Landgericht Dortmund Urteil, 25. Okt. 2018 - 2 O 85/17
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger nach einem Streitwert von 8.004,51 €.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Frau P unterhielt bei der Beklagten seit dem 16.12.2015 eine Vollkaskoversicherung mit 300,00 € Selbstbeteiligung für den erstmals am 25.05.2009 zugelassenen Pkw Audi Q7 mit dem amtlichen Kennzeichen ##-## ####. Grundlage waren der Versicherungsschein vom 23.02.2016 (Anlage K 7) und die AKB (Anlage K 7) unter anderem mit folgenden Regelungen:
3A.2.3
4Welche Ereignisse sind in der Fahrzeugvollversicherung (Vollkasko) versichert?
5…..
6Unfall
7A.2.3.2
8(1) Versichert ist ein Unfall des Fahrzeugs, d.h. ein unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis. …..
9A.2.6
10Was zahlen wir bei Beschädigung? …..
11Reparatur
12A.2.6.1
13(1) Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir – falls keine Werkstattbindung nach A 3 vereinbart wurde – die für die Reparatur notwendigen Kosten bis zur folgenden Obergrenzen:
14…..
15A.2.13 ……..Abtretung
16….
17(4) Ihren Anspruch auf die Entschädigung können Sie vor der endgültigen Feststellung ohne unsere ausdrückliche Genehmigung weder abtreten noch verpfänden. ….
18F.2 Ausübung der Rechte
19Die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag steht nur Ihnen als Versicherungsnehmer zu, soweit nichts anderes geregelt ist. ….
20G.7 Was ist bei Veräußerung des Fahrzeugs zu beachten?
21Übergang des Versicherungsvertrags auf den Erwerber
22G.7.1
23(1) Veräußern Sie Ihr Fahrzeug, geht der Versicherungsvertrag auf den Erwerber über. ….
24Die Veräußerung muss uns angezeigt werden.
25G.7.2
26Sie und der Erwerber sind verpflichtet, uns die Veräußerung unverzüglich anzuzeigen. Unterbleibt die Anzeige, droht unter den Voraussetzungen des VVG der Verlust des Versicherungsschutzes….“
27Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die streitigen Reparaturkosten für einen streitigen Unfallschaden.
28Der Kläger behauptet, er habe mit Z im Juli 2017 einen Tausch- und Kaufvertrag über das Fahrzeug geschlossen (Anlagen K 1, Bl. 5 der Akten, und K 2, Blatt 6 der Akten) und die Zulassungsbescheinigung Teil 2 von der Sicherungseigentümerin des Pkws Audi Q7 vor dem 15.08.2016 erhalten. Dies habe er, der Kläger, der Beklagten Mitte Juli 2016 mitgeteilt und daraufhin die Versicherungsbestätigung (Anlagen K 7, K 9, Bl. 125 der Akten, grüne Karte) erhalten.
29Am 15.08.2016 sei er, der Kläger, mit dem Fahrzeug gegen 7:40 Uhr auf der A 1 in G in M gegen eine Leitplanke gefahren. Dadurch seien die in dem Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. N vom 30.08.2016 (Anlage K 3, Bl. 7 bis 27 der Akten) dokumentierten Schäden an der linken Seite entstanden. Die Reparaturkosten beliefen sich auf netto 8.137,51 € und der Wiederbeschaffungswert auf (differenzbesteuert) 24.878,05 €.
30Der Kläger meint, er sei aktivlegitimiert und beruft sich in diesem Zusammenhang auf die Abtretungsvereinbarung zwischen ihm und Frau P vom 23.12.2016 (K 6, Blatt 32 der Akten), die „Einzugsermächtigung“ von Frau P (Anlage K 8, Blatt 53 der Akten), die Veräußerung des Fahrzeugs an ihn, den Kläger, und die vorprozessualen Schreiben der Beklagten (Anlagen K 10 bis K 12, Blatt 72 bis 74 der Akten). Er behauptet, eine Mitarbeiterin der Beklagten habe ihm in einem Telefongespräch mitgeteilt, dass er eine Abtretungserklärung der Versicherungsnehmerin beibringen solle, dann werde die Leistung in einer Woche erfolgen. Der Sachverständige müsse die Angelegenheit noch prüfen.
31Der Kläger beantragt,
32die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.004,51 € sowie weitere 928,80 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2016 zu zahlen.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie rügt die Aktivlegitimation des Klägers.
36Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen T und G1. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2018 verwiesen.
37E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
38Die Klage ist nicht begründet.
