Landgericht Dortmund Urteil, 05. Feb. 2015 - 7 O 274/14
Tenor
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen
vom 07.07.2014 (Geschäftszeichen: 14-000000000-0-4) wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Streitwert wird auf 16.437,72 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger macht gegen die Beklagte die Rückforderung von unter Vorbehalt geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen nach dem Widerruf zweier Darlehensverträge geltend.
3Mit Vertrag vom 1.3.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger ein „D-bank-Universaldarlehen“ über 95.000 €. Als Vertragszweck sind im Darlehensvertrag Umschuldungen und die Umfinanzierung einer Kontokorrentinanspruchnahme angegeben. Der Vertrag enthält folgende Widerrufsbelehrung (S. 3 des Darlehensvertrages):
4„Widerrufsbelehrung
5WiderrufsrechtIch bin an meine Willenserklärung zum Abschluss dieses Vertrages nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.Form des WiderrufsDer Widerruf muss in Textform (z.B. schriftlich, mittels Telefax oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.FristlaufDer Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und- eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantragszur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs… “
6Mit Vertrag vom 24.3./25.3.2011 gewährte die Beklagte dem Kläger ein weiteres D-bank-Universaldarlehen über 50.000 €. Als Kreditzweck sind im Darlehensvertrag u.a. die Ablösung eines Gewerbekredits sowie Steuerzahlungen angegeben. Der Vertrag enthält auf S. 4 eine „Widerrufsinformation“. Wegen des Wortlauts der Widerrufsinformation wird auf Anlage B2 verwiesen.
7Im Jahr 2014 wandte sich der Kläger an die Beklagte mit der Frage, ob er die Darlehen nach Verkauf der Sicherungsobjekte vorzeitig zurückzahlen könne. Die Beklagte errechnete für beide Darlehensverträge zusammen eine Vorfälligkeitsentschädigung iHv. 16.437,72 €.
8Mit zwei Schreiben vom 11.4.2014 widerrief der Kläger die Darlehensverträge. Der Kläger überwies Ende April 2014 den von der Beklagten geforderten Gesamtbetrag iHv. 127.472,36 € einschließlich Vorfälligkeitsentschädigung, wobei er letztere unter dem Vorbehalt der Rückforderung zahlte. Mit Schreiben vom 13.5.2014 forderte der Kläger von der Beklagten die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 16.437,72 € zurück.
9Der Kläger hat am 7.7.2014 einen Vollstreckungsbescheid gegen die Beklagte erwirkt, gegen den die Beklagte am 15.7.2014 Einspruch eingelegt hat.
10Der Kläger ist der Ansicht, beide Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft. Die Widerrufsbelehrung aus dem Jahr 2007 lasse nicht hinreichend erkennen, dass die Frist erst zu laufen beginne, wenn dem Verbraucher eine Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt worden sei. Stattdessen lege sie das unrichtige Verständnis nahe, dass die Widerrufsfrist bereits nach Zugang des Darlehensangebots der Beklagten zu laufen beginne. Auch die Widerrufsfolgen seien unzureichend dargelegt, weil nicht ersichtlich sei, welche Folgen ein Widerruf mit Blick auf die Leistungen des Kunden an die Bank habe.
11Die Widerrufsbelehrung aus dem Jahr 2011 lasse den Beginn der Frist ebenfalls nicht hinreichend erkennen. Der Verbraucher sei nicht in der Lage, den Beginn selbst zu errechnen, da die Frist erst nach Eintreten bestimmter Voraussetzungen zu laufen beginnen solle. Die Widerrufsbelehrung lasse zudem nicht hinreichend erkennen, was mit denjenigen Leistungen geschehe, die der Darlehensnehmer der Beklagten gewährt habe.
12Die Beklagte könne sich nicht auf Vertrauensschutz aufgrund Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung berufen. Beide Widerrufsbelehrungen entsprächen nicht der Musterwiderrufsbelehrung. So enthalte die Widerrufsbelehrung aus dem Jahr 2011 einen Verweis auf die Geschäftsbedingungen der Beklagten. Dadurch werde das Widerrufsrecht aus Sicht des Kunden von zusätzlichen Bedingungen abhängig gemacht, was die Ausübung erschwere.
13Der Kläger beantragt,
14den Vollstreckungsbescheid vom 07.07.2014 aufrechtzuhalten.
15Die Beklagte beantragt,
16den Vollstreckungsbescheid vom 07.07.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte ist der Ansicht, die Widerrufsbelehrungen seien nicht fehlerhaft. Sie beruft sich auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung als Unterfall der Verwirkung.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2015 Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
201)
21Der Einspruch der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid vom 07.07.2014 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 339, 340 ZPO).
222)
23Die Klage ist unbegründet.
24Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen gemäß §§ 357, 346 Abs. 1 BGB oder gemäß § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB.
25Der Kläger hat die Darlehensverträge jeweils nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist widerrufen. Gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. beträgt die Widerrufsfrist für einen Verbraucher 2 Wochen. Der Kläger hat die schriftlichen Unterlagen zu den Darlehensverträgen einschließlich der Widerrufsbelehrungen in den Jahren 2007 und 2011 erhalten, aber erst im Jahr 2014 – und damit verspätet – den Widerruf erklärt.
