Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 27. Feb. 2013 - 8 Sa 489/12

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:0227.8SA489.12.0A
27.02.2013

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.8.2012, Az.: 2 Ca 4371/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens.

2

Die Klägerin ist seit dem 01.01.1988 in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus als Krankenschwester beschäftigt. Gemäß § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Dementsprechend finden nunmehr auf das Arbeitsverhältnis unstreitig die Bestimmungen des TVöD sowie dessen Besonderer Teil "Krankenhäuser" (TVöD BT-K) Anwendung.

3

Am 11.04.2006 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung "zur Auslegung von tariflichen Bestimmungen des TVöD in Verbindung mit dem BT-K u. TVÜ-VKA". Diese Betriebsvereinbarung sieht unter anderem die Errichtung eines sogen. "Übertragungskontos" vor, auf dem die Überschreitung von Sollarbeitszeiten sowie Mehr- und Überstunden verbucht werden, wobei das Zeitguthaben höchstens 60 Stunden betragen darf. Die Betriebsvereinbarung, hinsichtlich deren Inhalts im einzelnen auf Bl. 31 bis 40 d. A. Bezug genommen wird, enthält u. a. folgende Bestimmung:

4

Vereinbarung zu § 10 TVöD

5

Arbeitszeitkonto

6

Zurzeit wird auf die Errichtung oder Einführung eines Arbeitszeitkontos bei Beschäftigten in Wechselschicht- und Schichtarbeit gem. § 10 TVöD in beiden Betriebsstätten verzichtet.

7

In den Monaten Juni bis Oktober 2011 sammelte die Klägerin auf ihrem Übertragungskonto ein Zeitguthaben von 57,05 Stunden an.

8

Am 22.11.2010 wurde ärztlicherseits die Notwendigkeit einer Handoperation bei der Klägerin festgestellt. Die Operation wurde sodann, wie vorgesehen, im Januar 2011 im Krankenhaus der Beklagten durchgeführt.

9

Bereits am 30.11.2010 wurde der Dienstplan für den Monat Januar 2011 erstellt. In diesem Dienstplan wurde die Klägerin für den Zeitraum vom 03.01. bis 28.01.2011 zum Ausgleich ihres Arbeitszeitguthabens in einem Umfang von 51,35 Stunden freigestellt, wodurch sie rechnerisch das Zeitguthaben der Klägerin auf 5,70 Stunden reduzierte. Ob der Personalabteilung der Beklagten im Zeitpunkt der Erstellung des Dienstplans bereits bekannt war, dass sich die Klägerin im Januar 2011 eine Handoperation unterziehen werde, ist zwischen den Parteien streitig.

10

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.08.2012 (Bl. 66 bis 70 d. A.).

11

Die Klägerin hat beantragt,

12

die Beklagte zu verurteilen, weitere 51,35 abgeleistete Überstunden in ihrem Arbeitszeitkonto aufzunehmen,

13

hilfsweise,

14

die Beklagte zu verurteilen, an sie 859,09 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

15

Die Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.08.2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch sei gemäß § 37 Abs. 1 TVöD verfallen.

18

Gegen das ihr am 28.09.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.10.2012 Berufung eingelegt und diese am 27.11.2012 begründet.

19

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe sie ihren Anspruch auf Richtigstellung ihres Arbeitszeitkontos mit Schreiben vom 06.06.2011 (Bl. 27 f. d. A.) innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist wirksam geltend gemacht. Die Vorgehensweise der Beklagten sei rechtswidrig, da keinerlei Rechtsgrundlage bestehe, der den von ihr vorgenommenen Überstundenabbau rechtfertigen könne. Zwar treffe es zu, dass sie im Januar 2011 wunschgemäß von der Arbeit freigestellt gewesen sei, d. h. dass der betreffende Freistellungszeitraum einvernehmlich festgelegt worden sei. Sie - die Klägerin - sei nämlich selbstverständlich bestrebt gewesen, ihre Kolleginnen und Kollegen möglichst wenig durch ihren Ausfall zu belasten. Andererseits sei sie zu keinem Zeitpunkt bereit gewesen oder habe sogar darin eingewilligt, dass ihr während der Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit rechtswidrig Überstunden vom Arbeitszeitkonto ge-strichen würden.

20

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 27.11.2012 (Bl. 108 d. A.) sowie auf den Schriftsatz der Klägerin vom 22.02.2013 (Bl. 120 f. d.A.) Bezug genommen.

21

Die Klägerin beantragt,

22

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, weitere 51,35 abgeleistete Überstunden in ihrem Arbeitszeitkonto aufzunehmen;

23

hilfsweise

24

die Beklagte zu verurteilen, an sie 859,09 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 06.12.2012 (Bl. 112 f. d. A.), auf die Bezug genommen wird.

