Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 19. Apr. 2017 - 3 SaGa 7/16

bei uns veröffentlicht am19.04.2017

Tenor

1. Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 25.11.2016 -5 Ga 18/16 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.

Tatbestand

1

Der Verfügungskläger begehrt mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von der Verfügungsbeklagten die Unterlassung der Tätigkeit als Lehrkraft für die Zeit vom 1.12.2016 bis zum 31.1.2017 an einer öffentlichen Berufsschule.

2

Der Verfügungskläger ist Träger einer privaten Schule, die unter anderem ein staatlich anerkanntes Gymnasium in freier Trägerschaft betreibt. Zudem betreibt der Verfügungskläger an unterschiedlichen Standorten in Mecklenburg-Vorpommern Berufsschulen.

3

Die Verfügungsbeklagte war bei dem Verfügungskläger an dem Gymnasium seit 2014 als Lehrkraft zu einem Bruttomonatsentgelt von 2652,74 € beschäftigt.

4

In § 4 Arbeitsvertrages heißt es wie folgt:

5

„1. Dieser Vertrag beginnt am 1. August 2014 und läuft auf unbestimmte Zeit. Er ist für beide Seiten mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines Schulhalbjahres (31.1. oder 31.7. des laufenden Kalenderjahres) kündbar.“

6

In § 10 des Arbeitsvertrages heißt es unter der Überschrift Nebentätigkeit/vertragliches Wettbewerbsverbot/Vertragsstrafe wie folgt:

7

„1. Jede Nebentätigkeit des Mitarbeiters, gleichgültig ob sie entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird, bedarf der vorherigen Zustimmung von e.. Die Zustimmung ist nur zu erteilen, wenn die Nebentätigkeit die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zeitlich nicht behindert und sonstige berechtigte Interessen von e. nicht beeinträchtigt werden.

8

2. Insbesondere ist es dem Mitarbeiter für die Dauer seiner Angestelltentätigkeit verboten, bei einer anderen Schule in privater Trägerschaft Tätigkeiten jedweder Art auszuführen, insbesondere zu unterrichten.

9

3. Die Übernahme eines öffentlichen Ehrenamtes bedarf nur der Anzeige vor e..“

10

Die Verfügungsbeklagte kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 zum 30. November 2016. Ab dem 1. Dezember 2016 begründete die Verfügungsbeklagte mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern, welchem durch den Verfügungskläger der Streit verkündet worden ist, ein Arbeitsverhältnis, aufgrund dessen die Verfügungsbeklagte an einer Berufsschule für die Ausbildungsberufe der Ernährungs-und Hauswirtschaft und zu kaufmännischen Angestellten in ihrer Qualifikation als Deutschlehrerin tätig geworden ist.

11

Mit dem am 17. November 2016 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt der Verfügungskläger von der Verfügungsbeklagten die Aufnahme der Tätigkeit für das Land Mecklenburg-Vorpommern ab dem 1.12.2016, längstens bis zum 31.1.2017. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

12

Mit Urteil vom 25.11.2016 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und insbesondere aufgeführt, der notwendige Verfügungsanspruch sei nicht gegeben, da das Land Mecklenburg-Vorpommern als öffentlicher Schulträger kein Handelsgewerbe im Sinne von § 60 HGB betreibe.

13

Gegen diese am 14.12.2016 zugegangene Entscheidung richtete sich die am 20.12.2016 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung des Verfügungsklägers nebst Begründung.

14

Der Verfügungskläger hält im Berufungsverfahren an seiner Rechtsauffassung fest. Auch das Land Mecklenburg-Vorpommern unterliege in der Funktion als öffentlicher Schulträger den Vorgaben des §§ 60 HGB. Die Verfügungsbeklagte habe das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist vertragswidrig zum 30.11.2016 gekündigt und mit Wirkung zum 1.12.2016 wettbewerbswidrig eine Tätigkeit als Lehrkraft bei dem Land Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen. Es spiele keine Rolle, dass die Verfügungsbeklagte nunmehr an einer Berufsschule tätig sei. Mit der Berufsschule stehe das Land Mecklenburg-Vorpommern mit dem Verfügungskläger in einem Konkurrenzverhältnis, da auch er – unstreitig – Berufsschulen betreibe. Nach dem Arbeitsvertrag mit der Verfügungsbeklagten gehe das Direktionsrecht des Verfügungsklägers auch dahin, dass die Verfügungsbeklagte auch in eine der von ihm betriebenen Berufsschulen versetzt werden könne.

