Landgericht Aachen Urteil, 26. Mai 2015 - 41 O 41/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu jeweils 1/5 auferlegt.
Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zur Vollstreckung kommenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um das Bestehen von Zahlungsansprüchen auf Grundlage eines gerichtlichen Vergleiches und eines Schiedspruches sowie um die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten.
3Bei den Beklagten handelt es sich um die nunmehrigen alleinigen Gesellschafter der C (im folgenden: C), wobei die Beklagten zu 1. und 2. gleichzeitig Geschäftsführer der GmbH sind. Das Amtsgericht Aachen hat mit Beschluss vom 24.09.2014 über das Vermögen der C das Insolvenzverfahren eröffnet und Herrn Rechtsanwalt A zum Insolvenzverwalter bestellt.
4Die Kläger waren vormals ebenfalls Gesellschafter der C, sind jedoch nach durch sie vorgenommener Kündigung der Gesellschaft aus dieser ausgeschieden. Die Kündigungen durch die Kläger erfolgte mit Schreiben vom 19.12.2008 zum 31.12.2009.
5Nach § 6 des Gesellschaftsvertrags der C können die Gesellschafter die Einziehung von Gesellschaftsanteilen eines Gesellschafters ohne dessen Zustimmung beschließen, wenn der Gesellschafter die Gesellschaft gekündigt hat (§ 23 dieses Gesellschaftvertrages). Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages wird Bezug genommen auf die Anlage B3.
6In einer nach Kündigung der Gesellschaft abgehaltenen außerordentlichen Gesellschafterversammlung der C vom 26.10.2009 wurden verschiedene Beschlüsse gefasst, die im Kern dahingingen, dass ein Teil der Geschäftsanteile der Kläger auf die Beklagte zu 2. übertragen und der verbleibende Geschäftssanteil jeweils eingezogen wurde. Diese Beschlüsse wurden gefasst mit den Stimmen des Stammes T (Beklagte). Der Stamm F1 stimmte, sofern eine Beteiligung an der Abstimmung nicht durch Befangenheit ausgeschlossen war, dagegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K1 zur Klageschrift.
7In der Folgezeit gab es vor dem Landgericht Aachen zu dem Aktenzeichen 42 O 4/10 ein einstweiliges Verfügungsverfahren, das von den Klägern angestrengt worden war. Mit ihm sollte erreicht werden, dass bis zur vollständigen Zahlung der Abfindung gemäß § 6 der Satzung der C (Antragsgegnerin) alles unterlassen werden sollte, was den Antragstellern (Klägern) an der Wahrnehmung ihrer Rechte aus deren Geschäftsanteilen hinderte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Rückkopie der Akte 42 O 4/10, Landgericht Aachen, dort insbesondere Antragsschrift vom 12.01.2010.
8Das Verfahren endete mit einem Vergleich, der im Verhandlungstermin vom 17.02.2010 abgeschlossen worden ist. Beim Vergleichsabschluss anwesend waren u. a. persönlich die jetzigen Kläger zu 1. bis 5., der Beklagte zu 1. sowie die Beklagte zu 2. Die Beklagte zu 3. wurde vertreten durch deren damalige Prozessbevollmächtigte.
9Der in der mündlichen Verhandlung abgeschlossene Vergleich hatte folgenden Wortlaut:
10"1. In Ergänzung und Abänderung der Gesellschafterbeschlüsse der Antrags-
11gegnerin zu 4) vom 26.10.2009 soll gelten, dass sämtliche Geschäftsanteile der Antragsteller an der Antragsgegnerin zu 4) zwangseingezogen sind.
12Die Antragsgegnerin zu 4) verpflichtet sich, an die Antragsteller insgesamt eine Einziehungsabfindung von 5,9 Mio. € abzüglich der bereits geleisteten 1.020.472,50 € zu zahlen. Die Zahlung des Differenzbetrages soll bis zum 12.03.2010 zu jeweils 1/5 an die Antragsteller auf deren jeweils bekannte Konten erbracht werden. Die Zahlungen sollen durch die Antragsgegnerin zu 4) geleistet werden.
