Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Juni 2018 - 3 Sa 206/17

bei uns veröffentlicht am27.06.2018

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Rostock vom 29.05.2017 – 5 Ca 1997/15 – abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren ausschließlich noch um die Verpflichtung des Beklagten, den Kläger rückwirkend ab dem 1. Januar 2017 nach der (neuen) Entgeltgruppe E 9b Stufe 4 TVöD-VKA und für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2016 nach (alten) Entgeltgruppe E 9 Stufe 4 TVöD-VKA zu vergüten und die sich ergebenden Bruttonachzahlungsbeträge zu verzinsen.

2

Der Kläger ist bei dem Beklagten unter Anerkennung einer Beschäftigungszeit ab dem 1. Januar 1989 beschäftigt. Kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme findet das Tarifwerk des BAT-O und nachfolgend des TVöD-VKA auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

3

Mit Wirkung vom 23. Juli 2012 ist der Kläger verwaltungsintern umgesetzt worden auf eine Stelle als „Sachbearbeiter Ordnungsrecht Abfallbehörde und Immissionsschutz im Umweltamt“. In seinem Zuständigkeitsbereich obliegt es ihm, die einzelnen Sachverhalte von der Erstbearbeitung bis zum Widerspruchs- bzw. Einspruchsverfahren eigenständig zu bearbeiten. Seit Oktober 2013 sind ihm zusätzlich die Aufgaben des „Teamleiters“ übertragen worden. Mit seinem „Antrag auf Überprüfung der Tätigkeit und Höhergruppierung“ vom 06.11.2013 hat der Kläger „die Überprüfung und Bewertung meiner Tätigkeit und die daraus folgende Höhergruppierung bei Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist“ beantragt. Daraufhin hat die Beklagte die Stellenbeschreibung vom 27.04.2015 erstellt (Blatt 20 bis 24 d. A.). Danach sind die Tätigkeiten des Klägers in sieben verschiedene Arbeitsvorgänge aufgegliedert. Nach einer Sitzung der bei dem Beklagten vorhandenen Eingruppierungskommission ist dem Kläger am 7. Juli 2015 mitgeteilt worden, dass es – bis zum Inkrafttreten der Entgeltordnung zum TVöD-VKA – bei seiner Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8 (Stufe 6) verbleibe. In der vorgenannten Arbeitsplatzbeschreibung heißt es wie folgt:

4

„ARBEITSBESCHREIBUNG

5

LfdNr.

Verzeichnis der Tätigkeiten
(was wird getan?)

Ziel-/Aufgaben-Hintergrund
(Welche Aufgaben sollen erfüllt,
welche Ziele erreicht werden?)

Anteilsverhältnisse
in %

1.    

Koordination Team Abfallbehörde

fachliche und sachliche
Anleitung nach innen und
Vertretung der Abfallbehörde
nach außen

5%    

2.    

Eigenverantwortliche Durchführung von Ordnungswidrigkeitenverfahren bzw. ordnungsbehördlichen Verwaltungsverfahren gem. KrWG und PflanzAbfLVO M-V

Durchsetzung und Einhaltung
der gesetzlichen Bestimmungen
von Bund, Land und Kreis

        

2.1     

Selbstständige Ermittlung des Sachverhalts
- Aufnahme von Anzeigen
- Ermittlung und Prüfung des Sachverhalts (Zuständigkeit, Begründetheit der OWi, Prüfung der Sach- und Rechtslage
- Anforderung von Stellungnahmen von Gemeinden, Fachbehörden von Sachgebieten des Umweltamtes und anderen Ämtern
- Analyse von Antragsunterlagen, ggf. VO-Termine, interne und externe Gespräche, sonstige Recherche
- Vertiefende Analyse der abfallbehördlichen relevanten Tatbestände
- Rechtliche Würdigung
- Durchführung von Anhörungen gem. § 28 VwVfG MV und § 55 OWiG
(Einzelfallentscheidung)
- Abstimmung mit anderen Behörden über weitere notwendige Maßnahmen
(Staatsanwaltschaft, Polizei)
- Durchführung von vor Ort Terminen
- Entscheidung über die Einleitung der erforderlichen Zwangsmaßnahmen

        

10%     

2.2     

Eigenverantwortliche Festlegung von Sanktionen im Rahmen des OWiG
- Ausübung des Entschließungsermessens über das ordnungsbehördliche Tätigwerden
- Festlegung der nach Bußgeldkatalog möglichen Höhe des Bußgeldes unter Ausübung des Ermessens
- Erlass des Bußgeldbescheides

        

20%     

2.3     

Eigenverantwortliche Festlegung von Sanktionen und Zwangsmaßnahmen im Rahmen des VwVfG M-V und des SOG M-V
- Anwendung von Zwangsmitteln
- Festlegung der Maßnahmen und Umsetzung in Ordnungsverfügungen gem. VwVfG MV, SOG MV und KrWG

        

20%     

2.4     

Kontrolle der angeordneten Maßnahmen aus den Ordnungsverfügungen und gegebenenfalls Einleitung von Verwaltungszwangsverfahren sowie Kontrolle der angeordneten Maßnahmen aus Verwaltungszwangsverfahren
- Festsetzung von Verwaltungsgebühren

        

5%    

3.    

Selbstständige Bearbeitung eingelegter Rechtsmittel
- Prüfung der formellen Voraussetzungen
- Prüfung und Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsmittels
- Durchführung weiterer Ermittlungen oder Anordnung weiterer Ermittlungen zum Sachverhalt
- Prüfung und Entscheidung der Anträge auf Einsetzung in den vorherigen Stand
- Prüfung von Anträgen auf gerichtliche Entscheidung auf Grundlage des OWiG
- Abgabe der Akte an die zuständige Staatsanwaltschaft mit Begründung der Abgabe
- formelle und materiell rechtliche Prüfung der Ausgangsbescheide
- Anhörung des Widerspruchsführers gem. § 28 VwVfG MV (in Einzelfällen)
- Durchführung von weiteren Ermittlungen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Widerspruchs
- Entscheidung über den Widerspruch und Erlass von Bescheiden
(Widerspruchsbescheid, Abhilfebescheid)
- Festsetzung von Verwaltungsgebühren

        

15%     

4.    

Beteiligung im gerichtlichen Verfahren
- Vorbereitung der Akten für das Rechtsamt
- Erarbeitung von Stellungnahmen für Einspruchs- und Widerspruchsverfahren für Staatsanwaltschaft, Amtsgericht, Verwaltungsgericht und Rechtsamt
- Teilnahme an Gerichtsverfahren

        

2%    

5.    

Durchführung von Verwaltungsverfahren nach §§ 17, 18, 53 und 72 KrWG
- Prüfung von Anzeigen
- Bearbeitung von Vorgängen von besonderer Schwierigkeit und Bedeutung
- Prüfung auf Zuverlässigkeit der Sammler
- Anforderung fehlender Unterlagen
(Vollständigkeitsprüfung nach § 18 Abs. 2 KrWG)
- in Einzelfällen Kontrollen vor Ort
- Anfertigung von Bilddokumentationen
- Analysieren und Werten von angeforderten Stellungnahmen des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft
- Ausfertigung von Bescheiden nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG
- Überwachung in Zusammenarbeit mit Ämtern und anderen Behörden
- Stellungnahmen für Verwaltungsgerichte und das Rechtsamt
- Durchsetzung der Untersagungen mit Hilfe von staatlichen Organen

Abwendung von
wirtschaftlichem Schaden
für den Landkreis
Sicherstellung einer
ordnungsgemäßen Entsorgung
von Abfällen

20%     

6.    

Vollzug der Verpackungsverordnung im gesamten LK R.
- Kontrolle des VE-Registers auf Vollständigkeit
- bei Unregelmäßigkeiten Termine vor Ort und Einleitung entsprechender Maßnahmen (Ordnungsverfügungen)
- Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus M-V

Rückführung von eingesetzten
Verpackungsmaterialien
zur Wiederverwertung
der Rohstoffe
Einhaltung der Pfandpflicht

2%    

7.    

Havariedienst im Rahmen der Gefahrenabwehr

        

1%    

        

Diese Tätigkeiten nehme ich war seit:

01.10.2013

        

 

6

Ich bin unterstellt:                  Mir sind folgende Mitarbeiter unterstellt:
                                  Frau D.
                                  Frau G.
Amtsleiter Amt 66
Ich werde vertreten von: :          Ich vertrete:
                                  Frau D.

Frau D. Frau G.

Zur Wahrnehmung meines Aufgabengebietes sind folgende Gesetzeskenntnisse, Fachkenntnisse und Spezialkenntnisse erforderlich:
VwVfG M-V, SOG M-V, OWiG, StGB, stopp, ZPO, VwGO, BauGB, BNatSchG, BBodSchG, VwKostG, VwVKO, LNatSchG, LWaldG, LBauO M-V, Erlasse von Ministerien, VO über Landschaftsschutzgebiete, KrWG, VerpackV, bestehende Rechtssprechungen, PflanzAbfLVO M-V

Zu meinem Aufgabenbereich gehören folgende Arbeitsmittel (z. B. Maschinen, techn. Anlagen usw)
PKH, Fototechnik, Kommunikationstechnik, Laptop, Schutzausrüstung (Atemmaske, Handschuhe, Stiefel), Arbeitsplatz-PC, Telefon, Hany, Ölschnelltest

Befugnisse, Vollmachten
- Bestätigung der sachlich und rechnerischen Richtigkeit bei Sollstellungen
- Unterschriftsberechtigungen für Schreiben, Bescheide und Verfügungen

7

In diesem Zusammenhang geht der Beklagte davon aus, dass die Tätigkeiten des Klägers zu 100 Prozent gründliche, vielseitige Fachkenntnisse und zu 100 Prozent selbstständige Leistungen und zu 42 Prozent gründliche, umfassende Fachkenntnisse (Arbeitsvorgänge zu 1. und 3. bis 5.) erfordern.

8

Die Vergütung des Klägers durch den Beklagten erfolgte für die Zeit vom 01.05.2013 bis zum 31.12.2016 aus der Entgeltgruppe 8 (entsprechend BAT Vc Fallgruppe 1b), Stufe 6 TVöD-VKA und für die Zeit ab dem 01.01.2017 auf der Grundlage des erstinstanzlich geschlossenen Teil-Vergleiches vom 26. April 2017 aus der Entgeltgruppe E 9a Stufe 4 TVöD-VKA.

9

Mit seiner am 19.11.2015 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Eingruppierungsfeststellungsklage machte der Kläger zuletzt für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2016 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD-VKA und ab dem 1. Januar 2017 nach der Entgeltgruppe 9c, Stufe 6 TVöD-VKA geltend.

10

Mit Urteil vom 26. April 2017 gab das Arbeitsgericht der Klage unter Abweisung im Übrigen teilweise statt und erkannte – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:

11

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Januar 2017 nach der (neuen) Entgeltgruppe E 9b, Stufe 4 TVöD-VKA zu vergüten und vorher für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2016 nach der (alten) Entgeltgruppe E 9, Stufe 4 TVöD-VKA.

12

2. Zusätzlich wird der Beklagte verurteilt, die nach Ziffer 1 monatlich anfallenden Bruttonachzahlungsbeträge mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen, und zwar für die Monate Mai 2013 bis November 2015 ab dem 1. Dezember 2015 und für die nachfolgenden Kalendermonate ab dem 1. des jeweiligen Folgemonats.

13

Im Hinblick auf die teilweise Klagestattgabe führt das Arbeitsgericht aus, die in der Stellenbeschreibung zu den Ziffern 2 und 3 aufgeführten Tätigkeiten seien als einheitlicher Arbeitsvorgang zu werten. Es sei für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum die Erstbearbeitung der Fälle hier weniger umfassende Fachkenntnisse erfordern solle als die nachfolgende Zweitbearbeitung, die ja auf die Ergebnisse der Erstbearbeitung zurückgreifen könne. Zudem habe der Kläger diese Arbeitsaufgaben in seiner Person einheitlich wahrzunehmen, was eine Aufspaltung ebenfalls ausschließe. Schließlich habe der Kläger mit seinem Geltendmachungsschreiben vom 06.22.2013 die tariflichen Ausschlussfristen gewahrt.

14

Gegen diese am 13.12.2017 zugestellte Entscheidung richtet sich die ausschließlich von dem Beklagten eingelegte Berufung (Eingang LAG M-V am 21.11.2017) nebst der – nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung – am 25.01.2018 eingegangenen Berufungsbegründung.

15

Das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft das Heraushebungsmerkmal der „gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse“ mit einem Zeitanteil von mindestens 50 Prozent bejaht. Dieser Umstand folge bereits daraus, dass erstinstanzlich versäumt worden sei, die anfallenden Arbeitsvorgänge im tariflichen Sinne zu beschreiben und festzulegen. Im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers seien mit den Bereichen „Koordination Team Abfallbehörde, Ordnungswidrigkeitenverfahren und Erlass von Bußgeldbescheiden, ordnungsbehördliche Verwaltungsverfahren und Erlass von Ordnungsverfügungen, Widerspruchsverfahren nach §§ 68 ff. VwGO, Einspruchsverfahren nach § 67 OWiG, Durchführung von Verwaltungsverfahren nach §§ 17, 18, 53 und 72 KrWG“ sowie „Vollzug der Verpackungsordnung im gesamten Landkreis R.“ insgesamt sieben Arbeitsvorgänge zu bewerten. Der darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe nicht vorgetragen, dass er Arbeitsvorgänge mit mehr als 50 Prozent mit der Voraussetzung „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ zu verrichten habe. Der Kläger habe nicht dargelegt, welche konkreten Rechtskenntnisse nach welchen Gesetzen, Verordnungen, Satzungen etc. er für welche Aufgaben benötige. Aus der bloßen Aufzählung einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen könne nicht geschlussfolgert werden, dass gründliche, umfassende Fachkenntnisse zu einem Zeitanteil von 50 Prozent erforderlich seien. Es sei nicht erkennbar, welche der in der Arbeitsplatzbeschreibung von 27.04.2015 genannten Gesetze in welchem Umfang zur Durchführung welcher Aufgaben anzuwenden seien. Der Beklagte sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass im Hinblick auf die Erstbearbeitung nach Ziffer 2 der Arbeitsplatzbeschreibung lediglich gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erforderlich seien. Außerdem habe das Arbeitsgericht verkannt, dass der Kläger den Beklagten mit seinem Schreiben vom 06.11.2013 nicht mit der notwendigen Deutlichkeit zur Zahlung eines Entgelts nach einer höheren Entgeltgruppe aufgefordert habe und mithin die tariflichen Ausschlussfristen nicht berücksichtigt worden seien. Schließlich seien dem Kläger die Aufgaben nach der hier maßgeblichen Stellenbeschreibung erst zum 01.10.2013 übertragen worden.

16

Der Beklagte beantragt,

17

das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 29.05.2017 – 5 Ca 1997/15 – aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

18

Der Kläger beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Der Beklagte habe – unstreitig – zugestanden, dass hinsichtlich der Arbeitsbereiche zu den Ziffern 1 und 3 bis 5 gründliche, umfassende Fachkenntnisse erforderlich seien. Dabei müsse davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Arbeitsbereichen zu den Ziffern 2, 3 und 4 aus der Arbeitsplatzbeschreibung um einen Arbeitsvorgang handele. Jedenfalls habe das Arbeitsgericht dies rechtsfehlerfrei im Hinblick auf die Arbeitsbereiche zu den Ziffern 2 und 3 aus der Arbeitsplatzbeschreibung angenommen. Wenn der Kläger mit Blick auf Ziffer 2 der Stellenbeschreibung von einem Sachverhalt erfahre, der einer Ahndung bzw. der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zugänglich sei, prüfe er laut Ziffer 2.1 der Arbeitsplatzbeschreibung und habe dann für den Fall der von ihm getroffenen Entscheidung zur Festlegung einer oder mehrerer Sanktionen die Befugnis und zugleich Arbeitsaufgabe, dass Verfahren bis zur Rechtskraft einer Entscheidung „durchzuziehen“.

21

Das sei dann auch das Arbeitsergebnis, welches er zu erzielen habe. Im Übrigen benötige der Kläger auch im Hinblick auf die Ziffer 2 der Arbeitsplatzbeschreibung gründliche, umfassende Sachkenntnisse. Kein Sachbearbeiter könne und dürfe sich für Sanktionen gegen einen Betroffenen entscheiden, wenn er nicht wisse und nicht im Sinne einer Erfolgsträchtigkeit sachkundig von Anfang an einschätzen könne, was am Ende der Verfahrensbearbeitung als Ergebnis in zumal Abhängigkeit von Rechtsmitteln etc. des Betroffenen eintreten werde. Der Kläger müsse mithin bei seiner Verfahrensbearbeitung die möglichen Folgen bis hin zu Ziffer 2.4 und/oder Ziffer 3 und/oder Ziffer 4 und/oder Ziffer 5 der Arbeitsplatzbeschreibung bereits nicht nur „im Auge haben“, sondern bereits einschätzen. Demnach seien gründliche, umfassende Sachkenntnisse im tariflichen Sinn auch bei den Arbeitsbereichen zu den Ziffern 2.1, 2.2 und 2.3 der Arbeitsplatzbeschreibung notwendig. Außerdem habe das Arbeitsgericht den Höhergruppierungsantrag des Klägers vom 06.11.2013 zutreffend als ausreichend angesehen, um die tarifliche Ausschlussfrist einzuhalten. Hinsichtlich der Zeit vom 01.05.2013 bis zum 30.09.2013 ergebe sich hinsichtlich der Eingruppierung keine andere Bewertung. Gründliche, umfassende Fachkenntnisse seien für seine Tätigkeit zu 92 Prozent erforderlich gewesen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 29.05.2017 ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten für die Zeit vom 01.05.2013 bis zum 31.12.2016 keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 Stufe 4 TVöD-VKA (alt). Zudem besteht kein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach der Entgeltgruppe E 9b Stufe 4 TVöD-VKA (neu) gegen den Beklagten ab dem 01.01.2017. Die Klage bleibt insoweit insgesamt ohne Erfolg.

I.

24

Die Klage ist in dem im Berufungsverfahren noch rechtshängigem Umfang als sogenannte Eingruppierungsfeststellungsklage im öffentlichen Dienst (LAG M-V vom 13.09.2017 – 3 Sa 31/17 -; juris Rn. 24) zulässig.

II.

25

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Zwar finden nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien auf der Grundlage einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Inbezugnahme die Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Verwaltung nebst Entgeltordnung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der Kläger hat gegen den Beklagten bereits auf Grundlage seines eigenen Vortrages gleichwohl keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach der Entgeltgruppe E 9b Stufe 4 TVöD-VKA. Dies gilt sowohl für den Zeitraum ab dem 01.01.2017 (1.) als auch für die Zeit vom 01.05.2013 bis zum 31.12.2016 im Hinblick auf die diesbezüglich begehrte Vergütung des Klägers nach der Entgeltgruppe E 9 Stufe 4 TVöD-VKA (alt) [2.].

1.

26

Der Kläger verfügt gegenüber dem Beklagten für die Zeit ab dem 01.01.2017 nicht über einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe E 9b TVöD-VKA.

27

Gemäß § 12 Abs. 1 TVöD-AT-VKA richtet sich die Eingruppierung der/des Beschäftigten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA). Die/der Beschäftigte erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in die sie/er eingruppiert ist.

28

Gemäß § 12 Abs. 2 TVöD-AT-VKA ist die/der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen.

29

Danach ist zunächst festzustellen, welche Arbeitsvorgänge im konkreten Fall zu berücksichtigen sind. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, welche Tätigkeitsmerkmale die einzelnen Arbeitsvorgänge erfüllen (BAG vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 -, juris Rn. 22, 23; LAG M-V vom 20.03.2018 – 5 Sa 53/17 -; Rn. 119).

30

Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis maßgebend. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit gegebenenfalls auch einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können aber dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, so lange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist. Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die auf Grund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer Person bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürften, sondern diesen zuzurechnen sind. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte sind in diesem Zusammenhang außer Betracht zu lassen. Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser an Hand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Beispiele für schwierige Tätigkeiten angeführt haben. Damit haben sie die Bewertung von Einzeltätigkeiten festgelegt, nicht aber die Bestimmung von Arbeitsvorgängen vorgegeben, die gerade nicht nach der Wertigkeit der Einzeltätigkeiten, sondern vielmehr ohne Rücksicht auf diese vorzunehmen ist (BAG vom 28.02.2018, a. a. O., Rn. 24, 25; unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Es kommt für die tarifliche Bewertung nicht darauf an, ob und inwieweit Einzeltätigkeiten verwaltungstechnisch verschiedenen Beschäftigten zugewiesen werden können, so lange sie im Zusammenhang als eine einheitliche Arbeitsaufgabe tatsächlich einer Person übertragen sind.

31

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ergeben sich abweichend von der erstinstanzlichen Entscheidung und entgegen der Rechtsauffassung des Klägers vier Arbeitsvorgänge auf der Grundlage der Tätigkeitsbeschreibung vom 27.04.2015.

32

Der Arbeitsbereich „Koordination Team Abfallbehörde“ stellt einen selbstständigen Arbeitsvorgang gemessen am Arbeitsergebnis dar. Denn im Rahmen dieser Tätigkeit hat der Kläger die Arbeitsabläufe im Team Abfallbehörde zu organisieren. Gegebenenfalls sind diesbezüglich z. B. Abwesenheitsvertretungen festzulegen bzw. die konkrete Arbeitsverteilung zu planen und durchzuführen. Jedenfalls stehen diese Tätigkeiten in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit den dem Kläger im Übrigen übertragenen Tätigkeiten. Auch nach dem Vortrag des Klägers selbst sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die diesbezüglich anfallenden Leitungstätigkeiten einen Zusammenhang mit der ihm im Übrigen übertragenen Arbeiten darstellen könnten.

33

Der zweite Arbeitsvorgang stellt die eigenverantwortliche Durchführung von Ordnungswidrigkeitsverfahren bzw. ordnungsbehördlichen Verwaltungsverfahren nach dem KrWG (Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen) und nach dem PflanzAbfLVO MV (Landesverordnung über die Entsorgung pflanzlicher Abfälle außerhalb von Abfallentsorgungsanlagen) dar. Dieser Arbeitsvorgang erfasst die gesamte Bearbeitung bis zur Erstentscheidung inklusive der diesbezüglich vorzunehmenden Festlegung von Sanktionen und Zwangsmaßnahmen nebst anschließender Durchführungskontrolle. Die einzelnen unter Ziffer 2.1 bis 2.4 dargestellten Arbeitsinhalte stellen gemessen am Arbeitsergebnis lediglich unselbstständige Arbeitsschritte dar. Erst mit Erlass der entsprechend gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmaßnahmen einschließlich gegebenenfalls etwaiger Bußgeldverfahren und der Einleitung gegebenenfalls notwendiger Zwangsmaßnahmen im Fall der Nichtbefolgung nebst Durchführungskontrolle ist der Verwaltungsvorgang auf der ersten Ebene abgeschlossen. Das angestrebte Arbeitsergebnis, nämlich die Umsetzung der Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes bzw. der Pflanzenabfalllandesverordnung M-V, ist dann erreicht.

34

Die dem Kläger übertragene selbstständige Bearbeitung eingelegter Rechtsmittel stellt den dritten Arbeitsvorgang dar. Entgegen der Auffassung des Klägers dient die „selbstständige Bearbeitung eingelegter Rechtsmittel“ einem abweichenden Arbeitsergebnis als die eigenverantwortliche Durchführung von Ordnungswidrigkeitenverfahren bzw. ordnungsbehördlichen Verwaltungsverfahren gemäß KrWG und PflanzAbfLVO MV. Denn bei der Rechtsmittelbearbeitung handelt es sich um einen eigenen, abgrenzbaren Verfahrensschnitt, der sich zeitlich und inhaltlich nicht mit den vorangegangenen Verwaltungsverfahren auf der ersten Ebene deckt. Zwar knüpft auch das Widerspruchsverfahren an den im Erstverfahren ermittelten Sachverhalt an. Daraus folgt jedoch nicht, dass Erstentscheidung und das anschließende Einspruchs- bzw. Widerspruchsverfahren untrennbar miteinander verbunden sind. Das Einspruchs- bzw. Widerspruchsverfahren kann mit einer Verwerfung, einer Zurücknahme des Erstbescheides oder auch gegebenenfalls mit der Abgabe an die Staatsanwaltschaft enden. Auch inhaltlich ist ein völlig differenzierter Bearbeitungsansatz gegeben. Im Einspruchs- bzw. Widerspruchsverfahren geht es nicht mehr allein – wie im Rahmen der Erstentscheidung – um die inhaltliche Umsetzung der Pflanzenabfalllandesverordnung M-V bzw. des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, sondern deutlich darüber hinaus zunächst einmal um die Überprüfung der Ordnungsgemäßheit eines eingelegten Rechtsmittels. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es im Rahmen der Bearbeitung eines Einspruchs bzw. eines Widerspruchs im Regelfall gerade nicht so, dass auf der Grundlage des im Ausgangsverfahrens ermittelten Sachverhaltes noch einmal in Anwendung der gleichen Vorschriften über die Sach- und Rechtslage zu entscheiden ist. Vielmehr sind zunächst die formellen Voraussetzungen des eingelegten Rechtsmittels zu prüfen und in diesem Zusammenhang gegebenenfalls auch über z. B. Anträge auf Einsetzung in den vorherigen Stand zu entscheiden. Zudem werden im Regelfall weitere tatsächliche und rechtliche Argumente vom Einspruchsführer bzw. vom Widerspruchsführer im Rechtsmittelverfahren vorgetragen, die gegebenenfalls dann auch zu einer abweichenden Entscheidung führen können. Bei der Entscheidung über einen Einspruch bzw. einen Widerspruch handelt es sich um eine andere Entscheidung als im vorangegangenen Erstentscheidungsverfahren. Das Arbeitsergebnis im Erstentscheidungsverfahren dient ausschließlich der Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes bzw. der Pflanzenabfalllandesverordnung M-V. Die Entscheidung über den Einspruch bzw. Widerspruch dient dem Arbeitsergebnis der Durchsetzung der Rechtsposition einer von der Erstentscheidung betroffenen Person zur Überprüfung der Ordnungsgemäßheit des Verwaltungshandelns im Rahmen der Erstentscheidung. Mithin dienen im Verwaltungsverfahren Erstentscheidung einerseits und Bearbeitung im Rahmen eingelegter Einsprüche bzw. Widersprüche andererseits jeweils unterschiedlichen Arbeitsergebnissen mit der Folge, dass es sich jedenfalls grundsätzlich – und so auch hier – um abweichende Arbeitsvorgänge im tariflichen Sinn handelt (so zutreffend auch LAG M-V vom 20.03.2018 – 5 Sa 53/17 -; juris Rn. 124 sowie vom 26.07.2016 – 5 Sa 226/15 -; juris Rn. 96, 97, 98). Für dieses Ergebnis sprechen im Übrigen auch die in dem Klammerzusatz in Satz 1 der Protokollnotiz zu § 12 Abs. 2 TVöD-AT-VKA aufgezählten Regelbeispiele für Arbeitsvorgänge. Denn dort heißt es – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:

35

(z. B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorganges, eines Widerspruchs oder eines Antrages, …)

36

Aus der Verwendung des Wortes „oder“ wird deutlich, dass auch die Tarifvertragsparteien jedenfalls grundsätzlich im Rahmen der Erstbescheidung eines Antrages einerseits und der Widerspruchsbescheidung andererseits grundsätzlich und ausgehend vom jeweiligen Arbeitsergebnis her von der Möglichkeit unterschiedlicher Arbeitsvorgänge ausgehen.

37

Abschließend kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass der zu Ziffer 4 benannte Arbeitsbereich (Beteiligung im gerichtlichen Verfahren; zwei Prozent) dem Arbeitsvorgang „selbstständige Bearbeitung angelegter Rechtsmittel“ zugeordnet werden kann.

38

Der vierte Arbeitsvorgang ergibt sich aus der dem Kläger übertragenen Tätigkeit „durchführen von Verwaltungsverfahren nach §§ 17, 18, 53 und 72 KrWG“. Die dem Kläger insoweit übertragenen Tätigkeiten betreffen den konkreten Umgang mit Sammlern, Beförderern, Händlern und Maklern von Abfällen im Sinne des § 53 KrWG. Das abgrenzbare Arbeitsergebnis besteht hier darin, dass diesbezüglich von den anderen Arbeitsvorgängen abgrenzbar konkret die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung gewährleistet werden soll. Insbesondere im Gegensatz zu der allgemeinen Aufgabenerledigung nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und nach der Pflanzenabfalllandesverordnung M-V steht hier die Prüfung und Überwachung eines abgrenzbaren Personenkreises (Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen) zur Bearbeitung an, und zwar in Zusammenarbeit mit anderen Ämtern und anderen Behörden sowie sonstigen staatlichen Organen inklusive zu fertigender Stellungnahmen für verwaltungsgerichtliche Verfahren. Mithin besteht auch insoweit ein abgrenzbares Arbeitsergebnis im Vergleich zu den Tätigkeiten im festgestellten zweiten Arbeitsvorgang, zumal auch diesbezüglich nach dem Tatsachenvortrag des Klägers keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten.

39

Hinsichtlich der vorzunehmenden Bewertung der Arbeitsvorgänge ist entscheidungserheblich zu berücksichtigen, dass der oben festgestellte zweite Arbeitsvorgang „eigenverantwortliche Durchführung von Ordnungswidrigkeitenverfahren bzw. ordnungsbehördlichen Verwaltungsverfahren gemäß KrWG und PflanzAbflVO MV“ auch nach dem Vortrag des Klägers (Berufungserwiderung vom 12.04.2018, Blatt 473 d. A.) 55 Prozent der Arbeitszeit ausfüllt. Damit ist der oben festgestellte Arbeitsvorgang Nr. 2. für die Eingruppierung des Klägers ausschlaggebend. Die drei anderen Arbeitsvorgänge erreichen selbst im Falle einer Addition nicht den tarifliche geforderten zeitlichen Mindestumfang von mindestens 50 Prozent der Tätigkeit.

40

Auf der Grundlage des wechselseitigen Parteivortrages kann zunächst zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass der hier maßgebliche zweite Arbeitsvorgang gründliche und vielseitige Fachkenntnisse im Sinne der Entgeltgruppe E 6 Fallgruppe 1 TVöD-VKA sowie selbstständige Leistungen im sinne der Entgeltgruppe E 9a TVöD-VKA erfordert. Entgegen der Auffassung des Klägers sind aber bereits nach seinem eigenen Vortrag im Hinblick den oben genannten Arbeitsvorgang gründliche, umfassende Fachkenntnisse im Sinne der von ihm begehrten Entgeltgruppe E 9b Fallgruppe 2 TVöD-VKA nicht erforderlich.

41

Vorliegend kommen für die Eingruppierung des Klägers ab dem 01.01.2017 folgende Tarifbestimmungen in Betracht:

42
- Entgeltgruppe 5 Ziffer 1:
43

Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren und entsprechender Tätigkeit

44
- Entgeltgruppe 6:
45

Beschäftigte der Entgeltgruppe 5, Fallgruppe 1, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert. (Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung – des Betriebes – bei der/die Beschäftigte tätig ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis der/des Beschäftigten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

46
- Entgeltgruppe 7:
47

Beschäftigte der Entgeltgruppe 6, deren Tätigkeit mindestens zu 1/5 selbstständige Leistungen erfordert. (Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen).

48
- Entgeltgruppe 8:
49

Beschäftigte der Entgeltgruppe 6, deren Tätigkeit mindestens zu 1/3 selbstständige Leistungen erfordert. (… s. o. Klammerzusatz Entgeltgruppe 7)

50
- Entgeltgruppe 9a:
51
- Beschäftigte der Entgeltgruppe 6, deren Tätigkeit selbstständige Leistungen erfordert. (… s. o. Klammerzusatz Entgeltgruppe 7)
52
- Entgeltgruppe 9b, Fallgruppe 2:
53

Beschäftigte, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert. (Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Entgeltgruppen 6 bis 9a geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)

54

Gründliche Fachkenntnisse im vorgenannten Sinne setzen unter Berücksichtigung der Klammerdefinition nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen etc. des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Die Fachkenntnisse müssen sich dabei nicht notwendig auf Rechtsvorschriften beziehen. Verlangt werden vielmehr Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß, welche nicht nur oberflächlicher Natur sind. Das benannte Tätigkeitsmerkmal erfordert erweiterte Fachkenntnisse sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht (LAG M-V vom 20.03.2018 – 5 Sa 53/17 -; juris Rn. 130 m. w. N.).

55

Vielseitige Fachkenntnisse erfordern eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise auf Grund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich aus einem Fachgebiet stellenden Anforderungen ergeben. Dies schließt nicht aus, dass sich der Wissensbereich nur auf ein einzelnes, abgegrenztes Teilgebiet beschränkt, in dem der Arbeitnehmer eingesetzt wird, wobei eine lediglich routinemäßige Bearbeitung nicht ausreicht (LAG M-V vom 20.03.2018, a. a. O., Rn. 133).

56

Eine selbstständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Das Merkmal „selbstständige Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbstständig arbeiten“ verwechselt werden, worunter eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung zu verstehen ist. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne ist – ohne Bindung an verwaltungsgerichtliche Fachbegriffe – ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht den vorgenannten Voraussetzungen nicht entgegen (LAG M-V vom 20.03.2018, a. a. O., Rn. 136).