15

Der Verfügungskläger hat zunächst beantragt;

16

es der Verfügungsbeklagten im Wege des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zu untersagen, längstens bis zum 31.1.2017 als Lehrerin im öffentlichen Schulwesen im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses tätig zu werden.

17

Mit Schriftsatz vom 7.2.2017 hat der Verfügungskläger das Hauptsacheverfahren wegen Zeitablaufes für erledigt erklärt.

18

Mit Schriftsatz vom 16.2.2017 hat die Verfügungsbeklagte der Erledigungserklärung widersprochen.

19

Der Verfügungskläger beantragt nunmehr,

20

festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.

21

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

22

die Berufung des Verfügungsklägers zurückzuweisen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 25.11.2016 ist zwar zulässig (I.), jedoch nicht begründet (II.). Der Verfügungskläger hat daher die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (III.), wobei ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung nicht gegeben ist (IV.).

I.

25

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – nach wie vor – zulässig.

1.

26

Erstinstanzlich ist zutreffend ausgeführt worden, dass im Falle einer Konkurrenztätigkeit eines Arbeitnehmers für den Arbeitgeber gemäß §§ 60,61 HGB grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet ist, sich im Wege der Unterlassungsklage im Rahmen einer einstweiligen Verfügung gegen eben diese behauptete Konkurrenztätigkeit zur Wehr zu setzen. Da sich die Verfügungsbeklagte mit dieser Argumentation in der Berufungsinstanz nicht weiter auseinandergesetzt hat, kann insoweit auf die rechtlich zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

2.

27

Der zuletzt gestellte Antrag des Verfügungsklägers ist ebenfalls zulässig. Zwar hat sich der ursprünglich gestellte Antrag durch Zeitablauf erledigt. Jedoch hat der Verfügungskläger die Erledigung der Hauptsache erklärt, wobei eine entsprechende Erklärung durch die Verfügungsbeklagte nicht abgegeben worden ist, die in diesem Zusammenhang – zutreffend – darauf hinweist, zur Abgabe einer derartigen Erklärung nicht verpflichtet und mithin berechtigt zu sein, eine inhaltliche Entscheidung über die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit der Klage herbeizuführen.

II.

28

Die Berufung des Verfügungsklägers ist nicht begründet. Die Erledigung der Hauptsache im Sinne des zuletzt gestellten Antrages des Verfügungsklägers kann durch das erkennende Gericht nicht festgestellt werden. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Verfügungskläger war von vorneherein nicht begründet.

29

Vorliegend fehlt es zugunsten des Verfügungsklägers bereits an dem nach §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsanspruch. Entgegen der Ansicht des Verfügungsklägers sind die Voraussetzungen der §§ 60,61 HGB nicht einschlägig.

30

Gemäß § 60 Abs. 1 HGB darf der Arbeitnehmer ohne Einwilligung des Arbeitgebers weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweig des Arbeitgebers für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Gemäß § 61 Abs. 1 HGB kann der Arbeitgeber Schadensersatz fordern, wenn der Arbeitnehmer die ihm nach § 60 HGB obliegende Verpflichtung verletzt. In diesem Zusammenhang ist dem Grunde nach anerkannt, dass § 61 Abs. 1 HGB einen Anspruch auf Unterlassung der wettbewerbswidrigen Konkurrenztätigkeit erfasst.

31

Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar ist dem Verfügungskläger zuzugeben, dass sich die Verfügungsbeklagte vorfristig und damit vertragswidrig von den wechselseitig bestehenden arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gelöst und bereits zum 1.12.2016 eine Tätigkeit als Lehrkraft bei dem Land Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund ist auch die Einlassung der Verfügungsbeklagten mit Schriftsatz vom 16.2.2017, der Verfügungskläger habe sie, die Verfügungsbeklagte, in ein “aussichtsloses Verfahren gezwungen“, für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar. Die Verfügungsbeklagte hat durch ihr vertragswidriges Verhalten den Verfügungskläger vor erhebliche organisatorische Probleme hinsichtlich der notwendigen Unterrichtsversorgung gestellt und mithin im eigenen Verantwortungs-und Handlungsbereich die Ursachen für den vorliegenden Rechtsstreit gelegt. Gleichwohl vermag dieser Umstand den geltend gemachten Unterlassungsanspruch rechtlich nicht zu tragen.