39Der Kläger ist nicht klagebefugt und die Beklagte beruft sich in der Klageerwiderung auch darauf.
40Nach der wirksamen Regelung in F.2 AKB (OLG Hamm, 20 U 53/04, Urteil vom 06.10.2004, VersR 2005, 934 zu der gleichlautenden Regelung in § 3 Abs. 2 AKB a) F) steht die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag (vorbehaltlich hier nicht eingreifende Ausnahmebestimmungen) ausschließlich dem Versicherungsnehmer, vorliegend also Frau P, zu.
41§ 44 Abs. 2 VVG kann abbedungen werden (OLG Hamm, 20 U 53/04, Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 44 Rn. 25). Der Versicherer hat ein berechtigtes Interesse daran, festzulegen, dass er sich nur mit seinem Vertragspartner, dem Versicherungsnehmer, auseinandersetzen muss. Im Bereich der Fahrzeugversicherung besteht ein solches berechtigtes Interesse zudem deshalb, weil bei Zulassung von Klagen der Versicherten der Versicherer in diesen Fällen zunächst einmal prüfen müsste, ob der Anspruchsteller tatsächlich Versicherter ist, was vielfach nicht einfach ist. Der Versicherte ist hingegen ausreichend dadurch geschützt, dass sich der Versicherer bei den für den Versicherten unerträglichen Härten nach § 242 BGB wegen Rechtsmissbrauchs nicht auf die Klausel berufen darf (OLG Hamm, 20 U 53/04).
42Die Abtretung vom 23.12.2016 (Anlage K 6, Blatt 32 der Akten) verstößt gegen die wirksame Regelung in A.2.13 AKB (Prölss/Martin, 350, A.2.14 AKB, Rn. 4 und 5). Dies gilt auch für die Einzugsermächtigung Anlage K 8, Blatt 53 der Akten (Prölss/Martin, 350, A.2.14 AKB, Rn. 5, BGH, X ZR 146/94, Urteil vom 11.03.1997, NJW 1997, 3434), weil ansonsten im Wege der Prozessstandschaft erreicht würde, was durch den Abtretungsausschluss verhindert werden soll.
43Aus § 95 VVG und G.7 AKB ergibt sich die Klagebefugnis des Klägers nicht. Es handelte sich unstreitig um eine Fremdversicherung, denn die Versicherungsnehmerin P war nicht die Eigentümerin des Fahrzeugs. § 95 VVG und G.7 AKB betreffen nur die Veräußerung des versicherten Fahrzeuges durch den Versicherungsnehmer (OLG Hamm, 20 U 284/95, Urteil vom 19.04.1996, NZV 1996, 412, Stiefel/Maier, Kraftfahrversicherung, 19. Aufl., AKB G.7, Rn. 26, Prölss/Martin, § 95 Rn. 94, 350, AKB, G.7, Rn. 2).
44Sinn und Zweck von § 95 VVG und G.7 AKB liegt darin, das Versicherungsverhältnis dem versicherten Interesse folgen und deshalb auf den Erwerber der Sache übergehen zu lassen. Veräußert aber, wie im vorliegenden Fall, nicht der Versicherungsnehmer das versicherte Fahrzeug, und liegt von Vornherein eine Fremdversicherung vor, ist für einen Übergang der Versicherungsnehmerstellung kein Raum. Der Erwerber rückt anstelle des Veräußerers in die Position des Versicherten ein (Prölss/Martin, § 95 Rn. 24) und nicht in die des Versicherungsnehmers.
45Der Beklagten fällt kein Rechtsmissbrauch zur Last. Der Versicherer darf sich auf eine Klausel, wie sie hier in Rede steht, gegenüber dem Versicherten nicht berufen, wenn der Versicherungsnehmer ohne billigenswerten Grund nicht gewillt ist, sein Einziehungsrecht zu Gunsten des Versicherten wahrzunehmen und der Versicherte deshalb Gefahr läuft, seinen Anspruch nicht durchsetzen zu können (OLG Hamm, 20 U 53/04 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
46Dass die Versicherungsnehmerin nicht bereit ist, den hier streitgegenständlichen Anspruch durchzusetzen, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
47Die Vorkorrespondenz ist unerheblich, denn die Beklagte hat sowohl mit der Versicherungsnehmerin als auch mit dem Kläger als Fahrer des Unfallfahrzeuges korrespondiert. Aus den Schreiben K 10 und K 11 ergibt sich ausdrücklich, dass die Beklagte davon ausging, dass Frau P Versicherungsnehmerin ist. Frau P hat der Beklagten den Schaden auch unstreitig angezeigt.
