrat gemacht wurden. Für die Klägerin bestand keine Verpflichtung , die Beklagte auf die insoweit eindeutige Rechtslage hinzuweisen.
14
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 16.08.2004 - 52 O 20/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 01.03.2005 - 6 W 204/04 -

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 156/12
Verkündet am:
18. April 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO
hindert eine Kostenerstattungsklage nicht.

b) Die klagende Partei hat in dem Fall, dass ihre Klage vor Rechtshängigkeit
zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, die Wahl, ob sie
den von ihr geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch
im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO
verfolgen oder deswegen eine Kostenerstattungsklage erheben will.
BGH, Urteil vom 18. April 2013 - III ZR 156/12 - LG Traunstein
AG Traunstein
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2013 durch die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters,
Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 2. Mai 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Parteien streiten um die Erstattung von Prozesskosten, die der Klägerin für eine von ihr zurückgenommene negative Feststellungsklage entstanden sind.
2
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät, sah sich außergerichtlich von Rechtsanwälten der Beklagten im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage in einem Hedgefonds auf Schadensersatz in Anspruch genommen und reichte deswegen bei dem Landgericht T. eine Klage auf Feststellung ein, dass den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 39.291,39 € gegen sie, die Klägerin, nicht zustehe. Nachdem die Beklagten mitgeteilt hatten, dass sie "endgültig und verbindlich auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Ihrer Kanzlei verzichten", nahm die Klägerin ihre Feststellungsklage vor deren Zustellung zurück. Zugleich erhob sie vor dem Amtsgericht T. Klage auf Erstattung der im Zusammenhang mit der zurückgenommenen Klage entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 1.590,60 €.
3
Die Beklagten haben eingewandt, dass die Zahlungsklage nicht zulässig und die zurückgenommene Feststellungsklage ihrerseits unzulässig und unbegründet gewesen sei.
4
Das Amtsgericht hat die (Zahlungs-)Klage als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , dass für die Zahlungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil die Klägerin die Möglichkeit habe, die Kosten der negativen Feststellungsklage gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO in dem dortigen Prozess geltend zu machen. Bei dem Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 ZPO handele es sich um einen gleichwertigen Weg, da in diesem Rahmen nicht lediglich eine summarische , sondern eine vollständige und umfassende Überprüfung der Sachund Rechtslage einschließlich etwaiger Beweisaufnahmen erfolgen müsse.

II.