57

Unter Zugrundelegung und Bezugnahme auf den unstreitigen Sachvortrag der Parteien kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass seine Tätigkeiten im Rahmen des hier maßgeblichen und festgestellten zweiten Arbeitsvorganges gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern, welche er vollumfänglich im Rahmen einer selbstständigen Leistungserbringung im tariflichen Sinne zu erbringen hat.

58

Dem hingegen erfordern die von ihm im Rahmen des zweiten Arbeitsvorganges zu erbringenden Arbeitsleistungen keine gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse im Sinne der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 2 TVöD-VKA.

59

Gründliche, umfassende Fachkenntnisse im tariflichen Sinn erfordern gegenüber den „gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen“ eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach. Daraus folgt im Ergebnis, dass das Tätigkeitsmerkmal „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ dem Tätigkeitsmerkmal „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ zusammenfassend gegenüberzustellen und einheitlich zu bewerten ist. Nur wenn dann eine entsprechende Steigerung nach Tiefe und Breite, also nach Qualität und Quantität, gegenüber dem Tätigkeitsmerkmal „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ festgestellt werden kann, ist das Tätigkeitsmerkmal „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ erfüllt (BAG vom 05.07.2017 – 4 AZR 866/15 -; juris Rn. 23). Erforderlich ist danach ein Fachwissen, dass sich nicht auf Tatbestände und deren Zusammenhänge beschränkt, sondern als Grundlage für analysierende, zur Entscheidung auch von Zweifelsfällen notwendiger Denkvorgänge dient. Das ist z. B. der Fall, wenn über die nähere Kenntnis der erforderlichen Bestimmungen hinaus rechtliche Zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche Entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener Gedankenarbeit verwertet werden müssen, wobei Fachkenntnisse nicht ausschließlich Rechtskenntnisse sein müssen (BAG vom 05.07.2017, a. a. O.; Rn. 24).

60

Die vorgenannten Voraussetzungen sind selbst bei ausschließlicher Berücksichtigung des Vortrages des Klägers selbst vorliegend nicht dargelegt. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers gestaltet sich sehr übersichtlich. Im Wesentlichen ist nämlich seine Argumentation darauf gerichtet, die zu Ziffer 2. der Arbeitsplatzbeschreibung festgelegten Arbeitsbereiche seien isoliert nicht als Arbeitsvorgang zu bewerten. Dieser Auffassung kann jedoch – wie bereits oben erörtert – nicht gefolgt werden. Soweit der Kläger darüber hinaus auf die – nach seiner Ansicht – Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen hinweist, die er bei der Bearbeitung der zu Ziffer 2. der Arbeitsplatzbeschreibung anfallenden Arbeiten zu berücksichtigen habe, so reicht allein dieser Vortrag nicht aus. Vielmehr hätte der Kläger im Einzelnen darlegen müssen, welche konkreten Rechtskenntnisse nach welchen Gesetzen, Verordnungen, Satzungen usw. er für welche konkreten Tätigkeiten benötigt. Lediglich nach der bloßen Aufzählung ist für das erkennende Gericht nicht erkennbar, welche der in der Arbeitsplatzbeschreibung vom 27.04.2015 genannten Gesetze, Verordnungen etc. in welchem Umfang zur Durchführung welcher konkreten Aufgaben angewendet werden sollen. Soweit der Kläger pauschal behauptet, auch im Hinblick auf die zu Ziffer 2. der Arbeitsplatzbeschreibung anfallenden Arbeiten seien die Aufgaben, die er zu erledigen habe, „tiefgreifend und komplex und durch ein hohes Maß an notwendiger Rechtskenntnisse geprägt“, so lassen sich aus diesem allgemeinen Vortrag Rückschlüsse auf gründliche, umfassende Fachkenntnisse im tariflichen Sinne nicht ziehen. Dies gilt ebenfalls für den Vortrag des Klägers, kein Sachbearbeiter könne und dürfe sich für Sanktionen gegen einen Betroffenen entscheiden, wenn er nicht wisse und nicht im Sinne einer Erfolgsaussicht sachkundig von Anfang an einschätzen könne, was am Ende der Verfahrensbearbeitung als Ergebnis in zumal Abhängigkeit von Rechtsmitteln etc. des Betroffenen eintreten werden. Der Kläger müsse mithin bei seiner Verfahrensbearbeitung die möglichen Folgen nicht nur „im Auge haben“, sondern bereits einschätzen. Auch diese Argumentation des Klägers vermag in rechtlicher Hinsicht nicht zu überzeugen. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts stellt es eine Selbstverständlichkeit dar, dass im Rahmen der Sachbearbeitung bis zur Erstentscheidung in Anwendung – wie hier – „gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse“ im Rahmen einer selbstständigen Leistungserbringung im tariflichen Sinne verantwortungsbewusst in Anwendung der einschlägigen Normen unter Berücksichtigung und sorgfältiger Ermittlung des Sachverhaltes erfolgt. Dieser Umstand ist jedoch rechtlich nicht geeignet, um damit gleichzeitig das Tätigkeitsmerkmal „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ begründen zu können.

2.

61

Da der Kläger – wie bereits unter Punkt II. 1. festgestellt – das Tätigkeitsmerkmal „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ im Sinne der Entgeltgruppe E 9b TVöD-VKA nicht substantiiert dargelegt hat, kommt auch für die Zeit vom 01.05.2013 bis 31.12.2016 nach dem bis dahin geltenden Übergangsrecht zur Eingruppierung nach § 17 TVÜ-VKA ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach der Entgeltgruppe E 8 TVöD-VKA nicht in Betracht. „Gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ im Sinne der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a BAT-O lassen sich bereits auf der Grundlage des Vortrages des Klägers nicht nachvollziehen.

3.

62

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen bleibt auch der Klageantrag zu Ziffer 2 ohne Erfolg.

III.

63

Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

64

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgu

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 18 Anzeigeverfahren für Sammlungen


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Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 53 Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen


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Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 72 Übergangsvorschrift


(1) Pflichtenübertragungen nach § 16 Absatz 2, § 17 Absatz 3 oder § 18 Absatz 2 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 6. Oktober 2011 (BGBl. I S. 1986) geän

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 67 Form und Frist


(1) Der Betroffene kann gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen. Die §§ 297 bis 300 und 302 der Strafp

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 55 Anhörung des Betroffenen


(1) § 163a Abs. 1 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß es genügt, wenn dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, sich zu der Beschuldigung zu äußern. (2) Der Betroffene braucht nicht darauf hingewiesen zu werden, daß er a

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(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) § 163a Abs. 1 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß es genügt, wenn dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, sich zu der Beschuldigung zu äußern.

(2) Der Betroffene braucht nicht darauf hingewiesen zu werden, daß er auch schon vor seiner Vernehmung einen von ihm zu wählenden Verteidiger befragen kann. § 136 Absatz 1 Satz 3 bis 5 der Strafprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

(1) Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen haben die Tätigkeit ihres Betriebes vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen, es sei denn, der Betrieb verfügt über eine Erlaubnis nach § 54 Absatz 1. Die zuständige Behörde bestätigt dem Anzeigenden unverzüglich schriftlich den Eingang der Anzeige. Zuständig ist die Behörde des Landes, in dem der Anzeigende seinen Hauptsitz hat.

(2) Der Inhaber eines Betriebes im Sinne des Absatzes 1 sowie die für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortlichen Personen müssen zuverlässig sein. Der Inhaber, soweit er für die Leitung des Betriebes verantwortlich ist, die für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortlichen Personen und das sonstige Personal müssen über die für ihre Tätigkeit notwendige Fach- und Sachkunde verfügen.

(3) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Tätigkeit von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit erforderlich ist. Sie kann Unterlagen über den Nachweis der Zuverlässigkeit und der Fach- und Sachkunde vom Anzeigenden verlangen. Sie hat die angezeigte Tätigkeit zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Inhabers oder der für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortlichen Personen ergeben, oder wenn die erforderliche Fach- oder Sachkunde nach Absatz 2 Satz 2 nicht nachgewiesen wurde.

(4) Nachweise aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum über die Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 2 stehen inländischen Nachweisen gleich, wenn aus ihnen hervorgeht, dass die betreffenden Anforderungen oder die auf Grund ihrer Zielsetzung im Wesentlichen vergleichbaren Anforderungen des Ausstellungsstaates erfüllt sind. Gleichwertige Nachweise nach Satz 1 sind auf Verlangen der zuständigen Behörde im Original oder in Kopie vorzulegen. Eine Beglaubigung der Kopie sowie eine beglaubigte deutsche Übersetzung können verlangt werden.

(5) Hinsichtlich der Überprüfung der erforderlichen Fach- und Sachkunde nach Absatz 2 Satz 2 eines Anzeigenden aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gilt § 36a Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 4 Satz 4 der Gewerbeordnung entsprechend; bei vorübergehender und nur gelegentlicher Tätigkeit eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Dienstleistungserbringers gilt hinsichtlich der erforderlichen Fach- und Sachkunde § 13a Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 der Gewerbeordnung entsprechend.

(6) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Anzeige und Tätigkeit der Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen, für Sammler und Beförderer von Abfällen insbesondere unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Verkehrsträger, Verkehrswege oder der jeweiligen Beförderungsart,

1.
Vorschriften zu erlassen über die Form, den Inhalt und das Verfahren zur Erstattung der Anzeige, über Anforderungen an die Zuverlässigkeit, die Fach- und Sachkunde und deren Nachweis,
2.
anzuordnen, dass das Verfahren zur Erstattung der Anzeige elektronisch zu führen ist und Dokumente in elektronischer Form gemäß § 3a Absatz 2 Satz 2 und 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorzulegen sind,
3.
bestimmte Tätigkeiten von der Anzeigepflicht nach Absatz 1 auszunehmen, soweit eine Anzeige aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit nicht erforderlich ist,
4.
Anforderungen an die Anzeigepflichtigen und deren Tätigkeit zu bestimmen, die sich aus Rechtsvorschriften der Europäischen Union ergeben, sowie
5.
anzuordnen, dass bei der Beförderung von Abfällen geeignete Unterlagen zum Zweck der Überwachung mitzuführen sind.

(1) Pflichtenübertragungen nach § 16 Absatz 2, § 17 Absatz 3 oder § 18 Absatz 2 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 6. Oktober 2011 (BGBl. I S. 1986) geändert worden ist, gelten fort. Die zuständige Behörde kann bestehende Pflichtenübertragungen nach Maßgabe des § 13 Absatz 2 und der §§ 16 bis 18 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 6. Oktober 2011 (BGBl. I S. 1986) geändert worden ist, verlängern.

(2) Für Verfahren zur Aufstellung von Abfallwirtschaftsplänen, die bis zum Ablauf des 5. Juli 2020 eingeleitet worden sind, ist § 30 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) in der bis zum 28. Oktober 2020 geltenden Fassung anzuwenden. Für Verfahren zur Aufstellung von Abfallwirtschaftsplänen, die bis zum Ablauf des 3. Juli 2021 eingeleitet worden sind, ist § 30 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) in der bis zum Ablauf des 3. Juli 2021 geltenden Fassung anzuwenden.

(3) Eine Transportgenehmigung nach § 49 Absatz 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 6. Oktober 2011 (BGBl. I S. 1986) geändert worden ist, auch in Verbindung mit § 1 der Transportgenehmigungsverordnung vom 10. September 1996 (BGBl. I S. 1411; 1997 I S. 2861), die zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 19. Juli 2007 (BGBl. I S. 1462) geändert worden ist, gilt bis zum Ende ihrer Befristung als Erlaubnis nach § 54 Absatz 1 fort.

(4) Eine Genehmigung für Vermittlungsgeschäfte nach § 50 Absatz 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 6. Oktober 2011 (BGBl. I S. 1986) geändert worden ist, gilt bis zum Ende ihrer Befristung als Erlaubnis nach § 54 Absatz 1 fort.

(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

(1) Der Betroffene kann gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen. Die §§ 297 bis 300 und 302 der Strafprozeßordnung über Rechtsmittel gelten entsprechend.

(2) Der Einspruch kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 25.01.2017 – 4 Ca 993/16 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der seit 2012 zunächst im Einwohnermeldeamt bei der Beklagten beschäftigten Klägerin.

2

Die Klägerin hat ebenfalls bei der Beklagten erfolgreich die dreijährige Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten absolviert. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Regelungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) Kraft arbeitsvertraglicher in Bezugnahme Anwendung. Auf der Grundlage einer entsprechenden Umstrukturierungsmaßnahme der Beklagten ist die Klägerin seit Juli 2015 in einem sogenannten Bürgerservicecenter mit zunächst einer Bezahlung nach der Entgeltgruppe 5 tätig. Auf den Höhergruppierungsantrag der Klägerin vom 16.09.2015 erhält die Klägerin rückwirkend ab Juli 2015 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6. Mit Schreiben vom 14.04.2016 und weiterführend mit der am 27.06.2016 bei dem Arbeitsgericht Schwerin eingegangenen Klage macht die Klägerin gegenüber der Beklagten im Rahmen eines Eingruppierungsfeststellungsantrages eine Entlohnung nach der Entgeltgruppe 8 geltend.

3

Mit Urteil vom 25.01.2017 hat das Arbeitsgericht die Eingruppierungsfeststellungsklage der Klägerin abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe trotz dezidierter gerichtlicher Beauflagung zu dem tariflichen Heraushebungsmerkmal der „selbstständigen Leistung“ nicht substantiiert vorgetragen. Dies gelte sowohl in inhaltlicher, als auch in zeitlicher Hinsicht. Im Gegenteil habe die Beklagte unwidersprochen beispielsweise vorgetragen, der Klägerin obliege keine Ermessensentscheidung zur Einleitung oder Einstellung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens aus dem Arbeitsbereich Meldeangelegenheiten. Im Bereich des Passwesens – etwa bei der Identifikation des Bürgers – habe die Klägerin lediglich Normen umzusetzen. Ihr komme kein Entscheidungsspielraum im Sinne eines Ermessensspielraumes zu. Soweit die Klägerin unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz auf die Eingruppierung anderer Mitarbeiter abstelle, so führe dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage. Die Beklagte habe im Einzelnen dargelegt, dass in Folge der Umstrukturierung und Neueinrichtung des Bürgerservicecenters verschiedene Dienstleistungen und auch verschiedene Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen in einem Bereich zusammengefasst arbeiten. Hierbei seien die Aufgaben neu verteilt worden. Sollte es in diesem Zusammenhang dazu gekommen sein, dass Kolleginnen der Klägerin, die ursprünglich mit höherwertigeren Tätigkeiten betraut gewesen seien, nunmehr mit Aufgaben auf der vergleichbaren Hierarchieebene der Klägerin betraut würden, so rechtfertige sich daraus kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Vergütung nach der von der Klägerin angestrebten Entgeltgruppe 8. Es seien unterschiedliche Sachverhalte gegeben, so dass der Gleichbehandlungsgrundsatz hier nicht greifen könne.

4

Gegen diese am 03.02.2017 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 02.03.2017 eingegangene Berufung der Klägerin nebst der – nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung – am 03.05.2017 eingegangenen Berufungsbegründung.

5

Die Klägerin hält an ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung fest und begehrt mit der Berufung weiterhin die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 27.07.2015 Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA zu zahlen.

6

Allerdings argumentiert die Klägerin nicht mehr auf der Grundlage der zur Klageschrift abgereichten Tätigkeitsbeschreibung. Vielmehr behauptet sie nunmehr unter Bezugnahme auf ein internes Schreiben ihres unmittelbaren Vorgesetzten vom 21.10.2016 (Bl. 137 d.A.), sie bearbeite zu 60 % Meldeangelegenheiten, zu 28 % Passangelegenheiten und zu 12 % Angelegenheiten des Bürgerbüros. Jedenfalls für den Arbeitsbereich Meldeangelegenheiten habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.08.2016 (Bl. 34 d.A.) das Vorhandensein des Heraushebungsmerkmales selbstständige Leistungen unstreitig gestellt. Dies gelte ebenso für die Tätigkeitsmerkmale gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Zum quantitativen Umfang der selbstständigen Leistungen trage die Beklagte wider besseren Wissens vor, dass der Zeitanteil für die Bearbeitung für die Meldeangelegenheiten mit 30 % anzusetzen sei. Tatsächlich nehme die Bearbeitung von Meldeangelegenheiten ca. 60 % der Arbeitszeit der Klägerin in Anspruch. Die Beklagte trage unzutreffend vor, dass alle Mitarbeiterinnen im Bereich Frontoffice identische Aufgaben zu erledigen hätten. Lediglich der Klägerin und den weiteren Mitarbeiterinnen B. und E. seien Aufgaben nach der Stellenausschreibung übertragen worden. Den anderen ehemaligen Bürgerbüromitarbeiterinnen seien weder Aufgaben des Meldewesens, noch die Bearbeitung von Pass- und Personalausweisangelegenheiten übertragen worden. Deshalb habe der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin auch in seinem internen Schreiben vom 21.10.2016 zutreffend darauf hingewiesen, dass der Arbeitsvorgang Meldewesen ca. 60 % der Tätigkeiten der Klägerin ausmache. Bei der Bearbeitung der Meldeangelegenheiten insbesondere im Rahmen des § 21 BMG habe die Klägerin Tätigkeiten zu leisten, die unter das Heraushebungsmerkmal der selbstständigen Leistungen zu subsumieren seien. Zur Begründung führte die Klägerin wörtlich wie folgt aus:

7

„Die Frage, welches die vorwiegend genutzte Wohnung ist, wird von den Bürgern und dem Einwohnermeldeamt teilweise durchaus unterschiedlich beurteilt. Die ist jedoch von Bedeutung, weil sich hieran Rechtsfolgen knüpfen. So erhält die Hansestadt W. Zuweisungen aus Steuereinnahmen des Landes nach der Anzahl der Bewohner, die ihren Hauptwohnsitz in der Hansestadt W. angemeldet haben. Aber auch für den Antragsteller hat die Entscheidung darüber, wo er seinen Hauptwohnsitz hat, durchaus Folgen. Dies betrifft Sozialleistungen und bspw. Kindergeld. Die Klägerin hat daher sehr genau zu ermitteln, wo die vorwiegend benutzte Wohnung des Antragstellers gelegen ist. Grundsätzlich ist die vorwiegend genutzte Wohnung die Hauptwohnung. Dies richtet sich zunächst nach der zeitlichen Nutzung eines Kalenderjahres. So ist bei zwei Wohnungen die Wohnung Nebenwohnung, die weniger als die Hälfte des Jahres benutzt wird. Neben der Dauer des Aufenthaltes in der jeweiligen Wohnung können noch andere Kriterien zur Bestimmung von Haupt- oder Nebenwohnung herangezogen werden. Diese, als „Schwerpunkt der Lebensbeziehung“ bezeichneten Merkmale richten sich z.B. nach dem Familienstand, der Arbeitsstelle und den sonstigen Lebensbeziehungen, wie Mitgliedschaft in Vereinen, sonstige familiäre Bindung, etc. Alle diese Kriterien sind zu ermitteln, um ggf. eine Entscheidung zu der Frage, ob der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz in der Hansestadt W. oder woanders hält, zu beantworten.

8

Besonders im Zusammenhang mit der Wohnsitznahme von Studenten in der Hansestadt W., ist die Frage oft streitbefangen.

9

Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes (BMGVmV) gilt bis zur Entscheidung über die Bestimmung der Hauptwohnung als Hauptwohnung die von der meldepflichtigen Person als solche angegebene Wohnung. Die Bestimmung der Hauptwohnung kann aber nur im Einvernehmen mit den für die weitere Wohnung zuständigen Meldebehörden getroffen werden. Damit wird sichergestellt, dass die von der meldepflichtigen Person angegebene Hauptwohnung nur dann meldebehördlich geändert wird, wenn die beteiligten Meldebehörden nicht über Haupt- und Nebenwohnung einigen, entscheidet die gemeinsame Fachaufsichtsbehörde. Liegen die betreffenden Wohnung in verschiedenen Ländern, entscheiden die zuständigen obersten Landesbehörden, die von diesen oder nach Maßgabe des Landesrechts bestimmten Stelle im Einvernehmen.“

10

Diese Entscheidung der übergeordneten Behörden sei im Streitfalle einzuholen. Dazu seien die zuvor ermittelten Schwerpunkte der Lebensbeziehungen der meldepflichtigen Personen mitzuteilen. Das hier selbstständige Leistungen vorliegen, sei unstreitig.

11

Außerdem enthalte das Bundesmeldegesetz in § 54 auch Bußgeldvorschriften. Die Klägerin ermittle vollständig die Sachverhalte, die mit einem Bußgeld belegt seien. Diesen Sachverhalt übersende sie sodann unter Vorschlag der Höhe der Geldbuße der Bußgeldstelle in der Abteilung Verkehrsangelegenheiten, die sodann den Bußgeldbescheid erlasse. Auch dabei handele es sich um selbstständige Leistungen im Sinne der tariflichen Vorgaben. Auch die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit der Registrierung von Einwohnern im eigenen Zuständigkeitsbereich nebst Identitätsfeststellung beinhalte selbstständige Leistungen nach den tariflichen Vorgaben. Zur Begründung führt die Klägerin wörtlich wie folgt aus:

12

„Die Auswirkungen der Flüchtlingskrise haben auch Einfluss auf Quantität und Qualität der Arbeitsbelastung des Bürgerservicecenters.

13

Asylbewerber, die vom Landkreis in der Gemeinschaftsunterkunft H. oder anderen Wohnheimen und Wohnungen auf dem Gebiet der Hansestadt W. untergebracht werden, haben sich bei der Einwohnermeldebehörde anzumelden. Diese Asylbewerber sind lediglich im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsgestattung oder einer Zuweisungsentscheidung gem. § 50 AsylVfG. Diese wird ihnen in der Erstaufnahmeeinrichtung in H. ausgehändigt und beruft zu 95 % der Fälle auf eigenen Angaben. Diese Angaben sind nicht geprüft worden und außerdem enthält die Aufenthaltsgestattung kein Lichtbild. In diesen Fällen gestaltet sich die Identitätsprüfung selbstverständlich schwierig. Eine Verwaltungsvorschrift, anhand welcher Kriterien die Identität geprüft werden kann, besteht nicht. Es wird versucht, anhand von Geburtsurkunden oder Eheschließungsurkunden oder anderer Dokumenten, soweit sie zur Verfügung stehen, eine Identitätsprüfung vorzunehmen. Oft sind diese Dokumente allerdings in einer den Sachbearbeiterinnen fremden Sprache abgefasst, sodass auf Übersetzungen zurückgegriffen werden muss. Sämtliche Identitätsmerkmale, wie Name, Vorname, Geburtsdatum und –ort, Religions- und Staatsangehörigkeit sowie Familienstand sind zu ermitteln. Dies ist auch deswegen von besonderer Bedeutung, da alle anderen Behörden auf diese Daten ggf. zurückgreifen. Nach der Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhalten die Asylberechtigten von der Ausländerbehörde des Landkreises eine Bescheinigung über ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen oder nach ca. drei Monaten einen elektronischen Aufenthaltstitel (eAT) Identitätskarte. Mit dieser erscheinen sie dann erneut bei dem Bürgerservicecenter, um sich ggf. umzumelden, weil sie eine Wohnung in der Hansestadt W. beziehen. Dieser Vorgang wird häufig begleitet von dem Wunsch der Asylberechtigten, die Angaben auf der Bescheinigung oder dem eAT zu korrigieren, weil sie nach deren Auffassung nicht den Fakten entspreche. Dies führt zu einer erneuten Prüfung, wie oben angegeben. Und in der Tat kommt es oft vor, dass die in der vorläufigen Gestattung vorgenommenen Eintragungen nicht mit den Eintragungen in der Identitätskarte übereinstimmen. Dies führt zu weiterem Ermittlungsaufwand. Auch hier handelt es sich um Aufgaben, die besondere Kenntnisse verlangen und selbstständig auszuführen sind.“

14

Auch im Bereich der Bearbeitung von Pass- und Personalausweisangelegenheiten seien selbstständige Leistungen zu erbringen. Identitätsfeststellungen seien nach dem Personalausweisgesetz oder dem Passgesetz auch erforderlich, wenn der Antragsteller keine Identitätskarte vorlegen könne. Auch seien in § 32 Personalausweisgesetz und § 25 Passgesetz Bußgeldvorschriften enthalten, die die Klägerin in gleicher Weise bearbeite, wie hinsichtlich des Vortrages zum Meldewesen beschrieben.

15

Der Anspruch der Klägerin beruhe auch auf einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Beklagte beschäftige Mitarbeiterinnen, die identische Arbeitsaufgaben zu erledigen hätten wie die Klägerin, die jedoch nach der Entgeltgruppe 8 TVöD vergütet würden. Diese Mitarbeiterinnen seien bereits in der Vergangenheit nach der Entgeltgruppe 8 vergütet worden. Es habe für die betroffenen Mitarbeiterinnen weder korrigierende Rückgruppierungen noch Zuweisung anderer Arbeitsaufgaben gegeben.

16

Die Klägerin beantragt,

17

unter Abänderung des am 25.01.2017 verkündeten und am 03.02.2017 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin, Az.: 4 Ca 993/16, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 27.07.2015 Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TVöD zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Die Beklagte trägt vor, der Vortrag der Klägerin bestehe im Wesentlichen aus pauschalen Behauptungen die nicht geeignet seien, der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweispflicht gerecht zu werden. Die Klägerin habe weder eine lückenlose und genaue Darstellung ihrer Einzelaufgaben in einer nachvollziehbaren Darlegung des auf die jeweiligen Einzelaufgaben entfallenden Zeitbedarfes dargelegt, noch habe sie schlüssig zum tariflichen Merkmal der selbstständigen Leistungen vorgetragen. Die Einschätzung des in der Sache nicht entscheidungsbefugten unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin könne die fehlende Schlüssigkeit des klägerischen Vortrages nicht ersetzen. Zum einen handele es sich auch bei dessen Ausführungen inhaltlich um eine nicht weiter substantiierte Vermutung. Zum anderen sei bereits mit Schriftsatz vom 11.08.2016 unwidersprochen vorgetragen worden – insoweit unstreitig – dass der Klägerin Aufgaben entsprechend der Stellenbeschreibung vom 14.03.2016 übertragen worden seien (Blatt 31, 32 d. A.).

21

Hinsichtlich der Argumentation der Klägerin mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz sei darauf zu verweisen, dass die Planstellen des Frontoffices mit identischem Aufgabenzuschnitt auch in dieselbe Entgeltgruppe 6 eingruppiert – insoweit unstreitig – seien. Richtig sei, dass Mitarbeiterinnen trotz der einheitlichen Eingruppierung der Planstellen in die Entgeltgruppe 6 – aus ihrer bisherigen Eingruppierung heraus – nach der Entgeltgruppe 8 vergütet würden. Etwaige personalwirtschaftliche oder rechtliche Entscheidungen zur Anpassung der Entgeltgruppe stünden noch aus. Dennoch könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass andere, vergleichbare Mitarbeiterinnen auf Grund des veränderten Aufgabenzuschnitts nunmehr zu Unrecht nach einer höheren Vergütungsgruppe vergütet würden.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Bereits nach ihrem eigenen Vortrag ist weder in inhaltlicher, noch in zeitlicher Hinsicht die Erbringung von sogenannten selbstständigen Leistungen im Sinne der hier einschlägigen Entgeltordnung TVöD/VKA ersichtlich.

1.

24

Die Klage ist als sogenannte Eingruppierungsfeststellungsklage im öffentlichen Dienst zulässig (BAG vom 21.03.2012, juris Rdnr 18).

2.

25

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Zwar finden nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien auf der Grundlage einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Inbezugnahme die Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Verwaltung nebst Entgeltordnung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Klägerin hat gegen die Beklagte bereits auf Grundlage ihres eigenen Vortrages gleichwohl keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA. Dies gilt sowohl für den Zeitraum ab dem 01.01.2017 (a), als auch für die Zeit vom 27.07.2015 bis zum 31.12.2016 (b).

a)

26

Die Klägerin verfügt über keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 der ab dem 01.01.2017 geltenden Entgeltordnung/VKA.

27

Gemäß § 12 TVöD/VKA richtet sich die Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 Entgeltordnung/VKA.

28

Die/der Beschäftigte ist danach in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgängen festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen (§ 12 Abs. 2 TVöD/VKA). Nach der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD/VKA sind Arbeitsvorgänge die Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der/des Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. Unterschriftsreife, Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrages, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrages auf Sozialleistung, Betreuung einer Person oder Personengruppe, Durchführung einer Unterhalts- oder Instandsetzungsarbeit). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. Eine Anforderung im Sinne der Sätze 2 und 3 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Entgeltgruppe.

29

Danach kommen für die Eingruppierung der Klägerin folgende Tarifbestimmungen in Betracht:

30

Entgeltgruppe 5 Ziffer 1:

31

Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens 3 Jahren und entsprechender Tätigkeit

32

Entgeltgruppe 6:

33

Beschäftigte der Entgeltgruppe 5, Fallgruppe 1, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert. (Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung – des Betriebes – bei der/die Beschäftigte tätig ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis der/des Beschäftigten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

34

Entgeltgruppe 7:

35

Beschäftigte der Entgeltgruppe 6, deren Tätigkeit mindestens zu 1/5 selbstständige Leistungen erfordert. (selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen).

36

Entgeltgruppe 8:

37

Beschäftigte der Entgeltgruppe 6, deren Tätigkeit mindestens zu 1/3 selbstständige Leistungen erfordert.

38

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 21.03.2012 a. a. O., Rd.-Nr. 42 und 43 m. w. N.) erfordern selbstständige Leistungen im vorgenannten Sinn ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative, wobei eine leichte geistige Arbeit diese Anforderungen nicht erfüllen kann. Danach darf das Merkmal selbstständige Leistungen nicht mit dem Begriff „Selbstständig Arbeiten“ verwechselt werden, worunter man eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung versteht. Eine selbstständige Leistung im Tarifsinn ist nur dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Entgeltgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinn ist danach – ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe – ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Vom Beschäftigten werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an dessen Überlegungsvermögen gestellt werden. Der Beschäftigte muss dabei unterschiedliche Informationen verknüpfen, untereinander abwägen und zu einer Entscheidung kommen. Eine entsprechende geistige Arbeit wird mithin dann zu bejahen sein, wenn der Beschäftigte sich bei der Arbeit Fragen muss, wie geht es weiter, worauf kommt es nun an und was muss als nächstes geschehen (BAG vom 10.12.1997, 4 AZR 221/96; Juris, Rd.-Nr. 87).

39

Dieser Umstand wiederum setzt voraus, dass zur Bejahung der selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinn ein bestimmter Entscheidungsspielraum notwendig ist. Dort, wo das Arbeitsergebnis mehr oder weniger bis in alle Einzelheiten durch bindende Vorschriften vorgezeichnet, ist mit der Folge, dass für einen irgendwie gearteten Entscheidungsspielraum kein Raum bleibt, liegen keine selbstständige Leistungen im tariflichen Sinn vor. Kenntnisse über den Verfahrensablauf und Erfahrungswissen sind den Fachkenntnissen zuzurechnen und haben begrifflich keinen Bezug zu dem Heraushebungsmerkmal der selbstständigen Leistungen (BAG vom 14.08.1985, 4 AZR 21/84; Juris, Rd.-Nr. 43).

40

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer Entgeltgruppe liegt bei der Arbeitnehmerin, die eine Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe begehrt (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts; vgl. z. B. BAG vom 26.01.2005, 4 AZR 6/04; Juris, Rd.-Nr. 54 m. w. N.). Wenn sich die klagende Partei dabei auf das Vorliegen eines Heraushebungsmerkmals beruft, so kann von einem schlüssigen Vortrag nicht ausgegangen werden, wenn die klagende Partei sich auf eine Darstellung der eigenen Tätigkeit beschränkt. Aus der tatsächlich erbrachten Tätigkeit sind für sich allein genommen keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich gegenüber den Tätigkeitsmerkmalen in einer anderen Vergütungsgruppe heraushebt. Im Falle – wie hier – aufeinander aufbauender Vergütungsgruppen mit Herausstellungsmerkmalen ist ein wertender Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten erforderlich. Aus diesem Grund hat die klagende Partei nicht nur die eigene Tätigkeit im einzelnen darzustellen. Sie muss darüber hinaus Tatsachen darlegen, die den erforderlichen wertenden Vergleich mit den nicht derart herausgehobenen Tätigkeiten ermöglichen.