263)
27Die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag aus dem Jahr 2007 ist fehlerfrei.
28a)
29Aus § 355 BGB a.F., in dem die Anforderungen für eine Widerrufsbelehrung normiert sind, ergibt sich, dass eine Widerrufsbelehrung deutlich und in Textform gestaltet sein muss, die Bezeichnung des eingesetzten Kommunikationsmittels zu beinhalten hat, den Namen und die Anschrift des Widerrufsempfängers ausweisen und auf den Fristbeginn hinweisen muss.
30Diese Voraussetzungen erfüllt die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung. Sie belehrt insbesondere ordnungsgemäß über den Beginn der Widerrufsfrist. Hierzu heißt es in der Widerrufsbelehrung:
31FristlaufDer Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und- eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantragszur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs …
32Hierdurch ist der Fristbeginn ausreichend kenntlich gemacht.
33Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Widerrufsbelehrung lasse nicht hinreichend erkennen, dass die Frist erst zu laufen beginne, wenn dem Verbraucher eine Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt worden sei, sondern lege das unrichtige Verständnis nahe, dass die Widerrufsfrist bereits nach Zugang des Darlehensangebots der Beklagten zu laufen beginne, vermag sich die Kammer diesem Argument nicht anzuschließen.
34Die für die Klärung dieser Rechtsfrage maßgebliche Reglung in § 355 BGB a.F. lautet: „Ist der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden.“
35Diesen Anforderungen entspricht die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung. Durch das Voranstellen des Possessivpronomens [„mein“, „meines“] wird deutlich, dass nicht allein das bloße Antragsformular ausreicht, sondern dass es sich um das Antragsformular des Verbrauchers, d.h. um seine im Antragsformular verkörperte Willenserklärung, handeln muss (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 22.11.2013, 2-25 O 192/13).
36Aus dem gleichen Grund ist die Entscheidung BGH XI ZR 148/10 vom 15.2.2011 nicht einschlägig. In den Widerrufsbelehrungen, die der BGH in der genannten Entscheidung für fehlerhaft erkannt hat, fehlten die betreffenden Possessivpronomen.
37Auch das OLG Frankfurt a.M. hat die vom Kläger gerügte Passage für rechtmäßig erkannt, und hierzu ergänzend ausgeführt:
38„Anders als die Kläger meinen, erweckt die Formulierung „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und […] zur Verfügung gestellt wurden“ nicht den Eindruck, dass die Widerrufsfrist auch durch eine verfrühte, d.h. zeitlich vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers erteilte Widerrufsbelehrung in Gang gesetzt wird. Dies mag anders zu beurteilen sein, wenn nach der verwendeten Widerrufsbelehrung der Lauf der Widerrufsfrist davon abhängig ist, dass der Verbraucher (irgend-) „ein Exemplar der Widerrufsbelehrung“ erhalten hat (vgl. Gansel/Gängel/Huth, NJ 2014, 230 [233]). Nach der hier maßgeblichen Belehrung knüpft der Fristbeginn jedoch nicht an die Zurverfügungstellung eines Exemplars der Widerrufsbelehrung an, sondern an die Zurverfügungstellung eines Exemplars dieser Widerrufsbelehrung, d.h. eines Exemplars der am 25.04.2008 von den Klägern unterzeichneten Belehrung. Daher ist es ausgeschlossen, dass ein Verbraucher die verwendete Belehrung dahin versteht, dass auch eine möglicherweise vor dem 25.04.2008 zur Verfügung gestellte Belehrung die Widerrufsfrist in Gang setzt.
39Schließlich ist die Belehrung in Bezug auf den Fristbeginn auch nicht unverständlich oder fehlerhaft, weil es nach der Belehrung für den Beginn der Widerrufsfrist nicht darauf ankommt, ob der Vertrag bereits zustande gekommen ist. Soweit die Kläger meinen, die Widerrufsfrist beginne erst ab Vertragsschluss, was in der von der Beklagten verwendeten Belehrung zum Ausdruck hätte kommen müssen, trifft diese Auffassung nicht zu. Nach § 355 BGB a. F. beginnt die Widerrufsfrist ab Mitteilung der Belehrung und Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers“ (OLG Frankfurt a.M., 23 U 288/13).
40Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an.
41b)
42Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung missverständliche Angaben zu den Rechtsfolgen eines Widerrufs enthalte. Auf die Rechtsfolgen eines Widerrufs hinsichtlich der vom Kunden bereits geleisteten Zahlungen braucht nicht hingewiesen zu werden, weil eine solche Sachverhaltskonstellation nach dem Vertrag nicht vorgesehen ist.
