Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 14. Nov. 2011 - 10 Ta 203/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2011:1114.10TA203.11.0A
bei uns veröffentlicht am14.11.2011

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 30. August 2011, Az.: 7 Ca 851/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.

2

Die Beklagte beschäftigt sich hauptsächlich mit der Vermittlung von Immobilien. Die Klägerin schloss mit der Beklagten am 28./29.01.2010 eine „Vereinbarung über eine freie, selbständige Vertriebspartner-Kooperation“. Die Beklagte kündigte dieses Vertragsverhältnis am 01.09.2010 fristlos. Mit Rechnung vom 01.03.2011 verlangt sie von der Klägerin die Zahlung von € 11.090,80 wegen verschiedener Serviceleistungen (Einarbeitung zweitägiges Basis-Seminar € 2.490,00, Einrichtung eines User-Accounts € 180,00; Nutzung des Internetportals mtl. € 290,00; Organisation, Administration, Vertriebspartner-Hotline, technischer und kaufmännischer Support mtl. € 375,00, zzgl. Mehrwertsteuer). Inzwischen ist die Klägerin als Immobilienmaklerin in einem Z. Immobiliencenter in Y.-Stadt tätig. An die Adresse dieses Centers richtet die Beklagte ihre Post an die Klägerin.

3

Mit ihrer am 25.05.2011 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen Klage beantragt die Klägerin im Wesentlichen,

4

festzustellen, dass die Beklagte gegen sie keinen Zahlungsanspruch in Höhe von € 11.095,80 hat,
der Beklagten zu verbieten, mit ihr über Kontaktdaten der Firma Z. X. W. V. per Post, elektronisch oder in sonstiger Weise zu korrespondieren oder korrespondieren zu lassen, wie per Post an Z. X. W. V., U.-Straße, Y.-Stadt geschehen.

5

Die Beklagte rügt die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs.

6

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 30.08.2011 (Bl. 122-141 d.A.) den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Duisburg verwiesen. Gegen diesen Beschluss, der ihr am 09.09.2011 zugestellt worden ist, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.09.2011 sofortige Beschwerde eingelegt.

7

Zur Begründung führt sie aus, die Gerichte für Arbeitssachen seien nach § 5 Abs. 3 ArbGG zuständig, denn ihr sei im Sinne des § 92a Abs. 1 HGB nach Art und Umfang der von ihr verlangten Tätigkeit nicht möglich gewesen, für einen anderen Unternehmer tätig zu werden. Der Vertriebspartnervertrag sei auf den Aufbau einer Vollexistenz gerichtet worden. Es habe einer vollschichtigen Tätigkeit bedurft, die keine Tätigkeit in anderen Branchen oder anderen Geschäftsfeldern oder gar bei anderen Arbeitgebern zugelassen habe. Immerhin habe sie nach der dreimonatigen Probezeit im Durchschnitt drei Vermietungen oder einen Verkauf Mindestumsatz je Kalendermonat erreichen müssen. Um diesen Durchschnitt zu erreichen, habe es erheblicher Vorlaufzeiten, intensiver Werbung, Telefongesprächen mit Interessenten, Besichtigungsterminen etc. bedurft. Im Übrigen spreche für ihre ausschließliche Tätigkeit für die Beklagte bereits die Pflicht des Handelsvertreters zur Wahrnehmung der Interessen des Unternehmers.

8

Mit Beschluss vom 27.09.2011 (Bl. 151-153 d.A.) hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

9

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

10

Die nach §§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, 48 Abs. 1, 78 ArbGG, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.

11

Das Arbeitsgericht hat sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Duisburg verwiesen. Das Beschwerdegericht folgt uneingeschränkt den in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Beschluss und stellt dies in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen fest. Die Ausführungen der Klägerin in der Beschwerdeschrift vom 19.09.2011 und im Schriftsatz vom 14.10.2011 rechtfertigen keine Abänderung der Entscheidung.

12

Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ist weder nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG noch nach § 5 Abs. 1 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 1 ArbGG eröffnet.

13

1. Das Arbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Klägerin nicht als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG anzusehen ist. Nach dieser Vorschrift ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen auch für solche Personen gegeben, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind.