41

Bereits aus dem eigenen Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass sich ihre Tätigkeit durch selbstständige Leistungen aus der Entgeltgruppe 6 heraushebt. Dabei kann zu Gunsten der Klägerin auf der Grundlage des unstreitigen Vortrages der Parteien davon ausgegangen werden, dass ihre Tätigkeit zu mehr als 50 % gründliche und vielseitige Fachkenntnisse im Sinne der Entgeltgruppe 6 erfordert. Jedoch ist nach dem Vortrag der Klägerin nicht ansatzweise ersichtlich, welche konkreten Arbeitstätigkeiten mit welchem zeitlichen Umfang im Bereich eines bestimmbaren Arbeitsvorganges das tarifliche Merkmal der selbstständigen Leistungen erfüllen sollen. Die Klägerin behauptet lediglich, die von ihr zu erbringenden Arbeitsleistungen seien dem Tarifmerkmal der selbstständigen Leistungen zuzuordnen. Jedoch beschreibt die Klägerin mit keinem Wort, in welcher Art und Weise sie welche konkreten Arbeitsanforderungen erledigt. Mithin ist es der Kammer nach den pauschalen Ausführungen der Klägerin bereits im ersten Schritt nicht möglich, die von der Klägerin tatsächlich zu erbringenden Arbeitsleistungen auf das Heraushebungsmerkmal der selbstständigen Leistungen hin zu prüfen. Deshalb wird erstinstanzlich diesbezüglich zutreffend wie folgt ausgeführt:

42

„Der Vortrag der Klägerin zur Selbstständigkeit erfüllt, unabhängig davon, dass keinerlei zeitliche Quantität hierzu angegeben ist, so dass eine Beurteilung, ob diese Tätigkeit 1/5 der Gesamttätigkeit erfasst, nicht möglich ist, selbst in den Bereichen, die nicht dem Einwohnermeldeamt zuzuordnen sind, nicht das Erfordernis der Selbstständigkeit. Wie die Beklagt zutreffend und unwidersprochen vorgetragen hat, obliegt beispielsweise die Ermessensentscheidung zur Einleitung oder Einstellung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens nicht der Klägerin. Auch im Bereich des Passwesens, etwa bei der Identifikation eines Bürgers, hat die Klägerin lediglich Normen umzusetzen. Ihr kommt kein Entscheidungsspielraum im Sinne eines Ermessensspielraums zu. Die Klägerin ist offenbar auch im Bürgerservicecentrum mit ähnlichen Arbeiten betraut, mit denen sie bereits im Einwohnermeldeamt betraut war. Dass diese eine selbstständige Tätigkeit und Befassung mit Aufgaben beinhalten, welche gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern, ist nicht dargelegt.“

43

Trotz des dezidierten Hinweis- und Auflagenbeschlusses in der ersten Instanz und den eben zitierten Ausführungen in der hier angefochtenen Entscheidung, belässt es die Klägerin auch in der Berufungsbegründung lediglich bei einer pauschalen Beschreibung ihrer Tätigkeit. An einer Beschreibung ihrer konkreten Tätigkeitsinhalte inklusive der notwendigen Darstellung der jeweiligen Arbeitsschritte fehlt es völlig.

44

Soweit sich die Klägerin darauf beruft, die Beklagte habe den Anfall von selbstständigen Leistungen mit einem Zeitanteil von 30 % im Arbeitsvorgang „Bearbeitung von Meldeangelegenheiten sowie Beratung“ unstreitig gestellt, so dass diesbezüglich vom Vorliegen selbstständiger Leistungen im tariflichen Sinn auszugehen sei, so trifft dies nach Auffassung der Kammer nicht zu. Denn auch insoweit fehlt es an einem weitergehenden – und notwendigen – Sachvortrag der Klägerin. Denn das Tätigkeitsmerkmal selbstständige Leistungen erfüllt – nur – dann den gesamten Arbeitsvorgang, wenn eben dieser Arbeitsvorgang selbstständige Leistungen in rechtserheblichem Ausmaß enthält. Dieser Umstand ist insbesondere dann zu bejahen, wenn ohne diese selbstständigen Leistungen in dem Arbeitsvorgang keine sinnvollen Arbeitsergebnisse erzielt werden könnten (BAG vom 22.03.1995 – 4 AZN 1105/94; Juris, Rd.-Nr. 6, LAG Niedersachsen vom 26.04.2004, 5 Sa 1682/03E; Juris, Rd.-Nr. 45).

45

Es ist kein Vortrag der Klägerin vorhanden, bei welchen konkreten Arbeitsleistungen bzw. Arbeitsschritten das Merkmal der selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne gegeben sein sollen. Allein deshalb sind dem erkennenden Gericht keine dahingehenden Rückschlüsse möglich, ob ohne diese (welche ?) Tätigkeiten der Klägerin ein verwertbares Arbeitsergebnis im Bereich eines bestimmten Arbeitsvorganges nicht erreicht werden kann.

46

Dieser mangelnde Sachvortrag geht zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin.

b)

47

Da die Klägerin – wie bereits unter Punkt 2. a) festgestellt – die Ausübung selbständiger Leistungen im Sinne des TVöD/VKA bereits nicht substantiiert dargelegt hat, kommt auch für die Zeit vom 27.07.2015 bis zum 31.12.2016 nach dem bis dahin geltenden Übergangsrecht zur Eingruppierung nach § 17 TVÜ-VKA ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA nicht in Betracht.

3.

48

Soweit die Klägerin sich zur Begründung des von ihr geltend gemachten Anspruches auf eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes beruft, so kann dem nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht gefolgt werden. Auch diesbezüglich fehlt es an einem hinreichend konkreten Sachvortrag der auch insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin. Dies hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung rechtsfehlerfrei entschieden und insoweit ausgeführt:

49

„Soweit die Klägerin schließlich auf die Eingruppierung anderer Mitarbeiter abstellt, ist dies rechtlich ohne Belang. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, mit den von ihr in Bezug genommenen Angestellten, die im Übrigen auch nicht näher benannt werden, gleichbehandelt zu werden. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet zwar sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage, als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung aber nur dann, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise als Willkür anzusehen ist.

50

51

Die Beklagtenseite hat im Einzelnen dargelegt, dass in Folge der Umstrukturierung und Neueinrichtung des Bürgerservicecenters verschiedene Leistungen und auch verschiedene Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen in einem Bereich zusammengefasst arbeiten. Hierbei wurden die Aufgaben komplett neu verteilt. Hierbei mag es auch dazu gekommen sein, dass höher vergütete Mitarbeiter auf vermeintlich selber Hierarchieebene wie die Klägerin mit ähnlichen Aufgaben betraut wurden. Vorliegend hat die Klägerin aber bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht dargelegt, dass und aus welchen Gründen sie mit den Angestellten in vergleichbarer Hierarchieebene, die höher vergütet werden, vergleichbar ist. Zudem sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte diese Angestellten etwa willentlich eine überobligatorische Vergütung gewährt und nicht nur die tariflichen Vergütungsbestimmungen, sei es auch unter zeitweiliger Zuweisung von Arbeitsaufgaben, welche eine derartige Vergütungsgruppe rechtfertigen, erfolgt.“

52

Die Kammer macht sich die vorstehende Begründung zu Eigen, zumal die Klägerin in der Berufungsinstanz diesbezüglich keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen hat.

4.

53

Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

5.

54

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 2. November 2016 - 3 Sa 213/16 - insoweit teilweise aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 2014 nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 24. März 2016 - 5 Ca 4247/15 - zurückgewiesen.

3. Von den Kosten der ersten und zweiten Instanz hat die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen. Von den Kosten der Revision hat die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin ist auf der Basis des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 2. September 2002 bei der Beklagten als Geschäftsstellenverwalterin und Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am Bundesverwaltungsgericht beschäftigt. Nach dessen § 2 bestimmt sich

        

„Das Arbeitsverhältnis … nach dem Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Ausgenommen ist der Beihilfe-Tarifvertrag vom 15. Juni 1959 i. d. F. des Ergänzungstarifvertrages vom 26. Mai 1964.“

3

Die Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichts gliedert sich in sechs Arbeitsgruppen, die jeweils von einer Beamtin oder einem Beamten des gehobenen Dienstes geleitet werden. Die Aufgaben der Geschäftsstelle sind in der Geschäftsstellenordnung für das Bundesverwaltungsgericht (GStO-BVerwG) festgelegt, in der es ua. heißt:

        

§ 5   

        

Geschäfte des mittleren Dienstes

        

…       

        

3.    

Die Beschäftigten des mittleren Dienstes haben insbesondere folgende Aufgaben zu erledigen:

                 

a)    

Urkundsbeamte/r Geschäftsstellenverwalter/in

                          

●       

Führung der Register, Verzeichnisse usw. nach Maßgabe dieser Geschäftsstellenordnung und aufgrund von Entscheidungen über die Geschäftsverteilung in den einzelnen Senaten

                          

●       

Erfassung und Pflege von Verfahrensdaten gemäß GO§A-Anwenderhandbuch, Verwaltung des Schriftguts, Aktenführung einschließlich Aktenrücksendung, Überwachung des Aktenumlaufs und Fristenkontrolle

                          

●       

Erledigung des Schreibwerks

                          

●       

Schreiben von Entscheidungen und Gutachten einschließlich des Lesens

                          

●       

Protokollführung einschließlich der Übersendung von Protokollabschriften

                          

●       

Rücksendung der Prozessakten und Beiakten nach Beendigung des Rechtsmittelverfahrens

                          

●       

Zustellungs- und Verkündungsvermerke auf Urteilen

                          

●       

Vermerk der Übergabe des Urteils an die Geschäftsstelle

                          

●       

Vermerk eines Berichtigungsbeschlusses auf der Urschrift der Entscheidung und/bzw. den Ausfertigungen

                          

●       

Gewährung und Überwachung der Akteneinsicht

                          

●       

Erteilung von Auszügen und Abschriften aus den Gerichts- und Beiakten

                          

●       

Erteilung von Notfristzeugnissen

                          

●       

Bearbeitung von Aktenanforderungen im Wege der Amtshilfe

                          

●       

Beglaubigung von Abschriften

                          

●       

Erstellung der Senatsstatistiken über den Stand der Verfahren und besonderer statistischer Aufstellungen für den jeweiligen Senat

                          

●       

Mitwirkung im Sinne der Kostenverfügung

                          

●       

Anonymisierung von Entscheidungen gemäß Anlage 2 der Dienstanweisung über die Erstellung von Schriftgut beim Bundesverwaltungsgericht für den Versand

                 

b)    

Kostenbeamte/r

                          

…“    

4

Bis zum 30. September 2005 erhielt die Klägerin eine Vergütung nach der VergGr. VIb der Anlage 1a zum BAT-O. Nach Inkrafttreten des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) am 1. Oktober 2005 wurde sie in die Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund mit einer individuellen Zwischenstufe zwischen den Stufen 5 und 6 übergeleitet. Seit dem 1. Oktober 2007 erhält sie eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 TVöD/Bund.

5

Mit Schreiben vom 26. November 2014 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat unter Hinweis auf die Protokollerklärung zu Teil III Nr. 20 des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund) um die Überprüfung ihrer Eingruppierung.

6

Mit einem weiteren Schreiben vom 24. Juni 2015 nahm die Klägerin auf ihren Antrag vom 26. November 2014 Bezug und führte aus, sie

        

„… weise zunächst zur Klarstellung darauf hin, dass es sich um einen Antrag auf Höhergruppierung gemäß § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund handelt.“

7

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30. Juni 2015, das der Beklagten am folgenden Tag zugegangen ist, machte die Klägerin eine Eingruppierung in der Entgeltgruppe 9a Teil III Nr. 20 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund geltend.

8

Im Juli 2015 wies die Beklagte das Begehren der Klägerin zurück und übersandte ihr aus Anlass der Tarifvertragsänderung eine Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 14. Juli 2015 „mit Wirkung vom 01.01.2014“. Diese lautet auszugsweise:

        

„4.5. 

Der Arbeitsplatzinhaber hat folgende Zeichnungs- und Feststellungsbefugnisse

                 

Wahrnehmung der Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gemäß § 153 Abs. 5 GVG

                 

Führung des Protokolls bei mündlichen Verhandlungen und anderen Terminen

                 

Aufgaben einer Kostenbeamtin/eines Kostenbeamten

        

5.    

Beschreibung der Tätigkeiten, die eine Bildung von Arbeitsvorgängen und deren tarifliche Bewertung ermöglicht, einschließlich der dazu benötigten Fachkenntnisse

        

I.    

Tätigkeiten

                 

Fortlaufend nummerieren: 5.1., 5.2. u.s.w.

Zeitanteil

                 

5.1 a)

Verteilung der neu eingegangen Verfahren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan; Feststellung des zuständigen Richters gemäß senatsinternem Geschäftsverteilungsplan

3 %     

                 

5.1 b)

Prüfen der Rechtsmittelfristen sowie der Vertretungsbefugnis

7 %     

                 

5.2.   

Schriftgutverwaltung, wie Stammdaten- und Verfahrensdatenerfassung und -pflege, Zuordnung eingehender Schriftsätze zu den Verfahren einschließlich Umlaufverwaltung

18 %   

                 

5.3.   

Aktenführung (unter Beachtung der getrennten Aktenführung) der Prozess-, Senats-, Sach- und Handakten sowie Sonderhefte in Papierform und elektronischer Form einschl. Überwachung von Akteneinsicht

7 %     

                 

5.4.   

Aktenrücksendung nach Abschluss des Verfahrens an die Vorinstanzen, bei erstinstanzlichen Verfahren an die Behörde

3 %     

                 

5.5.   

Fertigung des Schreibwerks, wie Abarbeiten von Verfügungen sowie Schreiben, Korrigieren und Formatieren von Gutachten und Entscheidungen einschließlich Lesen

30 %   

                 

5.6.   

Beglaubigung von gerichtlichen Schreiben, Erteilen von Bescheinigungen, wie Rechtskraftbescheinigungen, Notfristzeugnisse, Verkündungsvermerke sowie Bescheinigung des Eingangs von Senatsentscheidungen in der Geschäfts-stelle

5 %     

                 

5.7.   

Führen der Eingangsregister und weiterer Verzeichnisse

2 %     

                 

5.8.   

Bearbeitung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen, insbesondere von Verfahrensbeteiligten

1 %     

                 

5.9.   

Aufgaben des Kostenbeamten

12 %   

                 

5.10. 

Vorbereitung von mündlichen Verhandlungen und anderen Terminen, wie Beratungstermine, Erörterungstermine einschl. Erstellen der Sitzungsaushänge

5 %     

                 

5.11. 

Protokollführung in mündlichen Verhandlungen und anderen Terminen

5 %     

                 

5.12. 

Kontrolle von sonstigen Fristen und Zustellnachweisen

2 %“   

9

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit stelle einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar. Die ihr übertragenen Aufgaben seien organisatorisch nicht voneinander getrennt. Dieser Arbeitsvorgang enthalte mit der Prüfung der Rechtsmittelfristen, dem Führen der Eingangsregister, der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen sowie der Protokollführung und ihrer Tätigkeit als Kostenbeamtin in rechtserheblichem Ausmaß schwierige Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppe 9a, hilfsweise der Entgeltgruppe 8 Teil III Nr. 20 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund.

10

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Mai 2014 nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge für die Monate ab Mai 2014 ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen;

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Mai 2014 nach der Entgeltgruppe 8 TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge für die Monate seit Mai 2014 ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die Klägerin erfülle weder ein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 9a noch der Entgeltgruppe 8 TV EntgO Bund. Sie sei zutreffend in der Entgeltgruppe 6 TV EntgO Bund eingruppiert. Die ihr übertragene Tätigkeit untergliedere sich in sieben Arbeitsvorgänge. Die Beglaubigungen und die Auskunftserteilung seien nicht Bestandteil der Aktenführung und deshalb gesondert zu bewerten; für die Durchführung von Beglaubigungen werde die Akte nur als Arbeitsmittel benötigt. Auch bei der Beantwortung von Sachstandsanfragen handele es sich um eine vom Führen und Verwalten der Gerichtsakten zu trennende Serviceleistung, bei der die Akte lediglich als Erkenntnismittel genutzt werde. Die eigentliche Prüfung der Form- und Fristerfordernisse bei neu eingehenden Verfahren obliege nicht der Klägerin, sondern den Beamten des gehobenen Dienstes. Der Klägerin kämen insoweit nur unterstützende Aufgaben zu. Lediglich die Arbeitsvorgänge Kostensachen mit 12 %, Protokollführung mit 10 %, Eingangszuteilung mit 3 %, Beglaubigungen mit 5 % und Auskunftserteilung mit 1 %, also insgesamt nur 31 % der Gesamttätigkeit, seien schwierig im Sinne des tariflichen Tätigkeitsmerkmals.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Der Klägerin steht lediglich für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 ein Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund zu. Einen weiter gehenden Vergütungsanspruch für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 2014 hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht bejaht. Ein möglicher Entgeltanspruch für diesen Zeitraum ist wegen der nicht rechtzeitigen Geltendmachung nach § 37 TVöD verfallen. Das führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Hilfsantrag fällt nicht mehr zur Entscheidung an.

14

I. Die als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage auch im Hinblick auf die Verzinsungspflicht (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 10 mwN) zulässige (st. Rspr., sh. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 13 mwN) Klage ist entgegen der Auffassung der Revision für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund.

15

1. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme der BAT-O sowie der diesen mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2005 ersetzende TVöD für den Bereich des Bundes iVm. dem TVÜ-Bund Anwendung finden.

16

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts richtet sich die Eingruppierung der Klägerin allerdings nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TVöD/Bund sowie den Tätigkeitsmerkmalen des TV EntgO Bund, sondern nach § 22 BAT-O und den in diesem geregelten Tätigkeitsmerkmalen. Die Anwendung der Tätigkeitsmerkmale des TV EntgO Bund durch das Landesarbeitsgericht beruht auf einem unzutreffenden Verständnis von § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund.

17

a) Gemäß § 24 TVÜ-Bund gelten im Grundsatz für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den 31. Dezember 2013 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2014 unter den Geltungsbereich des TVöD fallen, ab dem 1. Januar 2014 für Eingruppierungen die §§ 12 und 13 TVöD/Bund. Nach § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund erfolgt die Überleitung dieser Beschäftigten unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. Nach der Protokollerklärung zu § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund gilt die vorläufige Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 2 oder 4 TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung als Eingruppierung. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in den TV EntgO Bund nicht statt. Danach verbleibt es bei unveränderter Tätigkeit grundsätzlich auch nach dem 1. Januar 2014 bei der einmal anlässlich der Überleitung vom BAT-O in den TVöD erfolgten Eingruppierung.

18

b) Nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund sind die Beschäftigten auf deren Antrag, der nach Satz 2 der Vorschrift bis zum 30. Juni 2015 gestellt werden konnte, in der Entgeltgruppe eingruppiert, die nach § 12 TVöD/Bund zutreffend ist, wenn sich nach dem TV EntgO Bund eine höhere Entgeltgruppe ergibt. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

19

aa) Die Tarifvertragsparteien haben die Vergütung der übergeleiteten Beschäftigten im Grundsatz in der Weise geregelt, dass - bei unveränderter Tätigkeit - die vorläufige Eingruppierung ab 1. Januar 2014 als „richtige“ Eingruppierung gilt. Hierdurch sollten eine „Eingruppierungswelle“ vermieden und die öffentlichen Arbeitgeber entlastet werden (vgl. Effertz TVöD Jahrbuch Bund 2017 IV.01 S. 843 zu 2.1; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand 1/2018 B 218 B 2.2 § 26 TVÜ-Bund Erl. 1 Rn. 1, 3; Litschen in Adam/Bauer/Bettenhausen/ua. Tarifrecht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Stand Dezember 2015 Teil II § 26 TVÜ-Bund B I Rn. 3; zur vergleichbaren Regelung des § 29a TVÜ-Länder sh. Augustin ZTR 2012, 484). Für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit gilt ein Bestandsschutz für die bisherige Entgeltgruppe. Liegt keine „unverändert auszuübende Tätigkeit“ vor, entfällt dieser. Da aber durch den am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen TV EntgO Bund im Vergleich zur früheren Tariflage vielfach höhere Eingruppierungen tariflich vereinbart worden sind, eröffnet § 26 TVÜ-Bund den Beschäftigten den Zugang zum neuen Entgeltsystem dann, wenn sie bei Zugrundelegung der Tätigkeitsmerkmale des - neuen - TV EntgO Bund eine Vergütung nach einer höheren Entgeltgruppe verlangen können. Umgekehrt kann sich allerdings im Einzelfall - beispielsweise durch Anrechnung des Höhergruppierungsgewinns auf einen möglicherweise nach § 12 TVÜ-Bund zustehenden Strukturausgleich oder aufgrund des geringeren Bemessungssatzes der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2, Abs. 3 TVöD/Bund bei Höhergruppierungen aus der Entgeltgruppe 8 in die Entgeltgruppe 9a oder 9b oder aus der Entgeltgruppe 12 in die Entgeltgruppe 13 - trotz einer höheren Eingruppierung ein finanzieller Nachteil ergeben(sh. auch Rundschreiben des BMI vom 24. März 2014 idF der 6. Ergänzung vom 27. Januar 2017 - D 5 - 31003/2#4 - Teil E Ziff. 1.4.4). Deshalb räumt § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund den betroffenen Beschäftigten durch das tarifliche Antragserfordernis ein Wahlrecht zwischen einer Vergütung nach der bisherigen und der neuen Entgeltordnung ein(Litschen aaO). Die Korrektur einer schon nach der bisherigen Vergütungsordnung erfolgten fehlerhaften Eingruppierung war dagegen nicht Ziel von § 26 TVÜ-Bund.

20

bb) Im Streitfall ergibt sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des TV EntgO Bund keine höhere Entgeltgruppe. Die Klägerin macht lediglich geltend, ihre Tätigkeit enthalte nicht, wie von der Beklagten angenommen, nur zu mindestens einem Fünftel, sondern zu mindestens der Hälfte schwierige Tätigkeiten. Übt die Klägerin zu mindestens einem Fünftel schwierige Tätigkeiten aus, war sie nach der Vergütungsordnung des BAT-O in der VergGr. VIb der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert und nach der Anlage 2 zum TVÜ-Bund in die Entgeltgruppe 6 überzuleiten. Übt die Klägerin zu mindestens der Hälfte der ihr übertragenen Tätigkeiten schwierige Tätigkeiten aus, war sie - nach unstreitiger dreijähriger Bewährung - in der VergGr. Vb der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert und nach der Anlage 2 zum TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in die Entgeltgruppe 9 sowie gemäß § 27 Abs. 3 TVÜ-Bund iVm. Satz 1 Buchst. a Anhang zu § 16 TVöD/Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in die Entgeltgruppe 9a überzuleiten. Danach führt die Überleitung bei - aus Sicht der Klägerin - zutreffender Eingruppierung in die Vergütungsordnung des BAT-O ebenso wie auch die Eingruppierung nach dem TV EntgO Bund zu einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund. Es verbleibt deshalb bei der Anwendung der bislang für die Eingruppierung maßgebenden Tarifregelungen des BAT-O.

21

3. Die Klägerin war in Anwendung von § 22 BAT-O in die VergGr. Vb Fallgr. 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert und entsprechend in die Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund überzuleiten.

22

a) Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BAT-O ist die Klägerin in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.

23

aa) Hiernach ist Bezugsobjekt der tariflichen Bewertung der Arbeitsvorgang.

24

(1) Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis maßgebend (st. Rspr., etwa BAG 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 146, 22; 15. September 2004 - 4 AZR 396/03 - zu I 1 d aa der Gründe, BAGE 112, 39). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vorneherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (st. Rspr., zB BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, aaO; grdl. 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN). Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer/s Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind (vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 773/12 - Rn. 19; 22. September 2010 - 4 AZR 149/09  - Rn. 17 mwN).

25

(2) Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht. Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17, BAGE 151, 150; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58). Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Beispiele für schwierige Tätigkeiten angeführt haben. Damit haben sie die Bewertung von Einzeltätigkeiten festgelegt, nicht aber die Bestimmung von Arbeitsvorgängen vorgegeben, die gerade nicht nach der Wertigkeit der Einzeltätigkeiten, sondern vielmehr ohne Rücksicht auf diese vorzunehmen ist. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen (BAG 31. Oktober 1990 - 4 AZR 260/90 -; 14. August 1985 - 4 AZR 21/84 - BAGE 49, 250) ausgeführt hat, die gewöhnlichen Aufgaben eines Geschäftsstellenverwalters und die „schwierigen Tätigkeiten“ im Tarifsinne seien verschiedenen Arbeitsvorgängen zuzuordnen, beruht dies auf der Annahme, tatsächlich trennbare tariflich verschieden zu bewertende Tätigkeiten könnten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. An dieser Rechtsprechung hat der Senat in seiner nunmehr ständigen Rechtsprechung nicht mehr festgehalten (sh. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, BAGE 146, 22). Es kommt für die tarifliche Bewertung nicht darauf an, ob und inwieweit Einzelaufgaben verwaltungstechnisch verschiedenen Beschäftigten zugewiesen werden könnten, solange sie im Zusammenhang als eine einheitliche Arbeitsaufgabe tatsächlich einer Person übertragen sind (grdl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN).

26

(3) Der Begriff des Arbeitsvorgangs unterliegt als feststehender, abstrakter und den Parteien vorgegebener Rechtsbegriff in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht, das bei Vorliegen der erforderlichen Tatsachenfeststellungen die Arbeitsvorgänge auch selbst bestimmen kann (BAG 18. Februar 1998 - 4 AZR 552/96 - Rn. 34).

27

bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist bei natürlicher Betrachtungsweise ein abgrenzbares Arbeitsergebnis (vgl. Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-O) die Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens. Zu ihm gehören sämtliche mit der Aktenführung und -betreuung im Zusammenhang stehende Tätigkeiten einschließlich der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen sowie - darüber hinaus - der Fertigung des Schreibwerks und der Verteilung der Neueingänge. Diese Einzelaufgaben und -tätigkeiten sind als einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten.

28

(1) Das Landesarbeitsgericht hat zunächst zutreffend die Aktenführung im engeren Sinne (Ziff. 5.3. der Tätigkeitsbeschreibung = 7 %), die Aktenrücksendung (Ziff. 5.4. = 3 %), die Schriftgutverwaltung (Ziff. 5.2. = 18 %), das Führen der Eingangsregister (Ziff. 5.7. = 2 %), die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Prüfung von Rechtsmittelfristen und Vertretungsbefugnissen (Ziff. 5.1b = 7 %) und die Kontrolle von sonstigen Fristen (Ziff. 5.12. = 2 %) sowie die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen (Ziff. 5.6. = 5 % und Ziff. 5.8. = 1 %) einem einheitlichen Arbeitsvorgang zugeordnet.

29

(a) Der Senat hat in der Vergangenheit angenommen, in aller Regel sei die Tätigkeit eines gerichtlichen Geschäftsstellenverwalters ein Arbeitsvorgang, weil alle seine Aufgaben im Sinne einer vorgegebenen, einheitlichen Funktion einem Arbeitsergebnis dienen, das in der Verwaltung der Geschäftsstelle mit allen dazugehörigen Aufgaben besteht (zB BAG 14. August 1985 - 4 AZR 21/84 - BAGE 49, 250). Zu diesen gehören - bei einheitlicher Übertragung - auch die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen.

30

(aa) Auch im Streitfall sind der Klägerin diese Tätigkeiten aus Gründen der Praktikabilität (vgl. dazu BAG 14. September 1994 - 4 AZR 787/93 -) im Zusammenhang mit der ihr obliegenden Aktenführung einheitlich und alleinverantwortlich im Sinne einer sinnvollen Verwaltungsübung übertragen worden. Das wird auch durch § 5 der GStO-BVerwG bestätigt. Die Vorschrift differenziert nicht zwischen verschiedenen Aufgaben im Zusammenhang mit der Aktenführung, sondern vielmehr nur zwischen den Aufgaben der Urkundsbeamtin und Geschäftsstellenverwalterin auf der einen und denen der Kostenbeamtin auf der anderen Seite.

31

(bb) Die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen stehen zudem in einem inneren Zusammenhang mit der Betreuung des Aktenvorgangs in der Geschäftsstelle, weil die Klägerin die Akte durch die sonstigen ihr übertragenen Arbeitsschritte kennt und sie bei der Beglaubigung heranzieht.

32

(b) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen von der Aktenführung als solcher trennbar wären. Die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt gemäß § 22 BAT-O „bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten“ und damit abhängig von der diesem konkret übertragenen Tätigkeit. Entscheidend ist danach im Streitfall, dass sie der Klägerin im Interesse einer zügigen Bearbeitung einheitlich übertragen sind. Unerheblich ist, dass es theoretisch möglich wäre, durch organisatorische Maßnahmen einen Arbeitsvorgang aufzuteilen und die Bearbeitung dieser Teile auf verschiedene Mitarbeiter zu übertragen (vgl. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34 mwN; 2. Dezember 1992 - 4 AZR 140/92 -). Dies ist im Falle der Klägerin tatsächlich gerade nicht erfolgt.

33

(2) Dieselben Erwägungen gelten für die Aufgabe der Fertigung des Schreibwerks, die der Klägerin ebenso im Zusammenhang mit der Betreuung der Aktenvorgänge - einheitlich - übertragen worden ist.

34

(3) Schließlich ist diesem Arbeitsvorgang die Verteilung der Neueingänge zuzuordnen. Sie ist bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise nicht auf ein anderes Arbeitsergebnis gerichtet, sondern vielmehr auch Teil der Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle (zur Neuanlage von Akten durch einen Kriminalaktenverwalter vgl. auch BAG 15. November 1995 - 4 AZR 557/94 - zu II 2 c der Gründe).

35

cc) Der so bestimmte Arbeitsvorgang macht 78 % der der Klägerin übertragenen Gesamttätigkeit aus. Ob darüber hinaus die weiteren Teiltätigkeiten der Protokollführung und die Wahrnehmung der Aufgaben der Kostenbeamtin diesem Arbeitsvorgang zuzuordnen sind, kann dahinstehen, da die der Klägerin übertragene Tätigkeit bei jedem insoweit denkbaren Zuschnitt das Tätigkeitsmerkmal der „schwierigen Tätigkeit“ im Tarifsinne erfüllt.

36

b) Die Bewertung des maßgeblichen Arbeitsvorgangs ergibt, dass die Klägerin überwiegend Tätigkeiten ausübt, die das Tarifmerkmal der VergGr. Vb Fallgr. 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O erfüllen.

37

aa) Die vorliegend maßgebenden Tätigkeitsmerkmale lauten:

        

I.    

Angestellte bei Gerichten und Staatsanwaltschaften

        
        

Vergütungsgruppe V b

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie schwierig ist,

        
                          

nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1.

        
                 

(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)

        
        

…       

                 
        

Vergütungsgruppe V c

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie schwierig ist.

        
                 

(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)

        
        

…       

                 
        

Vergütungsgruppe VI b

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Fünftel schwierig ist. (Das Tätigkeitsmerkmal ist auch erfüllt, wenn die schwierigen Tätigkeiten zusammen mit der selbständigen Fertigung von Inhaltsprotokollen in Strafsachen mindestens 35 vom Hundert der Gesamttätigkeit ausmachen.) - Fußnote 1 -

        
                 

(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)

        
        

…       

                 
                                   
        

Vergütungsgruppe VII

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften.*

                 

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)

        

…       

        

Protokollnotizen:

        

1.    

Geschäftsstellenverwalter sind Angestellte, die Schriftgut verwalten und mindestens zu einem Drittel ihrer Gesamttätigkeit die sonstigen, in den Geschäftsordnungen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften für ihr Arbeitsgebiet dem mittleren Dienst zugewiesenen Tätigkeiten wahrnehmen.

        

…       

        
        

2.    

Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind zum Beispiel:

                 

a)    

die Anordnung von Zustellungen, die Ladung von Amts wegen und die Vermittlung von Zustellungen im Parteibetrieb, die Heranziehung und die Ladung der ehrenamtlichen Richter, die Besorgung der öffentlichen Zustellung und Ladung,

                 

b)    

die Erteilung von Rechtskraft- und Notfristzeugnissen sowie die Erteilung von Vollstreckungsklauseln, die Vollstreckbarkeitsbescheinigung in Strafsachen,

                 

…       

        
                 

e)    

die Aufgaben des Kostenbeamten, die Aufgaben der Geschäftsstelle bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung, die Festsetzung und Anweisung der den Zeugen, Sachverständigen und ehrenamtlichen Richtern sowie den Beteiligten zu gewährenden Entschädigungen (einschl. etwaiger Vorschüsse),

                 

…       

        
                 

g)    

die unterschriftsreife Vorbereitung von Beschlüssen und Verfügungen sowie Anordnungen für Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger, die Vorprüfung von Klagen und Anschuldigungsschriften, Anträgen sowie Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen in Gerichtsverfahren (Spruchkörperzuständigkeit, Ermittlung des Berichterstatters, Fristwahrung, Beweisangebote in patentgerichtlichen Verfahren u.ä.), die Überprüfung fristgebundener Gebührenzahlungen in patentgerichtlichen Verfahren,

                 

h)    

die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art sowie die Überwachung von Akteneinsichten in patentgerichtlichen Verfahren.

                 

Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind auch die Aufgaben als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle beim Bundesverfassungsgericht, bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes und bei dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof.

        

…“    

        
38

bb) Das Merkmal der schwierigen Tätigkeiten, das in den Protokollnotizen der maßgebenden Vergütungsgruppen konkretisiert ist, ist im Umfang von mindestens der Hälfte erfüllt, wenn Arbeitsvorgänge, die mindestens die Hälfte der gesamten Arbeitszeit der Klägerin in Anspruch nehmen, schwierige Tätigkeiten enthalten. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs zeitlich überwiegend anfallen (BAG 17. Mai 2017 - 4 AZR 798/14 - Rn. 27 mwN). Vielmehr genügt es, dass die Anforderungen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfallen und ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt würde (BAG 17. April 2013 - 4 AZR 915/11 - Rn. 40; vgl. dazu 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93  -).