28

Letztlich wird ergänzend auf die Sitzungsniederschrift vom 27.02.2013 (Bl. 122 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

29

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr - zumindest im Ergebnis - zu Recht abgewiesen.

II.

30

Die auch im Hauptantrag zulässige Klage (vgl. hierzu BAG v. 15.02.2012 - 7 AZR 774/10 - AP Nr. 154 zu § 37 BetrVG 1972) ist insgesamt unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Erhöhung ihres Arbeitszeitkontos um 51,35 Stunden noch auf Auszahlung einer diesem Arbeitszeitumfang ent-sprechenden Arbeitsvergütung.

31

Dabei kann offen bleiben, ob die im Haupt- und Hilfsantrag geltend gemachten Ansprüche nach § 37 TVöD verfallen sind. Die Ansprüche sind nämlich infolge Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) erloschen.

32

Das bis einschließlich Oktober 2011 angesammelte Arbeitszeitguthaben der Klägerin wurde im streitbefangenen Umfang durch Arbeitsbefreiung der Klägerin im Monat Januar 2011 auf 5,70 Stunden reduziert.

33

Eine Arbeitsbefreiung zum Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens kann grundsätzlich durch Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflicht erfolgen. Dies geschieht durch eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, durch die Arbeitgeber auf sein vertragliches Recht auf Leistung der versprochenen Dienste in einem bestimmten Umfang verzichtet und damit die entsprechende Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers zum Erlöschen bringt.

34

Im Streitfall hat die Beklagte bei der Aufstellung des Dienstplans für Januar 2011 einen Ausgleich des Arbeitszeitguthabens der Klägerin durch entsprechende Arbeitsbefreiung vorgesehen. Diese Maßnahme entsprach auch billigem Ermessen i. S. von § 106 Satz 1 GewO. Dabei kann offen bleiben, ob der Personalabteilung der Beklagten bei Erstellung des Dienstplans bereits bekannt war, dass sich die Klägerin im Januar 2011 einer Operation unterziehen wird. Wie die Klägerin im Berufungsverfahren selbst vorgetragen hat, entsprach die Freistellung im Januar 2011 ihrem eigenen Wunsch, d. h. der Freistellungszeitraum wurde einvernehmlich festgelegt. Es kann von daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Beklagte insoweit nicht die Interessen der Klägerin ausreichend berücksichtigt hat.

35

Der Umstand, dass die Klägerin im Freistellungszeitraum arbeitsunfähig krank war und deshalb an den Tagen, für die sie von der Arbeitspflicht befreit war, ohnehin nicht arbeiten konnte, steht einer Anrechnung auf ihr Arbeitszeitkonto nicht entgegen. Die einen Überstundenausgleich bezweckende Arbeitsbefreiung erfordert nur die Entbindung des Arbeitnehmers von seiner vertraglichen Arbeitspflicht im Umfang der geleisteten Überstunden, nicht jedoch darüber hinaus die Verschaffung einer zu Erholungszwecken nutzbaren arbeitsfreien Zeit (BAG v. 04.09.1985 - 7 AZR 531/82 - AP Nr. 13 zu § 17 BAT).

36

Nichts anderes ergibt sich auch aus den Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 22 TVöD, § 3 EFZG). Diese Bestimmunen sichern nur den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers vor einem ansonsten eintretenden Anspruchsverlust nach § 326 Abs.1 BGB infolge seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch die Nutzung seiner Freizeit (BAG v. 11.09.2003 - 6 AZR 374/02 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB). Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt voraus, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer - wie vorliegend - auch aus einem anderen Grund, nämlich infolge seiner Freistellung nicht gearbeitet hätte. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Nutzungsmöglichkeit arbeitsfreier Zeiten in die Risikosphäre des Arbeitnehmers fällt, enthält allerdings § 9 BUrlG, wonach Tage, an denen der Arbeitnehmer während seines Urlaubs krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist, auf den Jahresurlaub nicht anzurechnen sind. Diese Vorschrift beruht indessen auf speziellen Grundsätzen gerade des Urlaubsrechts, insbesondere dem Erholungszweck des Urlaubs. Der Arbeitnehmer soll in jedem Kalenderjahr eine bestimmte Zeitspanne zur freien Verfügung haben, um sich erholen zu können. Demgegenüber wird durch eine Arbeitsbefreiung zum Überstundenausgleich regelmäßig der Zweck verfolgt, den Arbeitnehmer vor einer Überbeanspruchung seiner Arbeitskraft zu schützen. Darüber hinaus soll damit die Höhe des monatlich zu zahlenden Arbeitsentgelts möglichst konstant gehalten werden. § 9 BUrlG steht daher einer Anrechnung der Freistellungszeit auf das Arbeitszeitkonto der Klägerin ebenfalls nicht entgegen (vgl. BAG v. 04.09.1985 - 7 AZR 531/82 - AP Nr. 13 zu § 17 BAT).

37

Letztlich lässt sich auch aus § 10 Abs. 4 TVöD nichts zugunsten der Klägerin herleiten. Nach dieser Vorschrift tritt im Falle einer unverzüglich angezeigten und durch ärztliches Attest nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit während eines Zeitausgleichs vom Arbeitskonto keine Minderung des Zeitguthabens ein. Diese Regelung setzt jedoch die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos i. S. von § 10 Abs. 1 TVöD durch Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung voraus. Hiervon haben die Betriebsparteien vorliegend jedoch nach Maßgabe der im Tatbestand zitierten Regelung ausdrücklich abgesehen.

III.

38

Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO erge-benden Kostenfolge zurückzuweisen.

39

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 27. Feb. 2013 - 8 Sa 489/12 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 37 Ehrenamtliche Tätigkeit, Arbeitsversäumnis


(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. (2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs z

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 9 Erkrankung während des Urlaubs


Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. Feb. 2012 - 7 AZR 774/10

bei uns veröffentlicht am 15.02.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2010 - 10 Sa 108/10 - wird zurückgewiesen.

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2010 - 10 Sa 108/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers wegen außerhalb der Arbeitszeit geleisteter Betriebsratstätigkeit und über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

2

Die Beklagte betreibt den Personennahverkehr in B. Der Kläger ist bei ihr seit April 1991 als Busfahrer zuletzt zu einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.536,00 Euro bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von wöchentlich 38,5 Stunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) Anwendung. Im Betrieb der Beklagten ist ein Betriebsrat gewählt, dessen Vorsitzender der Kläger im Jahr 2009 war.

3

Im ersten Quartal 2009 erledigte der Kläger im Umfang von 77,16 Stunden außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben. Hierfür begehrte er einen Ausgleich durch Arbeitsbefreiung zum einen in der Zeit vom 25. bis 28. März 2009 und zum anderen am 10., 12. und 15. Juni 2009. Die Parteien verständigten sich auf eine Freistellung vom 25. bis 28. März 2009 sowie an den - von der Beklagten vorgeschlagenen - Tagen 7. und 8. April 2009. Mit dem weiteren Vorschlag der Beklagten, den Kläger in den Osterferien am 14., 16., 17. und 18. April 2009 freizustellen, erklärte sich dieser nicht einverstanden. Nach seiner eigenen Angabe wurde ihm „nichtsdestotrotz ... mitgeteilt, er sei an diesen Tagen nicht zur Arbeit eingeteilt“. Die Beklagte benötigt während der Osterferien neun Fahrer weniger.

4

Der Kläger bot am 14. und 16. April 2009 persönlich sowie unter dem 15. April 2009 schriftlich seine Arbeitskraft für die „Freistellungstage“ an. Die Beklagte beschäftigte den Kläger nicht und dokumentierte auf seinem von ihr geführten Arbeitszeitkonto als „Ausgleichszeit für Betriebsratstätigkeiten“

        

am 14. April 2009

6:30 Stunden,

        

am 16. April 2009

8:44 Stunden,

        

am 17. April 2009

8:44 Stunden und

        

am 18. April 2009

8:04 Stunden.

5

Am 11. und 12. Februar 2009 wollte der Kläger an einer Sitzung des Konzernbetriebsrats teilnehmen. Für Freitag, den 13. Februar 2009 war nach dem monatlich aufgestellten Dienstplan ursprünglich sein Arbeitseinsatz für fünf Stunden und eine Minute vorgesehen. Vom 9. Februar bis 13. Februar 2009 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Nach einer am 5. Februar 2009 von der Beklagten vorgenommenen Änderung des Dienstplans wies dieser für den 13. Februar 2009 eine Arbeitsbefreiung des Klägers aus. Feststellungen dazu, ob und wann der Kläger von der Dienstplanänderung Kenntnis erlangte, sind nicht getroffen.

6

Nach erfolgloser Geltendmachung der Korrektur des Arbeitszeitkontos sowie der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den 13. Februar 2009 iHv. 63,70 Euro brutto und weiteren 7,40 Euro Zulagen mit Schreiben vom 15. April 2009 hat der Kläger mit seiner beim Arbeitsgericht erhobenen Klage diese Forderungen weiterverfolgt. Er hat die Ansicht vertreten, er sei am 14. April 2009 sowie in der Zeit vom 16. bis 18. April 2009 nicht wirksam von der Arbeit freigestellt gewesen. Die Beklagte habe keine Freistellung erklärt; außerdem dürfe sie die zeitliche Lage der Arbeitsbefreiung für außerhalb der persönlichen Arbeitszeit geleistete Betriebsratstätigkeit nicht einseitig bestimmen. Sie müsse vielmehr die Wünsche des Betriebsratsmitglieds berücksichtigen, sofern diesen keine betriebsbedingten Gründe entgegenstünden. Für den 13. Februar 2009 habe die Beklagte den Freizeitausgleich wegen Betriebsratstätigkeit ebenfalls zu Unrecht einseitig festgelegt.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

auf sein Zeitarbeitskonto für den 14. April 2009 6:30 Stunden, für den 16. April 2009 8:44 Stunden, für den 17. April 2009 8:44 Stunden und für den 18. April 2009 8:04 Stunden gutzuschreiben sowie

        

2.    

an ihn 63,70 Euro brutto und 7,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21. April 2009 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei - in den von ihr eingehaltenen Grenzen billigen Ermessens - berechtigt, die zeitliche Lage der Arbeitsbefreiung zu bestimmen. Für den 13. Februar 2009 bestehe kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit. Sie habe sich mit dem Kläger darauf geeinigt, dass er an diesem Tag „Mehrarbeitsstunden“ für zuvor in seiner Freizeit erbrachte Betriebsratstätigkeit „abfeiere“. Für die Zeit, die sie den Kläger ohnehin von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt habe, könne nicht nochmals Entgeltfortzahlung wegen einer Erkrankung verlangt werden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die verlangte Zeitgutschrift noch auf die begehrte Zahlung.

11

A. Die Revision ist zulässig; insbesondere ist sie ausreichend begründet.

12

I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Ist die Revision aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden. Eine gesonderte Revisionsbegründung ist damit auch nach einem vorangegangen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren stets erforderlich; sie muss mindestens in Form einer Bezugnahme erfolgen (BAG 8. Mai 2008 - 1 ABR 56/06 - Rn. 6, BAGE 126, 339; BGH 20. Dezember 2007 - III ZR 27/06 - Rn. 4 ff., EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 7). Auch muss sie innerhalb der Zweimonatsfrist des § 72a Abs. 6 Satz 3 iVm. § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bei Gericht eingehen. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss den inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung entsprechen (BAG 8. Mai 2008 - 1 ABR 56/06 - aaO).

13

II. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die fristgerecht eingegangene Begründung der Revision nimmt ausdrücklich Bezug auf die der Nichtzulassungsbeschwerde. Diese setzt sich ihrerseits inhaltlich mit den tragenden Gründen des angefochtenen Berufungsurteils hinreichend auseinander. Hierauf geht die Revisionsbegründung im Übrigen (nochmals) zusammenfassend ein.

14

B. Die Revision ist unbegründet.

15

I. Der Klageantrag zu 1. hat keinen Erfolg. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Arbeitszeitkonto des Klägers Stunden „gutzuschreiben“.

16

1. Der Antrag ist - nach der gebotenen Auslegung - zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

17

a) Bei einer Leistungsklage muss der Klageantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sein. Aus dem Klageantrag, der gegebenenfalls durch Heranziehung des Sachvortrags des Klägers auszulegen ist, muss sich ergeben, welche Leistung begehrt wird. Eine auf den Antrag erfolgende Verurteilung muss einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 70 mwN). Ein auf die „Gutschrift“ von bestimmten Zeiten gerichteter Leistungsantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können(vgl. BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 1036/06 - Rn. 9, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 42 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 16; 14. August 2002 - 5 AZR 417/01 - zu I 1 der Gründe, AP EntgeltFG § 2 Nr. 10 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 4). Weist das Arbeitszeitkonto geleistete Mehr- oder Überarbeit aus oder - allgemeiner ausgedrückt - solche Zeiten, die durch Freistellung von der Arbeitspflicht bei Fortzahlung der Vergütung auszugleichen sind, ist der Streitgegenstand iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt, wenn sich der Antrag auf eine „Gutschrift“ von solchen Zeiten in einem genau angegebenen Umfang bezieht(zur „Gutschrift von AZV-Tagen“ vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 108/03 - zu I der Gründe, AP EntgeltFG § 4 Nr. 65 = EzA TVG § 4 Druckindustrie Nr. 33; zur Zeitgutschrift auf einem fortlaufend geführten Freizeitkonto vgl. BAG 6. November 2003 - 6 AZR 166/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 281).

18

b) Hiernach ist der Antrag zulässig. Dem Wortlaut nach richtet sich das Begehren auf „Gutschriften“ von jeweils näher bezeichneten Stundenzahlen „für“ näher bezeichnete Tage auf dem „Zeitarbeitskonto“. Aus dem Sachvortrag des Klägers folgt, dass für ihn ein Arbeitszeitkonto geführt wird, auf dem ua. die Zeiten der außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit geleisteten Betriebsratstätigkeit als „Mehrarbeitsstunden“ erfasst werden. Auf diese Größe bezieht sich offenbar das „Gutschrift“verlangen. Dass die Angabe nicht mehr korrigiert werden könnte, hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt behauptet.

19

2. Der Antrag ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Zeitgutschriften.

20

a) Grundsätzlich drückt ein Arbeitszeitkonto aus, in welchem Umfang der Arbeitnehmer Arbeit geleistet hat und deshalb Vergütung beanspruchen kann bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte Vergütung erbringen muss. Da das Arbeitszeitkonto nach der zugrunde liegenden Abrede der Vertragsparteien den Vergütungsanspruch verbindlich bestimmt, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf korrekte Führung. Geleistete Arbeit ist gemäß § 611 Abs. 1 BGB in das Konto aufzunehmen. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer eine Gutschrift für solche Zeiten der Nichtarbeit verlangen, die aufgrund von normativen oder einzelvertraglichen Regelungen ohne Verpflichtung zur Nachleistung zu vergüten sind, denn die Arbeitspflicht gilt in diesen Fällen als erfüllt. Aus der Gegenüberstellung der gutgeschriebenen Arbeitszeit und der vereinbarten Arbeitszeit („Arbeitszeitsoll“) ergibt sich der für den Vergütungsanspruch und/oder den Umfang der weiteren Arbeitspflicht maßgebliche Arbeitszeitsaldo (vgl. BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 341/08 - zu I 1 der Gründe mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 44 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 17). Diese Grundsätze gelten ebenso für Angaben, die ein durch Befreiung von der Arbeitspflicht auszugleichendes Zeitguthaben ausweisen (für die Korrektur der Angaben eines Zeitguthabens auf einem Freizeitkonto aufgrund tarifvertraglicher Regelungen vgl. BAG 6. November 2003 - 6 AZR 166/02 - zu II 1 der Gründe, BAGE 108, 281). Auch hinsichtlich dieser Daten hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos und kann bei fehlerhaften Angaben eine Berichtigung verlangen.

21

b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die erstrebte Berichtigung des Arbeitszeitkontos. Im Umfang der von der Beklagten auf dem Arbeitszeitkonto als Ausgleichszeit für Betriebsratstätigkeiten „gebuchten“ Zeiten sind die Ansprüche des Klägers auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach § 37 Abs. 3 BetrVG durch Erfüllung erloschen(§ 362 Abs. 1 BGB).

22

aa) Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Die Arbeitsbefreiung ist gemäß § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG vor Ablauf eines Monats zu gewähren. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Freistellungsanspruch zu erfüllen, wobei er aber nicht im Sinn einer Ausschlussfrist an die gesetzliche Monatsfrist gebunden ist (vgl. BAG 25. August 1999 - 7 AZR 713/97 - zu II 2 der Gründe, BAGE 92, 241).

23

bb) Hiernach hat der Kläger Freistellungsansprüche erworben. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und für den Senat bindenden Feststellungen (§ 559 Abs. 2 ZPO) hat er im ersten Quartal 2009 insgesamt 77,16 Stunden Freizeit für Betriebsratsarbeit eingesetzt. Zu seinen Gunsten kann unterstellt werden, dass die Betriebsratstätigkeit erforderlich iSd. § 37 Abs. 2 BetrVG war und aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werden musste. Den in einem bestimmten Zeitpunkt - Ende März 2009 - angefallenen Gesamtzeitumfang hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt.

24

cc) Der Arbeitsbefreiungsanspruch des Klägers ist durch seine Freistellung am 14., 16., 17. und 18. April 2009 - jeweils in Höhe der von der Beklagten „gebuchten“ Stunden - erfüllt und damit erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Die Erfüllungswirkung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die auf diese Tage bezogene Freistellung nicht verbindlich war. Die Arbeitsbefreiung entsprach billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 GewO iVm. § 315 Abs. 3 BGB.

25

(1) Die Erfüllung des Anspruchs nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erfolgt durch Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Pflicht, Arbeitsleistungen zu erbringen(für die Erfüllung eines sich aus einem Arbeitszeitkonto ergebenden Freizeitausgleichsanspruchs ebenso BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 27 mwN, BAGE 131, 30). Der Arbeitgeber muss das Betriebsratsmitglied von seiner vertraglich bestehenden Pflicht, Arbeitsleistungen zu erbringen, ohne Minderung der Vergütung freistellen und so im Ergebnis dessen Sollarbeitszeit reduzieren (vgl. zu einem tarifvertraglichen Anspruch auf Freizeitausgleich BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 78/09 - Rn. 12 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 14 = EzA ArbZG § 5 Nr. 1 ). Wie bereits der Wortlaut des § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG ausdrückt („ist … zu gewähren“), bedarf die Freistellung keiner Einigung, sondern einer empfangsbedürftigen gestaltenden Erklärung des Arbeitgebers, mit der er zum Zweck der Erfüllung des Arbeitsbefreiungsanspruchs nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auf sein vertragliches Recht auf Leistung der geschuldeten Dienste in einem bestimmten Umfang verzichtet und die Arbeitspflicht des Betriebsratsmitglieds zum Erlöschen bringt(vgl. auch BAG 13. Juni 1990 - 7 AZR 206/89 - zu 1 der Gründe). Es handelt sich damit um eine Weisung zur Verteilung der Arbeitszeit iSv. § 106 Satz 1 GewO. Mit der Bestimmung der Zeit der Arbeitsleistung wird zugleich auch die Zeit bestimmt, während derer ein Arbeitnehmer keine Arbeit zu leisten hat. Beide Festlegungen unterliegen dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO. Das ermöglicht es dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im Einzelnen nach Zeit, Art und Ort nach billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 3 BGB zu bestimmen(vgl. BAG 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 1 der Gründe, BAGE 112, 80).

26

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers musste die Beklagte bei der Arbeitsbefreiung seine Wünsche nicht entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bevorzugt berücksichtigen.

27

(a) Allerdings wird die Frage, ob sich die zeitliche Lage der Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG entsprechend den Grundsätzen der Urlaubsgewährung iSd. § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nach den Wünschen des Betriebsratsmitglieds zu richten hat oder ob sie der Arbeitgeber in den Grenzen des billigen Ermessens nach § 315 Abs. 3 BGB festlegen kann, im Schrifttum kontrovers diskutiert(vgl. einerseits zB DKKW/Wedde BetrVG 13. Aufl. § 37 Rn. 79; ErfK/Koch 12. Aufl. § 37 BetrVG Rn. 8; Fitting ua. BetrVG 25. Aufl. § 37 Rn. 95, 101 und andererseits zB Richardi/Thüsing BetrVG 13. Aufl. § 37 Rn. 54; HSWGNR/Glock BetrVG 8. Aufl. § 37 Rn. 87; GK-BetrVG/Weber 9. Aufl. § 37 Rn. 94; WPK/Kreft BetrVG 4. Aufl. § 37 Rn. 31).

28

(b) Die Bestimmungen zum Arbeitsbefreiungsanspruch nach § 37 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Halbs. 1 BetrVG enthalten keine den Grundsätzen der Urlaubsgewährung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG entsprechenden Vorgaben zu seiner zeitlichen Festlegung.

29

(aa) Weder der Wortlaut des § 37 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Halbs. 1 BetrVG noch die textvergleichende Regelungssystematik deuten darauf, dass sich der Arbeitgeber bei der Erfüllung des Arbeitsbefreiungsanspruchs zwingend und vorrangig an den Wünschen des freizustellenden Betriebsratsmitglieds zu orientieren hätte. Während der Arbeitgeber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG die Wünsche des Arbeitnehmers prinzipiell berücksichtigen muss, fehlt es an einer ähnlichen Regelung im Zusammenhang mit der Arbeitsbefreiung wegen außerhalb der Arbeitszeit geleisteter Betriebsratstätigkeit. Das Argument der Revision, § 37 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Halbs. 1 BetrVG lasse eine Formulierung vermissen, nach der die Arbeitsbefreiung einseitig und ohne Rücksicht auf die Wünsche des Betriebsratsmitglieds erfolgen könne, vernachlässigt, dass der Normwortlaut jedenfalls auf eine durch den Arbeitgeber zu erfüllende Freistellungspflicht schließen lässt. Für die Annahme näherer Kriterien für diese Pflichterfüllung erweist sich die sprachliche Fassung - bis auf den Monatszeitraum des § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG - als unergiebig. Soweit der Kläger darauf verweist, den Wünschen des Betriebsratsmitglieds gebühre jedenfalls dann der Vorrang, wenn ihnen keine betriebsbedingten Gründe entgegenstünden, ist auch dies vom Wortlaut von § 37 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Halbs. 1 BetrVG nicht gedeckt. „Betriebsbedingte Gründe“ können nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG dem Arbeitsbefreiungsanspruch „an sich“ entgegenstehen; sie sind nach sprachlichem Ausdruck und Textsystematik aber keine Merkmale für die nähere Bestimmung und Ausgestaltung des Zeitpunkts der Freistellung.

30

(bb) Sinn und Zweck des Freizeitausgleichsanspruchs von § 37 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Halbs. 1 BetrVG gebieten kein Verständnis dahingehend, auf ihn den in § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ausdrücklich festgelegten Maßstab zu übertragen. Die Intentionen von Urlaubsanspruch und Anspruch auf Arbeitsbefreiung sind unterschiedlich. Während das Bundesurlaubsgesetz den Arbeitgeber verpflichtet, den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer für eine bestimmte Dauer im Jahr von der Arbeitspflicht für „bezahlten Erholungsurlaub“ (§ 1 BUrlG) freizustellen, bezweckt der Anspruch auf Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 Halbs. 1 BetrVG eine Begrenzung der Arbeitsbelastung des Betriebsratsmitglieds (vgl. BAG 25. August 1999 - 7 AZR 713/97 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 92, 241). Ebenso wenig wie etwa ein tarifvertraglich vorgesehener Freizeitausgleich für geleistete Mehrarbeit „Erholungsurlaub“ ist (vgl. BAG 17. Januar 1995 - 3 AZR 399/94 - zu I 2 d bb der Gründe mwN, BAGE 79, 104), dient die Arbeitsbefreiung wegen der in der Freizeit geleisteten Betriebsratstätigkeit dem Erholungszweck. Sie zielt vielmehr - wie insbesondere die Monatsfrist des § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG verdeutlicht - auf einen möglichst zeitnahen und im Zusammenhang mit der Erledigung der Betriebsratsaufgaben stehenden Ausgleich des aus betriebsbedingten Gründen erbrachten Freizeitopfers des Betriebsratsmitglieds (vgl. hierzu auch BAG 5. Mai 2010 - 7 AZR 728/08 - Rn. 28 f. mwN, BAGE 134, 233). Schließlich fehlt es bei § 37 Abs. 3 BetrVG an einer § 7 Abs. 2 BUrlG entsprechenden Bestimmung, dass Ausgleichsansprüche etwa zusammenhängend zu gewähren seien. Auch dies zeigt, dass der Arbeitsbefreiungsanspruch nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG eher dem Ausgleich von Mehrarbeit durch Freistellung gleichsteht und nicht dem Urlaubsanspruch.

31

(cc) Damit ist nicht ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber ein von dem Betriebsratsmitglied geäußertes Anliegen der zeitlichen Lage der Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 Halbs. 1 BetrVG bei der Freistellung berücksichtigen muss. Dies ist aber nur ein Aspekt der nach billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB festzulegenden zeitlichen Lage der Arbeitsbefreiung zur Erfüllung des Anspruchs nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Die Grenzen billigen Ermessens sind gewahrt, wenn der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (vgl. zB BAG 18. Oktober 2011 - 9 AZR 315/10 - Rn. 35 mwN, NZA 2012, 262). Der Arbeitgeber kann nicht einseitig auf seine Bedürfnisse abstellen; er darf die Belange des Arbeitnehmers nicht außer Acht lassen. Vor allem sind der Zweck der zu gewährenden Leistung und die Folgen, die für die Vertragsparteien durch die in Betracht kommenden Leistungsbestimmungen voraussichtlich eintreten, angemessen zu berücksichtigen (vgl. zB BAG 17. Januar 1995 - 3 AZR 399/94 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 79, 104). Auch auf berechtigte Interessen des Arbeitnehmers an der Planbarkeit seiner Freizeit hat der Arbeitgeber Rücksicht zu nehmen (vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 28 f., BAGE 131, 30). Schließlich hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer rechtzeitig mitzuteilen, wann er Freizeitausgleich erhält. Dem Arbeitnehmer soll ermöglicht werden, sich darauf einzustellen und die Freizeit sinnvoll nutzen zu können (vgl. BAG 17. Januar 1995 - 3 AZR 399/94 - aaO).

32

(3) Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Beklagte bei der Arbeitsbefreiung am 14., 16., 17. und 18. April 2009 die Grenzen billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO iVm. § 315 Abs. 3 BGB gewahrt hat. Der Freizeitausgleich war nicht nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich.

33

(a) Die Beklagte hat die Arbeitsbefreiung gewährt. Der mit der Revisionsbegründung erhobene Einwand, es sei nicht festgestellt, dass die Beklagte überhaupt eine auf den 14. April 2009 und die Zeit vom 16. bis 18. April 2009 bezogene Freistellung erklärt habe, ist nicht berechtigt. Es trifft zwar zu, dass es im Tatbestand des angefochtenen Urteils nur heißt, die Beklagte habe dem Kläger eine Freistellung an diesen Tagen „vorgeschlagen“, womit dieser nicht einverstanden gewesen sei. Allerdings hat der Kläger bereits mit seiner Klage selbst vorgetragen, ihm sei „nichtsdestotrotz mitgeteilt“ worden, „er sei an diesen Tagen nicht zur Arbeit eingeteilt“. Das Landesarbeitsgericht hat auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen; von einer - mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen - Feststellung der Freistellungserklärung ist daher auszugehen.

34

(b) Wie das Berufungsgericht zutreffend und mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Argumentation ausgeführt hat, durfte die Beklagte ihrem Interesse an einer Freistellung des Klägers in den Osterferien Vorrang einräumen, weil in dieser Zeit ohnehin ein reduzierter Bedarf an Fahrern bestand. Der bevorzugten Berücksichtigung der Wünsche des Klägers, die Freistellung am 10., 12. und 15. Juni 2009 zu gewähren, stand insbesondere der Zweck der Arbeitsbefreiung - der zeitnahe Ausgleich der aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit geleisteten Betriebsratstätigkeit - entgegen.

35

II. Auch dem auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den 13. Februar 2009 gerichteten Klageantrag zu 2. haben die Vorinstanzen zu Recht nicht entsprochen.

36

1. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden BMT-G II erhält der Arbeitnehmer Krankenbezüge nach Maßgabe von § 34 Abs. 2 bis Abs. 9 BMT-G II, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft.

37

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger sei am 13. Februar 2009 nicht „durch“ die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit an seiner Arbeitsleistung verhindert gewesen. Dabei geht es zutreffend davon aus, dass bei einem Anspruch auf Krankenbezüge nach § 34 BMT-G II die Arbeitsunfähigkeit - ebenso wie bei dem entsprechend lautenden § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG - die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sein muss(zum gleichlautenden § 34 Abs. 1 Satz 1 BMT-G-O vgl. BAG 4. Dezember 2002 - 5 AZR 494/01 - zu II 3 a der Gründe, AP EntgeltFG § 3 Nr. 17 = EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 10). Die gesetzliche bzw. tarifliche Regelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sichert nur den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers vor einem sonst eintretenden Anspruchsverlust nach § 326 Abs. 1 BGB infolge seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch die Nutzung seiner Freizeit. Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt daher voraus, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Das ist nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer auch aus einem anderen Grund - insbesondere wegen einer vor Eintritt der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit wirksam erfolgten Freistellung von der Arbeitsverpflichtung unter Fortzahlung der Vergütung zum Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens - nicht gearbeitet hätte (zum gleichlautenden Anspruch auf Krankenbezüge nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BAT-O vgl. BAG 11. September 2003 - 6 AZR 374/02 - zu 4 der Gründe mwN, BAGE 107, 278).

38

3. Ob die weitere Würdigung des Landesarbeitsgerichts zutrifft, der Kläger sei für den 13. Februar 2009 bereits vor Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit zum Ausgleich der nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG außerhalb seiner Arbeitszeit geleisteten Betriebsratstätigkeit wirksam freigestellt gewesen, kann auf sich beruhen. Ginge man hiervon aus, wäre der Kläger nicht „infolge Krankheit“ an seiner Arbeitsleistung verhindert gewesen und hätte aus diesem Grund keinen Anspruch auf Zahlung der Krankenbezüge. Unterstellte man zu seinen Gunsten, er sei für den 13. Februar 2009 nicht nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG wirksam freigestellt worden, wäre die Zahlungsklage dennoch unbegründet. Mit der von der Beklagten für den 13. Februar 2009 geleisteten Entgeltzahlung wäre dann zwar nicht der Anspruch auf Krankenbezüge nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BMT-G II erloschen iSv. § 362 Abs. 1 BGB, denn die Beklagte hätte nicht die geschuldete Leistung an den Kläger bewirkt. Der Durchsetzbarkeit des nicht erfüllten Anspruchs auf Entgeltfortzahlung stünde aber der von Amts wegen zu prüfende „dolo-petit-Einwand“ entgegen („ dolo agit , qui petit, quod statim redditurus est“; hierzu zB BAG 10. November 2011 - 6 AZR 357/10 - Rn. 25 mwN, NZA 2012, 205). Die Rechtsausübung des Klägers verstieße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Danach kann nichts verlangt werden, was sogleich zurückgeleistet werden muss. Die Beklagte könnte aber die wegen der vermeintlichen Freistellung nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gezahlte Vergütung für den 13. Februar 2009 wegen der Leistung auf eine nicht bestehende Schuld sogleich zurückfordern (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB).

39

C. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Gallner    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Glock    

                 

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.