32

Es ist bereits zweifelhaft, ob – wie hier – eine staatliche Schule im Rahmen der Erfüllung so genannter Pflichtaufgaben als „Handelsgewerbe“ im Sinne des §§ 60 Abs. 1 HGB angesehen werden kann. Wenn überhaupt, so käme allenfalls eine analoge Anwendung in Betracht, wobei sich die Bejahung einer entsprechend notwendigen planwidrigen Regelungslücke im Zusammenhang mit der Erfüllung von staatlichen Pflichtaufgaben nach Ansicht der Kammer auch unter Berücksichtigung des Vortrages des Verfügungsklägers als rechtlich problematisch erweist. Zudem ist der vom Verfügungskläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch deshalb zweifelhaft, weil die Parteien in § 10 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages ausdrücklich nur die Untersagung einer Konkurrenztätigkeit bei „einer anderen Schule in freier Trägerschaft“ vereinbart haben. Diesbezüglich stellt sich mithin die Frage nach einer – rechtlich möglichen – vertraglichen Einschränkung des gesetzlichen Wettbewerbsverbotes nach §§ 60/61 HGB.

33

Auf diese vorgenannten Fragestellungen kommt es vorliegend jedoch nicht an, weil der notwendige Verfügungsanspruch zugunsten des Verfügungsklägers in jedem Fall in Ermangelung einer tatsächlichen Konkurrenztätigkeit durch die Verfügungsbeklagte abzulehnen ist. Die Aufnahme der vertraglich geschuldeten Tätigkeit durch die Verfügungsbeklagte als Lehrkraft an einer – staatlichen – beruflichen Schule in der Zeit vom 1.12.2016 bis zum 31.1.2017 stellt im Vergleich zu der bei dem Verfügungskläger ausgeführten Tätigkeit einer Gymnasiallehrerin keine wettbewerbswidrige Tätigkeit im Sinne des §§ 60 Abs. 1 HGB dar.

34

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts setzt die Bejahung einer wettbewerbswidrigen Handlung im Sinne des §§ 60 Abs. 1 HGB eine Gefährdung bzw. Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers voraus. Die Reichweite des Wettbewerbsverbots ist dabei unter Berücksichtigung der durch Art. 12 Grundgesetz geschützten Berufsfreiheit auf eine unmittelbare Konkurrenztätigkeit beschränkt (BAG v.24.3.2010-10 AZR 66/09, Juris, Rd.-Nr. 17 m. w. N.). Die genannten Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die pädagogische Zielrichtung und Ausgestaltung im Hinblick auf die Anforderungen an einer Berufsschule weichen im Vergleich zu denen an einem Gymnasium derart ab, dass von einer unmittelbaren Konkurrenztätigkeit im vorgenannten Sinn nicht ausgegangen werden kann. Während an einer berufsbildenden Schule die begleitende Vermittlung von theoretischen Fähigkeiten und Fertigkeiten in Ergänzung der praktischen Berufsausbildung zur konkreten Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit im Vordergrund steht, sollen an einem Gymnasium theoretisch vertiefende Kenntnisse in der erforderlichen Breite zur Vorbereitung auf die allgemeine Hochschulreife vermittelt werden. Es handelt sich mithin schlicht um unterschiedliche Schulzweige. Gemessen an den damit verbundenen unterschiedlichen pädagogischen Anforderungen und Herausforderungen sind die von den jeweils eingesetzten Lehrkräften zu erbringenden pädagogischen Leistungen derart unterschiedlich, dass es an der hinreichenden Vergleichbarkeit der zu erfüllenden Aufgaben im Sinne einer Konkurrenztätigkeit nach § 60 Abs. 1 HGB fehlt. Soweit der Verfügungskläger diesbezüglich streitig vorträgt, die „neue“ Schule der Verfügungsbeklagten beinhalte nicht nur eine Berufsschule, sondern auch eine Fachoberschule, so vermag dieser Vortrag ein anderes Ergebnis ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Zum einen handelt es sich bei einer Fachoberschule im Vergleich zu einem Gymnasium ebenfalls um einen differenzierten Schulzweig mit einem abweichenden Lehr-und Stundenplan mit unterschiedlichen pädagogischen Anforderungen. Zum anderen trägt der Verfügungskläger selbst nicht vor, dass die Verfügungsbeklagte in der Zeit vom 1.12.2016 bis zum 31.1.2017 Arbeitsleistungen als Lehrkraft an einer Fachoberschule des Landes Mecklenburg-Vorpommern erbracht hat.