39

cc) Gemessen daran übt die Klägerin mindestens zur Hälfte der ihr übertragenen Tätigkeit schwierige Tätigkeiten im Sinne der VergGr. Vb Fallgr. 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O aus.

40

(1) Im Rahmen der Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle fallen schwierige Tätigkeiten in rechtlich erheblichem Umfang an.

41

(a) Die Bearbeitung von Sachstandsanfragen mit Auskunftsersuchen sind nach der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. h Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O, die Beglaubigung von gerichtlichen Schreiben und Erteilung von Bescheinigungen wie Rechtskraftzeugnisse ua. sind gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. b Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O schwierige Tätigkeiten im Sinne des Tarifmerkmals. Auch sind die Verteilung der neu eingegangenen Verfahren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan und die Feststellung des zuständigen Richters gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. g Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O schwierig im Sinne des Tätigkeitsmerkmals. Der Anteil dieser Tätigkeiten an der von der Klägerin auszuübenden Gesamttätigkeit beträgt damit insgesamt 9 Prozentpunkte. Das macht bezogen auf den Arbeitsvorgang einen Anteil von 11,54 % (9 % von 78 %) aus.

42

(b) Damit erreicht der Anteil der schwierigen Tätigkeiten innerhalb dieses Arbeitsvorgangs ein rechtserhebliches Ausmaß. Dabei kann dahinstehen, ob dieses überhaupt quantitativ bestimmt werden kann. Jedenfalls sind die schwierigen Tätigkeiten im Streitfall nicht von nur untergeordneter Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit - bezogen auf den von ihm bestimmten Arbeitsvorgang „Aktenführung“ - in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, ohne die Arbeitsschritte der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen könne ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht erzielt werden (vgl. dazu BAG 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - zu III 3 b bb der Gründe).

43

(2) Offenbleiben kann deshalb, welche Tätigkeiten die Klägerin im Zusammenhang mit der Kontrolle von Rechtsmittelfristen und der Führung des Eingangsregisters auszuüben hat, was zwischen den Parteien streitig ist. Insoweit kann vielmehr zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass diese der Klägerin übertragenen Tätigkeiten nicht schwierig im tariflichen Sinne sind.

44

(3) Auch bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die Aufgaben der Klägerin als Kostenbeamtin, die das Landesarbeitsgericht zu Recht gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. e Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O als schwierige Tätigkeit bewertet hat, sowie der Protokollführung in mündlichen Verhandlungen, die als solche dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle obliegen (§ 105 VwGO iVm. § 159 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und deshalb gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Abs. 2 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O ebenfalls eine schwierige Tätigkeit im Tarifsinne ist, im Rahmen eines einheitlichen großen Arbeitsvorgangs oder als gesonderte Arbeitsvorgänge zu berücksichtigen sind. Bei jedem insoweit denkbaren Zuschnitt erfüllen Arbeitsvorgänge im Umfang von mehr als der Hälfte der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals.

45

dd) Da die Klägerin sich schließlich in der Zeit vom 1. September 2002 bis zum 31. August 2005 (und damit bereits vor Inkrafttreten des TVöD) in ihrer nach der VergGr. Vc Fallgr. 1 der Anlage 1a zum BAT-O zu bewertenden Tätigkeit bewährt hat, erfüllt sie auch die geforderte dreijährige Bewährung des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vb BAT-O. Von einer solchen Bewährung gehen die Parteien übereinstimmend aus. Die Beklagte hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal ausdrücklich bestätigt.

46

4. Mit ihrem der Beklagten - unstreitig - am folgenden Tag zugegangenen Geltendmachungsschreiben vom 30. Juni 2015 hat die Klägerin die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD hinsichtlich der Ansprüche ab dem Monat Januar 2015 gewahrt. Dagegen hat die Beklagte auch zu keinem Zeitpunkt Einwendungen erhoben.

47

II. Hinsichtlich der sich aus der Eingruppierungsfeststellungsklage für das Jahr 2014 ergebenden Zahlungsansprüche ist die Klage unbegründet. Insoweit sind die Ansprüche verfallen, weil die Klägerin die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD nicht gewahrt hat.

48

1. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, für die von der Klägerin im Wege der Feststellungsklage geltend gemachten Ansprüche fände die Ausschlussfrist des § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund Anwendung. Das trifft jedoch schon deshalb nicht zu, weil die Voraussetzungen der Norm nicht gegeben sind. Daher kann dahinstehen, ob die Vorschrift - wie das Landesarbeitsgericht meint - generell eine Spezialregelung gegenüber der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD darstellt(so wohl auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand 1/2018 B 218 B 2.2 § 26 TVÜ-Bund Erl. 2 Rn. 6; Litschen in Adam/Bauer/Bettenhausen/ua. Tarifrecht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Stand Dezember 2015 Teil II § 26 TVÜ-Bund B I Rn. 4; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Januar 2018 Teil IV/3 Rn. 372), oder ob sich diese lediglich auf den Wechsel in das neue tarifliche Entgeltsystem bezieht und es hinsichtlich der sich aus der Ausübung des Antragsrechts folgenden Zahlungsansprüche bei der allgemeinen Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD verbleibt(so für § 29a Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder BeckOK TV-L/Dannenberg Stand 1. Januar 2013 TVÜ-Länder § 29a Rn. 38; Augustin ZTR 2012, 484) und wann diese ggf. fällig werden.

49

2. Nach § 37 Abs. 1 TVöD verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Nach § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällig werdende Leistungen aus.

50

a) Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die nach Auffassung des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können. Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und nicht rechnen muss, geschützt werden (BAG 22. September 2016 - 6 AZR 432/15 - Rn. 13).

51

b) Ausgehend von diesem Zweck ist die Ausschlussfrist nur gewahrt, wenn der Anspruchsteller unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht (BAG 15. Dezember 2016 - 6 AZR 578/15 - Rn. 26). Das ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer lediglich „um Prüfung“ bittet, ob die Voraussetzungen eines näher bezeichneten Anspruchs vorliegen, weil er damit nicht zum Ausdruck bringt, den Arbeitgeber auch unabhängig vom Ergebnis der Prüfung auf Zahlung von Vergütung nach einer bestimmten Entgeltgruppe in Anspruch nehmen zu wollen (vgl. zu § 70 BAT BAG 10. Dezember 1997 - 4 AZR 228/96 - zu II 6 der Gründe).

52

3. Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin die Ansprüche für das Jahr 2014 nicht fristwahrend geltend gemacht.

53

a) Mit Schreiben vom 26. November 2014 hat sie lediglich um Überprüfung ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 gebeten und die Protokollerklärung Nr. 1 Buchst. e zu Teil III Nr. 20 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund zitiert. Abgesehen davon, dass sie nicht zum Ausdruck gebracht hat, die Beklagte auch unabhängig vom Ergebnis der Prüfung auf Zahlung von Vergütung in Anspruch nehmen zu wollen, ist dem Schreiben auch nicht zu entnehmen, welche Entgeltgruppe die Klägerin für sich in Anspruch nehmen wollte. Sie hat weder ausdrücklich die begehrte Entgeltgruppe genannt noch hat sie durch die zitierte Protokollerklärung zum Ausdruck gebracht, nach welcher Entgeltgruppe sie meint, vergütet werden zu müssen. Auf die Protokollerklärung Nr. 1 wird sowohl in der Entgeltgruppe 6 als auch in der Entgeltgruppe 8 als auch in der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund verwiesen. Der entscheidende Unterschied zwischen den Entgeltgruppen ist der Umfang der schwierigen Tätigkeiten.

54

b) Das Geltendmachungsschreiben vom 30. Juni 2015, welches der Beklagten erst am 1. Juli 2015 zugegangen ist, vermochte die Ausschlussfrist für Ansprüche betreffend die Monate Mai bis Dezember 2014 nicht zu wahren. Diese wurden gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD jeweils am Monatsletzten fällig, mithin für Dezember 2014 am 31. Dezember 2014. Der für die schriftliche Geltendmachung vorgesehene Sechs-Monats-Zeitraum endete folglich mit Ablauf des 30. Juni 2015 ( § 187 Abs. 1 iVm. § 188 Abs. 2 BGB ).

55

III. Die Kosten waren gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zwischen den Parteien entsprechend ihrem Obsiegen und Unterliegen verhältnismäßig zu teilen. Die weiter gehende Kostentragungspflicht der Klägerin in der Revisionsinstanz beruht auf §§ 565, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO, da sie ihre - klageerweiternde - Anschlussrevision zurückgenommen hat.

        

    Eylert    

        

    Klose     

        

    Rinck     

        

        

        

    Edda Redeker    

        

    Bredendiek     

                 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12.12.2017 zum Aktenzeichen 5 Sa 53/17 wird aufrechterhalten.

2. Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung einer Bußgeldsachbearbeiterin nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber geltenden Fassung (TVöD-V).

2

Die 1960 geborene Klägerin schloss 1979 ihre Ausbildung zur Verkäuferin ab und arbeitete zunächst in der Verwaltung eines Einzelhandelsbetriebs. Zum 01.07.1988 nahm sie eine Beschäftigung bei dem Rat des Kreises A-Stadt auf. Gemäß Arbeitsvertrag vom 01.07.1991 mit dem Kreis A-Stadt bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.

3

Im Jahr 1996 übernahm die Klägerin die Leitung eines Asylheimes. Mit dem Änderungsvertrag vom 19.08.1996 wurde sie von der Vergütungsgruppe VII BAT-O in die Vergütungsgruppe V c BAT-O höhergruppiert.

4

Zum 01.06.2004 wechselte sie als Sachbearbeiterin in die Bußgeldstelle. Der aus diesem Anlass geschlossene Änderungsvertrag vom 25.03.2004 sieht eine Herabgruppierung in die Vergütungsgruppe VI b BAT-O vor. Nach Inkrafttreten des TVöD-V wurde die Klägerin der Entgeltgruppe 6 zugeordnet.

5

Im September 2011 ging das Arbeitsverhältnis im Zuge der Landkreisneuordnung kraft Gesetzes auf den Beklagten über.

6

Mit Schreiben vom 06.11.2014 forderte die Klägerin den Beklagten auf, sie zum 09.09.2014 in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 b BAT-O höherzugruppieren.

7

Unter dem 09.03.2016 fertigte der Beklagte eine neue Stellenbeschreibung für die Klägerin, gültig ab 14.03.2016, in der es heißt:

8

"…

9

Gesetzes- u.
Fachkenntnisse

8.    

Zur Wahrnehmung des Aufgabengebietes sind folgende Gesetzeskenntnisse,
Fach- und Spezialkenntnisse erforderlich:

Ordnungswidrigkeitenrecht, StPO, StGB, StVG, StVO, StVZO, Ordnungsrecht, Verwaltungs- und Vollstreckungsrecht, PC-Kenntnisse

…       

…       

…       

Erforderliche
Qualifikationen

10.     

Facharbeiterausbildung und abgeschlossener Angestelltenlehrgang I oder Verwaltungsfachangestellte/r oder vergleichbar

Wünschenswerte
Fachkenntnisse,
Fähigkeiten,
Erfahrungen

11.     

Termingebundenheit, Durchsetzungsvermögen, Verhandlungsgeschick

10

11

Lfd.
Nr.

Verzeichnis der Tätigkeiten
Die Tätigkeiten sind in Nummernfolge kurzgefasst aufzuführen und hierbei nach sachlichen Gruppen zu ordnen. Die Aufzählung der Tätigkeiten soll erschöpfend sein.

Anteilsverh.

in %

1.    

Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten des Landkreises und der Polizei (Bußgelder)
• Entscheidung über Bußgeldverfahren bzw. Einstellung
• Fahrzeugführerermittlung
• Passfotoanforderung
• Aufenthaltsermittlung
• Abgleich der Eintragungen im Register des Kraftfahrzeugbundesamtes in Flensburg
• Akteneinsicht
• Umwandlung von Fahrverbot in ein erhöhtes Bußgeld
• Entscheidung von Einsprüchen
• Entscheidung von Antrag auf Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft
• Entscheidung von Wiedereinsetzungsanträgen und Kostenfestsetzungsanträgen

100     

12

…“

13

Die Klägerin bearbeitet überwiegend Verkehrsordnungswidrigkeiten aufgrund von Geschwindigkeitsüberschreitungen. Daneben ist sie zu einem geringeren Anteil mit Verkehrsordnungswidrigkeiten wegen Unfällen, mangelhafter Bereifung des Fahrzeugs, Überschreitung der Frist zur Hauptuntersuchung, Überladung etc. befasst. Die Klägerin verwendet eine Fachsoftware, die verschiedene Aufgaben automatisiert bearbeitet, insbesondere Halteranfragen beim Kraftfahrt-Bundesamt oder der örtlichen KFZ-Zulassungsstelle, Fahrerermittlung, Anhörungen zu OWI-Anzeigen, Anhörungen mit Verwarngeldangebot, Abgabe an die Staatsanwaltschaft, Bußgeldbescheid, Abwicklung von Zahlungseingängen, Zahlungserleichterungen und Mahnungen, Vollstreckungen, Mitteilungen an das Kraftfahrt-Bundesamt, Abgänge/Einstellungen, Tagesabschluss. Das System verwaltet die Termine und erstellt den Schriftverkehr. Der Sachbearbeiter wird vom Programm aufgefordert, die notwendigen Eintragungen vorzunehmen. Das Programm enthält einen Entscheidungsschlüssel mit einem dreistelligen Zahlencode, z. B. Kraftfahrt-Bundesamt-Halterauskunft, Gewährung Wiedereinsetzung, Zeugenanhörung, Foto an Betroffenen, Einstellung, Akteneinsicht usw. Der Tatbestandskatalog mit den jeweiligen Geldbußen ist ebenfalls im Programm hinterlegt.

14

Mit Schreiben vom 12.04.2016 lehnte der Beklagte die beantragte Höhergruppierung ab. Die Klägerin machte daraufhin ihre Forderung nochmals mit Anwaltsschreiben vom 19.05.2016 geltend und verwies auf die zu erbringenden selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne. Nach erneuter Ablehnung durch den Beklagten mit Schreiben vom 25.05.2016 hat sie ihre Forderung mit der am 26.08.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gerichtlich weiterverfolgt.

15

Zum 13.01.2017 übertrug der Beklagte ihr vorübergehend die Aufgaben der erkrankten Fachgebietsleiterin. Diese Stelle ist der Entgeltgruppe 10 TVöD-V zugeordnet. Nach der Stellenbeschreibung vom 09.03.2016 nimmt die Fachgebietsleitung 40 % der Arbeitszeit in Anspruch, die Sachbearbeitung von komplizierten Sachverhalten die übrigen 60 %. Während der Vertretung erhielt die Klägerin eine Zulage. Die Vertretung endete am 05.11.2017.

16

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, sie sei nach der Entgeltgruppe 9, jedenfalls nach der Entgeltgruppe 8 TVöD-V zu vergüten. Der Beklagte sei in der Stellenbeschreibung zu Recht von einem einheitlichen Arbeitsvorgang ausgegangen. Dieser Arbeitsvorgang erfordere nicht nur gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, sondern auch selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne. Nach § 47 Abs. 1 OWiG liege es im pflichtgemäßen Ermessen der Ordnungsbehörde, ob sie die Ordnungswidrigkeit verfolge oder einstelle. Dabei habe sie zwischen dem Legalitätsprinzip, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, dem Prinzip der Rechtssicherheit, dem Gleichbehandlungsgebot und weiteren verfassungsrechtlich verankerten Prinzipien staatlichen Handels sowie den Interessen des Bürgers abzuwägen. Nach § 4 Abs. 4 BKatV könne die Behörde ausnahmsweise von der Anordnung eines Fahrverbotes absehen und solle im Gegenzug das Bußgeld angemessen erhöhen. Auch hier habe die Behörde einen Beurteilungsspielraum. Bei der Bearbeitung von Einsprüchen (§ 69 OWiG) müsse die Behörde die vorgebrachten Argumente abwägen und im Rahmen ihres Ermessens darüber entscheiden, ob der Bescheid zurückgenommen oder aufrechterhalten werde. Gleiches gelte für Anträge auf Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft sowie für die Entscheidung über Wiedereinsetzungsanträge. Die Sachverhaltsermittlung eröffne Beurteilungsspielräume, weil die jeweiligen Beweismittel und deren Tragfähigkeit zu würdigen seien.

17

Beispielhaft seien folgende Tätigkeiten aus dem Zeitraum November/Dezember 2016 genannt:

18
Einspielen von Polizeidaten in das entsprechende Programm und ausdrucken,
19
Sortieren nach Bußgeld und Verwarngeld,
20
Führerscheinanforderung,
21
Einwohnermeldeamtsanfragen, Anforderung Lichtbild,
22
Telefonate mit Bürgern und Rechtsanwälten,
23
Aufenthaltsermittlung,
24
Schreiben an die Polizeiinspektion hinsichtlich Anforderung von Beweismitteln,
25
Bearbeitung von Einsprüchen, Begründung der Ablehnung schreiben, drucken, unterschreiben,
26
Erfassung von Daten nach Eingang des Führerscheins,
27
Liste von Verfahrenseinstellungen bearbeiten,
28
Schreiben an Rechtsanwalt fertigen,
29
Anhörungen verfügen und nach Rücklauf bearbeiten,
30
Akteneinsicht für Rechtsanwalt, Aktenübersendung
31
Aktenversand an Gericht,
32
Gespräch wegen Ausfüllen von Zeugenfragebogen,
33
Erlass von Bußgeldbescheiden/Einstellung des Verfahrens,
34
Mahnung,
35
Besprechung mit Fachgruppenleiter,
36
Rücksprache mit Außendienstmitarbeiter,
37
Umwandlung des Fahrverbots prüfen,
38
Schreiben an Staatsanwaltschaft, Gespräche mit Staatsanwaltschaft,
39
Rücknahme Erzwingungshaft nach Zahlung Geldbuße,
40
Telefonate mit Kasse zur Klärung eingegangener Gelder,
41
Rechtskraft eingeben usw.
42

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt

43

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 20.05.2016 Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise Entgeltgruppe 8 TVöD-V zu zahlen und die monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 6 und dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise aus der Entgeltgruppe 8 TVöD-V ab Rechtshängigkeit bezüglich der bis dahin fällig gewesenen Differenzbeträge und dann ab jeweiliger Fälligkeit mit fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz zu verzinsen.

44

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, die Klägerin benötige zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, erbringe aber keine selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne. Die rechtlichen Ausführungen zum pflichtgemäßen Ermessen im Bußgeldverfahren seien zwar zutreffend. Die der Klägerin zugewiesenen Aufgaben seien jedoch durch ein stark standardisiertes Verfahren und umfassende Vorgaben geprägt, insbesondere durch Erlasse, Dienstanweisungen, Merkblätter, Formulare etc. Dort sei im Einzelnen verbindlich geregelt, wie in bestimmten Fällen, beispielsweise beim Absehen von Fahrverboten, vorzugehen sei. Die Fachsoftware gebe Entscheidungsschlüssel vor. Für eigenständige Abwägungsprozesse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges bleibe beim Sachbearbeiter letztlich kein Raum mehr. Nach den eigenen Zeitangaben der Klägerin benötige sie für den Erlass eines Bußgeldbescheides im Regelfall nur etwa zwei Minuten. Schon dieser Umstand spreche gegen eine schwierige geistige Arbeit.

45

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, dass die Klägerin auf ihrem Arbeitsplatz zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse benötige. Selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne erbringe sie jedoch nicht. Das gelte unabhängig vom Zuschnitt der Arbeitsvorgänge. Angesichts der sich ständig wiederholenden, weitgehend durch Verwaltungsvorschriften und die Fachsoftware vorgegebenen Abläufe verbleibe kein Raum für eine eigene geistige Initiative. Mit den stichwortartig aufgelisteten Einzeltätigkeiten genüge die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht. Die Angaben seien nicht ausreichend konkret und aussagekräftig, um daraus Rückschlüsse auf selbstständige Leistungen ziehen zu können.

46

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin keine selbstständigen Leistungen erbringe. Die Klägerin habe in jedem Einzelfall per se die strafrechtliche Relevanz und eine mögliche Abgabe an die Staatsanwaltschaft zu bedenken. Sie müsse in jedem Einzelfall unter Einbeziehung aller maßgeblichen Gesichtspunkte abwägen, ob das Handeln verfolgt oder das Verfahren eingestellt werde. Ausnahmefälle seien vom Normalfall abzugrenzen. Würde die Klägerin das ihr zustehende Ermessen nicht nutzen, wären die Entscheidungen schon allein deshalb fehlerhaft. Das Arbeitsgericht habe die beispielhaft aufgezählten Tätigkeiten nicht gewürdigt. In anderen Städten und Landkreisen in Mecklenburg-Vorpommern seien die Stellen der Bußgeldsachbearbeiter höher ausgewiesen.

47

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Versäumnisurteil vom 12.12.2017 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Einspruch eingelegt und zu dessen Begründung verschiedene Fallbeispiele dargestellt, die ihrer Auffassung nach selbstständige Leistungen beinhalten:

48

In einem Bußgeldverfahren wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes habe der Halter des Fahrzeuges angegeben, dass eine andere Person gefahren sei. Die genannte Person habe jedoch aufgrund ihres Alters nicht zu dem vorliegenden Bildmaterial gepasst. Daraufhin habe die Klägerin Lichtbilder beim Einwohnermeldeamt angefordert und anhand dieser Bilder festgestellt, dass der Halter gefahren sei. In der Ermittlung des Täters auf eigene Initiative der Klägerin liege eine selbstständige Leistung.

49

In einem anderen Fall habe die Klägerin im Anschluss an einen Lichtbildabgleich mit dem Fahrzeughalter telefoniert und daraufhin eine Führerscheinkopie des angeblichen Fahrers erhalten. Die Klägerin habe weiterermittelt und festgestellt, dass der Führerschein als verloren gemeldet, aber nie neu erteilt worden sei, weil zuvor die Fahrerlaubnis entzogen worden sei. Daraufhin habe die Klägerin die Akte an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Die Bewertung der festgestellten Tatsachen im Hinblick auf einen hinreichenden Anfangsverdacht sei eine selbstständige Leistung.

50

In einem dritten Fall habe sie sich mit dem Einwand des Betroffenen auseinandersetzen müssen, dass er von den Beamten vor Ort eine andere Auskunft zur mit dem Lasergerät gemessenen Geschwindigkeit erhalten habe. Die Klägerin habe deshalb das Messprotokoll, den Eichschein, die Anhalteliste und alle weiteren Daten geprüft und dabei keine Unstimmigkeiten festgestellt. Das habe sie dann dem Betroffenen ergänzend zum Bußgeldbescheid mitgeteilt.

51

In einem Einspruchsverfahren habe sich ein Rechtsanwalt gemeldet und die Qualität des Beweisfotos bemängelt sowie zahlreiche Fragen zum Messvorgang gestellt. Diese Fragen habe die Klägerin individuell beantwortet und dabei ermittelt, recherchiert, gewertet und abgewogen. Das seien wiederum selbstständige Leistungen.

52

Die Klägerin führt des Weiteren die Beantwortung eines Antrags auf Übernahme der Rechtsanwaltskosten in einem eingestellten Verfahren an, bearbeitet zwischen Februar und August 2017. Sie habe die Kostenübernahme abgelehnt, weil im Bußgeldverfahren Auslagen erst nach Erlass eines Bußgeldbescheides zu erstatten seien. Bei der Prüfung von Kostenrechnungen müsse sie nicht nur die Regelungen kennen, sondern müsse sie auch verstanden haben, um sie rechtmäßig anwenden zu können. Dieses Verständnis und dessen Anwendung seien selbstständige Leistungen.

53

Bevor sie einen Antrag auf Anordnung oder Vollstreckung der Erzwingungshaft stelle, müsse sie die Freiheitsinteressen des Betroffenen mit dem öffentlichen Interesse an der Beitreibung der Geldbuße abwägen und dabei alle sich aus der Akte ergebenden Tatsachen in Betracht ziehen, also Hinweise auf das soziale Umfeld, die Beschäftigung des Betroffenen, die Vorgeschichte und alle weiteren zu wertenden Gesichtspunkte. All das erfordere eine eigene Wertung und Beurteilung durch die Klägerin.

54

Bußgeldverfahren habe sie durchschnittlich zu 70 % ihrer Arbeitszeit zu bearbeiten, Einsprüche zu 20 % und Anträge auf Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft zu 10 %.

55

Die Klägerin beantragt,

56

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12.12.2017 - 5 Sa 53/17 - aufzuheben,

57

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 27.02.2017 - 1 Ca 220/16 - abzuändern, und

58

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 20.05.2016 Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise Entgeltgruppe 8 TVöD-V zu zahlen und die monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 6 und dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise aus der Entgeltgruppe 8 TVöD-V ab Rechtshängigkeit bezüglich der bis dahin fällig gewesenen Differenzbeträge und dann ab jeweiliger Fälligkeit mit fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz zu verzinsen.

59

Der Beklagte beantragt,

60

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12.12.2017 - 5 Sa 53/17 - aufrechtzuerhalten.

61

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass die Anforderungen an die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse sowie die selbstständigen Leistungen mit der seit 01.01.2017 gültigen neuen Entgeltordnung gestiegen seien. Die Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 TVöD-V fordere nunmehr eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren und entsprechende Tätigkeiten. Die Tätigkeitsmerkmale der anderen Fallgruppen seien im Hinblick auf diesen neuen Wertmaßstab auszulegen und diesem anzugleichen. Verkehrsordnungswidrigkeiten könne auch ein Berufsanfänger bearbeiten. Die Aufgaben der Fachgebietsleiterin seien schon deshalb nicht mit denen der Klägerin vergleichbar, weil die Fachgebietsleiterin nicht nur für einen Teilbereich, sondern für alle Fachdienste zuständig sei.

62

Soweit die Klägerin nunmehr einzelne Beispielsfälle vortrage, gehe es zum Großteil um Tätigkeiten aus dem Zeitraum, als die Klägerin die Fachgebietsleiterin vertreten und deshalb höherwertige Aufgaben verrichtet habe. Unabhängig davon handele es sich nicht um Tätigkeit mit selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne. Die Klägerin habe die Schreiben entweder über den im Programm hinterlegten Entscheidungsschlüssel erstellt oder auf Musterschreiben zurückgegriffen, die die Fachgebietsleiterin erstellt habe. Ein einzelfallbezogenes Ermessen habe sie nicht ausgeübt.

63

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

64

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgewiesen. Das weitere Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

65

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Vergütung der Entgeltgruppe 9 oder der Entgeltgruppe 8 TVöD-V ab dem 20.05.2016. Aus dem Tarifrecht lässt sich ein solcher Anspruch nicht herleiten.

66

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Einschlägig sind die für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) geltenden Tarifverträge. Der BAT-O ist zum 01.10.2005 durch den TVöD-V ersetzt worden (§ 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA]).

67

Da die Parteien über die Eingruppierung ab dem 20.05.2016 streiten, ist von dem zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Tarifrecht auszugehen. Die ab 01.01.2017 gemäß Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 TVöD-V geltenden Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9 a, Teil A, Abschnitt I, Ziffer 3 sind hier nicht von Bedeutung, da diese Entgeltgruppe nicht Gegenstand des Klageantrags ist.

68

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gilt § 22 BAT-O bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD (mit Entgeltordnung) über den 30.09.2005 hinaus fort. Bei Eingruppierungen zwischen dem 01.10.2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung sind die Vergütungsgruppen gemäß § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA in Verbindung mit der Anlage 3 wie folgt den Entgeltgruppen zuzuordnen:

69

"…

70

Anlage 3

71

Vorläufige Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für zwischen dem 01. Oktober 2005 und dem In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung stattfindende Eingruppierungsvorgänge (VKA)

72

Entgelt-
gruppe

Vergütungsgruppe

Lohn-
gruppe

       

       

       

9       

IV b ohne Aufstieg nach IV a
V b mit Aufstieg nach IV b
V b ohne Aufstieg nach IV b (…)

       

8       

V c mit Aufstieg nach V b
V c ohne Aufstieg nach V b

       

7       

Keine 

       

6       

VI b mit Aufstieg nach V c
VI b ohne Aufstieg nach V c

       

5       

VII mit Aufstieg nach VI b
VII ohne Aufstieg nach VI b

       

       

       

       

73

…“

74

Der BAT-O (VKA) hat, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, den folgenden Wortlaut:

75

"…

76

§ 22 Eingruppierung(1) Die Eingruppierung der Angestellten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage 1 a und 1 b). Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist.

77

(2) Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

78

Die gesamt auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z. B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.

79

Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Unterabs. 2 Satz 1 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.

80

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Unterabs. 2 oder 3 abweichendes Maß bestimmt, gilt dieses.

81

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Angestellten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.

82

(3) Die Vergütungsgruppe des Angestellten ist im Arbeitsvertrag anzugeben.

83

Protokollnotizen zu Abs. 2

84

1. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Eintragung in das Grundbuch, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld, Festsetzung einer Leistung nach dem Bundessozialhilfegesetz). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

85

2. Eine Anforderung im Sinne des Unterabs. 2 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe.

86

87

Anlage 1 a

88

89

Vergütungsgruppe V b

90

1. a) …

91

b) …

92

c) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert,

93

nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 b.

94

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

95

96

Vergütungsgruppe V c

97

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbstständige Leistungen erfordert.

98

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

99

100

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.

101

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

102

103

Vergütungsgruppe VI b

104

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbstständige Leistungen, erfordert.

105

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

106

107

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert,

108

nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 b.

109

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

110

111

Vergütungsgruppe VII

112

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert.

113

(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.)

114

115

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.

116

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

117

118

…"

119

Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT-O ist zunächst festzustellen, welche Arbeitsvorgänge anfallen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, welche Tätigkeitsmerkmale die einzelnen Arbeitsvorgänge erfüllen.

120

1. Arbeitsvorgänge

121

Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34, juris = ZTR 2017, 352; BAG, Urteil vom 16. März 2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 35, juris = NZA 2017, 131; BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16, juris = NZA-RR 2015, 644). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden, nicht aber solche, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein voneinander zu trennen und tatsächlich getrennt sind. Die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Angestellte übertragen zu können, reicht dagegen nicht aus. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte dann nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist. Es ist möglich, dass die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit nur einen einzigen Arbeitsvorgang bildet (BAG, Urteil vom 17. Mai 2017 - 4 AZR 798/14 - Rn. 16, juris = ZTR 2017, 593; BAG, Urteil vom 16. März 2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 36, juris = NZA 2017, 131; BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16, juris = NZA-RR 2015, 644).

122

Die Tätigkeit der Klägerin gemäß Stellenbeschreibung vom 09.03.2016 besteht aus drei Arbeitsvorgängen, und zwar die Entscheidung von Bußgeldverfahren, die Entscheidung über Einsprüche und schließlich die Beantragung der Erzwingungshaft.

123

Zu dem Arbeitsvorgang "Entscheidung von Bußgeldverfahren" gehört die Ermittlung des Fahrzeugführers einschließlich Anforderung eines Lichtbildes, die Prüfung von Eintragungen im Register des Kraftfahrt-Bundesamtes, die Gewährung von Akteneinsicht, ggf. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und schließlich die Festsetzung eines bestimmten Bußgeldes bzw. die Einstellung des Verfahrens einschließlich einer evtl. Entscheidung über Kosten. Erst wenn die Klägerin einen Bußgeldbescheid erlassen oder die Einstellung verfügt hat, liegt ein abgrenzbares Arbeitsergebnis vor, das mit den in der Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 BAT-O genannten Beispielen vergleichbar ist. Die vorhergehenden Tätigkeiten stellen nur einzelne Arbeitsschritte dar, die notwendig sind, um in den einzelnen Bußgeldverfahren zu einem Ergebnis gelangen zu können. Die Feststellung des Fahrers anhand eines Vergleichs der vorhandenen Bilder ist eine von mehreren Voraussetzungen für die Entscheidung des Bußgeldverfahrens. Damit ist der Vorgang aber noch nicht abgeschlossen. Um etwas abliefern zu können, was einer "unterschriftsreifen Bearbeitung eines Aktenvorgangs" oder einer "Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld" entspricht, sind weitere Arbeitsschritte erforderlich. Abgeschlossen ist der Vorgang erst mit dem Erlass eines Bußgeldbescheides bzw. der Einstellung des Verfahrens.

124

Der zweite Arbeitsvorgang, die "Entscheidung über Einsprüche", führt zu einem anderen Arbeitsergebnis als der Erlass von Bußgeldbescheiden bzw. die Einstellung des Verfahrens. Hierbei handelt es sich um einen eigenen, abgrenzbaren Verfahrensabschnitt, der sich zeitlich nicht mit dem vorangegangenen Bußgeldverfahren überschneidet. Zwar setzt das Zwischenverfahren den Erlass eines Bußgeldbescheides voraus und knüpft an den bisherigen Stand der Ermittlungen an. Daraus folgt aber nicht, dass Bußgeld- und Zwischenverfahren untrennbar miteinander verbunden sind. Nicht jedes verhängte Bußgeld mündet automatisch in einen Einspruch. Das Zwischenverfahren kann mit einer Verwerfung des Einspruchs enden, einer Zurücknahme des Bußgeldbescheides oder mit der Abgabe an die Staatsanwaltschaft. Das sind inhaltlich andere Entscheidungen als im vorangegangenen Bußgeldverfahren.

125

Von diesen beiden Arbeitsvorgängen lässt sich die "Beantragung der Erzwingungshaft" ohne weiteres abgrenzen. Es handelt sich wiederum um einen eigenständigen Verfahrensabschnitt, der zwar an einen vorangegangenen Bußgeldbescheid anknüpft, aber nur in Ausnahmefällen erforderlich ist und zunächst einen erfolglosen Vollstreckungsversuch des Bußgeldes voraussetzt. Die Klägerin entscheidet - anders als im Bußgeldverfahren - nicht selbst darüber, sondern kann nur einen Antrag stellen. Die Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft belastet den Betroffenen deutlich stärker als die Verhängung eines Bußgeldes. Zuständig hierfür ist deshalb das Gericht. Bei der Klägerin liegt ein Arbeitsergebnis vor, wenn sie den Antrag gestellt hat. Damit hat sie alles getan, was in ihre Zuständigkeit fällt. Dieser Antrag ist kein Zwischenschritt im Hinblick auf eine noch zu treffende Entscheidung, sondern eine auf Ausnahmefälle beschränkte letzte Maßnahme.

126

2. Bewertung der Arbeitsvorgänge

127

Da der Arbeitsvorgang "Entscheidung von Bußgeldverfahren" nach Angabe der Klägerin 70 % der Arbeitszeit ausfüllt, ist dieser für die Eingruppierung ausschlaggebend. Die beiden anderen Arbeitsvorgänge erreichen selbst im Falle einer Addition nicht den in der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a (= Entgeltgruppe 8 TVöD-V) geforderten zeitlichen Mindestumfang von einem Drittel.

128

Der Arbeitsvorgang "Entscheidung von Bußgeldverfahren" setzt zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse voraus, erfordert jedoch keine selbstständigen Leistungen. Er erfüllt nicht die Anforderungen der Vergütungsgruppe V b (Fallgruppe 1 c) bzw. der Vergütungsgruppe V c (Fallgruppe 1 b) BAT-O.

129

a) Gründliche Fachkenntnisse

130

Unter Berücksichtigung der Klammerdefinition zur Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 a der Anlage 1a zum BAT-O setzen gründliche Fachkenntnisse nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Die Fachkenntnisse müssen sich jedoch nicht notwendig auf Rechtsvorschriften beziehen, wie sich bereits aus dem Zusatz „usw.“ zu der Klammerdefinition ergibt. Es sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen. Das Tätigkeitsmerkmal erfordert erweiterte Fachkenntnisse sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht (BAG, Urteil vom 22. November 2017 - 4 AZR 629/16 - Rn. 28, juris; BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 36, juris = ZTR 2012, 440).

131

Der Arbeitsvorgang “Entscheidung von Bußgeldverfahren“ erfordert nicht nur oberflächliche Kenntnisse der anzuwendenden Gesetze, hier laut Stellenbeschreibung OWiG, StPO, StGB, StVG, StVO, StVZO, Ordnungsrecht, Verwaltungs- und Vollstreckungsrecht. Hinzu kommen verschiedene Erlasse und Verwaltungsvorschriften. Nur dann ist die Klägerin in der Lage, die Vorgänge den richtigen Kategorien und Zahlenschlüsseln zuzuordnen. Über den bloßen Gesetzestext hinaus muss sie regelmäßig wissen, welche Rechtspraxis sich zu den einzelnen Begriffen herausgebildet hat. Zudem genügt es nicht, die verschiedenen Geschwindigkeitsmessverfahren nur grob zu kennen. Um die im Einzelfall auftretenden Fragen ordnungsgemäß und im Detail beantworten zu können, muss sie die technischen Abläufe erfasst haben und nachvollziehen können. Die Entscheidung über Kostenerstattungsanträge von Rechtsanwälten erfordert entsprechende Kenntnisse des RVG. Der Abgleich des Bildmaterials setzt ein praktisches Einschätzungsvermögen voraus.

132

b) Vielseitige Fachkenntnisse

133

Vielseitige Fachkenntnisse erfordern eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich aus einem Fachgebiet stellenden Anforderungen ergeben (BAG, Urteil vom 05. Juli 2017 - 4 AZR 866/15 - Rn. 23, juris = ZTR 2018, 78). Denkbar ist zwar, dass sich der Wissensbereich nur auf ein einzelnes, abgegrenztes Teilgebiet beschränkt, in dem der Angestellte eingesetzt wird, jedoch reicht ein eng abgegrenztes Teilgebiet mit etwa nur routinemäßiger Bearbeitung nicht aus (BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 36, juris = ZTR 2012, 440). Bei der Beurteilung dieses Tätigkeitsmerkmals sind gemäß § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT-O in der Regel auch die anderen Arbeitsvorgänge einzubeziehen.

134

Die Klägerin hat eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und sonstigen Rechtsvorschriften zu beachten. Bereits in der Stellenbeschreibung sind zahlreiche Gesetze aufgelistet, wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist. Dabei genügt es nicht, nur einzelne Vorschriften aus den oben genannten Gesetzen und Verordnungen zu kennen. Die Tätigkeit der Klägerin ist nicht auf die Anwendung weniger einzelner Normen dieser Rechtsgrundlagen beschränkt. Wenn auch ein großer Teil ihre Aufgaben Routinetätigkeiten sind, insbesondere bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, so sind dennoch zumindest gelegentlich verschiedene andere Ordnungswidrigkeiten zu bearbeiten, die die Klägerin ebenso beherrschen muss. Sie muss sowohl das materielle Recht als auch das Verfahrensrecht kennen. Des Weiteren wird von ihr verlangt, die Grenzen zur Strafbarkeit richtig bewerten zu können.

135

c) Selbstständige Leistungen

136

Eine selbstständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Das Merkmal „selbstständige Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbstständig arbeiten“ verwechselt werden, worunter eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung zu verstehen ist. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht nicht entgegen (BAG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 19, juris = ZTR 2017, 352; BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 42, juris = ZTR 2012, 440; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. September 2017 - 3 Sa 31/17 - Rn. 38, juris = öAT 2017, 259; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05. April 2017 - 4 Sa 242/16 - Rn. 33, juris = AuA 2018, 97).

137

Dabei genügt es noch nicht, dass der Arbeitnehmer Vorschriften anzuwenden hat, die eine Ermessensausübung vorsehen oder wegen unbestimmter Rechtsbegriffe Beurteilungsspielräume eröffnen. Diese Ermessens- und Beurteilungsspielräume können durch Verwaltungsanweisungen und sonstige Vorgaben weitgehend beschränkt sein. Ein Abwägungsprozess entfällt regelmäßig, wenn die auftretenden Fallkonstellationen begrenzt sind und weitgehend schematisch abgearbeitet werden. Andererseits spricht es für einen Abwägungsprozess, der Anforderungen an das Überlegungsvermögen stellt, wenn sich der Arbeitnehmer mit individuellen Einwänden des Bürgers auseinandersetzen muss und nicht auf vorgefertigte Textbausteine und Begründungen zurückgreifen kann.

138

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer Vergütungsgruppe liegt bei dem Arbeitnehmer, der diese Vergütung begehrt (BAG, Urteil vom 18. März 2015 - 4 AZR 702/12 - Rn. 35, juris = ZTR 2015, 393; BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 19, juris = öAT 2016, 168; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. September 2017 - 3 Sa 31/17 - Rn. 40, juris = öAT 2017, 259).

139

Die Klägerin verfügt nicht über Ermessens- und Beurteilungsspielräume, die sie durch Abwägung verschiedener tatsächlicher Umstände und rechtlicher Gesichtspunkte eigenständig füllen muss. Zwar eröffnen die anzuwendenden Vorschriften durchaus Ermessens- und Beurteilungsspielräume für die Behörde. Das gilt insbesondere für § 47 OWiG, nach dem die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde liegt. Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, dass auch sie in der alltäglichen Praxis über solche Spielräume verfügt, die von ihr über die erforderlichen gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse hinaus eine eigenständige Einschätzung und Begründung ihres Vorgehens erfordern. Das ergibt sich weder aus den stichwortartig aufgelisteten Tätigkeiten noch aus den im Berufungsverfahren nachgereichten Fallbeispielen.

140

Das Einspielen der Polizeidaten, das Sortieren nach Buß- und Verwarngeld, die Anforderung des Führerscheins, die Anfrage beim Einwohnermeldeamt usw. sind Aufgaben, die standardisiert ablaufen und keinen Raum für eine Eigeninitiative lassen. Die Sachverhaltsermittlung besteht aus schriftlichen und/oder telefonischen Anfragen bei verschiedenen Stellen oder dem Betroffenen. Dabei geht es darum, alle vorhandenen Mittel und Wege für die Beschaffung von Beweismitteln auszuschöpfen. Das erfordert entsprechende Fachkenntnisse und Erfahrungen, nicht aber eine Abwägung verschiedener tatsächlicher und rechtlicher Gesichtspunkte unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften. Die Anforderung von Passbildern dient der Identitätsfeststellung. Genügt die Qualität des Fotos und stimmen die wesentlichen Merkmale auf den Bildern überein, kann es als Beweismittel herangezogen werden. Ein in die Tiefe gehender Abwägungsvorgang ist damit nicht verbunden. Es bedarf lediglich einer gewissen Erfahrung.

141

Die Bearbeitung des Bußgeldverfahrens richtet sich nach der Fachanwendung und den dort hinterlegten Textbausteinen. Der Fachgebietsleiterin ist die Entscheidung von komplizierten Sachverhalten übertragen. Zudem stellt die Fachgebietsleiterin Mustertexte bereit. Soweit die Klägerin im Jahr 2017 zur Vertretung der Fachgebietsleiterin eingesetzt war, handelt es sich nur um eine vorübergehend auszuübende Tätigkeit, die nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-O für die Eingruppierung nicht maßgeblich ist. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass ihr trotz dieser organisatorischen Rahmenbedingungen Entscheidungsspielräume verbleiben, die weder mit Textbausteinen aus der Fachanwendung noch mit vorhandenen Musterschreiben zu bewältigen sind, sondern von ihr eine eigenständige Gedankenarbeit mit entsprechender Begründung verlangen. Ihrem Sachvortrag lässt sich nicht entnehmen, welche Entscheidungsmöglichkeiten ihr praktisch verbleiben und nach welchen von ihr entwickelten, gerade nicht vorgegebenen Kriterien sie diese ausfüllt.

142

Soweit sich die Klägerin auf die Eingruppierungspraxis in anderen Kommunen des Bundeslandes beruft, lässt sich daraus kein Anspruch herleiten, da der Gleichbehandlungsgrundsatz - unabhängig von einer Vergleichbarkeit der jeweils auszuübenden Tätigkeiten - nicht arbeitgeberübergreifend gilt.

143

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 28.07.2015 - 1 Ca 168/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der Fassung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V).

2

Die am 27.02.1979 geborene Klägerin schloss im September 2000 ihr Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege in G. als Diplom-Verwaltungswirtin ab. Die dreijährige Ausbildung begann mit einem theoretischen Teil an der Fachhochschule im Umfang eines Jahres. Darauf folgte eine einjährige praktische Phase, während der die Klägerin verschiedene Stationen in der Stadtverwaltung A-Stadt durchlief. Das letzte Studienjahr verbrachte sie wiederum an der Fachhochschule und legte schließlich erfolgreich ihre Prüfung in den Fächern Allgemeines Verwaltungsrecht, Besonderes Verwaltungsrecht, Privatrecht sowie Finanz-, Staats- und Europarecht ab.

3

Zum 01.10.2000 nahm sie eine zunächst befristete Beschäftigung bei der Hansestadt A-Stadt auf und war während der ersten drei Monate in der Ausländerbehörde eingesetzt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich gemäß Arbeitsvertrag vom 02.10.2000 nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifvertragliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10.12.1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Die Klägerin erhielt zunächst das Entgelt der Vergütungsgruppe IV b BAT-O. Mit Änderungsvertrag vom 14.12.2000 entfristete die Hansestadt A-Stadt das Arbeitsverhältnis und beschäftigte die Klägerin in der Vergütungsgruppe V b BAT-O weiter. Ab Januar 2001 war die Klägerin im Sozialamt der Stadt als Sachbearbeiterin Bundessozialhilfegesetz tätig.

4

Mit Zusatzvereinbarung vom 23.12.2004 übertrug die Hansestadt A-Stadt der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2009 die Tätigkeit als Sachbearbeiterin Widerspruchsstelle in der nach § 44 b SGB II errichteten Arbeitsgemeinschaft (ARGE). Ausweislich der weiteren Zusatzvereinbarung vom 23.08.2011 gruppierte die Hansestadt A-Stadt sie rückwirkend zum 01.01.2011 in die Entgeltgruppe 10 TVöD um. Am 04.09.2011 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landkreisneuordnungsgesetz M-V) vom 12.07.2010 auf den Beklagten über. Seit dem 01.01.2013 ist der Beklagte im gesamten Landkreis als kommunaler Träger für die Leistungsgewährung nach dem SGB II zuständig.

5

Mit Schreiben vom 26.06.2013 beantragte die Klägerin rückwirkend zum 01.01.2013 eine Höhergruppierung, zumindest in die Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA.

6

Der Beklagte fertigte am 04.02.2014 für die Klägerin eine neue, ab 01.01.2013 gültige Stellenbeschreibung mit dem folgenden Inhalt:

7

"…

8

Funktionsbezeichnung

Sachbearbeiter Widersprüche und Klagen

       

Der/die Stelleninhaber/in ist unmittelbar unterstellt

Teamleiter Widersprüche und Klagen

…       

Der/die Stelleninhaber/in hat folgende Befugnisse/Verantwortung

Entscheidungs- u. Zeichnungsbefugnis im übertragenen Umfang

9

Arbeitsbeschreibung

10

lfd.
Nr.

Einzeltätigkeiten           

Zeit-
anteil
in %

1. 

Bearbeitung von Widerspruchsverfahren im Rechtskreis des SGB II

Vorprüfung von Widersprüchen
Anhörung/Beratung der Widerspruchsführer, ggf. über den Bevollmächtigten
Klärung aller entscheidungserheblichen Tatsachen, ggf. Erstellen von Fallübersichten
fachliche Beratung des Ausgangsteams
Widerspruchsentscheidung (Widerspruchsbescheid, Stattgabeverfügung, Erledigung auf andere Art und Weise, …)
Prüfung und Bearbeitung von Kostennoten im Widerspruchsverfahren (Festsetzungsbescheide, Kostenanweisungen, Zahlbarmachung, …)
Vergleichsverhandlungen zur Beendigung von Widerspruchsverfahren im übertragenen Umfang
Fertigung von Stellungnahmen

45    

2 

Bearbeitung von Klageverfahren im Rechtskreis des SGB II

Klärung aller entscheidungserheblichen Tatsachen, ggf. Erstellen von Fallübersichten
Bearbeitung von Eil- und Beschwerdeverfahren nach dem SGG
Bearbeitung von Klageverfahren bis zur 2. Instanz
Prüfung und Bearbeitung von Kostennoten im gerichtlichen Verfahren (Kostenanweisung, ggf. Kostenfestsetzungsantrag an das Sozialgericht, Zahlbarmachung, …)
Vergleichsverhandlungen zur Beendigung von gerichtlichen Verfahren im übertragenen Umfang
Prozessvertretung vor den Sozialgerichten im übertragenen Umfang
Fertigung von Stellungnahmen
fachliche Beratung des Ausgangsteams

45    

3 

sonstige Sachbearbeitung

Erarbeitung von Bescheidmustern und Textvorlagen im übertragenen Umfang
Prüfung von Regressansprüchen gemäß § 116 SGB X, §§ 102 ff. SGB X (Erstattungsansprüche) und ggf. Vorbereitung der gerichtlichen Durchsetzung
Führen der Statistik

10    

11

Qualifikation für den Arbeitsplatz

12

Ausbildung

Verwaltungsausbildung für den gehobenen Dienst
mehrjährige einschlägige Berufserfahrung im Bereich Sozialrecht und Leistungsrecht

sonstige erforderliche Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen

Grundkenntnisse der Produkte, Programme und Verfahren im Rechtskreis des SGB II
fundierte Kenntnisse der relevanten Rechtsgrundlagen im Rechtskreis des SGB II und angrenzender Rechtsgebiete
fundierte Kenntnisse im Verfahrens- und Prozessrecht
fundierte Kenntnisse MS-Office und relevanter IT-Fachanwendungen
Führerschein

13

…"

14

Zum damaligen Zeitpunkt waren in der Widerspruchsstelle neben der Klägerin weitere elf Sachbearbeiter tätig, die - mit Ausnahme eines Mitarbeiters, der nur Widersprüche bearbeitete - sowohl Widerspruchs- als auch Klageverfahren betreuten. Die Eingänge werden nach Bedarfgemeinschafts-Endnummern verteilt. Die Sachbearbeiter sind berechtigt, die Widerspruchsbescheide und die Schriftsätze an das Gericht selbst zu unterzeichnen, ohne sie dem Teamleiter vorlegen zu müssen. Das Führen der Statistik (Ziffer 3 der Arbeitsbeschreibung) beinhaltet die Erfassung der Widerspruchs- und Klageverfahren, was etwa 10 Minuten pro Woche in Anspruch nimmt. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin betrug zuletzt 35 Wochenstunden.

15

Die Teamleiterposition war seinerzeit mit einem Volljuristen besetzt. Der Teamleiter führte im Regelfall die Rechtsstreite beim Landessozialgericht. Die Klägerin vertrat den Teamleiter seit Januar 2013 im Falle seiner Abwesenheit bei Urlaub, Krankheit etc.

16

Mit Schreiben vom 24.02.2014 nahm der Beklagte zu dem Höhergruppierungsverlangen der Klägerin Stellung und verwies auf die zutreffende Eingruppierung in der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA (Entgeltgruppe 10 TVöD-V).

17

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie könne das Entgelt der Vergütungsgruppe II BAT-O/VKA (Entgeltgruppe 13 TVöD-V) beanspruchen, da ihre Tätigkeit dem Berufsbild einer Volljuristin entspreche. Ihre Tätigkeit bilde einen einheitlichen Arbeitsvorgang im Tarifsinne. Für die ordnungsgemäße Erledigung ihrer Aufgaben benötige sie eine wissenschaftliche (juristische) Hochschulausbildung. Ihr Abschluss an der Fachhochschule G. sei einer wissenschaftlichen Hochschulausbildung gleichgestellt. Jedenfalls verfüge sie über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen. Ihre Tätigkeit erfordere, wie sich aus den exemplarisch vorgelegten Widerspruchsbescheiden und Klageerwiderungen ergebe, nicht nur tiefgreifende Kenntnisse des Sozialrechts, sondern ebenso tiefgreifende Kenntnisse aus dem Zivilrecht, Erb- und Familienrecht, Sachenrecht, Vollstreckungsrecht, Mietrecht, Gesellschaftsrecht etc. Hinzu komme das Prozessrecht und die Prüfung von Kostenfestsetzungsanträgen. Um die Rechtssachen vor Gericht vertreten zu können, müsse sie auf dem gleichen Wissensstand sein wie die Richter und die Rechtsanwälte.

18

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt

19

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.01.2013 nach der Entgeltgruppe 13 Stufe 3 TVöD-V zu vergüten und die angefallenen monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen 10 und 13 beginnend mit dem 31.01.2013 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen,

20

hilfsweise

21

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.01.2013 nach der Entgeltgruppe 12 Stufe 3 TVöD-V zu vergüten und die angefallenen monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen 10 und 12 beginnend mit dem 31.01.2013 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen,

22

äußerst hilfsweise

23

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.01.2013 nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 3 TVöD-V zu vergüten und die angefallenen monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen 10 und 11 beginnend mit dem 31.01.2013 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

24

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin sei zutreffend eingruppiert. Zunächst sei nicht von einem einheitlichen Arbeitsvorgang auszugehen, da es um unterschiedliche, voneinander abgrenzbare Arbeitsergebnisse gehe. Soweit die Klägerin den Teamleiter im Verhinderungsfall vertrete, handele es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit, die für die Eingruppierung nicht von Belang sei. Die Klägerin verfüge nicht über eine wissenschaftliche Hochschulausbildung im Tarifsinne, da hierfür nach den Protokollnotizen eine Mindeststudienzeit von mehr als sechs Semestern erforderlich sei, und zwar ohne etwaige Praxis- oder Prüfungssemester. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass sie eine vergleichbare Qualifikation besitze. Davon abgesehen übe sie aber auch keine einer wissenschaftlichen Hochschulausbildung entsprechende Tätigkeit aus. Zwar gebe es in der Widerspruchsstelle einzelne Sachbearbeiter mit einem Jurastudium. Ein beachtlicher Teil der Mitarbeiter verfüge aber nicht über diese Qualifikation und sei dennoch in der Lage, die Aufgaben ordnungsgemäß zu bewältigen. Eine juristische Ausbildung sei lediglich förderlich, aber nicht notwendig. Die in der Stellenausschreibung geforderte Verwaltungsausbildung für den gehobenen Dienst sei ausreichend. Die Bearbeitung von Widerspruchsbescheiden konzentriere sich im Wesentlichen auf das SGB II. Soweit die Klägerin auf andere Rechtsgebiete zurückgreifen müsse, gebe es detaillierte fachliche Hinweisschreiben. Zudem könne sie den Fall an ihren Vorgesetzten abgeben. Keinesfalls benötige sie vertiefte Kenntnisse auf anderen Rechtsgebieten. Es handele sich nicht um eine typische Tätigkeit eines Volljuristen. Das gelte auch für die Vertretung vor den Sozialgerichten. Die Anforderungen an die Vertretungsberechtigung seien dort geringer als in anderen Gerichtszweigen. Zudem erforsche das Sozialgericht den Sachverhalt von Amts wegen.

25

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe II BAT-O/VKA. Sie verfüge weder über eine wissenschaftliche Hochschulausbildung im Tarifsinne noch über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen. Die Klägerin benötige für die Prozessvertretung nicht die gleichen Rechtskenntnisse wie Richter und Rechtsanwälte, da es beim Sozialgericht gerade keinen Vertretungszwang gebe und im Übrigen der Amtsermittlungsgrundsatz gelte. Des Weiteren hebe sich die Tätigkeit der Klägerin nicht zu mindestens 50 % durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA heraus. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass ihre Tätigkeit ein deutlich gesteigertes Wissen und Können im Vergleich zur vorhergehenden Vergütungsgruppe erfordere.

26

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht habe sich nicht hinreichend mit den vorgelegten Fallbeispielen aus-einandergesetzt und den akademischen Zuschnitt ihrer Tätigkeit verkannt. Es habe den Vortrag der Klägerin nicht umfassend berücksichtigt und unzutreffend gewertet.

27

Die Klägerin beantragt,

28

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 28.07.2015 - 1 Ca 168/14 - abzuändern und

29

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.01.2013 nach der Entgeltgruppe 13 Stufe 3 TVöD-V zu vergüten und die angefallenen monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen 10 und 13 beginnend mit dem 31.01.2013 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen,

30

hilfsweise

31

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.01.2013 nach der Entgeltgruppe 12 Stufe 3 TVöD-V zu vergüten und die angefallenen monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen 10 und 12 beginnend mit dem 31.01.2013 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen,

32

äußerst hilfsweise

33

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.01.2013 nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 3 TVöD-V zu vergüten und die angefallenen monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen 10 und 11 beginnend mit dem 31.01.2013 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

36

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Die Tätigkeit der Klägerin sei, wie in der Stellenbeschreibung dargestellt, in drei verschiedene Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Es sei bereits fraglich, ob die Klägerin nicht schon jetzt zu hoch eingruppiert sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfülle die Widerspruchsbearbeitung nicht einmal das Tatbestandsmerkmal "besonders verantwortungsvoll". Die Klägerin habe sich auch mit den darauf aufbauenden Heraushebungsmerkmalen nicht auseinandergesetzt. Einer wissenschaftlichen Hochschulausbildung bedürfe es keinesfalls. Ebenso wenig habe die Klägerin vorgetragen, dass sie über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen verfüge und dass ihre Tätigkeit diese erfordere.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

38

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

39

Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf die Vergütung der Entgeltgruppe 13 noch der Entgeltgruppe 12 noch der Entgeltgruppe 11 TVöD-V.

40

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der BAT-O und die diesen ersetzenden und ergänzenden Tarifverträge in der für den Bereich der VKA jeweils geltenden Fassung Anwendung. Der BAT-O ist zum 01.10.2005 vom TVöD-V ersetzt worden (§ 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA]). Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gilt § 22 BAT-O bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD (mit Entgeltordnung) über den 30.09.2005 hinaus fort. Bei Eingruppierungen zwischen dem 01.10.2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung sind die Vergütungsgruppen gemäß § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA in Verbindung mit der Anlage 3 wie folgt den Entgeltgruppen zuzuordnen:

41

"…

42

Anlage 3

43

Vorläufige Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für zwischen dem 01. Oktober 2005 und dem In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung stattfindende Eingruppierungvorgänge/VKA

44

Entgelt-
gruppe

Vergütungsgruppe

Lohn-
gruppe

       

       

       

13    

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung voraussetzen (II mit und ohne Aufstieg nach I b)

-       

12    

III mit Aufstieg nach II

-       

11    

III ohne Aufstieg nach II

IV a mit Aufstieg nach III

-       

10    

IV a ohne Aufstieg nach III

IV b mit Aufstieg IV a

V b in den ersten sechs Monaten der Berufsausübung, wenn danach IV b mit Aufstieg nach IV a

-       

9       

IV b ohne Aufstieg nach IV a

V b mit Aufstieg nach IV b

V b ohne Aufstieg nach IV b (Stufe 5 nach 9 Jahren in Stufe 4, keine Stufe 6)

       

       

       

       

45

…“

46

Der BAT-O/VKA hat, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, den folgenden Wortlaut:

47

"…

48

§ 22 Eingruppierung(1) Die Eingruppierung der Angestellten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage 1 a und 1 b). Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist.

49

(2) Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

50

Die gesamt auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z. B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.

51

Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Unterabs. 2 Satz 1 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.

52

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Unterabs. 2 oder 3 abweichendes Maß bestimmt, gilt dieses.

53

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Angestellten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.

54

(3) Die Vergütungsgruppe des Angestellten ist im Arbeitsvertrag anzugeben.

55

Protokollnotizen zu Abs. 2

56

1. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Eintragung in das Grundbuch, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld, Festsetzung einer Leistung nach dem Bundessozialhilfegesetz). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

57

2. Eine Anforderung im Sinne des Unterabs. 2 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe.

58

59

Anlage 1 a

60

61

Vergütungsgruppe II

62

1. a) Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulausbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

63

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 2)

64

65

Vergütungsgruppe III

66

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b heraushebt.

67

68

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt,

69

nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b.

70

71

Vergütungsgruppe IV a

72

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.

73

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.

74

75

Vergütungsgruppe IV b

76

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

77

78

Vergütungsgruppe V b

79

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

80

(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Fallgruppe 1 b der Vergütungsgruppe VII und in den Fallgruppen 1 a der Vergütungsgruppen VI b und V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)

81

82

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus Buchstabe a heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist.

83

84

Protokollerklärungen zum Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT (Neufassung der Fallgruppen 1) vom 24.06.1975:

85

Nr. 2

86

Wissenschaftliche Hochschulen sind Universitäten, Technische Hochschulen sowie andere Hochschulen, die nach Landesrecht als wissenschaftliche Hochschulen anerkannt sind.

87

Abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung liegt vor, wenn das Studium mit einer ersten Staatsprüfung oder mit einer Diplomprüfung beendet worden ist.

88

Der ersten Staatsprüfung oder der Diplomprüfung steht eine Promotion oder die Akademische Abschlussprüfung (Magisterprüfung) einer Philosophischen Fakultät nur in den Fällen gleich, in denen die Ablegung einer ersten Staatsprüfung oder einer Diplomprüfung nach den einschlägigen Ausbildungsvorschriften nicht vorgesehen ist.

89

Eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung setzt voraus, dass die Abschlussprüfung in einem Studiengang abgelegt worden ist, der seinerseits mindestens das Zeugnis der Hochschulreife (allgemeine Hochschulreife oder einschlägige fachgebundene Hochschulreife) als Zugangsvoraussetzung erfordert, und für den Abschluss eine Mindeststudienzeit von mehr als sechs Semestern - ohne etwaige Praxissemester, Prüfungssemester o. ä. - vorgeschrieben war.

90

…"

91

Für die Eingruppierung ist die nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit maßgeblich (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-O). Soweit die Klägerin den Teamleiter im Falle der Abwesenheit vertritt oder vertreten hat, handelt es sich lediglich um eine vorübergehend übertragene Aufgabe.

92

Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT-O ist zunächst festzustellen, welche Arbeitsvorgänge im tariflichen Sinne anfallen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, welche Tätigkeitsmerkmale die Arbeitsvorgänge erfüllen.

93

1. Arbeitsvorgänge

94

Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (z. B. BAG, Urteil vom 16. März 2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 35, juris; BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16, juris = NZA-RR 2015, 644). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden, nicht aber solche, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein voneinander zu trennen und tatsächlich getrennt sind. Die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Angestellte übertragen zu können, reicht dagegen nicht aus. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte dann nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist. Es ist möglich, dass die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit nur einen einzigen Arbeitsvorgang bildet (BAG, Urteil vom 16. März 2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 36, juris; BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16, juris = NZA-RR 2015, 644; BAG, Urteil vom 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 18, juris = NZA-RR 2015, 479). Das Bundesarbeitsgericht ist im Falle einer Krankenkassenmitarbeiterin davon ausgegangen, dass die Bearbeitung von Widerspruchsverfahren sowie die Betreuung von sozialgerichtlichen Verfahren rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheiten darstellen (BAG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 4 AZR 445/11 - Rn. 18, juris = ZTR 2014, 90).

95

Die Tätigkeit der Klägerin setzt sich aus vier Arbeitsvorgängen zusammen.

96

Die "Bearbeitung von Widerspruchsverfahren im Rechtskreis des SGB II" ist ein eigener Arbeitsvorgang. Zu diesem Aufgabenbereich gehört die Vorprüfung des eingegangenen Widerspruchs, die verfahrensrechtliche Beteiligung des Widerspruchsführers und schließlich die Beendigung des Widerspruchsverfahrens, sei es durch Bescheid, Vergleich, Rücknahme oder auf andere Art und Weise, was ggf. noch eine kostenrechtliche Abwicklung nach sich zieht. Erst dann liegt ein Arbeitsergebnis vor, das vergleichbar ist mit den in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-O genannten Beispielen (unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld, Festsetzung einer Leistung nach dem Bundessozialhilfegesetz etc.). Solange der Vorgang insgesamt noch nicht abgeschlossen ist, liegt nichts Greifbares vor. Erst mit der Beendigung des Widerspruchsverfahrens einschließlich der Nacharbeiten gibt es ein für den Leistungsempfänger maßgebliches Resultat. Soweit die Klägerin die Statistik zu führen hat, bezieht sich diese Aufgabe allein auf die eingegangenen und von ihr erledigten Widerspruchs- und Klageverfahren. Die Statistik dient der Dokumentation des Arbeitsergebnisses und kann deshalb nicht sinnvoll von der Widerspruchsbearbeitung als solcher getrennt werden.

97

Nach der Stellenbeschreibung macht die Bearbeitung von Widerspruchsverfahren 45 % der Arbeitszeit aus. Unter Hinzurechnung des Arbeitszeitanteils für die Statistik, der wöchentlich 10 Minuten beträgt, wobei allerdings auch Klageverfahren berücksichtigt sind, ergibt sich ein Aufschlag von maximal 0,5 %.

98

Die "Bearbeitung von Klageverfahren im Rechtskreis des SGB II" bildet einen weiteren Arbeitsvorgang. Dieser Arbeitsvorgang umfasst alle Tätigkeiten beginnend mit dem Klageeingang über die Fertigung der Schriftsätze und die Terminwahrnehmung bis hin zum Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens einschließlich der Kostenfrage. Zu einem Ergebnis haben die Tätigkeiten erst dann geführt, wenn das Verfahren beendet ist und etwaig anfallende Kosten geregelt sind. Hinzu kommen auch in diesem Arbeitsvorgang die statistischen Aufgaben. Die Bearbeitung von Klageverfahren und die Bearbeitung von Widerspruchsverfahren sind nicht auf dasselbe Arbeitsergebnis gerichtet. Es handelt sich um unterschiedliche Verfahrenstypen mit unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltungen und Entscheidungsträgern. Während die Klägerin im Widerspruchsverfahren selbst einen Bescheid erlässt, entscheiden im Klageverfahren die Sozialgerichte. Zwar kann sich an einen erfolglosen Widerspruch ein sozialgerichtliches Verfahren anschließen, in dem die Klägerin auf ihre Kenntnisse aus dem Widerspruchsverfahren zurückgreift. Daraus folgt aber nicht, dass Widerspruchs- und Klageverfahren untrennbar miteinander verbunden sind. Wenn auch die rechtliche Auseinandersetzung in einigen Fällen mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides noch nicht endgültig abgeschlossen ist, so liegt dennoch ein Arbeitsergebnis vor, mit dem die innerbehördliche Prüfung endet, bevor es zu einer externen Streitlösung durch ein Sozialgericht kommt. Im Übrigen zeigt auch die Geschäftsverteilung der Beklagten, dass ein Widerspruchsbearbeiter nicht zwingend mit der Klagebearbeitung betraut sein muss, da jedenfalls zeitweise einer der Sachbearbeiter ausschließlich mit Widerspruchsverfahren befasst war.