43Das LG Bielefeld hat zu einem vergleichbaren Argument ausgeführt:
44„Eine Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufs war nach § 355 Abs. 1 BGB a.F. nicht erforderlich. Wenn eine Belehrung allerdings trotz fehlender Notwendigkeit Angaben hierzu enthält, dürfen diese nicht unzutreffend sein, weil sonst die Gefahr besteht, dass der Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird. Die streitgegenständliche Belehrung ist jedenfalls nicht grundsätzlich irreführend. Bei einem widerrufenen Realkredit hat der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen nebst marktüblicher Verzinsung zu erstatten, der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber die ausgezahlte Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen (BGHZ 152, 331). Die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Angabe, der Darlehensnehmer habe der Bank die empfangene Leistung zurückzugewähren und gezogene Nutzungen herauszugeben bzw. für sie Wertersatz zu leisten, entspricht dieser Rechtslage nach Auszahlung der Darlehensvaluta bis zum Beginn von Zins- und Tilgungsleistungen. Auch anschließend verbleibt nach Saldierung der wechselseitigen Ansprüche ein Anspruch der Bank auf Erstattung der restlichen Darlehensvaluta zuzüglich Zinsen. Nur in besonderen Konstellationen (zum Beispiel: vorzeitige Rückführung des Darlehens unter Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung) kann sich nach Saldierung ein Erstattungsanspruch des Darlehensnehmers ergeben.
45Ob die insoweit verkürzte Belehrung einer Ingangsetzung der Widerrufsfrist entgegenstünde, kann allerdings dahinstehen. Denn dieser Teil der Belehrung hatte jedenfalls vorliegend keine Relevanz. Die Widerrufsfrist war bereits abgelaufen, bevor Leistungen aufgrund des Darlehensvertrages erbracht wurden.“ (LG Bielefeld, Urteil vom 27.8.2014, 1 O 268/13).
46Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an. Auch im Streitfall war die Widerrufsfrist bereits abgelaufen, als die Zins- und Tilgungsleistungen des Klägers beginnen sollten (Beginn der Widerrufsfrist: 2.3.2007, Beginn der Zins- und Tilgungsleistungen: 30.3.2007). Auf eine Sachverhaltskonstellation, die nach dem Vertrag nicht vorgesehen ist, braucht in der Widerufsbelehrung nicht hingewiesen zu werden.
47c)
48Der Kläger kann kein Recht aus dem Umstand herleiten, dass die Widerrufsbelehrung aus dem Jahr 2007 nicht der Muster-Widerrufsbelehrung entspricht. Dies ist für sich gesehen unschädlich.
49Der Verwender einer Widerrufsbelehrung, welche der Musterwiderrufsbelehrung inhaltlich und in der äußeren Gestaltung nicht vollständig entspricht, kann sich nicht auf die gesetzliche Schutzwirkung der Musterwiderrufsbelehrung berufen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Widerrufsbelehrung allein aufgrund dieser Abweichung unwirksam wäre oder den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang setzen könnte. Vielmehr greift bei einer inhaltlichen oder gestalterischen Abweichung lediglich die Fiktion nicht ein, wonach eine der Musterbelehrung vollständig entsprechende Widerrufsbelehrung als gesetzeskonform angesehen wird, auch wenn sie dies tatsächlich nicht ist. Das Nichteingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion hat zur Folge, dass eine von der Musterbelehrung abweichende Widerrufsbelehrung, die gegen die gesetzlichen Vorgaben für die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist verstößt, die Widerrufsfrist nicht in Gang setzt. Ist die von der Musterbelehrung abweichende Widerrufsbelehrung hingegen in Bezug auf den Fristbeginn gesetzeskonform, bleibt eine Abweichung von der Musterbelehrung insoweit folgenlos. Die Belehrung setzt die Widerrufsfrist in Gang (OLG Frankfurt a.M., 23 U 288/13).
504)
51Der Kläger kann auch keine Ansprüche aus einem Widerruf des Darlehensvertrages aus dem Jahr 2011 geltend machen.
52Die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag aus dem Jahr 2011 (Anlage B 10) entspricht vollumfänglich der Musterwiderrufsbelehrung aus dem Jahr 2011 (Anlage B 10). Vor diesem Hintergrund kann sich die Beklagte jedenfalls auf Vertrauensschutz berufen.
53Soweit sich der Kläger darauf stützt, die Widerrufsbelehrung sei aus dem Grunde fehlerhaft und weiche von der Musterwiderrufsbelehrung aus dem Jahr 2011 ab, weil im Anschluss an den Text der Widerrufsbelehrung auch ein Verweis auf die Geschäftsbedingungen der Beklagten im Vertragsformular aufgeführt ist, führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Der Verweis auf die Geschäftsbedingungen der Beklagten ist kein unzulässiger Bestandteil der Widerrufsbelehrung, sondern eine eigenständige Erklärung. Widerrufsbelehrung und Verweis auf die Geschäftsbedingungen der Beklagten sind horizontal durch einen Querstrich deutlich voneinander getrennt. Der Charakter zweier eigenständiger Erklärungen geht daraus hinreichend hervor. Unter diesen Umständen ist der Verweis auf die Geschäftsbedingungen nicht geeignet, dem Verbraucher die Voraussetzungen und Folgen seines Widerrufsrechts zu verunklaren oder ihn in sonstiger Weise von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten.
