Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. Okt. 2017 - 3 Sa 61/17

bei uns veröffentlicht am25.10.2017

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund – Kammern Neubrandenburg – vom 30.03.2017 – Az. 11 Ca 122/16 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses und in diesem Zusammenhang um die Rechtswirksamkeit einer Kündigung.

2

Der Kläger war in der Zeit vom 01.04.2012 bis zum 31.12.2014 bei der Beklagten als „Betriebsleiter“ zu einem Bruttomonatsgehalt von 3.000,00 € tätig. Mit Wirkung zum 01.01.2015 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Es wurde ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.000,00 € sowie Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatshalts und eine vom Cashflow der Gesellschaft abhängige Tantieme vereinbart. In dem Geschäftsführeranstellungsvertrag heißt es – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:

3

§ 1 Tätigkeit

4

(1) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft und der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, sofern ein oder mehrere Gesellschafter der Gesellschaft beigetreten sind.

5

(2) Der Geschäftsführer bedarf im Innenverhältnis der Gesellschaft zum Abschluss folgender Rechtsgeschäfte bzw. zur Vornahme folgender Rechtshandlungen der Zustimmung mindestens eines weiteren Geschäftsführers:

6

a) Gründung, Erwerb und Veräußerung anderer Unternehmen sowie Erwerb und Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen;

7

b) Veräußerung des Unternehmens als Ganzes oder von Teilen des Unternehmens;

8

c) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten;

9

d) Errichtung von Bauten aller Art sowie bauliche Umgestaltung von Betriebsgebäuden mit einem Aufwand von mehr als € 5.000,00 im Einzelfall;

10

e) Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen;

11

f) Anschaffung von Gegenständen des beweglichen Anlagevermögens im Wert von mehr als 5.000,00 € im Einzelfall;

12

g) Einstellung von Mitarbeitern mit einem Jahresgehalt von mehr als € 15.000,00 brutto im Einzelfall oder unter Vereinbarung einer betrieblichen Pensionszusage;

13

h) Erteilung von Prokuren sowie von Handlungs- und Generalvollmachten;

14

i) Übernahme von Bürgschaften oder Garantien, die Erklärung von Schuldbeitritten und die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten;

15

j) Aufnahme von Krediten in Bezug sowie jede Kreditaufnahme bzw. Begründung von Dauerschuldverhältnissen;

16

k) alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen;

17

l) alle Geschäfte, die die Gesellschafter in der Geschäftsordnung für zustimmungspflichtig erklären;

18

m) Abschluss von Leasing-, Miet- und/oder Pachtverträgen;

19

n) Abschluss von Arbeits-, Dienst- und Beratungsverträgen;

20

o) Wahl des Abschlussprüfers.

21

(4) Daneben ergeben sich die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers aus dem Gesetz und etwaigen von der Gesellschafterversammlung gegebenen Anweisungen. Er hat seine Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zur widmen. Die Übernahme einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Nebentätigkeit oder von Ehrenämtern bedarf der vorherigen Zustimmung der Gesellschafter.

22

(5) Der Geschäftsführer hat sicherzustellen, dass er in der für den Betrieb notwendigen Kernarbeitszeit sowie Saisonzeit anwesend oder erreichbar ist.

23

(6) Der Geschäftsführer ist verpflichtet bis zum Ende des Geschäftsjahres für das folgende Geschäftsjahr eine Jahresplanung aufzustellen, die von der Gesellschafterversammlung zu genehmigen ist.

24

(7) Der Geschäftsführer hat seine volle Arbeitskraft und alle seine fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen ausschließlich in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Die Arbeitszeit richtet sich nach den Bedürfnissen der Gesellschaft.

