Landgericht Dortmund Urteil, 17. März 2016 - 4 O 210/11

ECLI:ECLI:DE:LGDO:2016:0317.4O210.11.00
bei uns veröffentlicht am17.03.2016

Tenor

Die Beklagten werden verurteilt, an die Kläger als Gesamtschuldner 2.500,00 € (in Worten: zweitausendfünfhundert Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen, der Beklagte zu 1) seit dem 07.03.2009 und die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner seit dem 01.06.2009 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 234,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 09.09.2011.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 97 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 3 %.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des

jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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Landgericht Dortmund Urteil, 17. März 2016 - 4 O 210/11 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 253 Immaterieller Schaden


(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbs

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Jan. 2007 - VI ZR 59/06

bei uns veröffentlicht am 09.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 59/06 Verkündet am: 9. Januar 2007 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2015 - VI ZR 548/12

bei uns veröffentlicht am 27.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 548/12 Verkündet am: 27. Januar 2015 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 59/06 Verkündet am:
9. Januar 2007
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Diagnosefehler (hier: eines Pathologen) wird nicht bereits deshalb zum Befunderhebungsfehler
, weil der Arzt es unterlassen hat, die Beurteilung des von
ihm erhobenen Befundes durch Einholung einer zweiten Meinung zu überprüfen.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2007 - VI ZR 59/06 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Januar 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Februar 2006 wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 5/6 und der Kläger zu 2 1/6.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Kläger nehmen den Beklagten, einen niedergelassenen Pathologen, wegen fehlerhafter Befundung einer Hautveränderung eines inzwischen verstorbenen Patienten, der Ehemann der Klägerin zu 1 und Vater des Klägers zu 2 war, auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Patient stellte im Juni 1996 nach einem Duschbad im Bereich des rechten Schulterblattes eine Hautläsion von ca. 5 mal 5 mm Durchmesser fest, die nach dem Abtrocknen der Haut mit einem Frottiertuch blutete. Der von ihm zu Rate gezogene Arzt Dr. J. exzidierte die Hautveränderung und übersandte das Exzidat mit der Bemerkung "blutender Naevus, Malignitätsverdacht" zur histopathologischen Untersuchung an den Beklagten. Dieser beurteilte die von ihm untersuchte Gewebeprobe als gutartigen (Spitz-)Tumor und führte weiter aus, es gebe keinen Anhalt für ein invasives malignes Melanom sowie für eine andere Krebserkrankung der Haut oder Hautanhangsgebilde im betroffenen Bereich. In dem Befundbericht des Beklagten an Dr. J. heißt es ferner, eine von ihm festgestellte epidermale Nekrose mit Fibrininsudation sei seiner Meinung nach eine Folge einer lokalen Traumatisierung (etwa eines Ätzungsversuchs des Patienten). In der Folge kam es zu Telefonaten zwischen Dr. J. und dem Beklagten, deren Inhalt streitig ist, in denen jedoch der Beklagte an seinem Untersuchungsergebnis festhielt. Im Sommer 1997 wurden bei dem Patienten zahlreiche Metastasen eines malignen Melanoms im Stadium IV festgestellt. Trotz einer sofort eingeleiteten intensiven Therapie kam es zu einer Tumorprogression. Der Patient verstarb im Sommer 1998.
3
Das Landgericht hat den Beklagten zunächst durch Versäumnisurteil entsprechend den Klageanträgen verurteilt, an beide Kläger ein Schmerzensgeld von 200.000 DM nebst Zinsen zu zahlen und festgestellt, dass der Beklagte zur Erstattung materieller Schäden verpflichtet sei. Auf den Einspruch des Beklagten hat das Landgericht sein Versäumnisurteil insoweit bestätigt, als der Beklagte verurteilt worden war, an die Klägerin zu 1 ein Schmerzensgeld in Höhe von 102.258,38 € (= 200.000 DM) nebst Zinsen zu zahlen, und als festgestellt worden war, dass der Beklagte beiden Klägern gegenüber zum Ersatz ihres materiellen Schadens verpflichtet sei. Im Übrigen hat es unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht unter vollständiger Aufhebung des Versäumnisurteils die Klagen in vollem Umfang abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge auf Zu- rückweisung der Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hat aufgrund der Beweisaufnahme keine Überzeugung gewonnen, dass der Tod des Patienten verhindert worden wäre, wenn der Beklagte die Bösartigkeit des Tumors erkannt hätte. Dies gehe zu Lasten der Kläger. Eine Beweislastumkehr komme weder unter dem Gesichtspunkt eines groben Behandlungsfehlers in Betracht noch unter dem Gesichtspunkt einer unterlassenen Befunderhebung. Angesichts der vom Sachverständigen Prof. Dr. G. geschilderten Schwierigkeiten der histopathologischen Befundung sei die Fehldiagnose des Beklagten nicht als grober Fehler zu qualifizieren. Ein grober Behandlungsfehler sei auch nicht darin zu sehen, dass der Beklagte die Spontanblutung auf eine Manipulation des Patienten an der entsprechenden Hautstelle zurückgeführt habe. Entsprechendes gelte für die Nichteinholung einer Referenzbegutachtung der Gewebeprobe. Dieses Unterlassen habe der Sachverständige zwar bei seiner Anhörung durch das Berufungsgericht als letztlich pflichtwidrig bewertet. Gleichwohl erfülle dies nicht die Kriterien, die an einen groben Fehler mit der Folge einer Beweislastumkehr zu stellen seien. Insgesamt könne hier weder von bewährten im Sinne von allseits beachteten Behandlungsregeln gesprochen werden noch von einem eindeutigen Verstoß des Beklagten hiergegen.
5
Eine Umkehr der Beweislast lasse sich schließlich auch nicht aus den Grundsätzen der Rechtsprechung zur Unterlassung einer gebotenen Befunder- hebung herleiten. Insoweit müsse zwischen dem Unterlassen der Befunderhebung an sich und dem Unterlassen einer einzelnen Befunderhebungsmaßnahme im Rahmen der Befunderhebung unterschieden werden, wobei nur erstere zur Beweislastumkehr führen könne. Andernfalls würde sich die Beweislast in nicht mehr angemessener Weise auf die Behandlungsseite verschieben. Vorliegend sei mit der Nichteinholung einer zweiten Meinung nur eine Einzelmaßnahme unterblieben, so dass eine Umkehr der Beweislast nicht gerechtfertigt sei.