7
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
8
1. Nach überwiegender, vom erkennenden Senat geteilter Auffassung hindert die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO eine Kostenerstattungsklage nicht (s. KG, Beschluss vom 31. März 2011 - 8 U 125/10, Juris Rn. 4; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., § 269 Rn. 103, 104; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 269 Rn. 57; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 269 Rn. 18e; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., § 269 Rn. 67; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 269 Rn. 13c; Saenger, ZPO, 5. Aufl., § 269 Rn. 40, 41; Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 1214, 1217; vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1563, 1564; a.A. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 33. Aufl., § 91a Rn. 36; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a Rn. 33; wohl auch Tegeder, NJW 2003, 3327, 3328). Die klagende Partei hat daher in dem Fall, dass ihre Klage vor Rechtshängigkeit zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, die Wahl, ob sie den von ihr geltend gemachten materiell -rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO verfolgen oder deswegen eine Kostenerstattungsklage erheben will.
9
a) Der Klagepartei kann in diesen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenerstattungsklage nicht generell versagt werden.
10
aa) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt regelmäßig dann, wenn dem Kläger ein einfacherer und billigerer Weg zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels zur Verfügung steht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. April 1990 - VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 171; vom 24. Februar 1994 - IX ZR 120/93, NJW 1994, 1351, 1352 und vom 17. November 2005 - IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 99; Beschluss vom 9. Juli 2009 - IX ZR 29/09, NJW-RR 2009, 1148, 1149 Rn. 5). Auf einen verfahrensmäßig unsicheren Weg darf der Kläger allerdings nicht verwiesen werden (BGH, Urteile vom 24. April 1990 aaO; vom 24. Februar 1994 aaO und vom 17. November 2005 aaO S. 99 f; Beschluss vom 9. Juli 2009 aaO Rn. 6). Ein schnelleres und billigeres Mittel des Rechtsschutzes lässt das berechtigte Interesse für eine Klage deshalb nur entfallen, sofern es wenigstens vergleichbar sicher oder wirkungsvoll alle erforderlichen Rechtsschutzziele herbeiführen kann (BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 aaO; Beschluss vom 9. Juli 2009 aaO).
11
bb) Der Weg des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO ist gegenüber der Kostenerstattungsklage weder notwendig einfacher und billiger noch vergleichbar sicher und wirkungsvoll, um den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers zur Durchsetzung zu bringen.
12
(1) Ist die zurückgenommene Klage - wie hier - noch nicht rechtshängig geworden und stellt der Kläger keinen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO, so verbleibt es bei der Abrechnung der bislang angefallenen Anwalts - und Gerichtskosten unter Berücksichtigung der Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz [KV GKG] (eine Gerichtsgebühr statt drei Gerichtsgebühren). Diese Kosten bestimmen den Betrag der Klageforderung (und mithin auch den Streitwert) in dem nachfolgenden Kostenerstattungsprozess, in dem der vom Kläger geltend gemachte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollumfänglich überprüft wird.
13
(2) Entscheidet sich der Kläger hingegen für einen Kostenantrag gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO, so geht die Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG verloren (s. auch Deckenbrock/Dötsch aaO S. 1218; Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 55; Zöller/Greger aaO; Musielak/ Foerste aaO). Es hat nun zwar eine sachliche Prüfung nicht nur der ursprünglichen Erfolgsaussicht der erledigten Klage, sondern auch des behaupteten erledigenden Ereignisses und gegebenenfalls eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 2005 - IV ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1662, 1663 f). Der Kläger muss darlegen und beweisen, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht, und die beklagte Partei hat ihrerseits Anspruch auf rechtliches Gehör mit der Möglichkeit, Tatsachen vorzutragen und Beweismittel anzubieten (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2005 - I ZB 37/05, NJW 2006, 775 f Rn. 10). Allerdings ist die Kostenregelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO der Regelung in § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO insofern nachgebildet, als in beiden Fällen über die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu bestimmen ist (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivil- prozesses, BT-Drucks. 14/4722 S. 81; vgl. ferner BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 - II ZB 38/02, NJW 2004, 223, 224; vom 6. Juli 2005 aaO S. 1663 und vom 6. Oktober 2005 aaO S. 775 Rn. 10; OLG Braunschweig, BeckRS 2012, 04765; Wieczorek/Schütze/Assmann aaO § 269 Rn. 95;Stein/ Jonas/Roth aaO; Zöller/Vollkommer aaO § 91a Rn. 31, 33). Ob sich das Gericht im Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO hinsichtlich der Tatsachenfeststellung deshalb mit einem bloßen Wahrscheinlichkeitsurteil begnügen darf, (so Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 56), braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls findet im Verfahren der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO in rechtlicher Hinsicht lediglich eine summarische Prüfung statt, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache alle bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (s. etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NJW-RR 2009, 422 Rn. 5 und vom 20. Juni 2012 - XII ZR 131/10, BeckRS 2012, 16688 Rn. 1 mwN). Dies gilt in gleicher Weise für die § 91a Abs. 1 ZPO nachgebildete Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (vgl. OLG Braunschweig aaO; Deckenbrock /Dötsch aaO S. 1216, 1217; Wieczorek/Schütze/Assmann aaO § 269 Rn. 103; Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 57; Zöller/Greger aaO; MünchKomm ZPO/Becker-Eberhard aaO; s. auch Baumbach/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 269 Rn. 41: "weiter Entscheidungsspielraum" des Richters).
14
(3) Hiernach gestaltet sich das Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO möglicherweise teurer (keine Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG) und nicht notwendig einfacher als eine Kostenerstattungsklage. Vor allem aber darf im ersterwähnten Verfahren eine umfassende rechtliche Überprüfung unterbleiben, so dass dieser Weg für den materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers nicht in vergleichbarer Weise sicher und wirkungsvoll ist.