25

§ 2 Vergütung

26
(1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein Festgehalt in Höhe von 36.000,00 € brutto. Das Gehalt ist in gleichen monatlichen Raten von 3.000,00 € jeweils am Monatsende nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsabgaben zur Auszahlung fällig. Das Monatsgehalt wird letztmalig für den Monat, indem das Beschäftigungsverhältnis endet, zeitanteilig ausgezahlt.
27
(2) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf die Auszahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe eines Monatsgehaltes welches mit der Monatsabrechnung im November ausgezahlt wird.
28
(3) Der Geschäftsführer erhält eine vom Cashflow der Gesellschaften abhängige Tantieme. Der Geschäftsführer erhält eine Abschlagszahlung auf die Tantieme in Höhe von 30.000,00 € bis zum 03.02. eines Kalenderjahres. Die endgültige Tantieme wird jährlich durch Beschluss der Gesellschafterversammlung von der Gesellschaft in einem Betrag nach Ablauf des Geschäftsjahres der Gesellschaft und Feststellung des Jahresüberschusses der Gesellschaft gezahlt. Der Cashflow errechnet sich dabei wie folgt:
29

Jahresüberschuss nach Steuern
+ Abschreibungen
+ / - Erhöhung Rückstellungen
+ / - Außerordentliche Erlöse/Aufwendungen
= Cashflow

30
(5) Bei Beginn oder Beendigung der Beschäftigung, auch in Fällen langfristiger Krankheit und Freistellung im Laufe eines Kalenderjahres besteht der Anspruch auf Tantieme zeitanteilig.
31
(8) Mit der Zahlung des Gehalts sind Überstunden sowie Sonn- Feiertagsarbeit abgegolten
32

§ 5 Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Tod

33
(1) Im Fall vorübergehender Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheiten oder anderen von den Geschäftsführer vertretenden Gründen hat der Geschäftsführer Anspruch auf Fortzahlung eines monatlichen Grundgehalts gem. § 2 Abs. 1 für die Dauer von längstens sechs Wochen, längstens jedoch bis zum Zeitpunkt der Beendigung dieses Vertrages. Auf Gehaltsfortzahlungen an den Geschäftsführer werden Entschädigungszahlungen wegen Verdienstausfalls, Krankengeld oder Pension durch die Krankenversicherung oder andere Versicherungen angerechnet. Die Anrechnung erfolgt nur insoweit, als eine Verdienstentschädigung von einem Dritten tatsächlich gewährt wird.
34
(2) Der Geschäftsführer tritt hiermit im Voraus alle etwaigen Ansprüche, die ihm gegen Dritte wegen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit zustehen, an die Gesellschaft ab. Die Abtretung ist ihrer Höhe nach beschränkt auf den Betrag, den die Gesellschaft dem Geschäftsführer gem. § 1 schuldet.
35

§ 11 Schlussbestimmungen

36

(5) Dieser Vertrag ersetzt alle vorangegangenen mündlichen oder schriftlichen Beratungen oder Vereinbarungen der Parteien über die Beschäftigungsbedingungen, Abfindungsvereinbarungen oder sonstige Leistungen, insbesondere auch etwaige Arbeitsverträge.

37

Mit Kündigungsschreiben vom 04.11.2015 – dem Kläger zugegangen – am 19.11.2015 – kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31.12.2015 (die dagegen gerichtete Klage des Klägers lautet auf das erstinstanzliche Aktenzeichen 11 Ca 122/16).

38

Mit Kündigungsschreiben vom 04.11.2015 – dem Kläger zugegangen am 11.11.2015 – kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31.12.2015 (die dagegen gerichtete Klage des Klägers lautet auf das erstinstanzliche Aktenzeichen 11 Ca 125/16).

39

Mit Kündigungsschreiben vom 25.11.2015 – dem Kläger zugegangen am 25.11.2015 – kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis fristlos und vorsorglich fristgemäß (das Aktenzeichen der dagegen gerichteten Klage des Klägers lautet erstinstanzlich auf 11 Ca 155/16).

40

Die vorgenannten Kündigungsschutzklagen waren teilweise um Zahlungsanträge erweitert worden. In dem Verfahren 11 Ca 122/16 erhob die Beklagte eine Widerklage.

41

Mit Beschluss vom 25.05.2016 erkannte das Arbeitsgericht in den drei vorgenannten Verfahren, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet sei und verwies die Rechtsstreitigkeiten an das Landgericht Neubrandenburg.