54Eine gesonderte Unterschrift des Verbrauchers – hier des Klägers – unter die Widerrufsbelehrung ist nicht erforderlich (Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 360 Rdn. 6).
555)
56Offen bleiben kann, ob ein Widerrufsrecht des Klägers auch aus dem Grunde ausscheidet, weil sich die Ausübung möglicherweise als eine unzulässige Rechtsausübung als Unterfall der Verwirkung darstellt (vgl. LG Bonn, Urteil vom 18.6.2014, 2 O 268/13; LG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.11.2014, 2-21 O 139/14, LG Frankfurt a.M., Urteil vom 5.12.2014, 2-21 O 179/14; LG Frankfurt a.M., Urteil vom 22.11.2013, 2-25 O 192/13).
576)
58Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.
(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.
(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.
(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.
(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.
(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 24.578,09 EUR festgesetzt.
1
Tatbestand
2Die Kläger nehmen die Beklagten auf Rückabwicklung eines Darlehensvertrages in Anspruch.
3Die Parteien schlossen am 9.2.2006 in einer Geschäftsstelle der Beklagten einen Darlehensvertrag über 143.000,00 EUR. Das Darlehen diente den Klägern zum Erwerb der Immobilie xxx. Dem Darlehensvertrag war auf einem gesonderten Blatt folgende Belehrung beigefügt:
4Widerrufsbelehrung
5Widerrufsrecht
6Ich bin an meine Willenserklärung (Antrag auf Abschluss des Darlehensvertrages mit der D.Bank bzw. ihren Kooperationspartnern) nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.
7Form des Widerrufs
8Der Widerruf muss in Textform (z.B. schriftlich, mittels Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen.
9Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.
10Fristlauf
11Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir
12- 13
ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
- 14
eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages
zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
16Adressat des Widerrufs
17Der Widerruf ist zu senden an die
18D.Bank xxx
19oder
20Fax-Nr.: y oder E-Mail: [email protected]
21Die D.Bank ist auch Adressat der Widerrufserklärung, soweit es um den Widerruf der an die Kooperationspartner gerichteten Willenserklärungen geht.
22Widerruf bei bereits erhaltener Leistung
23Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank oder ihren Kooperationspartnern erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich die empfangene Leistung jedoch an die Bank bzw. den jeweiligen Kooperationspartner zurückgewähren und der Bank bzw. dem jeweiligen Kooperationspartner die von mir aus der Leistung gezogenen Nutzungen herausgeben.
24Kann ich die von der Bank bzw. dem Kooperationspartner mir gegenüber erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erhaltenen Leistung ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der Bank bzw. dem Kooperationspartner erbrachte Leistung bestimmungsgemäß genutzt habe. Diese Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die erbrachte Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme.
25Ort/Datum Unterschrift(en) des/der Darlehensnehmer(s)
26Zur Verfügungstellung der Widerrufsbelehrung
27Ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ist mir zur Verfügung gestellt worden.
28Ort/Datum Unterschrift(en) des/der Darlehensnehmer(s)
29Zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs der Beklagten bestellten die Kläger eine Grundschuld an der finanzierten Immobilie. Dazu unterzeichneten sie am 9.2.2006 eine „Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzende Vereinbarungen“. Diesem Formular war ebenfalls auf einem gesonderten Blatt eine Belehrung beigefügt, die folgenden Inhalt hatte:
30Widerrufsbelehrung
31Widerrufsrecht
32Ich bin an meine Willenserklärung („Baufinanzierung / Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzenden Vereinbarungen“) vom 9.2.2006 nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.
33Form des Widerrufs
34Der Widerruf muss in Textform (z.B. schriftlich, mittels Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen.
35Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.
36Fristlauf
37Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir
38- 39
ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
- 40
eine Vertragsurkunde, ein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages
zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
42Adressat des Widerrufs
43Der Widerruf ist zu senden an die
44D.Bank xxx
45oder
46Fax-Nr.: yyy oder E-Mail: [email protected]
47Ort/Datum Unterschrift des Antragstellers/ Mitantragstellers/
48Sicherungsgebers
49Zur Verfügungstellung der Widerrufsbelehrung
50Ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ist mir zur Verfügung gestellt worden.
51Ort/Datum Unterschrift des Antragstellers/ Mitantragstellers/
52Sicherungsgebers
53Die Belehrungen wurden von den Klägern an den dafür vorgesehenen Stellen unterzeichnet.
54Das Darlehen wurde den Klägern Ende März 2006 abzüglich eines Bearbeitungsentgeltes i.H.v. 1.430,00 EUR und einer Wertermittlungsgebühr i.H.v. 400,00 EUR, d.h. i.H.v. 141.170,00 EUR ausgezahlt. Die Kläger erbrachten ab April 2006 bis Ende August 2012 die vertraglich geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen (monatlich 782,71 EUR bei einem für 10 Jahre fest vereinbarten Zinssatz: 4,35 % p.a.) i.H.v. 60.268,67 EUR. Da die Kläger den Vertrag wegen Arbeitslosigkeit des Klägers danach nicht mehr bedienen konnten, wurde die Immobilie am 28.2.2013 wieder veräußert. Die Beklagte erklärte sich mit einer vorzeitigen Zurückführung des Darlehens gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 11.192,62 EUR und eines Bearbeitungsentgelt i.H.v. 300,00 EUR einverstanden. Sie erhielt Ende April 2013 aus dem Hausverkauf insgesamt 138.800,00 EUR, von denen sie den Klägern im Mai 2013 überzahlte 3.771,06 EUR zurückerstattete.
55Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.6.2013 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung vom 9.2.2006 und forderten die Beklagte auf, bis zum 5.7.2013 einen Betrag von 15.079,54 EUR zu erstatten. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 15.7.2013 zurück und erstattete den Klägern lediglich das Bearbeitungsentgelt i.H.v. 300,00 EUR.
56Die Kläger sind der Auffassung, sie seien noch zum Widerruf ihrer Erklärung vom 9.2.2006 berechtigt gewesen, da die dem Darlehensvertrag beigefügte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen habe. Sie behaupten, der übliche Zinssatz für ein Baufinanzierungsdarlehen mit achtjähriger Laufzeit habe damals 3,36 % betragen.
57Die Kläger berechnen ihre Klageforderung wie folgt:
58Leistungen an die Beklagte 195.297,61 EUR
59ausgezahltes Darlehen ./. 141.170,00 EUR Rückkaufswertzahlung ./. 2711,53 EUR
60Erstattungsanspruch „übliche Zinsen“ ./. 29.549,52 EUR
61Überzahlung 24.578,09 EUR
62Die Kläger beantragen,
631)
64die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 24.578,09 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 6.7.2013 zu zahlen,
652)
66die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Kosten i.H.v. 1.493,21 EUR zu zahlen.
67Die Beklagte beantragt,
68die Klage abzuweisen.
69Sie vertritt die Ansicht, der Widerruf sei unwirksam. Die Kläger seien ordnungsgemäß belehrt worden. Der Widerruf sei nach beiderseitiger Erfüllung der Vertragspflichten ins Leere gegangen, zumindest aber verwirkt. Die Beklagte behauptet, der Vertragszins habe den durchschnittlichen Marktzins nur um 0,3 % überstiegen.
70Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
71Entscheidungsgründe
72Die zulässige Klage ist nicht begründet.
73I.
74Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Rückzahlungsanspruch aus §§ 357 Abs. 1 S. 1, 346 BGB. Denn sie haben den Darlehensvertrag vom 9.2.2006 nicht wirksam widerrufen. Sie haben das ihnen als Verbraucher nach §§ 491 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB zustehende Widerrufsrecht nicht fristgerecht ausgeübt.
75Nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB in der im Jahr 2006 gültigen Fassung (im Folgenden: BGB a.F.) ist der Widerruf in Textform innerhalb von 2 Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung. Die Frist beginnt gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 enthält. Ist der Vertrag – wie vorliegend bei einem Verbraucherdarlehensvertrag, § 492 Abs. 1 BGB a.F. – schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftlicher Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist, § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F..
76Diese Frist begann vorliegend am 10.2.2006 und lief 2 Wochen später mit dem 23.2.2006 ab. Die Widerrufserklärung datiert dagegen erst vom 21.6.2013.
771)
78Die dem Darlehensvertrag beigefügte Widerrufsbelehrung war hinreichend deutlich gestaltet. Sie befand sich auf einem gesonderten Blatt, war mit „Widerrufsbelehrung“ überschrieben, in ausreichend großer Schrift gedruckt und durch Absätze sowie Zwischenüberschriften textlich untergliedert.
792)
80Die Belehrung war auch inhaltlich ordnungsgemäß.
81Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH NJW 2009, 3020; BGHZ 180, 123).
82a)
83Allerdings kann sich die Beklagte nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen, da das von ihr verwandte Formular der gesetzlichen Musterbelehrung nicht vollständig entspricht (BGH WM 2014, 887).
84b)
85Die Belehrung ist aber inhaltlich entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu beanstanden.
86aa)
87Der Beginn der Widerrufsfrist wurde zutreffend dargestellt. Die Formulierung „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden.“ entspricht der gesetzlichen Regelung, wonach die Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt und ihm eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist. Durch die Verwendung des Possessivpronomens „mein“ bzw. „meines“ ist – anders als in dem in BGHZ 180, 123 entschiedenen Fall – klargestellt worden, dass der Lauf der Widerrufsfrist von der Zurverfügungstellung der die Vertragserklärung des Verbrauchers enthaltenden Urkunde abhängt und nicht bereits durch den Zugang des Vertragsantrages des Unternehmers ausgelöst wird.
88bb)
89Es bestand keine Veranlassung darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist keinesfalls vor Vertragsschluss beginne. Hierbei handelt es sich um den frühesten Fristbeginn bei einem im Fernabsatz zustande gekommenen Darlehensvertrag, §§ 312 b Abs. 1, 312 d Abs. 2 und 5 BGB a.F.. Vorliegend wurde der Darlehensvertrag jedoch in einer Geschäftsstelle der Beklagten geschlossen.
90cc)
91Die Kläger können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung missverständliche Angaben zu den Rechtsfolgen eines Widerrufs enthalte.