35

Selbst wenn man zu Gunsten des Verfügungsklägers unterstellt, die Verfügungsbeklagte sei im Fall einer entsprechenden Weisung arbeitsvertraglich verpflichtet gewesen, auch an einer der von ihm betriebenen Berufsschulen als Lehrkraft tätig zu werden, so lässt sich auch darauf ein anderes Ergebnis nicht stützen. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Verfügungsbeklagte bis zum 30.11.2016 ausschließlich in der Funktion als Gymnasiallehrerin am staatlich anerkannten Gymnasium in W. tätig gewesen ist. Auch der Verfügungskläger selbst trägt nicht vor, dass für die – verbleibende – Zeit des bestehenden Arbeitsverhältnisses vom 1.12.2016 bis zum 31.1.2017 ein Einsatz der Verfügungsbeklagten an einer der von dem Verfügungskläger betriebenen Berufsschulen geplant gewesen wäre. Mithin war jedenfalls bis zur ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.1.2017 ein im Sinne des §§ 60 Abs. 1 HGB wettbewerbsrechtlich relevantes Konkurrenzverhältnis ausgeschlossen.

36

Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.

III.

37

Der Verfügungskläger hat gemäß § 97 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV.

38

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist von Gesetzes wegen nicht vorgesehen (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 935 Einstweilige Verfügung bezüglich Streitgegenstand


Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 940 Einstweilige Verfügung zur Regelung eines einstweiligen Zustandes


Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile

Handelsgesetzbuch - HGB | § 60


(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. (2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gi

Handelsgesetzbuch - HGB | § 61


(1) Verletzt der Handlungsgehilfe die ihm nach § 60 obliegende Verpflichtung, so kann der Prinzipal Schadensersatz fordern; er kann statt dessen verlangen, daß der Handlungsgehilfe die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Prin

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. März 2010 - 10 AZR 66/09

bei uns veröffentlicht am 24.03.2010

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 27. August 2008 - 10 Sa 174/08 - aufgehoben.

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(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.

(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.

Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.

(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.

(1) Verletzt der Handlungsgehilfe die ihm nach § 60 obliegende Verpflichtung, so kann der Prinzipal Schadensersatz fordern; er kann statt dessen verlangen, daß der Handlungsgehilfe die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Prinzipals eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete.

(2) Die Ansprüche verjähren in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Prinzipal Kenntnis von dem Abschluss des Geschäfts erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste; sie verjähren ohne Rücksicht auf diese Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in fünf Jahren von dem Abschluss des Geschäfts an.

(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.

(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.

(1) Verletzt der Handlungsgehilfe die ihm nach § 60 obliegende Verpflichtung, so kann der Prinzipal Schadensersatz fordern; er kann statt dessen verlangen, daß der Handlungsgehilfe die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Prinzipals eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete.

(2) Die Ansprüche verjähren in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Prinzipal Kenntnis von dem Abschluss des Geschäfts erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste; sie verjähren ohne Rücksicht auf diese Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in fünf Jahren von dem Abschluss des Geschäfts an.

(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.

(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 27. August 2008 - 10 Sa 174/08 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 15. Januar 2008 - 5 Ca 1336/07 - abgeändert.

3. Es wird festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin bei der Z GmbH jeweils eine Stunde täglich bis 6:00 Uhr von jeweils montags bis sonnabends auszuüben.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Klägerin, eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin auszuüben.

2

Die Klägerin ist seit 1985 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Sortiererin in einem Briefzentrum beschäftigt. Ihre Wochenarbeitszeit beträgt 15 Stunden, ihre monatliche Vergütung ca. 1.200,00 Euro brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG vom 18. Juni 2003 (im Folgenden: MTV-DP AG) Anwendung.

3

§ 11 MTV-DP AG enthält folgende Regelungen:

        

„Nebentätigkeit, Wettbewerbsverbote

        

(1) Will der Arbeitnehmer einer Nebentätigkeit nachgehen, hat er diese rechtzeitig vor der Aufnahme dem Arbeitgeber unter Angabe der Art, des zeitlichen Umfangs und des Arbeitgebers schriftlich anzuzeigen.

        

(2) Der Arbeitgeber kann die Nebentätigkeit untersagen, wenn infolge übermäßiger Beanspruchung des Arbeitnehmers durch die Nebentätigkeit die geschuldete vertragliche Arbeitsleistung beeinträchtigt werden kann oder Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs dagegen sprechen.

        

(3) Bei einem Teilzeitarbeitnehmer ist eine Überbeanspruchung des Arbeitnehmers und demzufolge eine Beeinträchtigung der geschuldeten vertraglichen Arbeitsleistung im Regelfall erst dann zu vermuten, wenn der zeitliche Umfang aller Tätigkeiten die jeweils geltende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines vollzeit-beschäftigten Arbeitnehmers überschreitet.