42

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Landesarbeitsgericht MV die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Stralsund vom 25.05.2016 jeweils abgeändert und im Rahmen der Abänderungsbeschlüsse festgestellt, dass im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten Feststellungs- und Weiterbeschäftigungsansprüche der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist. Die ebenfalls geltend gemachten Zahlungsanträge sowie die Widerklage sind rechtskräftig an das Landgericht Neubrandenburg verwiesen worden.

43

Das Arbeitsgericht hat die drei vorgenannten Verfahren in dem noch rechtshängigen Umfang miteinander verbunden (erstinstanzlich führendes Verfahren 11 Ca 122/16).

44

Mit Urteil vom 30.03.2017 (Az.: 11 Ca 122/16) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und im wesentlichen ausgeführt, dass zwar der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen jedenfalls hinsichtlich der noch rechtshängigen Anträge eröffnet sei. Jedoch sei die Klage nicht begründet. Dieser Umstand folge bereits daraus, dass zwischen den Parteien mit Wirkung ab dem 01.01.2015 kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Mit Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages sei das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis aufgehoben worden. Seit dem 01.01.2015 befinde sich der Kläger als bestellter Geschäftsführer in der entsprechenden Organstellung. Die Sach- und Rechtslage lasse eine dahingehende Schlussfolgerung, die Bestellung sei nur pro forma erfolgt, nicht zu.

45

Gegen diese am 19.04.2017 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 03.05.2017 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung des Klägers nebst der am 06.06.2017 eingegangenen Berufungsbegründung.

46

Der Kläger hält an seiner erstinstanzlichen Rechtsauffassung fest. Durch die Abberufung als Organ der Beklagten und Kündigung der Stellung als Geschäftsführer sei nicht gleichzeitig auch seine Position als Arbeitnehmer gekündigt worden. Der Kläger sei nicht nur seit dem 01.01.2015 Geschäftsführer der Beklagten, sondern seit dem 01.04.2012 auch deren Angestellter und Arbeitnehmer, der Arbeiten durchgeführt habe, die solche eines angestellten Arbeiters gewesen seien, als da wären Betriebsleiter, Fahrer von Erntemaschinen, Hexlern, sonstigen Fahrzeugen, durchführen von Tätigkeiten eines Landwirts etc. Die Anstellungsverträge als Angestellter und Arbeitnehmer aus der Tätigkeit seit dem 01.04.2012 seien ungekündigt. Das Kündigungsschutzgesetz sei mithin anwendbar. Die Geschäftsführertätigkeit habe nur auf dem Papier bestanden, um nach außen hin die Legitimation und Kompetenz einer landwirtschaftlichen Eignung als Betrieb nachweisen zu können. Für die zur Verfügung Stellung seiner Qualifikation sei auch die zusätzliche Tantieme vereinbart worden, die er teilweise auch erhalten habe. Eine Einberufung zum Fremdgeschäftsführer dürfe nicht dazu führen, dass damit der langjährige Angestellte oder Arbeiter durch die nominelle Berufung zum Geschäftsführer aus bekannten Gründen seinen Kündigungsschutz verliere. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht einschlägig, weil der Kläger auch über den 01.01.2015 durchgehend als Arbeitnehmer und Betriebsleiter beschäftigt worden sei. Hinsichtlich der erhobenen Klage berufe sich der Kläger gerade nicht auf seine Geschäftsführertätigkeit, die er auch niemals ausgeführt habe, sondern lediglich auf seine seit 2012 ausgeführte Tätigkeit als Betriebsleiter und Arbeitnehmer.

47

Der Kläger beantragt, in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund vom 30.03.2017

48
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis (Geschäftsführung und Betriebsleiter) durch die Kündigung vom 25.11.2015 – zugegangen am 25.11.2015 – weder fristlos noch hilfsweise fristgerecht aufgelöst worden ist;
49
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis (Geschäftsführung und Betriebsleiter) durch die fristgemäße Kündigung vom 04.11.2015 – zugegangen am 11.11.2015 – nicht zum 31.12.2015 aufgelöst worden ist;
50
3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis (Geschäftsführung und Betriebsleiter) durch die fristgemäße Kündigung vom 04.11.2015 – zugegangen am 19.11.2015 – nicht zum 31.12.2015 aufgelöst worden ist;
51
4. für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu den Ziffern 1. – 3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 01.04.2012 als Betriebsleiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.
52

Die Beklagte beantragt,

53

die Berufung zurückzuweisen.

