Landgericht Dortmund Urteil, 04. Nov. 2016 - 3 O 166/16

ECLI:ECLI:DE:LGDO:2016:1104.3O166.16.00
bei uns veröffentlicht am04.11.2016

Tenor

  • 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 6.000,00 € trägt der Kläger.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen


(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

Handelsgesetzbuch - HGB | § 257 Aufbewahrung von Unterlagen Aufbewahrungsfristen


(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren: 1. Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie d

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Tenor Die Berufung der Kläger gegen das am 18.2.2015 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Essen – Az.: 11 O 141/14 – wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

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Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 18.2.2015 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Essen – Az.: 11 O 141/14 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.10.2015 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 23.726,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.03.2015 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
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(1) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere , auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 12/03 Verkündet am:
13. Juli 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Zur Auslegung der Darlehensvertragsbedingungen der Deutschen Ausgleichsbank
im Rahmen des Eigenkapitalhilfeprogramms.
BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03 - OLG Brandenburg
LG Neuruppin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 5. Dezember 2002 aufgehoben und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 7. März 2002 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30.441,75 € nebst 5% Zinsen über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank vom 4. September 1999 bis zum 30. April 2000 sowie nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz des DÜG ab dem 1. Mai 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von Zinssubve ntionen im Zusammenhang mit einem der Beklagten gewährten Eigenkapitalhilfedarlehen.
Im Oktober 1995 gewährte die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im folgenden: Klägerin) der Beklagten über deren Hausbank ein zweckgebundenes Eigenkapitalhilfedarlehen über 700.000 DM mit einer Laufzeit von 20 Jahren für die Errichtung einer Tankstelle als Existenzgrundlage. In dem Formularvertrag war vorgesehen, daß die Bundesrepublik Deutschland (Bund) für den Darlehensnehmer in den ersten sechs Jahren der Darlehenslaufzeit einen Teil der Zinszahlungen übernimmt. Ferner wurde der Klägerin in Nr. 5.1 a) das Recht eingeräumt, das Darlehen aus wichtigem Grund zur sofortigen Rückzahlung unter anderem dann zu kündigen, wenn der finanzierte Betrieb verkauft oder verpachtet wird. Für den Fall der Kündigung durch die Klägerin sah der Darlehensvertrag folgende Regelung vor:
"5.2 Wird das Darlehen in den ersten sechs Jahren der Darlehenslaufzeit gemäß Nr. 5.1 a) oder b) gekündigt, so entfällt von dem Tag an, an dem das zur Kündigung berechtigende Ereignis stattfand, die Zinsübernahme durch den Bund. Bei Kündigung gemäß Nr. 5.1 c) entfällt die Zinsübernahme durch den Bund rückwirkend vom Tag der Auszahlung an. Entsprechendes gilt auch, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen bereits vorher zurückgezahlt hat. Soweit nach den vorstehenden Regelungen die Zinsübernahme durch den Bund entfallen ist, hat der Darlehensnehmer der Deutschen Ausgleichsbank zur Weiterleitung an den Bund die entsprechenden Beträge zu erstatten. …"
Der mit "Kündigung durch den Darlehensnehmer" über schriebene Abschnitt 6. des Darlehensvertrages enthielt unter anderem folgende Regelung:
"6.3 Zahlt der Darlehensnehmer innerhalb der ersten sieben Jahre der Darlehenslaufzeit (Nr. 2.1) vorzeitig das gemäß Nr. 1.1 eingesetzte Darlehen ganz oder teilweise zurück oder kündigt er gemäß Nr. 6.1 zu einem innerhalb dieses Zeitraumes liegenden Zeitpunkt, so hat er dem Bund die bis dahin von diesem übernommenen Zinsen zu erstatten; dies gilt nicht bei einer Darlehensrückzahlung, die im Zusammenhang mit der Aufgabe der selbständigen Existenz steht. Die Deutsche Ausgleichsbank ist berechtigt, die Forderung für den Bund über die Hausbank geltend zu machen." Mit Vertrag vom 2. März 1998 verpachtete die Bekla gte die Tankstelle. Hiervon unterrichtete sie ihre Hausbank mit Schreiben vom 9. März 1998. Am 10. September 1998 teilte die Hausbank der Beklagten schriftlich unter anderem mit, daß bei einer Geschäftsaufgabe die Erstattung der für das Eigenkapitalhilfedarlehen gewährten Zinssubvention entfalle. Nach dem Verkauf der Tankstelle am 1. Dezember 1998 zahlte die Beklagte am 6. Mai 1999 das Eigenkapitalhilfedarlehen ohne vorangegangene Kündigung zurück.
Die Klägerin begehrt die Rückzahlung der vom Bund übernommenen Zinssubventionen für die Zeit vom 2. März 1998 bis zum 6. Mai 1999. Sie ist der Ansicht, mit der Verpachtung der Tankstelle habe die Beklagte ihre selbständige gewerbliche Tätigkeit mit der Folge aufgegeben , daß der Förderzweck entfallen und sie nach Nr. 5.2 des Darlehensvertrages verpflichtet sei, die Zinssubvention zurückzuzahlen. Die Beklagte beruft sich unter Hinweis auf Nr. 6.3 des Darlehensvertrages darauf , daß sie wegen der Aufgabe ihrer selbständigen Existenz nicht ver-
pflichtet sei, die vom Bund übernommenen Zinsen zu erstatten. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur antragsge mäßen Verurteilung der Beklagten.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführ t:
Die Klage sei unbegründet. Ein vertraglicher Rückz ahlungsanspruch der Klägerin bestehe nicht. Allerdings seien die Voraussetzungen für einen Rückzahlungsanspruch aus Nr. 5.2 des Vertrages erfüllt. Die Bestimmung in Nr. 5.2 des Vertrages, bei der es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung handele, sei jedoch gemäß § 5 AGBG unwirksam, da sie mit der Regelung in Nr. 6.3 des Vertrages nicht vereinbar sei. Die vorliegende Fallkonstellation unterfalle nämlich zugleich der Regelung in Nr. 6.3 des Vertrages. Die Darlehensrückzahlung durch die Beklagte sei innerhalb der dort genannten Frist erfolgt und habe auch im Zusammenhang mit der Aufgabe der selbständigen Existenz der Beklagten gestanden. Die Regelung in Nr. 6.3 des Vertrages sei auch nicht lediglich auf die Fälle anzuwenden, in denen das Darlehen bei zweckentsprechender Verwendung vorzeitig zurückgezahlt werde. Da die Klausel ausdrücklich
an die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens anknüpfe, erfasse sie sowohl die Fälle, in denen der Darlehenszweck von dem Darlehensnehmer weiterverfolgt werde und er die Zinssubvention in vollem Umfang zurückzuerstatten habe, als auch den Fall, daß der Darlehensnehmer zwischenzeitlich den Darlehenszweck - also seine selbständige Existenz - aufgegeben habe. Für diesen Fall sei ein Rückzahlungsanspruch ausdrücklich ausgeschlossen. Die Ausnahmeregelung liefe faktisch leer, wenn nur der Fall erfaßt würde, daß bereits am Tage der Existenzaufgabe die Darlehenssumme zurückgezahlt werde, während beim Einbehalt der Darlehenssumme über einen Zeitraum von wenigen Tagen über die Existenzaufgabe hinaus Nr. 6.3 des Vertrages unanwendbar wäre. Eine solche Auslegung des Vertrages sei weder mit Sinn und Zweck der der Verhinderung von Mitnahmeeffekten dienenden Regelung noch mit deren Wortlaut vereinbar. Weder Nr. 5.2 noch Nr. 6.3 des Vertrages enthalte eine die jeweils andere Bestimmung verdrängende Spezialregelung. Dies führe grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Klausel, die sich typischerweise für den Kunden ungünstiger auswirke, hier also der Regelung in Nr. 5.2 des Vertrages. Danach scheide ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung aus.

II.


Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Das Berufungsgericht hat die in Nr. 5.2 und Nr. 6.3 des formularmäßigen Darlehensvertrages enthaltenen Regelungen nicht interessengerecht ausgelegt. Die genannten Vertragsbedingungen, die zum einen die Rechtsfolgen der Kündigung des subventionierten Darle-
hens durch die Klägerin (Nr. 5.2) und zum anderen die der Kündigung und Rückzahlung des Darlehens durch den Darlehensnehmer (Nr. 6.3) regeln, sind weder widersprüchlich noch unklar (§ 5 AGBG) und deshalb entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 9 AGBG) unwirksam.
1. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klä gerin aus Nr. 5.2 des Darlehensvertrages auf Rückzahlung der gewährten Zinssubvention ab dem Tage des Abschlusses des Pachtvertrages zu Unrecht verneint. Seine Auffassung, die vorliegende Fallkonstellation unterfalle zugleich der Regelung in Nr. 6.3 des Vertrages, ist rechtsfehlerhaft.

a) Bei den in Nr. 5 und Nr. 6 des formularmäßigen Darlehensvertrages enthaltenen Bestimmungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Da diese in Darlehensverträgen der Klägerin bundesweit , also nicht nur im Bezirk des Berufungsgerichts, Verwendung finden, unterliegen sie der uneingeschränkten Auslegung durch den Senat (vgl. BGHZ 122, 256, 260; 133, 184, 187; 134, 42, 45; Senatsurteil vom 17. Juni 2003 - XI ZR 195/02, WM 2003, 1567, 1568).

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (BGH, Urteil vom 9. Mai 2001 - VIII ZR 208/00, WM 2001, 2008, 2010, Senatsbeschluß vom 25. September 2001 - XI ZR 375/00, WM 2001, 2158, 2159 f.). Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen; es kommt zudem nicht auf die individuelle Interessenlage im Einzelfall an, sondern auf die
die individuelle Interessenlage im Einzelfall an, sondern auf die typisierten Interessen des Verwenders und seiner Vertragspartner (BGH, Urteile vom 8. November 2002 - V ZR 78/02, WM 2003, 1241, 1242 m.w.Nachw. und vom 23. Mai 2003 - V ZR 393/02, WM 2003, 1967). Danach hat die Auslegung des Berufungsgerichts keinen Bestand.
aa) Nr. 6.3 Satz 1 2. Halbsatz, der einen Erstattu ngsanspruch der Klägerin bei Darlehensrückzahlung im Zusammenhang mit der Aufgabe der selbständigen Existenz ausschließt, findet auf den hier geltend gemachten Anspruch aus Nr. 5.2 Satz 4 der Vertragsbedingungen keine Anwendung. In Nr. 5 der Vertragsbedingungen ist die Kündigung des Darlehens aus wichtigem Grund durch die Klägerin geregelt, während Nr. 6 die Kündigung durch den Darlehensnehmer bestimmt. Nach Nr. 5.1 a) ist die Darlehensgeberin zu einer Kündigung aus wichtigem Grund unter anderem dann berechtigt, wenn der mitfinanzierte Betrieb verkauft oder verpachtet wird. Mit der Kündigung entfällt von dem Tag an, an dem das zur Kündigung berechtigende Ereignis stattfand, die Zinsübernahme durch den Bund (Nr. 5.2 Satz 1). Dies gilt nach Nr. 5.2 Satz 3 auch für den Fall, daß der Darlehensnehmer das Darlehen bereits vor Ausspruch einer Kündigung zurückgezahlt hat. Das ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch unter Berücksichtigung des Transparenzgebots rechtlich bereits deshalb unbedenklich, weil die Kündigung eines - infolge vollständiger Rückzahlung des Darlehens - bereits erloschenen (§ 362 Abs. 1 BGB) Darlehensvertrages ins Leere ginge. Als Folge aus dem Entfallen der Zinssubvention mit dem zur Kündigung berechtigenden Ereignis gewährt Nr. 5.2 Satz 4 der Klägerin dann einen Anspruch auf Rückerstattung der Subvention.
bb) Demgegenüber ist in Nr. 6 der Vertragsbedingun gen die Kündigung des Vertrages nicht durch die Klägerin, sondern durch den Darlehensnehmer geregelt. Dabei liegt der Regelung in Nr. 6.3 unwidersprochen die Annahme zugrunde, daß bei einem Darlehensnehmer, der das Darlehen innerhalb der ersten sieben Jahre der Darlehenslaufzeit ganz oder teilweise zurückzahlt, grundsätzlich davon auszugehen ist, daß er das subventionierte Darlehen zu keinem Zeitpunkt benötigt hat, ihm die Zinssubvention also legitimerweise nicht zustand und von ihm deshalb vollständig zurückzugewähren ist. Von dieser der Vermeidung von Mitnahmeeffekten dienenden Bestimmung macht Nr. 6.3 Satz 1, 2. Halbsatz eine Ausnahme nur für den Fall, daß die Darlehensrückzahlung im Zusammenhang mit der Aufgabe der selbständigen Existenz steht, weil die Annahme, der Darlehensnehmer habe das subventionierte Darlehen nie benötigt, dann nicht gerechtfertigt ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird schon dem Wortlaut nach hiervon nicht der Fall erfaßt , daß der Darlehensnehmer seine selbständige Existenz vor der Rückzahlung des Darlehens aufgegeben und damit nach Nr. 5.2 Satz 2 und 3 auf die Zinssubvention keinen Anspruch mehr hat. Nur eine solche Auslegung gewährleistet eine bruchlose Abgrenzung zu der in Nr. 5.2 enthaltenen Bestimmung und damit zugleich auch die Widerspruchsfreiheit der Regelung, die als sinnvolles Ganzes auszulegen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1999 - VII ZR 179/98, WM 1999, 1512, 1513). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läuft die Ausnahmeregelung der Nr. 6.3 Satz 1, 2. Halbsatz bei einer solchen Auslegung auch nicht faktisch leer. Sie ist vielmehr stets anwendbar, wenn die Darlehensrückzahlung im ursächlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Aufgabe der selbständigen Existenz steht, also auch dann noch, wenn die Rückzahlung wenige Tage nach der Existenzaufgabe erfolgt.

cc) Gemessen hieran ist die die Beklagte begünstig ende Ausnahmevorschrift der Nr. 6.3 Satz 1, 2. Halbsatz nicht anwendbar, da das zinssubventionierte Darlehen nicht bis zur Rückzahlung am 6. Mai 1999 seinem Zweck gemäß eingesetzt worden ist, die Beklagte vielmehr bereits im März 1998 ihre selbständige Existenz durch Verpachtung der Tankstelle aufgegeben hat.
2. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung sc heitert der auf Nr. 5.2 des Darlehensvertrages gestützte Klageanspruch nicht daran, daß die Beklagte die Hausbank bereits im März 1998 von der Verpachtung der Tankstelle unterrichtet und die Klägerin ihren Erstattungsanspruch erst nach Rückzahlung des Darlehens im Mai 1999 geltend gemacht hat. Die Klägerin hatte ihr in Nr. 5.1 a) des Darlehensvertrages vorgesehenes Recht zur Kündigung des Darlehens aus wichtigem Grund im Mai 1999 nicht verwirkt.

a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so daß die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt; zu dem Zeitablauf müssen besondere , auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten , die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02, WM 2003, 1425 m.w.Nachw.).

b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Un abhängig von der Frage, ob die verstrichene Zeit für eine Verwirkung ausreichend ist, fehlt es jedenfalls an den erforderlichen Anhaltspunkten dafür, daß sich die Beklagte darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, die Klägerin werde von ihren Rechten auf Kündigung des Darlehens und auf Rückforderung des Zinszuschusses nicht mehr Gebrauch machen. Ein ausreichender Anhaltspunkt hierfür ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben der Hausbank der Beklagten vom 10. September 1998. Hierin wird lediglich die in Nr. 6.3 Satz 1 der Darlehensbedingungen enthaltene Regelung inhaltlich wiedergegeben. Auf die der Hausbank bekannte Verpachtung der Tankstelle durch die Beklagte und die sich hieraus ergebenden Rechte der Klägerin auf Kündigung des Darlehensvertrages und Rückforderung der Zinssubventionen geht das Schreiben nicht ein. Es war deshalb insoweit nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand zugunsten der Beklagten zu begründen.
3. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat die Klägerin auf den ihr danach zustehenden Anspruch auf Rückzahlung der Zinssubvention nicht verzichtet. Die Beklagte vermag sich auch in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg auf das Schreiben vom 10. September 1998 zu berufen, mit dem die Hausbank ihr unter anderem mitgeteilt hat, bei einer Geschäftsaufgabe entfalle die bei Nichteinhaltung bestimmter Fristen erforderliche Erstattung der für das Eigenkapitalhilfedarlehen gewährten Zinssubvention, so daß ihr, der Beklagten, durch die vorzeitige Rückzahlung dieser Darlehen wegen Geschäftsaufgabe keinerlei Kosten entstünden. Bei diesem Schreiben handelt es sich erkennbar lediglich um eine Auskunft, nicht aber um eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, durch die die Hausbank im Namen der Klägerin
auf den Rückforderungsanspruch verzichtet hätte. Im übrigen hat die Beklagte weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt, daß ihre Hausbank berechtigt gewesen wäre, auf Forderungen der Klägerin zu verzichten. Daß die Hausbank das Darlehen nach Nr. 1.2 des Vertrages im Namen und für Rechnung der Klägerin verwalten sollte, reicht für die Annahme einer auch einen Forderungsverzicht umfassenden Vertretungsmacht der Hausbank nicht aus.
4. Die Beklagte vermag sich auch nicht darauf zu b erufen, daß die Rückforderung eines durch öffentlich-rechtlichen Subventionsbescheid gewährten zweckgebundenen Zuschusses durch Verwaltungsakt in Anbetracht der Umstände des Falles ermessensfehlerhaft gewesen wäre und daß sie bei einem privatrechtlich ausgestalteten zinssubventionierten Darlehensvertrag nicht schlechter gestellt werden dürfe als im Falle der Gewährung einer Subvention durch Verwaltungsakt. Auch wenn im Verhältnis der Parteien die Grundsätze des Verwaltungsprivatrechts anwendbar sind, gehören hierzu zwar das aus Art. 3 GG folgende Willkürverbot , das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Übermaßverbot und das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs, nicht aber die in den §§ 40 und 49 der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und vieler Länder enthaltenen Regelungen über die Ausübung von Ermessen und den Widerruf von rechtmäßigen Verwaltungsakten im einzelnen (Senatsurteil vom 17. Juni 2003 - XI ZR 195/02, WM 2003, 1567, 1569 f., zum Abdruck in BGHZ 155, 166 vorgesehen). Ein - von der Revisionserwiderung nicht näher bezeichneter - Ermessensfehler im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts steht dem Anspruch der Klägerin deshalb nicht entgegen.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und der Klage stattgeben.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 425/04 Verkündet am:
28. März 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
Altforderungsregelungsgesetz (AFRG) § 1; BGB § 222 Abs. 2 a.F.

a) § 1 AFRG ist auf Darlehensforderungen, die mangels Belegenheit im
Machtbereich der die Enteignung aussprechenden Behörde nicht wirksam
enteignet werden konnten, analog anzuwenden.

b) Für die Anwendung des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. kommt es nicht
darauf an, ob die Verjährung im Zeitpunkt der Leistung rechtlich zweifelhaft
war.

c) Zur Anwendbarkeit des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. zugunsten der
Bundesrepublik Deutschland als Gläubigerin.
BGH, Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04 - Kammergericht Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. März 2006 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden
, den Richter Dr. Müller, die Richterin Mayen sowie die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 15. Oktober 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Kläger Der verlangt von der beklagten Bundesrepublik Deutschland die Erstattung von Zahlungen auf von der Beklagten aus übergegangenem Recht geltend gemachte Darlehensforderungen. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Von 1926 bis 1941 gewährten die M. L. in Berlin, die Bank für I. (ab 1938: Deutsche I. bank) und das Deutsche Reich dem Großvater und später dem Vater des Klägers verschiedene Darlehen. Diese wurden an dem in Brandenburg gelegenen landwirtschaftlichen Anwesen der Darlehensnehmer grundpfandrechtlich gesichert und waren Gegenstand landwirtschaftli- cher Entschuldungsverfahren nach dem Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnisse vom 1. Juni 1933 (RGBl. I S. 331).
3
Durch Verordnung vom 10. Mai 1949 (VOBl. Groß-Berlin I S. 112) wurden die kreditgebende M. L. und die I. bank mit ihrem gesamten Vermögen von dem für Ost-Berlin zuständigen Magistrat enteignet und ihr Vermögen unter Überführung in Volkseigentum verstaatlicht. 1955 wurden auch die grundpfandrechtlich belasteten Grundstücke des landwirtschaftlichen Anwesens der Darlehensnehmer Gegenstand einer Enteignung durch die Deutsche Demokratische Republik, nachdem der Vater des Klägers die DDR 1953 verlassen hatte. Die Grundpfandrechte wurden gelöscht.
4
Im Jahr 1996 übertrug das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg das Eigentum an den enteigneten Grundstücken nach § 6 Abs. 6 a VermG auf den Kläger, der seinen Vater 1968 beerbt hatte. Zwei Jahre später kündigte die Beklagte sämtliche Darlehen zum 30. März 1999 und forderte den Kläger zur Zahlung der noch valutierenden Darlehensbeträge nebst Zinsen (ab der Restitution der Grundstücke) auf. Der Kläger kam der Zahlungsaufforderung im März 1999 nach.
5
Mit der Klage begehrt er die Rückzahlung des von ihm geleisteten Betrages von 17.066,70 € nebst Zinsen. Er macht geltend, die Beklagte sei ungerechtfertigt bereichert. Durch die Enteignung der Grundstücke seines Vaters sei die Geschäftsgrundlage für die Darlehen weggefallen. Außerdem seien die Darlehensforderungen im Zeitpunkt der Zahlung so- wohl verwirkt als auch verjährt gewesen. Als Hoheitsträgerin könne sich die Beklagte nicht auf § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. berufen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist nicht begründet.

I.


8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Dem Kläger stehe kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Rechtsgrund für seine Zahlung seien die zunächst in Volkseigentum der Deutschen Demokratischen Republik und sodann in das Vermögen der Beklagten übergegangenen Forderungen aus Altdarlehen gewesen. Diese Forderungen seien nicht wegen der Enteignung der Grundstücke nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage erloschen. Die Erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes der Rechtsvorgänger des Klägers sei nicht Geschäftsgrundlage der Dar- lehensgewährung gewesen. Die Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehen seien auch nicht verwirkt gewesen, da der Kläger bzw. dessen Rechtsvorgänger keine Vertrauensinvestitionen getätigt hätten und daher das notwendige Umstandsmoment fehle. Nach der Restitution der Grundstücke habe die Geltendmachung der Darlehensforderungen nicht gegen § 242 BGB verstoßen. Schließlich stünden dem Rückzahlungsbegehren §§ 222 Abs. 2, 813 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. entgegen. Die Beklagte habe den Kläger nicht auf eine mögliche Verjährung der Darlehensforderungen hinweisen müssen. Die Behauptung, sie habe ihn aktiv und in täuschender Weise von der Prüfung der Verjährungseinrede abgehalten , sei nicht durch Tatsachen belegt. Dass die Beklagte nach der Klärung der Verjährungsfrage durch den Bundesgerichtshof (BGHZ 148, 90) Forderungen aus Altdarlehen nicht mehr geltend mache, stelle keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers dar.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten abgelehnt.
11
Ohne 1. Erfolg erhebt die Revision Bedenken gegen den Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, die Beklagte sei Inhaberin der ursprünglich der M. L. und der Bank für I. zustehenden Darlehensrückzahlungsansprüche geworden. Ein Bereicherungsanspruch ist nicht schon wegen der fehlenden Gläubigerstellung der Beklagten gegeben.