        

(4) Wird ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, erfolgt eine Entschädigung nach den Regelungen des Handelsgesetzbuches.“

4

Im November 2006 teilte die Klägerin auf Aufforderung mit, dass sie einer Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin mit einer Wochenarbeitszeit von ca. sechs Stunden und einem Bruttomonatslohn von ca. 350,00 Euro nachgehe. Dabei stellt sie Abonnenten frühmorgens ausschließlich Zeitungen und Presseerzeugnisse (Süddeutsche Zeitung, Münchner Merkur, Financial Times usw.) zu. Die Tätigkeit erfolgt für die Z Z GmbH (im Folgenden: Z GmbH), die in der Zeitungszustellung und der Briefzustellung tätig ist. Die Beklagte stellt im Verlauf des Tages neben Briefsendungen ebenfalls Zeitungen und sonstige Presseerzeugnisse zu.

5

Im Februar 2007 untersagte die Beklagte der Klägerin die Ausübung ihrer Nebentätigkeit. Hiergegen wendet sich die Klägerin.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, es fehle an einem Untersagungsgrund im Sinne des Tarifvertrags. Insbesondere könne sich die Beklagte nicht auf Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs stützen. Der Marktbereich der beiden Unternehmen überschneide sich nur in einem sehr kleinen Teilbereich. Weit überwiegende Haupttätigkeit der Beklagten seien Briefdienstleistungen, bei der Z GmbH hingegen Zeitungszustellungen. Die Tätigkeit der Klägerin als Zeitungszustellerin beeinträchtige die Interessen der Beklagten als Briefdienstleisterin nicht. Soweit die Beklagte in sehr geringem Umfang Zeitungen zustelle, sei ein anderes Marktsegment betroffen. Auch liege keine die Z GmbH unterstützende Tätigkeit zulasten der Beklagten vor. Allein die Einbringung der Arbeitskraft reiche hierfür nicht aus, erforderlich seien zusätzliche Umstände. Daran fehle es bei der untergeordneten Tätigkeit der Klägerin ohne jeden Kundenkontakt. Eine abstrakte oder zukünftig mögliche Wettbewerbssituation könne nicht dazu führen, die Nebentätigkeit zu verbieten. Die Versagung der Nebentätigkeit durch die Beklagte sei mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nicht in Einklang zu bringen. Die Klägerin sei auf die Tätigkeit aufgrund von Kreditverpflichtungen angewiesen und habe darauf vertraut, diese weiter ausüben zu können.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass sie berechtigt ist, eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin bei der Z GmbH jeweils eine Stunde täglich bis 6:00 Uhr von jeweils montags bis sonnabends auszuüben.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klägerin arbeite für einen unmittelbaren Wettbewerber, der sich als Briefdienstleister im Marktbereich der Beklagten betätige. Durch ihre Tätigkeit als Zustellerin unterstütze und fördere sie die Z GmbH bei deren Konkurrenztätigkeit. Durch Gewinne bei der Zeitungszustellung werde der Ausbau der Briefzustellung ermöglicht. Nicht entscheidend sei, ob die Interessen der Beklagten durch die Tätigkeit konkret beeinträchtigt würden. Im Übrigen bestehe die Gefahr, dass die Z GmbH die Klägerin zukünftig in der Briefzustellung einsetze, da sie dieses Geschäftsfeld ausweiten wolle. Umgekehrt stelle die Beklagte selbst Zeitungen zu, so dass auch insoweit unmittelbarer Wettbewerb stattfinde. Trotz der unterschiedlichen Zustellzeit seien Marktsegment und Kundenzielgruppe identisch. Daraus, dass die Klägerin die Nebentätigkeit über Jahre ausgeübt haben wolle, könne sie nichts herleiten. Der Beklagten sei die Nebentätigkeit erst im November 2006 bekannt geworden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet.

11

I. Der Antrag der Klägerin ist zulässig.

12

1. Nach § 11 MTV-DP AG ist zur Ausübung einer Nebentätigkeit keine Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich. Die Nebentätigkeit bedarf lediglich einer schriftlichen Anzeige (§ 11 Abs. 1 MTV-DP AG) und kann vom Arbeitgeber nur aus den in § 11 Abs. 2 MTV-DP AG genannten Gründen untersagt werden. Dem Klageziel entspricht deshalb ein auf die Feststellung gerichteter Antrag, dass die Klägerin zur Ausübung der begehrten Tätigkeit als Zeitungszustellerin berechtigt sei (vgl. BAG 28. Februar 2002 - 6 AZR 357/01 - EzA BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 7). Eine die Untersagung der Nebentätigkeit revidierende Erklärung der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht erforderlich. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus der Untersagung der Nebentätigkeit durch die Beklagte.

13

2. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die begehrte Nebentätigkeit wird nach Arbeitgeber, Art, Umfang und Zeit eindeutig konkretisiert.