54

Zwischen den Parteien bestehe kein Arbeitsverhältnis. Das ehemals bestehende Arbeitsverhältnis sei gem. § 11 Abs. 5 des Geschäftsführeranstellungsvertrages aufgehoben worden. Entgegen den pauschalen Behauptungen des Klägers sei die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer auch nicht lediglich pro forma vereinbarten worden. Dem Kläger seien als Geschäftsführer umfassende Rechte eingeräumt worden. Gerade weil der Kläger die ihm als Geschäftsführer obliegenden Tätigkeiten nicht vertrags- und gesetzeskonform ausgeübt habe, seien die Kündigungen des Geschäftsführeranstellungsvertrages ausgesprochen worden.

55

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

56

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

57

Unter Berücksichtigung des gegebenen Sach- und Streitstandes ist das erkennende Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG der Bejahung eines Arbeitsverhältnisses entgegensteht.

58

Danach gelten als Arbeitnehmer nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die Kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

59

Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Mit Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit Wirkung zum 01.01.2015 hat der Kläger eine entsprechende Organstellung wahrgenommen und das ehemals zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist aufgehoben worden. Dieser Umstand ergibt sich zum einen unmittelbar aus dem Vertrag selbst. In § 11 Abs. 5 des Geschäftsführeranstellungsvertrages haben die Parteien ausdrücklich unter anderem die Beendigung zuvor bestehender arbeitsvertraglicher Vereinbarungen festgelegt.

60

Zum anderen kann sich der Kläger mit seinem überdies lediglich pauschalen Sachvortrag nicht mit Erfolg darauf berufen, die Parteien hätten im Zuge der Verhandlungen über den Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht die Beendigung des seit dem 01.04.2012 bestehenden Arbeitsverhältnisses, sondern vielmehr die Fortsetzung der arbeitsvertraglichen Beziehungen beabsichtigt, so dass der Geschäftsführeranstellungsvertrag letztlich nur pro forma abgeschlossen worden sei. Diesbezüglich ist bereits erstinstanzlich zutreffend darauf hingewiesen worden, dass eine derartige Auslegung entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut in § 11 Abs. 5 des Geschäftsführeranstellungsvertrages bereits nach dem unsubstantiierten Vortrag des Klägers nicht in Betracht kommt, wobei das Arbeitsgericht diesbezüglich rechtsfehlerfrei wie folgt argumentiert hat:

61

„In dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages durch einen angestellten Mitarbeiter liegt im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Nicht entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer den Geschäftsführeranstellungsvertrag mit einer anderen Gesellschaft oder unmittelbar mit seinem Arbeitgeber abschließt. Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien soll regelmäßig neben dem Dienstvertrag nicht noch ein Arbeitsvertrag ruhend fortbestehen. Dem Arbeitnehmer muss im Regelfall klar sein, dass er, wenn anderes nicht vereinbart wird, mit dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt. Die vertraglichen Beziehungen werden auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage verliert ihre Bedeutung (BAG, Urteil v. 14.06.2006, 5 AZR 592/05, juris Rn 18).

62

Eine andere Auslegung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen (BAG, a.a.O., juris Rn 18). Als Indizien führt das Bundesarbeitsgericht o.a. eine befristete Übertragung bei sonst unveränderten Vertragsbedingungen an. Dies ist hier nicht gegeben. Die Übertragung der Geschäftsführerstellung ist nicht befristet. Die Vergütung von 3.000,00 € monatlich ist zwar geblieben, als Geschäftsführer winken dem Kläger jedoch Weihnachtsgeld und erhebliche Tantiemen bei erfolgreicher Geschäftsführung.“

63

Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an, zumal der Kläger diesbezüglich mit der Berufung keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen hat.

