Landgericht Bonn Urteil, 25. Sept. 2015 - 15 O 51/15


Gericht
Tenor
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 57.490,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.02.2014 zu zahlen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger nimmt den Beklagten auf Darlehensrückzahlung in Anspruch.
3Bei dem Kläger handelt es sich um den ehemaligen Schwiegervater des Klägers. Auf den 10.04.1993 datiert ist ein Darlehensvertrag (Anlage K1= GA #), wonach der Beklagte von dem Kläger einen Betrag in Höhe von 70.000 DM als Darlehen erhält.
4Ausweislich der Vertragsurkunde sollte dieses Darlehen zur Mitfinanzierung des Bauvorhabens des Beklagten in N, C-Weg, verwendet werden. Laut Zusatz vom 16.07.1995, der sich ebenfalls auf dem Schriftstück vom 10.04.1993 befindet, wurden zu demselben Zweck und mit derselben Zahlungsweise dem Kläger weitere 30.000 DM zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass mit dem Tode des Klägers die gesamte Darlehensschuld in Höhe von 100.000 DM erloschen ist. Am 26.03.1998 kamen die Parteien überein, dass dem Beklagten ein weiterer Betrag in Höhe von 32.000 DM zur Verfügung gestellt werden sollte, der für den Erwerb der rückseitigen Parzelle des Grundstücks in N, C-Weg, bereitgestellt wurde (vgl. auch insofern die Vertragsurkunde). Auf dem Grundstück in N, C-Weg, hat der Beklagte die Betriebsstätte seiner heute noch dort betriebenen Kunstschmiede/Schlosserei gebaut. Die dem Betriebsgrundstück zugehörige Wohnung wurde zeitweise auch von der Familie des Beklagten bewohnt.
5Sämtliche Beträge zahlte der Kläger an den Beklagten aus und wurden auf unbestimmte Zeit sowie zinslos gewährt.
6Mit Schreiben vom 01.07.2013 (Anlage K2= GA ##) erklärte der Kläger die Kündigung der drei Darlehen zum 01.10.2013. Aus dem Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 25.08.2013 (Anlage K3= GA ##) lässt sich entnehmen, dass ihm diese Kündigung am 13.07.2013 zugegangen ist. Mit weiterem Schreiben vom 18.02.2014, dem Beklagten zugestellt am 21.02.2014, forderte der Kläger den Beklagten unter Setzung einer Frist bis zum 26.02.2014 zur Rückzahlung der Darlehen auf.
7Am 09.04.2014 erhob der Kläger zunächst eine Teilklage über 10.000 €, die unter dem Aktenzeichen 15 O 138/14 bei dem Landgericht Bonn anhängig war. Am 26.09.2014 erging gegen den Beklagten antragsgemäß Versäumnisurteil. Den Urteilsbetrag von 10.000 € hat der Beklagte am 29.01.2015 gezahlt. Weitere Zahlungen auf die Klageforderung sind bislang nicht erfolgt. Mit der hiesigen Klage geltend gemacht wird der Restbetrag in Höhe von 57.490,53 €, der sich aus der Gesamtsumme der dem Beklagten zugewendeten Geldbeträge in Höhe von insgesamt 132.000 DM (= 67.490,53 €) abzüglich der bereits gezahlten 10.000 € ergibt.
8Der Kläger beantragt,
9den Beklagten zu verurteilen, an ihn 57.490,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.02.2014 zu zahlen.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Der Beklagte sieht sich zur Rückzahlung des mit der Klage geltend gemachten Betrages nicht verpflichtet. Er vertritt die Auffassung, der Betrag sei ihm von dem Kläger nicht als Darlehen gewährt worden, es handle sich vielmehr um eine Zuwendung, die als Schenkung zu qualifizieren und nach familienrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sei. Die Abwicklung der schwiegerelterlichen Leistungen sei mithin nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu beurteilen, sodass eine Rückforderung nur dann in Betracht komme, wenn die Beibehaltung der bestehenden Vermögensverteilung mit Treu und Glauben unvereinbar und unzumutbar sei. Daher müssten auch die Vorteile berücksichtigt werden, die die Tochter des Klägers aus der Zuwendung gezogen hätte und entsprechend von der Forderung in Abzug gebracht werden.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Urkunden Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage ist zulässig und begründet.
16Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 57.490,53 € gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB zu. Sämtliche Anspruchsvoraussetzungen sind erfüllt.