14

Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbstständige. An die Stelle der das Arbeitsverhältnis prägenden persönlichen Abhängigkeit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Wirtschaftliche Abhängigkeit ist regelmäßig gegeben, wenn der Beschäftigte auf die Verwertung seiner Arbeitskraft und die Einkünfte aus der Tätigkeit für den Vertragspartner zur Sicherung seiner Existenzgrundlage angewiesen ist (BAG 21.12.2010 - 10 AZB 14/10 - m.w.N). Der wirtschaftlich Abhängige muss außerdem seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sein.

15

Die Klägerin war nach diesen Kriterien keine arbeitnehmerähnliche Person. Ihre wirtschaftliche Existenz bestimmte sich nach Art und Umfang der selbständig ausgeübten Tätigkeit als Immobilienmaklerin. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, konnte sich die Klägerin „aussuchen“ für wen sie Maklerleistungen erbringt. Sie war nicht von der Beklagten abhängig und erhielt von ihren Kunden eine Maklercourtage, von der ihr ein Anteil von mindestens 85 % zustehen sollte.

16

2. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit ergibt sich auch nicht aus § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG. Danach gelten Handelsvertreter (ausnahmsweise) dann als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als € 1.000,00 aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Zu diesem Personenkreis gehörte die Klägerin nicht. Die Anwendung dieser Vorschrift scheidet schon deshalb aus, weil die Klägerin für die Beklagte nicht als Handelsvertreterin im Sinne des § 84 HGB tätig war. Die Klägerin hat keine Geschäfte für die Beklagte vermittelt oder in deren Namen abgeschlossen. Sie hat vielmehr auf eigene Rechnung und in eigenem Namen gehandelt.

III.

17

Die sofortige Beschwerde der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

18

Die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Diese Entscheidung ist daher unanfechtbar.

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 5 Begriff des Arbeitnehmers


(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14

Handelsgesetzbuch - HGB | § 84


(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätig

Handelsgesetzbuch - HGB | § 92a


(1) Für das Vertragsverhältnis eines Handelsvertreters, der vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden darf oder dem dies nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht möglich ist, kann das Bundesministerium der Justiz im Ein

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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 21. Dez. 2010 - 10 AZB 14/10

bei uns veröffentlicht am 21.12.2010

Tenor 1. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 1. und 4. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. April 2010 - 7 Ta 7/10 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.

(3) Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.

(1) Für das Vertragsverhältnis eines Handelsvertreters, der vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden darf oder dem dies nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht möglich ist, kann das Bundesministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nach Anhörung von Verbänden der Handelsvertreter und der Unternehmer durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festsetzen, um die notwendigen sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse dieser Handelsvertreter oder einer bestimmten Gruppe von ihnen sicherzustellen. Die festgesetzten Leistungen können vertraglich nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für das Vertragsverhältnis eines Versicherungsvertreters, der auf Grund eines Vertrags oder mehrerer Verträge damit betraut ist, Geschäfte für mehrere Versicherer zu vermitteln oder abzuschließen, die zu einem Versicherungskonzern oder zu einer zwischen ihnen bestehenden Organisationsgemeinschaft gehören, sofern die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit einem dieser Versicherer im Zweifel auch die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den anderen Versicherern zur Folge haben würde. In diesem Falle kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, außerdem bestimmt werden, ob die festgesetzten Leistungen von allen Versicherern als Gesamtschuldnern oder anteilig oder nur von einem der Versicherer geschuldet werden und wie der Ausgleich unter ihnen zu erfolgen hat.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen;
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt;
3.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
a)
aus dem Arbeitsverhältnis;
b)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses;
c)
aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen;
d)
aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
e)
über Arbeitspapiere;
4.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und
a)
Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen;
b)
gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts oder Versorgungseinrichtungen, soweit Letztere reine Beitragszusagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 2a des Betriebsrentengesetzes durchführen, über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen,
soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
5.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung;
6.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Einrichtungen nach Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 5 sowie zwischen diesen Einrichtungen, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
7.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Entwicklungshelfern und Trägern des Entwicklungsdienstes nach dem Entwicklungshelfergesetz;
8.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Trägern des freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder den Einsatzstellen und Freiwilligen nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz;
8a.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bund oder den Einsatzstellen des Bundesfreiwilligendienstes oder deren Trägern und Freiwilligen nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz;
9.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
10.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen behinderten Menschen im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen und den Trägern der Werkstätten aus den in § 221 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geregelten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen.