64

Soweit der Kläger sich zur Begründung seine Auffassung auf das in § 1 Abs. 2 des Geschäftsführeranstellungsvertrages festgelegte Weisungsrecht der Gesellschafter der Beklagten beruft, so vermag die Kammer dem ebenfalls mit der erstinstanzlich vorgenommenen Begründung, mit der sich der Kläger in der Berufungsbegründung auch gar nicht auseinandersetzt, nicht zu folgen. Das Arbeitsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt:

65

„Die im Geschäftsführervertrag geregelten Beschränkungen im Innenverhältnis stehen einer wirksamen Geschäftsführerbestellung nicht entgegen. Aus § 37 Abs. 1 GmbHG erfolgt ein umfassendes Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung als oberstem Organ der GmbH. Die Tätigkeit eines Geschäftsführers ist nach dem gesetzgeberischen Willen nach § 37 GmbHG weisungsgebunden. Das Weisungsrecht entspricht einer umfassenden Regelzuständigkeit der Gesellschafter in allen Angelegenheiten der Gesellschaft. Sie sind das zentrale Willensorgan der GmbH und in dieser gesellschaft- und verfassungsrechtlich dominierenden Stellung den Geschäftsführern übergeordnet.“

66

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an.

67

Soweit der Kläger lediglich pauschal behauptet, er habe nach der Bestellung zum Geschäftsführer seine bisherigen Tätigkeiten als Betriebsleiter, Fahrer von Erntemaschinen, Hexlern, Durchführung von Tätigkeiten eines Landwirts etc. unverändert fortgesetzt, so vermag dieser Vortrag ein anderes Ergebnis nicht zu rechtfertigen.

68

Das – streitige – Vorbringen des Klägers ist insoweit unsubstantiiert und mithin nicht einlassungsfähig. Diesbezüglich hätte der darlegungs- und beweispflichtige Kläger unter Vorlage des seinerzeitigen Arbeitsvertrages zumindest im einzelnen die von ihm im Arbeitsverhältnis ausgeführten konkreten Tätigkeiten auch in zeitlicher Hinsicht darstellen und den tatsächlichen Gegebenheiten mit Übernahme der Tätigkeit des Geschäftsführers gegenüber stellen müssen, um dem erkennenden Gericht überhaupt eine vergleichende Wertung zu ermöglichen. An einem entsprechend qualifizierten Sachvortrag durch den Kläger fehlt es hier.

69

Soweit sich der Kläger zur Begründung seiner Rechtsauffassung auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.01.2011 – 12 Sa 1411/10 – beruft, so kann dem bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil diese Entscheidung ein anderer – vom vorliegenden Verfahren abweichender – Sachverhalt zu Grunde gelegen hat. Denn in der zitierten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ging es um die Frage, ob die Abstellung in der Funktion eines Fremdgeschäftsführers zu einer anderen Gesellschaft einer Unternehmensgruppe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch zum Untergang des Arbeitsverhältnisses zur abstellenden Gesellschaft führt. Eine derartige Fallkonstellation liegt hier ersichtlich nicht vor.

70

Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch der Umstand, dass die Abberufung als Geschäftsführer hier zeitlich vor der Beendigung des Vertragsverhältnisses liegt, ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigt. Denn der rechtliche Charakter des Vertragsverhältnisses eines – ehemaligen – Organvertreters ändert sich nicht alleine durch die Abberufung als Geschäftsführer. Durch den Abberufungsakt wird das Vertragsverhältnis nicht automatisch zum Arbeitsverhältnis (BAG v. 26.10.2012 – 10 AZB 60/12 – juris Rn 16).

71

Da zwischen den Parteien mithin der Bestand eines Arbeitsverhältnisses nicht festgestellt werden kann, bleibt die Berufung des Klägers bereits aus diesem Grund ohne Erfolg.

II.