13Es besteht Einigkeit, dass mit den Zahlungen die von den Antragstellern erhaltenen Geschäftsanteile untergehen werden.
142. Die Antragsteller haben zusätzlich Anspruch auf eine zeitanteilige (vom
1501.01.2009 bis 26.10.2009) Beteiligung am Ergebnis der Antragsgegnerin zu 4) für das Geschäftsjahr 2009. Dieses Ergebnis wird ermittelt auf der Grundlage des von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO Deutsche Warentreuhandaktiengesellschaft zu testierenden Jahresabschlusses zum 31.12.2009.
16Der entsprechende Betrag ist innerhalb von 4 Wochen nach Vorlage des testierten Jahresabschlusses zu zahlen. Die Zahlung soll zu jeweils 1/5 an die einzelnen Antragsteller auf deren jeweils bekannte Konten erbracht werden. Die Zahlung soll von der Antragsgegnerin zu 4) geleistet werden.
173. Es besteht Einigkeit, dass der Jahresabschluss zum 31.12.2008 in der von
18der BDO Deutsche Warentreuhandaktiengesellschaft mit dem eingeschränkten Testat versehenen Verfassung per Gesellschafterbeschluss festgestellt und der Geschäftsführung für die Perioden bis 2008 Entlastung erteilt wird.
194. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander
20aufgehoben."
21Der im Vergleich genannte Jahresabschluss wurde aufgestellt und einschließlich des Prüfberichtes der BDO an die Kläger übersandt. Der Jahresabschluss wies dabei eine Negativbilanz auf. Der Prüfbericht der BDO zum Jahresabschluss 2009 enthielt einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk dahingehend, dass in Bezug auf die im Jahresabschluss vorgenommenen Rückstellungen wegen Restrukutierung keine hinreichende Prüfungssicherheit gewonnen werden konnte und nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Jahresabschluss insoweit fehlerhaft sei (vgl.: Anlage K8).
22Nach Streit über die Zulässigkeit der gebildeten Rückstellungen wurde auf Antrag der Kläger ein Schiedsverfahren gegen die C hinsichtlich der Höhe der Zahlungsansprüche aus dem Vergleich eingeleitet. Im Rahmen des Schiedsverfahrens erklärten die Kläger mit Schriftsatz gegenüber den Beklagten, diesen den Streit verkünden zu wollen. Ein Beitritt der Beklagten wurde nicht vorgenommen.
23Das angrufene Schiedsgericht erließ im schriftlichen Verfahren am 12.03.2014 den Schiedspruch, wonach festgestellt wurde, dass die Schiedsbeklagte verpflichtet sei, an die Schiedskläger jeweils einen Betrag von 111.888,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.03.2014 zu zahlen, jedoch nur sofern und soweit das Gesellschaftsvermögen der Schiedsbeklagten nicht geringer ist als ihr Stammkapital und durch die Zahlung das Gesellschaftsvermögen der Schiedsbeklagten nicht unter den Betrag des Stammkapitals vermindert wird.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Schiedsspruchs wird Bezug genommen auf die Anlage K 16 zur Klageschrift.
25Die Schiedsbeklagte, die C, stellte bei der zuständigen Stelle einen fristgerechten Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruches. Dieses Verfahren ist in Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der C unterbrochen und noch nicht abgeschlossen.
26Die Kläger haben ihre Zahlungsforderungen gegen die C aus dem Schiedsspruch im November 2014 beim Insolvenzverwalter zur Tabelle angemeldet.
27Die Kläger sind der Auffassung, dass der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2009 nicht bindend sei. Die Beklagten hätten ihn durch fehlerhafte Bildung der Rückstellungen manipuliert, um Abfindungsansprüche der Kläger aus dem Vergleich vor dem Landgericht zu vereiteln. Sie behaupten weiterhin, dass die Aufstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2009 erst im April 2011 und somit nach der getroffenen Vereinbarung über den Personalübergang stattgefunden habe.