12
a) Dabei kann dahinstehen, ob - wie die Revision meint - die Ansprüche auf Rückzahlung der von den beiden Kreditinstituten gewährten Darlehen nicht nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889; im Folgenden: Einigungsvertrag - EV) auf die Beklagte übergegangen sind, weil diese Ansprüche möglicherweise nicht von der Enteignung der ursprünglichen Gläubigerinnen durch die Verordnung vom 10. Mai 1949 erfasst wurden. Hierfür könnte - wie die Revision zu Recht geltend macht - sprechen, dass die Wirkung der Enteignung vom 10. Mai 1949 durch das Territorialitätsprinzip begrenzt war und daher nur Forderungen erfasste, die damals im Machtbereich des Ost-Berliner Magistrats belegen waren (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2002 - XI ZR 301/01, WM 2002, 1447, 1448 m.w.Nachw.; BVerwG, ZIP 1997, 254, 255). Dies ist bei den hier in Rede stehenden Darlehensrückzahlungsansprüchen , die sich auf ein in Brandenburg und damit in einem Land der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) gelegenes Anwesen bezogen, zweifelhaft (vgl. BVerwG aaO S. 255 f. mit ausführlicher Begründung ; auch BVerwGE 101, 201, 203 f.).
13
b) Diese erstmals im Revisionsverfahren aufgeworfene Frage kann aber offen bleiben. Selbst wenn die streitgegenständlichen Forderungen, die in der Rechtswirklichkeit der DDR als enteignet galten, ursprünglich nicht wirksam enteignet worden sein sollten, sind sie jetzt so zu behandeln , als ob sie zum Finanzvermögen im Sinne des Art. 22 Einigungsvertrag gehören. § 1 des Gesetzes zur Regelung bestimmter Altforderungen vom 10. Juni 2005 (BGBl. I S. 1589; im Folgenden: Altforderungsrege- lungsgesetz – AFRG), der hier zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen entsprechend anzuwenden ist, schließt in diesen Fällen einen Bereicherungsanspruch wegen fehlender Gläubigerstellung der Beklagten aus.
14
aa) Das AFRG ist vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, da es am 17. Juni 2005 und damit vor der Entscheidung über die Revision in Kraft getreten ist und das streitige Rechtsverhältnis nach seinem zeitlichen Geltungsbereich erfasst (vgl. BGHZ 9, 101; 36, 348, 350).
15
bb) § 1 AFRG regelt die Zuordnung vor dem 8. Mai 1945 begründeter Darlehensforderungen von Kreditinstituten, die im Beitrittsgebiet (Art. 3 EV) auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet wurden (Begr. RegE AFRG BT-Drucks. 15/4640 S. 10). Soweit eine solche Forderung mangels Belegenheit in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet nicht wirksam enteignet werden konnte, steht diese Forderung nunmehr unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AFRG dem Bund (Entschädigungsfonds) zu. Soweit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die Kreditanstalt für Wiederaufbau Darlehensforderungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AFRG bereits für das vom Bund treuhänderisch verwaltete Finanzvermögen nach Art. 22 Abs. 1 EV eingezogen hat, verbleibt es gemäß § 1 Abs. 3 AFRG dabei. War Gläubiger der Forderung ein Kreditinstitut, das seinen ausschließlichen Sitz in dem Beitrittsgebiet nach Art. 3 EV hatte und deshalb in Folge besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Enteignungen untergegangen ist, steht die Forderung dem Finanzvermögen gemäß Art. 22 Abs. 1 EV zu (§ 1 Abs. 2 AFRG).
16
cc) Nach seinem Wortlaut gilt § 1 AFRG nur für solche Forderungen , die - anders als hier - nicht in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet belegen waren. Allerdings ist das Gesetz analog anzuwenden auf Forderungen , die - wie hier - zwar im Beitrittsgebiet gemäß Art. 3 EV, aber nicht in dem Machtbereich der die Enteignung anordnenden Behörde belegen waren und deshalb aufgrund des Territorialitätsprinzips ebenfalls nicht wirksam enteignet werden konnten. Sowohl die notwendige planwidrige Regelungslücke als auch eine vergleichbare Interessenlage sind gegeben.
17
Nach (1) der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber eine klare Zuordnung der Altforderungen schaffen (Begr. RegE AFRG BTDrucks. 15/4640 S. 10), nachdem der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 4. Juni 2002 (XI ZR 301/01, WM 2002, 1447, 1448) klargestellt hatte , dass Enteignungsmaßnahmen eines Staates nur Vermögenswerte erfassen können, die in seinem Staatsgebiet belegen sind. Dies hatte zur Folge, dass die besatzungsrechtlichen und besatzungshoheitlichen Enteignungsmaßnahmen nicht alle Forderungen erfasst haben, die in der Rechtswirklichkeit der DDR als enteignet galten und für die die betroffenen Kreditinstitute, die sich ebenfalls regelmäßig als enteignet ansahen, soweit sie ihren Sitz in den westlichen Besatzungszonen hatten oder ihn dorthin verlegt haben, im Rahmen der Währungsreform (West) Ausgleichsforderungen zugeteilt bekamen, weil die Forderungen nach der Teilung Deutschlands nicht mehr realisierbar waren. Diese Forderungen stehen nach § 1 Abs. 1 AFRG dem Bund zu. Soweit in der Vergangenheit Forderungen entgegen der Entscheidung des Bundesgerichtshofes für das Finanzvermögen nach Art. 22 Abs. 1 EV vereinnahmt worden sind, bleibt es dabei. Grund hierfür war, dass eine nachträgliche Aufteilung einen unnötigen Verwaltungsaufwand erzeugen würde, weil in einer Vielzahl von abgeschlossenen Einzelfällen zeit- und arbeitsintensive Recherchen durchgeführt werden müssten, die in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag stünden, der wegen der Tilgung der Ausgleichsforderungen ohnehin an den Bund abzuführen wäre (BT-Drucks. 15/4640 S. 8, 10).
18
(2) Diese Gründe treffen nicht nur auf Forderungen zu, die - wie in dem Senatsurteil vom 4. Juni 2002 (XI ZR 301/01, WM 2002, 1447, 1448) - außerhalb des in Art. 3 EV genannten Gebietes belegen waren, sondern gelten erst recht für solche Forderungen, die - wie hier - in diesem Gebiet, aber nicht im Machtbereich der die Enteignung vornehmenden Verwaltung belegen waren. Abweichend von dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 AFRG, der nur die erste Gruppe erfasst, ergeben sich aus der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte dafür, dass eine unterschiedliche Behandlung der beiden Arten von Forderungen beabsichtigt war. Der Umstand, dass die Gesetzesbegründung ausschließlich auf das Senatsurteil vom 4. Juni 2002 (XI ZR 301/01, WM 2002, 1447, 1448) Bezug nimmt und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 1996 (ZIP 1997, 254) nicht erwähnt, spricht dafür, dass die in letzterem Urteil und auch im vorliegenden Fall in Rede stehende Konstellation einer nach der Rechtswirklichkeit der DDR bestehenden, in Wahrheit aber mit Rücksicht auf das Territorialitätsprinzip nicht wirksamen Enteignung nicht gesehen wurde, eine Differenzierung zwischen den Fallgruppen jedoch nicht gewollt war.
19
Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, die wegen der vergleichbaren Interessenlage durch eine analoge Anwendung des § 1 AFRG geschlossen werden kann.
20
dd) Die Ansprüche auf Rückzahlung der von der Bank für I. gewährten Kredite sind damit analog § 1 Abs. 3 AFRG endgültig der Beklagten zugeordnet, auch wenn sie von der Enteignung vom 10. Mai 1949 nicht rechtswirksam erfasst worden sein sollten. Es handelt sich dabei um Forderungen, die vor dem 8. Mai 1945 begründet wurden und zwar zugunsten eines Kreditinstituts, das durch besatzungshoheitliche Maßnahmen - die Verordnung zur Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen in Volkseigentum vom 10. Mai 1949 (VOBl. Groß-Berlin I S. 112) - enteignet wurde. Selbst wenn diese Enteignung die in Rede stehenden Forderungen nicht wirksam erfasst haben sollte, galten sie doch in der Rechtswirklichkeit der DDR als enteignet und wurden 1999 und damit vor Inkrafttreten des AFRG von der Beklagten durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau nach Art. 22 Abs. 1 EV eingezogen.
21
ee) Da die M. L. in Folge besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Enteignungen untergegangen ist (vgl. Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen, 2. Aufl., "Landschaften", vor I.), stehen deren Ansprüche aus den von ihr gewährten Darlehen in entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 2 AFRG dem Finanzvermögen gemäß Art. 22 Abs. 1 EV und damit ebenfalls der Beklagten zu.
22
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Zahlung des Klägers an die Beklagte auch nicht deshalb ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die schuldrechtlichen Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehen infolge der Enteignung der Grundstücke erloschen gewesen wären. Mit der Überführung der Grundstücke in Volkseigentum gingen zwar die darauf lastenden Grundpfandrechte unter, die durch die eingetragenen dinglichen Rechte gesicherten persönlichen Forderungen blieben hingegen bestehen (vgl. Begr. RegE AFRG BT-Drucks. 15/4640 S. 10; vgl. LG Leipzig RÜ BARoV 1999 Nr. 5 S. 17, 18; Kiethe, in: RVI, B 100 Vorb. §§ 18, 18 a, 18 b VermG Rdn. 7; Niebur, in: Fieberg/Reichenbach/ Messerschmidt/Verstegen, VermG, § 27 Rdn. 20; Kuhlmey OVspezial 2000, 265, 266). Dies gilt auch für die Forderungen, die im Zeitpunkt der Grundstücksenteignung der Deutschen Demokratischen Republik zustanden , obwohl damit der Gläubiger der persönlichen Forderung zugleich Eigentümer der zur Sicherung dieser Forderung mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücke wurde.
23
Anders als die Revision meint, sind die Forderungen auch nicht mit der Enteignung des landwirtschaftlichen Betriebs analog § 1181 BGB erloschen. Diese Norm regelt nur das Erlöschen der Hypothek, aber nicht die Wirkung der Befriedigung aus dem Grundstück auf die persönliche Forderung (vgl. MünchKommBGB/Eickmann, 4. Aufl. § 1181 Rdn. 12; Staudinger /Wolfsteiner, BGB Neubearb. 2002 § 1181 Rdn. 18).
24
Abgesehen davon ist hier entgegen der Auffassung der Revision mit der Enteignung nicht die (zwangsweise) Befriedigung der Forderung verbunden gewesen. Der Eigentumsübergang stand vielmehr in keinem Zusammenhang mit der Befriedigung der Darlehensforderungen. Diese hätte wegen der grundpfandrechtlichen Absicherung der Darlehen zwar auch aus den Grundstücken erfolgen können. Dazu wäre aber die Ein- haltung des Vollstreckungsverfahrens, also der gerichtliche Verkauf des Grundstücks und die Verteilung des Erlöses notwendig gewesen (so z.B. später § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Vollstreckung in Grundstücke und Gebäude vom 18. Dezember 1975, GBl. DDR 1976 I S. 1). Darum geht es hier nicht. Der Eigentumsübergang beruhte allein auf der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 (GBl. DDR 1952 S. 615), weil der Vater des Klägers die Deutsche Demokratische Republik verlassen hatte, ohne die polizeilichen Meldevorschriften zu beachten.
25
3. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, durch die entschädigungslose Enteignung der Grundstücke des landwirtschaftlichen Anwesens sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Geschäftsgrundlage der Darlehensverträge weggefallen und daher der jeweilige Gläubiger nach § 242 BGB gehindert gewesen, den Schuldner auf Rückzahlung der Darlehen in Anspruch zu nehmen.
26
Die a) Begründung, mit der das Berufungsgericht verneint hat, dass der Fortbestand des früheren landwirtschaftlichen Betriebes Geschäftsgrundlage der in Rede stehenden Darlehensverträge gewesen sei, lässt keine Rechtsfehler erkennen.
27
aa) Fehlerfrei ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass Geschäftsgrundlage nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und nicht beanstandeten Vorstellungen des anderen Vertragsteils von dem Vor- handensein oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien sich aufbaut, sind (Senatsurteile vom 4. November 1997 - XI ZR 261/96, WM 1998, 23, 24 und vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281, 2283, insoweit in BGHZ 152, 114 ff. nicht abgedruckt, jeweils m.w.Nachw.). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht für den Fortbestand des früheren landwirtschaftlichen Betriebes nicht als gegeben erachtet, ohne dass ihm insoweit Rechtsfehler unterlaufen wären.
28
bb) Grundsätzlich trägt allein der Darlehensnehmer das Risiko, ob und aus welchen Mitteln ihm die Rückzahlung des Darlehens möglich ist. Dass hier bei Abschluss der Darlehensverträge etwas anderes galt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch die Revision macht das nicht geltend.
29
cc) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, ist der Fortbestand des landwirtschaftlichen Betriebes auch nicht dadurch zur Geschäftsgrundlage der Darlehensverträge geworden, dass letztere Gegenstand von Entschuldungsverfahren nach dem Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnisse vom 1. Juni 1933 (RGBl. I S. 331) waren. Die Entschuldungsverfahren dienten lediglich dem Zweck, die Verschuldung eines landwirtschaftlichen Betriebes allmählich bis auf die Grenze der Mündelsicherheit zurückzuführen (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes ). Das Gesetz enthält jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass hierdurch Einfluss auf die Geschäftsgrundlage der betroffenen Darlehensverträge genommen werden und die Rückführung der Darlehen nur noch aus den Erträgen des landwirtschaftlichen Betriebes erfolgen sollte.
30
Im b) Übrigen lägen die Voraussetzungen für einen Wegfall der Rückzahlungsverpflichtung im Wege der Vertragsanpassung nach § 242 BGB selbst dann nicht vor, wenn der Fortbestand des landwirtschaftlichen Betriebes Geschäftsgrundlage der Darlehensverträge geworden wäre. Denn nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigt eine Vertragsanpassung. Weitere Voraussetzung ist vielmehr, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung zu einem untragbaren Ergebnis führen würde und der betroffenen Partei daher nicht zumutbar ist (BGHZ 121, 378, 393; 127, 212, 218; 128, 230, 238). Die danach erforderliche umfassende Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände (Senat BGHZ 127, 212, 218) lässt hier nicht erkennen, dass die Rückzahlung der Darlehensvaluta für den Kläger unzumutbar gewesen wäre. Zwischen der Gewährung der Kredite und der Enteignung der Grundstücke lag ein Zeitraum von 14 bis 29 Jahren, in denen die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb zur Rückführung der Darlehen genutzt werden konnten. Zudem hat der Kläger die Grundstücke 1996 zurückerhalten, so dass er sie seitdem wieder wirtschaftlich nutzen kann. Der in der Zwischenzeit fehlenden Nutzungsmöglichkeit hat die Beklagte bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie Zinsen erst für die Zeit nach der Restitution der Grundstücke verlangt hat.
31
4. Angesichts der Rückübertragung der Grundstücke auf den Kläger hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision auch zu Recht angenommen, dass die Beklagte trotz der ursprünglichen Enteignung nicht wegen grob pflichtwidrigen Verhaltens nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) an der Geltendmachung ihrer Darlehensrückzahlungsansprüche gehindert war.

32
Der Einwand, dass die Ausübung eines Rechts gegen § 242 BGB verstößt, führt nicht zwingend zum endgültigen Erlöschen dieses Rechtes. Maßgeblich für die Beurteilung der Treuwidrigkeit ist vielmehr der Zeitpunkt der Geltendmachung des Rechts. Sofern die Situation in tatsächlicher Hinsicht noch reversibel ist, kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs nachträglich entfallen (BGHZ 52, 365, 368; BGH, Urteil vom 1. Februar 1952 - V ZR 16/51, NJW 1952, 420, 421).
33
Das ist hier der Fall. Auch wenn die Enteignung von der Deutschen Demokratischen Republik als endgültig angesehen wurde, konnte der Eigentumsverlust doch rückgängig gemacht werden. Dies hat die Beklagte mit der Restitution der Grundstücke nach § 6 Abs. 6 a VermG getan, bevor sie - zwei Jahre später - die Rückzahlung der Darlehen verlangt hat. Damit konnte der Kläger die Grundstücke im Zeitpunkt der Geltendmachung der Darlehensforderungen wieder wirtschaftlich nutzen. Die Zahlungsaufforderung der Beklagten, die Zinsen erst für die Zeit nach der Rückgabe der Grundstücke verlangt hat, stellt deshalb keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar (im Ergebnis ebenso Peters JZ 2002, 101, 102).
34
5. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Zahlung des Klägers an die Beklagte auch nicht deshalb rechtsgrundlos erfolgt, weil die von der Beklagten geltend gemachten Darlehensrückzahlungsansprüche infolge Zeitablaufs verwirkt gewesen wären.
35
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere , auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten , die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st.Rspr., vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2004 – XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 m.w.Nachw.).
36
b) Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Unabhängig von der Frage, aus welchen Gründen die Darlehensrückzahlungsansprüche bis 1998 nicht geltend gemacht wurden und ob deshalb ein Vertrauenstatbestand gesetzt worden ist, fehlt es jedenfalls an den erforderlichen Anhaltspunkten dafür, dass sich der Kläger oder sein Rechtsvorgänger wegen der Untätigkeit der Deutschen Demokratischen Republik und der Beklagten tatsächlich darauf eingerichtet haben, nicht mehr auf Rückzahlung in Anspruch genommen zu werden (vgl. zu dieser Voraussetzung BGHZ 25, 47, 52; Senat BGHZ 137, 69, 76; BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02, WM 2003, 1425, 1426). Vielmehr hat der Kläger die Forderung nach schriftlicher Aufforderung durch die Beklagte vorbehaltlos beglichen. Auch die Revision legt nicht dar, dass das Berufungsgericht für die Beurteilung dieser Frage wesentlichen Sachvortrag übersehen habe. Da es in diesem Zusammenhang nur darauf ankommt, ob der Kläger tatsächlich Vertrauensinvestitionen getätigt hat, ist unerheblich, ob er eventuell bestehende Zweifel an der Berechtigung der Forderung erkennen konnte.
37
Schließlich 6. steht dem Kläger auch kein Bereichungsanspruch aus § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil er auf eine verjährte Forderung gezahlt hat. Waren die Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten im März 1999 bereits verjährt (vgl. Senat BGHZ 148, 90, 93 ff.), ist die Rückforderung der zur Befriedigung dieser Ansprüche geleisteten Beträge nach § 813 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB (gemäß Art. 229 §§ 5, 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) ausgeschlossen.
38
Der a) Anwendung des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. steht - anders als die Revision meint - nicht entgegen, dass die Verjährung derartiger Forderungen im Zeitpunkt der Leistung höchstrichterlich noch nicht geklärt war. Da diese Vorschrift unabhängig davon gilt, ob der Leistende Kenntnis von der Verjährung hatte, kommt es gleichfalls nicht darauf an, ob die Verjährung klar ersichtlich oder möglicherweise rechtlich zweifelhaft war. Der Regelungszweck der Norm, Rechtsfrieden zu schaffen (Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, 2. Aufl. S. 52; Medicus, Schuldrecht II 12. Aufl. Rdn. 643), greift gerade auch in letzterem Fall ein.
39
Ohne b) Erfolg beruft sich die Revision weiter darauf, dass die Leistung des Klägers nicht freiwillig erfolgt und deshalb die Ausnahmeregelung des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. nicht anwendbar sei. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine unfreiwillige Leistung nur dann gegeben, wenn der Gläubiger die Vollstreckung betrieben oder der Schuldner geleistet hat, um die Durchführung der Zwangsvollstreckung zu vermeiden (Senatsurteil vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 180/92, WM 1993, 2041, 2043 f. m.w.Nachw.). Dies ist hier nicht der Fall, da die Beklagte nur die Kündigung der Darlehen erklärt und Zahlung verlangt hat, ohne mit der zwangsweisen Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche zu drohen. Einen Vollstreckungstitel hatte sie nicht erwirkt.
40
Auch c) der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung schließt die Anwendung von § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. zugunsten der Beklagten nicht aus. Entgegen der Auffassung der Revision bestand keine Verpflichtung der Beklagten, gegenüber dem Kläger die damals bestehende Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Verjährung zu offenbaren.
41
aa) Die Beklagte war als Hoheitsträgerin nicht gehalten, die Verjährung von Amts wegen zu berücksichtigen und die privatrechtlichen Darlehensrückzahlungsansprüche allein deshalb nicht mehr geltend zu machen. Sogar im öffentlichen Recht begründet die Verjährung eines Anspruchs entsprechend § 222 Abs. 1 BGB a.F. bzw. § 214 Abs. 1 BGB n.F. nur eine Einrede, soweit keine abweichende Sonderregelung, wie z.B. im Abgabenrecht, existiert (de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 487; Knack/Henneke, VwVfG 8. Aufl. Vor § 53 Rdn. 2; Kopp/Ramsauer, VwVfG 9. Aufl. § 53 Rdn. 2, 4; Lange, Die verwaltungsrechtliche Verjährung S. 67 ff., 76; MünchKommBGB /Grothe, 4. Aufl. § 222 Rdn. 1, 2; Staudinger/F. Peters, BGB Neubearb. 2004 § 214 Rdn. 42; Stelkens/Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG 6. Aufl. § 53 Rdn. 3 a, b; Dörr DÖV 1984, 12, 17; a.A. Haenicke NVwZ 1995, 348, 349).
42
bb) Die Beklagte musste den Kläger auch nicht auf die Einrede der Verjährung bzw. auf die bestehende Rechtsunsicherheit hinweisen.
43
Zwar wird in der Literatur vertreten, nach §§ 24 f. VwVfG sei eine Behörde unter Umständen verpflichtet, den Bürger auf die Möglichkeit der Verjährungseinrede hinzuweisen (so de Wall aaO; Staudinger/ F. Peters aaO; Dörr aaO für den Fall der Geltendmachung einer verjährten Forderung mittels Leistungsbescheides; Stelkens/Sachs aaO Rdn. 3 b: Hinweispflicht bei wenig geschäftskundigen Personen). Habe die Behörde diesen Hinweis pflichtwidrig unterlassen, könne sie sich nicht auf § 222 Abs. 2 BGB a.F., § 214 Abs. 2 BGB n.F. berufen (Staudinger/F. Peters aaO Rdn. 43).
44
Diese Hinweispflicht gilt aber nicht für zivilrechtliche Forderungen, die von einem Hoheitsträger aus übergegangenem Recht geltend gemacht werden. Gemäß § 1 Abs. 1, 2 VwVfG gelten die Vorschriften dieses Gesetzes - wie etwa §§ 24 f. VwVfG, aus denen die Hinweispflicht abgeleitet wird - nur für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der im einzelnen genannten Behörden, nicht aber für rein fiskalisches Handeln im engeren Sinne wie z.B. den Abschluss von Verträgen im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Erhaltung des Finanz- und Verwaltungsvermögens (Knack/Meyer, VwVfG 8. Aufl. § 1 Rdn. 72 f.; Kopp/ Ramsauer, VwVfG 9. Aufl. § 1 Rdn. 16). Mangels vergleichbarer Interessenlage kommt im Fall der Geltendmachung einer zivilrechtlichen Forderung aus übergegangenem Recht auch eine analoge Anwendung der Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht in Betracht (vgl. Knack/Meyer aaO allgemein zum fiskalischen Handeln). Der betroffene Bürger ist hier nicht in gleicher Weise schutzbedürftig, weil die Behörde einen rein zivilrechtlichen Anspruch nicht durch Leistungsbescheid festsetzen und sich so selbst einen Vollstreckungstitel verschaffen kann. Sie muss vielmehr ihrerseits Zahlungsklage erheben, wenn der Bürger sich weigert zu zahlen.
45
Gegen eine Hinweispflicht spricht hier ferner, dass auf der einen Seite für den Kläger angesichts des langen Zeitraums zwischen der Gewährung der Darlehen und dem Rückzahlungsverlangen der Beklagten die immerhin bestehende Möglichkeit des zwischenzeitlichen Eintritts der Verjährung auch ohne besondere Rechtskenntnisse erkennbar war. Auf der anderen Seite musste die Beklagte trotz des Zeitablaufs nicht zwingend davon ausgehen, dass die in Rede stehenden Forderungen tatsächlich verjährt waren. Dies hatte etwa das Oberlandesgericht Braunschweig in einem Urteil vom 11. September 2000 (OVspezial 2000, 328 (LS), Vorinstanz zu BGHZ 148, 90) für Ansprüche auf Rückzahlung von vor 1934 gewährten Darlehen abgelehnt. Dass die Beklagte von der Verjährung der Forderungen ausgegangen ist, diese aber bewusst verschwiegen hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Verfahrensfehler macht die Revision insoweit nicht geltend.
46
Das d) Berufungsgericht hat schließlich zu Recht angenommen, dass die Beklagte nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, wenn sie sich gegenüber dem Kläger auf § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. beruft, obwohl sie nach der Entscheidung des Senats vom 12. Juni 2001 (BGHZ 148, 90) von anderen Schuldnern nicht mehr die Rückzahlung vergleichbarer Darlehen verlangt hat.
47
Es kann insoweit dahinstehen, ob die Beklagte bei der Geltendmachung von zu ihrem Finanzvermögen gehörenden privatrechtlichen Forderungen nach Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebunden ist (vgl.
Dreier, Grundgesetz 2. Aufl. Art. 1 III Rdn. 65 ff.; Jarass/Pieroth, Grundgesetz 7. Aufl. Art. 1 Rdn. 28 f.). Denn die unterschiedliche Behandlung des Klägers im Vergleich zu denjenigen Darlehensschuldnern, die nach dem Senatsurteil BGHZ 148, 90 nicht mehr in Anspruch genommen wurden , ist jedenfalls gerechtfertigt (dazu Dreier/Heun aaO Art. 3 Rdn. 25 ff.; Jarass/Pieroth aaO Art. 3 Rdn. 14 ff.). Die höchstrichterliche Entscheidung über die Verjährung derartiger Darlehensrückzahlungsansprüche stellt in Verbindung mit der Regelung des § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung der Schuldner dar. Die Beklagte ist als Hoheitsträgerin nicht nur berechtigt, sondern haushaltsrechtlich grundsätzlich sogar gehalten, ihr zustehende Forderungen einzuziehen (vgl. §§ 34 Abs. 1, 58, 59 BHO), unabhängig davon, ob deren Bestehen bzw. Einredefreiheit eindeutig ist. Dies galt bis zu der genannten Senatsentscheidung auch für Darlehensrückzahlungsansprüche der hier in Rede stehenden Art. Die betroffenen Schuldner, auch der Kläger, hatten wie gegenüber einem privaten Gläubiger die Möglichkeit, die Erfüllung abzulehnen und die Beklagte zu veranlassen, Zahlungsklage zu erheben und die Berechtigung der Forderungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes, dass derartige Forderungen regelmäßig bereits verjährt seien, kam deren weitere Geltendmachung nicht mehr in Betracht, weil eine Zahlungsklage danach offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

III.


48
Die Revision des Klägers war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Joeres Müller Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.07.2003 - 23 O 77/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.10.2004 - 25 U 132/03 -
22
(1) Soweit das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt (Urteil vom 20. April 2005 - 23 U 155/04, Juris Tz. 32) darin eine Verwirkung des Bereicherungsanspruchs der Klägerin sehen will, fehlen Feststellungen. Eine Verwirkung setzt voraus, dass sich der Anspruchsgegner wegen der Untätigkeit des Anspruchsinhabers über einen gewissen Zeitraum hin ("Zeitmoment") bei objektiver Betrachtung darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dieser werde von seinem Recht nicht mehr Gebrauch machen ("Umstandsmoment") (st.Rspr., vgl. BGHZ 167, 25, 36 Tz. 35 und Senatsurteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 m.w.Nachw.).
39
(1) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat er sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und be- sondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230 Rn. 13 m.w.N.). Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen , weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, VersR 2014, 225 Rn. 30).
40
b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
37
(1) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere , auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
23
Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf (sog. Zeitmoment) das Vorliegen besonderer, ein Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände voraus (sog. Umstandsmoment). Zwischen diesen Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung insofern , als der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGHZ 146, 217, 224 f.). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (MünchKomm/Roth § 242 BGB Rdn. 469 m.w.N.; Schmidt-Futterer/Gather Mietrecht 8. Aufl. § 548 Rdn. 19).
7
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Rechtsgedanke der Verwirkung, der auch im Miet- und Pachtrecht gilt, ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens. Danach ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf das Vorliegen besonderer, ein solches Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände voraus. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (Senatsurteile vom 17. November 2010 - XII ZR 124/09 - NJW 2011, 445 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 22/07 - NZM 2010, 240 Rn. 32 mwN).
40
b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
37
(1) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere , auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 248/02 Verkündet am:
20. Mai 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO n.F. § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2
Eine unwirksame Beschränkung der Zulassung einer Revision durch das
Berufungsgericht führt auch nach § 543 ZPO n.F. dazu, daß allein die
Beschränkung, nicht aber die Zulassung der Revision unwirksam ist mit
der Folge, daß die Revision unbeschränkt zugelassen ist.
BGB a.F. § 276 (Fb)
Eine etwa gegebene Aufklärungspflichtverletzung der Bank, die es unterlassen
hat, den Darlehensnehmer über die Nachteile einer Finanzierung
mittels Festkredit und Kapitallebensversicherung zu unterrichten,
rechtfertigt keinen Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückabwicklung
des Darlehensvertrages, sondern nur auf Ersatz der durch die
gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 20. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Joeres, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den
Richter Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Januar 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verlangt von der beklagten Bank die Rückabwicklung eines Realkreditvertrages, den er mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Finanzierung des Kaufpreises einer Eigentumswohnung geschlossen hat. Er begehrt die Erstattung gezahlter Zinsen und entstandener Aufwendungen in Höhe von insgesamt 37.500,25 (= 73.344,12 DM) nebst Zinsen, die Freistellung von allen Verpflichtungen aus dem Darlehen, die Rückabtretung der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung sowie die Feststellung, daß die Beklagte ihm alle weiteren im Zusammenhang mit dem Kauf und der Finanzierung der Ei-
gentumswohnung entstandenen Schäden zu ersetzen hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Zur Finanzierung des Kaufpreises von 69.215 DM für eine im November 1990 zu Steuersparzwecken erworbene Eigentumswohnung, von 14.542 DM für einen Tiefgaragenplatz und der Nebenkosten nahm der Kläger mit Vertrag vom 19./22. November 1990 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Darlehen über 102.000 DM auf. Die Tilgung des Festdarlehens war zunächst ausgesetzt und sollte über eine gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherung erfolgen. Eine Widerrufsbelehrung im Sinne des Haustürwiderrufsgesetzes wurde dem Kläger nicht erteilt.
Seit Januar 2001 leistet der Kläger auf das Darlehen keine Zahlungen mehr. Er hat seine am 19. November 1990 in den Geschäftsräumen der Beklagten abgegebene auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung gemäß § 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) widerrufen und macht geltend, der Vermittler W. B. habe ihn Ende Oktober 1990 mehrfach in seiner Privatwohnung aufgesucht und zum Abschluß der Verträge überredet. Außerdem treffe die Beklagte ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden. Insbesondere habe sie es pflichtwidrig unterlassen , auf die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises, die darin "versteckte Innenprovision" sowie auf die Nachteile hinzuweisen, die sich aus einer Finanzierung durch Festkredit und Kapitallebensversicherung ergäben.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Re- vision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A.


Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Zulassung der Revision nicht auf etwaige Ansprüche, die dem Kläger aus einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages nach § 3 HWiG zustehen können, beschränkt.
Zwar hat das Berufungsgericht die im Tenor nicht eingeschränkte Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen ausschließlich damit begründet, daß sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) möglicherweise Auswirkungen auf den Anwendungsbereich der nationalen Regelung des § 1 Abs. 1 HWiG ergeben könnten. Zu Recht weist die Revisionserwiderung auch darauf hin, daß sich eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur aus dem Urteilstenor, sondern auch aus der Begründung ergeben kann, die für die Zulassung gegeben wird (BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urteil vom 9. März 2000 - III ZR 356/98, NJW 2000, 1794, 1796, m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 144, 59 nicht abgedruckt ). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung enthalten
die Urteilsgründe hier aber jedenfalls keine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung.
Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; jeweils m.w.Nachw.). Danach scheidet hier die Beschränkung der Zulassung auf Ansprüche aus § 3 HWiG aus, da es sich insoweit nur um eine von mehreren möglichen Anspruchsgrundlagen für den geltend gemachten Zahlungs- und Freistellungsanspruch handelt.
Bei einer unzulässigen Beschränkung der Revisionszulassung muß das angefochtene Urteil in vollem Umfang überprüft werden (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615 m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 88, 85 ff. nicht abgedruckt). An diesem Grundsatz ist auch nach der Änderung des Rechtsmittelrechts festzuhalten. Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (MünchKomm-Wenzel, ZPO 2. Aufl., Aktualisierungsband § 543 Rdn. 29; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 16). Dies folgt schon daraus, daß das Revisionsgericht an die Zulassung, soweit sie reicht, gebunden ist (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO), auch wenn sich die Entscheidung des Berufungsgerichts als fehlerhaft erweist (MünchKommWenzel aaO Rdn. 44).

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Ein Widerruf gemäß § 1 HWiG a.F. scheide aus, da bei Abschluß des Darlehensvertrages eine zum Widerruf berechtigende Haustürsituation im Sinne des § 1 HWiG a.F. nicht mehr vorgelegen habe. Aufklärungspflichten habe die Beklagte nicht verletzt. Ein etwaiges Fehlverhalten des Vermittlers müsse sie sich nicht über § 278 BGB zurechnen lassen. Auch ein Einwendungsdurchgriff scheide aus, da Kaufvertrag und Darlehensvertrag kein verbundenes Geschäft seien.

II.


Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt , daß der Kläger seine zum Abschluß des Darlehensvertrages führende Willenserklärung nicht wirksam gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. widerrufen hat.


a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht einem Widerruf allerdings nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Senatsurteil vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 19/88, WM 1989, 354, 355; BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02, NJW 2003, 824; jeweils m.w. Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Schützenswertes Vertrauen in den Bestand eines die Voraussetzungen des § 1 HWiG a.F. erfüllenden Darlehensvertrages kann bei dem Kreditgeber nicht entstehen, wenn dem Kunden - wie hier - keine Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erteilt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63). Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, läßt keinen Schluß darauf zu, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen.

b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht in einer Haustürsituation geschlossen. Es fehle angesichts des zeitlichen Abstands von rund drei Wochen zwischen den Besuchen des Vermittlers in der Privatwohnung des Klägers im Oktober 1990 und dem in den Räumen der Bank gestellten Antrag auf Gewährung eines Darlehens am 19. November 1990 sowie angesichts des zwischenzeitlich vom Kläger abgegebenen notariell beurkundeten Angebots zum Abschluß des
Kaufvertrages an der Fortdauer des Überrumpelungseffekts, vor dem das Haustürwiderrufsgesetz schützen wolle.
Zwar setzt § 1 Abs. 1 HWiG a.F. nicht den Abschluß des Vertrages in der Haustürsituation voraus, sondern es genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluß ursächlich war. Auch wird ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. und der Vertragserklärung vom Gesetz nicht gefordert. Bei zunehmendem zeitlichen Abstand wird aber die Indizwirkung für die Kausalität entfallen (BGHZ 131, 385, 392 m.w.Nachw.). Ob sich der Darlehensnehmer auch bei einem größeren zeitlichen Abstand zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Vertragsschluß durch einen Verstoß gegen § 1 HWiG a.F. in einer Lage befindet, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen (BGHZ 123, 380, 393 m.w.Nachw.), ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalles (Senatsurteile vom 21. Januar 2003 - XI ZR 125/02, WM 2003, 483, 484 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921) und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint worden. Einen konkreten Verfahrensfehler zeigt die Revision nicht auf, sondern wendet sich unbehelflich gegen die tatrichterliche Würdigung.
Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) ist insoweit ohne Bedeutung. Der Europäische Gerichtshof hat darin zu den Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 1 der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäfts-
räumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG, ABl. Nr. L 372/31 vom 31. Dezember 1985) keine Stellung genommen, sondern eine Haustürsituation im Sinne dieser Richtlinie vorausgesetzt (aaO S. 2436).
2. Rechtlich nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten verneint hat.

a) Eine kreditgebende Bank ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, daß die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urteil vom 18. April 1988 - II ZR 251/87, WM 1988, 895, 898; Senatsurteile
vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, WM 1992, 133, vom 17. Dezember 1991 - XI ZR 8/91, WM 1992, 216, 217, vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 902, vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 und vom 12. November 2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161).

b) Das Berufungsgericht hat zu Recht keine Umstände festgestellt, die ausnahmsweise die Annahme einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten rechtfertigen würden. Auch die Revision zeigt solche Umstände nicht auf.
aa) Ihr Einwand, das Berufungsgericht hätte angesichts eines weit überteuerten Kaufpreises, der doppelt so hoch wie der Wert der Wohnung gewesen sei, eine Aufklärungspflicht der Beklagten wegen eines - für sie erkennbaren - konkreten Wissensvorsprungs bejahen müssen, greift nicht. Wie auch die Revision nicht verkennt, begründet ein Wissensvorsprung der Bank darüber, daß der vom Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts steht, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keine Aufklärungspflicht (vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 1987 - III ZR 235/86, WM 1987, 1426, 1428, vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 563, vom 11. Februar 1999 - IX ZR 352/97, WM 1999, 678, 679 und Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 sowie vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Denn es gehört zu den eigenen Aufgaben des Käufers, auch wenn der Kauf kreditfinanziert wird, die Angemessenheit des Kaufpreises zu prüfen.

Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt danach nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Bank bei einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247 m.w.Nachw., vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Das ist hier entgegen der Auffassung der Revision aber nicht der Fall. Nicht jedes , auch nicht jedes auffällige Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führt zur Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann von einem besonders groben Mißverhältnis, das eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, vielmehr erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGHZ 146, 298, 302 ff. m.w.Nachw.; Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Ein solches Mißverhältnis bestand hier aber nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht verwiesen hat, schon nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers nicht. Einem Wert der Eigentumswohnung von mindestens 38.000 DM stand danach ein Kaufpreis von 69.215 DM gegenüber. Die hieraus folgende Überteuerung von rund 80% genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Feststellung der Sittenwidrigkeit allein nicht (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Der Hinweis der Revision auf den Gesamtkaufpreis von 83.757 DM rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Von diesem Betrag entfielen nämlich ausweislich des
notariellen Kaufvertrages 14.542 DM auf den Kauf eines Tiefgaragenstellplatzes.
bb) Die Beklagte war auch nicht wegen einer im Kaufpreis enthal- tenen "versteckten Innenprovision" aufklärungspflichtig. Bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen ist das finanzierende Kreditinstitut grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über eine im finanzierten Kaufpreis enthaltene "versteckte Innenprovision" aufzuklären. Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Innenprovision zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt, daß die Bank - anders als hier - von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/02, Umdruck S. 8 ff.; so für den Immobilienverkäufer auch BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, Umdruck S. 5 ff.).
Der Hinweis der Revision auf das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. März 1999 (1 StR 50/99, NStZ 1999, 555 f.) geht fehl. Der 1. Strafsenat hat dort lediglich eine Verurteilung von Vertriebsmitarbeitern wegen Betrugs aufgehoben, weil ein Vermögensschaden der Anleger nicht ordnungsgemäß festgestellt worden war. Für die Aufklärungspflicht einer kreditgebenden Bank ist die Entscheidung ohne Bedeutung, so daß eine von der Revision angeregte Anrufung der Vereinigten Großen Senate nicht in Betracht kommt.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Beklagte ihre Auf- klärungspflichten auch nicht dadurch verletzt, daß sie nicht auf etwaige wirtschaftliche Nachteile der Finanzierung des Kaufpreises durch Festkredit kombiniert mit einer neu abgeschlossenen Lebensversicherung hingewiesen hat.
Die Bank ist im Regelfall nicht gehalten, den Kreditsuchenden von sich aus auf mögliche Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der von ihm gewählten Kreditart hinzuweisen. Zwar gilt dies nicht in den Fällen, in denen sie dem Kunden anstelle eines von ihm gewünschten üblichen Ratenkredits einen mit einer Kapitallebensversicherung verbundenen Kreditvertrag anbietet, obwohl ein Versicherungsbedürfnis nicht besteht und die Vertragskombination für den Kunden wirtschaftlich ungünstiger ist als ein marktüblicher Ratenkredit, mit dem der verfolgte Zweck ebensogut erreichbar ist (Senatsurteil BGHZ 111, 117, 120; BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, WM 1989, 665, 666). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Abgesehen davon hat der insoweit darlegungs - und beweispflichtige Kläger die wirtschaftlichen Nachteile gegenüber einem herkömmlichen Annuitätenkredit nicht substantiiert dargetan (zu dieser Voraussetzung vgl. OLG Köln WM 2000, 127, 129). Die pauschale , ohne jeden Bezug zum konkreten Fall aufgestellte Behauptung, die gewählte Finanzierung sei um 1/3 teurer als ein Annuitätendarlehen, reicht hierfür nicht.
Überdies könnte eine etwaige schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten grundsätzlich nicht zu der vom Kläger begehrten Rückabwicklung des Darlehensvertrages, sondern nur zum Ersatz der Vermögensdifferenz, also des Schadens führen, dessen Eintritt die Ein-
haltung der Pflicht verhindern sollte (Senatsurteile BGHZ 116, 209, 213 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/01, Umdruck S. 10; BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02, ZIP 2003, 806 f. m.w.Nachw.). Der Klä- ger könnte danach allenfalls die durch eine ungünstige Finanzierung entstandenen Mehrkosten ersetzt verlangen (BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, aaO S. 667).
3. Die Beklagte muß sich - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch nicht ein Fehlverhalten des Vermittlers B. durch unrichtige Erklärungen über den Wert und die Rentabilität der Eigentumswohnung gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

III.


Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Nobbe Joeres Wassermann Mayen Appl
39
(1) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat er sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und be- sondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230 Rn. 13 m.w.N.). Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen , weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, VersR 2014, 225 Rn. 30).
40
b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
50
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die hier in Rede stehenden Ansprüche auf Schadensersatz und Bereicherungsausgleich gemäß § 102 Satz 1 UrhG, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB der (kurzen) regelmäßigen Verjährung von drei Jahren unterliegen und eine weitere Abkürzung dieser Verjährungsfrist durch Verwirkung nur noch unter ganz besonderen Umständen angenommen werden kann; dem Gläubiger soll die Regelverjährung grundsätzlich ungekürzt erhalten bleiben, um ihm die Möglichkeit zur Prüfung und Überlegung zu geben, ob er einen Anspruch gerichtlich geltend macht (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 20. Juli 2010, EnZR 23/09, NJW 2011, 212 - Stromnetznutzungsentgelt IV, mwN; Urteil vom 11. Oktober 2012, VII ZR 10/11, NJW 2012, 3569; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, juris Rn. 13). Da hier keine besonderen Umstände vorliegen, sind danach auch diejenigen Ansprüche nicht verwirkt, die zum Zeitpunkt der die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmenden Erhebung der Klage im Jahr 2011 nicht verjährt waren. Da die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, waren zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2011 diejenigen Ansprüche verjährt, die auf Verletzungshandlungen gestützt sind, die bis zum 31. Dezember 2007 vorgenommen worden sind. Dagegen waren diejenigen Ansprüche, die auf Verletzungshandlungen gestützt sind, die seit dem 1. Januar 2008 vorgenommen worden sind, nicht verjährt und damit auch nicht verwirkt.

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren:

1.
Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
2.
die empfangenen Handelsbriefe,
3.
Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe,
4.
Belege für Buchungen in den von ihm nach § 238 Abs. 1 zu führenden Büchern (Buchungsbelege).

(2) Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen.

(3) Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, daß die Wiedergabe oder die Daten

1.
mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können.
Sind Unterlagen auf Grund des § 239 Abs. 4 Satz 1 auf Datenträgern hergestellt worden, können statt des Datenträgers die Daten auch ausgedruckt aufbewahrt werden; die ausgedruckten Unterlagen können auch nach Satz 1 aufbewahrt werden.

(4) Die in Absatz 1 Nr. 1 und 4 aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren.

(5) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluß festgestellt, der Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a oder der Konzernabschluß aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 248/02 Verkündet am:
20. Mai 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO n.F. § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2
Eine unwirksame Beschränkung der Zulassung einer Revision durch das
Berufungsgericht führt auch nach § 543 ZPO n.F. dazu, daß allein die
Beschränkung, nicht aber die Zulassung der Revision unwirksam ist mit
der Folge, daß die Revision unbeschränkt zugelassen ist.
BGB a.F. § 276 (Fb)
Eine etwa gegebene Aufklärungspflichtverletzung der Bank, die es unterlassen
hat, den Darlehensnehmer über die Nachteile einer Finanzierung
mittels Festkredit und Kapitallebensversicherung zu unterrichten,
rechtfertigt keinen Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückabwicklung
des Darlehensvertrages, sondern nur auf Ersatz der durch die
gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 20. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Joeres, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den
Richter Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Januar 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verlangt von der beklagten Bank die Rückabwicklung eines Realkreditvertrages, den er mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Finanzierung des Kaufpreises einer Eigentumswohnung geschlossen hat. Er begehrt die Erstattung gezahlter Zinsen und entstandener Aufwendungen in Höhe von insgesamt 37.500,25 (= 73.344,12 DM) nebst Zinsen, die Freistellung von allen Verpflichtungen aus dem Darlehen, die Rückabtretung der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung sowie die Feststellung, daß die Beklagte ihm alle weiteren im Zusammenhang mit dem Kauf und der Finanzierung der Ei-
gentumswohnung entstandenen Schäden zu ersetzen hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Zur Finanzierung des Kaufpreises von 69.215 DM für eine im November 1990 zu Steuersparzwecken erworbene Eigentumswohnung, von 14.542 DM für einen Tiefgaragenplatz und der Nebenkosten nahm der Kläger mit Vertrag vom 19./22. November 1990 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Darlehen über 102.000 DM auf. Die Tilgung des Festdarlehens war zunächst ausgesetzt und sollte über eine gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherung erfolgen. Eine Widerrufsbelehrung im Sinne des Haustürwiderrufsgesetzes wurde dem Kläger nicht erteilt.
Seit Januar 2001 leistet der Kläger auf das Darlehen keine Zahlungen mehr. Er hat seine am 19. November 1990 in den Geschäftsräumen der Beklagten abgegebene auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung gemäß § 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) widerrufen und macht geltend, der Vermittler W. B. habe ihn Ende Oktober 1990 mehrfach in seiner Privatwohnung aufgesucht und zum Abschluß der Verträge überredet. Außerdem treffe die Beklagte ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden. Insbesondere habe sie es pflichtwidrig unterlassen , auf die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises, die darin "versteckte Innenprovision" sowie auf die Nachteile hinzuweisen, die sich aus einer Finanzierung durch Festkredit und Kapitallebensversicherung ergäben.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Re- vision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A.


Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Zulassung der Revision nicht auf etwaige Ansprüche, die dem Kläger aus einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages nach § 3 HWiG zustehen können, beschränkt.
Zwar hat das Berufungsgericht die im Tenor nicht eingeschränkte Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen ausschließlich damit begründet, daß sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) möglicherweise Auswirkungen auf den Anwendungsbereich der nationalen Regelung des § 1 Abs. 1 HWiG ergeben könnten. Zu Recht weist die Revisionserwiderung auch darauf hin, daß sich eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur aus dem Urteilstenor, sondern auch aus der Begründung ergeben kann, die für die Zulassung gegeben wird (BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urteil vom 9. März 2000 - III ZR 356/98, NJW 2000, 1794, 1796, m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 144, 59 nicht abgedruckt ). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung enthalten
die Urteilsgründe hier aber jedenfalls keine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung.
Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; jeweils m.w.Nachw.). Danach scheidet hier die Beschränkung der Zulassung auf Ansprüche aus § 3 HWiG aus, da es sich insoweit nur um eine von mehreren möglichen Anspruchsgrundlagen für den geltend gemachten Zahlungs- und Freistellungsanspruch handelt.
Bei einer unzulässigen Beschränkung der Revisionszulassung muß das angefochtene Urteil in vollem Umfang überprüft werden (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615 m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 88, 85 ff. nicht abgedruckt). An diesem Grundsatz ist auch nach der Änderung des Rechtsmittelrechts festzuhalten. Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (MünchKomm-Wenzel, ZPO 2. Aufl., Aktualisierungsband § 543 Rdn. 29; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 16). Dies folgt schon daraus, daß das Revisionsgericht an die Zulassung, soweit sie reicht, gebunden ist (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO), auch wenn sich die Entscheidung des Berufungsgerichts als fehlerhaft erweist (MünchKommWenzel aaO Rdn. 44).

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Ein Widerruf gemäß § 1 HWiG a.F. scheide aus, da bei Abschluß des Darlehensvertrages eine zum Widerruf berechtigende Haustürsituation im Sinne des § 1 HWiG a.F. nicht mehr vorgelegen habe. Aufklärungspflichten habe die Beklagte nicht verletzt. Ein etwaiges Fehlverhalten des Vermittlers müsse sie sich nicht über § 278 BGB zurechnen lassen. Auch ein Einwendungsdurchgriff scheide aus, da Kaufvertrag und Darlehensvertrag kein verbundenes Geschäft seien.

II.


Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt , daß der Kläger seine zum Abschluß des Darlehensvertrages führende Willenserklärung nicht wirksam gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. widerrufen hat.


a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht einem Widerruf allerdings nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Senatsurteil vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 19/88, WM 1989, 354, 355; BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02, NJW 2003, 824; jeweils m.w. Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Schützenswertes Vertrauen in den Bestand eines die Voraussetzungen des § 1 HWiG a.F. erfüllenden Darlehensvertrages kann bei dem Kreditgeber nicht entstehen, wenn dem Kunden - wie hier - keine Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erteilt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63). Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, läßt keinen Schluß darauf zu, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen.

b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht in einer Haustürsituation geschlossen. Es fehle angesichts des zeitlichen Abstands von rund drei Wochen zwischen den Besuchen des Vermittlers in der Privatwohnung des Klägers im Oktober 1990 und dem in den Räumen der Bank gestellten Antrag auf Gewährung eines Darlehens am 19. November 1990 sowie angesichts des zwischenzeitlich vom Kläger abgegebenen notariell beurkundeten Angebots zum Abschluß des
Kaufvertrages an der Fortdauer des Überrumpelungseffekts, vor dem das Haustürwiderrufsgesetz schützen wolle.
Zwar setzt § 1 Abs. 1 HWiG a.F. nicht den Abschluß des Vertrages in der Haustürsituation voraus, sondern es genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluß ursächlich war. Auch wird ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. und der Vertragserklärung vom Gesetz nicht gefordert. Bei zunehmendem zeitlichen Abstand wird aber die Indizwirkung für die Kausalität entfallen (BGHZ 131, 385, 392 m.w.Nachw.). Ob sich der Darlehensnehmer auch bei einem größeren zeitlichen Abstand zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Vertragsschluß durch einen Verstoß gegen § 1 HWiG a.F. in einer Lage befindet, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen (BGHZ 123, 380, 393 m.w.Nachw.), ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalles (Senatsurteile vom 21. Januar 2003 - XI ZR 125/02, WM 2003, 483, 484 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921) und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint worden. Einen konkreten Verfahrensfehler zeigt die Revision nicht auf, sondern wendet sich unbehelflich gegen die tatrichterliche Würdigung.
Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) ist insoweit ohne Bedeutung. Der Europäische Gerichtshof hat darin zu den Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 1 der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäfts-
räumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG, ABl. Nr. L 372/31 vom 31. Dezember 1985) keine Stellung genommen, sondern eine Haustürsituation im Sinne dieser Richtlinie vorausgesetzt (aaO S. 2436).
2. Rechtlich nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten verneint hat.

a) Eine kreditgebende Bank ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, daß die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urteil vom 18. April 1988 - II ZR 251/87, WM 1988, 895, 898; Senatsurteile
vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, WM 1992, 133, vom 17. Dezember 1991 - XI ZR 8/91, WM 1992, 216, 217, vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 902, vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 und vom 12. November 2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161).

b) Das Berufungsgericht hat zu Recht keine Umstände festgestellt, die ausnahmsweise die Annahme einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten rechtfertigen würden. Auch die Revision zeigt solche Umstände nicht auf.
aa) Ihr Einwand, das Berufungsgericht hätte angesichts eines weit überteuerten Kaufpreises, der doppelt so hoch wie der Wert der Wohnung gewesen sei, eine Aufklärungspflicht der Beklagten wegen eines - für sie erkennbaren - konkreten Wissensvorsprungs bejahen müssen, greift nicht. Wie auch die Revision nicht verkennt, begründet ein Wissensvorsprung der Bank darüber, daß der vom Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts steht, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keine Aufklärungspflicht (vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 1987 - III ZR 235/86, WM 1987, 1426, 1428, vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 563, vom 11. Februar 1999 - IX ZR 352/97, WM 1999, 678, 679 und Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 sowie vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Denn es gehört zu den eigenen Aufgaben des Käufers, auch wenn der Kauf kreditfinanziert wird, die Angemessenheit des Kaufpreises zu prüfen.

Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt danach nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Bank bei einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247 m.w.Nachw., vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Das ist hier entgegen der Auffassung der Revision aber nicht der Fall. Nicht jedes , auch nicht jedes auffällige Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führt zur Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann von einem besonders groben Mißverhältnis, das eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, vielmehr erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGHZ 146, 298, 302 ff. m.w.Nachw.; Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Ein solches Mißverhältnis bestand hier aber nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht verwiesen hat, schon nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers nicht. Einem Wert der Eigentumswohnung von mindestens 38.000 DM stand danach ein Kaufpreis von 69.215 DM gegenüber. Die hieraus folgende Überteuerung von rund 80% genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Feststellung der Sittenwidrigkeit allein nicht (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Der Hinweis der Revision auf den Gesamtkaufpreis von 83.757 DM rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Von diesem Betrag entfielen nämlich ausweislich des
notariellen Kaufvertrages 14.542 DM auf den Kauf eines Tiefgaragenstellplatzes.
bb) Die Beklagte war auch nicht wegen einer im Kaufpreis enthal- tenen "versteckten Innenprovision" aufklärungspflichtig. Bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen ist das finanzierende Kreditinstitut grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über eine im finanzierten Kaufpreis enthaltene "versteckte Innenprovision" aufzuklären. Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Innenprovision zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt, daß die Bank - anders als hier - von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/02, Umdruck S. 8 ff.; so für den Immobilienverkäufer auch BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, Umdruck S. 5 ff.).
Der Hinweis der Revision auf das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. März 1999 (1 StR 50/99, NStZ 1999, 555 f.) geht fehl. Der 1. Strafsenat hat dort lediglich eine Verurteilung von Vertriebsmitarbeitern wegen Betrugs aufgehoben, weil ein Vermögensschaden der Anleger nicht ordnungsgemäß festgestellt worden war. Für die Aufklärungspflicht einer kreditgebenden Bank ist die Entscheidung ohne Bedeutung, so daß eine von der Revision angeregte Anrufung der Vereinigten Großen Senate nicht in Betracht kommt.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Beklagte ihre Auf- klärungspflichten auch nicht dadurch verletzt, daß sie nicht auf etwaige wirtschaftliche Nachteile der Finanzierung des Kaufpreises durch Festkredit kombiniert mit einer neu abgeschlossenen Lebensversicherung hingewiesen hat.
Die Bank ist im Regelfall nicht gehalten, den Kreditsuchenden von sich aus auf mögliche Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der von ihm gewählten Kreditart hinzuweisen. Zwar gilt dies nicht in den Fällen, in denen sie dem Kunden anstelle eines von ihm gewünschten üblichen Ratenkredits einen mit einer Kapitallebensversicherung verbundenen Kreditvertrag anbietet, obwohl ein Versicherungsbedürfnis nicht besteht und die Vertragskombination für den Kunden wirtschaftlich ungünstiger ist als ein marktüblicher Ratenkredit, mit dem der verfolgte Zweck ebensogut erreichbar ist (Senatsurteil BGHZ 111, 117, 120; BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, WM 1989, 665, 666). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Abgesehen davon hat der insoweit darlegungs - und beweispflichtige Kläger die wirtschaftlichen Nachteile gegenüber einem herkömmlichen Annuitätenkredit nicht substantiiert dargetan (zu dieser Voraussetzung vgl. OLG Köln WM 2000, 127, 129). Die pauschale , ohne jeden Bezug zum konkreten Fall aufgestellte Behauptung, die gewählte Finanzierung sei um 1/3 teurer als ein Annuitätendarlehen, reicht hierfür nicht.
Überdies könnte eine etwaige schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten grundsätzlich nicht zu der vom Kläger begehrten Rückabwicklung des Darlehensvertrages, sondern nur zum Ersatz der Vermögensdifferenz, also des Schadens führen, dessen Eintritt die Ein-
haltung der Pflicht verhindern sollte (Senatsurteile BGHZ 116, 209, 213 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/01, Umdruck S. 10; BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02, ZIP 2003, 806 f. m.w.Nachw.). Der Klä- ger könnte danach allenfalls die durch eine ungünstige Finanzierung entstandenen Mehrkosten ersetzt verlangen (BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, aaO S. 667).
3. Die Beklagte muß sich - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch nicht ein Fehlverhalten des Vermittlers B. durch unrichtige Erklärungen über den Wert und die Rentabilität der Eigentumswohnung gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

III.


Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Nobbe Joeres Wassermann Mayen Appl
40
b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 15. März 2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.

2

Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Widerrufsfrist sei abgelaufen. Die Widerrufsbelehrung entspreche zwar nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beklagte könne sich jedoch auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. i.V.m. dem Muster der Anlage 2 hierzu berufen.

4

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Wegen einer inhaltlichen Bearbeitung der Widerrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen.

5

Die Kläger beantragen,

6

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger € 19.009,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Mai 2014 zu zahlen.

7

2. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei XXX in Höhe von 1.878,06 € freizustellen.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen.

10

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie vertritt überdies die Auffassung, der Widerruf sei nicht wirksam gewesen, weil der durch die Prozessbevollmächtigten erklärte Widerruf wegen der fehlenden Originalvollmacht gerügt worden sei. Die Ausübung des Widerrufs stelle auch eine unzulässige Rechtsausübung dar.

11

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

12

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis mit Recht abgewiesen. Der Widerruf der Kläger war zwar wegen der fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht verfristet (1.). Er war auch wirksam erklärt worden (2.). Das Widerrufsrecht der Kläger ist aber verwirkt (3.). Auf die Frage, ob die Ausübung des Widerrufs im Übrigen rechtsmissbräuchlich war, kommt es deshalb nicht mehr an (4.). Einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hätten die Kläger ohnehin nicht (5.).

1.

13

Den Klägern stand zum Zeitpunkt, als sie ihr Widerrufsrecht ausgeübt haben, noch ein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht folgt aus § 495 Abs. 1 BGB in der vom 1. August 2002 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden § 495 BGB a.F.). Die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts war am 28. April 2014 (Widerruf der Kläger) nicht abgelaufen. Die Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der vom 8. Dezember 2004 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im folgenden § 355 BGB a.F.) mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht, die ihnen ihre Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Eine derartige Belehrung haben die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages nicht erhalten, so dass die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen war. Die Belehrung entsprach weder den gesetzlichen Vorgaben (a) noch kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters berufen (b).

a)

14

Die Belehrung entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F., weil die Belehrung über den Fristlauf mit der Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ nicht dem Deutlichkeitsgebot genügte (vgl. BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, Rn. 9 m.w.N.).

b)

15

Aus der BGB-InfoV kann die Beklagte keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten, weil sie gegenüber dem Muster erhebliche Änderungen vorgenommen hat (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 20 ff.; vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, juris Rn. 31).

2.