72

Der Kläger hat als unterlegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

73

Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 5 Begriff des Arbeitnehmers


(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 37 Beschränkungen der Vertretungsbefugnis


(1) Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt,

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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 26. Okt. 2012 - 10 AZB 60/12

bei uns veröffentlicht am 26.10.2012

Tenor 1. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. Juli 2012 - 10 Ta 316/11 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.

(3) Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.

(1) Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind.

(2) Gegen dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugnis der Geschäftsführer, die Gesellschaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß die Vertretung sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll, oder daß die Zustimmung der Gesellschafter oder eines Organs der Gesellschaft für einzelne Geschäfte erfordert ist.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. Juli 2012 - 10 Ta 316/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsbeschwerde zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 15.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von ordentlichen Kündigungen und vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

2

Der Kläger war zunächst als Abteilungsdirektor seit dem 1. August 2001 im Bereich Private Banking/Steuerindizierte Produkte/Alternative Investments bei der S KGaA tätig.

3

Währenddessen wurde der Kläger zum Geschäftsführer bei der Beklagten, die am 1. Juli 2008 gegründet wurde, bestellt. Die Bestellung wurde am 25. September 2008 in das Handelsregister eingetragen.

4

Das mit der S KGaA bestehende Arbeitsverhältnis wurde durch die Aufhebungsvereinbarung vom 17./27. Februar 2009 zum 31. März 2009 einvernehmlich beendet. Gleichzeitig schlossen die Parteien (die Beklagte damals noch als S Partners GmbH firmierend) unter dem 17./27. Februar 2009 eine als Arbeitsvertrag überschriebene Vereinbarung, die einen Beginn des Anstellungsverhältnisses mit der Beklagten zum 1. April 2009 vorsah. Die Betriebszugehörigkeit ab dem 1. August 2001 wurde angerechnet.

5

§ 2 des Arbeitsvertrags lautet:

        

„§ 2   

Tätigkeit und Arbeitsort

        

1.    

Die Gesellschaft engagiert Herrn B als Geschäftsführer und Partner im Bereich Services/Business Services.

        

2.    

Dienstort ist Köln.

        

3.    

Herr B erklärt sich unter Berücksichtigung seiner Ausbildung und seiner Fähigkeiten sowie sonstiger Wahrung seiner Interessen bereit, unter Fortzahlung der bisherigen Vergütung auch ein anderes Arbeitsgebiet zu übernehmen.

        

4.    

Die Übernahme einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Nebentätigkeit, von Ehrenämtern sowie von Aufsichts-, Beirats- oder ähnlichen Mandaten bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafter.“

6

Nach einem Gesellschafterwechsel legte der Kläger sein Amt als Geschäftsführer bei der Beklagten mit Schreiben vom 29. Juni 2010 nieder. Die Beendigung des Geschäftsführeramts wurde am 14. Juli 2010 in das Handelsregister eingetragen. Am 8. Oktober 2010 ist Herr W als (ein) neuer Geschäftsführer eingetragen worden.

7

Der Kläger blieb bis 30. September 2010 für die Beklagte tätig. Danach wurde ihm mitgeteilt, dass die Beklagte seine „den niedergelegten Gf-Ämtern nachlaufenden Restarbeiten als erledigt betrachtet und in der Private Equity Gruppe keine weitere Tätigkeit mehr von [ihm] einfordert“.

8

Die Beklagte kündigte das Anstellungsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 21./23./28. März 2011 zum 30. September 2011 und vorsorglich mit Schreiben vom 27. Juni 2011 noch einmal fristgerecht, ordentlich zum nächstzulässigen Termin.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei eröffnet. Es handele sich um Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ArbGG.

10

Zwischen den Parteien habe von Anfang an ein Arbeitsverhältnis bestanden. Dass dieser Arbeitsvertrag nicht Grundlage der Organstellung gewesen sei, ergebe sich zum einen bereits zwingend daraus, dass dieser eine Abrede aus dem Sommer 2009 zwischen der vorherigen Arbeitgeberin und dem Kläger zugrunde gelegen habe. Außerdem zeige § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags, dass der Kläger als Geschäftsführer gerade keine unternehmerische Gesamtverantwortung für das Unternehmen tragen, sondern lediglich als Partner tätig sein sollte. Gleiches zeige die Versetzungsklausel, die berechtige, ihm auch ein anderes Arbeitsgebiet zu übertragen. Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG finde auf ehemalige Geschäftsführer keine Anwendung. Dies gelte insbesondere für die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung eines Arbeitsvertrags, die lange nach Beendigung der Organstellung ausgesprochen worden sei.