28Die Kläger sind weiterhin der Auffassung, dass der Schiedsspruch auf Grund der Streiverkündung auch gegenüber den Beklagten Bindungswirkung entfalte. Da die Beklagten die C nach Einziehung der Geschäftsanteile nicht aufgelöst oder das Stammkapital gemindert hätten, seien die Beklagten als Gesellschafter der C persönlich für die Ansprüche der Kläger gegen die C haftbar zu machen.
29Die Kläger beantragen,
301. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an jeden der Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 22.377,67 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozenpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.03.2014 jeweils Zug um Zug gegen Abtretung eines 1/5 der am 10.11.2014 im Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin C (Az.: 91 IN 236/14) beim Amtsgericht Aachen angemeldeten Ansprüche des jeweiligen Klägers zu zahlen;
312. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an jeden der Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 67.133,02 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.03.2014 jeweils Zug um Zug gegen Abtretung von 3/5 der am 10.11.2014 im Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin C (Az.: 91 IN 236/14) beim Amtsgericht Aachen angemeldeten Ansprüche des jeweiligen Klägers zu zahlen;
323. die Beklagte zu 3) zu verurteilen, an jeden der Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 22.377,67 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.03.2014 jeweils Zug um Zug gegen Abtretung eines 1/5 der am 10.11.2014 im Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin C (Az.: 91 IN 236/14) beim Amtsgericht Aachen angemeldeten Ansprüche des jeweiligen Klägers zu zahlen;
33und zustäzlich,
344. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von EUR 8.250,01 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einer Summe von EUR 8.072,97 seit dem 29.09.2014 Zug um Zug gegen Abtretung je eines 1/5 der am 09.10.2014 im Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin C (Az.: 91 IN 236/14) beim Amtsgericht Aachen angemeldeten Ansprüche der Kläger zu zahlen;
355. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von EUR 24.750,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einer Summe von EUR 24.218,90 seit dem 29.09.2014 Zug um Zug gegen Abtretung je eines 3/5 der am 09.10.2014 im Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin C (Az.: 91 IN 236/14) beim Amtsgericht Aachen angemeldeten Ansprüche der Kläger zu zahlen;
366. die Beklagte zu 3) zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von EUR 8.250,01 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einer Summe von EUR 8.072,97 seit dem 29.09.2014 Zug um Zug gegen Abtretung je eines 1/5 der am 09.10.2014 im Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin C (Az.: 91 IN 236/14) beim Amtsgericht Aachen angemeldeten Ansprüche der Kläger zu zahlen.
37Die Beklagten beantragen,
38die Klage abzuweisen.
39Sie sind der Ansicht, die Streitverkündung sei nicht zulässig gewesen, sodass eine Bindung an den Schiedsspruch nicht gegeben sei.
40Darüber hinaus sind sie der Ansicht, eine subsidiäre Haftung ihrerselbst für die Verbindlichkeiten der C bestehe grundsätzlich nicht. Die insoweit vorhandene obergerichtliche Rechtsprechung sei auf diesen Fall nicht heranzuziehen, da die Sachverhalte anders zu beurteilen seien.
41Der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2009 sei ordnungsgemäß bereits im Oktober 2010 abgeschlossen gewesen.
42Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst den von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 24.03.2015.
43Entscheidungsgründe
44Die zulässige Klage ist in der Sache ohne Erfolg, da den Klägern gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die eingeklagten Ansprüche zustehen.
45I. Anspruch aus dem Schiedsspruch vom 12.03.2014
46Der genannte Schiedsspruch ist nur im Verhältnis zwischen den Klägern und der C ergangen und begründet deshalb keinen unmittelbaren Anspruch gegen die Beklagten.
47Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin (unter Zurückstellung erheblicher Bedenken) annehmen würde, dass in Folge der vorgenommenen Streitverkündung im Schiedsverfahren dort die Interventionswirkungen der §§ 74, 68 ZPO eingetreten sind, würde dies nur zu dem Ergebnis führen, dass im Verhältnis zu den Beklagten feststeht, dass die Kläger gegen die C keinen Anspruch hatten, weil der ansonsten bestehende Anspruch aus dem Vergleich vom 17.02.2010 nur unter Verstoß der Kapitalerhaltungsgrundsätze erfüllt werden konnte. Damit ist aber aus dem Schiedsspruch ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagten nicht zu begründen.
48II. Anspruch aus dem gerichtlichen Vergleich vom 17.02.2010
49Auch der aufgeführte Vergleich begründet, unabhängig von seiner Rechtsnatur, keinen unmittelbaren Anspruch gegen die Beklagten.
50Im Gegenteil, im Vergleich ist ausdrücklich festgehalten, dass sowohl die zu Punkt 1. als auch zu Punkt 2. geregelten Zahlungsansprüche von der C geleistet werden sollen. Dies ist eine vor dem Hintergrund der damaligen herrschenden Meinung und einhelligen BGH-Rechtsprechung (vergleiche die Nachweise im Urteil des BGH vom 24.01.2012, II ZR 109/11, Juris, Randnummer 10) an sich überflüssigen Regelung, da die damals herrschende Meinung unter anderem wegen § 13 Abs. 2 GmbHG davon ausging, dass die im Vergleich geregelten Zahlungsansprüche durch die Gesellschaft zu erfüllen waren. Ein unmittelbarer Anspruch gegen die Beklagten selbst kann auf Grund dieser Regelung nicht angenommen werden.
51III. subsidiäre Haftung der Beklagten.
52Eine solche Haftung ist ebenfalls nicht gegeben, obwohl nach neuer obergerichtlicher Rechtsprechung im Falle einer Einziehung von Geschäftsanteilen die Gesellschafter, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben, dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig haften, wenn sie nicht dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann oder sie die Gesellschaft nicht auflösen (so: BGH, a. a. O., Randnummer 21).
53Es ist zunächst zu prüfen, ob es im Fall zu einer Einziehung von Geschäftsanteilen gekommen ist.
54Eine solche Einziehung ist auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der C vom 26.10.2009 durch entsprechende Beschlüsse der Versammlung erfolgt. Indes sind von der Zwangseinziehung nicht alle Geschäftsanteile der Kläger betroffen worden. Vielmehr wurde ein Teil dieser Anteile auf die Beklagte zu 2) übertragen (vergleiche Protokoll der genannten Gesellschafterversammlung, dort Blatt 4 bis 5, Anlage K1).
55Dieser Sachverhalt hat sich durch den Vergleich vom 17.02.2010 vor dem Landgericht Aachen nicht verändert.
56Zwar soll nach dem Text des Vergleiches gelten, dass sämtliche Anteile der Kläger an der C zwangseingezogen sind (vergleiche Seite 3 des Sitzungsprotokolls der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen vom 17.02.2010, Anlage K2). Damit kann aber nicht von einer Zwangseinziehung der Geschäftsanteile der Kläger durch den Vergleich ausgegangen werden. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des Textes ist eine Zwangseinziehung nicht beschlossen worden, vielmehr haben die Parteien des Vergleichs nur eine entsprechende "Geltung", also Handhabung durch sie, vereinbart.
57Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass die Verhandlung vom 17.02.2010 als Gesellschafterversammlung, auf der ein Einziehungsbeschluss gefasst werden konnte, diente. Hierzu findet sich kein Hinweis im Protokoll vom 17.02.2010. Auch ist nicht ersichtlich, dass die damaligen Prozessvertreter der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesenden Beklagten zu 3) Vollmacht für die Vertretung der Beklagten zu 3) in einer solchen Gesellschafterversammlung hatten. Zudem findet sich kein Hinweis, dass eine Gesellschafterversammlung unter Verzicht auf Einhaltung von Förmlichkeiten und Fristen abgehalten werden sollte.