16

Die Widerrufserklärung der Kläger, die sie durch ihren Bevollmächtigten am 28. April 2014 haben erklären lassen, war auch wirksam. Eine Unwirksamkeit gemäß § 174 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hat den Widerruf nicht „aus diesem Grunde“ unverzüglich zurückgewiesen.

a)

17

Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das Bevollmächtigte gegenüber anderen vornehmen, unwirksam, wenn eine Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt wird und der oder die andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung muss mithin - „aus diesem Grunde“ - gerade wegen des fehlenden Vollmachtsnachweises erklärt werden. Dabei muss die fehlende Vollmachtsvorlage nicht ausdrücklich beanstandet werden. Es reicht aus, wenn sich der Grund der Zurückweisung aus den Umständen eindeutig ergibt und für den Vertragspartner oder die Vertragspartnerin erkennbar ist (BAG, Urteil vom 18. Dezember 1980 - 2 AZR 980/78, juris Rn. 25; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - V ZB 5/12, juris Rn. 9).

b)

18

Danach hat die Beklagte den Widerruf nicht „aus diesem Grunde“ im Sinne von § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Mit dem Schreiben der Beklagten vom 5. Mai 2014 (Anlage B1, Bl. 220 GA) werden die Bevollmächtigten der Kläger im letzten Satz zwar aufgefordert, „zunächst“ eine Vollmacht im Original vorzulegen. Diese Aussage, in der - wenn überhaupt - eine Zurückweisung gesehen werden könnte, wird jedoch durch den Beginn des Schreibens relativiert. Denn dort heißt es, das Schreiben sei (bereits) „zur Bearbeitung“ an die Rechtsabteilung übergeben worden. Nach dem Gesamteindruck liegt darin nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont keine Zurückweisung, sondern allein die Bitte, nachträglich noch die - bereits unterstellt vorhandene - Vollmacht der bloßen Form halber bzw. für die Akten einzureichen.

19

Aus dem Schreiben wird zudem schon nicht deutlich, dass überhaupt zurückgewiesen wird, also der Widerruf nicht wirksam sein soll. Die andere Vertragspartei muss aber erkennen können, dass das einseitige Rechtsgeschäft nicht anerkannt wird; das ist hier nicht der Fall, denn das Nachschieben der Originalvollmacht würde an der Unwirksamkeit nach § 174 Satz 1 BGB nichts ändern. Überdies kann die andere Vertragspartei aus dem Schreiben auch nicht erkennen, ob die Bank die fehlende Vollmachtsvorlage (§ 174 BGB) oder das Fehlen der Vertretungsmacht überhaupt (dann § 180 BGB) beanstandet.

20

Überdies wäre zumindest in der Klageerhebung - konkludent - die Erklärung des Widerrufs zu sehen.

3.

21

Es liegt jedoch ein Ausschluss des - nach dem Gesagten zum Zeitpunkt des erfolgten Widerrufs noch bestehenden - Widerrufsrechts wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vor.

a)

22

Das Widerrufsrecht der Kläger ist verwirkt.

aa)

23

Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner oder die Schuldnerin wegen der Untätigkeit ihres Gläubigers oder ihrer Gläubigerin über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, diese werden ihr Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten der Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen der Verpflichteten rechtfertigen, die Berechtigten werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03; Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04; Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, Rn. 13; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatgericht festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23; Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, Rn. 7 m.w.N.; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40).

24

Auch das Widerrufsrecht kann verwirkt werden. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147; BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39).

25

Erteilen der Unternehmer oder die Unternehmerin eine unrichtige Widerrufsbelehrung, dürfen sie sich allerdings regelmäßig nicht darauf einrichten, dass die Berechtigten von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 1983 - III ZR 30/82, juris Rn. 4; Urteil vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, juris Rn. 18; Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 23; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39). Ein schutzwürdiges Vertrauen können der Unternehmer oder die Unternehmerin grundsätzlich schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt haben, indem sie keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt haben (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39).

bb)

26

Vorliegend kann die beklagte Sparkasse sich ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen (1). Deren Voraussetzungen sind erfüllt (2).

(1)

27

Die Beklagte kann sich ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen.

28

Zwar kommt eine Verwirkung nach dem Vorstehenden regelmäßig nicht in Betracht, wenn die Unternehmerin, hier die Beklagte, dem Verbraucher oder der Verbraucherin, hier den Klägern, eine falsche Widerrufsbelehrung erteilt. Gleichwohl darf sich die Unternehmerin in Einzelfällen darauf einrichten, dass der Darlehensnehmer oder die Darlehensnehmerin von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch macht. Dies namentlich dann, wenn der Darlehensvertrag vollständig abgewickelt ist (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen der Unternehmerin auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihr erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und sie es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher oder die Verbraucherin gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB nachzubelehren. Denn zwar besteht die Möglichkeit der Nachbelehrung auch nach Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags von Gesetzes wegen fort. Eine Nachbelehrung ist indessen nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich, weil die Willenserklärung des Verbrauchers oder der Verbraucherin, deren fortbestehende Widerruflichkeit in das Bewusstsein des Verbrauchers oder der Verbraucherin zu rücken Ziel der Nachbelehrung ist, für diese keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).

29

An diesen Maßstäben gemessen, kann sich die Beklagte vorliegend ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen. Der zwischen den Parteien geschlossene Verbraucherdarlehensvertrag ist nach Kündigung durch die Kläger am 4. März 2013 spätestens mit Zahlung des von der Beklagten im Schreiben vom 14. April 2013 geforderten Ablösebetrags, der bis zum 16. September 2013 zu zahlen war und unstreitig gezahlt wurde, beendet.

30

Der Umstand, dass durch eine vorzeitige Abwicklung des Darlehens gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nicht die vertragliche Bindung beseitigt wird, sondern lediglich die geschuldete Leistung vorzeitig erbracht wird (BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96, juris Rn. 18), ändert an der Beendigung nichts. Denn mit der Erbringung der geschuldeten Leistung - ob vorzeitig oder nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit - ist der (ggf. modifizierte) Vertrag beendet. Davon zu unterscheiden ist die aus dieser Rechtsprechung resultierende Folge, dass das Widerrufsrecht von einer Kündigung oder sonstigen vorzeitigen Ablösung des Darlehens unberührt bleibt (vgl. dazu OLG Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 - 4 U 194/11, juris Rn. 34).

(2)

31

Die Voraussetzungen der Verwirkung, die im Übrigen vorliegen müssen (OLG Celle, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 13 U 205/13, juris Leitsatz 2 und Rn. 50; Senat, Beschluss vom 16. Februar 2015 - 5 U 110/14, n.v.; OLG Celle, Urteil vom 21. Mai 2015 - 13 U 38/14, juris Rn. 70 ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 26. August 2015 - 17 U 202/14, juris Rn. 35 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, juris Rn. 32; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Januar 2016 - 17 U 16/15, juris Rn. 33), sind erfüllt.

32

Sowohl das Zeitmoment (a) als auch das Umstandsmoment sind erfüllt (b).

(a)

33

Das Zeitmoment ist erfüllt.

34

Die für das Zeitmoment maßgebliche Frist beginnt mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40).

35

Die Dauer des Zeitmoments richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von den Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestands und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit der Verpflichteten (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 93). Es muss jedenfalls eine längere Zeit verstrichen sein (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 93); die Regelverjährung von drei Jahren muss den Berechtigten regelmäßig ungekürzt zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, Rn. 22; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, Rn. 13; Urteil vom 6. Februar 2014 - I ZR 86/12, Rn. 50).

36

An diesen Maßstäben gemessen ist im hier vorliegenden Einzelfall das Zeitmoment erfüllt. Nach dem Vertragsschluss im November 2006 vergingen bis zum Widerruf mit Schreiben vom 28. April 2014 knapp siebeneinhalb Jahre. Diese Zeitspanne reicht für das Zeitmoment aus. Mit der Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrages, sei es durch Kündigung, durch Aufhebung oder durch Rückzahlung, reduziert sich die Bedeutung des Widerrufsrechts auf Seiten der Berechtigten. Der mit dem Widerrufsrecht an und für sich beabsichtigte Zweck, der Übereilungsschutz, hat sich, obwohl das Widerrufsrecht weiterhin besteht, tatsächlich erledigt (vg. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Mit der Beendigung erhöht sich demgegenüber die Schutzbedürftigkeit der beklagten Sparkasse. Diese stellt sich, wenn auch im rechtlichen Ergebnis zu Unrecht, tatsächlich auf die Beendigung des Darlehensvertrages ein. In dieser Situation reicht der hier vorliegende Zeitraum von knapp siebeneinhalb Jahren aus, um das Zeitmoment zu bejahen.

(b)

37

Auch das Umstandsmoment liegt vor.

38

Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn die Verpflichteten bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten der Berechtigten entnehmen durften, dass diese ihr Recht nicht mehr geltend machen werden, sich deshalb hierauf eingerichtet haben und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 23; Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, Rn. 20 f.; Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, Rn. 20; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, Rn. 13). Gerade im Anwendungsbereich von Verbraucherschutzrechten und damit zusammenhängenden Widerrufsrechten ist dies - wie bereits dargelegt - zwar grundsätzlich möglich (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 22 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, juris Rn. 24 ff.; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39), es sind jedoch grundsätzlich strenge Anforderungen an eine Verwirkung zu stellen.

39

So reicht beispielsweise die einverständliche Abänderung der Konditionen des Darlehensvertrages für sich genommen regelmäßig nicht aus, für die Sparkasse einen konkreten Vertrauenstatbestand zu schaffen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 205/05, Rn. 25). Allerdings kann der Zeitablauf wegen der Wechselwirkung von Zeit- und Umstandsmoment umso kürzer sein, je gravierender die Umstände sind, und umgekehrt sind an die Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23 m.w.N.; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 - 19 U 74/14, juris Rn. 50; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Januar 2016 - 17 U 16/15, juris Rn. 31; OLG Bremen, Urteil vom 26. Februar 2016 - 2 U 92/15, juris Rn. 36).

40

Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen der Unternehmerin auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).

41

Löst der Verbraucher oder die Verbraucherin ein Verbraucherdarlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ab, ist das Umstandsmoment regelmäßig - im Sinne einer tatsächlichen Vermutung - zu bejahen. Denn der Darlehensnehmer oder die Darlehensnehmerin beendet willentlich das Vertragsverhältnis und die Sparkasse darf sich umgekehrt darauf einrichten, den Vorgang bei sich abzuschließen. Für die Annahme einer tatsächlichen Vermutung muss allerdings hinzukommen, dass nach Ablösung des Darlehens (erneut) eine gewisse Zeit - etwa sechs Monate - verstreicht. In diesem Fall ist das Vertrauen der Sparkasse als Verpflichtete gerechtfertigt, der Kunde oder die Kundin als Berechtigte werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 25. Januar 2012 - 13 U 30/11, juris Rn. 24; OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Januar 2014 - 14 U 55/13, juris Rn. 20; gegen eine Mindestzeitspanne zwischen Vertragsbeendigung und Widerruf: OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 - 19 U 74/14, juris Rn. 46). Denn die auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers oder der Verbraucherin zeitigt keine mehr in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belastenden Rechtsfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).

42

Die Voraussetzungen dieser vom Senat postulierten tatsächlichen Vermutung sind erfüllt. Die Kläger haben den Darlehensvertrag gekündigt und eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Beklagte gezahlt. Der Darlehensvertrag aus November 2006 wurde bereits im Jahr 2013 gekündigt und die Kläger zahlten bis zum 16. September 2013 den streitgegenständlichen Betrag als Vorfälligkeitsentschädigung an die Beklagte und lösten damit den Darlehensvertrag vollständig ab. Den Widerruf erklärten sie erst (mindestens; den genauen Zeitpunkt der Zahlung haben die Kläger nicht mitgeteilt) sieben Monate später, am 28. April 2014, und damit mehr als sechs Monate nach der vollständigen Rückzahlung der Valuta.

43

Überdies hat sich die Beklagte auch unabhängig von der vom Senat postulierten tatsächlichen Vermutung - bei einer Betrachtung des Einzelfalls - darauf eingerichtet, dass die Kläger von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen würden und sie durfte hierauf auch vertrauen. Der Darlehensvertrag war bereits seit (spätestens) September 2013 vollständig abgewickelt. Die Kläger haben den Widerruf erst mit Schreiben vom 28. April 2014, also (mindestens) sieben Monate später, erklärt. Der Lebenssachverhalt ist abgeschlossen. Nach der Lebenserfahrung hat die Beklagte die an sie zurückgezahlte Valuta verwandt, um mit ihr zu arbeiten.

4.

44

Auf die Frage, ob sich die Kläger im Übrigen mit ihrem Widerruf rechtsmissbräuchlich verhalten, etwa wegen fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 2016 - 6 U 296/14, juris Rn. 21; OLG Hamburg, Urteil vom 16. März 2016 - 13 U 86/15, juris Rn. 14), kommt es nicht mehr an.

5.

45

Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten stünde den Klägern bereits mangels Anspruchsgrundlage nicht zu. Ein Anspruch ergibt sich weder aus der Verletzung einer vertraglichen Pflicht, § 280 Abs. 1 BGB (a), noch aus Verzugsgesichtspunkten, § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB (b).

a)

46

Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer vertraglichen Pflicht aus dem Darlehensvertrag durch die Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung oder die nachfolgende Weigerung, den Widerruf anzuerkennen. § 280 BGB ist zwar neben den in §§ 346 ff. BGB normierten Rücktrittsfolgen anwendbar (aa). Die Beklagte hat eine mögliche vertragliche Pflichtverletzung aber nicht nach § 276 Abs. 1 und 2 BGB zu vertreten (bb). Überdies fällt die Belastung mit den Rechtsanwaltskosten nicht in den Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht (cc).

aa)

47

Ein Schadensersatzanspruch der Kläger ist nicht wegen einer abschließenden Regelung der §§ 346 ff. BGB, die gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. auf die Rückabwicklung nach Widerruf entsprechende Anwendung finden, ausgeschlossen.

48

Die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrags ist eine Rechtspflicht der Darlehensgeberin. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung begründet daher eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 182/15, BeckRS 2016, 10256, Rn. 25 m.w.N.; Fritsche in: MüKo, BGB, 7. Aufl. 2016, § 361 Rn. 9). Die Sperrklausel des § 357 Abs. 4 BGB a.F. steht nicht entgegen. Diese bezieht sich auf die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufsrechts, hindert aber nicht die Geltendmachung von schon im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss durch Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung entstandenen Schäden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 182/15, juris Rn. 30 m.w.N.; a.A. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14. April 2015 - 17 U 72/14, BeckRS 2016, 05030, Rn. 12). Auch die Sperrklausel des § 361 Abs. 1 BGB steht nicht entgegen; sie ist erst seit dem 13. Juni 2014 in Kraft. Danach sind nunmehr die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Belehrung in den §§ 355 ff. BGB abschließend geregelt (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 361 Rn. 1; a.A. AG Bad Segeberg, Urteil vom 13. April 2014 - 17 C 230/14, NJW-RR 2015, 921, 924).

bb)

49

Die Beklagte hat den geltend gemachten Vermögensschaden jedoch nicht nach § 276 Abs. 1 und 2 BGB zu vertreten.

50

Die Weigerung der Beklagten, den Widerruf des Darlehensvertrags durch die Kläger anzuerkennen, war zwar sachlich unbegründet und insoweit im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB objektiv pflichtwidrig. Eine Haftung der Beklagten scheidet aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil sie dabei nicht im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB sorgfaltswidrig gehandelt hat. Dasselbe gilt für die - vorgelagerte - Erteilung einer falschen Widerrufsbelehrung.

(1)

51

Fahrlässig handeln Schuldnerinnen und Schuldner nicht bereits dann, wenn sie nicht erkennen, dass die Forderung in der Sache berechtigt ist. Sie müssen grundsätzlich auch für einen Rechtsirrtum nur einstehen, wenn sie fahrlässig gehandelt haben (BGH, Urteil vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, juris Rn. 20; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 276 Rn. 22). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt können Schuldnerinnen und Schuldner nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann genügen, wenn die von ihnen zu beurteilende Rechtslage in besonderem Maße unklar ist und sie sorgfältig prüfen, ob dem eigenen Rechtsstandpunkt eine vertretbare rechtliche Beurteilung zugrunde liegt. Bleibt bei dieser Prüfung mangels höchstrichterlicher Leitentscheidungen für die Auslegung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen ungewiss, ob die gerügte Pflichtverletzung vorliegt, dürfen Schuldnerinnen und Schuldner eine ihnen von der Gläubigerin oder dem Gläubiger abverlangte Leistung zurückweisen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich ihr Rechtsstandpunkt in einem Rechtsstreit später als unberechtigt herausstellt (vgl. für Pflichtverletzungen des Gläubigers BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, Rn. 20 und 26; Urteil vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, Rn. 31).

(2)

52

Gemessen an diesen Anforderungen hat die Beklagte weder die fehlerhafte Widerrufsbelehrung noch ihr vorgerichtliches Zurückweisen des Widerrufs der Kläger zu vertreten. Die obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage, in welchem Umfang Bearbeitungen des Musters der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV zulässig sind, ohne dass die Gesetzlichkeitsfiktion entfällt, war bis zum klärenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Juli 2016 (XI ZR 564/15) uneinheitlich.

53

So wurde in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte teilweise angenommen, die Gesetzlichkeitsfiktion entfalle nur bei solchen Abweichungen vom Muster der Anlage 2, die sich konkret zum Nachteil des Verbrauchers oder der Verbraucherin auswirken (OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. Juni 2009 - 9 U 111/08, juris Rn. 11; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. Dezember 2011 - 9 U 52/11, juris Rn. 32; OLG Bamberg, Urteil vom 25. Juni 2012 - 4 U 262/11, juris Rn. 54) oder die sein bzw. ihr Verständnis erschweren (OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. Dezember 2012 - 17 U 139/11, juris Rn. 38). Nach anderer Auffassung sollen zumindest solche Abweichungen, die für die Ausübung des Widerrufsrechts ohne Bedeutung sind, unschädlich sein (OLG Hamburg, Beschluss vom 24. März 2014 - 13 U 52/14, juris Rn. 6). Andererseits wird angenommen, jede sprachliche Abweichung lasse die Gesetzlichkeitsfiktion entfallen (OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Dezember 2011 - 6 U 79/11, juris Rn. 34; OLG München, Urteil vom 17. Januar 2012 - 5 U 2167/11, juris Rn. 46; OLG Köln, Urteil vom 23. Januar 2013 - 13 U 217/11, juris Rn. 24).

54

In Anbetracht dessen kann der Beklagten, die sich vorprozessual auf die ihr günstige Instanzrechtsprechung verlassen hat, ein sorgfaltswidriges Verhalten weder bei der Erteilung der Widerrufsbelehrung noch bei der Zurückweisung des von der klägerischen Partei erklärten Widerrufs und der geforderten Rückabwicklung des Darlehensvertrags zur Last gelegt werden (vgl. zum fehlenden Verschulden in diesen Fällen OLG Hamm, Urteil vom 20. Februar 2008 - 31 U 51/07, juris Rn. 61; LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 19. August 2014 - 1 O 78/13, juris Rn. 31).

cc)

55

Die Belastung mit Rechtsanwaltskosten, die bei der Geltendmachung des trotz der fehlerhaften Widerrufsbelehrung erklärten Widerrufs entstehen, fällt überdies nicht in den Schutzbereich der Verpflichtung, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen. Eine Schadensersatzverpflichtung kommt etwa dann in Betracht, wenn Verbraucher oder Verbraucherinnen wegen der fehlerhaften Belehrung von der (früheren) Geltendmachung eines Widerrufs abgehalten werden, nicht hingegen, wenn sie gleichwohl von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Die Belastung mit den Rechtsanwaltskosten als Schaden ist nicht auf Grund der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung entstanden, sondern auf Grund der Weigerung der Beklagten, diese sowie das Rückabwicklungsverlangen anzuerkennen (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 10. November 2014 - 6 O 4120/14, juris Rn. 56 ff.; LG Landau (Pfalz), Urteil vom 28. Juli 2015 - 4 O 297/14, juris Rn. 61).

56

Diese Weigerung der Beklagten, das Rückabwicklungsverlangen als berechtigt anzuerkennen, ist allerdings nicht kausal für die angefallenen vorgerichtlichen Kosten. Der Widerruf wurde mit anwaltlichem Schreiben erklärt (Anlage K4, Anlagenband). Damit waren die vorgerichtlichen Kosten bereits angefallen, bevor die Beklagte verpflichtet sein konnte, die aus dem Widerruf resultierenden Rechtsfolgen anerkennen zu müssen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 8. März 2011 - 322 O 395/10, juris Rn. 157).

b)

57

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB.

aa)

58

Die Beklagte hat den Verzug nicht zu vertreten, § 286 Abs. 4 BGB. Insofern kann auf die obigen Ausführungen unter a) bb) verwiesen werden. Aufgrund der unklaren Rechtslage und der divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Widerrufsbelehrungen durfte sie sich auf ihren in erster Instanz bestätigten Rechtsstandpunkt verlassen und die Forderung der Kläger ablehnen, den Vertrag rückabzuwickeln.

bb)

59

Überdies machen die Kläger keinen durch den Verzug bedingten Schaden geltend. Ein kausaler Schaden liegt nicht vor, da die Prozessbevollmächtigten bereits vor der Erklärung des Widerrufs beauftragt wurden.

6.

60

Die Revision ist zuzulassen.

61

Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

62

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, juris Rn. 4; Beschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02, juris Rn. 2). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juni 2016 - 1 BvR 873/15, Rn. 34).

63

Der Senat stellt für die Annahme des Umstandsmoments einen Rechtssatz auf. Dieser Rechtssatz, das Umstandsmoment sei bei Kündigung des Verbraucherdarlehensvertrages und Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach Zahlung regelmäßig erfüllt, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass er den Rechtsstreit auch aufgrund der Betrachtung des Einzelfalls entscheidet. Der von dem Senat aufgestellte Rechtssatz wird gleichwohl entscheidungserheblich, weil die Einzelfallentscheidung zumindest teilweise auf den tatbestandlichen Voraussetzungen des Rechtssatzes beruht.


Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. … und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. …sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … aufgrund des erklärten Widerrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 181.825,82 € nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. auf 162.859,80 € seit dem 1. September 2016 Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die die Klägerin zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die unter 1. genannten Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs von drei Verbraucherdarlehensverträgen.

2

Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Gegenansprüche auf Zahlung sowie Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung hinsichtlich der als Sicherheiten für die drei Darlehen dienenden Grundschulden geltend gemacht.

3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Im Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs sei die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die Klägerin sei bei Abschluss des Darlehensvertrags ordnungsgemäß belehrt worden. Die Belehrung habe zwar nicht den Anforderungen von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB in der damals geltenden Fassung genügt. Die Beklagte könne sich jedoch auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der maßgeblichen Fassung und das Muster der Anlage 2 hierzu berufen. Die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen - insbesondere: Ergänzung der Überschrift, Fußnote, Belassen des Klammerzusatzes, Sammelbelehrung - stellten keine eigene inhaltliche Bearbeitung dar. Überdies sei die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich.

4

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die Beklagte könne sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen; die Belehrung entspreche dem Muster weder äußerlich noch inhaltlich in jeder Hinsicht vollständig. Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Klägerin sei nicht rechtsmissbräuchlich.

5

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zunächst beantragt,

6

das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. Februar 2016 - 3 O 201/15 - abzuändern und

7

1. festzustellen, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. … und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. … sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … zur Zahlung von Zinsen aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs seit dem 6. Mai 2015 erloschen sind,

8

2. festzustellen, dass die unter 1. genannten Darlehensverträge aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind,

9

3. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,

10

b) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,

11

4. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 6. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden,

12

b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 21. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden.

13

Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erforderlichkeit einer Bezifferung der geltend gemachten Ansprüche hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 ihre Anträge umgestellt und beantragt nunmehr,

14

das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. Februar 2016 - 3 O 201/15 - abzuändern und

15

1. festzustellen, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. …und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. … sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … zur Zahlung von Zinsen aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs seit dem 6. Mai 2015 erloschen sind,

16

2. festzustellen, dass die unter 1. genannten Darlehensverträge aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind,

17

3. a) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 202.200,70 € [hilfsweise: 181.825,19 €] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. September 2016, Zug um Zug gegen Zahlung von 387.001,75 €, zu zahlen,

18

b) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,

19

c) hilfs-hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,

20

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die der Klägerin zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die unter 1. genannten Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 387.001,75 €.

21

5. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 6. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden,

22

b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 21. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden.

23

Die Beklagte beantragt,

24

die Berufung zurückzuweisen.

25

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Zu den Ansprüchen im Rahmen einer Rückabwicklung vertritt sie die Auffassung, nach dem Widerruf gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen seien nicht auf die Darlehensverträge, sondern auf die Ansprüche der Beklagten aus den Rückabwicklungsschuldverhältnissen geleistet. Zumindest stehe einer Rückforderung dieser Leistungen § 814 BGB entgegen.

26

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

27

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.

28

Die Berufung ist zulässig (A.). Soweit die Klageanträge zulässig sind (B.), haben sie in der Sache zum Teil Erfolg (C.).

A.

29

Die Berufung ist zulässig.

30

Die Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig, da die Einwilligung der Beklagten (§ 533 Nr. 1, 1. Alt. ZPO) in die Klageänderung gemäß § 267 ZPO anzunehmen ist, da sie sich - ohne der Klageänderung zu widersprechen - in der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2016 auf die abgeänderte Klage eingelassen, nämlich einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Zudem kann die geänderte Klage auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).

B.

31

Die Klageanträge sind nur zum Teil zulässig.

1.

32

Der Feststellungsantrag zu 1) ist unzulässig. Der Antrag betrifft zwar einen zulässigen Gegenstand (a). Der Klägerin fehlt es aber am notwendigen Feststellungsinteresse (b).

a)

33

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, juris Rn. 12; Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 139/07, Rn. 9; Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, Rn. 7).

34

Danach ist die erstrebte Feststellung, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen zur Zahlung von Zinsen aufgrund des Widerrufs erloschen sind, zulässig. Denn nach den dargestellten Maßstäben können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Bei der primären Zinszahlungspflicht handelt es sich um eine solche einzelne, sich aus den Darlehensverträgen ergebende Pflicht, nicht um ein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses.

b)

35

Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen und unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu führen (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98, Rn. 17; Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14, Rn. 29 m.w.N.).

36

Danach ist ein rechtliches Interesse der Klägerin, neben dem zu Ziffer 2 gestellten allgemeinen Feststellungsantrag betreffend die Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse ein Erlöschen ihrer primären Zinszahlungspflicht aus den Darlehensverträgen feststellen zu lassen, nicht ersichtlich. Aus dem Antrag zu Ziffer 2 folgt zwanglos, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den Darlehensverträgen erloschen sind; die Pflichten aus den Rückgewährschuldverhältnissen sind keine primären Leistungspflichten aus den Darlehensverträgen. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28. September 1999 entschiedenen Fall zielen die beiden parallel erhobenen Feststellungsbegehren der Klägerin von ihrem rechtlichen Gehalt und ihrer praktischen Bedeutung her nicht in verschiedene Richtungen, sondern in dieselbe Richtung (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98, Rn. 18).

2.

37

Der Feststellungsantrag zu 2) ist zwar als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig, jedoch als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

a)

38

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, juris Rn. 12; Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 139/07, Rn. 9; Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, Rn. 7).

39

Die Zwischenfeststellungsklage ist zulässig, wenn die Feststellung des Rechtsverhältnisses für die Entscheidung des Rechtsstreits vorgreiflich ist, also ohnehin darüber befunden werden muss, ob das streitige Rechtsverhältnis besteht, es sei denn, über die Hauptsache wird unabhängig vom Bestand des streitigen Rechtsverhältnisses entschieden (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, Rn. 17; Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, Rn. 28). Bei der Zwischenfeststellungsklage macht die Vorgreiflichkeit das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich (BGH, Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, Rn. 29).

b)

40

Nach den genannten Maßstäben fehlt es für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Klägerin hat ihre Ansprüche aus dem Rückabwicklungsverhältnis nach Widerruf zuletzt beziffert. Ein darüber hinausgehendes rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung ist weder dargelegt noch ersichtlich.