11

Der Kläger hat folgende Anträge angekündigt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 21./23./28. März 2011, dem Kläger am 28. März 2011 zugegangen, nicht aufgelöst wird.

        

2.    

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2011 nicht aufgelöst wird.

12

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten scheitere an § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, der auch nach Beendigung der Organstellung des Klägers eingreife. Im Übrigen habe auch kein Arbeitsverhältnis bestanden. Nach der Niederlegung des Geschäftsführeramts sei der Kläger ausschließlich mit der Abwicklung und Überleitung seiner Geschäftsführeraufgaben beschäftigt gewesen.

13

Das Arbeitsgericht Köln hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Die sofortige Beschwerde der Beklagten blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde strebt die Beklagte weiterhin eine Verweisung an das Landgericht Köln an.

14

II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Recht angenommen.

15

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und Buchst. b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis und über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt § 5 ArbGG.

16

a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind Arbeitnehmer Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten jedoch in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. Für einen Rechtsstreit zwischen dem Vertretungsorgan und der juristischen Person sind nach dieser gesetzlichen Fiktion die Gerichte für Arbeitssachen nicht berufen. Die Fiktion der Norm gilt auch für das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis. Sie greift unabhängig davon ein, ob das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis materiell-rechtlich als freies Dienstverhältnis oder als Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist. Auch wenn ein Anstellungsverhältnis zwischen der juristischen Person und dem Mitglied des Vertretungsorgans wegen dessen starker interner Weisungsabhängigkeit als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist und deshalb materielles Arbeitsrecht zur Anwendung kommt, sind zur Entscheidung eines Rechtsstreits aus dieser Rechtsbeziehung die ordentlichen Gerichte berufen (BAG 29. Mai 2012 - 10 AZB 3/12 - Rn. 11 mwN; 23. August 2011 - 10 AZB 51/10 - Rn. 12 mwN, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 46; 15. März 2011 - 10 AZB 32/10 - Rn. 11 mwN, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 44). An der Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte ändert es nichts, wenn zwischen den Prozessparteien streitig ist, wie das Anstellungsverhältnis zu qualifizieren ist (BAG 6. Mai 1999 - 5 AZB 22/98 - zu II 3 b der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33) und der Geschäftsführer geltend macht, er sei wegen seiner eingeschränkten Kompetenz in Wirklichkeit Arbeitnehmer gewesen (BAG 14. Juni 2006 - 5 AZR 592/05 - Rn. 16, BAGE 118, 278). Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG soll sicherstellen, dass die Mitglieder der Vertretungsorgane mit der juristischen Person selbst dann keinen Rechtsstreit im „Arbeitgeberlager“ vor dem Arbeitsgericht führen, wenn die der Organstellung zugrunde liegende Beziehung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist(BAG 20. August 2003 - 5 AZB 79/02 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 107, 165). Für Ansprüche der Klagepartei aus dem der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden Vertrag sind deshalb die ordentlichen Gerichte ohne Weiteres zuständig (vgl. BAG 20. Mai 1998 - 5 AZB 3/98 - zu II 1 der Gründe, NZA 1998, 1247). Dabei ändert sich der rechtliche Charakter des Anstellungsverhältnisses eines Organvertreters nicht allein dadurch, dass der Organvertreter abberufen wird. Durch den Abberufungsakt wird das Anstellungsverhältnis nicht zum Arbeitsverhältnis (BAG 25. Juni 1997 - 5 AZB 41/96 - zu II 1 b aa der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 36 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 37; 21. Februar 1994 - 2 AZB 28/93 - zu II 3 b bb der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 28).