15
b) Ein allgemeiner Vorrang des Verfahrens nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO gegenüber einer Kostenerstattungsklage ergibt sich nicht aus Gründen der Rechtssicherheit und der Vermeidung einander widersprechender Entscheidungen.
16
aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass eine prozessuale Kostenentscheidung grundsätzlich nicht erschöpfend ist, sondern Raum lässt für die Durchsetzung materiell-rechtlicher Ansprüche auf Kostenerstattung etwa aus Vertrag, Verzug oder unerlaubter Handlung (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 - Ib ZR 73/64, BGHZ 45, 251, 256 f; vom 24. April 1990 aaO S. 170 f; vom 19. Oktober 1994 - I ZR 187/92, NJW-RR 1995, 495; vom 22. November 2001 - VII ZR 405/00, NJW 2002, 680; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 Rn. 7 und vom 16. Februar 2011 – VIII ZR 80/10, NJW 2011, 2368, 2369 Rn. 10; Beschluss vom 9. Februar 2012 - VII ZB 95/09, NJW 2012, 1291 f Rn. 8). Ein materiell-rechtlicher Anspruch kann danach je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten, er kann ihr sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bleibt hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt hat, unverändert, geht es nicht an, ihn erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen. Dies dient dazu, Unterschiede zwischen auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidungen über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 11. September 2008 - III ZR 212/07, NJW 2008, 3558, 3559 Rn. 8; BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 aaO S. 257; vom 19. Oktober 1994 aaO; vom 22. November 2001 aaO; vom 11. Februar 2010 - VII ZR 153/08, NJW-RR 2010, 674, 675 Rn. 13 und vom 16. Februar 2011 aaO; Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO S. 1292 Rn. 8). Der mit der Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch eingetretene Rechtsfriede darf nicht nachträglich wieder mit der Begründung beseitigt werden, die Kostenentscheidung sei nach sachlichem Recht eigentlich ungerechtfertigt, sofern nicht die gesetzliche Regelung ihrerseits Korrekturmöglichkeiten vorsieht (BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 aaO und vom 19. Oktober 1994 aaO; Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO).
17
bb) Demzufolge ist es dem Kläger, der seine Klage zurücknimmt, einen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO stellt und hierüber eine ihm ungünstige Entscheidung erhält, versagt, seinen Kostenerstattungsanspruch in einem neuen Prozess geltend zu machen, sofern keine zusätzlichen, bei der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 4 ZPO nicht berücksichtigten Umstände hinzutreten. Es ist dem Kläger aber nicht verwehrt, von einem Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO abzusehen und stattdessen den Weg einer Kostenerstattungsklage zu beschreiten. Entscheidet sich der Kläger nach Rücknahme seiner - vor Rechtshängigkeit erledigten - Klage für die Erhebung einer Kostenerstattungsklage und gelangt er hiermit nicht zum Erfolg, so steht die bindende Entscheidung des Gerichts über den mit dieser Klage geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch einer erneuten Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch in einem Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO Rn. 11). Sonach werden einander widersprechende Entscheidungen auch dann abgewendet, wenn dem Kläger eine Wahlfreiheit zugebilligt wird.
18
c) Letztlich läuft das Wahlrecht des Klägers (Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO oder Kostenerstattungsklage) auch nicht dem Zweck des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zuwider.
19
aa) § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO soll dem Kläger die Möglichkeit geben , unter Mitberücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs eine ihm günstige Kostentragungsregelung zu erreichen, ohne dass hierfür ein neues Verfahren erforderlich wird, und auf diese Weise der Prozessökonomie dienen (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722 S. 81; s. auch Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Justizmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 15/1508 S. 18; BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 aaO; vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 44/03, NJW-RR 2005, 217, 218 und vom 6. Juli 2005 aaO). Ist das den Rechtsstreit erledigende Ereignis vor Rechtshängigkeit eingetreten, so war der Kläger vor Schaffung des (in seiner Ursprungsfassung am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung vom 1. September 2004 geänderten) § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO häufig darauf verwiesen, zur Durchsetzung seines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs einen Folgeprozess zu führen. Erklärt er nämlich die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache und schließt sich der Beklagte der Erledigungserklärung nicht an (vgl. § 91a Abs. 1 ZPO), so ist die als Feststellungsklage zu behandelnde Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen, da die durch Urteil festzustellende Erledigung der Hauptsache voraussetzt , dass die Klage nach Eintritt der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist (BT-Drucks. 14/4722 aaO; s. BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2004 aaO und vom 6. Juli 2005 aaO; s. ferner BGH, Urteile vom 15. Januar 1982 - V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14 ff; vom 8. Juni 1988 - I ZR 148/86, NJW-RR 1988, 1151 und vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, NJW 2003, 3134 mwN).