41

Dagegen ist der Antrag als Zwischenfeststellungsklage zulässig. Mit Blick auf die weiteren Klageanträge ist ohnehin darüber zu befinden, ob sich die Darlehensverträge aufgrund des Widerrufs in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben oder nicht. Ein gesondertes Feststellungsinteresse ist dann nicht erforderlich.

3.

42

Die Anträge zu 5. a) und 5. b), mit denen die Klägerin eine Schadensersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Schäden wegen der verweigerten Anerkennung des Widerrufs feststellen lassen will, sind unzulässig.

a)

43

Neben den bereits dargestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Feststellungsbegehrens setzt die Feststellung einer Schadensersatzpflicht die Möglichkeit des Schadeneintritts voraus. Bei reinen Vermögensschäden, die vorliegend in Rede stehen, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage darüber hinaus von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückgehenden Schadeneintritts ab (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, Rn. 27 m.w.N.; Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, Rn. 73; Urteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 445/10, Rn. 31; Urteil vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, Rn. 43).

b)

44

Danach sind die Anträge zu 5. a) und 5. b) unzulässig. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ist weder dargelegt noch ist ein solcher ersichtlich. Die Klägerin stellt darauf ab, dass mit einem Anstieg der Marktzinsen zu rechnen sei. Das ist in Anbetracht der anhaltenden Niedrigzinsphase indes nicht ansatzweise ersichtlich.

4.

45

Im Übrigen sind die Klageanträge zulässig.

46

Der Antrag zu 4. ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich schon mit Blick darauf, dass die Beklagte die Auffassung vertritt, die nach Widerruf gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen seien auf ihre aus den Rückgewährschuldverhältnissen resultierenden Ansprüchen geleistet; zumindest stehe einer Rückforderung § 814 BGB entgegen.

47

Die Anträge zu 3. b) und 3. c) sind als Hilfsanträge zulässig, da sie von einer bloß innerprozessualen Bedingung, nämlich der Abweisung des Antrags zu 3. a) bzw. 3. b), abhängig gemacht werden. Sie sind nach den oben dargestellten Maßstäben auch als Feststellungsanträge gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

B.

48

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet.

49

Der Widerruf der Klägerin war mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht nicht verfristet (1.). Das Widerrufsrecht der Klägerin ist auch nicht verwirkt oder seine Ausübung sonst rechtsmissbräuchlich (2.). Der wirksame Widerruf führt zu den tenorierten Rechtsfolgen (3.).

1.

50

Der Klägerin stand zum Zeitpunkt, als sie ihr Widerrufsrecht ausgeübt hat, noch ein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht folgt aus § 495 Abs. 1 BGB in der vom 1. August 2002 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden § 495 BGB a.F.). Die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts war am 23. April 2015 (Widerruf der Klägerin) nicht abgelaufen. Die Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der vom 8. Dezember 2004 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im folgenden § 355 BGB a.F.) mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht, die ihnen ihre Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Eine derartige Belehrung hat die Klägerin bei Abschluss des Darlehensvertrags nicht erhalten, so dass die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen war. Die Belehrung entsprach weder den gesetzlichen Vorgaben (a) noch kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters in Anlage 2 in der vom 8. Dezember 2004 bis 31. März 2008 geltenden Fassung zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der vom 2. September 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung berufen (im Folgenden § 14 BGB-InfoV a.F.) (b). Auf die Kausalität der Belehrungsfehler kommt es nicht an (c).

a)

51

Die von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrungen zu den im Jahr 2007 geschlossenen Darlehensverträgen entsprachen nicht dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.

aa)

52

Zum einen informierten die Widerrufsbelehrungen mittels des Einschubs des Wortes „frühestens“ unzureichend deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. nur zuletzt BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 18 m.w.N.).

bb)

53

Zum anderen unterrichteten die Widerrufsbelehrungen in ihrer konkreten Gestalt undeutlich über die Länge der Widerrufsfrist. Zwar gaben sie die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. grundsätzlich richtig mit „zwei Wochen“ an. Durch den Zusatz einer Fußnote mit dem Fußnotentext „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ vermittelten die Belehrungen indessen hier den Eindruck, die Länge der Frist könne je nach den nicht mitgeteilten Umständen des Einzelfalls variieren und es sei Aufgabe des Verbrauchers oder der Verbraucherin, die im konkreten Fall geltende Frist selbst festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 19 m.w.N.).

b)

54

Der Beklagten kommt die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrungen gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. nicht zugute.

aa)

55

Die Reichweite der Gesetzlichkeitsfiktion ist § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. zu entnehmen. Diese Vorschrift knüpft die Gesetzlichkeitsfiktion an die Bedingung, dass „das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird“. Nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. dürfen Unternehmer und Unternehmerinnen allerdings, sofern sie das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung verwenden, „in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen“. Damit definiert § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 21 f.).

56

Entsprechend der durch § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Zu solchen unbedenklichen Anpassungen rechnen zum Beispiel das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften, der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung. Ebenfalls bleibt die Gesetzlichkeitsfiktion erhalten, wenn die Widerrufsbelehrung im Text einem konkreten Verbrauchervertrag zugeordnet wird oder ohne Abstriche bei der Verständlichkeit des Textes Begriffe des Musters durch Synonyme ersetzt werden. Ebenso geht die Gesetzlichkeitsfiktion nicht verloren, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin von sich selbst nicht in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Muster in der dritten Person Singular, sondern in der ersten Person Plural spricht (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 23).

57

Greifen Unternehmer oder Unternehmerinnen dagegen in das Muster in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. verloren. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Gestaltungshinweise des Musters oder sonstige Bearbeitungshinweise - auch in Form von Fußnoten - in den Belehrungstext übernommen werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 24).

bb)

58

Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung bei allen drei streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht. Sie hat in die Belehrungen jeweils zwei Fußnoten eingefügt, die das Muster für die Widerrufsbelehrung nicht vorsah. Sie hat unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ den Gestaltungshinweis 3 kursiv gesetzt in den Text übernommen. Unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ hat die Beklagte den Gestaltungshinweis 9 nicht vollständig umgesetzt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 25).

c)

59

Auf die Kausalität der unter a) aufgeführten Belehrungsfehler für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher oder die Verbraucherin von der Ausübung seines bzw. ihres Widerrufsrechts abzuhalten (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 26).

2.

60

Das Widerrufsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt (a); seine Ausübung ist auch im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich (b).

a)

61

Das Widerrufsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt.

aa)

62

Auch das Widerrufsrecht kann verwirkt werden. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147; BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39 und XI ZR 564/15, Rn. 34).

63

Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich Schuldnerinnen oder Schuldner wegen der Untätigkeit ihrer Gläubiger oder Gläubigerinnen über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten dürfen und eingerichtet haben, diese werden ihr Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zum Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten der Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen der Verpflichteten rechtfertigen, die Berechtigten werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, Rn. 35; Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, Rn. 13; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39; Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40 und XI ZR 564/15, Rn. 37). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatgericht festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23; Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, Rn. 7 m.w.N.; Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40 und XI ZR 564/15, Rn. 37).

64

Hinsichtlich des Umstandsmoments können Unternehmer und Unternehmerinnen allein aufgrund eines laufend vertragstreuen Verhaltens des Verbrauchers oder der Verbraucherin ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, der Verbraucher oder die Verbraucherin werde seine oder ihre auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen, nicht bilden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 39 m.w.N.). Insofern unterscheiden sich Fälle, in denen das Vertragsverhältnis noch andauert, von denen, in denen der Verbraucherdarlehensvertrag beendet ist. In letzteren kann das Vertrauen von Unternehmerinnen und Unternehmern auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihnen erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und sie es in der Folgezeit versäumt haben, den Verbraucher oder die Verbraucherin gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. nachzubelehren (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).

65

Es kommt für das Umstandsmoment auch nicht darauf an, wie gewichtig der Fehler ist, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führt. Verbraucherinnen und Verbraucher sind entweder ordnungsgemäß belehrt oder nicht. Für die Bildung schutzwürdigen Vertrauens der Bank oder Sparkasse spielt es keine Rolle, dass sie den Verbraucher oder die Verbraucherin überhaupt belehrt hat (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 40). Die Bank oder Sparkasse wird dadurch nicht unbillig belastet. Es ist ihr während der Schwebezeit bei laufenden Vertragsbeziehungen jederzeit möglich und zumutbar, durch eine Nachbelehrung des Verbrauchers oder der Verbraucherin die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 41).

bb)

66

Danach kann die beklagte Sparkasse sich auf die Einrede der Verwirkung nicht berufen.

67

Das Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40), dürfte nach Ablauf von rund acht Jahren zwischen Vertragsschluss und Widerruf zwar erfüllt sein. Es fehlt jedoch zumindest am Umstandsmoment. Allein aufgrund des laufend vertragstreuen Verhaltens der Klägerin konnte die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen bilden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 39). Es kommt für das Umstandsmoment auch nicht darauf an, ob die Klägerin möglicherweise trotz der fehlerhaften Belehrung von ihrem Widerrufsrecht Kenntnis hatte. Denn darauf, wie gewichtig der Fehler war, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führte, kommt es nicht an; entweder wurde ordnungsgemäß belehrt oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 40). Gerade weil die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie der Klägerin keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilte, kann die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen für sich in Anspruch nehmen (vgl. zum Versicherungsrecht EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39). Zudem handelt es sich um laufende Darlehensverträge, liegt nicht etwa eine (vorzeitige) Beendigung vor (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Andere Anhaltspunkte für das Umstandsmoment sind nicht ersichtlich.

b)

68

Die Klägerin verhält sich auch im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich. Weder ergibt sich ein ein im Einzelfall möglicher Rechtsmissbrauch (aa) aus widersprüchlichem Verhalten (bb) noch aus fehlendem schutzwürdigen Eigeninteresses (cc).

aa)

69

Die Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechts kann im Einzelfall eine unzulässige Rechtsausübung aus sonstigen Gründen darstellen und in Widerspruch zu § 242 BGB stehen, obwohl die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen (BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, Rn. 20). Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 43 m.w.N.).

bb)

70

Ein Rechtsmissbrauch wegen widersprüchlicher Rechtsausübung liegt nicht vor.

71

Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 12. November 2008 - XII ZR 134/04, Rn. 41; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 40; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 20; Urteile vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, Rn. 33 und IV ZR 88/13, Rn. 25; jeweils m.w.N.).

72

Diese Voraussetzungen sind regelmäßig nicht erfüllt, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin es versäumt hat, den Verbraucher oder die Verbraucherin über ein Widerrufsrecht zu belehren (BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 40). Denn das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts, wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.) zeigt, nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers oder der Verbraucherin, sondern überlässt es allein seinem bzw. ihrem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er oder sie ihre Vertragserklärung widerruft (BGH, Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, Rn. 20). Damit kann auch aus dem Schutzzweck des Widerrufsrechts grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 45). Das gilt auch hier.

cc)

73

Es liegt auch keine unzulässige Rechtsausübung wegen fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses vor.

74

Eine unzulässige Rechtsausübung liegt unter anderem vor, wenn mit der Geltendmachung einer Rechtsposition kein schutzwürdiges Eigeninteresse verfolgt wird, die Ausübung eines Rechts also ein Vorwand für die Erreichung vertragsfremder oder unlauterer Zwecke ist (Olzen/Looschelders in: Staudinger, BGB, 2015, § 242 Rn. 258; Schubert in: MüKo, BGB, Bd. 2, § 242 Rn. 2; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 50; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 612; vgl. auch BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 - B 10 EG 3/08 R, juris Rn. 26).

75

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Allein Schutzzweckgesichtspunkte rechtfertigen nicht die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens beim Widerruf eines Darlehensvertrages (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 23 und XI ZR 564/15, Rn. 45 f.).

3.

76

Aufgrund des wirksamen Widerrufs haben sich die Darlehensverträge gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt. Danach sind die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zum Teil begründet. Zu den zulässigen Klageanträgen im Einzelnen:

a)

77

Der Antrag zu 2) ist begründet. Aufgrund des wirksamen Widerrufs haben sich die Darlehensverträge mit Zugang des Widerrufs der Klägerin vom 23. April 2015 gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt.

b)

78

Der Antrag zu 3. a) ist lediglich im ausgeurteilten Umfang begründet.

79

Aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs der Darlehensverträge sind nach §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Darlehensnehmerinnen und Darlehensnehmer schulden dem Darlehensgeber oder der Darlehensgeberin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB a.F. Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Der Darlehensgeber oder die Darlehensgeberin schuldet dem Darlehensnehmer oder der Darlehensnehmerin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7).

80

Danach kann die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 181.825,82 € nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. auf 162.859,80 € seit dem 1. September 2016 (aa) Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016 (bb) verlangen.

81

Das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 erklärte Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Gegenansprüche auf Zahlung sowie Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung hinsichtlich der als Sicherheiten für die drei Darlehen dienenden Grundschulden ist für den Rechtsstreit unbeachtlich; die Klägerin hat die Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung nicht beantragt.

82

Zur Berechnung der gegenseitigen Zahlungsansprüche im Einzelnen:

aa)

83

Die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Herausgabe der Zins- und Tilgungsleistungen nebst Nutzungsersatz bis zum 31. August 2016 - dem Stichtag, den die Klägerin ihren Berechnungen zugrunde gelegt hat - belaufen sich auf insgesamt 181.825,82 € (Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 162.859,80 € (1); Nutzungsersatz in Höhe von 18.966,02 € (2)). Ab dem 1. September 2016 schuldet die Beklagte weiter Nutzungsersatz für die herauszugebenden Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. (3).

(1)

84

Die Klägerin kann die Herausgabe aller von ihr geleisteter Zins- und Tilgungsraten verlangen.

(a)

85

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. die Herausgabe bis zum Widerruf bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7).

(b)

86

Überdies kann die Klägerin Herausgabe der Zahlungen verlangen, die sie nach Ausübung des Widerrufsrechts geleistet hat. Insoweit ergibt sich der Herausgabeanspruch der Klägerin jedoch nicht aus § 346 Abs. 1 BGB, sondern aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15, juris Rn. 101, 112; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. April 2016 - 23 U 50/15, juris Rn. 65; OLG Frankfurt, Urteil vom 20. Juli 2016 - 17 U 218/15, juris Rn. 70; LG Bielefeld, Urteil vom 30. Juni 2016 - 6 O 347/15, juris Rn. 41, 44). Die Klägerin hat auch nach dem Widerruf weiter auf die Darlehensverträge geleistet, nicht auf eine mögliche Schuld aus den Rückgewährschuldverhältnissen. Ihre mit den Einzugsermächtigungen ausgesprochene Tilgungsbestimmung ist nicht dadurch gegenstandslos geworden, dass sich die Darlehensverträge durch den Widerruf - im Ergebnis - ex nunc in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben. Die Zahlungen nach Widerruf erfolgten letztlich weiterhin aufgrund der erteilten Einzugsermächtigungen und mithin der Darlehensverträge, welche die Klägerin, nachdem ihr Widerruf von der Beklagten zurückgewiesen worden ist, vorsorglich weiter bediente (vgl. OLG München, Beschluss vom 5. Juli 2016 - 5 W 1046/16, juris Rn. 7).

87

Diesem Bereicherungsanspruch der Klägerin für nach dem Widerruf geleistete Zahlungen steht auch § 814 BGB nicht entgegen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn die Leistenden gewusst haben, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet waren. Der Rückforderungsausschluss erfordert die positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Schuld. Zweifel am Bestehen der Verbindlichkeit schließen die Rückforderung ebensowenig aus wie ein (auch verschuldeter) Irrtum über den Rechtsgrund (Lorenz in: Staudinger, BGB, 2007, § 814 Rn. 4). Liegt die erforderliche Kenntnis vor, greift § 814 nur ein, wenn den Leistenden selbstwidersprüchliches Verhalten vorzuwerfen ist (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10). Das ist zum Beispiel dann nicht der Fall, wenn unter Vorbehalt geleistet wurde. An die Erklärung eines Vorbehalts sind dabei keine allzu strengen Anforderungen zu stellen (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10; Buck-Heeb in: Erman BGB, 14. Aufl. 2014, § 814 BGB, Rn. 9). So kann ein konkludent erklärter Vorbehalt insbesondere dann angenommen werden, wenn es den Leistenden trotz ersichtlicher Bemühungen nicht gelungen ist, das Nichtbestehen der Verbindlichkeit nachzuweisen, und ihre Leistung aus der Sicht eines objektiven Empfängers nicht als Eingeständnis des Bestehens aufgefasst werden darf (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10).

88

Danach greift § 814 BGB vorliegend nicht. Es bestehen schon erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Schuld hatte. Wegen der uneinheitlichen Rechtsprechung zum Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen war für sie nicht ansatzweise abzusehen, ob ihr Widerruf tatsächlich wirksam sein würde. Das gilt insbesondere mit Blick darauf, dass der Senat die hier streitgegenständliche Widerrufsbelehrung lange Zeit für ordnungsgemäß erachtet hat. Zumindest ergibt sich aber ein konkludenter Vorbehalt der Klägerin. Denn ihr ist es nicht gelungen, die Beklagte von der Wirksamkeit des Widerrufs zu überzeugen. Diese hat sich vielmehr auf die für sie bis dahin günstige Rechtsprechung des Senats zu der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung berufen, so dass die Klägerin den Rechtsweg beschreiten musste. Aus Sicht einer objektiven Empfängerin konnten die weiteren Leistungen der Klägerin danach nicht als Eingeständnis aufgefasst werden, dass der Widerruf nicht wirksam sei.

(c)

89

Die Klägerin kann daher die unstreitig bis zum 31. August 2016 geleisteten Zins- und Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 162.859,80 € zurückfordern.

(2)

90

Die Klägerin kann ferner gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB a.F. von der Beklagten die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzungen der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen durch die Bank verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7). Auf die nach dem Widerruf erfolgten Zahlungen, die ohne Rechtsgrund erbracht wurden (s.o. unter (1)), kann die Klägerin Nutzungswertersatz gemäß § 818 Abs. 1 BGB verlangen. Der Nutzungswertersatz ist dabei jeweils mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bemessen.

91

Bei Zahlungen an eine Bank besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank aus den eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, juris Rn. 22 ff.; Urteil vom 24. April 2007 - XI ZR 17/06, Rn. 35). Die in beide Richtungen widerlegliche Vermutung knüpft normativ spiegelbildlich an die Regelungen an, die die von den Banken beanspruchbaren Verzugszinsen normieren. Sie ist unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung am Zinsmarkt und wirkt sowohl zugunsten als auch zulasten beider Vertragsparteien (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 58). Der „übliche“ Verzugszins liegt bei Immobiliardarlehen wie dem hier vorliegenden gemäß § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung; im Folgenden § 497 BGB a.F.) bei 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, so dass dieser Zinssatz für die Bemessung des geschuldeten Nutzungswertersatzes heranzuziehen ist (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2015 - 6 U 148/14, Rn. 69; OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, Rn. 47; OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15, Rn. 106).

92

Die Klägerin hat nicht konkret dargelegt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 58), dass die Beklagte Nutzungen gezogen hat, die den gesetzlichen Verzugszins des § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. übersteigen. Die Beklagte hat nicht konkret dargelegt, dass die von ihr gezogenen Nutzungen hinter diesem gesetzlichen Verzugszins zurückbleiben.

93

Danach hat die Klägerin nach ihren von der Beklagten insofern nicht bestrittenen Berechnungen im Schriftsatz vom 31. August 2016 bis zu diesem Tag einen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungsersatz in Höhe von insgesamt 18.966,02 €.

(3)

94

Die Herausgabe von Nutzungsersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der von der Klägerin geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen (s.o. unter (2)) schuldet die Beklagte über den der Berechnung zugrundeliegenden Stichtag des 31. August 2016 hinaus. Geschuldet wird der Nutzungsersatz aber nur auf die Zins- und Tilgungsleistungen, hier als auf 162.859,80 €, nicht auf den gesamten von der Beklagten herauszugebenden Betrag (Zins- und Tilgungsleistungen und Nutzungsersatz).

bb)

95

Die Ansprüche der Beklagten belaufen sich auf insgesamt 401.392,25 € (Darlehensvaluta in Höhe von 292.000,00 € (1); Nutzungswertersatz in Höhe von 109.392,25 € (2)). Für den am 31. August 2016 jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet die Klägerin ab 1. September 2016 weiter Wertersatz für Gebrauchsvorteile in Höhe des Vertragszinses (3).

(1)

96

Die Beklagte kann von der Klägerin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta verlangen. Die Darlehensvaluta der drei Darlehensverträge beträgt 117.000,00 €, 75.000,00 € und 100.000,00 €, insgesamt also 292.000,00 €.

(2)

97

Daneben kann die Beklagte gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta verlangen.

(a)

98

Für die Höhe des Wertersatzes gilt § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB. Danach ist bei der Berechnung des Wertersatzes die im Vertrag bestimmte Gegenleistung zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. Dies bedeutet, dass dann, wenn Darlehensnehmende nachweisen können, dass der marktübliche Zins geringer als der vereinbarte war, sie nur den marktüblichen Zins zu zahlen haben (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 7 U 84/09, BeckRS 2010, 20609 m.w.N.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1001).

99

Der maßgebliche Zeitpunkt für diesen Nachweis ist der Leistungsaustausch, nicht der Zeitpunkt der Entstehung der Rückgewährpflicht nach Widerruf (Kaiser, in Staudinger, BGB, 2012, § 346 Rn. 107 m.w.N.). Wertersatz ist seitens der Darlehensnehmenden für die durch die Auszahlung der Darlehensvaluta eröffnete „Kapitalnutzungsmöglichkeit“ zu leisten (§ 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit als Leistung der darlehensgebenden Bank oder Sparkasse nach § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB ist aber eine einmalige, keine zeitlich gestreckte Leistung (Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1096 f.). Überdies ist Ziel des Widerrufsrechts gerade, dass der Verbraucher oder die Verbraucherin eine möglicherweise unüberlegte und übereilte Entscheidung betreffend eines sie langfristig und erheblich belastenden Vertrags wieder rückgängig machen kann, wodurch sie in die Situation vor Vertragsabschluss „zurückversetzt“ werden. Dann wären sie in der Lage gewesen wären, einen günstigeren Darlehensvertrag abzuschließen und so die Nutzungsmöglichkeit des von ihnen benötigten Kapitals zu besseren Konditionen zu erhalten, z.B. zum marktüblichen Zins. Dem entspricht es, dass Darlehensnehmenden durch § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB ermöglicht wird, nachzuweisen, sie hätten aus der Nutzung des Darlehens nur einen geringeren Gebrauchsvorteil gezogen. Maßgeblich für diesen Nachweis bleibt dann aber der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, weil in diesem Zeitpunkt ein Kapitalbedarf bei der Verbraucherin oder dem Verbraucher bestand und in diesem Moment die benötigte Kapitalnutzungsmöglichkeit günstiger hätte erworben werden können. Verbraucherinnen und Verbraucher hätten dagegen nicht die Möglichkeit gehabt, den Kapitalbedarf monatlich auf Basis des jeweils bestehenden Marktzinses zu decken (Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1097).

100

Eine zeitliche Schranke für die Herausgabe von gezogenen Nutzungen bis zur Rücktritts- oder Widerrufserklärung besteht nicht. Darlehensnehmende haben alle nach Leistungsempfang tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Der geschuldete Wertersatz ist daher über den Zeitpunkt des Widerrufs hinaus bis zur vollständigen Rückführung der Darlehensvaluta zu leisten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. Februar 2016 - 17 U 77/15, juris Rn. 43).

(b)

101

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte Anspruch auf Nutzungswertersatz in Höhe der vertraglichen Nominalzinssätze bis zur vollständigen Rückzahlung der Darlehensvaluta. Einen bei Vertragsschluss niedrigeren marktüblichen Zins hat die Klägerin nicht behauptet. Nach der insoweit unbestrittenen Berechnung der Klägerin belaufen sich die für die Darlehen bis zum Widerruf geschuldeten Zinsen auf

102

35.753,91 € für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €,

103

22.919,16 € für das Darlehen Nr über 75.000,00 € und

104

36.328,69 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €.

105

Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 5. September 2016 (Bl. 491 ff. GA) sind für den Zeitraum ab dem 6. Mai 2015 (Aufforderung der Klägerin zur Rückabwicklung der Darlehensverträge) bis zum 31. August 2016 weitere Zinsen angefallen in Höhe von

106

5.270,17 € sind das für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €,

107

3.378,34 € für das Darlehen Nr. über 75.000,00 € und

108

5.741,98 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €.

109

Danach ergibt sich ein Anspruch der Beklagten auf Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta bis zum 31. August 2016 in Höhe von insgesamt 109.392,25 €.

(3)

110

Für den am 31. August 2016 jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet die Klägerin ab 1. September 2016 weiter Wertersatz für Gebrauchsvorteile in Höhe des Vertragszinses.

111

Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben der Beklagten gemäß den Anlage BB2, BB3 und BB4 zum Schriftsatz vom 5. September 2016 (Bl. 491 ff. GA) belief sich die Restvaluta der Darlehensverträge auf

112

91.741,29 € für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €, Zinssatz: 4,23%,

113

58.808,43 € für das Darlehen Nr. über 75.000,00 €, Zinssatz: 4,23% und

114

88.071,03 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €, Zinssatz: 4,83%.

115

Mithin hat die Klägerin von dem von ihr herauszugeben Betrag ab dem 1. September 2016 einen Betrag von 150.549,72 € (91.741,29 € + 58.808,43 €) mit 4,23% p.a. und einen Betrag von 88.071,03 € mit 4,83% p.a. zu verzinsen.

c)

116

Auf den Antrag zu 4) ist festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die die Kläger zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € .

117

Zur Wirksamkeit des Widerrufs und der sich hieraus - auch hinsichtlich der Höhe des Nutzungsersatzes - ergebenden Rechtsfolgen kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Auch die nach dem Zeitpunkt, auf den die Berechnung der gegenseitigen Leistungspflichten abstellt (hier: 31. August 2016), von der Klägerin gezahlten Raten sind zurückzuzahlen und entsprechend zu verzinsen.

d)

118

Über die Hilfsanträge zu 3 b) und 3 c) ist nicht zu entscheiden, weil die innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten ist.

C.

119

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

120

Die Kosten waren vorliegend gegeneinander aufzuheben. Sind das Obsiegen und Unterliegen der Parteien ungefähr, nicht notwendig genau gleichwertig, ist das Gericht grundsätzlich gehalten, die Kosten gegeneinander aufzuheben (Schulz in: MüKo, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 92 Rn. 13; Jaspersen/Wache in: BeckOK, ZPO, Juli 2016, § 92 Rn. 5 m.w.N.).

121

Danach stimmt das Obsiegen und Unterliegen beider Parteien hier in etwa überein. Die Klägerin obsiegt mit dem Antrag zu 2. vollständig und mit den Anträgen zu 3. a) und 4. teilweise; mit den Anträgen zu 1) und 5. a) und 5. b) unterliegt sie vollständig. Das Obsiegen und Unterliegen der Beklagten stellt sich spiegelbildlich dar. Auch wenn die Klägerin mit einem ihrer Hauptanträge, dem Feststellungsantrag zu 2. durchdringt, ist zu berücksichtigen, dass sie mit dem Antrag zu 1. vollständig und bei den Zug um Zug-Verurteilungen gemäß den Anträgen zu 3. a) und 4. mit einem erheblichen Teil, bezogen auf die zu erbringende Gegenleistung sowie deren Verzinsung, unterliegt. Im Ergebnis rechtfertigt das nach Auffassung des Senats eine Kostenaufhebung.

D.

122

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die hier zu entscheidenden Fragen über die Wirksamkeit von Widerrufsbelehrungen bei Verbraucherkreditverträgen sind für die konkrete Fallkonstellation inzwischen höchstrichterlich geklärt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15).


Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende (Verbraucher-) Darlehensvertrag mit der Kontonummer: 6...7, Hauptdarlehensnummer: 6...9 aufgrund des Widerrufs des Klägers vom 07.05.2015 beendet worden ist.

II. Er wird weiter festgestellt, dass der Kläger der Beklagten aus dem unter der oben genannten Darlehensnummer geführten Darlehen nur noch die Zahlung eines Betrages von 87.603,11 € schuldet.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 38 %, die Beklagte zu 62 %.

V. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags. Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

und beschließt:

Der Streitwert wird auf 25.727,11 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beklagte gewährte dem Kläger ein Verbraucherdarlehen aufgrund eines Vertrags vom 9.6./29.6.2011 (Anlage K1). Festgeschrieben war ein Zinssatz von 4,45 % bis zum 30.6.2021, die Darlehenssumme betrug 90.000 €. Vereinbarungsgemäß sollte das Darlehen durch die Auszahlung eines Bausparvertrags über die gleiche Summe bedient werden. Bis dahin war der Kläger nur zur Zahlung monatlicher Zinsen verpflichtet. Das Darlehen wurde vereinbarungsgemäß mit einer Grundschuld besichert. Der Vertrag kam dadurch zustande, dass der Kläger am 9.6.2011 einen von der Beklagten vorbereiteten, aber noch nicht unterschriebenen Darlehensantrag unterzeichnete und die Beklagte dieses Vertragsangebot am 29.6.2011 annahm.

2

Der Darlehensvertrag enthält eine in einen Rahmen eingefasste „Widerrufsinformation“, die der damals geltenden gesetzlichen Musterbelehrung nach Anlage 6 zu Art. 247 EGBGB entsprach. Im Anschluss an diesen Rahmen folgen weitere Angaben, die die Widerrufsmöglichkeit bei mehreren Darlehensnehmern betreffen. Auf der nächsten Seite folgt als weiterer eingerahmter Text:

3

Verbindlichkeit dieses Antrages/Bindefrist

4

Durch Unterzeichnung dieser Erklärung gibt der Darlehensnehmer ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages ab. Der Darlehensnehmer bindet sich mit seiner Unterschrift für einen Monat an seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung. Die Frist beginnt mit Unterzeichnung dieses Vertragesangebotes (sic) durch den Darlehensnehmer.

5

Der Kläger forderte die Auszahlung des Darlehens schrittweise ab (Anlage B1). An jenem Tag erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerrufs seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung und bot die Rückzahlung der Schuld an (Anlage K2). Die Beklagte erklärte nach Ablauf der Frist nur, dass sie die Widerrufsklausel prüfen werde (Anlage K3). Mit anwaltlichem Schreiben stellte der Kläger noch einmal seine Rechtsposition dar (Anlage K4). Hierfür rechneten die späteren Prozessbevollmächtigten des Kläger 2.639,30 € ab, was einer 2,3-Gebühr abzüglich eine angerechneten 0,75-Gebühr mit Kommunikationspauschale und Mehrwertsteuer bei einem Streitwert von 90.000 € entspricht. Nach Erklärung des Widerrufs hat der Kläger weiterhin die fälligen monatlichen Zahlungen erbracht.

6

Der Kläger behauptet, er habe bis zum 7.5.2015 Zahlungen in Höhe von 15.014,18 € erbracht (Anlage K8).

7

Er meint, die zweiwöchige Widerrufsfrist habe nicht zu laufen begonnen. Es sei unzulässig, dass die Widerrufsbelehrung hinsichtlich der zu erteilenden Informationen auf das BGB verweise, da einem Verbraucher nicht zuzumuten sei, zur Bestimmung der Frist das Gesetz zu studieren. Hinsichtlich der Widerrufsfolgen hätte nicht einseitig auf die Rückzahlungsverpflichtung des Verbrauchers hingewiesen werden dürfen. Zudem würde die Mitteilung über die Verbindlichkeit des Antrags die Widerrufsinformation entwerten. Die Beklagte könne sich nicht auf die Richtigkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB a.F. berufen, da sie das Muster nach Anlage 6 zum Art. 247 EGBGB um einen zusätzlichen Absatz ergänzt habe. Der Widerruf sei auch nicht verwirkt oder rechtsmissbräuchlich.

8

Die Beklagte sei nach dem Widerruf verpflichtet, Wertersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die von ihm erbrachten Zahlungen zu zahlen, denn es sei davon auszugehen, dass die Beklagte Nutzungen in dieser Höhe erzielt habe. Er selbst lasse sich als Nutzungsvorteil diejenigen Zinsen anrechnen, die dem aktuellen Marktzins nach der von der Deutschen Bundesbank herausgegebenen Statistik für variable Kredite (SUD 116) entspreche. Der Kläger erklärt insofern die Aufrechnung der wechselseitigen aus dem Widerruf abzuleitenden Ansprüche.

9

Er beantragt,

10

1. festzustellen, dass der zwischen den Parteien bestehende (Verbraucher-) Darlehensvertrag mit der Kontonummer: 6...7 Hauptdarlehensnummer: 6...9 aufgrund des Wiederrufs des Klägers vom 07.05.2015 beendet worden ist,

11

2. festzustellen, dass er der Beklagten aus dem unter der Darlehensnummer geführten Darlehen nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von 83.241,37 EUR, abzüglich weiterer nach dem 07.05.2015 auf das Darlehen geleisteter Zahlungen, schuldet,

12

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.639,30 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie behauptet, der Kläger habe keine Fehlvorstellung vom Inhalt der Widerrufsbelehrung besessen. Er hätte seine Erklärung auch dann nicht widerrufen, wenn die von ihm nur vorgebrachten angeblichen Fehler der Belehrung nicht vorhanden gewesen wären. Es ginge ihm bei dem jetzt erklärten Widerruf nur darum, das günstigere Kreditzinsniveau auszunutzen. Die erbrachten Zahlungen und angefallenen Zinsen seien in der von ihr erstellten Rückabwicklungsberechnung zutreffend angegeben. Sie bestreitet, dass dem Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Rechnung gestellt wurden und dass er diese bezahlt habe.

16

Sie meint, der Widerruf sei verfristet. Die zweiwöchige Widerrufsfrist sei abgelaufen. Ihre Belehrung entspreche dem Muster nach Anlage 7 zu Art. 247 EGBGB. Die von ihr vorgenommenen Änderungen an der Musterbelehrung stellten Formulierungsalternativen zum besseren Textverständnis dar. Der Widerruf sei zudem rechtsmissbräuchlich. Sinn des Widerrufsrechts sei der Schutz vor übereilten Entscheidungen, nicht aber die Ausnutzung eines gefallenen Zinsniveaus.

17

Ihre Verpflichtung zur Rückzahlung der erhaltenen Zahlungen und die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Wertersatz stünden sich aufrechenbar gegenüber. Da die Aufrechnung, die sie erkläre, Rückwirkung besitze, stünde der Klägerin kein Anspruch auf Nutzungsersatz zu. Eine Vermutung für eine Ziehung von Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bestehe bei Realkrediten nicht. Rechtsanwaltskosten habe sie nicht zu ersetzen, weil sie sich bei Einschaltung der klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht in Verzug befunden habe.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf das Protokoll der Verhandlung vom 13.5.2016 und die wechselseitigen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die Klaganträge zu 1. und 2. sind zulässig. Der Kläger besitzt ein Feststellungsinteresse. Zwar kann von einem Kläger in der Regel erwartet werden, dass er einen bereits fälligen Anspruch mit einer Leistungsklage verfolgt, da dies einer endgültigen Erledigung des Rechtsstreits dient (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 256 ZPO Rn. 7a).Dem Kläger ist jedoch ein Feststellungsinteresse nicht abzusprechen, weil nach dem Widerruf des Darlehensvertrags aus seiner Sicht ein Negativsaldo verbleibt. Der Kläger, der ja die Darlehensvaluta an die Beklagte zurückzahlen muss, wird auch nach Abzug gezogener Nutzungen der Beklagten und einer etwaigen Reduzierung der von ihm bereits erbrachten Zinszahlungen noch erhebliche Zahlungen an die Beklagte erbringen müssen. Er kann daher die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die von ihm ausgesprochene Widerrufserklärung rechtlich wirksam ist, nicht mit einer erfolgversprechenden Leistungsklage einer gerichtlichen Prüfung zuführen.

II.

20

Der Darlehensvertrag ist vom Kläger am 7.5.2015 wirksam widerrufen worden. Zu diesem Zeitpunkt war die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung (im Folgenden BGB a.F.) noch nicht abgelaufen.

21

1. Der Beginn der Widerrufsfrist setzte nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. neben dem Vertragsschluss voraus, dass dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB a.F. entsprechende Widerrufsbelehrung übermittelt wurde. Ohne eine solche Belehrung konnte das Widerrufsrechts auch nicht nach § 355 Abs. 4 BGB a.F. erlöschen, wie sich aus § 355 Abs. 4 Satz 3 BGB a.F. ergab. Die Bestimmung des § 355 BGB a.F. findet in diesem Rechtsstreit Anwendung. Zwar sieht Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB in beschränktem Umfang eine Rückwirkung der zeitlichen Einschränkung des Widerrufsrechts, wie sie sich nunmehr in § 356b BGB findet, vor. Diese Rückwirkung tritt jedoch nicht bei Darlehensverträgen ein, die nach dem 11.6.2010, aber vor Inkrafttreten des § 356b BGB n.F. abgeschlossen wurden.

22

a) Die von der Beklagten mit dem Darlehensantrag übermittelte Widerrufsbelehrung (Anlage K1) ist fehlerhaft. Insofern kann dahinstehen, ob sich aus den vom Kläger gegenüber dem eigentlichen Widerrufstext erhobenen Einwendungen ein Fehler der Belehrung ergibt. Fehlerhaft ist die Belehrung nämlich deshalb, weil sie durch die auf der folgenden Seite mitgeteilte Bindung des Darlehensnehmers an seine Vertragserklärung in einer Weise entwertet wird, dass selbst ein verständiger und aufmerksamer Verbraucher nicht sicher erkennen kann, ob ihm ein Recht zum Widerruf des Verbraucherdarlehens zusteht.

23

aa) Dabei ist unerheblich, dass der Vertragstext über die Bindung des Darlehensnehmers an sein Vertragsangebot außerhalb des durch einen Rahmen markierten Textes der Widerrufsbelehrung steht. Zwar mag ein Verbraucher aufgrund der optischen Gestaltung erkennen können, dass die Bindefrist nicht Bestandteil der Widerrufsbelehrung ist. Dennoch ist auch eine für sich genommen ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung fehlerhaft, wenn ein von der Darlehensgeberin vorformulierter Vertragstext an anderer Stelle eine Erklärung enthält, die geeignet ist, um die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Information des Verbrauchers über Bestehen und Inhalt seines Widerrufsrechts zu konterkarieren. Würde etwa der vorformulierte Text auf einer Folgeseite die Erklärung enthalten: „Mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrags verzichtet der Darlehensnehmer auf sein Widerrufsrecht“, so wäre damit die Widerrufsbelehrung – auch wenn sie ansonsten beanstandungsfrei erteilt worden ist – entwertet, weil dem Verbraucher der Eindruck vermittelt würde, dass er kein Widerrufsrecht besitzt.

24

bb) Die Erklärung über die rechtliche Bindung für einen Zeitraum von einem Monat betrifft auch nicht einen anderen Zeitraum als denjenigen des Widerrufsrechts (OLG Köln, Beschluss v. 30.9.2015 – 13 W 33/15, juris; LG Bonn, Urt. v. 26.10.2015 – 3 O 488/14, Anlage B11). Die beiden Zeiträume können sich durchaus überschneiden. Sie hätten sich sogar vollständig gedeckt, wenn die Vertragsannahmeerklärung der Bank innerhalb von 16 Tagen bei dem Verbraucher eingegangen wäre, während bei den konkreten Daten des Falles die Fehlvorstellung nahelag, dass die Widerrufsfrist aufgrund der Bindungserklärung auf vier Tage reduziert sei. Die Erklärung über die Bindefrist ist danach auch in zeitlicher Hinsicht geeignet, beim Verbraucher den Eindruck zu vermitteln, dass er von seinem Widerrufsrecht nicht oder nur eingeschränkt Gebrauch machen könne.

25

cc) Selbst wenn der Verbraucher aus dem Umstand, dass im Darlehensvertrag getrennte Regelungen für die Verbindlichkeit des Antrags und für den Widerruf existieren, schließt, dass es sich dabei um differierende Sachverhalte handele, mit denen die Regelung beabsichtigt sei, dass er bis zum Vertragsschluss, maximal jedoch einen Monat lang, an seine Vertragserklärung gebunden sei, dass er aber nach Vertragsschluss für einen Zeitraum von zwei Wochen ein Widerrufsrecht besitze, so stünde dies mit der gesetzlichen Regelung des Widerrufsrechts nicht in Einklang. Denn der Verbraucher, der ein gesetzliches Widerrufsrecht besitzt, bei dem die Widerrufsfrist erst mit Vertragsschluss zu laufen beginnt, darf dieses bereits vor Vertragsschluss ausüben (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 355 BGB Rn. 7, ebenso schon die Vorauflagen zur Zeit des Abschlusses des Darlehensvertrags).

26

dd) Zwar mag die Beklagte beabsichtigt haben, mit der Bindefrist ausschließlich die ihr zur Verfügung stehende Annahmefrist zu regeln, ohne dass dies irgendeinen Einfluss auf das Widerrufsrecht des Klägers haben sollte. Ein solches Verständnis der im Vertrag getroffenen Regelung ist jedoch auch von einem verständigen Verbraucher nicht zu erwarten. Denn nur bei Kenntnis der gesetzlichen Regelungen der §§ 147 Abs. 2, 148 BGB lässt sich ein Bedarf für eine vom Widerrufsrecht des Klägers unabhängige Regelung einer Bindungsfrist erkennen. Die Kenntnis der genannten Bestimmungen aus dem allgemeinen Teil des BGB kann jedoch bei einem Verbraucher nicht vorausgesetzt werden.

27

b) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihre Widerrufsbelehrung dem in Anlage 6 zu Artikel 247 EGBGB a.F. enthaltenen Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge entspricht. Zwar sah Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB a.F. vor, dass ein Verbraucherdarlehensvertrag, der eine Vertragsklausel enthielt, die dem Muster der Anlage 6 entsprach, die in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB a.F. enthaltenen Anforderungen an die Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht erfüllte. Diese Bestimmung verschaffte dem Darlehensgeber aber ebenfalls keinen Freibrief, an anderer Stelle im Vertrag Regelungen vorzusehen, die dazu geeignet waren, den Verbraucher über die Reichweite seines Widerrufsrechts im Unklaren zu lassen. Die von der Beklagten verwendete Widerrufserklärung entsprach daher aufgrund der gleichzeitigen Bestimmung einer Bindung des Klägers an seine Vertragserklärung nicht dem gesetzlichen Gestaltungsmuster.

28

2. Der Beklagte hat sein Recht zur Ausübung des Widerrufs nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH, Urt. v. 23.1.2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230).

29

An das Vorliegen der Voraussetzungen des für eine Verwirkung erforderlichen Umstandsmomentes sind bei einem verbraucherschützenden Widerrufsrecht strenge Anforderungen zu stellen. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, dass ein Widerrufsrecht nach Ablauf einer bestimmten Zeit ungeachtet einer möglicherweise fehlerhaften Widerrufsbelehrung erlischt, dann hätte er dies anordnen können. Tatsächlich sahen das Verbraucherkreditgesetz und das Haustürwiderrufsgesetz vor ihrer Inkorporation in das BGB derartige Höchstfristen vor. Seit dem 21.3.2016 sieht § 356b BGB ebenfalls eine beschränkte Geltung des Widerrufsrechts vor. Die Neuregelung findet jedoch nach Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB nur in beschränktem Umfang auf vor der gesetzlichen Neuregelung getroffene Verträge Anwendung. Es beruht danach auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, dass allein der Ablauf einer noch so langen Frist bei einem Verbraucherdarlehen nicht in jedem Fall zum Erlöschen des Widerrufsrechts führt.

30

Nach diesem Maßstab fehlt es am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte und auch nicht von der Möglichkeit einer Nachbelehrung Gebrauch machte (vgl. BGH, Urt. v. 7.5.2014 – IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101; OLG Hamm, Beschluss v. 25.8.2014 – 31 U 74/14, juris; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 242 BGB Rn. 107). Zudem fehlt es an einer Vermögensdisposition, die die Beklage nur deshalb vorgenommen hat, weil sie auf die Wirksamkeit der Darlehensverträge mit dem Kläger vertraute (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2006 – XI ZR 205/05, NJW-RR 2007, 100).

31

Ob und gegebenenfalls unter welchem Umständen die beidseitige Erfüllung aller Vertragspflichten ein Vertrauen begründen kann, dass die Gegenseite nicht mehr von einem Widerrufsrecht Gebrauch machen werde (so OLG Köln, Urt. v. 25.1.2012 – 13 U 30/11, WM 2012, 1532; KG, Urt. v. 16.8.2012 – 8 U 101/12, GuT 2013, 213; OLG Köln, Urt. v. 25.1.2012 – 13 U 30/11, WM 2012, 1532) kann dahinstehen, denn zum Zeitpunkt des Widerrufs durch den Kläger waren die Pflichten der Parteien aus dem Darlehensvertrag nicht erfüllt.

32

3. Der Widerruf ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger die Fortsetzung des Darlehens zu günstigeren Konditionen wünscht. Zwar sollen die verbraucherschützenden Widerrufsrechte dazu dienen, den Verbraucher vor übereilten Vertragsschlüssen zu schützen (BT-Drucks. 11/5462, S. 21). Die gesetzgeberische Entscheidung, dass eine Widerrufsfrist bei fehlender oder unzureichender Belehrung nicht beginnt, führt aber zwingend dazu, dass Widerrufsrechte auch noch zu einem Zeitpunkt bestehen, in dem von einem übereilten Vertragsschluss keine Rede mehr sein kann.

33

Die Verbraucherwiderrufsrechte bestehen ungeachtet der Motive des Verbrauchers, sich von der eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zu lösen (BGH, Urt. v. 12.7.2016 – XI ZR 501/15, juris). Deshalb kann es keinen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn ein Verbraucher, in der Absicht nunmehr einen wirtschaftlich günstigeren Vertrag abschließen zu können, einen früheren Vertrag widerruft.

III.

34

Der Feststellungsantrag ist nur teilweise begründet. Der Saldo des Kreditverhältnisses liegt zwar infolge des Widerrufs geringer als der ausgekehrte Betrag von 90.000 €, den die Beklagten aufgrund einer Verrechnung der Zinszahlungen und Wertersatzansprüche für maßgeblich hält, er liegt aber höher als der im Klagantrag genannte Betrag. Der Klagantrag ist aber so auszulegen, dass damit als Minus auch die Feststellung einer über 83.241,37 € hinausgehenden Zahlungsverpflichtung geschuldet ist, jedenfalls sofern diese hinter dem von der Beklagten für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufs berechneten Betrag zurückbleibt. Eine Feststellung, wie sich künftige Zahlungen des Klägers auf den Darlehenssaldo auswirken, kann das Gericht nicht treffen, weil dies davon abhängt, in welcher Höhe zwischenzeitlich Zinsen angefallen sind. Für den Feststellungsantrag konnten daher nur die bis zur mündlichen Verhandlung erbrachten Zahlungen berücksichtigt werden.

35

1. Die Rechtsfolgen des gesetzlichen Widerrufsrechts bestimmten sich nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. nach den Regelungen über den gesetzlichen Rücktritt. Nach § 346 BGB sind im Fall des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen zurückzugeben.

36

Der Kläger schuldet danach die Rückzahlung des empfangenen Darlehens in Höhe von 90.000 €, die Beklagte die Rückzahlung der vom Kläger bis zum Widerruf erbrachten Zinszahlungen. Hinsichtlich der Summe der klägerischen Zahlungen bis zum Widerruf geht das Gericht von der im Termin überreichten Rückabwicklungsberechnung der Beklagten aus, die Zahlungen von 15.297,23 € enthält und damit mehr, als der Kläger selbst vorträgt. Tilgungsleistungen sind nicht erbracht worden, so dass dahinstehen kann, ob diese ebenso wie Zinszahlungen rückabzuwickeln wären.

37

2. Der Kläger hat nach § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB Wertersatz für die Möglichkeit zu leisten, dass er zwischen der ersten Auszahlung eines Teilbetrags des Darlehens am 27.7.2011 und der Widerrufserklärung am 7.5.2015 einen der Höhe nach variierenden Geldbetrag zur Verfügung gestellt bekommen hatte. Denn die Möglichkeit, über dieses Geld verfügen zu können, lässt sich als solche nicht zurückgewähren. Die Höhe des Wertersatzes bestimmt sich nach dem vertraglich vereinbarten Zinssatz. Nach § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB ist dieser Zinssatz als Gebrauchsvorteil heranzuziehen, wenn nicht nachgewiesen wird, dass der Wert des Gebrauchsvorteils geringer ist.

38

Ein geringerer Wert des Gebrauchsvorteils ist vom Kläger nicht nachgewiesen worden. Für einen solchen Nachweis genügt der Hinweis des Klägers auf die von der Bundesbank herausgegebene Zinsreihe SUD 116 nicht. Denn in dieser Zinsreihe sind neben normalen gesicherten und ungesicherten Krediten unter anderem auch Bauspardarlehen berücksichtigt (vgl. die Erläuterungen der Bundesbank unter http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Statistiken/Zeitreihen_Datenbanken/Makrooekonomische_Zeitreihen/its_details_properties_node.html?nsc=true&tsId=BBK01.SUD116), welche nach der vertraglichen Konzeption in der Auszahlungsphase einen geringeren Zinssatz besitzen sollten, als dies bei einem zuvor nicht angesparten Kredit der Fall wäre. In welchem Umfang dies der Fall ist und auf welche Weise aus den in der Datenreihe enthaltenen Zinsangaben auf das durchschnittliche Zinsniveau normaler Bankkredite geschlossen werden könne, hat der Kläger nicht dargestellt. Darüber hinaus hat der Kläger keine Angaben zu den zinsrelevanten Umständen des von ihm in Anspruch genommenen Kredits gemacht, etwa dazu, zu welchem Anteil der Wert der Immobilie kreditfinanziert wurde. Schließlich wäre der marktübliche Zins auch nicht zeitabschnittsweise für die einzelnen Monate der Laufzeit zu ermitteln, wie es der Kläger annimmt. Der Ansatz des jeweils geltenden Zinsen für Neuverträge ohne feste Zinslaufzeit würde eine andere Leistung darstellen, als sie der Kläger in Anspruch genommen hat. Der Kläger hat nämlich mit dem Abschluss eines Kredits mit 10-jähriger Zinsbindung die Möglichkeit in Anspruch genommen, von der Beklagten Geld zu einem festen, verlässlichen Zinssatz zu leihen. Die Zinsen, die er in diesem Fall zeitweise mehr bezahlt hat, als sie bei einem Kredit ohne Zinsbindung angefallen wären, waren die Gegenleistung für die Sicherheit, dass der Zinssatz nicht über die vereinbarte Höhe steigen konnte. Diese bis zum Widerruf in Anspruch genommene Absicherung gegen Zinsschwankungen ist auch bei der Rückabwicklung zu berücksichtigen.

39

Die angefallenen Vertragszinsen betragen nach der zutreffenden Berechnung der Beklagten bis zum Widerruf 15.347,89 €.

40

3. Die Beklagte schuldet den Ersatz von Nutzungen für die an sie erbrachten Zinszahlungen. Die Rückwirkung der Aufrechnung steht einem solchen Anspruch nicht entgegen. Die wechselseitigen Rückzahlungspflichten sind nämlich erst mit der Erklärung des Widerrufs durch den Kläger entstanden. Der Aufrechnung kann daher keine weitergehende Rückwirkung zukommen.

41

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht eine Vermutung, dass eine Bank Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als Nutzungen erlangt hat (BGH, Urt. v. 12.5.1998 – XI ZR 79/97, NJW 1998, 1325; Urt. v. 24.4.2007 – XI ZR 17/06, BGHZ 172, 147; Urt. v. 10.3.2009 – XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123). Allerdings kann diese Vermutung nur insofern eingreifen, wie die Beklagte die erlangten Zinsen nicht selbst einsetzen musste, um die Vergabe des Darlehens zu refinanzieren. Soweit nämlich die Zinsen zur Refinanzierung verbraucht wurden, standen sie für die Beklagte nicht zur Generierung weiterer Nutzungen zur Verfügung. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof bei der Rückabwicklung eines Geschäftes, bei dem eine Bank Gelder des Kunden in Dollaroptionsscheinen angelegt hat, dem Kunden nur auf die Provisionen, die Bank endgültig verbleiben sollten, Nutzungsersatz gewährt, nicht aber auf die Gelder, die die Bank für den Kunden investieren sollte (BGH, Urt. v. 12.5.1998 – XI ZR 79/97, NJW 1998, 1325).

42

Zur Ermittlung des für die Refinanzierung erforderlichen Betrags ist auf den Zinssatz für laufzeitkongruente Hypothekenpfandbriefe zurückzugreifen (vgl. BGH, Urt. v. 7.11.2000 – XI ZR 27/00, BGHZ 146, 5). Der marktübliche Zins für Hypothekenpfandbriefe mit einer Laufzeit von zehn Jahren betrug nach den Veröffentlichungen der Bundesbank im Juni 2011 3,7 %, die Zinsmarge lag danach bei 0,75 %. Lediglich im Verhältnis dieser Zinsmarge zu dem Gesamtzinssatz von 4,45 % standen die an die Beklagte gezahlten Zinsen dieser zur freien Anlage zur Verfügung. Für den frei anzulegenden Betrag ist eine Rendite von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu vermuten. Die entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei einem grundpfandgesicherten Darlehen diese Renditevermutung nicht gelte (BGH, Urt. v. 19.9.2006 – XI ZR 242/05, NJW 2007, 364), überzeugt nicht. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es für die Wiederanlagerendite darauf ankommen sollte, aus welchem Geschäft der anzulegende Betrag stammt.

43

Danach ergibt sich bis zum Widerruf folgender Nutzungsersatz:

44

Datum 

 Summe gezahlter Zinsen

 Nutzungsersatz

Jul 11

 37,08 €

 0,00 €

Aug 11

 315,21 €

 0,24 €

Sep 11

 628,41 €

0,47 €

Okt 11

 954,86 €

 0,71 €

Nov 11

 1.285,36 €

 0,96 €

Dez 11

 1.615,86 €

 1,21 €

Jan 12

 1.947,23 €

 1,38 €

Feb 12

 2.280,98 €

 1,62 €

Mrz 12

 2.614,73 €

 1,86 €

Apr 12

 2.948,48 €

 2,10 €

Mai 12

 3.282,23 €

 2,33 €

Jun 12

 3.615,98 €

 2,57 €

Jul 12

 3.949,73 €

 2,81 €

Aug 12

 4.283,48 €

 3,05 €

Sep 12

 4.617,23 €

 3,28 €

Okt 12

 4.950,98 €

 3,52 €

Nov 12

 5.284,73 €

 3,76 €

Dez 12

 5.618,48 €

 4,00 €

Jan 13

 5.952,23 €

 4,03 €

Feb 13

 6.285,98 €

 4,25 €

Mrz 13

 6.619,73 €

 4,48 €

Apr 13

 6.953,48 €

 4,70 €

Mai 13

 7.287,23 €

 4,93 €

Jun 13

 7.620,98 €

5,15 €

Jul 13

 7.954,73 €

 5,10 €

Aug 13

 8.288,48 €

 5,32 €

Sep 13

 8.622,23 €

 5,53 €

Okt 13

 8.955,98 €

 5,75 €

Nov 13

 9.289,73 €

 5,96 €

Dez 13

 9.623,48 €

 6,18 €

Jan 14

 9.957,23 €

 6,04 €

Feb 14

 10.290,98 €

 6,25 €

Mrz 14

 10.624,73 €

 6,45 €

Apr 14

 10.958,48 €

 6,65 €

Mai 14

 11.292,23 €

 6,85 €

Jun 14

 11.625,98 €

 7,06 €

Jul 14

 11.959,73 €

 6,93 €

Aug 14

 12.293,48 €

 7,12 €

Sep 14

 12.627,23 €

 7,31 €

Okt 14

12.960,98 €

 7,51 €

Nov 14

 13.294,73 €

7,70 €

Dez 14

 13.628,48 €

 7,89 €

Jan 15

13.962,23 €

 7,89 €

Feb 15

 14.295,98 €

 8,08 €

Mrz 15

 14.629,73 €

8,27 €

Apr 15

 14.963,48 €

 8,46 €

Mai 15

 15.297,23 €

 8,65 €

                 

 222,35 €

45

Auf den Nutzungsersatz von 222,35 € hat die Beklagte die Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag von 58,65 € abzuführen, so dass ein auszuzahlender Betrag von 163,71 € verbleibt.