(2) Die Gerichte für Arbeitssachen sind auch zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern,

a)
die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung oder für einen technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen zum Gegenstand haben;
b)
die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.

(3) Vor die Gerichte für Arbeitssachen können auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

(4) Auf Grund einer Vereinbarung können auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden.

(5) In Rechtsstreitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Urteilsverfahren statt.

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.

(3) Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 1. und 4. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. April 2010 - 7 Ta 7/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten zu 1. und 4. haben die Kosten der Rechtsbeschwerde zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.066,67 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche für die Zeit von Juni 2007 bis Februar 2008 und vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

2

Die Beklagten zu 1. und 2. sind Versicherungsvertreter. Der Beklagte zu 3. wurde zum Versicherungskaufmann ausgebildet. Der Beklagte zu 4. ist Kfz-Händler. Im Mai 2007 absolvierte die Klägerin in Abstimmung mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) ein Praktikum in den gemeinsam von den Beklagen genutzten Geschäftsräumen. Im Anschluss daran war sie von Juni bis Oktober 2007 für die Beklagten tätig. Anfang Juli 2007 wurde der Klägerin ein Gründungszuschuss für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (§ 57 SGB III) in Höhe von 756,00 Euro pro Monat bewilligt. Ende Oktober 2007 stellte die Klägerin die Arbeit ein. Sie kündigte das ihrer Ansicht nach bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 6. März 2008.

3

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die üblichen Aufgaben einer Bürokauffrau in einer Versicherungsagentur übernehmen sollen, wie die Erledigung des Schriftverkehrs, den Telefondienst und die Verwaltung der Vertragsakten. Nachdem man sich zunächst auf eine Festanstellung verständigt habe, sei über die Möglichkeit einer selbständigen Tätigkeit erst nach Tätigkeitsaufnahme gesprochen worden. Der Beklagte zu 1. habe ihr eine monatliche Fixvergütung von 1.500,00 Euro angeboten und auf die zusätzlich bestehende Möglichkeit eines Zuschusses durch die BA hingewiesen. Auf diesen Vorschlag habe sie sich nur wegen des Fehlens einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit eingelassen. Tatsächlich sei ein Arbeits- und kein freier Dienstvertrag zustande gekommen. Sie habe in dem Büro der Beklagten zu den üblichen Öffnungszeiten (Montag bis Donnerstag 9:00 bis 12:00 Uhr und 13:00 bis 16:30 Uhr, Freitag bis 15:00 Uhr) arbeiten müssen. Dabei sei sie von sämtlichen Beklagten eingesetzt worden und habe detaillierte Arbeitsanweisungen erhalten. Das Arbeitsverhältnis habe mit der Bürogemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden, da die Beklagten ihr gegenüber stets als gleichberechtigte Partner aufgetreten seien.

4

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 15.200,00 Euro Bruttogehalt für die Monate Juni 2007 bis Februar 2008 zu zahlen.

5

Die Beklagten haben die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gerügt. Die Beklagten zu 1. und 4. haben vorgetragen, die Klägerin sei im Rahmen eines von ihr selbständig betriebenen Büroservice tätig gewesen. Für den Beklagten zu 1. habe die Klägerin Terminvereinbarungen vorbereiten und organisieren und für den Beklagten zu 4. Kfz-Kaufverträge „ins Reine schreiben“ sollen. Die Klägerin habe für jeden zustande gekommenen Termin 5,00 Euro erhalten sollen. Für die geschriebenen Kfz-Verträge habe sie von dem Beklagten zu 4. einen Betrag von 400,00 Euro erhalten. Eine Verpflichtung zur Anwesenheit in dem Büro habe nicht bestanden. Der Beklagte zu 4. als Kfz-Händler habe nichts mit den anderen Beklagten zu tun und sei somit als gesonderter Auftraggeber anzusehen. Darüber hinaus habe die Klägerin mehrfach von einer weiteren Tätigkeit für die Firma Zweirad N. berichtet.

6

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Bayreuth verwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beklagten zu 1. und 4. die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

7

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a iVm. § 5 Abs. 1 ArbGG. Danach sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG gelten als Arbeitnehmer auch sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Ob die Klägerin als Arbeitnehmerin einzustufen ist, kann für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs dahingestellt bleiben. Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Klägerin jedenfalls als arbeitnehmerähnliche Person iSv. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG anzusehen ist, so dass die Rechtswegbestimmung im Rahmen der Wahlfeststellung vorgenommen werden kann(BAG 30. August 2000 - 5 AZB 12/00 - zu II 2 b der Gründe, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 51). Die hiergegen erhobenen Rügen greifen nicht durch.

8

1. Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbstständige. An die Stelle der das Arbeitsverhältnis prägenden persönlichen Abhängigkeit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Wirtschaftliche Abhängigkeit ist regelmäßig gegeben, wenn der Beschäftigte auf die Verwertung seiner Arbeitskraft und die Einkünfte aus der Tätigkeit für den Vertragspartner zur Sicherung seiner Existenzgrundlage angewiesen ist (BAG 21. Februar 2007 - 5 AZB 52/06 - Rn. 11 mwN, BAGE 121, 304). Eine arbeitnehmerähnliche Person kann für mehrere Auftraggeber tätig sein, wenn die Beschäftigung für einen von ihnen überwiegt und die daraus fließende Vergütung die entscheidende Existenzgrundlage darstellt. Der wirtschaftlich Abhängige muss außerdem seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sein (BAG 30. August 2000 - 5 AZB 12/00 - zu II 2 b der Gründe, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 51).

9

2. Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllt.

10

a) Die Klägerin ist neben ihrer Tätigkeit für die Beklagten keiner anderen (wesentlichen) Beschäftigung nachgegangen.

11

Die Rechtsbeschwerde rügt, das Landesarbeitsgericht hätte über eine anderweitige Tätigkeit der Klägerin für die Firma Zweirad N. Beweis erheben müssen. Dem steht die gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindende Feststellung des Landesarbeitsgerichts(vgl. Seite 7 erster Abs. der Entscheidungsgründe) entgegen, die nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffen ist. Bei einer auf § 286 ZPO gestützten Rüge wegen übergangenen Beweisantritts muss nach Beweisthema und Beweismittel angegeben werden, zu welchem Punkt das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft eine an sich gebotene Beweisaufnahme unterlassen haben soll und welches Ergebnis diese Beweisaufnahme hätte zeitigen müssen. Ferner muss dargelegt werden, dass die Unterlassung der Beweisaufnahme kausal für die Entscheidung gewesen ist (vgl. etwa BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d aa der Gründe, BAGE 109, 145). Hieran fehlt es.

12

Die aus der Tätigkeit für die Beklagten erzielte Vergütung stellt für die Klägerin - von dem durch die BA gewährten Gründungszuschuss abgesehen - die einzige wirtschaftliche Existenzgrundlage dar. Die Klägerin ist nach ihrer sozialen Stellung einer Arbeitnehmerin vergleichbar schutzbedürftig. Sie war während ihrer Tätigkeit für die Beklagten zu den gesamten Öffnungszeiten des Büros anwesend und hatte keine eigene Büroausstattung. Für die Klägerin bestand daher keine nennenswerte Möglichkeit, ihre Arbeitskraft weiteren Auftraggebern anzubieten (vgl. BAG 8. September 1997 - 5 AZB 3/97 - zu II 2 der Gründe, BAGE 86, 267; 11. April 1997 - 5 AZB 33/96 - zu II 2 der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 30 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 20). Hinzu kommt, dass die Klägerin sich zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet hat, so dass sie die ihr übertragenen Aufgaben nicht auf Dritte, bspw. auf eigene Arbeitnehmer, übertragen konnte (vgl. dazu BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 51/04 - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 113, 343).

13

b) Der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin steht der Bezug eines monatlichen Gründungszuschusses gemäß § 57 SGB III in Höhe von 756,00 Euro nicht entgegen.

14

Es kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen anderweitige, aus dem Einsatz der Arbeitskraft des Auftragnehmers resultierende Einkünfte zum Wegfall der wirtschaftlichen Abhängigkeit führen können (vgl. zum Rentenbezug: BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 61/05 - Rn. 17, EzA BUrlG § 2 Nr. 6; zum Meinungsstand: Däubler/Reinecke TVG 2. Aufl. § 12a Rn. 49; GMP/Germelmann/Müller-Glöge 7. Aufl. § 5 Rn. 35; Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 12a Rn. 75; Willemsen/Müntefering NZA 2008, 193, 195 f.). Der Gründungszuschuss setzt gemäß § 57 Abs. 2 SGB III Anwartschaften aus einem früheren sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis voraus. Auch wenn man deshalb davon ausgeht, dass der Gründungszuschuss aus einem früheren Einsatz der Arbeitskraft resultiert und dieser darüber hinaus den Einsatz der eigenen Arbeitskraft in einer selbständigen Tätigkeit verlangt (Senat 16. November 2005 - 10 AZR 152/05 - Rn. 16, AP HGB § 74c Nr. 21 = EzA HGB § 74c Nr. 35), stehen Zweck und Höhe der Leistung einer Berücksichtigung entgegen. Ziel der Gewährung eines Gründungszuschusses ist es gerade nicht, die Existenz des Beschäftigten abschließend zu sichern. Vielmehr dient er dazu, den Start in die Selbständigkeit zu fördern und zu unterstützen und die regelmäßig mit geringeren Einnahmen versehene Anlaufphase zu überbrücken (vgl. Senat 16. November 2005 - 10 AZR 152/05 - Rn. 16, aaO). Dementsprechend ist die Bezugsdauer auf neun Monate begrenzt und kann nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen um maximal weitere sechs Monate verlängert werden (§ 58 SGB III). Am Ende soll die Erzielung von Einnahmen aus der selbständigen Verwertung der Arbeitskraft und damit die Unabhängigkeit von staatlichen Transferleistungen stehen. Auch die Höhe der Leistung ist nicht geeignet, die Annahme der wirtschaftlichen Abhängigkeit zu beseitigen. Sie ist bestimmt durch die Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengelds zuzüglich von monatlich 300,00 Euro (§ 58 Abs. 1 SGB III). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gründungszuschuss nicht nur für den Lebensunterhalt, sondern auch für die soziale Absicherung des Existenzgründers bestimmt ist (Winkler in Gagel SGB II/SGB III Stand Juli 2010 § 57 SGB III Rn. 9). Hintergrund hierfür ist, dass sich der Existenzgründer aufgrund der nunmehr selbständig ausgeübten Tätigkeit eigenständig um einen Kranken- und Pflegeversicherungsschutz und um eine Altersversorgung kümmern muss (vgl. Winkler in Gagel § 57 SGB III Rn. 41 ff., § 58 SGB III Rn. 5). Zieht man die Pauschale von dem an die Klägerin gezahlten Gründungszuschuss ab, verbleiben für den Lebensunterhalt 456,00 Euro pro Monat. Bei einem derartigen Betrag kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin auf das durch die Verwertung ihrer Arbeitskraft zu erzielende Einkommen nicht angewiesen ist.

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c) Die Klägerin war auch nicht gegenüber dem Beklagten zu 4. wirtschaftlich unabhängig. Die Rechtsbeschwerde rügt, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Beklagte zu 4. nicht wie ein anderer Auftraggeber anzusehen sei. Dem steht die Feststellung des Landesarbeitsgericht entgegen, die Klägerin sei für eine Bürogemeinschaft tätig gewesen, der auch der Beklagte zu 4. angehört habe. Weswegen die dem zugrunde liegende Würdigung unzutreffend sein soll, wird von der Rechtsbeschwerde nicht ausreichend begründet.

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III. Die Beschwerdeführer haben nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsbeschwerde zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

        

        

        

                 

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.

(3) Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.

(1) Für das Vertragsverhältnis eines Handelsvertreters, der vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden darf oder dem dies nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht möglich ist, kann das Bundesministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nach Anhörung von Verbänden der Handelsvertreter und der Unternehmer durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festsetzen, um die notwendigen sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse dieser Handelsvertreter oder einer bestimmten Gruppe von ihnen sicherzustellen. Die festgesetzten Leistungen können vertraglich nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für das Vertragsverhältnis eines Versicherungsvertreters, der auf Grund eines Vertrags oder mehrerer Verträge damit betraut ist, Geschäfte für mehrere Versicherer zu vermitteln oder abzuschließen, die zu einem Versicherungskonzern oder zu einer zwischen ihnen bestehenden Organisationsgemeinschaft gehören, sofern die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit einem dieser Versicherer im Zweifel auch die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den anderen Versicherern zur Folge haben würde. In diesem Falle kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, außerdem bestimmt werden, ob die festgesetzten Leistungen von allen Versicherern als Gesamtschuldnern oder anteilig oder nur von einem der Versicherer geschuldet werden und wie der Ausgleich unter ihnen zu erfolgen hat.

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)