14

II. Der Antrag ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klägerin berechtigt, die von ihr begehrte Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin bei der Z GmbH auszuüben. Insbesondere sprechen keine Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs iSd. § 11 Abs. 2 MTV-DP AG dagegen.

15

1. Dem Arbeitnehmer ist während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn keine entsprechenden individual- oder kollektivvertraglichen Regelungen bestehen. Für Handlungsgehilfen ist dies in § 60 Abs. 1 HGB ausdrücklich geregelt. Der Arbeitsvertrag schließt über den Geltungsbereich dieser Vorschrift hinaus aber ein Wettbewerbsverbot ein, das vielfach aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers abgeleitet wurde (st. Rspr., zB BAG 26. Januar 1995 - 2 AZR 355/94 - zu II 2 a der Gründe, EzA BGB § 626 nF Nr. 155). Nunmehr ist diese Verhaltenspflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners ausdrücklich in § 241 Abs. 2 BGB normiert (Senat 20. September 2006 - 10 AZR 439/05 - Rn. 16, BAGE 119, 294).

16

Diese Maßstäbe gelten grundsätzlich auch für die Ausübung von Nebentätigkeiten, etwa im Rahmen eines weiteren Arbeitsverhältnisses. Bei der Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen sich eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber als Konkurrenz auswirkt, soll es dabei nach der bisherigen Rechtsprechung unerheblich sein, auf welche Art und Weise der Arbeitnehmer den auch im Tätigkeitsbereich seines Hauptarbeitgebers aktiven Konkurrenten unterstützt, sofern der Nebentätigkeit nicht ausnahmsweise von vornherein jegliche unterstützende Wirkung abgesprochen werden kann (vgl. BAG 24. Juni 1999 - 6 AZR 605/97 - zu I 1 b bb der Gründe, AP BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 5 = EzA BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 2). Ebenso wenig soll es auf die Funktion des Arbeitnehmers beim Konkurrenten ankommen; vielmehr sei dem Arbeitnehmer „jedwede Dienstleistung“ für diesen verboten (vgl. BAG 16. August 1990 - 2 AZR 113/90 - zu III 2 c cc der Gründe, AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 10 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 38).

17

Der Senat hat Bedenken, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, wenn es sich lediglich um einfache Tätigkeiten handelt, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung des Konkurrenzunternehmens führen können, und im Übrigen schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers nicht berührt werden. In jedem Fall muss bei der Bestimmung der Reichweite des Wettbewerbsverbots die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers Berücksichtigung finden. Daher ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob nach Art der Haupt- und Nebentätigkeit und der beteiligten Unternehmen überhaupt eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers vorliegt. Es spricht viel dafür, dass die Reichweite des Wettbewerbsverbots auf unmittelbare Konkurrenztätigkeiten beschränkt werden muss und bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug nicht erfasst werden (vgl. etwa MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 2. Aufl. § 60 Rn. 46; Oetker/Kotzian-Marggraf HGB § 60 Rn. 15; Küttner/Reinecke Personalbuch 2009 16. Aufl. Stichwort Wettbewerb Rn. 6; Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 57 Rn. 7; HWK/Diller 3. Aufl. § 60 HGB Rn. 21; Boemke AR-Blattei SD Nebenpflichten des Arbeitnehmers 1228 Rn. 269; Buchner AR-Blattei SD Wettbewerbsverbot II 1830.2 Rn. 53; Grunsky Wettbewerbsverbote für Arbeitnehmer 2. Aufl. S. 12 f.; Bock Das Doppelarbeitsverhältnis S. 35 f.; Franke Arbeits- und sozialrechtliche Fragen von Zweitarbeitsverhältnissen S. 74). Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer lediglich eine Teilzeittätigkeit ausübt und deshalb zur Sicherung seines Lebensunterhalts auf die Ausübung einer weiteren Erwerbstätigkeit angewiesen ist (Kempen/Kreuder AuR 1994, 214, 219 f.). Gerade im Bereich der einfacheren Tätigkeiten ist das in zunehmendem Maß der Fall.

18

Letztlich bedarf diese Frage im Streitfall aber im Hinblick auf die Regelung in § 11 Abs. 1 bis 3 MTV-DP AG keiner abschließenden Entscheidung.

19

2. § 11 Abs. 1 bis 3 MTV-DP AG schränkt die dargestellten allgemeinen Grundsätze entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zugunsten der Arbeitnehmer ein. Der Arbeitgeber ist danach nur berechtigt, Nebentätigkeiten für ein Konkurrenzunternehmen zu untersagen, wenn nach der Stellung des Arbeitnehmers oder der Art der dortigen Tätigkeit eine unmittelbare Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen droht. Die nur untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung des Wettbewerbers reicht nicht aus.