99

Die "Erstellung von Bescheidmustern und Textvorlagen" für die Sachbearbeiter im operativen Service ist ebenfalls ein eigener Arbeitsvorgang. Das Arbeitsergebnis besteht darin, den Sachbearbeitern Hilfsmittel für ihre tägliche Arbeit an die Hand zu geben und diese auf dem aktuellen Stand zu halten. Diese Tätigkeit hat nicht die gleiche Zielrichtung wie die Bearbeitung von Widerspruchs- und Klageverfahren. Es handelt sich um eine interne Dienstleistung, die nicht im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Widerspruchs- und Klageverfahren anfällt, sondern die innerbetriebliche Abläufe betrifft. Sie kommt den Mitarbeitern im operativen Service zugute, denen die Arbeit erleichtert wird.

100

Der vierte Arbeitsvorgang ist die "Prüfung von Regressansprüchen gemäß § 116 SGB X, §§ 102 ff. SGB X (Erstattungsansprüche) und ggf. Vorbereitung der gerichtlichen Durchsetzung". Nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger (z. B. Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II) über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. § 102 SGB X betrifft Erstattungsansprüche für vorläufig erbrachte Sozialleistungen gegenüber dem eigentlich zuständigen Leistungsträger. Gegenstand der Prüfung von Regress- und Erstattungsansprüchen sind Rechtsbeziehungen des Beklagten zu Dritten. Es liegt ein eigenständiges Arbeitsergebnis vor, das von den übrigen Arbeitsergebnissen unabhängig ist. Ziel des Widerspruchs- und des Klageverfahrens ist es, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigten gegenüber dem Träger der Grundsicherung zu klären. Regress- und Erstattungsansprüche sind hierfür nicht von Bedeutung. Die Prüfung solcher Ansprüche ist nicht Bestandteil des Widerspruchs- oder des Klageverfahrens, um hier zu einem Arbeitsergebnis zu gelangen.

101

2. Tätigkeitsmerkmale

102

a) Vergütungsgruppe II BAT-O/VKA

103

Die Klägerin verfügt nicht über eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung im Sinne der Vergütungsgruppe II BAT-O/VKA.

104

Es kann dahinstehen, ob die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege in G. eine wissenschaftliche Hochschule im Sinne der Protokollnotiz Nr. 2 ist. Jedenfalls setzt die Protokollnotiz Nr. 2 weiterhin voraus, dass die Abschlussprüfung in einem Studiengang abgelegt worden ist, für den eine Mindeststudienzeit von mehr als sechs Semestern - ohne etwaige Praxissemester, Prüfungssemester o. Ä. - vorgeschrieben war. Das trifft auf die Ausbildung der Klägerin zur Diplom-Verwaltungswirtin nicht zu, da die Mindeststudienzeit nicht mehr als sechs Semester betrug.

105

Die Klägerin ist keine sonstige Angestellte, die über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt und die eine diesen gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeit ausübt.

106

Ob gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen vorhanden sind, ist am Maßstab einer einschlägigen akademischen Ausbildung zu bestimmen. Zwar muss der Angestellte nicht über genau das gleiche Wissen und Können verfügen, wie es durch die einschlägige Hochschulausbildung vermittelt wird. Gefordert ist aber ein gleichwertiges Wissen und Können, d. h. eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechend umfangreichen Wissensgebietes, wobei Fachkenntnisse auf einem nur eng begrenzten Teilgebiet dieser Ausbildung nicht ausreichen (BAG, Urteil vom 22. März 2000 - 4 AZR 116/99 - Rn. 89, juris = ZTR 2000, 465; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Juli 2015 - 7 Sa 23/15 - Rn. 94, juris). Die Darlegungs- und Beweislast trägt derjenige, der sich auf eine höhere Vergütung beruft. Er hat zunächst vorzutragen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten eine einschlägige wissenschaftliche Hochschulausbildung vermittelt und welche hierzu gleichwertigen Kenntnisse und Fähigkeiten er besitzt, obwohl er die einschlägige Hochschulbildung nicht durchlaufen hat. Im Weiteren hat er darzulegen, aus welchen Gründen er seine ihm übertragene Aufgabe ohne diese Kenntnisse und Fähigkeiten nicht ordnungsgemäß erledigen könnte. Es muss erkennbar sein, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten nicht nur nützlich und erwünscht, sondern für die Tätigkeit erforderlich sind (BAG, Urteil vom 20. März 2013 - 4 AZR 486/11 - Rn. 37, juris = NZA-RR 2013, 582; BAG, Urteil vom 15. März 2006 - 4 AZR 157/05 - Rn. 21, juris = ZTR 2006, 590).

107

Einschlägig für eine Tätigkeit im Bereich Recht ist ein Hochschulstudium der Rechtswissenschaften. Das rechtswissenschaftliche Studium hat das Ziel, das Recht mit Verständnis erfassen und anwenden zu können, die dazu erforderlichen rechtswissenschaftlichen Methoden zu beherrschen und die notwendigen Kenntnisse in den Prüfungsfächern mit ihren geschichtlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und rechtsphilosophischen Grundlagen zu vermitteln (§ 1 Satz 1 Juristenausbildungsgesetz M-V [JAG M-V]). Die Studienzeit beträgt acht Semester (§ 2 Satz 1 Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung M-V [JAPO M-V]. Um zu der vom Landesjustizprüfungsamt durchgeführten Pflichtfachprüfung zugelassen zu werden, muss der Student an folgenden Veranstaltungen erfolgreich teilgenommen haben:

108

1. den Übungen für Fortgeschrittene im Zivilrecht, Strafrecht und Öffentlichen Recht,

109

2. einer Lehrveranstaltung in einem Grundlagenfach, in der geschichtliche, philosophische, wirtschaftliche, politische oder gesellschaftliche Grundlagen des Rechts und die Methodik seiner Anwendung beispielhaft behandelt worden sind, und

110

3. einer Lehrveranstaltung zur Vermittlung interdisziplinärer Schlüsselqualifikationen (§ 5 Abs. 2 JAPO M-V).

111

Zu den Gegenständen der Pflichtfachprüfung heißt es in § 11 JAPO M-V:

112

"§ 11
Pflichtfächer

113

(1) Pflichtfächer der Pflichtfachprüfung sind das Zivil-, das Straf- und das Öffentliche Recht. Rechtsgestaltende und rechtsberatende Fragestellungen sind dabei angemessen zu berücksichtigen.

114

(2) Der Prüfungsstoff der Pflichtfächer umfasst:

115

1. Zivilrecht:

116

a) Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:

117

- Allgemeine Lehren und Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, in Grundzügen juristische Personen,

118

- aus dem Recht der Schuldverhältnisse die Abschnitte 1 bis 7 sowie Abschnitt 8 ohne die Titel 2, 11, 15, 18, 19 und 25,

119

- aus dem Sachenrecht die Abschnitte 1 bis 3, 5, Abschnitt 7 (ohne Rentenschuld) und in Grundzügen die Abschnitte 4 und 8 (ohne Pfandrecht an Rechten),

120

- aus dem Familienrecht jeweils in Grundzügen Wirkungen der Ehe im allgemeinen (Abschnitt 1 Titel 5) und gesetzliches Güterrecht (Abschnitt 1 Titel 6 Untertitel 1),

121

- aus dem Erbrecht jeweils in Grundzügen Abschnitt 1 (Erbfolge), Abschnitt 2 Titel 3 (Erbschaftsanspruch), Abschnitt 3 (Testament) ohne Titel 6, Abschnitt 4 (Erbvertrag) und Abschnitt 5 (Pflichtteil),

122

b) Grundzüge des Produkthaftungsgesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes,

123

c) aus dem Handelsrecht in Grundzügen:

124

Kaufleute, Publizität des Handelsregisters, Handelsfirma, Prokura und Handelsvollmacht, Allgemeine Vorschriften über Handelsgeschäfte, Handelskauf,

125

d) aus dem Gesellschaftsrecht in Grundzügen:

126

Recht der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft; Errichtung, Vertretung und Geschäftsführung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung,

127

e) aus dem Arbeitsrecht:

128

- Individualarbeitsrecht: Begründung, Inhalt und Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Bestandsschutz, Leistungsstörungen und Haftungen im Arbeitsverhältnis,

129

- Kollektives Arbeitsrecht in Grundzügen, Abschluss und Wirkung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen,

130

f) aus dem Zivilprozessrecht in Grundzügen:

131

die Vorschriften über gerichtsverfassungsrechtliche Grundlagen und aus der Zivilprozessordnung das Buch 1 (Allgemeine Vorschriften), Buch 2 (Verfahren im ersten Rechtszug), Buch 3 (Rechtsmittel) und Buch 8 (Zwangsvollstreckung),

132

2. Strafrecht:

133

a) Allgemeiner Teil des Strafrechts (mit Konkurrenzen); Erster Abschnitt (Das Strafgesetz), Zweiter Abschnitt (Die Tat) ohne Titel 5 und jeweils in Grundzügen aus dem Dritten Abschnitt (Rechtsfolgen der Tat) die Titel 1 bis 4 und der Vierte Abschnitt (Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen),

134

b) aus dem Besonderen Teil des Strafgesetzbuches:

135

aus dem Sechsten Abschnitt (Widerstand gegen die Staatsgewalt) nur §§ 113, 114 in Grundzügen, aus dem Siebten Abschnitt (Straftaten gegen die öffentliche Ordnung) nur §§ 123, 142, 145d, den Neunten Abschnitt (Falsche uneidliche Aussage und Meineid) §§ 153 bis 163, aus dem Zehnten Abschnitt § 164, aus dem Vierzehnten Abschnitt (Beleidigung) nur §§ 185 bis 187, 193 in Grundzügen, aus dem Sechzehnten Abschnitt (Straftaten gegen das Leben) nur §§ 211 bis 216 und §§ 221, 222, den Siebzehnten Abschnitt (Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit), aus dem Achtzehnten Abschnitt (Straftaten gegen die persönliche Freiheit) nur §§ 239 bis 239b, 240, 241, dabei §§ 239a, 239b nur in Grundzügen, den Neunzehnten Abschnitt (Diebstahl und Unterschlagung), den Zwanzigsten Abschnitt (Raub und Erpressung), aus dem Einundzwanzigsten Abschnitt (Begünstigung und Hehlerei) nur §§ 257, 258, 259, aus dem Zweiundzwanzigsten Abschnitt (Betrug und Untreue) nur §§ 263, 263a, 265, 265a, 266, 266b, aus dem Dreiundzwanzigsten Abschnitt (Urkundenfälschung) nur §§ 267, 268 und 274, aus dem Siebenundzwanzigsten Abschnitt (Sachbeschädigung) nur §§ 303, 303c, aus dem Achtundzwanzigsten Abschnitt (Gemeingefährliche Straftaten) nur §§ 306 bis 306e, 315 bis 315c, 316, 316a, jeweils in Grundzügen 323a, 323c,

136

c) aus dem Strafverfahrensrecht jeweils in Grundzügen:

137

die Vorschriften über gerichtsverfassungsrechtliche Grundlagen und aus der Strafprozessordnung das Erste Buch (Allgemeine Vorschriften), Zweite Buch (Verfahren im ersten Rechtszug), Dritte Buch (Rechtsmittel), aus dem Sechsten Buch (Besondere Arten des Verfahrens) nur den Ersten Abschnitt,

138

3. Öffentliches Recht:

139

a) das Staats- und Verfassungsrecht ohne die Abschnitte X, Xa des Grundgesetzes, das Verfassungsprozessrecht jeweils in Grundzügen (aus dem Gesetz über das Bundesverfassungsgericht der II. Teil Erster Abschnitt (Allgemeine Verfahrensvorschriften) und aus dem III. Teil (Einzelne Verfahrensarten) den Sechsten Abschnitt (Organstreitverfahren), Zehnten Abschnitt (Abstrakte Normenkontrolle), Elften Abschnitt (Konkrete Normkontrolle) und Fünfzehnten Abschnitt (Verfassungsbeschwerde),

140

b) Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, davon das Recht der öffentlichen Ersatz- und Entschädigungsleistungen und die besonderen Verwaltungsverfahren in Grundzügen,

141

c) aus dem besonderen Verwaltungsrecht:

142

das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht,

143

aus dem Kommunalrecht jeweils in Grundzügen folgende Abschnitte der Kommunalverfassung : aus dem Teil 1 den Abschnitt 1 (Grundlagen der Gemeindeverfassung), Abschnitt 2 (Einwohner und Bürger), Abschnitt 3 (Vertretung und Verwaltung), Abschnitt 6 (Wirtschaftliche Betätigung) und Abschnitt 7 (Aufsicht),

144

aus dem Bauplanungsrecht jeweils in Grundzügen folgende Teile des Baugesetzbuches: aus dem Ersten Kapitel den Ersten Teil (Bauleitplanung), aus dem Zweiten Teil (Sicherung der Bauleitplanung) den Ersten und Zweiten Abschnitt, aus dem Dritten Teil (Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung) den Ersten Abschnitt und aus dem Dritten Kapitel den Dritten Abschnitt (Verwaltungsverfahren) und den Vierten Abschnitt (Planerhaltung), aus der Baunutzungsverordnung den Ersten Abschnitt (Art der baulichen Nutzung), den Zweiten Abschnitt (Maß der baulichen Nutzung) und den Dritten Abschnitt (Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche),

145

aus dem Bauordnungsrecht in Grundzügen folgende Teile der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern: Teil 1 (Allgemeine Vorschriften), Teil 2 (Das Grundstück und seine Bebauung), Teil 3 Abschnitt 1 (Gestaltung) und Teil 5 (Bauaufsichtsbehörden, Verfahren),

146

d) aus dem Recht der Europäischen Union jeweils in Grundzügen:

147

die Rechtsquellen und Handlungsformen der Europäischen Union, die Grundfreiheiten des Vertrages über die Arbeitsweise der Union und die Europäischen Grundrechte sowie deren Durchsetzung, die Organe der Europäischen Union, Rechtsetzung und Vollzug des Unionsrechts.

148

e) aus dem Verwaltungsprozessrecht jeweils in Grundzügen:

149

aus der Verwaltungsgerichtsordnung aus Teil I den 6. Abschnitt (Verwaltungsrechtsweg und Zuständigkeit) und Teil II (Verfahren).

150

(3) Zu den Pflichtfächern gehören ihre europarechtlichen Bezüge sowie ihre Bezüge zu Grundlagenfächern.

151

(4) Soweit Rechtsgebiete in den Grundzügen Gegenstand des Prüfungsstoffes sind, wird die Kenntnis der Systematik, der wesentlichen Normen und Rechtsinstitute, des Regelungsgehalts sowie von Sinn, Zweck, Struktur und Bedeutung im Gesamtzusammenhang verlangt. Detailkenntnisse dürfen nicht vorausgesetzt werden.

152

(5) Andere als die in Absatz 2 genannten Rechtsgebiete dürfen im Zusammenhang mit den Pflichtfächern zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden, soweit lediglich Verständnis und Arbeitsmethode festgestellt werden sollen und Einzelwissen nicht vorausgesetzt wird."

153

Die Klägerin hat sich nicht ein hiermit gleichwertiges Wissen angeeignet. Durch die Ausbildung zur Diplom-Verwaltungswirtin hat sie Kenntnisse auf Teilgebieten des rechtswissenschaftlichen Studiums erworben, insbesondere im allgemeinen und besonderen Verwaltungsrecht. Das führt aber noch nicht zu einer ähnlich gründlichen Beherrschung anderer Rechtsgebiete, wie sie im rechtswissenschaftlichen Studium vermittelt und geprüft werden. Gleiches gilt für die wissenschaftliche Methodik der Rechtsanwendung, zu der eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und den Lehrmeinungen gehört. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin über ähnlich umfangreiche und gründliche Fachkenntnisse auf den Rechtsgebieten Zivilrecht und Strafrecht verfügt wie nach dem erfolgreichen Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Hochschulstudiums. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass und wann sie gleichwertige Kenntnisse des materiellen Rechts und der Rechtsanwendung erworben hat.

154

b) Vergütungsgruppen V b bis III BAT-O/VKA

155

Die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppen V b bis III BAT-O bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden. Anschließend ist zu klären, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppe vorliegen. Mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage sind diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale seien unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt. Für einen schlüssigen Vortrag genügt dabei eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit nicht, wenn ein Heraushebungsmerkmal in Anspruch genommen wird. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob diese sich gegenüber derjenigen eines Mitarbeiters der Ausgangsvergütungsgruppe heraushebt. Diese Wertung erfordert einen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten, also den „Normaltätigkeiten“ der Ausgangsgruppe, und setzt einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraus. Die vorgetragenen Tatsachen müssen erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit hervorhebt und einen wertenden Vergleich mit dieser nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeit erlauben (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 19, juris; BAG, Urteil vom 18. November 2015 - 4 AZR 605/13 - Rn. 16, juris = ZTR 2016, 320; BAG, Urteil vom 18. März 2015 - 4 AZR 702/12 - Rn. 35, juris = NZA-RR 2015, 427).

156

aa) Vergütungsgruppe V b BAT-O/VKA (Ausgangsfallgruppe)

157

In der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA sind Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst eingruppiert, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.

158

Gründliche, umfassende Fachkenntnisse sind regelmäßig solche eines Fachhochschulstudiums. Der Angestellte mit Fachhochschulabschluss wird bei Eintritt in den öffentlichen Dienst als Berufsanfänger in der Regel nach Vergütungsgruppe V b BAT vergütet (BAG, Urteil vom 15. Februar 2006 - 4 AZR 645/04 - Rn. 27, juris = ZTR 2006, 491; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08. Mai 2009 - 5 Sa 266/08 - Rn. 35, juris; LAG Düsseldorf, Urteil vom 04. Februar 1997 - 16 Sa 1554/96 - Rn. 37, juris = ZTR 1997, 325; LAG Hessen, Urteil vom 20. Februar 1996 - 9 Sa 1135/95 - Rn. 27, juris = EzBAT §§ 22, 23 BAT B1 VergGr V b Nr. 8). Die Arbeitsvorgänge "Bearbeitung von Widerspruchsverfahren im Rechtskreis des SGB II" und "Bearbeitung von Klageverfahren im Rechtskreis des SGB II" erfordern jeweils Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie durch eine abgeschlossene Ausbildung zur Diplom-Verwaltungswirtin oder durch einen vergleichbaren Abschluss erworben werden, was zwischen den Parteien nicht im Streit ist. Für beide Arbeitsvorgänge sind fundierte Kenntnisse aus dem SGB II und aus angrenzenden Rechtsgebieten sowie fundierte Kenntnisse im Verfahrensrecht notwendig. Das ergibt sich schon aus der Stellenbeschreibung. Die übrigen Arbeitsvorgänge sind aufgrund ihres geringen Zeitanteils für die Eingruppierung nicht von Bedeutung.

159

Eine selbstständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Das Merkmal „selbstständige Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbstständig arbeiten“ verwechselt werden, worunter eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung zu verstehen ist. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht nicht entgegen (z. B. BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 42, juris = ZTR 2012, 440).

160

Die Bearbeitung von Widersprüchen erfordert ebenso wie die Bearbeitung von Klagen selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne. Die anzuwendenden Rechtsvorschriften eröffnen der Klägerin Beurteilungs- und Ermessensspielräume. Die Klägerin hat bei der Entscheidung über einen Widerspruch abzuwägen, ob die Einwände des Antragstellers berechtigt sind, und zu begründen, wie sie zu diesem Ergebnis gelangt ist. In Klageverfahren hat sie sich ebenfalls mit der Argumentation der Gegenseite auseinanderzusetzen und zu prüfen, wie sie sich hierauf einlässt.

161

bb) Vergütungsgruppe IV b BAT-O/VKA (1. Heraushebungsstufe)

162

In der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA sind Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst eingruppiert, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

163

Unter Verantwortung ist die Verpflichtung des Angestellten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenen Dienst- oder Arbeitsbereich die dort - auch von anderen Bediensteten - zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden; dabei kann Mitverantwortung ausreichen und die Unterstellung unter einen Vorgesetzten unschädlich sein. Die dem Angestellten übertragene Verantwortung muss beträchtlicher, gewichtiger sein als die Verantwortung, die im Allgemeinen einem Angestellten der Vergütungsgruppe V b BAT-O/VKA obliegt ("Normalverantwortung"). Die Verantwortung kann sich auf andere Mitarbeiter oder dritte Personen, Sachen, Arbeitsabläufe, zu gewinnende wissenschaftliche Resultate u. Ä. beziehen (BAG, Urteil vom 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 26, juris = ZTR 2015, 642).

164

Die Arbeitsvorgänge "Bearbeitung von Widerspruchsverfahren im Rechtskreis des SGB II" und "Bearbeitung von Klageverfahren im Rechtskreis des SGB II" sind mit einer besonderen Verantwortung verbunden, die sich von der Normalverantwortung, die mit der Vergütungsgruppe V b BAT-O/VKA abgegolten ist, deutlich abhebt. Die Klägerin hat dafür einzustehen, dass sowohl die Widerspruchs- als auch die Klageverfahren dem geltenden Recht entsprechend geführt werden. Ihr allein obliegt es, den entscheidungserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig zu erfassen und die maßgeblichen Rechtsvorschriften anzuwenden. Sie entscheidet abschließend, ob sie einem Widerspruch abhilft oder nicht bzw. wie sie das Klageverfahren führt und beendet. Mit ihrer Unterschrift unter den Widerspruchsbescheiden und den Schriftsätzen übernimmt sie die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit. Dementsprechend fallen evtl. Fehler auf sie zurück, für die sie sich ggf. gegenüber Vorgesetzten zu rechtfertigen hat. Eine derart weitreichende Unterschriftsberechtigung kann einem Fachhochschulabsolventen auch nach einer üblichen Einarbeitungszeit regelmäßig nicht sogleich übertragen werden. Hierzu bedarf es einer mehrjährigen einschlägigen Berufserfahrung, wie sie in der Stellenbeschreibung gefordert ist.

165

cc) Vergütungsgruppe IV a BAT-O/VKA (2. Heraushebungsstufe)

166

In der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 BAT-O/VKA sind Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst eingruppiert, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt. Beide Heraushebungsmerkmale "besondere Schwierigkeit" und "Bedeutung" müssen kumulativ erfüllt sein.

167

Die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit einer Tätigkeit bezieht sich auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. In der Vergütungsgruppe IV a BAT-O/VKA wird ein Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA in gewichtiger Weise, d. h. beträchtlich, übersteigt (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 26, juris). Es genügt noch nicht, dass eine Tätigkeit schwieriger ist als in der Vergütungsgruppe IV b BAT-O/VKA. Sie muss sich durch eine besondere Schwierigkeit herausheben. Hierzu ist eine vergleichende Gegenüberstellung der Anforderungen am eigenen Arbeitsplatz mit den Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA erforderlich (BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 29, juris = NZA-RR 2012, 604).

168

Die erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfall aus der Breite des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa besonderen Spezialkenntnissen (BAG, Urteil vom 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 36, juris = ZTR 2009, 479). Nicht ausreichend sind Kenntnisse aus Fortbildungen, die allein der Aktualisierung des Wissensstandes dienen. Eine deutliche Erweiterung des Kenntnisstandes im Sinne einer Zusatzqualifikation ist damit nicht verbunden.

169

Bezugsgröße für das Heraushebungsmerkmal ist das in der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA vorausgesetzte Wissen und Können. Ohnehin vorausgesetzt ist das durch ein einschlägiges Fachhochschulstudium oder eine vergleichbare Ausbildung vermittelte Wissen und Können, das bereits mit dem Entgelt der Vergütungsgruppe V b BAT-O/VKA abgegolten ist.

170

Die Fachhochschulausbildung zum „Bachelor of Laws - Öffentliche Verwaltung“ (vormals Diplom-Verwaltungswirt/in) setzt sich gemäß § 10 Abs. 1 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für das erste Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 des Allgemeinen Dienstes im Verwendungsbereich der Allgemeinen Verwaltung im Land Mecklenburg-Vorpommern (Ausbildungs- und Prüfungsordnung Allgemeiner Dienst - Erstes Einstiegsamt - APOLg2E1AD M-V) vom 11. März 2011 (GVOBl. M-V 2011, S. 183) aus einem Grundlagenstudium an der Fachhochschule von 18 Monaten, einer berufspraktischen Studienzeit bei den Ausbildungsbehörden von 12 Monaten und einem Vertiefungsstudium an der Fachhochschule von 6 Monaten zusammen. Der Studiengang umfasst die folgenden Studiengebiete:

171

1. Rechtswissenschaften mit den Schwerpunkten Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht, Verfassungsrecht, Europarecht und Grundlagen des Privatrechts,

172

2. Verwaltungswissenschaften mit den Schwerpunkten Verwaltungslehre, Informations- und Kommunikationstechnologie,

173

3. Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten Verwaltungsbetriebswirtschaft und öffentliche Finanzwirtschaft und

174

4. Sozialwissenschaften mit den Schwerpunkten Soziologie, Politologie und Sozialpsychologie (§ 10 Abs. 2 APOLg2E1AD M-V).

175

Die Studieninhalte ergeben sich im Einzelnen aus dem Modulhandbuch (§ 13 Abs. 2 APOLg2E1AD M-V). Das derzeit aktuelle Modulhandbuch der Fachhochschule Güstrow für den Studiengang "Öffentliche Verwaltung", Stand September 2015 (http://www.fh-guestrow.de/studium/fbav/studienav/) enthält folgende Module:

176

Modul 1

        

Rechtsmethodik und wissenschaftliches Arbeiten

Modul 2

        

Information, Kommunikation und Projektmanagement

Modul 3

        

Die europäische Integration und das verfassungsrechtliche und politische System der Bundesrepublik Deutschland

Modul 4

        

Verwaltungsrecht I

Modul 5

        

Verwaltungsrecht II

Modul 6

        

Verwaltungsrecht III

Modul 7

        

Privatrecht und kollektives Arbeitsrecht

Modul 8

        

Wirtschaftswissenschaften und Verwaltungsorganisation

Modul 9

        

Öffentliches Finanzmanagement

Modul 10

        

Wahlpflichtseminar

Modul 11

        

Berufspraktische Studienzeit

Modul 12

        

Bachelorarbeit

Modul 13

        

Verwaltungsmodernisierung und aktuelle Entwicklungen in Verwaltungsrecht und öffentlichem Finanzmanagement

Modul 14

        

Personalauswahl im öffentlichen Dienst

Modul 15

        

Ordnungswidrigkeiten

Modul 16

        

Effects of European Integration on public administration

Modul 17

        

Gewerbeansiedlung und Stadtentwicklung

Modul 18

        

Straftaten im Amt und Korruptionsprävention

Modul 19

        

Kindeswohl und Kindesschutz

Modul 20

        

Wirtschaftliche Betätigung der Kommunen

Modul 21

        

Verfassungsgerichtsbarkeit

Modul 22

        

Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz

Modul 23

        

Fremdfinanzierung öffentlicher Haushalte

Modul 24

        

Wirtschaftspolitisches Handeln des Landes Mecklenburg-Vorpommern und seiner Kommunen

Modul 25

        

Asyl, Ausländerrecht und Integration

Modul 26

        

Energiewende und öffentliche Verwaltung.

177

Gegenstand des Moduls Verwaltungsrecht I sind u. a. folgende Lehrinhalte:

178

Wirksamkeit, Rechtmäßigkeit und Bestandskraft von Verwaltungsakten

179

- Bekanntgabe von Verwaltungsakten
- Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes
- Formelle und materielle Rechtmäßigkeitsanforderungen für Verwaltungsakte
- Fehlerhafte Verwaltungsakte und ihre Rechtsfolgen
- Rechtmäßigkeit von Nebenbestimmungen
- Anforderungen an den Erlass begünstigender Verwaltungsakte

180

Behördlicher Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte

181

- Überblick über das deutsche Rechtsschutzsystem
- Behördliche und gerichtliche, förmliche und formlose Rechtsbehelfe
- Funktion und Ablauf des Widerspruchsverfahrens.

182

Im Modul Verwaltungsrecht III geht es u. a. um folgende Kenntnisse:

183

Gerichtlicher Rechtsschutz gegen Verwaltungsentscheidungen

184

- Überblick über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland
- Verwaltungsgerichtliche Klagearten
- Besonderheiten der verwaltungsgerichtlichen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
- Grenzen der gerichtlichen Überprüfung
- Vorläufiger Rechtsschutz

185

Aufhebung von Verwaltungsakten und Wiederaufgreifen des Verfahrens

186

- Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten
- Wiederaufgreifen des Verfahrens

187

Bescheidtechnik

188

- Grundregeln und Grundstrukturen der Bescheidtechnik
- Erstellung von Erstbescheiden
- Erstellung von Abhilfebescheiden und Vorlageberichten bei Nichtabhilfe
- Erstellung von Widerspruchsbescheiden

189

Soziale Sicherung

190

- Erstattungsansprüche gegenüber Leistungsträgern und Dritten
- Verfahren, Datenschutz
- Jugendhilfe.

191

Die Klägerin benötigt in dem Arbeitsvorgang "Bearbeitung von Widerspruchsverfahren im Rechtskreis des SGB II" kein Wissen und Können, das die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA, die wiederum auf den gründlichen, umfassenden Fachkenntnissen der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT-O/VKA aufbaut, in gewichtiger, beträchtlicher Weise übersteigt. Sie musste keine Zusatzausbildung absolvieren, um Widersprüche bearbeiten zu können. Die Fertigung von Widerspruchsbescheiden ist bereits Gegenstand des Fachhochschulstudiums. Das Gleiche gilt für die benötigten Rechtskenntnisse. Soweit sich die Klägerin angesichts zahlreicher Gesetzänderungen im SGB und der Rechtsprechungsentwicklung auf dem Laufenden halten muss, führt das nicht zu einer erhöhten Qualifikation. Eine derartige Fortbildung, ob im Selbststudium oder in Seminaren, dient lediglich dazu, die eigene Qualifikation zu erhalten, um die den gründlichen, umfassenden Fachkenntnissen entsprechende Tätigkeit weiterhin ausüben zu können. Eine erhöhte Qualifikation lässt sich ebenso wenig aus den von der Klägerin benötigten Rechtskenntnissen außerhalb des SGB herleiten. Zum einen sind keine vertieften Kenntnisse aus anderen Rechtsbereichen erforderlich. Zum anderen werden solche Kenntnisse teilweise schon während eines Fachhochschulstudiums vermittelt, was insbesondere auf Grundkenntnisse des Privatrechts zutrifft. Die von der Klägerin vorgelegten Arbeitsbeispiele zeigen, dass eine umfassende Beherrschung des Privatrechts nicht notwendig ist, um die Widersprüche sachgerecht bescheiden zu können. Ebenso wenig ist eine tiefergehende Auseinandersetzung mit verschiedenen Rechtsansichten geboten. Die Widerspruchsbescheide beschränken sich im Wesentlichen auf eine Wiedergabe des Sachverhalts und der maßgeblichen Rechtsvorschriften, was hier ausreicht. Die Klägerin benötigt keine speziellen methodischen Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit Rechtsvorschriften, da sie nicht mit komplexen Gesetzesauslegungen unter Berücksichtigung von Normzwecken und -zusammenhängen befasst ist.

192

Der Arbeitsvorgang "Bearbeitung von Klageverfahren im Rechtskreis des SGB II" erfordert ebenfalls kein deutlich gesteigertes Wissen und Können im Verhältnis zur Vergütungsgruppe IV b BAT-O/VKA. Dieser Arbeitsvorgang setzt zunächst die gleichen Kenntnisse des materiellen Rechts voraus wie die Bearbeitung von Widersprüchen. Hinzu kommen Kenntnisse des Prozessrechts. Die Klägerin muss allerdings nicht über dieselben Rechtskenntnisse verfügen wie das Gericht. Sie muss die prozessualen Abläufe zwar verstehen und hierauf reagieren können. Die rechtskonforme Verfahrensleitung obliegt jedoch dem Gericht. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, bei den Sozialgerichten und Landessozialgerichten eine Vertretung durch Juristen mit der Befähigung zum Richteramt vorzuschreiben (§ 73 SGG), da er den Beteiligten die nötige Sach- und Rechtskunde zutraut, das Verfahren selbst zu führen. Nach Einschätzung des Gesetzgebers benötigen die Beteiligten in der ersten und zweiten Instanz nicht die gleiche Befähigung wie die Berufsrichter. Der gerichtliche Rechtsschutz ist darüber hinaus Gegenstand der Fachhochschulausbildung. Angesprochen ist dort zwar nur der Rechtsschutz durch die Verwaltungs- und die Verfassungsgerichtsbarkeit. Das Sozialgerichtsverfahren weist jedoch keine tiefgreifenden Unterschiede hierzu auf. Die im Verwaltungsprozessrecht erworbenen Kenntnisse ermöglichen es ohne Weiteres, sich in das Sozialgerichtsverfahren einzuarbeiten und die Termine wahrzunehmen. Es handelt sich nicht um eine völlig andere Rechtsmaterie, die ohne eine entsprechende weiterführende Ausbildung nicht zu bewältigen ist. Es bedarf zwar einer Einarbeitung und praktischen Anleitung. Das führt aber nicht zu einer deutlichen Steigerung der Qualifikation. Des Weiteren ist es nicht notwendig, dass die Klägerin, bevor sie die Bearbeitung der Klageverfahren übernehmen kann, langjährige Erfahrungen auf verschiedenen anderen Arbeitsplätzen sammelt. Soweit die Stellenbeschreibung eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung im Bereich Sozial- und Leistungsrecht voraussetzt, ist dies bereits erforderlich, um der Klägerin die eigenverantwortliche Verfahrensbearbeitung übertragen zu können. Die Klägerin muss das Sachgebiet sicher und verlässlich beherrschen und deshalb eine gewisse Berufserfahrung mitbringen. Nicht notwendig ist hingegen, dass sie sich zunächst durch unterschiedliche innerbetriebliche Verwendungen oder eine Zusatzausbildung weiterqualifiziert, um sodann die Bearbeitung der Klageverfahren übernehmen zu können.