92Eine Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufs war nach § 355 Abs. 1 BGB a.F. nicht erforderlich.
93Wenn eine Belehrung allerdings trotz fehlender Notwendigkeit Angaben hierzu enthält, dürfen diese nicht unzutreffend sein, weil sonst die Gefahr besteht, dass der Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird.
94Die streitgegenständliche Belehrung ist jedenfalls nicht grundsätzlich irreführend. Bei einem widerrufenen Realkredit hat der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen nebst marktüblicher Verzinsung zu erstatten, der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber die ausgezahlte Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen (BGHZ 152, 331). Die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Angabe, der Darlehensnehmer habe der Bank die empfangene Leistung zurückzugewähren und gezogene Nutzungen herauszugeben bzw. für sie Wertersatz zu leisten, entspricht dieser Rechtslage nach Auszahlung der Darlehensvaluta bis zum Beginn von Zins- und Tilgungsleistungen. Auch anschließend verbleibt nach Saldierung der wechselseitigen Ansprüche ein Anspruch der Bank auf Erstattung der restlichen Darlehensvaluta zuzüglich Zinsen. Nur in besonderen Konstellationen (zum Beispiel: vorzeitige Rückführung des Darlehens unter Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung) kann sich nach Saldierung ein Erstattungsanspruch des Darlehensnehmers ergeben.
95Ob die insoweit verkürzte Belehrung einer Ingangsetzung der Widerrufsfrist entgegenstünde, kann allerdings dahinstehen. Denn dieser Teil der Belehrung hatte jedenfalls vorliegend keine Relevanz. Die Widerrufsfrist war bereits abgelaufen, bevor Leistungen aufgrund des Darlehensvertrages erbracht wurden. Der Fristablauf erfolgte mit dem 23.2.2006. Die Darlehensvaluta wurde dagegen erst Ende März 2006 ausgezahlt, die Zins- und Tilgungsleistungen der Kläger begannen im April 2006.
96dd)
97Die Quittierung der Zurverfügungstellung der Widerrufsbelehrung war nicht verwirrend. Diese Erklärung diente erkennbar der beweissichernden Bestätigung gegenüber der Beklagten, dass die Kläger selbst ebenfalls ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erhalten hatten, was auch tatsächlich der Fall war. Die Quittierung gab bei verständiger Würdigung keinen Anlass zu der Annahme, neben diesem eigenen Exemplar der Widerrufsbelehrung müsse noch eine weitere Unterlage vorhanden sein.
98ee)
99Schließlich stand der Ingangsetzung der Widerrufsfrist auch nicht entgegen, dass die der „Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzende Vereinbarungen“ beigefügte Belehrung leicht abweichend und möglicherweise missverständlich („ein schriftlicher Vertragsantrag“ statt „mein schriftlicher Vertragsantrag“) formuliert war. Denn diese Belehrung bezieht sich ausdrücklich nur auf die Sicherheitenbestellung, nicht auf den Darlehensvertrag.
100II.
101Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1,709 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.
3Am 15.12.2005 schlossen die Kläger zwei Darlehensverträge (Kontonr.: ### #########, sowie Kontonr.: ############) mit der Beklagten zur Finanzierung zweier Wohnungen in der Q-Str., ##### C ab.
4Die Darlehensvertragsformulare waren jeweils mit dem Begriff "Baufinanzierung" überschrieben. Als Darlehensbeträge waren jeweils 101.500,00 Euro bei einem Zinssatz von 4,74 % mit einer Zinsfestschreibung von 10 Jahren angegeben. Dem Formular war auf Seite 4 folgende Widerrufsbelehrung beigefügt:
5"Widerrufsbelehrung
6Widerrufsrecht
7Ich bin an meine Willenserklärung (Antrag auf Abschluss des Darlehensvertrages mit der D AG bzw. ihren Kooperationspartnern) nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.
8Form des Widerrufs
9Der Widerruf muss in Textform (z.B. schriftlich, mittels Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.
10Fristlauf
11Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir
12 ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
13 eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages
14zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
15Adressat des Widerrufs
16Der Widerruf ist zu senden an die
17D AG U, L Str. ##, ##### U
18oder Fax-Nr.: #####/###### oder E-Mail: [email protected] (....)
19Widerruf bei bereits erhaltener Leistung
20Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank oder ihren Kooperationspartnern erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich die empfangene Leistung jedoch an die Bank bzw. den jeweiligen Kooperationspartner zurückgewähren und der Bank bzw. dem jeweiligen Kooperationspartner die von mir aus der Leistung gezogenen Nutzungen herausgeben.
21Kann ich die von der Bank bzw. dem Kooperationspartner mir gegenüber erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erhaltenen Leistung ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der Bank bzw. dem Kooperationspartner erbrachte Leistung bestimmungsgemäß genutzt habe. Diese Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die erbrachte Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme."
22Die Beklagte nahm das Angebot auf Abschluss der Darlehensverträge an. Die Darlehensvaluta wurde jeweils ausgezahlt.