46

4. Zum Zeitpunkt des Widerrufs war damit ein Saldo von 89.886,95 € offen, der sich aus den Verpflichtungen des Klägers zur Kreditrückzahlung (90.000 €) und zur Zahlung von Wertersatz für die Zurverfügungstellung des Kredites (15.347,89 €) sowie auf der anderen Seite aus der Pflicht der Beklagten zur Rückgewähr der vom Kläger bis zum Widerruf erbrachten Zahlungen (15.297,23 €) und zur Zahlung von Nutzungsersatz (163,71 €) zusammensetzt.

47

5. Auf den nach dem Widerruf entstandenen Saldo kann die Beklagte gemäß §§ 357 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., 286 Abs. 3 BGB nach Ablauf von 30 Kalendertagen Verzugszinsen verlangen. Der Zinssatz beträgt nach § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Die Tilgung stellt des Widerrufssaldos aufgrund der vom Kläger nach dem Widerruf erbrachten Zahlungen stellt sich danach wie folgt dar:

48

Datum 

Rückzahlungsbetrag

Zinsen

Tilgung

Restbetrag

30.06.2015

 89.886,95 €

100,07 €

 233,68 €

89.653,27 €

31.07.2015

89.653,27 €

 124,77 €

 208,98 €

89.444,29 €

31.08.2015

 89.444,29 €

124,48 €

209,27 €

89.235,02 €

30.09.2015

 89.235,02 €

 124,19 €

 209,56 €

89.025,45 €

31.10.2015

 89.025,45 €

 123,89 €

209,86 €

88.815,60 €

30.11.2015

 88.815,60 €

123,60 €

 210,15 €

88.605,45 €

31.12.2015

 88.605,45 €

123,31 €

210,44 €

88.395,01 €

31.01.2016

 88.395,01 €

 123,02 €

 210,73 €

88.184,27 €

29.02.2016

 88.184,27 €

122,72 €

211,03 €

87.973,25 €

31.03.2016

 87.973,25 €

122,43 €

211,32 €

87.761,93 €

30.04.2016

 87.761,93 €

122,14 €

211,61 €

87.550,31 €

13.05.2016

 87.550,31 €

 52,80 €

        

87.603,11 €

49

Zum Schluss der mündlichen Verhandlung war daher ein Saldo von 87.603,11 € zur Rückzahlung offen.

IV.

50

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann der Kläger nicht ersetzt verlangen. Es kann dahinstehen, ob sich die Beklagte mit einer vertraglichen Pflicht, als die allein eine etwaige Pflicht zur Abrechnung nach der Erklärung des Widerrufs durch den Kläger in Betracht käme, in Verzug befand. Der Kläger hat jedenfalls nicht dargestellt, dass ihm ein Schaden entstanden wäre. Auf das Bestreiten der Beklagten, dass die Klägervertreter ihr vorgerichtliches Tätigwerden überhaupt in Rechnung gestellt hätten und dass dieses vom Kläger bezahlt worden sei, ist der Kläger nicht eingegangen. Zudem spricht der Umstand, dass eine Rechtschutzversicherung den Gerichtskostenvorschuss für den Kläger eingezahlt hat, dagegen, dass der Kläger einen Schaden in Höhe der vorgerichtlichen Anwaltskosten erlitten hat.

V.

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Der Streitwert setzt sich wie folgt zusammen: Der Klagantrag zu 1. besitzt einen Streitwert von 15.297,23 €. Dabei handelt es sich um die Summe der bis zur Erklärung des Widerrufs vom Kläger geleisteten Zahlungen. Denn der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs eines Verbraucherdarlehens entspricht der Summe der nach § 346 ff. BGB zurückzufordernden Leistungen des Verbrauchers ohne Rücksicht auf etwaige Ansprüche auf Wertersatz (BGH, Beschluss v. 12.1.2016 – XI ZR 366/15, NJW 2016, 2428). Der Streitwert des Klagantrags zu 2. tritt hinzu, da die Parteien für den Fall, dass der Kläger mit seinem Klagantrag zu 1. erfolgreich sein würde, unterschiedliche Auffassungen zu den Rechtsfolgen vertreten. Während der Kläger meint, dass er in diesem Fall nur noch 83.241,37 € abzüglich der von ihm nach dem Widerruf erbrachten Zahlungen, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung also weiterer 3.671,25 € schulde, geht die Beklagte in dem für sie günstigsten Rechenszenario davon aus, dass der Nominalbetrag des Darlehens noch zur Rückzahlung ausstehe. Die Differenz von 10.429,88 € stellt den Streitwert der negativen Feststellungsklage des Klägers dar.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

40
b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 15. März 2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.

2

Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Widerrufsfrist sei abgelaufen. Die Widerrufsbelehrung entspreche zwar nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beklagte könne sich jedoch auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. i.V.m. dem Muster der Anlage 2 hierzu berufen.

4

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Wegen einer inhaltlichen Bearbeitung der Widerrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen.

5

Die Kläger beantragen,

6

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger € 19.009,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Mai 2014 zu zahlen.

7

2. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei XXX in Höhe von 1.878,06 € freizustellen.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen.

10

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie vertritt überdies die Auffassung, der Widerruf sei nicht wirksam gewesen, weil der durch die Prozessbevollmächtigten erklärte Widerruf wegen der fehlenden Originalvollmacht gerügt worden sei. Die Ausübung des Widerrufs stelle auch eine unzulässige Rechtsausübung dar.

11

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

12

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis mit Recht abgewiesen. Der Widerruf der Kläger war zwar wegen der fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht verfristet (1.). Er war auch wirksam erklärt worden (2.). Das Widerrufsrecht der Kläger ist aber verwirkt (3.). Auf die Frage, ob die Ausübung des Widerrufs im Übrigen rechtsmissbräuchlich war, kommt es deshalb nicht mehr an (4.). Einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hätten die Kläger ohnehin nicht (5.).

1.

13

Den Klägern stand zum Zeitpunkt, als sie ihr Widerrufsrecht ausgeübt haben, noch ein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht folgt aus § 495 Abs. 1 BGB in der vom 1. August 2002 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden § 495 BGB a.F.). Die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts war am 28. April 2014 (Widerruf der Kläger) nicht abgelaufen. Die Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der vom 8. Dezember 2004 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im folgenden § 355 BGB a.F.) mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht, die ihnen ihre Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Eine derartige Belehrung haben die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages nicht erhalten, so dass die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen war. Die Belehrung entsprach weder den gesetzlichen Vorgaben (a) noch kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters berufen (b).

a)

14

Die Belehrung entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F., weil die Belehrung über den Fristlauf mit der Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ nicht dem Deutlichkeitsgebot genügte (vgl. BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, Rn. 9 m.w.N.).

b)

15

Aus der BGB-InfoV kann die Beklagte keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten, weil sie gegenüber dem Muster erhebliche Änderungen vorgenommen hat (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 20 ff.; vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, juris Rn. 31).

2.

16

Die Widerrufserklärung der Kläger, die sie durch ihren Bevollmächtigten am 28. April 2014 haben erklären lassen, war auch wirksam. Eine Unwirksamkeit gemäß § 174 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hat den Widerruf nicht „aus diesem Grunde“ unverzüglich zurückgewiesen.

a)

17

Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das Bevollmächtigte gegenüber anderen vornehmen, unwirksam, wenn eine Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt wird und der oder die andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung muss mithin - „aus diesem Grunde“ - gerade wegen des fehlenden Vollmachtsnachweises erklärt werden. Dabei muss die fehlende Vollmachtsvorlage nicht ausdrücklich beanstandet werden. Es reicht aus, wenn sich der Grund der Zurückweisung aus den Umständen eindeutig ergibt und für den Vertragspartner oder die Vertragspartnerin erkennbar ist (BAG, Urteil vom 18. Dezember 1980 - 2 AZR 980/78, juris Rn. 25; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - V ZB 5/12, juris Rn. 9).

b)

18

Danach hat die Beklagte den Widerruf nicht „aus diesem Grunde“ im Sinne von § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Mit dem Schreiben der Beklagten vom 5. Mai 2014 (Anlage B1, Bl. 220 GA) werden die Bevollmächtigten der Kläger im letzten Satz zwar aufgefordert, „zunächst“ eine Vollmacht im Original vorzulegen. Diese Aussage, in der - wenn überhaupt - eine Zurückweisung gesehen werden könnte, wird jedoch durch den Beginn des Schreibens relativiert. Denn dort heißt es, das Schreiben sei (bereits) „zur Bearbeitung“ an die Rechtsabteilung übergeben worden. Nach dem Gesamteindruck liegt darin nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont keine Zurückweisung, sondern allein die Bitte, nachträglich noch die - bereits unterstellt vorhandene - Vollmacht der bloßen Form halber bzw. für die Akten einzureichen.

19

Aus dem Schreiben wird zudem schon nicht deutlich, dass überhaupt zurückgewiesen wird, also der Widerruf nicht wirksam sein soll. Die andere Vertragspartei muss aber erkennen können, dass das einseitige Rechtsgeschäft nicht anerkannt wird; das ist hier nicht der Fall, denn das Nachschieben der Originalvollmacht würde an der Unwirksamkeit nach § 174 Satz 1 BGB nichts ändern. Überdies kann die andere Vertragspartei aus dem Schreiben auch nicht erkennen, ob die Bank die fehlende Vollmachtsvorlage (§ 174 BGB) oder das Fehlen der Vertretungsmacht überhaupt (dann § 180 BGB) beanstandet.

20

Überdies wäre zumindest in der Klageerhebung - konkludent - die Erklärung des Widerrufs zu sehen.

3.

21

Es liegt jedoch ein Ausschluss des - nach dem Gesagten zum Zeitpunkt des erfolgten Widerrufs noch bestehenden - Widerrufsrechts wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vor.

a)

22

Das Widerrufsrecht der Kläger ist verwirkt.

aa)

23

Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner oder die Schuldnerin wegen der Untätigkeit ihres Gläubigers oder ihrer Gläubigerin über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, diese werden ihr Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten der Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen der Verpflichteten rechtfertigen, die Berechtigten werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03; Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04; Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, Rn. 13; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatgericht festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23; Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, Rn. 7 m.w.N.; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40).

24

Auch das Widerrufsrecht kann verwirkt werden. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147; BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39).

25

Erteilen der Unternehmer oder die Unternehmerin eine unrichtige Widerrufsbelehrung, dürfen sie sich allerdings regelmäßig nicht darauf einrichten, dass die Berechtigten von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 1983 - III ZR 30/82, juris Rn. 4; Urteil vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 113/85, juris Rn. 18; Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 23; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39). Ein schutzwürdiges Vertrauen können der Unternehmer oder die Unternehmerin grundsätzlich schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt haben, indem sie keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt haben (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39).

bb)

26

Vorliegend kann die beklagte Sparkasse sich ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen (1). Deren Voraussetzungen sind erfüllt (2).

(1)

27

Die Beklagte kann sich ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen.

28

Zwar kommt eine Verwirkung nach dem Vorstehenden regelmäßig nicht in Betracht, wenn die Unternehmerin, hier die Beklagte, dem Verbraucher oder der Verbraucherin, hier den Klägern, eine falsche Widerrufsbelehrung erteilt. Gleichwohl darf sich die Unternehmerin in Einzelfällen darauf einrichten, dass der Darlehensnehmer oder die Darlehensnehmerin von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch macht. Dies namentlich dann, wenn der Darlehensvertrag vollständig abgewickelt ist (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen der Unternehmerin auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihr erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und sie es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher oder die Verbraucherin gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB nachzubelehren. Denn zwar besteht die Möglichkeit der Nachbelehrung auch nach Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags von Gesetzes wegen fort. Eine Nachbelehrung ist indessen nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich, weil die Willenserklärung des Verbrauchers oder der Verbraucherin, deren fortbestehende Widerruflichkeit in das Bewusstsein des Verbrauchers oder der Verbraucherin zu rücken Ziel der Nachbelehrung ist, für diese keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).

29

An diesen Maßstäben gemessen, kann sich die Beklagte vorliegend ausnahmsweise auf die Einrede der Verwirkung berufen. Der zwischen den Parteien geschlossene Verbraucherdarlehensvertrag ist nach Kündigung durch die Kläger am 4. März 2013 spätestens mit Zahlung des von der Beklagten im Schreiben vom 14. April 2013 geforderten Ablösebetrags, der bis zum 16. September 2013 zu zahlen war und unstreitig gezahlt wurde, beendet.

30

Der Umstand, dass durch eine vorzeitige Abwicklung des Darlehens gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nicht die vertragliche Bindung beseitigt wird, sondern lediglich die geschuldete Leistung vorzeitig erbracht wird (BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96, juris Rn. 18), ändert an der Beendigung nichts. Denn mit der Erbringung der geschuldeten Leistung - ob vorzeitig oder nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit - ist der (ggf. modifizierte) Vertrag beendet. Davon zu unterscheiden ist die aus dieser Rechtsprechung resultierende Folge, dass das Widerrufsrecht von einer Kündigung oder sonstigen vorzeitigen Ablösung des Darlehens unberührt bleibt (vgl. dazu OLG Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 - 4 U 194/11, juris Rn. 34).

(2)

31

Die Voraussetzungen der Verwirkung, die im Übrigen vorliegen müssen (OLG Celle, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 13 U 205/13, juris Leitsatz 2 und Rn. 50; Senat, Beschluss vom 16. Februar 2015 - 5 U 110/14, n.v.; OLG Celle, Urteil vom 21. Mai 2015 - 13 U 38/14, juris Rn. 70 ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 26. August 2015 - 17 U 202/14, juris Rn. 35 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, juris Rn. 32; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Januar 2016 - 17 U 16/15, juris Rn. 33), sind erfüllt.

32

Sowohl das Zeitmoment (a) als auch das Umstandsmoment sind erfüllt (b).

(a)

33

Das Zeitmoment ist erfüllt.

34

Die für das Zeitmoment maßgebliche Frist beginnt mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40).

35

Die Dauer des Zeitmoments richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von den Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestands und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit der Verpflichteten (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 93). Es muss jedenfalls eine längere Zeit verstrichen sein (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 93); die Regelverjährung von drei Jahren muss den Berechtigten regelmäßig ungekürzt zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, Rn. 22; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, Rn. 13; Urteil vom 6. Februar 2014 - I ZR 86/12, Rn. 50).

36

An diesen Maßstäben gemessen ist im hier vorliegenden Einzelfall das Zeitmoment erfüllt. Nach dem Vertragsschluss im November 2006 vergingen bis zum Widerruf mit Schreiben vom 28. April 2014 knapp siebeneinhalb Jahre. Diese Zeitspanne reicht für das Zeitmoment aus. Mit der Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrages, sei es durch Kündigung, durch Aufhebung oder durch Rückzahlung, reduziert sich die Bedeutung des Widerrufsrechts auf Seiten der Berechtigten. Der mit dem Widerrufsrecht an und für sich beabsichtigte Zweck, der Übereilungsschutz, hat sich, obwohl das Widerrufsrecht weiterhin besteht, tatsächlich erledigt (vg. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Mit der Beendigung erhöht sich demgegenüber die Schutzbedürftigkeit der beklagten Sparkasse. Diese stellt sich, wenn auch im rechtlichen Ergebnis zu Unrecht, tatsächlich auf die Beendigung des Darlehensvertrages ein. In dieser Situation reicht der hier vorliegende Zeitraum von knapp siebeneinhalb Jahren aus, um das Zeitmoment zu bejahen.

(b)

37

Auch das Umstandsmoment liegt vor.

38

Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn die Verpflichteten bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten der Berechtigten entnehmen durften, dass diese ihr Recht nicht mehr geltend machen werden, sich deshalb hierauf eingerichtet haben und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 23; Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, Rn. 20 f.; Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, Rn. 20; Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, Rn. 13). Gerade im Anwendungsbereich von Verbraucherschutzrechten und damit zusammenhängenden Widerrufsrechten ist dies - wie bereits dargelegt - zwar grundsätzlich möglich (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Rn. 22 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, juris Rn. 24 ff.; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39), es sind jedoch grundsätzlich strenge Anforderungen an eine Verwirkung zu stellen.

39

So reicht beispielsweise die einverständliche Abänderung der Konditionen des Darlehensvertrages für sich genommen regelmäßig nicht aus, für die Sparkasse einen konkreten Vertrauenstatbestand zu schaffen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 205/05, Rn. 25). Allerdings kann der Zeitablauf wegen der Wechselwirkung von Zeit- und Umstandsmoment umso kürzer sein, je gravierender die Umstände sind, und umgekehrt sind an die Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23 m.w.N.; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 - 19 U 74/14, juris Rn. 50; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. Januar 2016 - 17 U 16/15, juris Rn. 31; OLG Bremen, Urteil vom 26. Februar 2016 - 2 U 92/15, juris Rn. 36).

40

Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - kann das Vertrauen der Unternehmerin auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).

41

Löst der Verbraucher oder die Verbraucherin ein Verbraucherdarlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ab, ist das Umstandsmoment regelmäßig - im Sinne einer tatsächlichen Vermutung - zu bejahen. Denn der Darlehensnehmer oder die Darlehensnehmerin beendet willentlich das Vertragsverhältnis und die Sparkasse darf sich umgekehrt darauf einrichten, den Vorgang bei sich abzuschließen. Für die Annahme einer tatsächlichen Vermutung muss allerdings hinzukommen, dass nach Ablösung des Darlehens (erneut) eine gewisse Zeit - etwa sechs Monate - verstreicht. In diesem Fall ist das Vertrauen der Sparkasse als Verpflichtete gerechtfertigt, der Kunde oder die Kundin als Berechtigte werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 25. Januar 2012 - 13 U 30/11, juris Rn. 24; OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Januar 2014 - 14 U 55/13, juris Rn. 20; gegen eine Mindestzeitspanne zwischen Vertragsbeendigung und Widerruf: OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2014 - 19 U 74/14, juris Rn. 46). Denn die auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers oder der Verbraucherin zeitigt keine mehr in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belastenden Rechtsfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).

42

Die Voraussetzungen dieser vom Senat postulierten tatsächlichen Vermutung sind erfüllt. Die Kläger haben den Darlehensvertrag gekündigt und eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Beklagte gezahlt. Der Darlehensvertrag aus November 2006 wurde bereits im Jahr 2013 gekündigt und die Kläger zahlten bis zum 16. September 2013 den streitgegenständlichen Betrag als Vorfälligkeitsentschädigung an die Beklagte und lösten damit den Darlehensvertrag vollständig ab. Den Widerruf erklärten sie erst (mindestens; den genauen Zeitpunkt der Zahlung haben die Kläger nicht mitgeteilt) sieben Monate später, am 28. April 2014, und damit mehr als sechs Monate nach der vollständigen Rückzahlung der Valuta.

43

Überdies hat sich die Beklagte auch unabhängig von der vom Senat postulierten tatsächlichen Vermutung - bei einer Betrachtung des Einzelfalls - darauf eingerichtet, dass die Kläger von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen würden und sie durfte hierauf auch vertrauen. Der Darlehensvertrag war bereits seit (spätestens) September 2013 vollständig abgewickelt. Die Kläger haben den Widerruf erst mit Schreiben vom 28. April 2014, also (mindestens) sieben Monate später, erklärt. Der Lebenssachverhalt ist abgeschlossen. Nach der Lebenserfahrung hat die Beklagte die an sie zurückgezahlte Valuta verwandt, um mit ihr zu arbeiten.

4.

44

Auf die Frage, ob sich die Kläger im Übrigen mit ihrem Widerruf rechtsmissbräuchlich verhalten, etwa wegen fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 2016 - 6 U 296/14, juris Rn. 21; OLG Hamburg, Urteil vom 16. März 2016 - 13 U 86/15, juris Rn. 14), kommt es nicht mehr an.

5.

45

Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten stünde den Klägern bereits mangels Anspruchsgrundlage nicht zu. Ein Anspruch ergibt sich weder aus der Verletzung einer vertraglichen Pflicht, § 280 Abs. 1 BGB (a), noch aus Verzugsgesichtspunkten, § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB (b).

a)

46

Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer vertraglichen Pflicht aus dem Darlehensvertrag durch die Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung oder die nachfolgende Weigerung, den Widerruf anzuerkennen. § 280 BGB ist zwar neben den in §§ 346 ff. BGB normierten Rücktrittsfolgen anwendbar (aa). Die Beklagte hat eine mögliche vertragliche Pflichtverletzung aber nicht nach § 276 Abs. 1 und 2 BGB zu vertreten (bb). Überdies fällt die Belastung mit den Rechtsanwaltskosten nicht in den Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht (cc).

aa)

47

Ein Schadensersatzanspruch der Kläger ist nicht wegen einer abschließenden Regelung der §§ 346 ff. BGB, die gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. auf die Rückabwicklung nach Widerruf entsprechende Anwendung finden, ausgeschlossen.

48

Die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrags ist eine Rechtspflicht der Darlehensgeberin. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung begründet daher eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 182/15, BeckRS 2016, 10256, Rn. 25 m.w.N.; Fritsche in: MüKo, BGB, 7. Aufl. 2016, § 361 Rn. 9). Die Sperrklausel des § 357 Abs. 4 BGB a.F. steht nicht entgegen. Diese bezieht sich auf die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufsrechts, hindert aber nicht die Geltendmachung von schon im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss durch Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung entstandenen Schäden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2016 - 17 U 182/15, juris Rn. 30 m.w.N.; a.A. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14. April 2015 - 17 U 72/14, BeckRS 2016, 05030, Rn. 12). Auch die Sperrklausel des § 361 Abs. 1 BGB steht nicht entgegen; sie ist erst seit dem 13. Juni 2014 in Kraft. Danach sind nunmehr die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Belehrung in den §§ 355 ff. BGB abschließend geregelt (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 361 Rn. 1; a.A. AG Bad Segeberg, Urteil vom 13. April 2014 - 17 C 230/14, NJW-RR 2015, 921, 924).

bb)

49

Die Beklagte hat den geltend gemachten Vermögensschaden jedoch nicht nach § 276 Abs. 1 und 2 BGB zu vertreten.

50

Die Weigerung der Beklagten, den Widerruf des Darlehensvertrags durch die Kläger anzuerkennen, war zwar sachlich unbegründet und insoweit im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB objektiv pflichtwidrig. Eine Haftung der Beklagten scheidet aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil sie dabei nicht im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB sorgfaltswidrig gehandelt hat. Dasselbe gilt für die - vorgelagerte - Erteilung einer falschen Widerrufsbelehrung.

(1)

51

Fahrlässig handeln Schuldnerinnen und Schuldner nicht bereits dann, wenn sie nicht erkennen, dass die Forderung in der Sache berechtigt ist. Sie müssen grundsätzlich auch für einen Rechtsirrtum nur einstehen, wenn sie fahrlässig gehandelt haben (BGH, Urteil vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, juris Rn. 20; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 276 Rn. 22). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt können Schuldnerinnen und Schuldner nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann genügen, wenn die von ihnen zu beurteilende Rechtslage in besonderem Maße unklar ist und sie sorgfältig prüfen, ob dem eigenen Rechtsstandpunkt eine vertretbare rechtliche Beurteilung zugrunde liegt. Bleibt bei dieser Prüfung mangels höchstrichterlicher Leitentscheidungen für die Auslegung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen ungewiss, ob die gerügte Pflichtverletzung vorliegt, dürfen Schuldnerinnen und Schuldner eine ihnen von der Gläubigerin oder dem Gläubiger abverlangte Leistung zurückweisen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich ihr Rechtsstandpunkt in einem Rechtsstreit später als unberechtigt herausstellt (vgl. für Pflichtverletzungen des Gläubigers BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, Rn. 20 und 26; Urteil vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, Rn. 31).

(2)

52

Gemessen an diesen Anforderungen hat die Beklagte weder die fehlerhafte Widerrufsbelehrung noch ihr vorgerichtliches Zurückweisen des Widerrufs der Kläger zu vertreten. Die obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage, in welchem Umfang Bearbeitungen des Musters der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV zulässig sind, ohne dass die Gesetzlichkeitsfiktion entfällt, war bis zum klärenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Juli 2016 (XI ZR 564/15) uneinheitlich.

53

So wurde in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte teilweise angenommen, die Gesetzlichkeitsfiktion entfalle nur bei solchen Abweichungen vom Muster der Anlage 2, die sich konkret zum Nachteil des Verbrauchers oder der Verbraucherin auswirken (OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. Juni 2009 - 9 U 111/08, juris Rn. 11; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. Dezember 2011 - 9 U 52/11, juris Rn. 32; OLG Bamberg, Urteil vom 25. Juni 2012 - 4 U 262/11, juris Rn. 54) oder die sein bzw. ihr Verständnis erschweren (OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. Dezember 2012 - 17 U 139/11, juris Rn. 38). Nach anderer Auffassung sollen zumindest solche Abweichungen, die für die Ausübung des Widerrufsrechts ohne Bedeutung sind, unschädlich sein (OLG Hamburg, Beschluss vom 24. März 2014 - 13 U 52/14, juris Rn. 6). Andererseits wird angenommen, jede sprachliche Abweichung lasse die Gesetzlichkeitsfiktion entfallen (OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Dezember 2011 - 6 U 79/11, juris Rn. 34; OLG München, Urteil vom 17. Januar 2012 - 5 U 2167/11, juris Rn. 46; OLG Köln, Urteil vom 23. Januar 2013 - 13 U 217/11, juris Rn. 24).

54

In Anbetracht dessen kann der Beklagten, die sich vorprozessual auf die ihr günstige Instanzrechtsprechung verlassen hat, ein sorgfaltswidriges Verhalten weder bei der Erteilung der Widerrufsbelehrung noch bei der Zurückweisung des von der klägerischen Partei erklärten Widerrufs und der geforderten Rückabwicklung des Darlehensvertrags zur Last gelegt werden (vgl. zum fehlenden Verschulden in diesen Fällen OLG Hamm, Urteil vom 20. Februar 2008 - 31 U 51/07, juris Rn. 61; LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 19. August 2014 - 1 O 78/13, juris Rn. 31).

cc)

55

Die Belastung mit Rechtsanwaltskosten, die bei der Geltendmachung des trotz der fehlerhaften Widerrufsbelehrung erklärten Widerrufs entstehen, fällt überdies nicht in den Schutzbereich der Verpflichtung, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen. Eine Schadensersatzverpflichtung kommt etwa dann in Betracht, wenn Verbraucher oder Verbraucherinnen wegen der fehlerhaften Belehrung von der (früheren) Geltendmachung eines Widerrufs abgehalten werden, nicht hingegen, wenn sie gleichwohl von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Die Belastung mit den Rechtsanwaltskosten als Schaden ist nicht auf Grund der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung entstanden, sondern auf Grund der Weigerung der Beklagten, diese sowie das Rückabwicklungsverlangen anzuerkennen (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 10. November 2014 - 6 O 4120/14, juris Rn. 56 ff.; LG Landau (Pfalz), Urteil vom 28. Juli 2015 - 4 O 297/14, juris Rn. 61).

56

Diese Weigerung der Beklagten, das Rückabwicklungsverlangen als berechtigt anzuerkennen, ist allerdings nicht kausal für die angefallenen vorgerichtlichen Kosten. Der Widerruf wurde mit anwaltlichem Schreiben erklärt (Anlage K4, Anlagenband). Damit waren die vorgerichtlichen Kosten bereits angefallen, bevor die Beklagte verpflichtet sein konnte, die aus dem Widerruf resultierenden Rechtsfolgen anerkennen zu müssen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 8. März 2011 - 322 O 395/10, juris Rn. 157).

b)

57

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB.

aa)

58

Die Beklagte hat den Verzug nicht zu vertreten, § 286 Abs. 4 BGB. Insofern kann auf die obigen Ausführungen unter a) bb) verwiesen werden. Aufgrund der unklaren Rechtslage und der divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Widerrufsbelehrungen durfte sie sich auf ihren in erster Instanz bestätigten Rechtsstandpunkt verlassen und die Forderung der Kläger ablehnen, den Vertrag rückabzuwickeln.

bb)

59

Überdies machen die Kläger keinen durch den Verzug bedingten Schaden geltend. Ein kausaler Schaden liegt nicht vor, da die Prozessbevollmächtigten bereits vor der Erklärung des Widerrufs beauftragt wurden.

6.

60

Die Revision ist zuzulassen.

61

Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

62

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, juris Rn. 4; Beschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02, juris Rn. 2). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juni 2016 - 1 BvR 873/15, Rn. 34).

63

Der Senat stellt für die Annahme des Umstandsmoments einen Rechtssatz auf. Dieser Rechtssatz, das Umstandsmoment sei bei Kündigung des Verbraucherdarlehensvertrages und Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach Zahlung regelmäßig erfüllt, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass er den Rechtsstreit auch aufgrund der Betrachtung des Einzelfalls entscheidet. Der von dem Senat aufgestellte Rechtssatz wird gleichwohl entscheidungserheblich, weil die Einzelfallentscheidung zumindest teilweise auf den tatbestandlichen Voraussetzungen des Rechtssatzes beruht.


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 482/15
Verkündet am:
11. Oktober 2016
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 495 Abs. 1 (Fassung bis zum 10. Juni 2010)
BGB § 357 Abs. 1 Satz 1 (Fassung bis zum 12. Juni 2014), § 351 Satz 1, § 139
BGB-InfoV § 14 Abs. 1 und 3 (Fassung bis zum 10. Juni 2010)
BGB-InfoV Anlage 2 (zu § 14 Abs. 1 und 3) (Fassung bis zum 7. Dezember 2004)

a) Schließen mehrere Verbraucher als Darlehensnehmer mit einem Unternehmer
als Darlehensgeber einen Verbraucherdarlehensvertrag, kann jeder von
ihnen seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung
selbständig widerrufen. Die Rechtswirkungen des Widerrufs im Verhältnis
zwischen dem Darlehensgeber und den übrigen Darlehensnehmern richten
sich nach § 139 BGB.

b) Zur Gesetzlichkeitsfiktion einer Widerrufsbelehrung, die das Muster für die
Widerrufsbelehrung um den Zusatz ergänzt, bei mehreren Darlehensnehmern
könne jeder Darlehensnehmer seine Willenserklärung gesondert widerrufen.
ECLI:DE:BGH:2016:111016UXIZR482.15.0


c) Der Ausübung eines mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht befristeten Widerrufsrechts steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die Parteien den Verbraucherdarlehensvertrag zuvor gegen Leistung eines Aufhebungsentgelts einverständlich beendet haben.
d) Zur Verwirkung des Widerrufsrechts bei vorzeitig einvernehmlich beendeten Verbraucherdarlehensverträgen. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15 - OLG Stuttgart LG Stuttgart
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Kläger das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Oktober 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger, zwei Piloten, nehmen die beklagte Bank auf Erstattung geleisteter Aufhebungsentgelte nach Widerruf von Darlehensverträgen in Anspruch.
2
Zum Zwecke der Umschuldung eines Immobiliarkredits bei einer dritten Bank schlossen die Parteien im März und April 2004 Verbraucherdarlehensverträge über insgesamt 997.000 €. Den Darlehensverträgen war mit einer hier nicht abgedruckten Ergänzung um ein Datum folgende Widerrufsbelehrung beigefügt : ECLI:DE:BGH:2016:111016UXIZR482.15.0
3
Im Jahr 2012 nahmen die Kläger die Veräußerung der Immobilie in Aussicht. Die Beklagte bot ihnen daraufhin unter dem 13. April 2012 die Aufhebung der Darlehensverträge gegen Zahlung von Aufhebungsentgelten an. Die Kläger nahmen das Angebot am 17. April 2012 an und zahlten an die Beklagte 64.670,64 €. Unter dem 9. Oktober 2013 widerriefen sie ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
4
Ihrer auf Erstattung der geleisteten Aufhebungsentgelte nebst Zinsen und Herausgabe gezogener Nutzungen gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Verurteilung hinsichtlich der beanspruchten Nutzungen reduziert und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr Begehren auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Kläger begehren mit der Anschlussrevision die vollständige Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


A.

5
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für die Revision von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
7
Zwischen den Parteien seien Verbraucherdarlehensverträge zustande gekommen, so dass den Klägern das Recht zugestanden habe, ihre auf Abschluss der Verträge gerichteten Willenserklärungen zu widerrufen.
8
Durch die Verwendung des Wortes "frühestens" bei der Beschreibung der Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist habe die Beklagte die Kläger über die Bedingungen des Widerrufs undeutlich unterrichtet. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung nach der maßgeblichen Fassung der BGB-Informationspflichten-Verordnung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie die Deutlichkeit der Belehrung mindernd vom Muster abgewichen sei. Mangels ordnungsgemäßer Belehrung sei die Widerrufsfrist nicht angelaufen, so dass die Kläger den Widerruf noch Ende 2013 hätten erklären können. Dass die Parteien vor Ausübung des Widerrufsrechts einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätten, stehe weder dem Widerruf der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen noch einem Anspruch auf Erstattung der Aufhebungsentgelte entgegen. Durch diese Vereinbarung hätten die Parteien die Darlehensverträge nicht beseitigt, sondern lediglich die Bedingungen für deren Beendigung modifiziert. Einen selbständigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Aufhebungsentgelte habe der Aufhebungsvertrag nicht geschaffen. Die Kläger hätten ihr Widerrufsrecht weder rechtsmissbräuchlich ausgeübt noch verwirkt.

II.

9
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
1. Richtig hat das Berufungsgericht allerdings erkannt, dass das Widerrufsrecht der Kläger nach § 495 Abs. 1 BGB in der hier nach Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 2, §§ 32, 38 Abs. 1 Satz 1 EGBGB maßgeblichen, zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) im Oktober 2013 fortbestanden hat.
11
a) Die tatrichterliche Feststellung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten - weil lediglich mit der Verwaltung eigenen Vermögens befasst - als Verbraucher gehandelt, greift die Revision nicht erheblich an. Sie lässt Rechtsfehler nicht erkennen (vgl. Senatsurteile vom 23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80, 86 f. und vom 17. Mai 2011 - XI ZR 280/09, juris Rn. 23 mwN).
12
b) Die den Darlehensverträgen beigegebene Widerrufsbelehrung entsprach , was der Senat nach den Grundsätzen der objektiven Auslegung selbst bestimmen kann (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 15 mwN, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ), nicht den gesetzlichen Vorgaben, so dass die zweiwöchige Widerrufsfrist im März und April 2004 nicht anlief.
13
aa) Entgegen den Einwänden der Revisionserwiderung informierte die Widerrufsbelehrung allerdings, ohne dass dafür freilich eine Notwendigkeit bestand , inhaltlich richtig darüber, jeder Darlehensnehmer könne seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung ohne Rücksicht auf das Schicksal der Vertragserklärung des anderen Darlehensnehmers widerrufen.
14
(1) Das Verbraucherwiderrufsrecht soll vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt und ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen ist (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 355 Rn. 2). Dieses Bedürfnis besteht ohne Rücksicht darauf, ob der Verbraucher allein oder mit anderen Verbrauchern einen Verbrauchervertrag schließt (Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026 f.; Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 338 f.). Dass sich der Widerruf eines Verbrauchers auf den Bestand des Verbrauchervertrags auch im Verhältnis zu anderen auf seiner Seite kontrahierenden Verbrauchern auswirken kann, steht dem nicht entgegen (anders Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 43). Denn der Übereilungsschutz jedes einzelnen Verbrauchers überwiegt das Interesse aller anderen am Fortbestand des Verbrauchervertrags (vgl. Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026 mit Fn. 21).
15
Dass Gegenstand eines Verbraucherdarlehensvertrags eine unteilbare Leistung ist, führt in Fällen, in denen Vertragspartner eines Unternehmers als Darlehensgebers neben einem Verbraucher ein weiterer Unternehmer als Darlehensnehmer ist, nicht dazu, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers ausgeschlossen ist (Knops/Martens WM 2015, 2025; MünchKommBGB/ Schürnbrand, 6. Aufl., § 491 Rn. 14; Samhat/Zeelen, EWiR 2016, 193, 194; zur Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes auf nur einen der Darlehensnehmer Senatsurteil vom 25. Februar 1997 - XI ZR 49/96, WM 1997, 710; zum Finanzierungsleasing BGH, Urteil vom 28. Juni 2000 - VIII ZR 240/99, BGHZ 144, 370, 380 ff.). In solchen Fällen kann der Verbraucher seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, obwohl seinem Mitdarlehensnehmer ein Widerrufsrecht nicht zusteht. Aus der Natur des Rechtsverhältnisses ergibt sich nichts anderes, wenn Mitdarlehensnehmer nicht ein Unternehmer, sondern ein zweiter Verbraucher ist. Das mit der Einheitlichkeit des Darlehensvertrags begründete Urteil des Senats vom 9. Juli 2002 (XI ZR 323/01, WM 2002, 1764) betraf dessen Kündigung, nicht den Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Auf das Widerrufsrecht, dessen Schutzzweck Vorrang genießt, sind die dort angewandten Grundsätze nicht übertragbar.
16
(2) Für eine Widerrufsbefugnis jedes einzelnen Verbrauchers spricht auch die Gesetzgebungsgeschichte und der aus den Materialien erkennbare Wille des Gesetzgebers.
17
Vor Schaffung des § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) entsprach es herrschender Meinung, dass der Verbraucher das nach dem Verbraucherkreditgesetz eingeräumte Widerrufsrecht isoliert - allein bezogen auf seine Willenserklärung - und ohne Rücksicht darauf ausüben könne, ob noch ein anderer Verbraucher neben ihm Vertragspartner des Unternehmers sei (Bruchner/ Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 13; Erman/I. Saenger, BGB, 10. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 10; Metz, VerbrKrG, 1999, § 7 Rn. 6; Pickert, Das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz, 1995, S. 71; Staudinger/ Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 42; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 18; Steppeler, VerbrKrG, 2. Aufl., S. 169; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 20; Ulmer/Habersack, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 20; Ulmer/ Timmann, FS Rowedder, 1994, S. 503, 525; Graf von Westphalen/ Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 6; zum Abzahlungsgesetz OLG Düsseldorf, WM 1984, 1220, 1221; OLG Koblenz, OLGR 1998, 437 f.).
18
Mit der Einführung des - später in § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: a.F.) übernommenen (BT-Drucks. 14/6040, S. 199) - § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB änderte sich am Grundsatz der Einzelbefugnis nichts (vgl. Bülow, WM 2000, 2361, 2364 mit Fn. 21; ders., VerbrKrG, 4. Aufl., § 7 Rn. 98, § 19 Rn. 23; Grundstein, FAArbR 2003, 41, 44; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2001, § 1 VerbrKrG Rn. 20, § 7 VerbrKrG Rn. 16, § 1 HWiG Rn. 30; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 491 Rn. 20; MünchKommBGB/Schürnbrand, 6. Aufl., § 491 Rn. 14; anders - für die Anwendung des § 356 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung [künftig: a.F.] und jetzt des § 351 BGB auf den Verbraucherwiderruf - Löhnig, FamRZ 2001, 135, 137; SchmidtKessel /Gläser, WM 2014, 965, 977; MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rn. 25; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 361a Rn. 26; Staudinger/ Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 42; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 19 U 222/15, juris Rn. 20; OLG Karlsruhe, WM 2016, 1036, 1038 f.). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers entsprach die Anwendung der "Vorschriften des Rücktritts […] der bisherigen Rechtslage" (BT-Drucks. 14/2658, S. 47).
19
Insbesondere beseitigte die Neukonzeption des Widerrufsrechts als eines Gestaltungsrechts anstelle einer rechtshindernden Einwendung ("besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht", BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 265/03, WM 2004, 2451, 2452; vgl. dagegen zum früheren Recht BGH, Urteil vom 16. Oktober 1995 - II ZR 298/94, BGHZ 131, 82, 85 f.) die Einzelbefugnis nicht (Wallner, BKR 2016, 177, 180; anders Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 43). Die einheitliche Ausübung mehrerer Berechtigter auf einer Vertragsseite wird zwar für bestimmte Gestaltungsrechte gesetzlich angeordnet (so in § 351 Satz 1, § 441 Abs. 2, §§ 472, 638 Abs. 2 BGB; vgl. Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 340). Es besteht aber - was §§ 425, 429 Abs. 3 BGB zeigen - kein allgemeiner Grundsatz, der die Ausübung von Gestaltungsrechten durch nur einen der auf einer Seite kontrahierenden Vertragspartner generell ausschließt (Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026 mit Fn. 18; Martens, aaO; MünchKommBGB/Gaier, BGB, 6. Aufl., § 351 Rn. 7; Erman/ Röthel, BGB, 14. Aufl., § 351 Rn. 5; Wallner, aaO; zur Anfechtung RGZ 65, 399, 405; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 143 Rn. 4; gegen eine Erstreckung des § 351 Satz 1 BGB auf alle Gestaltungsrechte auch Staudinger/ Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 351 Rn. 3).
20
(3) Die Einzelbefugnis zur Ausübung des Widerrufsrechts wird auch nicht durch § 351 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Zwar fanden nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (wie zuvor nach § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB) auf das Widerrufsrecht die Vorschriften des Titels über den Rücktritt entsprechende Anwendung, soweit anderes nicht bestimmt war. Ein anderes konnte sich aber nicht nur aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, sondern auch aus der Natur des Verbraucherwiderrufsrechts ergeben (a.A. Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 30; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 43; wohl auch Schirmbacher, BB 2009, 1088, 1090). Dies ist hier mit Blick auf § 351 BGB nach Sinn und Zweck des Widerrufsrechts - wie oben dargelegt - der Fall:
21
Die entsprechende Geltung des § 351 BGB und damit auch seines Satzes 2 (zuvor: § 356 Satz 2 BGB a.F.) hätte dazu geführt, dass mit dem Wegfall des Widerrufsrechts für einen Verbraucher - dem Schutzzweck des Widerrufsrechts widersprechend - das Widerrufsrecht für sämtliche anderen entfallen wäre (dagegen noch unter Geltung des Verbraucherkreditgesetzes BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 - VIII ZR 213/95, BGHZ 133, 220, 226). Dies wiederum hätte zur Konsequenz gehabt, dass nicht nur - eine ordnungsgemäße, aber zeitlich gestaffelte Belehrung der auf einer Seite kontrahierenden Verbraucher unterstellt - der zuletzt belehrte Verbraucher die zweiwöchige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) nicht mehr voll hätte ausschöpfen können (so in der Tat Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 32; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 355 Rn. 45). Überdies hätte der Unternehmer - erst über § 242 BGB korrigierbar - auch gegenüber einem unzureichend belehrten Verbraucher einwenden können , er habe (wenigstens) einen seiner Vertragspartner ordnungsgemäß belehrt , so dass der Verbraucher - obwohl weder ordnungsgemäß belehrt noch nachbelehrt - aus dem Belehrungsmangel nach Ablauf der Widerrufsfrist für den weiteren Vertragspartner keine Folgerungen mehr hätte ziehen können (vgl. im Einzelnen Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026; Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 339; für eine Einschränkung der Geltung des § 356 BGB a.F. in diesen Fällen auch MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rn. 26; für eine Anwendung des § 351 Satz 2 BGB dagegen Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 361a Rn. 26). In beiden Konstellationen wäre das Widerrufsrecht des Verbrauchers gegen den Gesetzeszweck verkürzt worden, ohne dass sich § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. dafür etwas entnehmen ließ. In gleicher Weise stand der individuell gewährte Übereilungsschutz einer entsprechenden Anwendung des die Einzelbefugnis einschränkenden § 351 Satz 1 BGB entgegen.
22
bb) Die Widerrufsbelehrung klärte entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch richtig über die Rechtsfolgen des Widerrufs auf, wobei es einer Differenzierung zwischen den Folgen des Widerrufs nur eines Verbrauchers oder sämtlicher Darlehensnehmer - deren Verbrauchereigenschaft unterstellt - nicht bedurfte. Zwar wirkt der Widerruf nur eines Verbrauchers nicht zugleich für und gegen die anderen, weil der Widerruf nicht unter die Sondervorschriften der §§ 422 ff. BGB fällt (Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2027). Nach § 139 BGB führt er aber regelmäßig dazu, dass sich der Verbraucherdarlehensvertrag im Verhältnis zu sämtlichen Darlehensnehmern in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandelt (vgl. Bülow, WM 2000, 2361, 2364; ders., VerbrKrG, 4. Aufl., § 19 Rn. 23; Bülow/Artz, ZIP 1998, 629, 632; Cebulla/Pützhoven, FamRZ 1996, 1124, 1128 f.; Erman/I. Saenger, BGB, 10. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 10; Knops/Martens, aaO; Martens, FS Derleder, 2015, S. 333, 341; Staudinger/ Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2001, § 1 VerbrKrG Rn. 20, § 7 VerbrKrG Rn. 19, § 1 HWiG Rn. 30; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 18; Graf von Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 118; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 7 VerbrKrG Rn. 20; Ulmer/ Habersack, VerbrKrG, 2. Aufl., § 7 Rn. 20; Ulmer/Timmann, FS Rowedder, 1994, S. 503, 525). Gibt die Widerrufsbelehrung dies wie hier der Sache nach wieder, ist sie ordnungsgemäß und wirksam.
23
cc) Gleichwohl bestand das Widerrufsrecht der Kläger im Jahr 2013 fort. Denn die Widerrufsbelehrung informierte entgegen dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mittels des Einschubs des Worts "frühestens" unzureichend über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 18 mwN). Auf die Kausalität des Belehrungsfehlers für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 aaO Rn. 26 mwN).
24
dd) Der Beklagten kommt, was das Berufungsgericht gesehen hat, die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen ursprünglichen, zwischen dem 1. September 2002 und dem 7. Dezember 2004 geltenden Fassung nicht zugute.
25
(1) § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) knüpft die Gesetzlichkeitsfiktion an die Bedingung, dass "das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird". Nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. darf der Unternehmer allerdings, sofern er das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung verwendet, "in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen". Damit definiert § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen. Entsprechend der durch § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst nach Art. 245 EGBGB, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Greift der Unternehmer dagegen in das Muster in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. verloren (im Einzelnen Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 22 ff. mwN).
26
(2) Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung , was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 25 mwN), einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGBInfoV a.F. für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Unschädliche hinausgeht.
27
Zwar führt allein der Zusatz, "[b]ei mehreren Darlehensnehmern" könne "jeder Darlehensnehmer seine Willenserklärung gesondert widerrufen", nicht zum Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion. Insoweit handelt es sich um eine inhaltlich zutreffende Vervollständigung (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, GuT 2013, 133; dazu Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 24), die über die vom Muster für die Widerrufsbelehrung behandelten Themen hinaus lediglich ergänzende und rechtlich richtige Informationen vermittelt, ohne in den Text des Musters einzugreifen oder auf ihn bezogene Angaben zu machen. Ein solcher Eingriff liegt aber vor, soweit die Beklagte sowohl die Zwischenüberschrift "Widerrufsrecht" des Musters für die Widerrufsbelehrung ausgelassen als auch unter der Überschrift "Finanzierte Geschäfte" die Mustertexte für Darlehensverträge und den finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts entgegen den Vorgaben des Gestaltungshinweises kombiniert hat. Dabei ist für den Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion ohne Belang, dass es sich bei den von den Klägern aufgenommenen Darlehen nicht um verbundene Geschäfte handelte, so dass Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung dem Unternehmer anheim gab, auf Hinweise für finanzierte Geschäfte zu verzichten (Senatsurteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 39).
28
c) Das Berufungsgericht hat entgegen den Angriffen der Revision schließlich zutreffend gesehen, dass die auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen der Kläger auch noch nach "Aufhebung" dieser Verträge - streng genommen: nach deren vorzeitiger Beendigung - widerrufen werden konnten. Zweck des Widerrufsrechts ist, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, sich von dem geschlossenen Vertrag auf einfache Weise durch Widerruf zu lösen, ohne die mit sonstigen Nichtigkeits- oder Beendigungsgründen verbundenen, gegebenenfalls weniger günstigen Rechtswirkungen in Kauf nehmen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235 Rn. 17). Deshalb kann der Verbraucher seine auf Abschluss eines Verbrauchervertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, auch wenn der Vertrag zuvor gekündigt wurde (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 f.; BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 36, vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, ZIP 2014, 732 Rn. 24 und vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14, WM 2015, 1614 Rn. 30). Gleiches gilt, wenn die Parteien den Vertrag vor Ausübung des Widerrufsrechts einvernehmlich beendet haben, ohne sich zugleich über das Widerrufsrecht zu vergleichen (vgl. dazu MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 779 Rn. 11).
29
2. Revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand halten aber die Erwägungen , mit denen das Berufungsgericht eine Verwirkung des Widerrufsrechts verneint hat.
30
a) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt, was der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für die Verwirkung des Verbraucherwiderrufsrechts verdeutlicht und präzisiert hat (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 und - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 37, jeweils mwN), neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untä- tigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 aaO), ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann. Gerade bei wie hier beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann, was der Senat in seinem Urteil vom 12. Juli 2016 (XI ZR 501/15, aaO Rn. 41) näher dargelegt hat, das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren. Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht.
31
b) Nach diesen Maßgaben erweist sich das Berufungsurteil als rechtsfehlerhaft. Nicht nur hat das Berufungsgericht bei der Bemessung des Zeitmoments den maßgeblichen Zeitpunkt - Zustandekommen des Verbrauchervertrags - nicht in den Blick genommen. Es hat auch gegen eine Verwirkung das Fehlen einer Nachbelehrung ins Feld geführt, die von der Beklagten nach Beendigung der Verträge nicht mehr erwartet werden konnte. Außerdem hat es dem Umstand selbst, dass die Parteien die Darlehensverträge einverständlich beendet haben, unzutreffend kein Gewicht beigemessen.
32
3. Dagegen wiederum zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger die Aufhebungsentgelte in Erfüllung einer sich aus den Darlehensverträgen ergebenden Verpflichtung erbracht haben, so dass sie im Falle eines wirksamen Widerrufs der Darlehensverträge als empfangene Leistungen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren sind.
33
a) Maßgeblich dafür, ob die Parteien im April 2012 für die Aufhebungsentgelte einen neuen Schuldgrund geschaffen haben, ist ihr aus den gesamten Fallumständen zu ermittelnder Wille, der seinen Niederschlag in den Vertragsverhandlungen und Vertragserklärungen gefunden haben muss. Die Feststellung des Parteiwillens ist Auslegungsfrage, die grundsätzlich dem Tatrichter obliegt (Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 28 und vom 27. November 2012 - XI ZR 144/11, WM 2013, 261 Rn. 13). Dabei ist davon auszugehen, dass der von einer Vertragspartei an die andere herangetragene Wunsch nach einer vorzeitigen Abwicklung gegen Zahlung eines angemessenen Aufhebungsentgelts nicht eine Beseitigung der vertraglichen Bindung, sondern letztlich nur eine vorzeitige Erbringung der geschuldeten Leistung zum Ziel hat. Der Darlehensgeber soll durch die vorzeitige Rückzahlung des Darlehenskapitals und die Zahlung des Aufhebungsentgelts im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt werden, wie er stünde, wenn das Darlehen für den ursprünglich vereinbarten Festschreibungszeitraum fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre. Die angestrebte Änderung des Darlehensvertrags erschöpft sich somit letztlich in der Beseitigung der vertraglichen - zeitlich begrenzten - Erfüllungssperre, d.h. in einer Vorverlegung des Erfüllungszeitpunkts (Senatsurteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161, 166).
34
b) Damit in Übereinstimmung ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, die Kläger hätten die Aufhebungsentgelte in Erfüllung von sich aus den modifizierten Darlehensverträgen ergebenden Forderungen geleistet. Auf das von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen der Beklagten, die Aufhebungsentgelte hätten "nicht lediglich die rechtlich geschützten Zinserwartungen und einen etwaigen Verwaltungsaufwand der Bank, sondern auch die Möglichkeit der einvernehmlichen sofortigen Vertragsbeendigung ohne dreimonatige Kündigungsfrist vergütet", kommt es für diese Einschätzung nicht an. Denn auch dann, wenn sich die Parteien, um die Darlehensverträge zu beenden, wechselseitig mehr zugestanden haben sollten, als sie im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags nach dem Gesetz hätten verlangen können, bleibt es dabei, dass die Bedingungen einer vorzeitigen Erfüllung des Anspruchs aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB Gegenstand der Vereinbarung waren und die Kläger die Aufhebungsentgelte auf eine aus den Darlehensverträgen resultierende Verpflichtung erbracht haben.

III.

35
Das Berufungsurteil unterliegt wegen der rechtsfehlerhaften Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verwirkung der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

B.

36
Die Anschlussrevision der Kläger hat dagegen keinen Erfolg.

I.

37
Das Berufungsgericht hat die Anschlussrevision betreffend ausgeführt:
38
Aufgrund des Widerrufs hätten sich die Schuldverhältnisse der Parteien in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt. Die Beklagte schulde Erstattung der Aufhebungsentgelte. Außerdem sei sie zur Leistung von Nutzungser- satz verpflichtet. Mangels Vortrags der Beklagten zur Verwendung der von den Klägern erlangten Zahlungen sei davon auszugehen, dass die Beklagte tatsächlich Nutzungen gezogen habe, deren Wert einer Verzinsung des Aufhebungsentgelts mit einem Zinssatz von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entspreche.

II.

39
Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
40
Das Berufungsgericht ist von der Anschlussrevision unangegriffen davon ausgegangen, zwischen den Parteien sei ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinne des gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, § 38 Abs. 1 EGBGB im ausschlaggebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen § 492 Abs. 1a Satz 2 Halbsatz 1 BGB in der zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung zustande gekommen. Bei Immobiliardarlehensverträgen ist in Anlehnung an § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB in der hier maßgeblichen , zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung widerleglich zu vermuten, dass die beklagte Bank aus ihr von den Klägern überlassenen Zins- und Tilgungsraten Nutzungen lediglich in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat (im Einzelnen Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 58). Dass die Kläger in den Vorinstanzen Vortrag gehalten hätten, der umfangreichere Nutzungen der Beklagten ergab, zeigt die Anschlussrevision nicht auf.
Ellenberger Grüneberg Maihold Menges Derstadt

Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 17.10.2014 - 12 O 262/14 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.10.2015 - 6 U 174/14 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

12
cc) Der Kläger kann und hat die Hauptforderung zu beziffern, die er nach §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint. Das sind nach § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB bereits erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen (Senatsbeschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, NJW 2015, 3441 Rn. 7 mwN). Ein Anspruch auf Nutzungsersatz gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB bleibt als Nebenforderung nach § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO außer Betracht. Bei der Schätzung des Werts des klägerischen Interesses ist - auch wie hier bei der Feststellungsklage - ein Abschlag nicht vorzunehmen.