193

Die übrigen Arbeitsvorgänge sind aufgrund ihres geringen Zeitanteils für die Eingruppierung nicht von Bedeutung.

194

Da bereits das Heraushebungsmerkmal "besondere Schwierigkeit“ nicht erfüllt ist, kann es dahinstehen, ob sich die Arbeitsvorgänge aufgrund der „Bedeutung“ herausheben. Bedeutung im tariflichen Sinne meint die Bedeutung des Aufgabenkreises, d. h. die Größe des Aufgabengebiets, die Tragweite der zu bearbeitenden Materie oder die Auswirkungen der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich, die betroffenen Bürger oder die Allgemeinheit (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 27, juris; BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 22, juris = NZA-RR 2012, 604). Die Klägerin trifft jedoch weder bei der Bearbeitung von Widersprüchen noch bei der Bearbeitung von Klageverfahren strategische, fallübergreifende Entscheidungen, die für eine Vielzahl von Fällen bedeutsam sind. Sie bearbeitet Einzelfälle, die ihr nach bestimmten Bedarfsgemeinschafts-Endnummern zugewiesen sind. Ihre Entscheidungen haben für die Leistungsempfänger und die Allgemeinheit keine größeren Auswirkungen als in anderen Bereichen der Leistungs- und Eingriffsverwaltung.

195

Die Prüfung der 3. Heraushebungsstufe entfällt, weil die Vergütungsgruppe III BAT-O/VKA voraussetzt, dass die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV a BAT-O/VKA erfüllt sind.

196

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

(1) Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen haben die Tätigkeit ihres Betriebes vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen, es sei denn, der Betrieb verfügt über eine Erlaubnis nach § 54 Absatz 1. Die zuständige Behörde bestätigt dem Anzeigenden unverzüglich schriftlich den Eingang der Anzeige. Zuständig ist die Behörde des Landes, in dem der Anzeigende seinen Hauptsitz hat.

(2) Der Inhaber eines Betriebes im Sinne des Absatzes 1 sowie die für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortlichen Personen müssen zuverlässig sein. Der Inhaber, soweit er für die Leitung des Betriebes verantwortlich ist, die für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortlichen Personen und das sonstige Personal müssen über die für ihre Tätigkeit notwendige Fach- und Sachkunde verfügen.

(3) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Tätigkeit von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit erforderlich ist. Sie kann Unterlagen über den Nachweis der Zuverlässigkeit und der Fach- und Sachkunde vom Anzeigenden verlangen. Sie hat die angezeigte Tätigkeit zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Inhabers oder der für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortlichen Personen ergeben, oder wenn die erforderliche Fach- oder Sachkunde nach Absatz 2 Satz 2 nicht nachgewiesen wurde.

(4) Nachweise aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum über die Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 2 stehen inländischen Nachweisen gleich, wenn aus ihnen hervorgeht, dass die betreffenden Anforderungen oder die auf Grund ihrer Zielsetzung im Wesentlichen vergleichbaren Anforderungen des Ausstellungsstaates erfüllt sind. Gleichwertige Nachweise nach Satz 1 sind auf Verlangen der zuständigen Behörde im Original oder in Kopie vorzulegen. Eine Beglaubigung der Kopie sowie eine beglaubigte deutsche Übersetzung können verlangt werden.

(5) Hinsichtlich der Überprüfung der erforderlichen Fach- und Sachkunde nach Absatz 2 Satz 2 eines Anzeigenden aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gilt § 36a Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 4 Satz 4 der Gewerbeordnung entsprechend; bei vorübergehender und nur gelegentlicher Tätigkeit eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Dienstleistungserbringers gilt hinsichtlich der erforderlichen Fach- und Sachkunde § 13a Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 der Gewerbeordnung entsprechend.

(6) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Anzeige und Tätigkeit der Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen, für Sammler und Beförderer von Abfällen insbesondere unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Verkehrsträger, Verkehrswege oder der jeweiligen Beförderungsart,

1.
Vorschriften zu erlassen über die Form, den Inhalt und das Verfahren zur Erstattung der Anzeige, über Anforderungen an die Zuverlässigkeit, die Fach- und Sachkunde und deren Nachweis,
2.
anzuordnen, dass das Verfahren zur Erstattung der Anzeige elektronisch zu führen ist und Dokumente in elektronischer Form gemäß § 3a Absatz 2 Satz 2 und 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorzulegen sind,
3.
bestimmte Tätigkeiten von der Anzeigepflicht nach Absatz 1 auszunehmen, soweit eine Anzeige aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit nicht erforderlich ist,
4.
Anforderungen an die Anzeigepflichtigen und deren Tätigkeit zu bestimmen, die sich aus Rechtsvorschriften der Europäischen Union ergeben, sowie
5.
anzuordnen, dass bei der Beförderung von Abfällen geeignete Unterlagen zum Zweck der Überwachung mitzuführen sind.

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12.12.2017 zum Aktenzeichen 5 Sa 53/17 wird aufrechterhalten.

2. Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung einer Bußgeldsachbearbeiterin nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber geltenden Fassung (TVöD-V).

2

Die 1960 geborene Klägerin schloss 1979 ihre Ausbildung zur Verkäuferin ab und arbeitete zunächst in der Verwaltung eines Einzelhandelsbetriebs. Zum 01.07.1988 nahm sie eine Beschäftigung bei dem Rat des Kreises A-Stadt auf. Gemäß Arbeitsvertrag vom 01.07.1991 mit dem Kreis A-Stadt bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.

3

Im Jahr 1996 übernahm die Klägerin die Leitung eines Asylheimes. Mit dem Änderungsvertrag vom 19.08.1996 wurde sie von der Vergütungsgruppe VII BAT-O in die Vergütungsgruppe V c BAT-O höhergruppiert.

4

Zum 01.06.2004 wechselte sie als Sachbearbeiterin in die Bußgeldstelle. Der aus diesem Anlass geschlossene Änderungsvertrag vom 25.03.2004 sieht eine Herabgruppierung in die Vergütungsgruppe VI b BAT-O vor. Nach Inkrafttreten des TVöD-V wurde die Klägerin der Entgeltgruppe 6 zugeordnet.

5

Im September 2011 ging das Arbeitsverhältnis im Zuge der Landkreisneuordnung kraft Gesetzes auf den Beklagten über.

6

Mit Schreiben vom 06.11.2014 forderte die Klägerin den Beklagten auf, sie zum 09.09.2014 in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 b BAT-O höherzugruppieren.

7

Unter dem 09.03.2016 fertigte der Beklagte eine neue Stellenbeschreibung für die Klägerin, gültig ab 14.03.2016, in der es heißt:

8

"…

9

Gesetzes- u.
Fachkenntnisse

8.    

Zur Wahrnehmung des Aufgabengebietes sind folgende Gesetzeskenntnisse,
Fach- und Spezialkenntnisse erforderlich:

Ordnungswidrigkeitenrecht, StPO, StGB, StVG, StVO, StVZO, Ordnungsrecht, Verwaltungs- und Vollstreckungsrecht, PC-Kenntnisse

…       

…       

…       

Erforderliche
Qualifikationen

10.     

Facharbeiterausbildung und abgeschlossener Angestelltenlehrgang I oder Verwaltungsfachangestellte/r oder vergleichbar

Wünschenswerte
Fachkenntnisse,
Fähigkeiten,
Erfahrungen

11.     

Termingebundenheit, Durchsetzungsvermögen, Verhandlungsgeschick

10

11

Lfd.
Nr.

Verzeichnis der Tätigkeiten
Die Tätigkeiten sind in Nummernfolge kurzgefasst aufzuführen und hierbei nach sachlichen Gruppen zu ordnen. Die Aufzählung der Tätigkeiten soll erschöpfend sein.

Anteilsverh.

in %

1.    

Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten des Landkreises und der Polizei (Bußgelder)
• Entscheidung über Bußgeldverfahren bzw. Einstellung
• Fahrzeugführerermittlung
• Passfotoanforderung
• Aufenthaltsermittlung
• Abgleich der Eintragungen im Register des Kraftfahrzeugbundesamtes in Flensburg
• Akteneinsicht
• Umwandlung von Fahrverbot in ein erhöhtes Bußgeld
• Entscheidung von Einsprüchen
• Entscheidung von Antrag auf Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft
• Entscheidung von Wiedereinsetzungsanträgen und Kostenfestsetzungsanträgen

100     

12

…“

13

Die Klägerin bearbeitet überwiegend Verkehrsordnungswidrigkeiten aufgrund von Geschwindigkeitsüberschreitungen. Daneben ist sie zu einem geringeren Anteil mit Verkehrsordnungswidrigkeiten wegen Unfällen, mangelhafter Bereifung des Fahrzeugs, Überschreitung der Frist zur Hauptuntersuchung, Überladung etc. befasst. Die Klägerin verwendet eine Fachsoftware, die verschiedene Aufgaben automatisiert bearbeitet, insbesondere Halteranfragen beim Kraftfahrt-Bundesamt oder der örtlichen KFZ-Zulassungsstelle, Fahrerermittlung, Anhörungen zu OWI-Anzeigen, Anhörungen mit Verwarngeldangebot, Abgabe an die Staatsanwaltschaft, Bußgeldbescheid, Abwicklung von Zahlungseingängen, Zahlungserleichterungen und Mahnungen, Vollstreckungen, Mitteilungen an das Kraftfahrt-Bundesamt, Abgänge/Einstellungen, Tagesabschluss. Das System verwaltet die Termine und erstellt den Schriftverkehr. Der Sachbearbeiter wird vom Programm aufgefordert, die notwendigen Eintragungen vorzunehmen. Das Programm enthält einen Entscheidungsschlüssel mit einem dreistelligen Zahlencode, z. B. Kraftfahrt-Bundesamt-Halterauskunft, Gewährung Wiedereinsetzung, Zeugenanhörung, Foto an Betroffenen, Einstellung, Akteneinsicht usw. Der Tatbestandskatalog mit den jeweiligen Geldbußen ist ebenfalls im Programm hinterlegt.

14

Mit Schreiben vom 12.04.2016 lehnte der Beklagte die beantragte Höhergruppierung ab. Die Klägerin machte daraufhin ihre Forderung nochmals mit Anwaltsschreiben vom 19.05.2016 geltend und verwies auf die zu erbringenden selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne. Nach erneuter Ablehnung durch den Beklagten mit Schreiben vom 25.05.2016 hat sie ihre Forderung mit der am 26.08.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gerichtlich weiterverfolgt.

15

Zum 13.01.2017 übertrug der Beklagte ihr vorübergehend die Aufgaben der erkrankten Fachgebietsleiterin. Diese Stelle ist der Entgeltgruppe 10 TVöD-V zugeordnet. Nach der Stellenbeschreibung vom 09.03.2016 nimmt die Fachgebietsleitung 40 % der Arbeitszeit in Anspruch, die Sachbearbeitung von komplizierten Sachverhalten die übrigen 60 %. Während der Vertretung erhielt die Klägerin eine Zulage. Die Vertretung endete am 05.11.2017.

16

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, sie sei nach der Entgeltgruppe 9, jedenfalls nach der Entgeltgruppe 8 TVöD-V zu vergüten. Der Beklagte sei in der Stellenbeschreibung zu Recht von einem einheitlichen Arbeitsvorgang ausgegangen. Dieser Arbeitsvorgang erfordere nicht nur gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, sondern auch selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne. Nach § 47 Abs. 1 OWiG liege es im pflichtgemäßen Ermessen der Ordnungsbehörde, ob sie die Ordnungswidrigkeit verfolge oder einstelle. Dabei habe sie zwischen dem Legalitätsprinzip, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, dem Prinzip der Rechtssicherheit, dem Gleichbehandlungsgebot und weiteren verfassungsrechtlich verankerten Prinzipien staatlichen Handels sowie den Interessen des Bürgers abzuwägen. Nach § 4 Abs. 4 BKatV könne die Behörde ausnahmsweise von der Anordnung eines Fahrverbotes absehen und solle im Gegenzug das Bußgeld angemessen erhöhen. Auch hier habe die Behörde einen Beurteilungsspielraum. Bei der Bearbeitung von Einsprüchen (§ 69 OWiG) müsse die Behörde die vorgebrachten Argumente abwägen und im Rahmen ihres Ermessens darüber entscheiden, ob der Bescheid zurückgenommen oder aufrechterhalten werde. Gleiches gelte für Anträge auf Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft sowie für die Entscheidung über Wiedereinsetzungsanträge. Die Sachverhaltsermittlung eröffne Beurteilungsspielräume, weil die jeweiligen Beweismittel und deren Tragfähigkeit zu würdigen seien.

17

Beispielhaft seien folgende Tätigkeiten aus dem Zeitraum November/Dezember 2016 genannt:

18
Einspielen von Polizeidaten in das entsprechende Programm und ausdrucken,
19
Sortieren nach Bußgeld und Verwarngeld,
20
Führerscheinanforderung,
21
Einwohnermeldeamtsanfragen, Anforderung Lichtbild,
22
Telefonate mit Bürgern und Rechtsanwälten,
23
Aufenthaltsermittlung,
24
Schreiben an die Polizeiinspektion hinsichtlich Anforderung von Beweismitteln,
25
Bearbeitung von Einsprüchen, Begründung der Ablehnung schreiben, drucken, unterschreiben,
26
Erfassung von Daten nach Eingang des Führerscheins,
27
Liste von Verfahrenseinstellungen bearbeiten,
28
Schreiben an Rechtsanwalt fertigen,
29
Anhörungen verfügen und nach Rücklauf bearbeiten,
30
Akteneinsicht für Rechtsanwalt, Aktenübersendung
31
Aktenversand an Gericht,
32
Gespräch wegen Ausfüllen von Zeugenfragebogen,
33
Erlass von Bußgeldbescheiden/Einstellung des Verfahrens,
34
Mahnung,
35
Besprechung mit Fachgruppenleiter,
36
Rücksprache mit Außendienstmitarbeiter,
37
Umwandlung des Fahrverbots prüfen,
38
Schreiben an Staatsanwaltschaft, Gespräche mit Staatsanwaltschaft,
39
Rücknahme Erzwingungshaft nach Zahlung Geldbuße,
40
Telefonate mit Kasse zur Klärung eingegangener Gelder,
41
Rechtskraft eingeben usw.
42

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt

43

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 20.05.2016 Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise Entgeltgruppe 8 TVöD-V zu zahlen und die monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 6 und dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise aus der Entgeltgruppe 8 TVöD-V ab Rechtshängigkeit bezüglich der bis dahin fällig gewesenen Differenzbeträge und dann ab jeweiliger Fälligkeit mit fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz zu verzinsen.

44

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, die Klägerin benötige zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, erbringe aber keine selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne. Die rechtlichen Ausführungen zum pflichtgemäßen Ermessen im Bußgeldverfahren seien zwar zutreffend. Die der Klägerin zugewiesenen Aufgaben seien jedoch durch ein stark standardisiertes Verfahren und umfassende Vorgaben geprägt, insbesondere durch Erlasse, Dienstanweisungen, Merkblätter, Formulare etc. Dort sei im Einzelnen verbindlich geregelt, wie in bestimmten Fällen, beispielsweise beim Absehen von Fahrverboten, vorzugehen sei. Die Fachsoftware gebe Entscheidungsschlüssel vor. Für eigenständige Abwägungsprozesse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges bleibe beim Sachbearbeiter letztlich kein Raum mehr. Nach den eigenen Zeitangaben der Klägerin benötige sie für den Erlass eines Bußgeldbescheides im Regelfall nur etwa zwei Minuten. Schon dieser Umstand spreche gegen eine schwierige geistige Arbeit.

45

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, dass die Klägerin auf ihrem Arbeitsplatz zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse benötige. Selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne erbringe sie jedoch nicht. Das gelte unabhängig vom Zuschnitt der Arbeitsvorgänge. Angesichts der sich ständig wiederholenden, weitgehend durch Verwaltungsvorschriften und die Fachsoftware vorgegebenen Abläufe verbleibe kein Raum für eine eigene geistige Initiative. Mit den stichwortartig aufgelisteten Einzeltätigkeiten genüge die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht. Die Angaben seien nicht ausreichend konkret und aussagekräftig, um daraus Rückschlüsse auf selbstständige Leistungen ziehen zu können.

46

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin keine selbstständigen Leistungen erbringe. Die Klägerin habe in jedem Einzelfall per se die strafrechtliche Relevanz und eine mögliche Abgabe an die Staatsanwaltschaft zu bedenken. Sie müsse in jedem Einzelfall unter Einbeziehung aller maßgeblichen Gesichtspunkte abwägen, ob das Handeln verfolgt oder das Verfahren eingestellt werde. Ausnahmefälle seien vom Normalfall abzugrenzen. Würde die Klägerin das ihr zustehende Ermessen nicht nutzen, wären die Entscheidungen schon allein deshalb fehlerhaft. Das Arbeitsgericht habe die beispielhaft aufgezählten Tätigkeiten nicht gewürdigt. In anderen Städten und Landkreisen in Mecklenburg-Vorpommern seien die Stellen der Bußgeldsachbearbeiter höher ausgewiesen.

47

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Versäumnisurteil vom 12.12.2017 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Einspruch eingelegt und zu dessen Begründung verschiedene Fallbeispiele dargestellt, die ihrer Auffassung nach selbstständige Leistungen beinhalten:

48

In einem Bußgeldverfahren wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes habe der Halter des Fahrzeuges angegeben, dass eine andere Person gefahren sei. Die genannte Person habe jedoch aufgrund ihres Alters nicht zu dem vorliegenden Bildmaterial gepasst. Daraufhin habe die Klägerin Lichtbilder beim Einwohnermeldeamt angefordert und anhand dieser Bilder festgestellt, dass der Halter gefahren sei. In der Ermittlung des Täters auf eigene Initiative der Klägerin liege eine selbstständige Leistung.

49

In einem anderen Fall habe die Klägerin im Anschluss an einen Lichtbildabgleich mit dem Fahrzeughalter telefoniert und daraufhin eine Führerscheinkopie des angeblichen Fahrers erhalten. Die Klägerin habe weiterermittelt und festgestellt, dass der Führerschein als verloren gemeldet, aber nie neu erteilt worden sei, weil zuvor die Fahrerlaubnis entzogen worden sei. Daraufhin habe die Klägerin die Akte an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Die Bewertung der festgestellten Tatsachen im Hinblick auf einen hinreichenden Anfangsverdacht sei eine selbstständige Leistung.

50

In einem dritten Fall habe sie sich mit dem Einwand des Betroffenen auseinandersetzen müssen, dass er von den Beamten vor Ort eine andere Auskunft zur mit dem Lasergerät gemessenen Geschwindigkeit erhalten habe. Die Klägerin habe deshalb das Messprotokoll, den Eichschein, die Anhalteliste und alle weiteren Daten geprüft und dabei keine Unstimmigkeiten festgestellt. Das habe sie dann dem Betroffenen ergänzend zum Bußgeldbescheid mitgeteilt.

51

In einem Einspruchsverfahren habe sich ein Rechtsanwalt gemeldet und die Qualität des Beweisfotos bemängelt sowie zahlreiche Fragen zum Messvorgang gestellt. Diese Fragen habe die Klägerin individuell beantwortet und dabei ermittelt, recherchiert, gewertet und abgewogen. Das seien wiederum selbstständige Leistungen.

52

Die Klägerin führt des Weiteren die Beantwortung eines Antrags auf Übernahme der Rechtsanwaltskosten in einem eingestellten Verfahren an, bearbeitet zwischen Februar und August 2017. Sie habe die Kostenübernahme abgelehnt, weil im Bußgeldverfahren Auslagen erst nach Erlass eines Bußgeldbescheides zu erstatten seien. Bei der Prüfung von Kostenrechnungen müsse sie nicht nur die Regelungen kennen, sondern müsse sie auch verstanden haben, um sie rechtmäßig anwenden zu können. Dieses Verständnis und dessen Anwendung seien selbstständige Leistungen.

53

Bevor sie einen Antrag auf Anordnung oder Vollstreckung der Erzwingungshaft stelle, müsse sie die Freiheitsinteressen des Betroffenen mit dem öffentlichen Interesse an der Beitreibung der Geldbuße abwägen und dabei alle sich aus der Akte ergebenden Tatsachen in Betracht ziehen, also Hinweise auf das soziale Umfeld, die Beschäftigung des Betroffenen, die Vorgeschichte und alle weiteren zu wertenden Gesichtspunkte. All das erfordere eine eigene Wertung und Beurteilung durch die Klägerin.

54

Bußgeldverfahren habe sie durchschnittlich zu 70 % ihrer Arbeitszeit zu bearbeiten, Einsprüche zu 20 % und Anträge auf Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft zu 10 %.

55

Die Klägerin beantragt,

56

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12.12.2017 - 5 Sa 53/17 - aufzuheben,

57

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 27.02.2017 - 1 Ca 220/16 - abzuändern, und

58

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 20.05.2016 Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise Entgeltgruppe 8 TVöD-V zu zahlen und die monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 6 und dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise aus der Entgeltgruppe 8 TVöD-V ab Rechtshängigkeit bezüglich der bis dahin fällig gewesenen Differenzbeträge und dann ab jeweiliger Fälligkeit mit fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz zu verzinsen.

59

Der Beklagte beantragt,

60

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12.12.2017 - 5 Sa 53/17 - aufrechtzuerhalten.

61

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass die Anforderungen an die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse sowie die selbstständigen Leistungen mit der seit 01.01.2017 gültigen neuen Entgeltordnung gestiegen seien. Die Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 TVöD-V fordere nunmehr eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren und entsprechende Tätigkeiten. Die Tätigkeitsmerkmale der anderen Fallgruppen seien im Hinblick auf diesen neuen Wertmaßstab auszulegen und diesem anzugleichen. Verkehrsordnungswidrigkeiten könne auch ein Berufsanfänger bearbeiten. Die Aufgaben der Fachgebietsleiterin seien schon deshalb nicht mit denen der Klägerin vergleichbar, weil die Fachgebietsleiterin nicht nur für einen Teilbereich, sondern für alle Fachdienste zuständig sei.

62

Soweit die Klägerin nunmehr einzelne Beispielsfälle vortrage, gehe es zum Großteil um Tätigkeiten aus dem Zeitraum, als die Klägerin die Fachgebietsleiterin vertreten und deshalb höherwertige Aufgaben verrichtet habe. Unabhängig davon handele es sich nicht um Tätigkeit mit selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne. Die Klägerin habe die Schreiben entweder über den im Programm hinterlegten Entscheidungsschlüssel erstellt oder auf Musterschreiben zurückgegriffen, die die Fachgebietsleiterin erstellt habe. Ein einzelfallbezogenes Ermessen habe sie nicht ausgeübt.

63

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

64

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgewiesen. Das weitere Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

65

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Vergütung der Entgeltgruppe 9 oder der Entgeltgruppe 8 TVöD-V ab dem 20.05.2016. Aus dem Tarifrecht lässt sich ein solcher Anspruch nicht herleiten.

66

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Einschlägig sind die für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) geltenden Tarifverträge. Der BAT-O ist zum 01.10.2005 durch den TVöD-V ersetzt worden (§ 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA]).

67

Da die Parteien über die Eingruppierung ab dem 20.05.2016 streiten, ist von dem zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Tarifrecht auszugehen. Die ab 01.01.2017 gemäß Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 TVöD-V geltenden Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9 a, Teil A, Abschnitt I, Ziffer 3 sind hier nicht von Bedeutung, da diese Entgeltgruppe nicht Gegenstand des Klageantrags ist.

68

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gilt § 22 BAT-O bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD (mit Entgeltordnung) über den 30.09.2005 hinaus fort. Bei Eingruppierungen zwischen dem 01.10.2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung sind die Vergütungsgruppen gemäß § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA in Verbindung mit der Anlage 3 wie folgt den Entgeltgruppen zuzuordnen:

69

"…

70

Anlage 3

71

Vorläufige Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für zwischen dem 01. Oktober 2005 und dem In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung stattfindende Eingruppierungsvorgänge (VKA)

72

Entgelt-
gruppe

Vergütungsgruppe

Lohn-
gruppe

       

       

       

9       

IV b ohne Aufstieg nach IV a
V b mit Aufstieg nach IV b
V b ohne Aufstieg nach IV b (…)

       

8       

V c mit Aufstieg nach V b
V c ohne Aufstieg nach V b

       

7       

Keine 

       

6       

VI b mit Aufstieg nach V c
VI b ohne Aufstieg nach V c

       

5       

VII mit Aufstieg nach VI b
VII ohne Aufstieg nach VI b

       

       

       

       

73

…“

74

Der BAT-O (VKA) hat, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, den folgenden Wortlaut:

75

"…

76

§ 22 Eingruppierung(1) Die Eingruppierung der Angestellten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage 1 a und 1 b). Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist.

77

(2) Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

78

Die gesamt auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z. B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.

79

Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Unterabs. 2 Satz 1 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.

80

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Unterabs. 2 oder 3 abweichendes Maß bestimmt, gilt dieses.

81

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Angestellten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.

82

(3) Die Vergütungsgruppe des Angestellten ist im Arbeitsvertrag anzugeben.

83

Protokollnotizen zu Abs. 2

84

1. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Eintragung in das Grundbuch, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld, Festsetzung einer Leistung nach dem Bundessozialhilfegesetz). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

85

2. Eine Anforderung im Sinne des Unterabs. 2 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe.

86

87

Anlage 1 a

88

89

Vergütungsgruppe V b

90

1. a) …

91

b) …

92

c) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert,

93

nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 b.

94

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

95

96

Vergütungsgruppe V c

97

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbstständige Leistungen erfordert.

98

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

99

100

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.

101

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

102

103

Vergütungsgruppe VI b

104

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbstständige Leistungen, erfordert.

105

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

106

107

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert,

108

nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 b.

109

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

110

111

Vergütungsgruppe VII

112

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert.

113

(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.)

114

115

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.

116

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

117

118

…"

119

Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT-O ist zunächst festzustellen, welche Arbeitsvorgänge anfallen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, welche Tätigkeitsmerkmale die einzelnen Arbeitsvorgänge erfüllen.

120

1. Arbeitsvorgänge

121

Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34, juris = ZTR 2017, 352; BAG, Urteil vom 16. März 2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 35, juris = NZA 2017, 131; BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16, juris = NZA-RR 2015, 644). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden, nicht aber solche, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein voneinander zu trennen und tatsächlich getrennt sind. Die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Angestellte übertragen zu können, reicht dagegen nicht aus. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte dann nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist. Es ist möglich, dass die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit nur einen einzigen Arbeitsvorgang bildet (BAG, Urteil vom 17. Mai 2017 - 4 AZR 798/14 - Rn. 16, juris = ZTR 2017, 593; BAG, Urteil vom 16. März 2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 36, juris = NZA 2017, 131; BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16, juris = NZA-RR 2015, 644).

122

Die Tätigkeit der Klägerin gemäß Stellenbeschreibung vom 09.03.2016 besteht aus drei Arbeitsvorgängen, und zwar die Entscheidung von Bußgeldverfahren, die Entscheidung über Einsprüche und schließlich die Beantragung der Erzwingungshaft.

123

Zu dem Arbeitsvorgang "Entscheidung von Bußgeldverfahren" gehört die Ermittlung des Fahrzeugführers einschließlich Anforderung eines Lichtbildes, die Prüfung von Eintragungen im Register des Kraftfahrt-Bundesamtes, die Gewährung von Akteneinsicht, ggf. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und schließlich die Festsetzung eines bestimmten Bußgeldes bzw. die Einstellung des Verfahrens einschließlich einer evtl. Entscheidung über Kosten. Erst wenn die Klägerin einen Bußgeldbescheid erlassen oder die Einstellung verfügt hat, liegt ein abgrenzbares Arbeitsergebnis vor, das mit den in der Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 BAT-O genannten Beispielen vergleichbar ist. Die vorhergehenden Tätigkeiten stellen nur einzelne Arbeitsschritte dar, die notwendig sind, um in den einzelnen Bußgeldverfahren zu einem Ergebnis gelangen zu können. Die Feststellung des Fahrers anhand eines Vergleichs der vorhandenen Bilder ist eine von mehreren Voraussetzungen für die Entscheidung des Bußgeldverfahrens. Damit ist der Vorgang aber noch nicht abgeschlossen. Um etwas abliefern zu können, was einer "unterschriftsreifen Bearbeitung eines Aktenvorgangs" oder einer "Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld" entspricht, sind weitere Arbeitsschritte erforderlich. Abgeschlossen ist der Vorgang erst mit dem Erlass eines Bußgeldbescheides bzw. der Einstellung des Verfahrens.

124

Der zweite Arbeitsvorgang, die "Entscheidung über Einsprüche", führt zu einem anderen Arbeitsergebnis als der Erlass von Bußgeldbescheiden bzw. die Einstellung des Verfahrens. Hierbei handelt es sich um einen eigenen, abgrenzbaren Verfahrensabschnitt, der sich zeitlich nicht mit dem vorangegangenen Bußgeldverfahren überschneidet. Zwar setzt das Zwischenverfahren den Erlass eines Bußgeldbescheides voraus und knüpft an den bisherigen Stand der Ermittlungen an. Daraus folgt aber nicht, dass Bußgeld- und Zwischenverfahren untrennbar miteinander verbunden sind. Nicht jedes verhängte Bußgeld mündet automatisch in einen Einspruch. Das Zwischenverfahren kann mit einer Verwerfung des Einspruchs enden, einer Zurücknahme des Bußgeldbescheides oder mit der Abgabe an die Staatsanwaltschaft. Das sind inhaltlich andere Entscheidungen als im vorangegangenen Bußgeldverfahren.

125

Von diesen beiden Arbeitsvorgängen lässt sich die "Beantragung der Erzwingungshaft" ohne weiteres abgrenzen. Es handelt sich wiederum um einen eigenständigen Verfahrensabschnitt, der zwar an einen vorangegangenen Bußgeldbescheid anknüpft, aber nur in Ausnahmefällen erforderlich ist und zunächst einen erfolglosen Vollstreckungsversuch des Bußgeldes voraussetzt. Die Klägerin entscheidet - anders als im Bußgeldverfahren - nicht selbst darüber, sondern kann nur einen Antrag stellen. Die Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft belastet den Betroffenen deutlich stärker als die Verhängung eines Bußgeldes. Zuständig hierfür ist deshalb das Gericht. Bei der Klägerin liegt ein Arbeitsergebnis vor, wenn sie den Antrag gestellt hat. Damit hat sie alles getan, was in ihre Zuständigkeit fällt. Dieser Antrag ist kein Zwischenschritt im Hinblick auf eine noch zu treffende Entscheidung, sondern eine auf Ausnahmefälle beschränkte letzte Maßnahme.

126

2. Bewertung der Arbeitsvorgänge

127

Da der Arbeitsvorgang "Entscheidung von Bußgeldverfahren" nach Angabe der Klägerin 70 % der Arbeitszeit ausfüllt, ist dieser für die Eingruppierung ausschlaggebend. Die beiden anderen Arbeitsvorgänge erreichen selbst im Falle einer Addition nicht den in der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a (= Entgeltgruppe 8 TVöD-V) geforderten zeitlichen Mindestumfang von einem Drittel.

128

Der Arbeitsvorgang "Entscheidung von Bußgeldverfahren" setzt zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse voraus, erfordert jedoch keine selbstständigen Leistungen. Er erfüllt nicht die Anforderungen der Vergütungsgruppe V b (Fallgruppe 1 c) bzw. der Vergütungsgruppe V c (Fallgruppe 1 b) BAT-O.

129

a) Gründliche Fachkenntnisse

130

Unter Berücksichtigung der Klammerdefinition zur Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 a der Anlage 1a zum BAT-O setzen gründliche Fachkenntnisse nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Die Fachkenntnisse müssen sich jedoch nicht notwendig auf Rechtsvorschriften beziehen, wie sich bereits aus dem Zusatz „usw.“ zu der Klammerdefinition ergibt. Es sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen. Das Tätigkeitsmerkmal erfordert erweiterte Fachkenntnisse sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht (BAG, Urteil vom 22. November 2017 - 4 AZR 629/16 - Rn. 28, juris; BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 36, juris = ZTR 2012, 440).

131

Der Arbeitsvorgang “Entscheidung von Bußgeldverfahren“ erfordert nicht nur oberflächliche Kenntnisse der anzuwendenden Gesetze, hier laut Stellenbeschreibung OWiG, StPO, StGB, StVG, StVO, StVZO, Ordnungsrecht, Verwaltungs- und Vollstreckungsrecht. Hinzu kommen verschiedene Erlasse und Verwaltungsvorschriften. Nur dann ist die Klägerin in der Lage, die Vorgänge den richtigen Kategorien und Zahlenschlüsseln zuzuordnen. Über den bloßen Gesetzestext hinaus muss sie regelmäßig wissen, welche Rechtspraxis sich zu den einzelnen Begriffen herausgebildet hat. Zudem genügt es nicht, die verschiedenen Geschwindigkeitsmessverfahren nur grob zu kennen. Um die im Einzelfall auftretenden Fragen ordnungsgemäß und im Detail beantworten zu können, muss sie die technischen Abläufe erfasst haben und nachvollziehen können. Die Entscheidung über Kostenerstattungsanträge von Rechtsanwälten erfordert entsprechende Kenntnisse des RVG. Der Abgleich des Bildmaterials setzt ein praktisches Einschätzungsvermögen voraus.

132

b) Vielseitige Fachkenntnisse

133

Vielseitige Fachkenntnisse erfordern eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich aus einem Fachgebiet stellenden Anforderungen ergeben (BAG, Urteil vom 05. Juli 2017 - 4 AZR 866/15 - Rn. 23, juris = ZTR 2018, 78). Denkbar ist zwar, dass sich der Wissensbereich nur auf ein einzelnes, abgegrenztes Teilgebiet beschränkt, in dem der Angestellte eingesetzt wird, jedoch reicht ein eng abgegrenztes Teilgebiet mit etwa nur routinemäßiger Bearbeitung nicht aus (BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 36, juris = ZTR 2012, 440). Bei der Beurteilung dieses Tätigkeitsmerkmals sind gemäß § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT-O in der Regel auch die anderen Arbeitsvorgänge einzubeziehen.

134

Die Klägerin hat eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und sonstigen Rechtsvorschriften zu beachten. Bereits in der Stellenbeschreibung sind zahlreiche Gesetze aufgelistet, wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist. Dabei genügt es nicht, nur einzelne Vorschriften aus den oben genannten Gesetzen und Verordnungen zu kennen. Die Tätigkeit der Klägerin ist nicht auf die Anwendung weniger einzelner Normen dieser Rechtsgrundlagen beschränkt. Wenn auch ein großer Teil ihre Aufgaben Routinetätigkeiten sind, insbesondere bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, so sind dennoch zumindest gelegentlich verschiedene andere Ordnungswidrigkeiten zu bearbeiten, die die Klägerin ebenso beherrschen muss. Sie muss sowohl das materielle Recht als auch das Verfahrensrecht kennen. Des Weiteren wird von ihr verlangt, die Grenzen zur Strafbarkeit richtig bewerten zu können.

135

c) Selbstständige Leistungen

136

Eine selbstständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Das Merkmal „selbstständige Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbstständig arbeiten“ verwechselt werden, worunter eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung zu verstehen ist. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht nicht entgegen (BAG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 19, juris = ZTR 2017, 352; BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 42, juris = ZTR 2012, 440; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. September 2017 - 3 Sa 31/17 - Rn. 38, juris = öAT 2017, 259; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05. April 2017 - 4 Sa 242/16 - Rn. 33, juris = AuA 2018, 97).

137

Dabei genügt es noch nicht, dass der Arbeitnehmer Vorschriften anzuwenden hat, die eine Ermessensausübung vorsehen oder wegen unbestimmter Rechtsbegriffe Beurteilungsspielräume eröffnen. Diese Ermessens- und Beurteilungsspielräume können durch Verwaltungsanweisungen und sonstige Vorgaben weitgehend beschränkt sein. Ein Abwägungsprozess entfällt regelmäßig, wenn die auftretenden Fallkonstellationen begrenzt sind und weitgehend schematisch abgearbeitet werden. Andererseits spricht es für einen Abwägungsprozess, der Anforderungen an das Überlegungsvermögen stellt, wenn sich der Arbeitnehmer mit individuellen Einwänden des Bürgers auseinandersetzen muss und nicht auf vorgefertigte Textbausteine und Begründungen zurückgreifen kann.

138

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer Vergütungsgruppe liegt bei dem Arbeitnehmer, der diese Vergütung begehrt (BAG, Urteil vom 18. März 2015 - 4 AZR 702/12 - Rn. 35, juris = ZTR 2015, 393; BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 19, juris = öAT 2016, 168; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. September 2017 - 3 Sa 31/17 - Rn. 40, juris = öAT 2017, 259).

139

Die Klägerin verfügt nicht über Ermessens- und Beurteilungsspielräume, die sie durch Abwägung verschiedener tatsächlicher Umstände und rechtlicher Gesichtspunkte eigenständig füllen muss. Zwar eröffnen die anzuwendenden Vorschriften durchaus Ermessens- und Beurteilungsspielräume für die Behörde. Das gilt insbesondere für § 47 OWiG, nach dem die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde liegt. Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, dass auch sie in der alltäglichen Praxis über solche Spielräume verfügt, die von ihr über die erforderlichen gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse hinaus eine eigenständige Einschätzung und Begründung ihres Vorgehens erfordern. Das ergibt sich weder aus den stichwortartig aufgelisteten Tätigkeiten noch aus den im Berufungsverfahren nachgereichten Fallbeispielen.

140

Das Einspielen der Polizeidaten, das Sortieren nach Buß- und Verwarngeld, die Anforderung des Führerscheins, die Anfrage beim Einwohnermeldeamt usw. sind Aufgaben, die standardisiert ablaufen und keinen Raum für eine Eigeninitiative lassen. Die Sachverhaltsermittlung besteht aus schriftlichen und/oder telefonischen Anfragen bei verschiedenen Stellen oder dem Betroffenen. Dabei geht es darum, alle vorhandenen Mittel und Wege für die Beschaffung von Beweismitteln auszuschöpfen. Das erfordert entsprechende Fachkenntnisse und Erfahrungen, nicht aber eine Abwägung verschiedener tatsächlicher und rechtlicher Gesichtspunkte unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften. Die Anforderung von Passbildern dient der Identitätsfeststellung. Genügt die Qualität des Fotos und stimmen die wesentlichen Merkmale auf den Bildern überein, kann es als Beweismittel herangezogen werden. Ein in die Tiefe gehender Abwägungsvorgang ist damit nicht verbunden. Es bedarf lediglich einer gewissen Erfahrung.

141

Die Bearbeitung des Bußgeldverfahrens richtet sich nach der Fachanwendung und den dort hinterlegten Textbausteinen. Der Fachgebietsleiterin ist die Entscheidung von komplizierten Sachverhalten übertragen. Zudem stellt die Fachgebietsleiterin Mustertexte bereit. Soweit die Klägerin im Jahr 2017 zur Vertretung der Fachgebietsleiterin eingesetzt war, handelt es sich nur um eine vorübergehend auszuübende Tätigkeit, die nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-O für die Eingruppierung nicht maßgeblich ist. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass ihr trotz dieser organisatorischen Rahmenbedingungen Entscheidungsspielräume verbleiben, die weder mit Textbausteinen aus der Fachanwendung noch mit vorhandenen Musterschreiben zu bewältigen sind, sondern von ihr eine eigenständige Gedankenarbeit mit entsprechender Begründung verlangen. Ihrem Sachvortrag lässt sich nicht entnehmen, welche Entscheidungsmöglichkeiten ihr praktisch verbleiben und nach welchen von ihr entwickelten, gerade nicht vorgegebenen Kriterien sie diese ausfüllt.

142

Soweit sich die Klägerin auf die Eingruppierungspraxis in anderen Kommunen des Bundeslandes beruft, lässt sich daraus kein Anspruch herleiten, da der Gleichbehandlungsgrundsatz - unabhängig von einer Vergleichbarkeit der jeweils auszuübenden Tätigkeiten - nicht arbeitgeberübergreifend gilt.

143

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. November 2015 - 14 Sa 817/15 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist seit Juni 2008 bei der Beklagten im Ordnungs- und Servicedienst (im Folgenden OSD), der in vier Sachbereiche unterteilt ist, beschäftigt. Er ist als Streifenführer im Außendienst und zuletzt auch als Ausbilder tätig. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 2. Juni 2008 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für die Verwaltung und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung, einschließlich des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). Der Kläger erhielt zuletzt eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA.

3

Bei der Tätigkeit des Klägers als Streifenführer im Streifendienst fallen ua. folgende Tätigkeiten an: Überprüfung bei Emmissionsbelästigungen (Lärm-, Geruchs-, Lichtbelästigung), Jugendschutzkontrollen, Überprüfung von Schulpflichtverletzungen, Schulzuführungen (ohne Widerstand), Gewerbe-, Gaststätten-, Taxen- und Sondernutzungskontrollen, Maßnahmen nach der Düsseldorfer Straßenordnung, Überprüfungen nach dem Landeshundegesetz NRW und dem Tierschutzgesetz, nach dem Nichtraucherschutzgesetz, der StVO, der StVZO, dem PsychKG (ohne Widerstand), Vorführungen (ohne Widerstand), Maßnahmen nach dem OWiG allgemein, RTW-Anforderungen für hilflose Personen, die Aufnahme von Umweltdelikten, die Überwachung der Stadtsauberkeit (Ortshygiene), Personenüberprüfungen an Brennpunkten einschließlich allgemeiner Platzverweise (ohne Widerstand), die Heranziehung als Durchsuchungszeuge - beispielsweise für den Zoll - sowie das Leisten von Amtshilfe für andere Behörden - zum Beispiel im Rahmen der Lebensmittelüberwachung, für das Jugendamt, den Bezirkssozialdienst, den Zoll und die Polizei.

4

Bei Beginn seiner Streifendiensttätigkeit erhielt der Kläger ein 305-seitiges Handbuch für die Praxis („Mit dem OSD auf Streife“), das die für die Tätigkeit maßgeblichen Gesetze, Verordnungen und Satzungen enthält.

5

Nach einer von der Beklagten herausgegebenen Broschüre „10 Jahre Ordnungs- und Servicedienst, das Sicherheits-Plus für D“, dürfen die Mitarbeiter des OSD:

        

-       

Bußgeldverfahren einleiten und Verwarnungsgelder erheben

        

-       

Personen anhalten und ihre Personalien feststellen

        

-       

Personen, Sachen und Wohnungen durchsuchen

        

-       

Sachen sicherstellen

        

-       

Platzverweise erteilen

        

-       

Personen zum Selbstschutz oder zum Schutz anderer in Gewahrsam nehmen

        

-       

unmittelbaren Zwang ausüben.

6

Nach der von der Beklagten erstellten „Stellenbeschreibung der Ermittlungs- und Vollzugsbediensteten im Streifendienst des Ordnungs- und Servicedienstes (OSD)“ beträgt der Zeitanteil an der gesamten Tätigkeit für die allgemeine Gefahrenabwehr 40 %, für Repressivmaßnahmen 50 % und für den Service 10 %.

7

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 15. November 2013 erfolglos seine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA verlangt hat, hat er mit der der Beklagten am 9. April 2014 zugestellten Klage sein Begehren gerichtlich weiterverfolgt. Er hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - hierzu die Ansicht vertreten, dass die von ihm auszuübenden Tätigkeiten nicht allein gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, sondern gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erforderten, die eine Eingruppierung in die VergGr. Vb BAT bzw. der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA rechtfertigten. Der OSD sei die „Speerspitze der Verwaltung“ und vertrete die Stadtverwaltung nach 16:00 Uhr sowie an Wochenenden bzw. im Falle der Unerreichbarkeit anderer zuständiger Stellen. Bei seiner täglichen Arbeit auf dem Streifengang arbeite er nicht einfach nur Standardmaßnahmen ab, sondern müsse eine Vielzahl von Spezialgesetzen beachten, um die ordnungsbehördlichen Maßnahmen zu vollziehen. Dabei habe er durchgängig eigenständige Entscheidungen, oft von erheblicher Tragweite, zu treffen.

8

Die besonderen Anforderungen seiner Tätigkeit würden durch die neun von ihm beschriebenen Fallbeispiele, in denen er den jeweiligen Verstoß und den Maßnahmeverlauf unter Nennung der einschlägigen gesetzlichen Regelung geschildert habe, verdeutlicht. Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Ermächtigungsgrundlagen (Gesetze, Verordnungen, Satzungen) würden gründliche, umfangreiche Fachkenntnisse benötigt. Auch müsse er bei seiner Aufgabenerledigung eigene Denkprozesse, Einschätzungen und rechtliche Bewertungen vornehmen. Bei regelmäßig neu auftretenden Sachverhalten müsse er diese und die Folgemaßnahmen in Kenntnis der Rechtsprechung zu den einschlägigen Vorschriften bewerten. Er übe nicht allein Tätigkeiten im Bereich der Gefahrenabwehr aus, sondern sei auch im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung tätig. So müsse er bei Vorgängen mit Straftatbezug Zeugen belehren und vernehmen, vermeintliche Täter observieren, Beweise sichern und asservieren sowie gerichtsverwertbare Berichte erstellen. Zudem nehme er zahlreiche repressive Handlungen gegenüber den Bürgern vor. Dabei seien unterschiedliche Rechtsgrundlagen zu beachten und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und des Auswahlermessens die Mittel auszuwählen. Im Rahmen seiner Tätigkeit sei es zwingend erforderlich, sich kontinuierlich mit der Gesetzgebung zu befassen und die Konkretisierungen in Form von Verwaltungsvorschriften und Verordnungen zu beachten. Auch spreche sein umfangreiches Erfahrungswissen für seine erforderlichen gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse.

9

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis zum 31. Dezember 2016 gemäß der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA zu vergüten.

10

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die vom Kläger auszuübende Tätigkeit erfülle keines der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Vb BAT und führe damit nicht zu einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA. Der Arbeitsvorgang „Streifendienst“ erschöpfe sich in einem rein tatsächlichen Handeln. Hierfür seien lediglich Kenntnisse von Gesetzen, Satzungen und Verordnungen erforderlich. Eine Analyse und Interpretation der Regelungen sei für die Ausübung seiner Tätigkeit nicht notwendig. Es seien einfache Subsumtionen vorzunehmen, für die „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ ausreichten. Insbesondere sei seine Tätigkeit nicht mit der eines Polizeibeamten vergleichbar, der deutlich weitergehende gesetzliche Aufgaben und Befugnisse habe. Hierzu zählten insbesondere die Verhütung, die vorbeugende Bekämpfung und die Verfolgung von Straftaten. Dementsprechend seien die Einstellungsvoraussetzungen, Ausbildungsinhalte und erforderlichen Fachkenntnisse von OSD-Mitarbeitern im Vergleich hierzu sehr unterschiedlich, insbesondere bezüglich der Anforderungen, dem Umfang und die Vielfalt sowie der fachlichen Tiefe. Warum der Kläger für seine Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse, also in Qualität und Quantität gesteigerte Kenntnisse benötige, habe er nicht dargetan.

11

Seine Fallbeispiele zeigten deutlich, dass es sich um wiederkehrende Standardmaßnahmen handele. So sei er beispielsweise bei der Ermittlung von Ordnungswidrigkeiten regelmäßig an bestehende Bußgeldkataloge gebunden. Bei der Feststellung von Straftaten stehe ihm lediglich das „Jedermannsrecht“ nach § 127 Abs. 1 StPO zu. Für die Überwachung und Einhaltung der Waffengesetze sei ausschließlich die Polizei zuständig. Ausnahmsweise werde er zur unmittelbaren Gefahrenabwehr tätig, wenn die zuständige Stelle nicht schnell genug erreichbar sei. Für die Überwachung der Leinen- und Maulkorbpflicht nach dem Landeshundegesetz NRW seien lediglich gründliche Fachkenntnisse bezüglich überschaubarer Regeln erforderlich. Die Entscheidung über die Ahndung von Verstößen nach diesem Gesetz obliege dem Innendienst, ebenso die Einstufung gefährlicher Hunde, die Prüfung der Zuverlässigkeit des Halters und die Erteilung oder Versagung einer Hundehaltererlaubnis. Für die Überwachung des ruhenden Verkehrs benötige er nur Fachkenntnisse. So existiere beispielsweise für Rotlichtverstöße eine klare Anordnungslage des Dienstherrn. Bei den Taxikontrollen unterstütze er lediglich die zuständige Verkehrsgewerbestelle bei der Tatsachenfeststellung. Auch bei der Prostitutionsüberwachung müsse er keine Bewertungen treffen. Gewerberechtliche Verstöße in diesem Zusammenhang gehörten nicht zu den Aufgaben des OSD-Außendienstes. Bei Verstößen gegen das Imissionsschutzgesetz müssten die Dienstkräfte des OSD lediglich den Lärm feststellen, wofür sie aber keine eigenen, besonders zu bewertenden Kenntnisse benötigten. Bei der Schwarzarbeitsbekämpfung werde der Kläger lediglich einfach unterstützend tätig, da hierfür eine Schwerpunktgruppe zuständig sei. Im Ergebnis betreue er lediglich den Erstzugriff, nicht hingegen weiterführende Maßnahmen. Bei diesen Erstmaßnahmen sei nach einem einfachen, gesetzlich definierten Grundverfahren zu verfahren. Es sei die Gefahr festzustellen und die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Gefahrenabwehrmaßnahme aus dem Katalog des § 24 Ordnungsbehördengesetz (OBG) NRW iVm. dem Polizeigesetz NRW zu vollziehen. Es würden keine komplexen Subsumtionen oder rechtlichen Würdigungen verlangt werden, die ggf. gründliche, umfassende Fachkenntnisse erforderten.

12

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, soweit sie Gegenstand der Revision ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger weiterhin eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die nach § 256 Abs. 1 ZPO als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage(st. Rspr. siehe nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 13 mwN) ist unbegründet. Der Kläger erfüllt nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vb BAT iVm. der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA. Die von ihm auszuübende Tätigkeit erfordert keine gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse und selbständige Leistungen.

14

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der TVöD/VKA einschließlich des TVÜ-VKA vom 13. September 2005 idF des 10. Änderungstarifvertrags vom 29. April 2016 Anwendung. Danach galten bis zum 31. Dezember 2016 die §§ 22, 23 BAT einschließlich der Vergütungsordnung bis zum Inkrafttreten entsprechender Regelungen des TVöD/VKA weiter. Für die Eingruppierung nach dem 1. Oktober 2005 wurden die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung (Anlage 1a zum BAT) den Entgeltgruppen des TVöD/VKA zugeordnet (§ 17 Abs. 7 TVÜ-VKA in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung iVm. Anlage 3). Auf die seit dem 1. Januar 2017 geltenden Neuregelungen idF des 11. Änderungstarifvertrags vom 29. April 2016 kommt es nach der vom Kläger erklärten zulässigen Beschränkung seiner Klage auf den Streitzeitraum bis zum 31. Dezember 2016 nicht mehr an.

15

II. Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT ist der Kläger in der VergGr. Vb BAT eingruppiert, wenn bei seiner gesamten auszuübenden Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals dieser Vergütungsgruppe erfüllen.

16

Die für die begehrte Eingruppierung des Klägers in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a zum BAT lauten:

        

Vergütungsgruppe Vb

        

1. a) 

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

                 

(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Fallgruppe 1b der Vergütungsgruppe VII und in den Fallgruppen 1a der Vergütungsgruppen VI b und V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)

                 

…       

        

b)    

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus Buchstabe a heraushebt, daß sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist.

                 

…       

        

Vergütungsgruppe Vc

        

1. a) 

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen erfordert.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)

                 

…“    

17

III. In Anwendung dieser tariflichen Regelungen hat das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu Recht angenommen, dass der Kläger als Streifenführer im Außendienst die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA nicht erfüllt, da er nicht dargelegt habe, dass die von ihm auszuübende Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse iSd. VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT erfordert.

18

1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht - wogegen sich die Revision auch nicht wendet - den maßgeblichen Arbeitsvorgang für die Eingruppierung des Klägers iSv. § 22 Abs. 2 BAT als den „Streifengang“ bestimmt, der mit mehr als der Hälfte seiner gesamten Arbeitszeit den Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet. Alle diesem Arbeitsvorgang zugeordneten Einzeltätigkeiten dienen hiernach einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Durchsetzung ordnungsrechtlicher Vorschriften und damit einhergehend der Ahndung von Verstößen gegen Gebote und Verbote sowie der Gefahrenabwehr (ebenso für Ordnungsdienstmitarbeiter im Außendienst der Stadt Hamburg BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 22 ff.; 7. Juli 2004 - 4 AZR 507/03 - zu I 4 c der Gründe, BAGE 111, 216). Da die Parteien sich sowohl über die Einheitlichkeit dieses Arbeitsvorgangs als auch über dessen zeitliches Maß einig sind, bedurfte es keiner detaillierten Überprüfung, ob die - ohnehin zeitlich untergeordnete - Ausbildungstätigkeit des Klägers insoweit als Zusammenhangstätigkeit zu werten ist, wofür im Übrigen einiges sprechen mag.

19

2. Das Landesarbeitsgericht ist weiterhin rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Kläger die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA iVm. VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT nicht erfüllt. Er hat nicht dargelegt, dass seine Tätigkeit als Streifenführer im Außendienst sowie als Ausbilder nicht nur gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, sondern auch gründliche, umfassende Fachkenntnisse erfordert.

20

a) Bei der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Berufungsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff der „gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse“ zutreffend beurteilt hat, unterliegt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob es diesen Rechtsbegriff als solchen verkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat, sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr. des Senats, vgl. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 17 mwN).

21

b) Nach diesen Maßstäben weist das Berufungsurteil keinen revisiblen Rechtsfehler auf.

22

aa) Das Landesarbeitsgericht hat den unbestimmten Rechtsbegriff der „gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse“ nicht verkannt und ihn bei der Rechtsanwendung auch beibehalten.

23

(1) Nach der tariflichen Regelung bedeuten „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ gegenüber denen in der Fallgruppe 1a der VergGr. Vc BAT geforderten „gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen“ eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach. Damit ist der Begriff der „gründlichen“ Fachkenntnisse der ersten Fallgruppe der VergGr. Vc BAT, obwohl wortgleich, nicht identisch. In der VergGr. Vc BAT ist das Merkmal „gründlich“ ebenso wie in der VergGr. VIb BAT bezogen auf die vorausgesetzten „vielseitigen Fachkenntnisse“. Dabei bedeuten „gründliche“ Fachkenntnisse einen erforderlichen Grad der Vertiefung, der in der VergGr. VII BAT als „nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften, Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises“ umschrieben ist. Es sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 279/10 - Rn. 41 mwN). Dies gilt ebenso für die auf VergGr. VII BAT aufbauenden VergGr. VIb und Vc BAT, bei denen das Merkmal „gründlich“ im Verhältnis mit dem den Umfang der Fachkenntnisse bezeichnenden Merkmal „vielseitig“ wiederkehrt. Vielseitige Fachkenntnisse erfordern eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich aus einem Fachgebiet zu stellenden Anforderungen ergeben (vgl. BAG 21. März 2012 - 4 AZR 279/10 - Rn. 41 mwN). In der VergGr. Vb BAT dagegen sind die Anforderungen an die Gründlichkeit nicht mehr dieselben wie in den niedrigeren Vergütungsgruppen. Denn nunmehr wird nach dem erläuternden Klammerzusatz ausdrücklich eine Steigerung nicht nur der Breite, dh. dem Umfang nach, sondern nach der Tiefe der einzusetzenden Fachkenntnisse gefordert. Die Begriffe „gründlich“ und „umfassend“ sind also nicht getrennt zu beurteilen. Vielmehr ist das Tätigkeitsmerkmal „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ den „gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen“ zusammenfassend gegenüberzustellen und einheitlich zu bewerten. Nur wenn dann eine entsprechende Steigerung nach Tiefe und Breite, also nach Qualität und Quantität, gegenüber dem Tätigkeitsmerkmal „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ festgestellt werden kann, ist das Tätigkeitsmerkmal „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ erfüllt (zum Ganzen vgl. BAG 10. Dezember 1997 - 4 AZR 221/96 - zu II 1 b bb (3) der Gründe mwN).

24

Erforderlich ist danach ein Fachwissen, das sich nicht auf Tatbestände und deren Zusammenhänge beschränkt, sondern als Grundlage für analysierende, zur Entscheidung auch von Zweifelsfällen notwendiger Denkvorgänge dient. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn über die nähere Kenntnis der erforderlichen Bestimmungen hinaus rechtliche Zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche Entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener Gedankenarbeit verwertet werden müssen (vgl. zur VergGr. IVb Fallgr. 1 des BMT-AW II, der insoweit geringere Anforderungen stellt, als lediglich eine Steigerung der Breite oder Tiefe nötig ist, BAG 11. November 1998 - 4 ABR 58/97 - zu B II 4 der Gründe), wobei Fachkenntnisse iSd. VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT nicht ausschließlich Rechtskenntnisse sein müssen (vgl. BAG 5. September 1973 - 4 AZR 509/72 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 25, 268; 26. Januar 1992 - 4 AZR 104/71 -).

25

(2) Von dieser Begriffsbestimmung ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat sie im Weiteren bei der Rechtsanwendung nicht aufgegeben. Die danach erforderliche qualitative und quantitative Steigerung gegenüber den gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen würden bei der Tätigkeit gefordert, wenn der Beschäftigte sämtliche Zusammenhänge erkennen oder wichtige gerichtliche Entscheidungen nicht nur übernehmen, sondern in eigener Gedankenarbeit verwerten müsse. Für diese Tatsachen trage der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast. Diese habe der Kläger im Streitfall nicht erfüllt. Für seine Tätigkeit als OSD-Mitarbeiter im allgemeinen Außendienst würden keine Fachkenntnisse gefordert, die im Vergleich zu gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen der Breite und Tiefe nach gesteigert seien. Zwar wende der Kläger eine Vielzahl ordnungsrechtlicher Regelungen an, was aber bereits durch das Tarifmerkmal „gründliche Fachkenntnisse“ hinsichtlich der gesetzlichen Vorschriften von nicht unerheblichem Ausmaße abgebildet werde. Aus seinem Vortrag ergebe sich nicht, dass er über die Kenntnis dieser Regelungen hinaus auch ein vertieftes Wissen oder ein Denken in Rechtszusammenhängen dieser Bestimmungen für seine Tätigkeit benötige. Allein aus der Anwendung einer Vielzahl allgemeiner und spezieller Gesetze des Ordnungsrechts lasse sich nicht auf die erforderliche Tiefe solcher Fachkenntnisse schließen. Diese ergäben sich auch nicht aus der vorgelegten Stellenbeschreibung oder aus seinen schematischen Fallbeispielen. In den Fallbeispielen seien für die Feststellung des Gesetzesverstoßes bereits die Kenntnis der einschlägigen Regelung des allgemeinen und speziellen Ordnungsrechts und eine entsprechende Subsumtion ausreichend. Dies gelte auch für die anderen Beispiele und Tätigkeiten, die jeweils nur die Kenntnis der einschlägigen ordnungsrechtlichen Regelungen voraussetzten, nicht jedoch ein vertieftes Wissen. Aus den Fallbeispielen gehe schon nicht hervor, dass er über die Kenntnis und das Verständnis des Sinngehalts der maßgebenden Regelungen hinaus die Bestimmungen näher unter Beachtung ihres Wortlauts, ihres Zusammenhangs und der Stellungnahme der höchstrichterlichen Rechtsprechung eigenständig analysieren müsse. Verlangt sei lediglich eine Einschätzung von akuten Gefährdungslagen. Auch aus seinem weiteren Vorbringen zu den Fachkenntnissen anderer Bereiche sei nicht erkennbar, warum vertiefte Kenntnisse für diese Tätigkeiten erforderlich seien. Aus der Vielzahl der im Streifengang anzuwendenden Gesetze ergebe sich nichts anderes. Die weiteren Tätigkeitsaspekte als Ausbilder könnten eine andere Eingruppierung nicht rechtfertigen.

26

(3) Der hiergegen gerichtete weitere Angriff der Revision bleibt erfolglos.

27

Soweit der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht nicht von der Breite der für seine Tätigkeit geforderten Fachkenntnisse auf deren Vertiefung geschlossen, liegt kein revisibler Fehler vor. Er rügt insoweit nur, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass er „bei ordnungsgemäßer Bewertung … notwendiger Weise mehrere rechtliche Bewertungen“ vornehmen müsse, „da ein rechtmäßiges Tätigwerden der Ordnungsbehörde … nur bei der zutreffenden Erkenntnis über die Unterschiede und Querverbindungen der einzelnen betroffenen rechtlichen Bestimmungen“ möglich sei. Inwieweit für seine Tätigkeit erforderlich ist, über die Anwendung einer Vielzahl von Rechtsnormen unter Berücksichtigung des Rangverhältnisses der in Betracht zuziehenden Rechtsnormen hinaus, die Unterschiede in den Rechtsnormen zu erkennen und Bezüge herzustellen, hat der Kläger aber nicht aufgezeigt und dargetan. Das lässt sich auch nicht aus den von ihm herangezogenen Fallbeispielen erkennen. Bei denen handelt es sich lediglich um die Anhäufung rechtlich selbständig zu bewertender Sachverhalte.

28

bb) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landesarbeitsgericht bei der Beurteilung des Entscheidungsfalls und seiner Subsumtion auch alle wesentlichen Umstände - widerspruchsfrei - berücksichtigt.

29

(1) So hat das Berufungsgericht auch die aus der Stellenbeschreibung resultierende Verpflichtung des Klägers, in „aussagekräftiger und insbesondere gerichtsfester Form“ Dokumente zu erstellen, bei seiner Beurteilung berücksichtigt, nur eben diesem Umstand im Rahmen seines Beurteilungsspielraums einen anderen Stellenwert beigemessen, als der Kläger es annimmt.

30

(2) Das Landesarbeitsgericht hat auch die vom Kläger in der Anlage zur Berufungsbegründung aufgelisteten Maßnahmen bei seiner Beurteilung berücksichtigt und angeführt, dass nicht erkennbar sei, dass für diese dort aufgeführten Maßnahmen gründliche, umfassende Fachkenntnisse erforderlich seien, da in allen Fallbeispielen von Mitarbeitern des Streifendienstes lediglich in einer unübersichtlichen Situation eine Gefahrenfeststellung zu treffen und verhältnismäßige Maßnahmen zu ergreifen seien. Soweit es in diesem Zusammenhang darauf verweist, es sei nicht erkennbar, welche näheren Kenntnisse über die anzuwendenden Grundtatbestände des Ordnungsrechts hinaus und welche rechtlichen Zusammenhänge erkannt und in eigener Gedankenarbeit analysiert und verarbeitet werden müssten, zeigt der Kläger unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsmaßstabs keinen revisiblen Rechtsfehler auf.

31

(3) Soweit der Kläger mit der Revision - wie auch schon in den Vorinstanzen - weiter auf die von ihm geschilderten schematischen Fallbeispiele für die „gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse“ verweist, zeigt er nicht auf, dass das Landesarbeitsgericht diese Aspekte bei seiner Beurteilung nicht berücksichtigt habe. Das Berufungsgericht hat sich mit den Fallbeispielen beschäftigt, ist aber zu dem Ergebnis gelangt, dass in sämtlichen der vom Kläger geschilderten Situationen den zu ergreifenden präventiven und/oder repressiven Maßnahmen gemein sei, dass er zunächst eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und/oder Normverstöße zu erkennen und zu beurteilen habe, ob und wie ggf. einzugreifen sei. Zwar seien im Hinblick auf die Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erforderlich, dass darüber hinaus in der Breite und Tiefe gesteigerte Fachkenntnisse unerlässlich seien, sei nicht erkennbar. Der Kläger zeigt hingegen mit der Revision nicht auf, welche wesentlichen Umstände das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt hat und warum deshalb seine Bewertung unzutreffend ist. Im Kern beanstandet er lediglich, dass dem Landesarbeitsgericht nicht in seiner Bewertung gefolgt werden könne, wie insbesondere seine Ausführungen auf S. 8 und 15 der Revisionsbegründung verdeutlichen.

32

(4) Soweit der Kläger mit seiner Revision weiter geltend macht, er müsse unterschiedliche Waffen kennen und erkennen, weil sich daraus unterschiedliche Bewertungen und Rechtsfolgen ergeben, zeigt er nicht nur nicht auf, welche der von ihm dargestellten Fachkenntnisse für welche Bewertungen und für die Beurteilung in welcher Rechtsnorm unerlässlich sind und ob ihm die abschließende Bewertung und Beurteilung der Rechtsfolgen obliegt bzw. sie in den Aufgabenbereich anderer Mitarbeiter des OSD oder einer anderen Behörde fallen, sondern auch nicht, welche wesentlichen Umstände das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang bei seiner Beurteilung nicht berücksichtigt hat.

33

(5) Auch mit dem weiteren Hinweis in der Revisionsbegründung, er müsse im Rahmen seiner Tätigkeit stets prüfen, welche einschlägige Norm anzuwenden und welches Rangverhältnis zwischen den ordnungsbehördlichen Normen zu beachten sei, zeigt der Kläger keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler im Hinblick auf den eingeschränkten Überprüfungsmaßstab des Landesarbeitsgerichts auf. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Umstand geprüft, ihn jedoch für eine Steigerung der Fachkenntnisse gegenüber gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen der Tiefe nach nicht ausreichen lassen. Warum es damit seinen Beurteilungsspielraum verletzt haben soll, legt die Revision nicht hinreichend dar.

34

cc) Ein Verstoß des Landesarbeitsgerichts gegen die Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze wird von der Revision nicht gerügt und sind auch nicht erkennbar.

35

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Redeker    

        

    Bredendiek    

                 

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.