23Als Sicherheit für die Darlehen bestellten die Kläger jeweils wie im Vertrag vorgesehen eine Grundschuld auf die erworbenen Immobilien. Diese Immobilien wurden in der Folgezeit veräußert. Die Kläger begehrten sodann die vorzeitige Rückführung der Darlehen und kündigten die Verträge. Für eine vorzeitige Ablösung setzte die Beklagte mit Schreiben vom 20.03.2012 (Bl. ##) und 19.09.2012 (Bl. ##) jeweils eine Vorfälligkeitsentschädigung für das Darlehen mit der Kontonr.: ######### i.H.v. 10.468,43 Euro und für das Darlehen mit der Kontonr.: ######### i.H.v. 12.315,23 Euro sowie jeweils ein Bearbeitungsentgelt für vorzeitige Rückzahlung i.H.v. 300,00 Euro an. Die Kläger entrichteten die Beträge und führten die Darlehensvaluta zurück.
24Die Kläger erklärten mit Schreiben vom 26.03.2013 unter Fristsetzung bis zum 10.04.2013 den Widerruf der Darlehensverträge und forderten die Vorfälligkeitsentschädigungen zurück.
25Die Kläger behaupten, dass die Darlehensverträge in ihrer Wohnung unterzeichnet worden seien. Die Darlehensverträge seien unter Mitwirkung eines Finanzberaters zustande gekommen, der in ständiger Verbindung zum Hause der Beklagten gestanden habe. Dies deute auf ein verbundenes Geschäft hin. Folge sei, dass sie nicht hätten nachvollziehen können, wann die Unterlagen bei der Beklagten eingereicht worden seien. Die Kläger bestreiten die Richtigkeit der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung. Aufgrund des fehlenden Abschlussberichtes könne nicht überprüft werden, ob die Vorfälligkeitsentschädigung ordnungsgemäß ermittelt worden sei.
26Die Kläger meinen, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, so dass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei.
27Die Kläger beantragen,
28die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 22.783,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.04.2013 zu zahlen.
29Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Die Beklagte bestreitet, einen Vermittler beauftragt zu haben.
32Die Beklagte ist der Ansicht, dass den Klägern kein Widerrufsrecht mehr zustehe. Die Widerrufsbelehrung entspreche den gesetzlichen Anforderungen. Und selbst, wenn den Klägern ein Widerrufsrecht zugestanden habe, sei dieses nunmehr verwirkt.
33Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 14.05.2014 Bezug genommen.
34Entscheidungsgründe:
35Die zulässige Klage ist unbegründet.
36Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung aus §§ 357, 346 Abs. 1 BGB oder § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB.
371. Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung aus § 357, 346 Abs. 1 BGB
38Die Kläger haben den Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen. Die Kündigung kann vorliegend zwar in eine Widerrufsbelehrung ausgelegt werden, da die Kläger sich erkennbar vom Vertrag lösen möchten. Allerdings ist der Widerruf nicht fristgemäß erfolgt i.S.d. § 355 BGB a.F.
39Das Widerrufsrecht richtet sich nach den im Zeitpunkt der Widerrufsbelehrung geltenden Vorschriften. Die Widerrufsbelehrung erfolgte am 15.12.2005. Das Widerrufsrecht der Kläger richtete sich nach §§ 495, 355 BGB a.F.Gem. § 355 Abs. 1 BGB a.F. beträgt die Widerrufsfrist für einen Verbraucher zwei Wochen. Dies ist auch in der Widerrufsbelehrung der Beklagten so vorgesehen.
40Die Frist beginnt dabei mit dem Zeitpunkt, in dem der Verbraucher eine deutlich gestaltete und wirksame Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist und ihm auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Antrags zur Verfügung gestellt worden ist. Die Kläger haben sowohl die Widerrufsbelehrung als auch ihren Antrag am 15.12.2005 zur Verfügung gestellt bekommen.
41Die Widerrufsbelehrung hält den damals geltenden Vorschriften stand. Die Widerrufsfrist wurde am 15.12.2005 in Gang gesetzt.
42§ 355 BGB a.F., in welchem die Anforderungen für eine Widerrufsbelehrung normiert sind, lautete in der damals geltenden Fassung (Fassung vom 02.12.2004; gültig vom 08.12.2004 bis 11.06.2010):
43„Abs. 1: Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.Abs. 2: Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 enthält. Wird die Belehrung nach Vertragsschluss mitgeteilt, beträgt die Frist abweichend von Absatz 1 Satz 2 einen Monat. Ist der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden. Ist der Fristbeginn streitig, so trifft die Beweislast den Unternehmer.
44Abs. 3: (...)“
45Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Der Widerrufsbelehrung muss eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist. Nur, wenn der Verbraucher eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt, wenn sich also die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht, kann er die die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (vgl. BGH Urteil vom 10.03.2009- XI ZR 33/08). Aus diesen Gründen ist gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB auch auf den Fristbeginn hinzuweisen.
46Die Kläger berufen sich darauf, dass die Widerrufsbelehrung nicht eindeutig sei. Dieser Einwand ist nicht zutreffend. Entgegen der Ansicht der Kläger verstößt die Widerrufsbelehrung nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08 bezieht sich auf eine in wesentlichen Punkten abweichende Widerrufsbelehrung und kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden.
