Landgericht Aachen Urteil, 17. Juni 2015 - 11 O 74/15
Tenor
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Aachen vom 20.02.2015, Az 15-1359577-0-6, wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die durch den Erlass des Vollstreckungsbescheids entstandenen Kosten; die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin betreibt u.a. in T I einen Photovoltaikpark. Die Beklagte befasst sich im Wesentlichen mit der Wartung und Instandsetzung von Photovotaikanlagen.
3Mit Rechnung vom 29.07.2010, Rechnungsnummer R1020039, stellte die Beklagte der Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.660,00 Euro netto (entspricht 4.355,40 Euro brutto) in Rechnung für „Wartungsvertrag Grundgebühr 2010“. Den Rechnungsbetrag beglich die Klägerin unter dem 05.08.2010. Mit Rechnung vom 21.10.2010, Rechnungsnummer R1020070, stellte die Beklagte der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.410,15 Euro in Rechnung für die Lieferung von „Globalstrahlungsdaten“. Am 24.10.2011 überwies die Klägerin auch diesen Rechnungsbetrag an die Beklagte.
4Am 31.12.2013 beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Einleitung eines Güteverfahrens bei der öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle in I1, wobei u.a. der nunmehr streitgegenständliche Erstattungsanspruch Gegenstand des Verfahrens war. Sodann stellte die Klägerin unter dem 14.01.2015 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids. Am 28.01.2015 wurde ein Mahnbescheid erlassen, in dem neben der Hauptforderung in Höhe von 5.765,55 Euro auch diverse Nebenforderung tituliert wurden. Insoweit wird auf den elektronischen Aktenauszug des Amtsgerichts B (Bl. 4 GA) Bezug genommen. Unter dem 20.02.2015 wurde ein Vollstreckungsbescheid vorgenannten Inhalts erlassen, der der Beklagten am 24.02.2015 zugestellt wurde und gegen den diese am 25.02.2015 Einspruch einlegte.
5Die Klägerin behauptet, sie habe hinsichtlich der Rechnung vom 29.07.2010 den Brutto-Betrag von 4.355,40 Euro überwiesen. Sie ist der Ansicht, beide Zahlungen seien ohne Rechtsgrund erfolgt. Ein separater Wartungsvertrag für den Standort T I habe zum damaligen Zeitpunkt nicht existiert. Vielmehr sei der Photovoltaikpark T I Teil eines Gesamtpakets von zu leistenden Aufgaben an in Betreuung befindlichen Photovoltaikparks mehrerer Betreibergesellschaften gewesen. Darüber hinaus sei die Beklagte durch sie zu keinem Zeitpunkt mit der Lieferung von Globalstrahlungsdaten beauftragt worden und habe diese ihr im Übrigen auch nie zur Verfügung gestellt.
6Die Klägerin beantragt,
7den Vollstreckungsbescheid vom 20.02.2015, Amtsgericht B, Geschäftsnummer 15-1359577-0-6, aufrechtzuerhalten.
8Die Beklagte beantragt,
9den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts B vom 20.02.2015, Geschäftsnummer 15-1359577-0-6 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte rügt die Klage als unschlüssig. Sie behauptet, zwischen den Parteien sei mündlich ein Servicevertrag für Photovoltaikanlagen abgeschlossen worden. Die Klägerin habe sie mit der Durchführung der abgerechneten Arbeiten beauftragt, die auch ordnungsgemäß ausgeführt worden seien.
11Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2015 (Bl. 102 d.A.) Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13I.
14Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
15Aufgrund des am 25.02.2015 eingegangenen Einspruches der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts B vom 20.02.2015 ist der Prozess gemäß §§ 700 Abs. 1, 342 ZPO in die Lage vor dessen Erlass zurückversetzt worden. Der Einspruch ist zulässig, er ist statthaft sowie form- und fristgemäß im Sinne der §§ 700 Abs. 1, 338ff. ZPO eingelegt worden.
16Der Klägerin steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der überwiesenen 5.765,55 Euro zu. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin greift die von Amts wegen zu berücksichtigende rechtshindernde Einwendung des § 814 Var. 1 BGB anspruchsausschließend ein.
17Gemäß § 814 Var. 1 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete ausnahmsweise nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Der Rückforderungsausschluss erfordert dabei die positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Schuld. So verhält es bereits unter Zugrundelegung des klägerischen Vorbringens. Denn der Geschäftsführer der Klägerin bzw. die Mitarbeiter der Klägerin, deren Kenntnis sich die Klägerin nach § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG bzw. § 166 Abs. 1 BGB analog zurechnen lassen muss, wussten positiv, dass sie mangels entsprechender vertraglichen Vereinbarungen mit der Beklagten nicht zur Zahlung der streitgegenständlichen Rechnungen verpflichtet waren. Eine Leistung unter Vorbehalt oder aber einen relevanten Irrtum hat die Klägerin bereits nicht schlüssig dargelegt. Auf diesen Umstand musste das Gericht auch infolge der ausdrücklichen Rüge der Gegenseite nicht gesondert hinweisen.
182. Die Ansprüche auf Zinsen und auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgen in ihrem Schicksal dem Hauptantrag. Mangels Bestehens eines Rückzahlungsanspruches sind auch die Nebenansprüche unbegründet.
19II.
20Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagtenvertreterin vom 10.06.2015 gab keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
21III.
22Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 700 Abs. 1, 344, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2, 1 ZPO.
23IV.
24Der Streitwert wird auf 5.765,55 Euro festgesetzt.
25Dr. S3 |
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(1) Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.
(2) Die Streitsache gilt als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden.
(3) Wird Einspruch eingelegt, so gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. § 696 Abs. 1 Satz 3 bis 5, Abs. 2, 5, § 697 Abs. 1, 4, § 698 gelten entsprechend. § 340 Abs. 3 ist nicht anzuwenden.
(4) Bei Eingang der Anspruchsbegründung ist wie nach Eingang einer Klage weiter zu verfahren, wenn der Einspruch nicht als unzulässig verworfen wird. § 276 Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
(5) Geht die Anspruchsbegründung innerhalb der von der Geschäftsstelle gesetzten Frist nicht ein und wird der Einspruch auch nicht als unzulässig verworfen, bestimmt der Vorsitzende unverzüglich Termin; § 697 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Der Einspruch darf nach § 345 nur verworfen werden, soweit die Voraussetzungen des § 331 Abs. 1, 2 erster Halbsatz für ein Versäumnisurteil vorliegen; soweit die Voraussetzungen nicht vorliegen, wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.
(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.
(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
(1) Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.
(2) Die Streitsache gilt als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden.
(3) Wird Einspruch eingelegt, so gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. § 696 Abs. 1 Satz 3 bis 5, Abs. 2, 5, § 697 Abs. 1, 4, § 698 gelten entsprechend. § 340 Abs. 3 ist nicht anzuwenden.
(4) Bei Eingang der Anspruchsbegründung ist wie nach Eingang einer Klage weiter zu verfahren, wenn der Einspruch nicht als unzulässig verworfen wird. § 276 Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
(5) Geht die Anspruchsbegründung innerhalb der von der Geschäftsstelle gesetzten Frist nicht ein und wird der Einspruch auch nicht als unzulässig verworfen, bestimmt der Vorsitzende unverzüglich Termin; § 697 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Der Einspruch darf nach § 345 nur verworfen werden, soweit die Voraussetzungen des § 331 Abs. 1, 2 erster Halbsatz für ein Versäumnisurteil vorliegen; soweit die Voraussetzungen nicht vorliegen, wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.