58Zusätzlich waren zumindest die Kläger seit der Beschlussfassung vom 26.10.2009 nicht mehr Gesellschafter der C (vergleiche BGH a. a. O., Randnummer 9 ff.) und konnten entsprechende Rechte nach Ablauf der im Protokoll vom 26.10.2009 genannten Frist (04.11.2009) auch nicht mehr, also auch nicht am 17.02.2010, im Rahmen einer etwaigen Gesellschafterversammlung wahrnehmen.
59Somit stellt sich die Vergleichsregelung vom 17.02.2010 nicht als Beschluss einer Gesellschafterversammlung der C, sondern als die einvernehmliche Regelung aller beteiligten natürlichen und juristischen Personen über Umfang und Fälligkeit der den Klägern nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft zustehenden Ansprüche dar.
60Damit unterscheidet sich indes der hiesige Sachverhalt derart von der Fallgestaltung, welche der Bundesgerichtshof (a. a. O.) zu entscheiden hatte, dass nach Auffassung der Kammer eine Heranziehung der Grundsätze des genannten Gerichtes aus dem Urteil vom 24.01.2012 auf den vorliegenden Sachverhalt ausscheidet.
61Im Fall des Bundesgerichtshofes war über die Folgen einer "klassischen" Zwangseinziehung ohne Zustimmung des Betroffenen wegen in seiner Person liegender wichtiger Gründe zu befinden; eine Fallgestaltung, die sich im Gesellschaftsvertrag der C in § 6 Abs. 2 lit. d widerspiegelt. Davon abweichend geht es im Fall aber um die Einziehung nach § 6 Abs. 1 lit. e, weil die Gesellschafter, hier also die Kläger, die Gesellschaft aus freien Stücken gekündigt haben. Dies kann dann nach dem Gesellschaftsvertrag der C zur Zwangseinziehung führen.
62Ein weiterer Unterschied zur Fallgestaltung des Bundesgerichtshofes besteht darin, dass zwar in der Gesellschafterversammlung der C vom 26.10.2009 die betroffenen Gesellschafter der Einziehung nicht zugestimmt haben, da sie nach dem Gesellschaftervertrag kein Stimmrecht hatten. Dennoch haben sie der Maßnahme letztlich zugestimmt, sie zumindest billigend hingenommen. Denn im Vergleich vom 17.02.2010 haben alle Gesellschafter und damit auch die Kläger vereinbart, dass eine Zwangseinziehung gelten soll, sie also von einer Zwangseinziehung der Anteile ausgehen. Dies stellt einen weiteren maßgeblichen Unterschied zum Sachverhalt der Entscheidung des Bundesgerichtshofes dar.
63Zudem spricht viel dafür, dass die Ansprüche, um die es hier geht, nicht wie im Fall des Bundesgerichtshofes die den Klägern zustehende Einziehungsabfindung berühren.
64Die Einziehungsabfindung scheint in Nr. 1 des Gerichtsvergleiches abschließend geregelt. Demgegenüber dürfte es sich bei den Ansprüchen nach Nr. 2 des Vergleiches, die hier zu behandeln sind, um Regelungen zur Gewinnbeteiligung der Kläger nach § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages handeln, vergleiche hierzu die Auffassung des OLG Köln, Beschluss vom 29.01.2013 zu 19 ScH 30/12, dort Seite 7 unten. Letztlich kann dieser Punkt aber dahin stehen
65Selbst wenn man mit den Klägern, wie nunmehr mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.04.2015 unter Beweisantritt vorgetragen, diesen Gewinnbeteiligungsanspruch als Teil der Abfindungsansprüche der Kläger auffassen wollte, wovon hier zu Gunsten der Kläger ausgegangen werden soll, so ist nach den Regeln des Vergleiches dieser "zusätzliche Anspruch" (vergleiche Nr. 2 des Vergleichstextes) ein Sonderfall. Die Zahlung oder Nichtzahlung des sich aus Nr. 2 des Vergleichstextes ergebenen Anspruches durch die C sollte nämlich nach dem ausdrücklichen Willen der vertragschließenden Parteien keine Auswirkung auf die Gesellschafterstellung der Kläger haben. Deren Geschäftsanteile sollten nämlich bereits nach zwischenzeitlich erfolgter Zahlung der in Nr. 1 des Vergleichstextes festgelegten 5,9 Mio. Euro untergehen.
66Mit dieser Differenzierung der Ansprüche, welche die Parteien mit Einverständnis der Kläger hinsichtlich der beiden Teile des - unterstellten - Gesamtabfindungsanspruch Nr. 1 und Nr. 2 des Vergleichs machten, wurde aber ein weiterer erheblicher Unterschied zur Sachverhaltsgestaltung des Bundesgerichtshofes geschaffen. Dies ist in die Gesamtschau einzubeziehen. Die aufgezeigten Unterschiede lassen deshalb nach Auffassung der Kammer eine Heranziehung der Grundätze des Bundesgerichtshofes aus der Entscheidung vom 24.01.2012 nicht zu.
67IV.
68Selbst wenn man aber trotz der dargestellten Bedenken grundsätzlich von einer subsidiären Haftung der Beklagten im Fall ausgehen würde, so würde dies hier auf Grund der weiteren Besonderheiten des Falles nicht dazu führen, dass diese Haftung auch durchgreift.
69Hier waren sowohl nach der Regelung im Gesellschaftsvertrag (vergleiche § 6 Abs. 5) als auch nach der in Nr. 2 des Vergleiches die Abfindungs- /Gewinnbeteiligungsansprüche nicht sofort fällig. Für diesen Fall trägt aber das Insolvenzrisiko für die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft der ausgeschiedene Gesellschafter (so Roth/Altmeppen, GmbHG, § 34 Randnummer 31; Altmeppen, NJW 2013, 1025, 1029 ff.).
70Diese Rechtsfolge ist dadurch zu rechtfertigen, dass der ausgeschiedene Gesellschafter im Ergebnis nur aus vorhandenem Gesellschaftsvermögen entschädigt werden soll. Um dies zu ermöglichen, sind die verbleibenden Gesellschafter verpflichtet zu liquidieren. Tun sie dies nicht, so ist ihre persönliche Haftung gerechtfertigt, anderenfalls nicht (vergleiche Roth/Altmeppen, a. a. O., Randnummer 31).
71Im Falle der Insolvenz besteht aber das Kapitalerhaltungsgebot nicht mehr, so dass der Grund, der dazu führt, weshalb nicht ausgeschiedene Gesellschafter unter Umständen ausgeschiedene Gesellschafter entschädigen müssen, entfällt.
72Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.
73Streitwert: bis 605.000,00 €
74Q |
F2 |
Dr. S |
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Annotations
(1) Wenn der Dritte dem Streitverkünder beitritt, so bestimmt sich sein Verhältnis zu den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention.
(2) Lehnt der Dritte den Beitritt ab oder erklärt er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt.
(3) In allen Fällen dieses Paragraphen sind gegen den Dritten die Vorschriften des § 68 mit der Abweichung anzuwenden, dass statt der Zeit des Beitritts die Zeit entscheidet, zu welcher der Beitritt infolge der Streitverkündung möglich war.
Der Nebenintervenient wird im Verhältnis zu der Hauptpartei mit der Behauptung nicht gehört, dass der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei; er wird mit der Behauptung, dass die Hauptpartei den Rechtsstreit mangelhaft geführt habe, nur insoweit gehört, als er durch die Lage des Rechtsstreits zur Zeit seines Beitritts oder durch Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei verhindert worden ist, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, oder als Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die ihm unbekannt waren, von der Hauptpartei absichtlich oder durch grobes Verschulden nicht geltend gemacht sind.
(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.
(2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen.
(3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.