II.

6
Das Berufungsurteil hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
7
Das Berufungsgericht hat die Kläger ohne Rechtsfehler als beweisfällig dafür erachtet, dass der Tod des Patienten bei zutreffender Beurteilung der Gewebeprobe durch den Beklagten als bösartig vermieden worden wäre oder die Krankheit zumindest einen günstigeren Verlauf genommen hätte. Entgegen der Auffassung der Revision kommt im Streitfall weder eine Beweislastumkehr aus dem Gesichtspunkt eines groben Behandlungsfehlers noch aus dem Gesichtspunkt mangelnder Erhebung von Diagnose- und Kontrollbefunden in Betracht.
8
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Bewertung des Tumors als gutartig durch den Beklagten stelle keinen groben Behandlungsfehler dar.
9
a) Ein grober Behandlungsfehler ist nicht bereits bei zweifelsfreier Feststellung einer Verletzung des maßgeblichen ärztlichen Standards gegeben; er setzt vielmehr neben einem eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse die Feststellung voraus, dass der Arzt einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 159, 48, 53; vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026 und vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, jeweils m.w.N.).
10
Das Berufungsgericht hat den Fehler des Beklagten zutreffend als Diagnosefehler qualifiziert. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats darf ein Diagnoseirrtum nur dann als "grob" bezeichnet werden, wenn es sich um einen fundamentalen Diagnoseirrtum handelt (vgl. etwa Senatsurteile vom 10. November 1987 - VI ZR 39/87 - VersR 1988, 293; vom 14. Juli 1981 - VI ZR 35/79 - VersR 1981, 1033 und vom 14. Juli 1992 - VI ZR 214/91 - VersR 1992, 1263). Eine fundamentale Fehldiagnose hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der Ausführungen des medizinischen Sachverständigen rechtsfehlerfrei verneint.
11
Die Einstufung eines ärztlichen Fehlverhaltens als grob richtet sich nach den gesamten Umständen des Einzelfalls, deren Würdigung weitgehend im tatrichterlichen Bereich liegt. Dem Revisionsgericht obliegt jedoch sowohl die Nachprüfung, ob das Berufungsgericht den Begriff des groben Behandlungsfehlers verkannt als auch ob es bei der Gewichtung dieses Fehlers erheblichen Prozessstoff außer Betracht gelassen oder verfahrensfehlerhaft gewürdigt hat (vgl. etwa Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - aaO und vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030 m.w.N.). Dies ist hier - entgegen der Auffassung der Revision - nicht der Fall.
12
b) Der Sachverständige hat die Diagnose als außerordentlich schwierig bezeichnet, ja sogar als das Schwierigste, was es in dem Fachbereich gebe, zumal hier Umstände vorgelegen hätten, die die Beurteilung zusätzlich besonders erschwerten. Bei der Gesamtbewertung müsse der Pathologe anhand seiner bisherigen Erfahrung letztlich eine subjektive Einordnung vornehmen. Selbst unter Experten lägen deshalb nach einer Studie die abweichenden Auffassungen bei über einem Drittel (nur 62 % übereinstimmende Auffassungen). Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige schriftlich und mündlich - auch bei seiner Anhörung durch das Berufungsgericht - mehrfach ausdrücklich geäußert , es könne nicht von einem schwerwiegenden Diagnosefehler gesprochen werden. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei einen groben Behandlungsfehler verneint. Es ist dem Tatrichter nicht gestattet, ohne entsprechende Darlegung oder gar entgegen den medizinischen Ausführungen des Sachverständigen einen groben Behandlungsfehler aus eigener Wertung zu bejahen (vgl. etwa Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - aaO, m.w.N.).
13
c) Soweit die Revision ihrerseits aus Einzelaussagen des Sachverständigen - entgegen dessen Gesamtbeurteilung - eine abweichende Bewertung des Behandlungsfehlers als grob herleiten will, begibt sie sich auf das ihr verschlossene Gebiet tatrichterlicher Würdigung, ohne Verfahrensfehler aufzuzeigen.
14
Die Revision meint insbesondere, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Beklagte den Tumor nicht lediglich als gutartig befundet, sondern zusätzlich ausgeführt habe, es bestehe kein Anhalt für ein invasives malignes Melanom, während der Sachverständige entsprechende Anhaltspunkte bejaht und sogar als eindeutig bezeichnet habe. Dann aber müsse der Ausschluss von Anhaltspunkten für ein malignes Melanom als grob fehlerhaft bewertet werden.
15
Abgesehen davon, dass sich die Revision hiermit in unzulässiger Weise in Widerspruch setzt zu der auf der Gesamtbewertung des Sachverständigen beruhenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, vernachlässigt sie bei ihrer Bewertung, dass der Sachverständige hinsichtlich des Vorliegens von Anhaltspunkten für eine Bösartigkeit in Anknüpfung an seine Ausführungen, die Bewertung unterliege stark der subjektiven Einschätzung und den Erfahrungen des Pathologen, ersichtlich von seiner eigenen, subjektiven Beurteilung der Gewebeprobe ausgegangen ist. Ausschlaggebend ist, dass er die abweichende Diagnose des Beklagten gerade nicht als einen Fehler bezeichnet hat, der aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich erscheine. Da sich der Beklagte seiner Diagnose, es liege ein gutartiger (Spitz-)Tumor vor, sicher war, kann aus seiner zusätzlichen Aussage, es bestehe kein Anhalt für ein invasives malignes Melanom sowie für eine andersartige Krebserkrankung der Haut oder der Hautanhangsgebilde im betroffenen Bereich, kein selbständiger fundamentaler Diagnosefehler hergeleitet werden.
16
Soweit die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe die Beurteilung der Spontanblutung der Hautveränderung durch den Beklagten unzureichend gewürdigt, hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen ohne Rechtsfehler auch hierin keinen groben Fehler des Beklagten gesehen.
17
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat er diesen Umstand keineswegs ignoriert, sondern ihn vielmehr zum Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen mit dem behandelnden Arzt genommen. Der blutende Naevus war gerade der Grund für den Malignitätsverdacht des Dr. J. und die Übersendung der Gewebeprobe zur histopathologischen Untersuchung an den Beklagten. Der Beklagte hat diesen Verdacht nach dem Ergebnis seiner histopathologischen Untersuchung aber nicht bestätigt gesehen und deshalb Vermu- tungen angestellt, dass die Blutung, die nach den Angaben des Sachverständigen auch bei gutartigen Tumoren vorkommen kann, auf andere Ursachen, etwa Manipulationen des Patienten an der Hautstelle, zurückzuführen sei. Auch diese Vermutung war unmittelbare Folge des Umstandes, dass sich der Beklagte - wenn auch zu Unrecht - seiner Diagnose sicher war, was nach der rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts - wie bereits ausgeführt - jedoch keinen groben Behandlungsfehler darstellt.
18
2. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe das Unterlassen der Einholung einer zweiten Meinung rechtsfehlerhaft nicht als groben Behandlungsfehler angesehen, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
19
Der Sachverständige hatte sowohl in seinem schriftlichen Gutachten als auch bei seiner Anhörung vor dem Landgericht die Einholung eines Referenzgutachtens in solchen Fällen zunächst nicht als medizinischen Standard bezeichnet. Erst bei seiner Anhörung vor dem Berufungsgericht hat er sich auf dessen nachdrückliches Befragen dahin geäußert, dass das Unterlassen der Einholung einer zweiten Meinung im Streitfall "so gesehen" pflichtwidrig gewesen sei, was das Berufungsgericht dann als standardwidrig gewürdigt hat.
20
Es mag fraglich sein, ob es in (objektiv) zweifelhaften Fällen tatsächlich Aufgabe des eingeschalteten Pathologen sein könnte, sich vor endgültiger Diagnosestellung der Richtigkeit seines Ergebnisses durch Einholung einer zweiten Meinung eines Kollegen zu versichern. Vorliegend kann dies dahinstehen, weil hierin nach der im Revisionsverfahren nicht angreifbaren tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts jedenfalls kein grober Fehler liegt. Dies gilt auch, soweit es der Beklagte unterlassen hat, den behandelnden Arzt und den Patienten auf deren Möglichkeit zur Einholung einer Zweitbegutachtung hinzuweisen , zumal diese Möglichkeit nach den Feststellungen des Berufungsge- richts aufgrund der Diskussionen zwischen dem Beklagten und dem behandelnden Arzt auf der Hand lag und deshalb keiner besonderen Anregung des Beklagten bedurfte.
21
3. Soweit das Berufungsgericht in Erwägung zieht und deshalb die Revision zugelassen hat, ob die fehlende Einholung einer zweiten Meinung unter dem Aspekt einer unterlassenen Befunderhebung eine Beweislastumkehr rechtfertigen kann, stellt sich diese Frage nach Lage des Falles selbst dann nicht, wenn von einer entsprechenden Verpflichtung des Pathologen auszugehen wäre.
22
a) Zwar kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats auch unterhalb der Schwelle zum groben Behandlungsfehler bei der Unterlassung der Erhebung und/oder Sicherung medizinisch gebotener Befunde für den Patienten eine Beweiserleichterung eingreifen, wenn der Patient beweist, dass die Befunderhebung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein positives und deshalb aus medizinischer Sicht reaktionspflichtiges Ergebnis gehabt hätte und das Unterlassen der Reaktion hierauf als grober Fehler, sei es als fundamentaler Diagnose- sei es als grober Behandlungsfehler zu bewerten wäre (vgl. Senatsurteile BGHZ 159, 48, 56; 138, 1, 4; 132, 47, 52; vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02 - VersR 2004, 790, vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - aaO, 1030; vom 6. Juli 1999 - VI ZR 290/98 - VersR 1999, 1282; vom 3. November 1998 - VI ZR 253/97 - VersR 1999, 231; vom 6. Oktober 1998 - VI ZR 239/97 - VersR 1999, 60; vom 27. Januar 1998 - VI ZR 339/96 - VersR 1998, 585 und vom 21. November 1995 - VI ZR 341/94 - VersR 1996, 330). Diese Rechtsprechung ist jedoch auf den Streitfall weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.
23
b) Dabei kann offen bleiben, ob der Auffassung des Berufungsgerichts, bei der Anwendung dieser Grundsätze sei "sorgfältig" zu unterscheiden zwi- schen dem Unterlassen der Befunderhebung an sich und dem Unterlassen einer einzelnen Befunderhebungsmaßnahme, in dieser Allgemeinheit beigetreten werden könnte. Das erscheint eher zweifelhaft, weil sowohl in den Fällen der unvollständigen als auch der fehlerhaften Befunderhebung die aus medizinischer Sicht gebotene (ordnungsgemäße) Befunderhebung unterblieben ist (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl., Rn. B 296).
24
Selbst wenn es zu den Obliegenheiten des Pathologen gehören würde, sich in zweifelhaften Fällen von der Richtigkeit seines Ergebnisses durch Einholung einer zweiten Meinung zu überzeugen, läge in dem Unterlassen keine Nichterhebung eines Kontrollbefundes im Sinne der vorgenannten Senatsrechtsprechung. Vielmehr handelt es sich nach den eigenen Feststellungen und der insoweit zutreffenden rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts um einen Diagnoseirrtum aufgrund fehlerhafter Bewertung eines ansonsten vollständig erhobenen Befundes.

III.

25
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 02.03.2005 - 25 O 115/00 -
OLG Köln, Entscheidung vom 13.02.2006 - 5 U 54/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 548/12 Verkündet am:
27. Januar 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei der Beurteilung der Frage, ob psychische Beeinträchtigungen infolge des
Unfalltodes naher Angehöriger eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823
Abs. 1 BGB darstellen, kommt dem Umstand maßgebliche Bedeutung zu, ob
die Beeinträchtigungen auf die direkte Beteiligung des "Schockgeschädigten"
an dem Unfall oder das Miterleben des Unfalls zurückzuführen oder ob sie
durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst worden sind.
BGH, Urteil vom 27. Januar 2015 - VI ZR 548/12 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen, den Richter Stöhr und die Richterin
von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers zu 2 wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. November 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines angemessenen weiteren Schmerzensgeldes nebst Zinsen gerichtete Anschlussberufung des Klägers zu 2 gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 13. Oktober 2011 zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger zu 2 (nachfolgend: Kläger) nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer , soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, auf Ersatz immateriellen Schadens aus einem Verkehrsunfall in Anspruch.
2
Am 29. April 2007 gegen 15.20 Uhr befuhr Herr W. mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug die V. Straße in A. Hierbei überschritt er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um mindestens 58 km/h. Er war darüber hinaus in erheblichem Maße alkoholisiert. Nach einer langgezogenen Linkskurve kam Herr W. von der Fahrbahn ab und geriet auf die Gegenfahrbahn , wo ihm der Kläger und - hinter diesem - dessen Ehefrau auf Motorrädern mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h entgegenkamen. Herr W. verfehlte den Kläger nur knapp und erfasste dessen Ehefrau, die bei der Kollision tödliche Verletzungen davontrug. Der Kläger begab sich infolge des Unfalls in ärztliche Behandlung bei seinem Hausarzt Dr. F. Dieser diagnostizierte eine akute Belastungsreaktion nach ICD F43.9 G. Im Februar 2008 zog der Kläger aus der vormaligen Familienwohnung aus. Seinen Beruf als Lkw-Fahrer gab er auf und wechselte in den Innendienst. Die Beklagte zahlte dem Kläger außergerichtlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 €.
3
Mit der Klage begehrt der Kläger u.a. ein weiteres Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 8.000 €. Er macht geltend, er habe bei dem Unfall einen schweren Schock erlitten, da er miterlebt habe, wie seine Frau bei einem brutalen Verkehrsunfall getötet und er selbst nur um Haaresbreite verfehlt worden sei. Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Zwar habe der Kläger infolge des Unfalls eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB davongetragen. Eine gesteigerte, über das natürliche Maß an Trauerbewältigung hinausgehende Beeinträchtigung komme dadurch zum Ausdruck , dass der Kläger aufgrund der Erlebnisse in den Innendienst habe wechseln müssen. Der Schmerzensgeldanspruch des Klägers sei allerdings durch die Zahlung der Beklagten in Höhe von 4.000 € erfüllt. Das Oberlandesgericht hat die auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes gerichtete Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger schon dem Grunde nach gegen die Beklagte kein Schmerzensgeldanspruch wegen der unfallbedingten Tötung seiner Ehefrau zu. Ein Schmerzensgeldanspruch aus § 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2 BGB, § 7 Abs. 1, § 11 Satz 2 StVG, § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG setze eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsbeschädigung voraus. Er komme deshalb nicht bereits als Ausgleich für seelische Schmerzen oder Trauer, sondern nur dann in Betracht, wenn die psychischen Beeinträchtigungen des Betroffenen infolge des Unfalltodes eines nahen Angehörigen nach Art und Schwere deutlich über das hinausgingen, was dem Getöteten nahestehende Personen erfahrungsgemäß an seelischem Schmerz erlitten. Dass die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers diese Qualität hätten , lasse sich nicht feststellen. Nach seinen Bekundungen sei er vier Wochen krankgeschrieben, drei bis vier Mal in ärztlicher Behandlung gewesen und habe über ein bis zwei Monate Beruhigungsmittel eingenommen. Eine psychologische oder psychotherapeutische Behandlung zur Trauerbewältigung habe nicht stattgefunden. Angesichts dessen bewegten sich die Beeinträchtigungen des Klägers ungeachtet der hausärztlich attestierten Diagnose einer akuten Belastungsreaktion nach ICD F43.9 G auch unter Berücksichtigung des Arbeitsplatzwechsels und des Auszuges aus der ehelichen Wohnung, zu denen sich der Kläger infolge des Todesfalls veranlasst gesehen habe, noch im Rahmen dessen , was als sicher schmerzliche, gleichwohl übliche Trauerreaktion nach dem Unfalltod der Ehefrau zu erwarten sei.

II.

5
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes kann auf der Grundlage des für die revisionsrechtliche Prüfung maßgeblichen Sachverhalts nicht verneint werden. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger habe eine Gesundheitsverletzung im Sinne der § 823 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1, § 11 Satz 1 StVG infolge des Unfalls nicht davongetragen.
6
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass durch ein Unfallgeschehen ausgelöste, traumatisch bedingte psychische Störungen von Krankheitswert eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen können (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 12; vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 344; vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99, VersR 2001, 874, 875; vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 24). Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, dass die Schadensersatzpflicht für psychische Auswirkungen einer Verletzungshandlung nicht voraussetzt, dass sie eine organische Ursache haben; es genügt vielmehr grundsätzlich die hinreichende Gewissheit, dass die psychisch bedingte Gesundheitsschädigung ohne die Verletzungshandlung nicht aufgetreten wäre (Senatsurteile vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 343 f. Rn. 14 f.; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854; vom 9. April 1991 - VI ZR 106/90, VersR 1991, 704, 705; vom 2. Oktober 1990 - VI ZR 353/89, VersR 1991, 432, jeweils mwN).
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2. Im Ausgangspunkt zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen , dass dieser Grundsatz nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats im Bereich der sogenannten Schockschäden eine gewisse Einschränkung erfährt. Danach begründen seelische Erschütterungen wie Trauer und seelischer Schmerz, denen Hinterbliebene beim (Unfall)Tod eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind, auch dann nicht ohne Weiteres eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, wenn sie von Störungen der physiologischen Abläufe begleitet werden und für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sind. Der Senat hat dies damit begründet, dass die Anerkennung solcher Beeinträchtigungen als Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB der Absicht des Gesetzgebers widerspräche, die Deliktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken und Beeinträchtigungen, die auf die Rechtsgutverletzung eines anderen bei Dritten zurückzuführen sind, soweit diese nicht selbst in ihren eigenen Schutzgütern betroffen sind, mit Ausnahme der §§ 844, 845 BGB ersatzlos zu lassen (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 164 ff.; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854). Psychische Beeinträchtigungen infolge des Todes naher Angehöriger, mögen sie auch für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sein, können vielmehr nur dann als Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar sind und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung vom tödlichen Unfall eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn. 6, 10; vom 20. März 2012 - VI ZR 114/11, VersR 2012, 634 Rn. 8; ablehnend: Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 46; MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 148, 151; MünchKommBGB/Wagner, 6. Aufl., § 823 Rn. 144, jeweils mwN).
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3. Die Revision rügt aber mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die Annahme einer Gesundheitsverletzung in diesem Sinne überspannt und nicht berücksichtigt hat, dass der Kläger den Unfalltod seiner Ehefrau unmittelbar miterlebt hat und durch das grob verkehrswidrige Verhalten des W. selbst gefährdet war.
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a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte Dr. F. beim Kläger eine akute Belastungsreaktion nach ICD F43.9 G festgestellt. Bei der ICD handelt es sich um die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Sie wird von der Weltgesundheitsorganisation herausgegeben (vgl. http://apps.who.int/classifications/icd/en/, abgerufen am 13. Januar 2015). Im Kapitel V (F00-F99) der ICD werden psychische und Verhaltensstörungen beschrieben. Die Untergruppe F40-F48 befasst sich dabei mit neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen. Gegenstand des Unterabschnitts F43 sind Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen , die als direkte Folge einer akuten schweren Belastung oder eines kontinuierlichen Traumas entstehen, erfolgreiche Bewältigungsstrategien behindern und aus diesem Grunde zu Problemen der sozialen Funktionsfähigkeit führen (vgl. https://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/index.htm, abgerufen am 13. Januar 2015). Wie das Berufungsgericht weiter festgestellt hat, sah sich der Kläger infolge der Eindrücke aus dem Unfallgeschehen veranlasst, aus der in seinem Eigentum stehenden ehelichen Wohnung auszuziehen und seinen Beruf als Lkw-Fahrer aufzugeben. Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag des Klägers hatte ihm sein Arzt zu dem Wohnungswechsel geraten, um die Bedingungen der psychischen Verarbeitung des Unfallereignisses zu verbessern. Der Kläger musste seinen Beruf aufgeben, weil er unter fortdauernden Angstzuständen , Schweißausbrüchen und Zittern im Straßenverkehr leidet und deshalb nicht mehr in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen. Auch auf das Motorradfahren muss der Kläger verzichten. Diese Beeinträchtigungen gehen aber deutlich über die gesundheitlichen Auswirkungen hinaus, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung vom Unfalltod eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind.
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b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch nicht berücksichtigt, dass der Senat stets dem Umstand maßgebliche Bedeutung beigemessen hat, ob die von dem "Schockgeschädigten" geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen auf seine direkte Beteiligung an einem Unfall oder das Miterleben eines Unfalls zurückzuführen oder ob sie durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst worden sind (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 166 f.; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 13 f.; vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 241 f.; vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99, VersR 2001, 874, 875 f.). So hat der Senat die Haftung des Schädigers für psychisch vermittelte Gesundheitsstörungen in den Fällen für zweifelsfrei gegeben erachtet, in denen der Geschädigte am Unfall direkt beteiligt war und dieser das Unfallgeschehen psychisch nicht verkraften konnte (vgl. Senatsurteile vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 241; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 14).
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Die Revision macht zu Recht geltend, dass der Kläger nach den getroffenen Feststellungen nicht lediglich vom Tod seiner Ehefrau benachrichtigt wurde und deshalb einen tief empfundenen Trauerfall bewältigen musste, sondern den tödlichen Unfall seiner Ehefrau unmittelbar miterlebt hat; darüber hinaus war er selbst dem Unfallgeschehen ausgesetzt und durch das grob verkehrswidrige Verhalten des W. gefährdet. Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers hatte dieser, nachdem ihn das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug um Haaresbreite verfehlt hatte, in den Rückspiegel geblickt und mit angesehen, wie seine Ehefrau mit voller Wucht von dem Fahrzeug erfasst wurde. Legt man dies zugrunde, so hat der Kläger zum einen selbst unmittelbare Lebensgefahr für sich wahrgenommen und zum anderen akustisch und optisch miterlebt, wie seine Ehefrau bei einer sehr hohen Kollisionsgeschwindigkeit als Motoradfahrerin nahezu ungeschützt von einem Auto erfasst und getötet wurde. Ein solches Erlebnis ist hinsichtlich der Intensität der von ihm ausgehenden seelischen Erschütterungen mit dem Erhalt einer Unfallnachricht nicht zu vergleichen.

III.

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Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung über den Schmerzensgeldanspruch des Klä- gers an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Galke Wellner Diederichsen Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, Entscheidung vom 13.10.2011 - I-1 O 533/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.11.2012 - I-9 U 179/11 -

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.