47Der Entscheidung vom 10.03.2009 lag eine bei Vertragsschluss erteilte Belehrung über den Widerruf zu Grunde, die wie folgt lautete:
48“Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde.“
49Der Bundesgerichtshof führte aus, dass aus Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden der Eindruck entstünde, die Voraussetzungen für den Fristbeginn seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags des Belehrenden erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits einen Tag nach Zugang des Angebots des Belehrenden zu laufen.
50Bei der vorliegenden Widerrufsbelehrung heißt es abweichend „mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift meines Vertragsantrags“ und nicht „der schriftliche Vertragsantrag bzw. eine Abschrift des Vertragsantrags“. Hierdurch wird deutlich, dass das bloße Antragsformular nicht ausreicht. Es muss vielmehr eine verkörperte Willenserklärung des Verbrauchers vorliegen, also ein ausgefülltes Antragsformular des Antragstellers. Die vorliegende Widerrufsbelehrung weicht also insofern ab, dass die Widerrufsfrist gerade nicht ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers zu beginnen scheint. Sie stellt vielmehr auf die Erklärung des Verbrauchers ab (vgl. LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 22.11.2013 - Az.: 2- 25 O 192/13).
51Des Weiteren ist ebenfalls von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs abweichend das Angebot der Beklagten nicht mit „Darlehensvertrag“ überschrieben, sondern mit „Baufinanzierung“, so dass für die Kläger auch nicht hieraus zu schließen war, dass es sich bei dem Antrag unabhängig von ihrer Annahmeerklärung um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde handeln könnte. Dass das Wort Darlehensvertrag im Text fett gedruckt war, ändert hieran nichts.
52Auch aufgrund der Einschaltung eines Finanzberaters - dessen Mitwirkung von der Beklagten bestritten wird – kann sich keine abweichende Beurteilung ergeben. Die Kläger haben zeitgleich mit der Widerberufsbelehrung eine Ausfertigung ihres Vertragsantrages für ihre Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen (Bl. # des Klageschriftsatzes). Selbst, wenn der Vortrag der Kläger als wahr unterstellt wird, bedeutet dies folglich keine Unsicherheiten für die Kläger hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist. Einen Tag nachdem die Kläger ein Exemplar ihrer Widerrufserklärung erhalten haben und ihren Vertragsantrag unterschrieben haben - somit ihre Willenserklärung verkörpert haben, begann die Widerrufsfrist. Dass den Klägern eine abschließende Vertragsurkunde nicht übermittelt wurde, ist dabei nicht wesentlich, weil die Voraussetzungen für den Fristbeginn bereits erfüllt waren.
53Unabhängig davon, ob ein Widerrufsrecht der Kläger besteht, bleibt es ihnen auch verwehrt, sich auf den Widerruf zu berufen. Der Einwand der Beklagten hinsichtlich der Verwirkung greift vorliegend.
54Die Ausübung des Widerrufsrechts stellt eine unzulässige Rechtsausübung in Form der Verwirkung nach § 242 BGB dar.
55Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, und der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einstellen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde (Grüneberg in: Palandt, BGB-Kommentar, 73. Auflage, § 242 Rn. 87).
56Das Zeitmoment ist erfüllt, da die Kläger am 15.12.2005 über ihr bestehendes Widerrufsrecht belehrt wurden und erst am 26.03.2013 den Widerruf erklärten (bzw. das Darlehen kündigten). Seit der Widerrufsbelehrung waren also über 7 Jahre vergangen.
57Das Umstandsmoment ist ebenfalls erfüllt, weil die Kläger erst ca. 6 Monate nachdem sie beide Darlehen zurückbezahlt haben, den Widerruf erklärt haben. Die Beklagte musste nicht damit rechnen, dass die zwischen den Parteien mit dem Darlehensvertrag bestehende Geschäftsbeziehung im Nachhinein noch einmal in Frage gestellt wird. Ihr diesbezügliches Vertrauen war auch schutzwürdig (vgl. LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 22.11.2013 - Az.: 2- 25 O 192/13).
582. Anspruch aus § 812 Abs. 1 S.1 1. Alt. BGB
59Dieser Anspruch scheitert ebenfalls, da es sich nicht um eine Leistung ohne Rechtsgrund handelt. Gem. § 490 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. konnte die Beklagte den durch die vorzeitige Rückzahlung entstehenden Schaden ersetzt verlangen. Da die Kläger den Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen haben, bleibt der Anspruch der Beklagten auf Vorfälligkeitsentschädigung bestehen.
60Soweit die Kläger die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bestreiten, dringen sie mit diesem Einwand ebenfalls nicht durch, da die Kläger die Zahlungen ohne Nachfragen oder Vorbehalt beglichen. Nunmehr tragen sie die Beweislast dafür, dass die Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung falsch berechnet hat. Bzgl. einer falschen Berechnung bringen die Kläger aber nichts vor.
61Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
62Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.
63Der Streitwert wird auf 22.783,00 EUR festgesetzt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.