17Zwischen den Parteien sind insgesamt drei Darlehensverträge geschlossen worden.
18Nach der Überzeugung des Gerichts steht fest, dass dem Beklagten die Beträge darlehensweise und nicht als Schenkung zur Verfügung gestellt worden sind. Obwohl versehentlich nicht protokolliert hat das Gericht auf diese Einschätzung bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen und diese Einschätzung auch in dem unterbreiteten Vergleichsvorschlag zum Ausdruck gebracht.
19Für die Einordnung der Zuwendungen als Darlehen spricht zunächst der Wortlaut der Vertragsurkunde (Anlage K1= GA #f.). Diese ist mit „Darlehensvertrag“ überschrieben. Ferner werden hierin der Kläger als „Darlehensgeber“ und der Beklagte als „Darlehensnehmer“ bezeichnet. Hinzu kommt, dass auch die Termini „Darlehen“ und „Darlehensschuld“ in dem Vertragstext Verwendung finden.
20Soweit die Parteien sich durch die am 16.07.1995 geschlossene, zusätzliche Vereinbarung dahingehend geeinigt haben, dass mit dem Tode des Klägers die gesamte Darlehensschuld erloschen ist, spricht auch dies gerade dagegen, dass die Zuwendung der Geldbeträge schenkungsweise erfolgen sollte. Nach der getroffenen Vereinbarung vom 16.07.1995 war gerade nur für den Fall des vorherigen Todes des Klägers vorgesehen, dass der Beklagte von seiner Rückzahlungsverpflichtung frei wird.
21Soweit der Beklagte zur Begründung seiner Auffassung, es habe sich um eine schenkweise Zuwendung gehandelt, auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs namentlich auf das Urteil des BGH vom 03.02.2015, Az.: XII ZR 189/06 rekurriert, wonach Zuwendungen der Eltern, die um der Ehe ihres Kindes Willen an das Schwiegerkind erfolgen als Schenkung zu qualifizieren sind und die nur nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückgefordert werden können, gilt, dass diese Rechtsprechung für den hier zu beurteilenden Fall nicht einschlägig ist. Zwar liegt auch der vorliegende Fall, ähnlich wie der von dem BGH entschiedene, so, dass auch die Tochter des Klägers sicherlich einen gewissen Nutzen aus den Zuwendungen, die der Kläger an den Beklagten geleistet hat, insbesondere in Form von Wohnvorteilen, ziehen konnte. Auch mag die Zuwendung allein vor dem Hintergrund erfolgt sein, dass der Beklagte mit der Tochter des Klägers verheiratet gewesen ist. Dennoch führt die Rechtsprechung des BGH nicht dazu, dass jegliche Zuwendungen, die Schwiegereltern gegenüber ihren Schwiegerkindern machen, als Schenkungen zu bewerten sind. Der vorliegende Fall unterscheidet sich insofern maßgeblich von dem durch den BGH beurteilten Fall, als dass dort die Zuwendungen, anders als hier, gerade ohne eine entsprechende Absprache erfolgt sind. Es wurden vielmehr schlichtweg Gelder überwiesen, ohne dass diesbezüglich, anders als hier, ein mit den Geldbewegungen korrespondierender Vertrag geschlossen oder anderweitige Vereinbarungen getroffen wurden.
22Dafür, dass es sich vorliegend um ein Darlehen und nicht um eine Schenkung handelt spricht auch, dass der Beklagte im Rahmen seiner informatorischen Anhörung im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung angegeben hat, der Kläger habe ihm gegenüber nie explizit geäußert, dass es sich bei der Hingabe des Geldes um eine Schenkung handelt.
23Der Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta ist auch fällig. Mit Schreiben vom 01.07.2013 (Anlage K2= GA ##) hat der Kläger die drei Darlehen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten wirksam gekündigt. Nach § 488 Abs. 3 S. 1 BGB hängt die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs sofern eine Zeit für die Rückzahlung nicht bestimmt ist davon ab, dass der Darlehensnehmer oder der Darlehensgeber kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate, § 488 Abs. 3 S. 2 BGB.
24Ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Zinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Mit Schreiben vom 18.02.2014 hat der Kläger den Beklagten erfolglos zur Rückzahlung des Darlehens bis zum 26.02.2014 aufgefordert.
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

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(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.
(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.
(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.