Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. März 2016 - 6 SaGa 18/15

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2016:0322.6SAGA18.15.0A
bei uns veröffentlicht am22.03.2016

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 25.08.2015 – 6 Ga 16/15 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die vorläufige Weiterbeschäftigung des Verfügungsklägers (im Folgenden: Kläger), der seit 01.11.2001 bei der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte), zuletzt als kaufmännischer Leiter „Instandhaltung“ an deren Sitz in L tätig war.

2

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt mit Schreiben vom 26.01.2015 zum 31.07.2015. Der Kläger hat diese Kündigung mittels Kündigungsschutzklage angegriffen und am 22.09.2015 ein den Kündigungsschutzantrag betreffendes obsiegendes Urteil des Arbeitsgerichts Halle (6 Ca 267/15) erstritten. Zugleich hat das Arbeitsgericht in dem vorgenannten Urteil jedoch den auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichteten Antrag des Klägers zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil im Hauptsacheverfahren hat die Beklagte Berufung und der Kläger Anschlussberufung eingelegt. Das Berufungsverfahren ist bei der erkennenden Kammer zum Geschäftszeichen 6 Sa 420/15 anhängig.

3

Im Verlauf des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens hat der Kläger darüber hinaus den im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Antrag auf Weiterbeschäftigung im Wege der einstweiligen Verfügung gestellt (S. 2 der Antragschrift – Bl. 2 d. A.) und diesen auf § 102 Abs. 5 BetrVG gestützt. Seiner Auffassung nach habe der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat der Kündigung vom 26.01.2015 in seiner Stellungnahme vom 23.01.2015 (Bl. 78 d. A.) im Sinne der vorgenannten Rechtsnorm widersprochen.

4

Unter dem 08.09.2015 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien erneut ordentlich zum 31.03.2016 gekündigt. Auch diese Kündigung hat der Kläger mittels Kündigungsschutzklage angegriffen. Das Verfahren ist bei dem Arbeitsgericht Halle zum Geschäftszeichen 6 Ca 2011/15 anhängig. Ein Widerspruch des Betriebsrates hinsichtlich dieser Kündigung ist nicht erfolgt.

5

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.08.2015 (Bl. 161 ff d. A.) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entsprechend dem Antrag der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen des § 102 Abs. 5 BetrVG seien nicht gegeben. Die Stellungnahme des Betriebsrates vom 23.01.2015 enthalte keinen Widerspruch im Sinne dieser Vorschrift. Die begehrte Weiterbeschäftigung ergebe sich auch nicht anhand der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts.

6

Gegen dieses, ihm am 24.09.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.10.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 24.12.2015 am 20.11.2015 begründet.

7

Mit dem Rechtsmittel verfolgt er seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet auf Beschäftigung weiter. Er stützt diesen Antrag nunmehr auch – nach Obsiegen mit dem Kündigungsschutzantrag im Hauptsacheverfahren – auf die von dem Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze. Seiner Auffassung nach stehe der Bejahung eines Verfügungsgrundes weder der Umstand, dass das Arbeitsgericht zwischenzeitlich im Hauptsacheverfahren den Weiterbeschäftigungsantrag zurückgewiesen habe, noch die von der Beklagten ausgesprochene, zum 31.03.2016 wirkende Folgekündigung entgegen.

8

Der Kläger beantragt,

9

das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 25.08.2015 abzuändern und

10

die antragsgegnerische Partei zu verurteilen, die antragstellende Partei über den 31.07.2015 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 28.03.2007 in der Fassung vom 27.02.2008 für den Bereich der Instandhaltung als Kaufmännischer Leiter Dienstsitz in L weiter zu beschäftigen.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Insbesondere sei ein Verfügungsgrund nicht gegeben.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

15

Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf Beschäftigung, zurückgewiesen.

16

Dem begehrten Erlass der einstweiligen Verfügung steht bereits entgegen, dass hierfür kein Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO gegeben ist. Ein solcher setzt voraus, dass die einstweilige Verfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

I.

17

Der Bejahung einer derartigen Eilbedürftigkeit steht bereits entgegen, dass das Arbeitsgericht über den Weiterbeschäftigungsantrag im Hauptsacheverfahren (abschlägig) entschieden hat. Damit ist – ohne Vorliegen besonderer Umstände – ein berechtigtes Interesse des Klägers an einer vorläufigen Regelung nicht mehr gegeben. Besondere Umstände, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind von dem Kläger nicht dargetan worden.

1.

18

Er vertritt insoweit zwar die Auffassung, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht den Weiterbeschäftigungsantrag nicht zuerkannt. Hieraus allein folgt aber kein (Verfügungs-)grund, die für ihn nachteilige erstinstanzliche Entscheidung im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens „vorläufig abzuändern“. Aus § 62 Abs. 1 ArbGG lässt sich vielmehr der Rechtsgedanke ableiten, dass eine das erstinstanzliche Urteil quasi temporär abändernde Entscheidung im Eilverfahren nur unter strengen, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen erfolgen kann. Die Begründung des Arbeitsgerichts für die Abweisung des Weiterbeschäftigungsantrages ist nach summarischer Prüfung jedenfalls vertretbar.

2.

19

Soweit der Kläger auf finanzielle Nachteile verweist, so würden diese durch die begehrte einstweilige Verfügung nicht beseitigt. Diese würde die Beklagte lediglich zur tatsächlichen Beschäftigung des Klägers verpflichten. Eine Verpflichtung, dem Kläger (auch) die bisher für diese Tätigkeit gezahlte Vergütung weiter zu gewähren, ist von einem derartigen Vollstreckungstitel nicht umfasst. Die durch Zwangsvollstreckung bewirkte Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers begründet im Falle eines zweitinstanzlichen Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag auch nicht unmittelbar einen Anspruch auf Zahlung der aus dem beendeten Arbeitsvertrag für die erbrachten Dienste bisher zu gewährenden Vergütung. Die Abwicklung dieses Verhältnisses erfolgt vielmehr nach Maßgabe des Bereicherungsrechts (§§ 812 ff BGB).

II.

20

Weiter steht der Bejahung eines Verfügungsgrundes entgegen, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zwischenzeitlich erneut zum 31.03.2016 ordentlich gekündigt und der Betriebsrat dieser Kündigung unstreitig nicht widersprochen hat.

21

1. Damit ergebe sich allenfalls (noch) bei summarischer Prüfung ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers bis zum 31.03.2016.

22

a. Die Voraussetzungen des § 102 Abs. 5 BetrVG bezüglich dieser Kündigung sind nicht gegeben.

23

b. Der sogenannte allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch, gestützt auf die Rechtsprechung des Großen Senats des BAG entfällt wieder, wenn der Arbeitgeber eine Folgekündigung ausspricht, die nicht offensichtlich unwirksam ist (BAG 19.12.1985 – 2 AZR 190/85). Anhaltspunkte dafür, dass die zweite Kündigung der Beklagten offensichtlich keinen Bestand haben kann, sind von dem Kläger nicht dargetan worden.

24

2. Ein für die Bejahung des Verfügungsgrundes erforderliches schutzwürdiges Interesse des Klägers an einer vorläufigen Regelung für nur noch wenige Arbeitstage ist vorliegend nicht erkennbar.

B.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

C.

26

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt (§ 72 Abs. 4 ArbGG).


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. März 2016 - 6 SaGa 18/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. März 2016 - 6 SaGa 18/15

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. März 2016 - 6 SaGa 18/15 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

Zivilprozessordnung - ZPO | § 935 Einstweilige Verfügung bezüglich Streitgegenstand


Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 940 Einstweilige Verfügung zur Regelung eines einstweiligen Zustandes


Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 8 Gang des Verfahrens


(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt. (3) Gegen di

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 62 Zwangsvollstreckung


(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf se

Referenzen

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.