20

a) § 11 MTV-DP AG geht von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Ausübung von Nebentätigkeiten aus und verlangt lediglich deren Anzeige. Zum Schutz seiner Interessen ist der Arbeitgeber allerdings berechtigt, eine Nebentätigkeit zu verbieten, wenn infolge übermäßiger Beanspruchung des Arbeitnehmers durch die Nebentätigkeit die geschuldete vertragliche Arbeitsleistung beeinträchtigt werden kann oder wenn Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs dagegen sprechen (§ 11 Abs. 2 MTV-DP AG).

21

b) Die tarifliche Nebentätigkeitsregelung als solche begegnet keinen Wirksamkeitsbedenken. Sie verstößt insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. hierzu zB BAG 26. Juni 2001 - 9 AZR 343/00 - zu I 1 b der Gründe, BAGE 98, 123). Hiervon geht auch das Landesarbeitsgericht aus, ohne dass die Revision Einwendungen erhebt.

22

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts können die Tätigkeit für einen Wettbewerber und „Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs“ nicht gleichgesetzt werden. Vielmehr ist eine arbeitgeber- und tätigkeitsbezogene Wettbewerbssituation erforderlich, um eine Untersagung zu rechtfertigen. Dabei müssen schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt sein.

23

aa) Schon der Wortlaut des § 11 Abs. 2 MTV-DP AG, von dem vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., vgl. etwa Senat 11. Februar 2009 - 10 AZR 264/08 - Rn. 25, ZTR 2009, 259), macht deutlich, dass die tarifliche Regelung sich nicht vollständig mit dem Inhalt des allgemeinen Wettbewerbsverbots deckt. Sie verweist nicht lediglich auf eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 1 HGB oder die allgemeinen Grundsätze. Dies hätte aber nahe gelegen, hätten die Tarifvertragsparteien ohnehin Geltendes nur deklaratorisch wiedergeben wollen, wie sie es etwa beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot in § 11 Abs. 4 MTV-DP AG mit einem Verweis auf die Regelungen des HGB getan haben. Die Tarifnorm benennt als Untersagungsgrund auch nicht allgemein berechtigte Interessen des Arbeitgebers, Wettbewerbs- oder Konkurrenzgründe. Vielmehr sollen gemäß § 11 Abs. 2 MTV-DP AG ausdrücklich nur Gründe des „unmittelbaren“ Wettbewerbs, also solche direkter Konkurrenz, für eine Untersagung der Nebentätigkeit ausreichen. Nebentätigkeiten mit bloß mittelbarem Wettbewerbsbezug werden damit als erlaubt angesehen. Solche Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs müssen „dagegen sprechen“, also der Nebentätigkeit entgegenstehen. Die Formulierung zeigt, dass die Tarifvertragsparteien die Nebentätigkeit mit unmittelbarem Wettbewerbsbezug vor Augen hatten und nicht von vornherein jede denkbare Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen als Untersagungsgrund verstanden wissen wollten, auch wenn sie den anderen Arbeitgeber im weitesten Sinne unterstützen mag.

24

bb) Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt dieses Verständnis. Die in § 11 Abs. 1 MTV-DP AG geregelte Anzeigepflicht verlangt die Angabe der Art, des zeitlichen Umfangs und des Arbeitgebers der Nebentätigkeit, um dem Hauptarbeitgeber eine Prüfung zu ermöglichen, ob ein Untersagungsgrund in Betracht kommt. Während die Angabe des zeitlichen Umfangs primär dazu dient, den Untersagungsgrund der Überbeanspruchung prüfen zu können, ist das Erfordernis der Angabe des Zweitarbeitgebers auf die Untersagung aus Wettbewerbsgründen zugeschnitten. Zusätzlich verlangt die Anzeige aber auch die Angabe der Art der Nebentätigkeit, die demnach ebenfalls von Bedeutung sein kann.

25

cc) Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Zweck der tariflichen Nebentätigkeitsregelung. Einerseits soll die Tarifnorm den Schutz des Arbeitgebers vor Wettbewerbshandlungen seiner Arbeitnehmer konkretisieren und für die betriebliche Praxis handhabbar machen. Andererseits darf sie die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Arbeitnehmer und deren Interesse an einer Verwertung ihrer Arbeitskraft nur soweit einschränken, wie dies erforderlich ist. Sie dient damit dem Ausgleich der Interessen beider Vertragsparteien und der weitestmöglichen Auflösung der Interessenkollision. Ob es überhaupt zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers kommt, kann nur anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände festgestellt werden. Dabei sind sowohl die beteiligten Unternehmen als auch die Art der Haupt- und Nebentätigkeit einzubeziehen.