48Der Kläger hat nicht beweisen können, dass die Beklagte ihm die Zahlung der Entschädigung telefonisch zugesagt hat. Die Zeuginnen T und G1 haben dazu widersprüchliche Angaben gemacht und die Kammer war mangels objektiver Anhaltspunkte außer Stande insoweit hinreichend sichere Feststellungen (dazu BGH, IV ZR 116/11, Beschluss vom 18.01.2012, VersR 2012, 849) zu treffen.
49Die Klage war daher mangels Aktivlegitimation des Klägers mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.
50Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Bei der Versicherung für fremde Rechnung stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zu. Die Übermittlung des Versicherungsscheins kann jedoch nur der Versicherungsnehmer verlangen.
(2) Der Versicherte kann ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers nur dann über seine Rechte verfügen und diese Rechte gerichtlich geltend machen, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wird die versicherte Sache vom Versicherungsnehmer veräußert, tritt an dessen Stelle der Erwerber in die während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein.
(2) Der Veräußerer und der Erwerber haften für die Prämie, die auf die zur Zeit des Eintrittes des Erwerbers laufende Versicherungsperiode entfällt, als Gesamtschuldner.
(3) Der Versicherer muss den Eintritt des Erwerbers erst gegen sich gelten lassen, wenn er hiervon Kenntnis erlangt hat.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen.
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger macht Ansprüche aus einer mit der Beklagten geschlossenen Unfallversicherung, der die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen AUB 88 zugrunde liegen, geltend. VersichertePerson ist neben dem Kläger dessen Sohn R. M. . Die Versicherungssumme für den Todesfall beträgt 154.000 €; als Bezugsberechtigte im Todesfall sind die jeweiligen Erben vorgesehen. Am 21. Mai 2008 verstarb R. M. bei einem Tauchgang im A. (Öster- reich). Er wurde von dem Kläger zu 1/2 sowie von D. und C. M. zu je 1/4 beerbt. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von 154.000 € an die Erbengemeinschaft in Anspruch. Seine Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich seine vom Berufungsgericht zugelassene Revision.
- 2
- II. Die Voraussetzungen für eine Zulassung liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 3
- 1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu.
- 4
- a) Dafür genügt es nicht, dass eine Entscheidung von der Auslegung einer Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen abhängt. Erforderlich ist vielmehr, dass deren Auslegung über den konkreten Rechtsstreit hinaus in Rechtsprechung und Rechtslehre oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist (Senatsbeschlüsse vom 20. April 2010 - IV ZR 250/08, VersR 2010, 1078 Rn. 7; vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 319/02, VersR 2004, 225 unter 2 a), die Rechtssache damit eine Rechtsfrage im konkreten Fall als entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und klärungsfähig aufwirft und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschlüsse vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291; vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 191).
- 5
- b) Dass diese Voraussetzungen bei den von der Beklagten verwendeten Unfallversicherungsbedingungen erfüllt sein könnten, wird weder im Berufungsurteil noch in der Revisionsbegründung dargelegt.
- 6
- Gemäß § 1 III AUB 88 liegt ein Unfall vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Nicht unter den Versicherungsschutz fallen gemäß § 2 I (1) AUB 88 Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen. Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn diese Störungen durch ein unter diesen Vertrag fallendes Unfallereignis verursacht waren. Der Senat hat hiervon ausgehend die maßgeblichen Grundsätze zur Eintrittspflicht des Versicherers bei Tod durch Ertrinken in seiner Entscheidung vom 22. Juni 1977 (IV ZR 128/75, VersR 1977, 736, 737) entwickelt. Der Anspruchsteller muss nachweisen, dass es einen Unfall in Gestalt des Todes durch Ertrinken gegeben hat. Er braucht jedoch nicht die Ursachen und den Verlauf des Unfalles zu beweisen. Vielmehr genügt die Schilderung von Geschehensabläufen, die den Unfallbegriff der maßgeblichen Versicherungsbedingungen erfüllen. Für den Unfallbegriff kommt es allein auf dasjenige Ereignis an, das den Schaden unmittelbar ausgelöst hat, nicht auf dessen einzelne Ursachen, die nur im Rahmen der Ausschlussklauseln eine Rolle spielen können (BGH, Urteil vom 10. Januar 1957 - II ZR 162/55, BGHZ 23, 76, 80). Der Tod durch Ertrinken ist daher immer ein Unfalltod im Sinne der Unfallversicherungsbedingungen , ohne dass es auf dessen Ursachen ankäme. Die Leistungspflicht des Versicherers ist nur ausgeschlossen, wenn es zu dem Ertrinken durch eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung gekommen ist. Das Vorliegen dieses Ausschlusstatbestandes hat der Versicherer darzulegen und zu beweisen.
- 7
- Diese Grundsätze, die auch das Berufungsgericht zugrunde gelegt hat, entsprechen der einheitlichen Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. OLG Stuttgart VersR 2007, 1363, 1364; OLG Hamm VersR 1989, 242, 243; OLG Zweibrücken VersR 1984, 578; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 178 Rn. 7; Schubach/Jannsen, Private Unfallversicherung Ziff. 1 Rn. 14; HK-VVG/Rüffer, VVG 2. Aufl. § 178 Rn. 5; Eichelmann, VersR 1972, 411, 412 f.; ähnlich Grimm, AUB 4. Aufl. Ziff. 1 AUB 99 Rn. 33). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob es sich - wie vom Berufungsgericht in Erwägung gezogen - um einen Fall typischen oder atypischen Ertrinkens handelt. Die dargestellten Grundsätze sind unabhängig davon anzuwenden, welche konkrete Ursache zu dem Unfall geführt hat. Der Anspruchsteller hat darzulegen und zu beweisen, dass ein Unfall durch Ertrinken, d.h. durch das Eindringen von Wasser in den Kehlkopf, vorliegt. Welche Ursache hierfür maßgeblich war, ist erst für die Beurteilung des Eingreifens eines vom Versicherer zu beweisenden Ausschlusstatbestandes von Bedeutung. Eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung der verschiedenen Formen des Ertrinkens und ihrer Ursachen kommt nicht in Betracht.
- 8
- 2. Die Revision hat auch in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat richtig entschieden. Die vom Kläger erhobenen Rügen gegen die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts gemäß § 286 ZPO greifen nicht durch.
- 9
- a) Das Berufungsgericht ist - insoweit von der Revision als ihr günstig zugrunde gelegt - davon ausgegangen, dass R. M. ertrunken ist, und hat sich hierzu auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. gestützt. Zugleich hat es festgestellt, nach seiner Überzeugung sei mit einer so hohen Sicherheit bewiesen, dass am An- fang der zum Tode des Versicherten führenden Kausalkette eine auf einer funktionellen Herzstörung beruhende Bewusstseinsstörung bestanden habe, dass vernünftige Zweifel daran nicht bestünden, selbst wenn sich der Beweis hierfür nicht mit absoluter Sicherheit führen lasse. Auf dieser Grundlage hat es den Ausschlusstatbestand des § 2 I (1) AUB 88 angenommen. Das ist nicht zu beanstanden. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Gerichts erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" , sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (BGH, Urteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 274/07, VersR 2008, 1126 Rn. 7 m.w.N.). Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH aaO).
- 10
- b) Einen solchen Rechtsfehler weist die Revision nicht nach.
- 11
- aa) Der Sachverständige Prof. Dr. B. , dessen Ausführungen das Berufungsgericht gefolgt ist, hat ausgeführt, eine funktionelle Störung der Herztätigkeit sei nach dem Obduktionsbefund als ein "sehr wahrscheinliches" Ereignis anzusehen. Bei dem Versicherten hätten die vier Risikofaktoren der Fettdurchwachsung der rechten Herzmuskulatur, des erhöhten Blutdrucks, der Fettleibigkeit und einer anlagebedingt engen Herzkranzschlagader vorgelegen. Zwar vermochte der Sachverständige nicht mit letzter Sicherheit festzustellen, ob die funktionelle Störung der Herztätigkeit zu dem Unfalltod durch Ertrinken geführt hat. Hierauf kommt es nach den oben dargestellten Grundsätzen aber nicht an. Wenn der Sachverständige feststellt, dass die funktionelle Herzstörung ein sehr wahrscheinliches Ereignis und ein Ertrinkungstod ohne auslösende innere Ursache aufgrund der Obduktionsbefunde nicht belegbar sei, so ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht hierauf seine Überzeugung stützt. Der Kläger versucht lediglich, seine Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen. Soweit er vorbringt, nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Sachverständigen B. komme auch eine Verunreinigung des Atemgases durch Kohlenmonoxid in Betracht, die vom Versicherten erst spät bemerkt worden sein könnte, vermag eine derart theoretisch mögliche andere Ursache keinen Fehler in der Überzeugungsbildung des Tatrichters zu begründen, wenn eine funktionelle Störung der Herztätigkeit nach den sachverständigen Feststellungen als sehr wahrscheinliches Ereignis in Betracht kommt. Außerdem konnten unstreitig technische Mängel des Tauchgerätes nicht festgestellt werden.
- 12
- bb) Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, das Berufungsgericht habe nicht ohne eigene Befragung des lediglich von der Polizei vernommenen Zeugen A. davon ausgehen dürfen, dass der Versicherte ohne einen bei einem Ertrinken im Falle fehlender vorangegangener Bewusstseinsstörung sicher zu erwartenden heftigen Abwehrkampf ertrunken sei. Zunächst hat der Sachverständige Prof. Dr. B. bereits ohne Berücksichtigung der Aussage des Zeugen A. ausgeführt, dass bei dem Versicherten eine funktionelle Störung der Herztätigkeit als sehr wahrscheinliches Ereignis für den Tod durch Ertrinken anzusehen sei. Bereits auf diese Feststellungen durfte das Berufungsgericht seine Überzeugungsbildung stützen. Lediglich ergänzend hat der Sachverstän- dige ausgeführt, falls es einen sonst zu erwartenden "heftigen Abwehrkampf" nicht gegeben habe, sei ein Ertrinken im eigentlichen Sinn sicher auszuschließen.
- 13
- Hinzu kommt, dass nach den von dem Zeugen A. bei der Polizei gemachten Angaben keine Anhaltspunkte dafür bestehen, er sei bei dem Tauchgang derart abgelenkt gewesen, dass er einen Abwehrkampf des Versicherten nicht mitbekommen hätte. Bei seiner Sachverhaltsschilderung , deren Richtigkeit vom Kläger nicht in Abrede gestellt wird, hätte dem Zeugen A. trotz seines vorangegangenen Problems mit dem Tauchanzug auffallen müssen, wenn es zu einem Abwehrkampf gekommen wäre, wie dieser über einen Zeitraum von ein bis zwei Minuten ohne gleichzeitiges Vorliegen körperinnerer Vorgänge zu erwarten gewesen wäre.
- 14
- c) Soweit der Kläger weiter beantragt hat, den Notarzt Dr. T. sowie den obduzierenden Arzt Dr. H. als (sachverständige) Zeugen zu der behaupteten "unmittelbaren Todesursache Ertrinkungstod und fehlenden Anzeichen eines Herztodes" zu vernehmen (Schriftsatz vom 12. August 2010 S. 3, sowie Berufungsbegründung vom 4. Oktober 2010 S. 5), war das Berufungsgericht hierzu mangels Erheblichkeit des Vortrags nicht verpflichtet. Es ist auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. selbst davon ausgegangen, dass ein Tod durch Ertrinken vorliegt und nicht etwa ein plötzlicher Herztod. Dem Vortrag des Klägers lässt sich demgegenüber nicht entnehmen, dass er die Zeugen zugleich dazu benannt hat, es liege ein Unfalltod durch Ertrinken vor und ein Ausschluss des Versicherungsschutzes wegen einer Geistes- oder Bewusstseinsstörung infolge der Funktionsbeeinträchtigung des Herzens komme nicht in Betracht.
- 15
- Abgesehen davon stehen insbesondere der Obduktionsbericht des Dr. H. und das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B. nicht in einem derartigen Widerspruch zueinander, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung geboten wäre.
- 16
- d) Schließlich hat der Kläger nicht den ihm obliegenden Beweis geführt, dass die Bewusstseinsstörung ihrerseits durch ein unter den Vertrag fallendes Unfallereignis verursacht worden war (§ 2 I (1) Satz 2 AUB 88; vgl. Knappmann in Prölss/Martin, Nr. 5 AUB 2008 Rn. 28). Insbesondere geht das Berufungsgericht nicht davon aus, dass mit dem Tauchen verbundener Stress ursächlich für das Auftreten funktioneller Herzstörungen bei dem Versicherten war. Vielmehr hat es lediglich ausgeführt , mit dem Tauchen verbundener Stress könne sich nach dem Gut- achten des Sachverständigen Prof. Dr. B. begünstigend auf das Auftreten funktioneller Herzstörungen auswirken. Einen Kausalzusammenhang hat es ebenso wenig festgestellt wie der Sachverständige.
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 30.08.2010- 3 O 751/09 (3) -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 19.05.2011- 8 U 1906/10 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.