20
bb) Demnach verfolgt § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO das Ziel, den Kläger in den betreffenden Fallgestaltungen von einem "Zwang" zur Kostenerstattungsklage zu befreien. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass er hierzu fortan nicht mehr befugt und zur Durchsetzung seines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs auf den Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO beschränkt sein sollte. Der Weg des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO wird sich insbesondere in einfach gelagerten Fällen empfehlen, in denen etwa der in Verzug befindliche Beklagte seine Zahlungspflicht erst zwischen der Einreichung und der Zustellung der Klage erfüllt, ohne dass sich eine einvernehmliche Kostenregelung zwischen den Parteien erzielen lässt. Geht es hingegen um schwierige Rechtsfragen oder klaffen die Streitwerte der zurückgenommenen Klage und einer Kostenerstattungsklage sehr weit auseinander (so dass der Wegfall der Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG ganz erheblich ins Gewicht fällt), so kann eine Kostenerstattungsklage vorzugswürdig sein.
21
2. Nach alledem durfte das Berufungsgericht die Klage nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abweisen. Das Berufungsurteil ist mithin aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Zur Begründetheit der (Zahlungs-)Klage hat das Berufungsgericht - von seinem Stand- punkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Diese wird es nachzuholen haben.
Herrmann Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 29.02.2012 - 311 C 1400/11 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 02.05.2012 - 6 S 911/12 (2) -

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 156/12
Verkündet am:
18. April 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO
hindert eine Kostenerstattungsklage nicht.

b) Die klagende Partei hat in dem Fall, dass ihre Klage vor Rechtshängigkeit
zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, die Wahl, ob sie
den von ihr geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch
im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO
verfolgen oder deswegen eine Kostenerstattungsklage erheben will.
BGH, Urteil vom 18. April 2013 - III ZR 156/12 - LG Traunstein
AG Traunstein
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2013 durch die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters,
Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 2. Mai 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Parteien streiten um die Erstattung von Prozesskosten, die der Klägerin für eine von ihr zurückgenommene negative Feststellungsklage entstanden sind.
2
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät, sah sich außergerichtlich von Rechtsanwälten der Beklagten im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage in einem Hedgefonds auf Schadensersatz in Anspruch genommen und reichte deswegen bei dem Landgericht T. eine Klage auf Feststellung ein, dass den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 39.291,39 € gegen sie, die Klägerin, nicht zustehe. Nachdem die Beklagten mitgeteilt hatten, dass sie "endgültig und verbindlich auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Ihrer Kanzlei verzichten", nahm die Klägerin ihre Feststellungsklage vor deren Zustellung zurück. Zugleich erhob sie vor dem Amtsgericht T. Klage auf Erstattung der im Zusammenhang mit der zurückgenommenen Klage entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 1.590,60 €.
3
Die Beklagten haben eingewandt, dass die Zahlungsklage nicht zulässig und die zurückgenommene Feststellungsklage ihrerseits unzulässig und unbegründet gewesen sei.
4
Das Amtsgericht hat die (Zahlungs-)Klage als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , dass für die Zahlungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil die Klägerin die Möglichkeit habe, die Kosten der negativen Feststellungsklage gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO in dem dortigen Prozess geltend zu machen. Bei dem Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 ZPO handele es sich um einen gleichwertigen Weg, da in diesem Rahmen nicht lediglich eine summarische , sondern eine vollständige und umfassende Überprüfung der Sachund Rechtslage einschließlich etwaiger Beweisaufnahmen erfolgen müsse.

II.


7
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1. Nach überwiegender, vom erkennenden Senat geteilter Auffassung hindert die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO eine Kostenerstattungsklage nicht (s. KG, Beschluss vom 31. März 2011 - 8 U 125/10, Juris Rn. 4; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., § 269 Rn. 103, 104; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 269 Rn. 57; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 269 Rn. 18e; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., § 269 Rn. 67; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 269 Rn. 13c; Saenger, ZPO, 5. Aufl., § 269 Rn. 40, 41; Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 1214, 1217; vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1563, 1564; a.A. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 33. Aufl., § 91a Rn. 36; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a Rn. 33; wohl auch Tegeder, NJW 2003, 3327, 3328). Die klagende Partei hat daher in dem Fall, dass ihre Klage vor Rechtshängigkeit zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, die Wahl, ob sie den von ihr geltend gemachten materiell -rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO verfolgen oder deswegen eine Kostenerstattungsklage erheben will.
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a) Der Klagepartei kann in diesen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenerstattungsklage nicht generell versagt werden.
10
aa) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt regelmäßig dann, wenn dem Kläger ein einfacherer und billigerer Weg zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels zur Verfügung steht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. April 1990 - VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 171; vom 24. Februar 1994 - IX ZR 120/93, NJW 1994, 1351, 1352 und vom 17. November 2005 - IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 99; Beschluss vom 9. Juli 2009 - IX ZR 29/09, NJW-RR 2009, 1148, 1149 Rn. 5). Auf einen verfahrensmäßig unsicheren Weg darf der Kläger allerdings nicht verwiesen werden (BGH, Urteile vom 24. April 1990 aaO; vom 24. Februar 1994 aaO und vom 17. November 2005 aaO S. 99 f; Beschluss vom 9. Juli 2009 aaO Rn. 6). Ein schnelleres und billigeres Mittel des Rechtsschutzes lässt das berechtigte Interesse für eine Klage deshalb nur entfallen, sofern es wenigstens vergleichbar sicher oder wirkungsvoll alle erforderlichen Rechtsschutzziele herbeiführen kann (BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 aaO; Beschluss vom 9. Juli 2009 aaO).
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bb) Der Weg des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO ist gegenüber der Kostenerstattungsklage weder notwendig einfacher und billiger noch vergleichbar sicher und wirkungsvoll, um den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers zur Durchsetzung zu bringen.
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(1) Ist die zurückgenommene Klage - wie hier - noch nicht rechtshängig geworden und stellt der Kläger keinen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO, so verbleibt es bei der Abrechnung der bislang angefallenen Anwalts - und Gerichtskosten unter Berücksichtigung der Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz [KV GKG] (eine Gerichtsgebühr statt drei Gerichtsgebühren). Diese Kosten bestimmen den Betrag der Klageforderung (und mithin auch den Streitwert) in dem nachfolgenden Kostenerstattungsprozess, in dem der vom Kläger geltend gemachte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollumfänglich überprüft wird.
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(2) Entscheidet sich der Kläger hingegen für einen Kostenantrag gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO, so geht die Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG verloren (s. auch Deckenbrock/Dötsch aaO S. 1218; Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 55; Zöller/Greger aaO; Musielak/ Foerste aaO). Es hat nun zwar eine sachliche Prüfung nicht nur der ursprünglichen Erfolgsaussicht der erledigten Klage, sondern auch des behaupteten erledigenden Ereignisses und gegebenenfalls eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 2005 - IV ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1662, 1663 f). Der Kläger muss darlegen und beweisen, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht, und die beklagte Partei hat ihrerseits Anspruch auf rechtliches Gehör mit der Möglichkeit, Tatsachen vorzutragen und Beweismittel anzubieten (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2005 - I ZB 37/05, NJW 2006, 775 f Rn. 10). Allerdings ist die Kostenregelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO der Regelung in § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO insofern nachgebildet, als in beiden Fällen über die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu bestimmen ist (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivil- prozesses, BT-Drucks. 14/4722 S. 81; vgl. ferner BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 - II ZB 38/02, NJW 2004, 223, 224; vom 6. Juli 2005 aaO S. 1663 und vom 6. Oktober 2005 aaO S. 775 Rn. 10; OLG Braunschweig, BeckRS 2012, 04765; Wieczorek/Schütze/Assmann aaO § 269 Rn. 95;Stein/ Jonas/Roth aaO; Zöller/Vollkommer aaO § 91a Rn. 31, 33). Ob sich das Gericht im Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO hinsichtlich der Tatsachenfeststellung deshalb mit einem bloßen Wahrscheinlichkeitsurteil begnügen darf, (so Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 56), braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls findet im Verfahren der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO in rechtlicher Hinsicht lediglich eine summarische Prüfung statt, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache alle bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (s. etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NJW-RR 2009, 422 Rn. 5 und vom 20. Juni 2012 - XII ZR 131/10, BeckRS 2012, 16688 Rn. 1 mwN). Dies gilt in gleicher Weise für die § 91a Abs. 1 ZPO nachgebildete Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (vgl. OLG Braunschweig aaO; Deckenbrock /Dötsch aaO S. 1216, 1217; Wieczorek/Schütze/Assmann aaO § 269 Rn. 103; Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 57; Zöller/Greger aaO; MünchKomm ZPO/Becker-Eberhard aaO; s. auch Baumbach/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 269 Rn. 41: "weiter Entscheidungsspielraum" des Richters).
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(3) Hiernach gestaltet sich das Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO möglicherweise teurer (keine Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG) und nicht notwendig einfacher als eine Kostenerstattungsklage. Vor allem aber darf im ersterwähnten Verfahren eine umfassende rechtliche Überprüfung unterbleiben, so dass dieser Weg für den materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers nicht in vergleichbarer Weise sicher und wirkungsvoll ist.

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b) Ein allgemeiner Vorrang des Verfahrens nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO gegenüber einer Kostenerstattungsklage ergibt sich nicht aus Gründen der Rechtssicherheit und der Vermeidung einander widersprechender Entscheidungen.
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aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass eine prozessuale Kostenentscheidung grundsätzlich nicht erschöpfend ist, sondern Raum lässt für die Durchsetzung materiell-rechtlicher Ansprüche auf Kostenerstattung etwa aus Vertrag, Verzug oder unerlaubter Handlung (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 - Ib ZR 73/64, BGHZ 45, 251, 256 f; vom 24. April 1990 aaO S. 170 f; vom 19. Oktober 1994 - I ZR 187/92, NJW-RR 1995, 495; vom 22. November 2001 - VII ZR 405/00, NJW 2002, 680; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 Rn. 7 und vom 16. Februar 2011 – VIII ZR 80/10, NJW 2011, 2368, 2369 Rn. 10; Beschluss vom 9. Februar 2012 - VII ZB 95/09, NJW 2012, 1291 f Rn. 8). Ein materiell-rechtlicher Anspruch kann danach je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten, er kann ihr sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bleibt hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt hat, unverändert, geht es nicht an, ihn erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen. Dies dient dazu, Unterschiede zwischen auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidungen über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 11. September 2008 - III ZR 212/07, NJW 2008, 3558, 3559 Rn. 8; BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 aaO S. 257; vom 19. Oktober 1994 aaO; vom 22. November 2001 aaO; vom 11. Februar 2010 - VII ZR 153/08, NJW-RR 2010, 674, 675 Rn. 13 und vom 16. Februar 2011 aaO; Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO S. 1292 Rn. 8). Der mit der Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch eingetretene Rechtsfriede darf nicht nachträglich wieder mit der Begründung beseitigt werden, die Kostenentscheidung sei nach sachlichem Recht eigentlich ungerechtfertigt, sofern nicht die gesetzliche Regelung ihrerseits Korrekturmöglichkeiten vorsieht (BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 aaO und vom 19. Oktober 1994 aaO; Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO).
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bb) Demzufolge ist es dem Kläger, der seine Klage zurücknimmt, einen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO stellt und hierüber eine ihm ungünstige Entscheidung erhält, versagt, seinen Kostenerstattungsanspruch in einem neuen Prozess geltend zu machen, sofern keine zusätzlichen, bei der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 4 ZPO nicht berücksichtigten Umstände hinzutreten. Es ist dem Kläger aber nicht verwehrt, von einem Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO abzusehen und stattdessen den Weg einer Kostenerstattungsklage zu beschreiten. Entscheidet sich der Kläger nach Rücknahme seiner - vor Rechtshängigkeit erledigten - Klage für die Erhebung einer Kostenerstattungsklage und gelangt er hiermit nicht zum Erfolg, so steht die bindende Entscheidung des Gerichts über den mit dieser Klage geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch einer erneuten Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch in einem Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO Rn. 11). Sonach werden einander widersprechende Entscheidungen auch dann abgewendet, wenn dem Kläger eine Wahlfreiheit zugebilligt wird.
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c) Letztlich läuft das Wahlrecht des Klägers (Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO oder Kostenerstattungsklage) auch nicht dem Zweck des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zuwider.
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aa) § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO soll dem Kläger die Möglichkeit geben , unter Mitberücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs eine ihm günstige Kostentragungsregelung zu erreichen, ohne dass hierfür ein neues Verfahren erforderlich wird, und auf diese Weise der Prozessökonomie dienen (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722 S. 81; s. auch Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Justizmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 15/1508 S. 18; BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 aaO; vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 44/03, NJW-RR 2005, 217, 218 und vom 6. Juli 2005 aaO). Ist das den Rechtsstreit erledigende Ereignis vor Rechtshängigkeit eingetreten, so war der Kläger vor Schaffung des (in seiner Ursprungsfassung am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung vom 1. September 2004 geänderten) § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO häufig darauf verwiesen, zur Durchsetzung seines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs einen Folgeprozess zu führen. Erklärt er nämlich die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache und schließt sich der Beklagte der Erledigungserklärung nicht an (vgl. § 91a Abs. 1 ZPO), so ist die als Feststellungsklage zu behandelnde Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen, da die durch Urteil festzustellende Erledigung der Hauptsache voraussetzt , dass die Klage nach Eintritt der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist (BT-Drucks. 14/4722 aaO; s. BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2004 aaO und vom 6. Juli 2005 aaO; s. ferner BGH, Urteile vom 15. Januar 1982 - V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14 ff; vom 8. Juni 1988 - I ZR 148/86, NJW-RR 1988, 1151 und vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, NJW 2003, 3134 mwN).

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bb) Demnach verfolgt § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO das Ziel, den Kläger in den betreffenden Fallgestaltungen von einem "Zwang" zur Kostenerstattungsklage zu befreien. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass er hierzu fortan nicht mehr befugt und zur Durchsetzung seines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs auf den Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO beschränkt sein sollte. Der Weg des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO wird sich insbesondere in einfach gelagerten Fällen empfehlen, in denen etwa der in Verzug befindliche Beklagte seine Zahlungspflicht erst zwischen der Einreichung und der Zustellung der Klage erfüllt, ohne dass sich eine einvernehmliche Kostenregelung zwischen den Parteien erzielen lässt. Geht es hingegen um schwierige Rechtsfragen oder klaffen die Streitwerte der zurückgenommenen Klage und einer Kostenerstattungsklage sehr weit auseinander (so dass der Wegfall der Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG ganz erheblich ins Gewicht fällt), so kann eine Kostenerstattungsklage vorzugswürdig sein.
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2. Nach alledem durfte das Berufungsgericht die Klage nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abweisen. Das Berufungsurteil ist mithin aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Zur Begründetheit der (Zahlungs-)Klage hat das Berufungsgericht - von seinem Stand- punkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Diese wird es nachzuholen haben.
Herrmann Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 29.02.2012 - 311 C 1400/11 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 02.05.2012 - 6 S 911/12 (2) -

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Der Prüfung und Entscheidung des Berufungsgerichts unterliegen nur die Berufungsanträge. Das Urteil des ersten Rechtszuges darf nur insoweit abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)