26

3. Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses sprechen keine Gründe des unmittelbaren Wettbewerbs gegen die Tätigkeit der Klägerin als Zeitungszustellerin bei der Z GmbH. Die Beklagte und die Z GmbH stehen zwar in Teilbereichen des Markts im Wettbewerb. Die konkrete Tätigkeit der Klägerin beim Konkurrenzarbeitgeber hat aber keinen Wettbewerbsbezug. Es handelt sich um eine bloße Hilfstätigkeit und eine lediglich untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung. Die Klägerin kann nicht etwa bei der Beklagten erworbene spezifische Fähigkeiten, Kenntnisse oder Erfahrungen zum Vorteil des Wettbewerbers einsetzen.

27

a) Die Beklagte und die Z GmbH stehen jedenfalls in Teilbereichen des Markts im Wettbewerb. Beide Unternehmen bieten Briefdienstleistungen an. Dass es sich dabei bei der Beklagten um ein Kerngeschäft handelt, während sich die Geschäftssparte bei der Z GmbH erst im Aufbau befindet, ist unerheblich. Die Unternehmen sind insoweit unmittelbare Konkurrenten. Ob dies auch im Bereich der Zeitungszustellung so ist, kann dahinstehen. Zwar spricht manches dafür, dass es sich bei der Zustellung an Abonnenten in den frühen Morgenstunden einerseits und der Zustellung mit der täglichen Post andererseits um unterschiedliche Marktsegmente handelt, die sich nur unwesentlich überschneiden. Zugunsten der Beklagten kann aber unterstellt werden, dass sie sich auch insoweit mit der Z GmbH in Konkurrenz befindet.

28

b) Die Nebentätigkeit der Klägerin hat keinen unmittelbaren Wettbewerbsbezug.

29

Die Klägerin beschränkt ihr Begehren ausdrücklich darauf, bei der Z GmbH eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin ausüben zu wollen. Die Zustellung von Briefsendungen ist davon nicht umfasst (vgl. auch LAG Baden-Württemberg 9. April 2003 - 4 Sa 58/02 - zu III 2 der Gründe).

30

Die Tätigkeiten der Klägerin bei der Beklagten als Sortiererin und bei der Z GmbH als Zeitungszustellerin weisen keine erheblichen Überschneidungen auf. Sie beschränken sich bei beiden Arbeitgebern auf die Ausführung von vorgegebenen Arbeitsaufgaben. Ein Kundenkontakt findet bei der Beklagten nicht und im Rahmen der Zeitungszustellung allenfalls zufällig statt. Interessen der Beklagten werden dadurch nicht berührt. Weder besteht eine Verwechslungsgefahr, für wen die Klägerin gerade tätig ist, noch besteht ihre Aufgabe in der Kundengewinnung. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass die Klägerin bei der Beklagten erworbene firmenspezifische Fähigkeiten, Kenntnisse oder Erfahrungen zur Förderung des Wettbewerbers einsetzen könnte. Vielmehr kann die Zeitungszustellung von Dritten ohne besondere Qualifikation wahrgenommen werden.

31

Müsste die Z GmbH auf die Arbeitsleistung der Klägerin verzichten, würde sie an deren Stelle eine andere Arbeitskraft mit derselben Tätigkeit beschäftigen. Die Annahme, dass die Z GmbH stattdessen auf eine Zustellung von Zeitungen am frühen Morgen verzichtete und die Beklagte mit der Zustellung im Verlaufe des Tages beauftragte, liegt fern. Zwar mag man allein in der Tatsache, dass die Klägerin ihre Arbeitskraft einsetzt, eine Unterstützung der Z GmbH sehen, die im weitesten Sinn das Wettbewerbsverhältnis berührt. Allenfalls kann hier aber von einer mittelbaren, untergeordneten Förderung des Wettbewerbers gesprochen werden. Gegen die Tätigkeit sprechende Gründe des „unmittelbaren“ Wettbewerbs im Sinn der Tarifregelung liegen darin nicht.

32

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin zukünftig im Rahmen ihrer Nebentätigkeit mit der Briefzustellung beauftragt werden könnte. Die Klägerin wäre in einem solchen Fall gemäß § 11 Abs. 1 MTV-DP AG verpflichtet, die Änderung der Tätigkeit anzuzeigen. Die Beklagte könnte dann überprüfen, ob nunmehr ein Untersagungsgrund im Hinblick auf die geänderte Tätigkeit gegeben ist.

33

III. Die Beklagte hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Rudolph    

        

    Großmann    

                 

(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.

(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.