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b) Anders kann es jedoch dann liegen, wenn und soweit der Rechtsstreit nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis betrifft, sondern eine weitere Rechtsbeziehung besteht. Insoweit greift die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht ein(BAG 23. August 2011 - 10 AZB 51/10 - Rn. 13 mwN, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 46; 15. März 2011 - 10 AZB 32/10 - Rn. 11 mwN, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 44). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Organvertreter Rechte auch mit der Begründung geltend macht, nach der Abberufung als Geschäftsführer habe sich das nicht gekündigte Anstellungsverhältnis - wieder - in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt (BAG 6. Mai 1999 - 5 AZB 22/98 - zu II 3 c der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33).

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c) Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kann ferner dann gegeben sein, wenn die Klagepartei Ansprüche aus einem auch während der Zeit als Geschäftsführer nicht aufgehobenen Arbeitsverhältnis nach Abberufung als Organmitglied geltend macht. Zwar liegt der Berufung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer einer GmbH eine vertragliche Abrede zugrunde, die regelmäßig als ein Geschäftsführer-Dienstvertrag zu qualifizieren ist und mit der das Arbeitsverhältnis grundsätzlich aufgehoben wird (vgl. bspw. BAG 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43; 5. Juni 2008 - 2 AZR 754/06 - Rn. 23, AP BGB § 626 Nr. 211; 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 10, BAGE 123, 294). Zwingend ist dies aber nicht. Zum einen kann die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH auch auf einem Arbeitsvertrag beruhen. Zum anderen bleibt der Arbeitsvertrag bestehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer formlosen Abrede zum Geschäftsführer der GmbH bestellt wird, da eine wirksame Aufhebung des früheren Arbeitsverhältnisses die Einhaltung der Schriftform des § 623 BGB voraussetzt(vgl. BAG 15. März 2011 - 10 AZB 32/10 - Rn. 12, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 44; 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, aaO). Ansprüche aus diesem Arbeitsvertrag können dann nach Abberufung aus der Organschaft und damit nach dem Wegfall der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG vor den Gerichten für Arbeitssachen geltend gemacht werden. Dies gilt auch für die während der Zeit der Geschäftsführerbestellung auf dieser arbeitsvertraglichen Basis entstandenen Ansprüche (BAG 29. Mai 2012 - 10 AZB 3/12 - Rn. 13; 23. August 2011 - 10 AZB 51/10 - Rn. 14, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 46).

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2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat. Der Kläger macht mit seinen Feststellungsanträgen den Fortbestand des seiner Auffassung nach begründeten und weiter bestehenden Arbeitsverhältnisses geltend.

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Es handelt sich um Anträge, die nur dann begründet sein können, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist und nach wirksamer Beendigung der Organstellung als solches fortbestand oder wieder auflebte. In diesen Fällen (sic-non-Fälle) eröffnet bei streitiger Tatsachengrundlage die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten (BVerfG 31. August 1999 - 1 BvR 1389/97 - zu II 1 b der Gründe, AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 6 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 47; BAG 29. Mai 2012 - 10 AZB 3/12 - Rn. 16; 19. Dezember 2000 - 5 AZB 16/00 - AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 9 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 52). Nach der Beendigung der Organstellung und damit nach dem Wegfall der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen berufen, über die Frage, ob das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist und durch eine ausgesprochene ordentliche Kündigung beendet wurde, zu entscheiden.

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Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger mit der Beklagten nur durch einen einzigen Vertrag, nämlich den als „Arbeitsvertrag“ bezeichneten Vertrag vom 17./27. Februar 2009 verbunden war. Hierfür spricht, dass dieser Vertrag ausdrücklich auch die bereits vorher ausgeübte Geschäftsführertätigkeit für die Beklagte zum Inhalt hatte (§ 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags). Auch wenn man aber davon ausgeht, dass neben dem „Arbeitsvertrag“ vom 17./27. Februar 2009 ein weiteres Vertragsverhältnis besteht oder bestanden hätte, das der Geschäftsführerbestellung zugrunde lag, ist eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit für die vom Kläger begehrten Feststellungen gegeben.

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III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

        

    Mikosch     

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder