Landesarbeitsgericht München Urteil, 26. Jan. 2017 - 3 TaBV 95/16

bei uns veröffentlicht am26.01.2017
vorgehend
Arbeitsgericht Augsburg, 9 BV 13/16, 21.07.2016

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 21.07.2016 - 9 BV 13/16 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, die Minderungen der Leistungsbeurteilung im Rahmen der ERA-Leistungsbeurteilungs-zweitgespräche in 2015 betreffend Schwerbehinderte und diesen Gleichgestellten im Betrieb A-Stadt auszusetzen.

2. Der Antrag zu III. wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird für die Antragsgegnerin zugelassen.

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Rechte der örtlichen Schwerbehindertenvertretung aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX bei der Leistungsbeurteilung zum Zwecke der Festsetzung einer tariflichen Leistungszulage.

Die Antragstellerin ist die örtliche Schwerbehindertenvertretung im Betrieb A-Stadt der Antragsgegnerin ist, in dem ca. 100 Schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Menschen beschäftigt werden. Gleichzeitig ist der Vertreter der örtlichen Schwerbehinderten vertretung der Vertreter der überörtlichen Schwerbehindertenvertretung im Unternehmen der Antragsgegnerin und Betriebsratsmitglied im Betrieb A-Stadt.

Im Betrieb der Antragsgegnerin findet der ERA-TV Anwendung, dessen § 7 die Leistungsbeurteilung wie folgt regelt:

㤠7 Leistungsbeurteilung

1. Arbeitnehmer erhalten je nach Leistung eine Leistungszulage, die in einem Prozentsatz zum tariflichen Grundentgelt auszuweisen und bei jeder Tariferhöhung entsprechend anzuheben ist.

Die zu gewährende Leistungszulage ist auf der Grundlage der Ergebnisse einer methodischen Leistungsbeurteilung festzusetzen.

3. Die Leistungszulage wird vom Arbeitgeber oder dessen Beauftragten aufgrund einer Beurteilung der Leistung des einzelnen Arbeitnehmers festgesetzt und ab dem der Festsetzung folgenden Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt.

4. Für die Beurteilung der Leistung ist ein Beurteilungsbogen entsprechend dem Muster in Ziff. 11 zu verwenden.

Das Ergebnis der Beurteilung des einzelnen Arbeitnehmers wird durch eine Punktzahl zum Ausdruck gebracht.

Der Wert eines Punktes beträgt 0,28 Prozent des jeweiligen Tarifgrundentgelts bei maximal 100 erreichbaren Punkten. Anmerkung: Der Punktwert von 0,28% ergibt bei einer mittleren Punktzahl von 50 Punkten (mittleres Leistungsniveau entsprechend der Beurteilungsstufe C des Beurteilungsbogens) eine Leistungszulage von 14%. Damit ergibt sich eine individuelle Spanne der Leistungszulagen von 0 bis 5. Die Leistungsbeurteilung hat mindestens einmal im Kalenderjahr zu erfolgen.

Ergibt sich aus der Beurteilung eine Änderung der Leistungszulage, wird diese ab dem der Festsetzung folgenden Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt.

Eine festgestellte Leistungsminderung ist dem Arbeitnehmer unverzüglich mitzuteilen. Er erhält seine bisherige Leistungszulage während einer darauf folgenden Übergangszeit von drei Kalendermonaten. In den letzten zwei Wochen vor Ablauf der Übergangszeit findet eine neue Leistungsbeurteilung statt, die für die ab dem vierten Monate zu zahlende Leistungszulage maßgebend ist. Diese Leistungsbeurteilung entfällt, wenn während der Übergangszeit Einspruch eingelegt wurde.

Die Übergangsregelung kann von einem Arbeitnehmer innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren - gerechnet ab dem Zeitpunkt der ersten Feststellung einer Leistungsminderung - nur einmal in Anspruch genommen werden.

6. Dem Arbeitnehmer ist eine Kopie seiner Leistungsbeurteilung (Beurtei-lungsbogen) mit Angabe seiner Leistungszulage in Prozent auszuhändigen. Auf Verlangen ist ihm seine Leistungsbeurteilung in einem Gespräch zu erläutern.

7. Die Leistungszulagen und deren Änderungen sind dem Betriebsrat schriftlich mitzuteilen.

8. (I) Gegen das Ergebnis der Leistungsbeurteilung kann durch den Arbeitnehmer und/oder den Betriebsrat Einspruch eingelegt werden. Wird

7. durch den Arbeitgeber dem Einspruch nicht abgeholfen, so ist der Einspruch einer paritätischen Kommission vorzulegen und von dieser - ggf. unter Anhörung der Beteiligten - zu behandeln.

Die paritätische Kommission besteht aus mindestens vier Mitgliedern. Zwei Mitglieder werden vom Arbeitgeber, zwei Mitglieder vom Betriebsrat benannt. Bei der Bestellung der Kommissionsmitglieder sind fachliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Einsprüche sind unverzüglich zu behandeln.

Ist in der paritätischen Kommission eine Einigung nicht zu erzielen, so ist nach § 23 Abschn. C MTV zu verfahren.

Im Januar 2015 kam es unter Beteiligung der Gesamtschwerbehindertenvertretung zum Abschluss einer freiwilligen Gesamtbetriebsvereinbarung, die nach dem ERA Einfüh-rungs-TV dazu diente, die ERA-Lohnbestandteile einzuführen und umzusetzen. Nach dieser Gesamtbetriebsvereinbarung soll die Leistungsbeurteilung für alle 3.745 Tarifmitarbeiter der Antragsgegnerin zyklisch jedes Jahr in den Monaten Juni und Juli durchgeführt werden. Dabei soll die Beurteilung für alle Mitarbeiter an allen Standorten und in allen Betrieben auf der Grundlage eines gemeinsamen Leistungsbeurteilungsbogens erfolgen. In diesem ist ein Feld vorgesehen, in dem bei festgestellter Leistungsminderung eines Mitarbeiters die jeweilige Führungskraft die gewünschte Leistungsverbesserung dokumentiert werden soll. Darüber hinaus verpflichtete sich die Antragsgegnerin in der Gesamtbetriebsvereinbarung, alle Führungskräfte, die eine Leistungsbeurteilung erstellen, entsprechend zu schulen. Während der Schulung will die Antragsgegnerin darauf hingewirkt haben, dass die Führungskräfte von Schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Menschen die jeweilige Behinderung in der Anwendung des Leistungsbeurteilungssys-tems entsprechend berücksichtigen. Nach der Gesamtbetriebsvereinbarung haben alle Mitarbeiter das Recht, zu den Leistungsbeurteilungsgesprächen ein Betriebsratsmitglied ihres Vertrauens hinzuzuziehen. Die nach § 7 Ziff. 5 ERA-TV vorgesehene Übergangszeit wurde von drei auf vier Kalendermonate verlängert.

Im Juni und Juli 2015 wurden die Leistungsbeurteilungen zur Festsetzung der Leistungszulage in allen Betrieben der Antragsgegnerin durchgeführt. In 156 unternehmensweiten Fällen kam es zu einer Leistungsbeurteilung, die die Absenkung der Leistungszulage zur Folge hatte. Hierüber wurde der Betriebsrat am 03.08.2015, 21.09.2015 und 09.02.2016 durch Übergabe von Excel-Listen mit den genauen Beurteilungsergebnissen pro Mitarbeiter informiert und zur Wahrnehmung seiner Mitbestimmungsrechte aufgefordert. Am 12.11.2015 wurde beschlossen, die Absenkung der Leistungszulage in den 156 Fällen bis zur nächsten turnusmäßigen Leistungsbeurteilung auszusetzen, da das Hinweisfeld zur Leistungsverbesserung vom Beurteiler nicht ausgefüllt worden war und sich die ERA-Leistungsbeurteilung noch im Einführungsjahr befand. In 16 Fällen waren Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Mitarbeiter von der Leistungsabsenkung betroffen, darunter auch solche des A-Betriebs.

Am 11.12.2015 übergab die Antragsgegnerin dem Vertreter der Antragstellerin in seiner Eigenschaft als Vertreter der Gesamtschwerbehindertenvertretung eine Liste der Leistungsbeurteilung aller Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Mitarbeitern ohne nähere Informationen über den Grund der Leistungsbeurteilung mit der Bitte um Weiterleitung an die lokalen Schwerbehindertenvertretungen. Mit Schreiben vom 02.12.2015 und 17.12.2015 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin erfolglos auf, die Minderung der Leistungsbeurteilung für alle Schwerbehinderten bzw. ihnen gleichgestellten Mitarbeitern nach § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auszusetzen, da sie hierzu weder unverzüglich und umfassend unterrichtet noch vorher angehört worden sei.

Die Antragstellerin verfolgt ihr Begehren nunmehr mit dem vorliegenden Beschlussverfahren weiter. Die Antragsgegnerin sei aus § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX verpflichtet, sie im Rahmen der ERA-Leistungsbeurteilungszweitgespräche zu unterrichten, anzuhören und einzubeziehen. Die von der Antragsgegnerin festgestellte Leistungsminderung führe direkt zu einer Entgeltkürzung. Der Antragstellerin hätte die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen bzw. Hilfen anzubieten und hierüber zu beraten. Die Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung könnten die Vorgaben des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nicht aushebeln. Die Schwerbehindertenvertretung sei eine gegenüber dem Betriebsrat eigenständige Vertretung mit eigenen Rechten und Pflichten. Darüber hinaus gebiete § 84 SGB IX, präventiv mit der Schwerbehindertenver tretung geeignete Maßnahmen einzuleiten, um Minderungen bei der Leistungsbeurteilung gar nicht erst auftreten zu lassen. Dabei sei auch das Integrationsamt einzubinden.

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich einen Anspruch der Antragstellerin auf Aussetzung der Minderung der Leistungsbeurteilung bestritten. Nach § 7 ERA-TV sei eine Beteiligung der (örtlichen) Schwerbehindertenvertretung nicht vorgesehen. Die Leistungszulage und deren Änderungen seien allein dem Betriebsrat schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat könne im Interesse der Arbeitnehmer Einspruch einlegen, § 7 Ziff. 8 ERA-TV, der im Falle der Nichtabhilfe durch den Arbeitgeber einer paritätischen Kommission vorgelegt werde. Der ERA-TV habe die Vertretung der Interessen der Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG geregelt und dem Betriebsrat zugewiesen. Wegen der aktuell bestehenden Personenidentität von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung sei die Interessenvertretung auch der Schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Mitarbeitern sichergestellt. Der Anwendungsbereich des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sei nicht eröffnet. Könne sich eine Angelegenheit gleichmäßig und unabhängig von einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung auf alle Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmer auswirken, bräuchte der einzelne schwerbehinderte Mensch keine Beratung oder helfende Unterstützung durch die Schwerbehindertenvertretung. Auch müsse das kollektive Gruppeninteresse an der Erfüllung der Eingliederungs- oder Vertretungsaufgabe durch die Schwerbehindertenvertretung nicht gesondert wahrgenommen werden. Die Leistungsbeurteilung berühre alle Arbeitnehmer der Antragstellerin gleichermaßen und nicht nur den einzelnen Schwerbehinderten oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe. Hierfür spreche auch die Regelung in § 99 Abs. 1 SGB IX, deren Ziel es sei, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen und gleiche Teilhabechancen zu eröffnen. Ein Beteiligungsrecht der Antragstellerin folge zudem nicht aus § 84 SGB IX, da bei einer Leistungsminderung keine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis vorlägen, die zu dessen Gefährdung führen könnten.

Das Arbeitsgericht Augsburg hat durch Beschluss vom 21.07.2016 die Anträge zurückgewiesen. Der Geltungsbereich des § 95 SGB IX sei im Anschluss an die Entscheidung des BAG vom 17.08.2010 - 9 ABR 83/09 - nicht eröffnet. Eine Pflicht zur Beteiligung der Antragstellerin folge im vorliegenden Fall auch nicht aus § 84 SGB IX. Die Leistungsbeurteilung und ggf. auch eine Minderung der Leistungszulage stelle keine personen-, verhal tens- oder betriebsbedingte Schwierigkeit im Arbeitsverhältnis dar, die zu einer Gefährdung dieses Verhältnisses führen könne. Jedenfalls fehle es an einer unmittelbaren Beeinträchtigung.

Gegen diesen, ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 24.08.2016 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 14.09.2016 Beschwerde beim Landesarbeitsgericht München eingelegt und diese am 24.10.2016 begründet.

Die Leistungsbeurteilung sei gemäß § 95 Abs. 4 Satz 2 SGB IX für die Dauer einer Woche auszusetzen, weil Beteiligungsrechte der Antragstellerin gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verletzt worden seien. Das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX bestehe bei „allen“ Angelegenheiten, zu denen auch die Leistungsbeurteilung und Entgeltsituation Schwerbehinderter oder diesen gleichgestellter Menschen gehöre. Gerade schwerbehinderte Menschen und diesen Gleichgestellte seien von einer persönlichen Beurteilung ihrer Leistung nach ERA selbst und individuell betroffen. Die Überwachungsverpflichtung der Antragstellerin setze hier ein, um mögliche Benachteiligungen Schwerbehinderter oder diesen gleichgestellter Menschen wegen deren Einschränkungen bei der Leistungsbeurteilung oder beim Entgelt gar nicht erst aufkommen zu lassen. Darüber hinaus sei die Schwerbehindertenvertretung nach § 84 SGB IX zu beteiligen. Die Leistungsbeurteilung und ggf. auch eine Minderung der Leistungszulage stellen eine potenzielle Gefährdung des Arbeitsverhältnisses nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB IX dar. Die Beteiligungsrechte der §§ 95 Abs. 2 Satz 1 und 84 Abs. 1 SGB IX seien durch die Schwerbehindertenvertretung, nicht aber durch den Betriebsrat wahrzunehmen.

Die Antragstellerin beantragt,

I. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 21.07.2016, Aktenzeichen 9 BV 13/16, wird abgeändert.

II. Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, die Minderung der Leistungsbeurteilung im Rahmen der ERA-Leistungsbeurteilungszweitgespräche betreffend Schwerbehinderte und diesen Gleichgestellten in 2015 auszusetzen.

III. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, Präventionsmaßnahmen nach § 84 SGB IX mit der Antragstellerin zu beraten bezüglich der Vorgehensweise und Folgen der ERA-Leistungsbeurteilungszweitgespräche mit Schwerbehinderten und Gleichgestellten.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin sei nicht verpflichtet, die Minderung der Leistungsbeurteilung im Rahmen der ERA-Leistungsbeurteilungszweitgespräche betreffend Schwerbehinderte und Gleichgestellte auszusetzen. Der Geltungsbereich des § 95 SGB IX sei nicht eröffnet. Die Leistungsbeurteilung im Rahmen der ERA-Leistungsbeurteilungszweitgespräche berühre alle Arbeitnehmer der Antragsgegnerin und nicht nur einen einzelnen Schwerbehinderten oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe. § 7 ERA-TV habe die Vertretung der Interessen der Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG geregelt und dem Betriebsrat zugewiesen. Im Rahmen der paritätischen Kommission könnten die vom Betriebsrat ernannten Mitglieder auch die Interessen eines schwerbehinderten Arbeitnehmers wahrnehmen. Hätten die Tarifvertragsparteien gewollt, dass die Schwerbehindertenvertretung an der Leistungsbeurteilung im Rahmen der Leistungsbeurteilungszweitgespräche zu beteiligen sei, hätten sie dies in ihrem TV so geregelt.

Darüber hinaus bestehe keine Pflicht zur Beteiligung der Antragstellerin aus § 84 SGB IX. Ziel des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sei es, Kündigungen von schwerbehinderten Mitarbeitern zu vermeiden. Die Vorschrift konkretisiere den das gesamten Kündigungsschutzrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Demgegenüber stelle eine Leistungsbeurteilung, selbst wenn sie nach Abschluss des Verfahrens nach § 7 ERA-TV mit einer Minderung der Leistungszulage verbunden sei, keine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Schwierigkeit im Arbeitsverhältnis dar, die zu dessen Gefährdung führen könne. Auch handele es sich bei der Leistungsbeurteilung nicht um eine personelle Einzelmaßnahme.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 21.10.2016 (Bl. 85 - 88 d. A.), den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 02.12.2016 (Bl. 106 - 110 d. A.) und die Sitzungsniederschrift vom 26.01.2017 (Bl. 111 -114 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und zum Teil begründet.

1. Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 89 Abs. 2, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO.

2. Die Beschwerde ist zum Teil begründet. Die Minderung der Leistungsbeurteilung im Rahmen der ERA-Leistungsbeurteilungszweitgespräche in 2015 betreffend Schwerbehinderte und diesen Gleichgestellten im Betrieb A-Stadt ist nach § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auszusetzen. Der Antrag zu III. war hingegen unbegründet und ist deshalb zu Recht vom Arbeitsgericht zurückgewiesen worden.

Die Antragsgegnerin ist nach § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX verpflichtet, die Minderung der Leistungsbeurteilung im Rahmen der ERA-Leistungsbeurteilungszweitgespräche betreffend Schwerbehinderte und diesen Gleichgestellten im Jahr 2015 im Betrieb A-Stadt auszusetzen.

a) Nach § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX ist die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX getroffenen Entscheidung auszusetzen. Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen.

Dieser weit gefasste Anspruch erstreckt sich auf alle Angelegenheiten, die sich spezifisch auf schwerbehinderte Menschen auswirken (vgl. BAG, Beschluss vom 14.03.2012 - 7 ABR 67/10 - AP SGB IX § 95 Nr. 4, Rn. 20). Die Unterrichtungs- und Anhörungspflicht besteht allerdings dann nicht, wenn die Angelegenheit die Belange schwerbehinderter Menschen in keiner anderen Weise berührt als nicht schwerbehinderte Beschäftigte (vgl. BAG, Beschluss vom 14.03.2012, a.a.O., Rn. 20; Beschluss vom 17.08.2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 13, BAGE 135, 207). Für diese Auslegung sprechen Wortlaut, Zusammenhang und Zweck des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX (vgl. im Einzelnen BAG, Beschluss vom 17.08.2010 - 9 ABR 83/09 - a.a.O., Rn. 13 - 18).

Für die Frage, wann eine Angelegenheit die Belange Schwerbehinderter oder ihnen gleichgestellter Menschen als Einzelne oder als Gruppe in spezifischer Weise betrifft, kann ihre rechtliche Stellung und ihre tatsächliche Situation betrachtet werden. So besteht das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, wenn sich ein Schwerbehinderter oder gleichgestellter behinderter Mensch um eine Stelle mit Personalführungsfunktion bewirbt. Seine rechtliche Stellung ist anders als die eines nicht behinderten Bewerbers, weil er nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zum Schutz vor Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren durch die Schwerbehindertenvertretung unterstützt werden soll (vgl. BAG, Beschluss vom 17.08.2010 - 9 ABR 83/09 - a.a.O., Rn. 20 a. E.). Die tatsächliche Situation der Schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten behinderten Menschen kann sich von derjenigen nicht behinderter Menschen unterscheiden, wenn je nach Art und Schwere der Behinderung ihre Teilhabe am Arbeitsleben im Betrieb betroffen wäre, etwa wenn bei der Benutzung von Verkehrsmitteln Einschränkungen bestehen und der Arbeitgeber entscheidet, für alle Arbeitnehmer eine Reisekostenordnung zu erlassen. In diesem Fall ist die fachliche Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung hinsichtlich der festzulegenden Benutzungsregeln geboten (vgl. Düwell in Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, 4. Aufl. 2014, § 95 Rn. 36), um den in ihrer Mobilität beschränkten Schwerbehinderten oder ihnen Gleichgestellten die nach § 99 Abs. 1 SGB IX aufgegebene Teilhabe am Arbeitsleben im Betrieb zu gewährleisten (vgl. auch HK-SGB IX/Trenk/Hinterberger, § 95 Rn. 15, die Entsprechendes aus der Regelung in § 95 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB IX begründen).

b) Danach liegen mit der Minderung der Leistungsbeurteilung im Rahmen der ERA-Leistungsbeurteilungszweitgespräche die Voraussetzung des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vor.

aa) Nach § 81 Abs. 4 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen gegenüber ihrem Arbeitgeber grundsätzlich Anspruch auf Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Darüber hinaus vermittelt ihnen § 81 Abs. 4 SGB IX den Anspruch auf behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit (Nr. 4) und auf Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen (Nr. 5) unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Durch die Regelungen in § 81 Abs. 4 Nr. 4 und 5 SGB IX sollen leistungsabhängige Entgeltdifferenzierungen zu Lasten schwerbehinderter Menschen vermieden werden (vgl. ErfK/Rolfs, 17. Aufl. 2017, § 81 SGB IX, Rn. 13). Dabei ist der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX die Aufgabe zugewiesen, über die Erfüllung der nach § 81 SGB IX dem Arbeitgeber obliegenden Aufgabe zu wachen. Nach der gesetzlichen Gesamtregelung sind deshalb sowohl die Einzelnen und die schwerbehinderten Menschen als Gruppe i. S. d. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX „berührt“, wenn es zu einer Leistungsbeurteilung kommt, die die Grundlage für die Festsetzung der tariflichen Leistungszulage bildet, § 7

Ziff. 3 und 4 ERA-TV.

Diese Bewertung teilt im Grunde auch die Antragsgegnerin, wenn sie behauptet, während der Schulung der Führungskräfte von Schwerbehinderten darauf hingewirkt zu haben, die jeweilige Behinderung in der Anwendung des Leistungsbeurteilungssystems entsprechend zu berücksichtigen. Dass dies tatsächlich geschieht, kann insbesondere auch durch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Rahmen der Leistungsbeurtei-lungszweitgespräche sichergestellt werden. Darüber hinaus kann die Schwerbehindertenvertretung geeignete Vorschläge unterbreiten, wie zukünftig vermieden werden kann, dass mögliche Einschränkungen zu einer nachteiligen Beurteilung des Leistungsvermögens schwerbehinderter Menschen führen.

bb) Den Beteiligungsrechten der Schwerbehindertenvertretung aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX steht nicht entgegen, dass sie in § 7 ERA-TV nicht geregelt sind. Bei den in § 95 Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB IX geregelten Unterrichtungs-, Anhörungs- und Mitteilungsrechten handelt es sich um ein eigenes, der Schwerbehindertenvertretung kraft Amtes zustehendes Recht (vgl. Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 95, Rn. 8), auf das nicht verzichtet werden kann (vgl. Düwell, a.a.O., Rn. 95). Aus der Nichtregelung in § 7 ERA-TV kann deshalb nicht geschlossen werden, dass die gesetzlichen Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nicht neben den Beteiligungsrechten des Betriebsrats gewahrt werden müssen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.04.1998 - 2 C 16/97 - kann schon deshalb keine andere Auslegung begründen, weil sie zu einer dienstlichen Beurteilung im Bereich des öffentlichen Dienstrechts ergangen ist, während es im vorliegenden Fall um eine tarifliche Leistungsbeurteilung geht, die die Grundlage einer tariflichen Leistungszulage ist, § 7 Ziff. 3 und 4 ERA-TV.

cc) Bei der Leistungsbeurteilung handelt es sich zudem um eine Entscheidung der Antragsgegnerin im Sinne des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Eine solche liegt vor mit einem einseitigen Willensakt der Arbeitgeberin (vgl. BAG, Beschluss vom 14.03.2012, a.a.O., Rn. 24). Die Leistungsbeurteilung wird ausschließlich durch die Antragsgegnerin vorgenommen. Da die zu gewährende tarifliche Leistungszulage auf der Grundlage der Ergebnisse der Leistungsbeurteilung festzusetzen ist, § 7 Ziff. 1 und 3 ERA-TV sowie § 7 Ziff. 4 ERA-TV, ist der Leistungsbeurteilung auch eine unmittelbare rechtliche Wirkung zuzumessen. Die Arbeitgeberin hat keinen Spielraum, bei der Festsetzung der Leistungszulage von der im Rahmen der Leistungsbeurteilung zu vergebenen Punktzahl abzuweichen, § 7 Ziff. 4 ERA-TV. Dementsprechend sieht § 7 Ziff. 8 ERA-TV die Möglichkeit des Einspruchs seitens des Arbeitnehmers oder des Betriebsrats bereits gegen das Ergebnis der Leistungsbeurteilung und nicht erst gegen die Festsetzung der Leistungszulage vor.

dd) Schließlich sind mit den schriftlichen Mitteilungen der Leistungsbeurteilung an den Betriebsrat am 03.08.2015, 21.09.2015 und 09.12.2015 nicht die Unterrichtungsverpflichtungen gegenüber der Schwerbehindertenvertretung erfüllt worden (vgl. Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, a.a.O., Rn. 8). In der dem Antragsteller am 11.12.2015 übersandten Liste mit sämtlichen Schwerbehinderten und gleichgestellten Mitarbeitern, deren tarifliche Leistungsbeurteilung sich verschlechtert hat, liegt ebenfalls keine Erfüllung der Unterrichtungs-, Anhörungs- und Mitteilungspflichten aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vor. Die Liste beinhaltete lediglich die Ergebnisse der jeweiligen Leistungsbeurteilungsbö-gen, nicht aber einzelne Informationen hierzu.

c) Der Antrag zu III. ist unbegründet.

aa) Wie sich aus der Beschwerdebegründung ergibt, bezieht sich der Antrag allein auf die die Antragsgegnerin als Arbeitgeberin nach § 84 Abs. 1 SGB IX treffenden Pflichten. Seine Begründetheit setzt deshalb voraus, dass personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis eingetreten sind, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können.

bb) Diese Voraussetzungen sind seitens der Antragstellerin nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Nicht jede verschlechternde Leistungsbeurteilung, die zum Zwecke der Festsetzung einer Leistungszulage vorgenommen wird, führt zu verhaltensbedingten Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis. Nach der Formulierung des Antrags, der deshalb als Globalantrag zu verstehen ist, wäre aber auch sie erfasst. Der Antrag ist deshalb insgesamt als unbegründet abzuweisen.

3. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht war für die Antragsgegnerin nach § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

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Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten Menschen mit Behinderungen im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 und 2, die wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind (wesentliche Behinderung) oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe nach § 90 erfüllt werden kann.

(2) Von einer wesentlichen Behinderung bedroht sind Menschen, bei denen der Eintritt einer wesentlichen Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

(3) Menschen mit anderen geistigen, seelischen, körperlichen oder Sinnesbeeinträchtigungen, durch die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind, können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.

(4) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Bestimmungen über die Konkretisierung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe erlassen. Bis zum Inkrafttreten einer nach Satz 1 erlassenen Rechtsverordnung gelten die §§ 1 bis 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung entsprechend.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde gilt § 11 Abs. 4 und 5 entsprechend.

(2) Die Beschwerdeschrift muß den Beschluß bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, daß gegen diesen Beschluß die Beschwerde eingelegt wird. Die Beschwerdebegründung muß angeben, auf welche im einzelnen anzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird.

(3) Ist die Beschwerde nicht in der gesetzlichen Form oder Frist eingelegt oder begründet, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Der Beschluss kann ohne vorherige mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden ergehen; er ist unanfechtbar. Er ist dem Beschwerdeführer zuzustellen. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung ist nicht anwendbar.

(4) Die Beschwerde kann jederzeit in der für ihre Einlegung vorgeschriebenen Form zurückgenommen werden. Im Falle der Zurücknahme stellt der Vorsitzende das Verfahren ein. Er gibt hiervon den Beteiligten Kenntnis, soweit ihnen die Beschwerde zugestellt worden ist.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Tenor

Auf die Sprungrechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29. September 2010 - 22 BV 294/09 - aufgehoben. Die Anträge des Schwerbehindertenvertreters werden abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten im Sprungrechtsbeschwerdeverfahren hauptsächlich darüber, ob der Schwerbehindertenvertreter gegenüber der Arbeitgeberin einen Anspruch auf Unterlassung des Abschlusses von Aufhebungsverträgen mit schwerbehinderten Menschen hat, wenn er nicht zuvor unterrichtet und angehört worden ist.

2

Die Arbeitgeberin betreibt städtische Krankenhäuser in Form eines Eigenbetriebs. Antragsteller ist der dort gewählte Schwerbehindertenvertreter. Die Arbeitgeberin schloss im Frühjahr 2009 einen Aufhebungsvertrag mit der schwerbehinderten Mitarbeiterin S ab, ohne den Schwerbehindertenvertreter davon vorher unterrichtet und angehört zu haben. Nach einer Beschwerde des Schwerbehindertenvertreters vom 19. Oktober 2009 über die unterbliebene Beteiligung bestritt die Arbeitgeberin eine entsprechende Verpflichtung.

3

In dem daraufhin eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Schwerbehindertenvertreter die Auffassung vertreten, er sei beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen. Dieser Anspruch könne nur durch einen allgemeinen Unterlassungsanspruch gesichert werden. Die Sanktion des § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX gehe ins Leere, weil der Aufhebungsvertrag trotz fehlender Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung wirksam sei.

4

Der Antragsteller hat beantragt,

        

1.    

der Arbeitgeberin zu untersagen, einen Aufhebungsvertrag mit einem im Eigenbetrieb Klinikum S beschäftigten schwerbehinderten Menschen abzuschließen, bevor nicht der Schwerbehindertenvertreter unterrichtet und ihm Gelegenheit gegeben wurde, dazu Stellung zu nehmen,

        

2.    

hilfsweise, für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1.,

                 

die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit im Eigenbetrieb Klinikum S beschäftigten schwerbehinderten Menschen zu unterrichten und ihm Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen,

        

3.    

für den Fall, dass die Arbeitgeberin der Verpflichtung aus Antrag Ziff. 1 nicht nachkomme, ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 25.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen am Geschäftsführer des Eigenbetriebs S, anzudrohen.

5

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verlange keine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung beim Abschluss von Aufhebungsverträgen.

6

Das Arbeitsgericht hat dem Unterlassungsantrag sowie dem Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft entsprochen und demgemäß über den Hilfsantrag nicht entschieden. Es hat die Sprungrechtsbeschwerde zugelassen, mit der die Arbeitgeberin die Abweisung der Anträge des Schwerbehindertenvertreters begehrt. Dieser beantragt die Zurückweisung der Sprungrechtsbeschwerde.

7

B. Die nach § 96a ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Sprungrechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Abweisung der Anträge des Schwerbehindertenvertreters. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht dem Hauptantrag stattgegeben. Dieser ist unzulässig, da er nicht hinreichend bestimmt ist. Der als Feststellungsantrag zu verstehende Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

8

I. Der Unterlassungsantrag ist unzulässig. Er ist nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

9

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein Antrag auch im Beschlussverfahren so bestimmt sein, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. Im Falle einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung muss für den in Anspruch genommenen Beteiligten eindeutig erkennbar sein, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (BAG 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 12, BAGE 131, 316; 27. Juli 2010 - 1 ABR 74/09 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 51). Ein Unterlassungsantrag muss deshalb - bereits aus rechtsstaatlichen Gründen - eindeutig erkennen lassen, was vom Schuldner verlangt wird. Soll der Schuldner zur zukünftigen Unterlassung einzelner Handlungen verpflichtet werden, müssen diese so genau bezeichnet sein, dass kein Zweifel besteht, welches Verhalten im Einzelnen betroffen ist. Für den Schuldner muss aufgrund des Unterlassungstitels erkennbar sein, welche Handlungen oder Äußerungen er künftig zu unterlassen hat, um sich rechtmäßig verhalten zu können (vgl. BAG 17. März 2010 - 7 ABR 95/08 - Rn. 13, BAGE 133, 342).

10

2. Diesen Anforderungen genügt der Hauptantrag nicht. Der Arbeitgeberin soll es für alle denkbaren Konstellationen untersagt werden, Aufhebungsverträge mit im Klinikum beschäftigten schwerbehinderten Menschen abzuschließen, ohne dass der Schwerbehindertenvertreter zuvor unterrichtet wurde und er Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Damit ist zwar klar, dass von der Unterlassungsverpflichtung alle künftigen Aufhebungsverträge mit schwerbehinderten Menschen erfasst sein sollen. Unklar und unbestimmt ist aber, wie die Unterrichtung und Anhörung im Einzelnen ausgestaltet sein soll, bei deren Fehlen der begehrte Unterlassungstitel zur Anwendung kommen soll. Es fehlt an jeglicher Präzisierung, in welcher Form und Frist, mit welchem Inhalt und in welchem Umfang die Unterrichtung erfolgen und welche Zeit der Schwerbehindertenvertreter zu einer Stellungnahme haben soll. So bleibt ua. unklar, ob dem Schwerbehindertenvertreter nur der beabsichtigte Vertragsschluss selbst oder darüber hinaus die einzelnen Bedingungen oder sonstigen Umstände des beabsichtigten Aufhebungsvertrags mitzuteilen sind, und ob dies mündlich oder schriftlich geschehen soll. Die Beantwortung dieser Fragen darf nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der beantragte Tenor ließe offen, welches rechtmäßige Verhalten der Arbeitgeberin genau abverlangt würde.

11

II. Der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln ist nur für den Fall des Obsiegens mit dem Unterlassungsantrag gestellt. Er fällt dem Senat damit nicht zur Entscheidung an (vgl. BAG 9. März 2011 - 7 ABR 137/09 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 63 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 17).

12

III. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

13

1. Der als Feststellungsantrag zu verstehende Hilfsantrag ist zulässig.

14

a) Wie der Schwerbehindertenvertreter in der Anhörung auf den Hinweis des Senats, der auf eine zukünftige Leistung gerichtete Antrag begegne wegen § 259 ZPO Zulässigkeitsbedenken, erklärt hat, soll der Antrag als Feststellungsantrag verstanden werden. Darin liegt keine unzulässige Antragsänderung. Vielmehr ist in dem zuvor auf den Ausspruch einer Verpflichtung gerichteten Antrag der Feststellungsantrag enthalten (vgl. hierzu BAG 27. Oktober 2010 - 7 ABR 36/09 - Rn. 17 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 16).

15

b) Wie die Auslegung des Antrags ergibt, ist er auf die Feststellung des Bestehens von zwei Verpflichtungen der Arbeitgeberin gerichtet. Zum einen will der Schwerbehindertenvertreter festgestellt wissen, dass er vor dem Abschluss von Aufhebungsverträgen mit schwerbehinderten Menschen zu unterrichten sei. Darüber hinaus soll festgestellt werden, dass ihm Gelegenheit gegeben werden soll, vor dem Vertragsschluss Stellung zu nehmen.

16

c) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Allerdings fehlt es auch insoweit an einer näheren Bestimmung, wie die Unterrichtung und Anhörung im Einzelnen aussehen soll. An die hinreichende Bestimmtheit eines Feststellungsantrags sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen zu stellen als an diejenige eines Leistungsantrags. Wenn allerdings bereits das Bestehen des (Mitbestimmungs-)Rechts als solches streitig ist und über dessen ggf. zu beachtende Ausgestaltung noch kein Streit besteht, kann dieses zum Gegenstand eines Feststellungsantrags gemacht werden, ohne dass die Modifikationen bereits im Einzelnen beschrieben werden müssten (vgl. BAG 8. Juni 2004 - 1 ABR 13/03 - zu B I 2 a aa der Gründe mwN, BAGE 111, 36). Dies ist hier der Fall.

17

d) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Die Verpflichtungen, deren Bestehen festgestellt werden soll, sind Rechtsverhältnisse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Da die Arbeitgeberin die Verpflichtungen bestreitet, hat der Schwerbehindertenvertreter ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.

18

2. Der Antrag ist weder insgesamt noch teilweise begründet. Der Schwerbehindertenvertreter hat jedenfalls nicht in allen Fällen einen Anspruch darauf, vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen unterrichtet zu werden. Ein Anspruch, vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags stets angehört zu werden, besteht ebenfalls nicht.

19

a) Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Damit normiert die Bestimmung zwei Verpflichtungen des Arbeitgebers, die sich nach Inhalt, Umfang und Zeitpunkt voneinander unterscheiden.

20

aa) Zum einen wird vom Arbeitgeber verlangt, die Schwerbehindertenvertretung umfassend zu informieren. Gegenstand der Unterrichtung sind alle Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren. Der weit gefasste Anspruch erstreckt sich nicht nur auf einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auf alle Angelegenheiten, die sich spezifisch auf schwerbehinderte Menschen auswirken. Die Unterrichtungspflicht besteht allerdings dann nicht, wenn die Angelegenheit die Belange schwerbehinderter Menschen in keiner anderen Weise berührt als nicht schwerbehinderte Beschäftigte (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 13, 18, BAGE 135, 207). Inhalt der Verpflichtung ist die Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung. Der Arbeitgeber muss dieser daher die zu der Angelegenheit gehörenden Informationen geben. Dabei muss die Unterrichtung, wie das Gesetz ausdrücklich betont, „umfassend“ sein. Die Unterrichtung hat „unverzüglich“ zu erfolgen. Der Arbeitgeber muss daher die Schwerbehindertenvertretung über eine die schwerbehinderten Menschen berührende Angelegenheit informieren, sobald er davon Kenntnis erlangt und ihm die Unterrichtung ohne schuldhaftes Zögern möglich ist. Dieser Zeitpunkt kann je nach den Umständen vor oder nach dem Abschluss der Angelegenheit liegen.

21

bb) Zum anderen hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, vor einer Entscheidung anzuhören. Diese Verpflichtung unterscheidet sich von der Pflicht zur Unterrichtung. Sie geht insofern darüber hinaus, als die Anhörung regelmäßig eine entsprechende Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung voraussetzt, sich darin aber nicht erschöpft, sondern darüber hinaus verlangt, dass dem Schwerbehindertenvertreter Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird und der Arbeitgeber eine entsprechende Stellungnahme auch zur Kenntnis nimmt. Die Anhörungspflicht bezieht sich nicht auf sämtliche, die schwerbehinderten Menschen betreffenden Angelegenheiten, sondern nur auf die diesbezüglichen Entscheidungen des Arbeitgebers. Entscheidungen in diesem Sinne sind die einseitigen Willensakte des Arbeitgebers. Das entspricht dem Wortsinn des Begriffs und wird dadurch bestätigt, dass das Gesetz in § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX von der „getroffenen“ Entscheidung spricht. Auch Sinn und Zweck des Anhörungsrechts zielen darauf, der Schwerbehindertenvertretung die Möglichkeit zu geben, an der Willensbildung des Arbeitgebers mitzuwirken. Die Schwerbehindertenvertretung soll Gelegenheit haben, den Arbeitgeber aus ihrer fachlichen Sicht auf mögliche, ggf. nicht bedachte Auswirkungen seiner Entscheidung hinzuweisen (BAG 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 17, BAGE 135, 207; Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 95 Rn. 35). Anders als die Unterrichtung hat die Anhörung nicht „unverzüglich“, sondern „vor“ der Entscheidung zu erfolgen. Der Arbeitgeber genügt daher seiner Pflicht zur Anhörung nicht, wenn er die Schwerbehindertenvertretung erst nach der Entscheidung anhört. Dies macht auch § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX deutlich.

22

b) Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen ist zwar eine „Angelegenheit“ iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX, aber keine „Entscheidung“ im Sinne dieser Bestimmung.

23

aa) Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen ist eine Angelegenheit, die einen einzelnen schwerbehinderten Menschen oder auch die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berührt. Die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen betrifft unmittelbar dessen rechtliche Stellung und sein Verbleiben im Betrieb. Betroffen sind die schwerbehinderten Menschen aber auch als Gruppe. So wird durch das Ausscheiden eines schwerbehinderten Menschen unmittelbar die nach § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vom Arbeitgeber zu erfüllende Quote berührt. Der Arbeitgeber hat daher die Schwerbehindertenvertretung über den Abschluss eines solchen Aufhebungsvertrags zu unterrichten. Dies hat er unverzüglich zu tun. Der konkrete Zeitpunkt richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Wird ein Aufhebungsvertrag mit einem schwerbehinderten Menschen ohne eine entsprechende Vorbereitung spontan geschlossen, wird eine Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung regelmäßig erst nachträglich erfolgen können. Insbesondere ist der Arbeitgeber wegen seiner Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung nicht verpflichtet, mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags abzuwarten. Führt der Arbeitgeber dagegen mit dem schwerbehinderten Menschen über einen bestimmten Zeitraum Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags, kann darin möglicherweise bereits eine Angelegenheit iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX liegen, hinsichtlich derer die Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten ist. Ob und unter welchen Umständen dies der Fall sein kann, bedarf hier keiner abschließenden Klärung.

24

bb) Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen ist keine „Entscheidung“ iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX. Der Vertragsschluss ist kein einseitiger Willensakt des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber ist daher nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX nicht verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen anzuhören. Auch Sinn und Zweck des Anhörungsrechts verlangen in einem solchen Fall die vorherige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nicht. Der schwerbehinderte Mensch muss nicht vor den möglichen Folgen einer einseitigen Entscheidung des Arbeitgebers durch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung geschützt werden. Vielmehr kann er selbst privatautonom über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags entscheiden. Durch den besonderen Beendigungsschutz nach §§ 85, 92 SGB IX befindet sich der schwerbehinderte Mensch bei der Verhandlung über einen Aufhebungsvertrag sogar in einer rechtlich stärkeren Position als andere Arbeitnehmer. Dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die Schwerbehindertenvertretung vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu hören, überschießend wäre, wird insbesondere deutlich in Fallgestaltungen, in denen die Initiative zum Abschluss eines solchen Vertrags von dem Arbeitnehmer ausgeht.

25

c) Hiernach ist die Arbeitgeberin weder stets verpflichtet, den Schwerbehindertenvertreter vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen zu unterrichten, noch muss sie die Schwerbehindertenvertretung zuvor anhören. Der Abschluss eines solchen Vertrags ist zwar eine Angelegenheit iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX. Die Arbeitgeberin muss daher den Schwerbehindertenvertreter unverzüglich unterrichten. Der Zeitpunkt der Unterrichtung liegt aber nicht notwendig vor dem Abschluss des Aufhebungsvertrags. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Aufhebungsvertrag ohne zeitlich nennenswerte Vorverhandlungen geschlossen wird, genügt die Arbeitgeberin ihrer Unterrichtungspflicht, wenn sie den Schwerbehindertenvertreter unverzüglich nach dem Abschluss des Aufhebungsvertrags informiert. Eine Verpflichtung, den Schwerbehindertenvertreter vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags anzuhören, besteht schon deshalb nicht, weil der Abschluss keine Entscheidung iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX ist.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    G.Metzinger    

                 

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 8. April 2009 - 8 TaBV 113/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über Unterrichtungs- und Anhörungsrechte der Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion.

2

Die Arbeitgeberin ist ein Landschaftsverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie erklärte das Dezernat 9 - Kultur und Umwelt - ab dem Jahr 2004 auf der Grundlage von § 1 Abs. 3 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen(LPVG) zu einer selbständigen Dienststelle. Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1. ist die 2006 für das Dezernat 9 gewählte Schwerbehindertenvertretung. Der Beteiligte zu 2. ist der Direktor des Landschaftsverbands.

3

Die Arbeitgeberin wollte in einem Amt für Denkmalpflege, das dem Dezernat 9 zugeordnet ist, die Stelle der „Leitung des Werkstattteams“ besetzen. Am 3. Dezember 2007 fand ein Vorstellungsgespräch statt, an dem zwei nicht schwerbehinderte Bewerber teilnahmen. Die Schwerbehindertenvertretung wurde an dem Vorstellungsgespräch nicht beteiligt. Sie wurde auch nicht über das Gespräch informiert. Die Schwerbehindertenvertretung forderte die Arbeitgeberin unter dem 13. Dezember 2007 auf, sie nach § 95 SGB IX an der Stellenbesetzung zu beteiligen. Von der Personalmaßnahme seien mittelbar zwei schwerbehinderte Menschen betroffen, die dem Werkstattteam angehörten. Die Arbeitgeberin erklärte mit Schreiben vom 31. März 2008, ein Unterrichtungsrecht der Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung von Leitungspositionen sei nach § 95 Abs. 2 SGB IX nicht generell anzuerkennen. Die Besetzung einer Leitungsposition berühre grundsätzlich nicht die Interessen der schwerbehinderten Menschen in spezifischer Weise. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn auch schwerbehinderte Bewerber zu berücksichtigen seien oder sonstige Aspekte eine Benachteiligung schwerbehinderter Menschen konkret befürchten ließen.

4

Die Schwerbehindertenvertretung ist der Ansicht, sie habe aus § 95 Abs. 2 SGB IX Unterrichtungs- und Anhörungsrechte bei der Entscheidung über die Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion, wenn diesen Stellen mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet sei. Die Beteiligungsrechte aus § 95 Abs. 2 SGB IX bestünden schon dann, wenn sich die Personalmaßnahme in irgendeiner Weise auf die Situation schwerbehinderter Menschen auswirke. Die Schwerbehindertenvertretung habe ihre Rechte auch dann wahrzunehmen, wenn die Besetzung gleiche Auswirkungen auf nicht schwerbehinderte Beschäftigte habe. Gerade die Besetzung von Leitungspositionen könne zumindest mittelbare Folgen für schwerbehinderte Beschäftigte haben.

5

Die Schwerbehindertenvertretung hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vor der Entscheidung zur Besetzung einer Stelle mit Personalleitungsfunktion, die der Mitbestimmung des Personalrats nach § 72 LPVG unterliegt, zu unterrichten und anzuhören, soweit es um die Besetzung einer Stelle geht, der bezüglich der Personalleitungsfunktion mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet ist.

6

Der Beteiligte zu 2. hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er meint, die Besetzung einer Leitungsposition berühre die Angelegenheiten der dieser Stelle zugeordneten schwerbehinderten Menschen nicht iSv. § 95 Abs. 2 SGB IX. Die Vorschrift unterscheide Angelegenheiten, die unmittelbar oder mittelbar die Situation schwerbehinderter Menschen beträfen, von Angelegenheiten, die alle Beschäftigten gleichermaßen angingen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Anträge der Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung nach Klarstellung des Antrags zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schwerbehindertenvertretung ihren Antrag weiter.

8

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

9

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

10

1. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Antrag auf verschiedene Fallgestaltungen der Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion im Dezernat 9 bezieht, denen schwerbehinderte Beschäftigte zugeordnet sind. Er erfasst alle denkbaren Konstellationen und lässt deshalb nichts unbestimmt. Die Frage, ob die geltend gemachten Unterrichtungs- und Anhörungsrechte in allen vom Antrag erfassten Fallgestaltungen bestehen, stellt sich erst bei der Prüfung, ob der Antrag begründet ist (vgl. BAG 7. April 2004 - 7 ABR 35/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 110, 146; siehe zur Prüfung eines sog. Globalantrags in der Begründetheit auch Senat 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 32, EzA GewO § 106 Nr. 4).

11

2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse besteht. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung von Stellen mit Vorgesetztenfunktion gegenüber mindestens einem schwerbehinderten Menschen zu unterrichten und anzuhören ist. Der Antrag ist geeignet, diese Streitfrage zwischen den Beteiligten zu klären.

12

II. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt. Der Beteiligte zu 2. ist nicht verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung vor jeder Entscheidung über die Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion gegenüber mindestens einem schwerbehinderten Menschen im Dezernat 9 zu unterrichten und anzuhören. Bei solchen Stellenbesetzungen handelt es sich nicht in allen Fällen um Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Dem Antrag kann auch nicht mit Einschränkungen stattgegeben werden.

13

1. Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Wird eine Stelle mit Personalführungsfunktion besetzt, muss die Schwerbehindertenvertretung nach dieser Vorschrift beteiligt werden, wenn sich entweder ein schwerbehinderter Mensch um die Stelle bewirbt oder die Aufgabe besondere schwerbehinderungsspezifische Führungsanforderungen stellt. Die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung entfallen ausnahmsweise, wenn die Angelegenheit die Belange schwerbehinderter oder ihnen gleichgestellter behinderter Menschen (§ 68 Abs. 1 SGB IX) in keiner anderen Weise berührt als nicht schwerbehinderte Beschäftigte. Für dieses einschränkende Verständnis sprechen Wortlaut, Zusammenhang und Zweck des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX(im Ergebnis ebenso Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 95 Rn. 30 f.; Esser/Isenhardt in jurisPK-SGB IX § 95 Rn. 17; Masuch in Hauck/Noftz SGB IX Stand Mai 2010 § 95 Rn. 28; vgl. auch Diekmann br 2003, 142; aA Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 95 Rn. 10: mittelbarer Zusammenhang mit bloßer Auswirkung und Ausstrahlung auf einen oder mehrere schwerbehinderte Menschen reicht aus; ähnlich Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 95 Rn. 15).

14

a) „Angelegenheiten“ iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind ua. personelle Einzelmaßnahmen wie Einstellungen, Versetzungen, Ein- oder Umgruppierungen, Abmahnungen und Kündigungen. Das Wort „berühren“ ist mit „betreffen“ gleichzusetzen (vgl. nur Duden Das Synonymwörterbuch 4. Aufl. S. 194). Nach der gesetzlichen Formulierung besteht ein Unterrichtungs- und Anhörungsrecht daher nicht, wenn sich eine Angelegenheit in gleicher Weise auf alle Beschäftigten auswirkt, unabhängig davon, ob sie schwerbehindert sind oder nicht. Die gleiche Mitbetroffenheit „berührt“ weder den einzelnen schwerbehinderten Menschen noch die schwerbehinderten Menschen als Gruppe.

15

b) Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem Gesetzeszusammenhang und -zweck.

16

aa) § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist Teil des in § 99 Abs. 1 SGB IX verankerten Grundsatzes der engen Zusammenarbeit von Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung und Betriebs- oder Personalrat, um die Teilhabechancen schwerbehinderter Menschen sicherzustellen. Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung ist es nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb oder die Dienststelle zu fördern. Sie hat die Interessen der schwerbehinderten Menschen zu vertreten und ihnen beratend und helfend zur Seite zu stehen.

17

bb) Sinn der Unterrichtungs- und Anhörungspflicht aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist es zu vermeiden, dass eine Entscheidung des Arbeitgebers die Belange einzelner schwerbehinderter Menschen oder das gemeinsame Gruppeninteresse beeinträchtigt. Die Schwerbehindertenvertretung soll als Sondervertretung, die für die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zuständig ist (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX),an der Willensbildung des Arbeitgebers mitwirken. Sie soll Gelegenheit haben, den Arbeitgeber aus ihrer fachlichen Sicht auf mögliche, ggf. nicht bedachte Auswirkungen seiner Entscheidung hinzuweisen (vgl. Düwell in LPK-SGB IX § 95 Rn. 30). Die Unterrichtungs- und Anhörungsrechte sollen es ihr ermöglichen, auf eine sachdienliche Behandlung hinzuwirken, wenn die Belange eines schwerbehinderten Menschen oder schwerbehinderter Beschäftigter als Kollektiv für die Entscheidung des Arbeitgebers erheblich sind.

18

cc) Ziel der gesetzlichen Regelungen in § 99 Abs. 1 und § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist es demnach, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen und gleiche Teilhabechancen zu eröffnen. Die spezifischen Belange einzelner schwerbehinderter Menschen oder der schwerbehinderten Menschen als Kollektiv sollen gewahrt werden. Kann sich eine Angelegenheit gleichmäßig und unabhängig von einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung auf alle Beschäftigten oder mehrere Beschäftigte auswirken, braucht der einzelne schwerbehinderte Mensch keine Beratung oder helfende Unterstützung. Auch das kollektive Gruppeninteresse an der Erfüllung der Eingliederungs- oder Interessenvertretungsaufgabe muss durch die Schwerbehindertenvertretung nicht gesondert wahrgenommen werden. Die Vertretung allgemeiner Arbeitnehmerinteressen ist durch das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat oder durch die Personalvertretungsgesetze dem Personalrat zugewiesen (vgl. Düwell in LPK-SGB IX § 95 Rn. 31).

19

2. Die geltend gemachten Unterrichtungs- und Anhörungsrechte stehen der Schwerbehindertenvertretung nach diesen Grundsätzen hier nicht zu.

20

a) Das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX besteht, wenn sich ein schwerbehinderter oder gleichgestellter behinderter Mensch um eine Stelle mit Personalführungsfunktion bewirbt. Es handelt sich dann um eine Angelegenheit, die den Bewerber als einzelnen schwerbehinderten Menschen berührt. Die rechtliche und tatsächliche Stellung dieses Bewerbers ist anders als die eines nicht behinderten Bewerbers betroffen. Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX soll er zum Schutz vor Benachteiligung im Bewerbungsverfahren durch die Schwerbehindertenvertretung unterstützt werden. Diese Hilfestellung hat der Gesetzgeber in § 81 Abs. 1 Satz 4, 7, 8 und 9 iVm. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX über das gewöhnliche Maß des Unterrichtungs- und Anhörungserfordernisses hinaus ausgestaltet.

21

b) Ist der zu besetzenden Führungsposition mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet, kann es sich um eine Angelegenheit handeln, die die Belange der schwerbehinderten Menschen als Gruppe in spezifischer Weise betrifft. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Sowohl die schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen als auch die nicht schwerbehinderten Beschäftigten müssen sich auf einen neuen Vorgesetzten einstellen. Angesichts der vielfältigen Gründe, aus denen ein Mensch schwerbehindert sein kann, werden die schwerbehinderten Beschäftigten durch die Besetzung nicht zwangsläufig anders betroffen als ihre nicht schwerbehinderten Kollegen. Nicht jede Vorgesetztenweisung iSv. § 106 Satz 1 GewO ist schwerbehinderungsspezifisch, zumal § 106 Satz 3 GewO für die Ermessensausübung nicht Rücksicht auf Schwerbehinderungen, sondern auf jegliche Behinderungen vorgibt. Besonderheiten, die zB darin bestehen können, dass es zu den Aufgaben der Führungskraft gehört, Arbeitsplätze nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX behinderungsgerecht zu gestalten, sind von der Schwerbehindertenvertretung nicht vorgebracht und auch aus dem Ergebnis der Anhörung nicht ersichtlich.

22

3. Dem Antrag der Schwerbehindertenvertretung, der als Globalantrag zu verstehen ist, kann auch nicht mit Einschränkungen stattgegeben werden. Der Antrag ist nur begründet, wenn die geltend gemachten Unterrichtungs- und Anhörungsrechte in allen vom Antrag erfassten Fallkonstellationen bestehen. Sonst ist der Antrag insgesamt als unbegründet abzuweisen. Der Senat darf nicht feststellen, dass Unterrichtungs- und Anhörungspflichten unter einschränkenden Voraussetzungen gegeben sind. Ein solcher Ausspruch hielte sich nicht mehr im Rahmen des Antrags (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Er spräche nicht weniger zu als beantragt, sondern etwas anderes (vgl. BAG 7. April 2004 - 7 ABR 35/03 - zu B II 3 b der Gründe, BAGE 110, 146).

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bruse    

        

    Starke    

                 

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 8. April 2009 - 8 TaBV 113/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über Unterrichtungs- und Anhörungsrechte der Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion.

2

Die Arbeitgeberin ist ein Landschaftsverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie erklärte das Dezernat 9 - Kultur und Umwelt - ab dem Jahr 2004 auf der Grundlage von § 1 Abs. 3 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen(LPVG) zu einer selbständigen Dienststelle. Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1. ist die 2006 für das Dezernat 9 gewählte Schwerbehindertenvertretung. Der Beteiligte zu 2. ist der Direktor des Landschaftsverbands.

3

Die Arbeitgeberin wollte in einem Amt für Denkmalpflege, das dem Dezernat 9 zugeordnet ist, die Stelle der „Leitung des Werkstattteams“ besetzen. Am 3. Dezember 2007 fand ein Vorstellungsgespräch statt, an dem zwei nicht schwerbehinderte Bewerber teilnahmen. Die Schwerbehindertenvertretung wurde an dem Vorstellungsgespräch nicht beteiligt. Sie wurde auch nicht über das Gespräch informiert. Die Schwerbehindertenvertretung forderte die Arbeitgeberin unter dem 13. Dezember 2007 auf, sie nach § 95 SGB IX an der Stellenbesetzung zu beteiligen. Von der Personalmaßnahme seien mittelbar zwei schwerbehinderte Menschen betroffen, die dem Werkstattteam angehörten. Die Arbeitgeberin erklärte mit Schreiben vom 31. März 2008, ein Unterrichtungsrecht der Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung von Leitungspositionen sei nach § 95 Abs. 2 SGB IX nicht generell anzuerkennen. Die Besetzung einer Leitungsposition berühre grundsätzlich nicht die Interessen der schwerbehinderten Menschen in spezifischer Weise. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn auch schwerbehinderte Bewerber zu berücksichtigen seien oder sonstige Aspekte eine Benachteiligung schwerbehinderter Menschen konkret befürchten ließen.

4

Die Schwerbehindertenvertretung ist der Ansicht, sie habe aus § 95 Abs. 2 SGB IX Unterrichtungs- und Anhörungsrechte bei der Entscheidung über die Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion, wenn diesen Stellen mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet sei. Die Beteiligungsrechte aus § 95 Abs. 2 SGB IX bestünden schon dann, wenn sich die Personalmaßnahme in irgendeiner Weise auf die Situation schwerbehinderter Menschen auswirke. Die Schwerbehindertenvertretung habe ihre Rechte auch dann wahrzunehmen, wenn die Besetzung gleiche Auswirkungen auf nicht schwerbehinderte Beschäftigte habe. Gerade die Besetzung von Leitungspositionen könne zumindest mittelbare Folgen für schwerbehinderte Beschäftigte haben.

5

Die Schwerbehindertenvertretung hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vor der Entscheidung zur Besetzung einer Stelle mit Personalleitungsfunktion, die der Mitbestimmung des Personalrats nach § 72 LPVG unterliegt, zu unterrichten und anzuhören, soweit es um die Besetzung einer Stelle geht, der bezüglich der Personalleitungsfunktion mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet ist.

6

Der Beteiligte zu 2. hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er meint, die Besetzung einer Leitungsposition berühre die Angelegenheiten der dieser Stelle zugeordneten schwerbehinderten Menschen nicht iSv. § 95 Abs. 2 SGB IX. Die Vorschrift unterscheide Angelegenheiten, die unmittelbar oder mittelbar die Situation schwerbehinderter Menschen beträfen, von Angelegenheiten, die alle Beschäftigten gleichermaßen angingen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Anträge der Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung nach Klarstellung des Antrags zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schwerbehindertenvertretung ihren Antrag weiter.

8

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

9

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

10

1. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Antrag auf verschiedene Fallgestaltungen der Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion im Dezernat 9 bezieht, denen schwerbehinderte Beschäftigte zugeordnet sind. Er erfasst alle denkbaren Konstellationen und lässt deshalb nichts unbestimmt. Die Frage, ob die geltend gemachten Unterrichtungs- und Anhörungsrechte in allen vom Antrag erfassten Fallgestaltungen bestehen, stellt sich erst bei der Prüfung, ob der Antrag begründet ist (vgl. BAG 7. April 2004 - 7 ABR 35/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 110, 146; siehe zur Prüfung eines sog. Globalantrags in der Begründetheit auch Senat 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 32, EzA GewO § 106 Nr. 4).

11

2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse besteht. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung von Stellen mit Vorgesetztenfunktion gegenüber mindestens einem schwerbehinderten Menschen zu unterrichten und anzuhören ist. Der Antrag ist geeignet, diese Streitfrage zwischen den Beteiligten zu klären.

12

II. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt. Der Beteiligte zu 2. ist nicht verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung vor jeder Entscheidung über die Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion gegenüber mindestens einem schwerbehinderten Menschen im Dezernat 9 zu unterrichten und anzuhören. Bei solchen Stellenbesetzungen handelt es sich nicht in allen Fällen um Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Dem Antrag kann auch nicht mit Einschränkungen stattgegeben werden.

13

1. Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Wird eine Stelle mit Personalführungsfunktion besetzt, muss die Schwerbehindertenvertretung nach dieser Vorschrift beteiligt werden, wenn sich entweder ein schwerbehinderter Mensch um die Stelle bewirbt oder die Aufgabe besondere schwerbehinderungsspezifische Führungsanforderungen stellt. Die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung entfallen ausnahmsweise, wenn die Angelegenheit die Belange schwerbehinderter oder ihnen gleichgestellter behinderter Menschen (§ 68 Abs. 1 SGB IX) in keiner anderen Weise berührt als nicht schwerbehinderte Beschäftigte. Für dieses einschränkende Verständnis sprechen Wortlaut, Zusammenhang und Zweck des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX(im Ergebnis ebenso Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 95 Rn. 30 f.; Esser/Isenhardt in jurisPK-SGB IX § 95 Rn. 17; Masuch in Hauck/Noftz SGB IX Stand Mai 2010 § 95 Rn. 28; vgl. auch Diekmann br 2003, 142; aA Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 95 Rn. 10: mittelbarer Zusammenhang mit bloßer Auswirkung und Ausstrahlung auf einen oder mehrere schwerbehinderte Menschen reicht aus; ähnlich Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 95 Rn. 15).

14

a) „Angelegenheiten“ iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind ua. personelle Einzelmaßnahmen wie Einstellungen, Versetzungen, Ein- oder Umgruppierungen, Abmahnungen und Kündigungen. Das Wort „berühren“ ist mit „betreffen“ gleichzusetzen (vgl. nur Duden Das Synonymwörterbuch 4. Aufl. S. 194). Nach der gesetzlichen Formulierung besteht ein Unterrichtungs- und Anhörungsrecht daher nicht, wenn sich eine Angelegenheit in gleicher Weise auf alle Beschäftigten auswirkt, unabhängig davon, ob sie schwerbehindert sind oder nicht. Die gleiche Mitbetroffenheit „berührt“ weder den einzelnen schwerbehinderten Menschen noch die schwerbehinderten Menschen als Gruppe.

15

b) Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem Gesetzeszusammenhang und -zweck.

16

aa) § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist Teil des in § 99 Abs. 1 SGB IX verankerten Grundsatzes der engen Zusammenarbeit von Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung und Betriebs- oder Personalrat, um die Teilhabechancen schwerbehinderter Menschen sicherzustellen. Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung ist es nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb oder die Dienststelle zu fördern. Sie hat die Interessen der schwerbehinderten Menschen zu vertreten und ihnen beratend und helfend zur Seite zu stehen.

17

bb) Sinn der Unterrichtungs- und Anhörungspflicht aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist es zu vermeiden, dass eine Entscheidung des Arbeitgebers die Belange einzelner schwerbehinderter Menschen oder das gemeinsame Gruppeninteresse beeinträchtigt. Die Schwerbehindertenvertretung soll als Sondervertretung, die für die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zuständig ist (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX),an der Willensbildung des Arbeitgebers mitwirken. Sie soll Gelegenheit haben, den Arbeitgeber aus ihrer fachlichen Sicht auf mögliche, ggf. nicht bedachte Auswirkungen seiner Entscheidung hinzuweisen (vgl. Düwell in LPK-SGB IX § 95 Rn. 30). Die Unterrichtungs- und Anhörungsrechte sollen es ihr ermöglichen, auf eine sachdienliche Behandlung hinzuwirken, wenn die Belange eines schwerbehinderten Menschen oder schwerbehinderter Beschäftigter als Kollektiv für die Entscheidung des Arbeitgebers erheblich sind.

18

cc) Ziel der gesetzlichen Regelungen in § 99 Abs. 1 und § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist es demnach, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen und gleiche Teilhabechancen zu eröffnen. Die spezifischen Belange einzelner schwerbehinderter Menschen oder der schwerbehinderten Menschen als Kollektiv sollen gewahrt werden. Kann sich eine Angelegenheit gleichmäßig und unabhängig von einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung auf alle Beschäftigten oder mehrere Beschäftigte auswirken, braucht der einzelne schwerbehinderte Mensch keine Beratung oder helfende Unterstützung. Auch das kollektive Gruppeninteresse an der Erfüllung der Eingliederungs- oder Interessenvertretungsaufgabe muss durch die Schwerbehindertenvertretung nicht gesondert wahrgenommen werden. Die Vertretung allgemeiner Arbeitnehmerinteressen ist durch das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat oder durch die Personalvertretungsgesetze dem Personalrat zugewiesen (vgl. Düwell in LPK-SGB IX § 95 Rn. 31).

19

2. Die geltend gemachten Unterrichtungs- und Anhörungsrechte stehen der Schwerbehindertenvertretung nach diesen Grundsätzen hier nicht zu.

20

a) Das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX besteht, wenn sich ein schwerbehinderter oder gleichgestellter behinderter Mensch um eine Stelle mit Personalführungsfunktion bewirbt. Es handelt sich dann um eine Angelegenheit, die den Bewerber als einzelnen schwerbehinderten Menschen berührt. Die rechtliche und tatsächliche Stellung dieses Bewerbers ist anders als die eines nicht behinderten Bewerbers betroffen. Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX soll er zum Schutz vor Benachteiligung im Bewerbungsverfahren durch die Schwerbehindertenvertretung unterstützt werden. Diese Hilfestellung hat der Gesetzgeber in § 81 Abs. 1 Satz 4, 7, 8 und 9 iVm. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX über das gewöhnliche Maß des Unterrichtungs- und Anhörungserfordernisses hinaus ausgestaltet.

21

b) Ist der zu besetzenden Führungsposition mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet, kann es sich um eine Angelegenheit handeln, die die Belange der schwerbehinderten Menschen als Gruppe in spezifischer Weise betrifft. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Sowohl die schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen als auch die nicht schwerbehinderten Beschäftigten müssen sich auf einen neuen Vorgesetzten einstellen. Angesichts der vielfältigen Gründe, aus denen ein Mensch schwerbehindert sein kann, werden die schwerbehinderten Beschäftigten durch die Besetzung nicht zwangsläufig anders betroffen als ihre nicht schwerbehinderten Kollegen. Nicht jede Vorgesetztenweisung iSv. § 106 Satz 1 GewO ist schwerbehinderungsspezifisch, zumal § 106 Satz 3 GewO für die Ermessensausübung nicht Rücksicht auf Schwerbehinderungen, sondern auf jegliche Behinderungen vorgibt. Besonderheiten, die zB darin bestehen können, dass es zu den Aufgaben der Führungskraft gehört, Arbeitsplätze nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX behinderungsgerecht zu gestalten, sind von der Schwerbehindertenvertretung nicht vorgebracht und auch aus dem Ergebnis der Anhörung nicht ersichtlich.

22

3. Dem Antrag der Schwerbehindertenvertretung, der als Globalantrag zu verstehen ist, kann auch nicht mit Einschränkungen stattgegeben werden. Der Antrag ist nur begründet, wenn die geltend gemachten Unterrichtungs- und Anhörungsrechte in allen vom Antrag erfassten Fallkonstellationen bestehen. Sonst ist der Antrag insgesamt als unbegründet abzuweisen. Der Senat darf nicht feststellen, dass Unterrichtungs- und Anhörungspflichten unter einschränkenden Voraussetzungen gegeben sind. Ein solcher Ausspruch hielte sich nicht mehr im Rahmen des Antrags (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Er spräche nicht weniger zu als beantragt, sondern etwas anderes (vgl. BAG 7. April 2004 - 7 ABR 35/03 - zu B II 3 b der Gründe, BAGE 110, 146).

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bruse    

        

    Starke    

                 

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 8. April 2009 - 8 TaBV 113/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über Unterrichtungs- und Anhörungsrechte der Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion.

2

Die Arbeitgeberin ist ein Landschaftsverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie erklärte das Dezernat 9 - Kultur und Umwelt - ab dem Jahr 2004 auf der Grundlage von § 1 Abs. 3 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen(LPVG) zu einer selbständigen Dienststelle. Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1. ist die 2006 für das Dezernat 9 gewählte Schwerbehindertenvertretung. Der Beteiligte zu 2. ist der Direktor des Landschaftsverbands.

3

Die Arbeitgeberin wollte in einem Amt für Denkmalpflege, das dem Dezernat 9 zugeordnet ist, die Stelle der „Leitung des Werkstattteams“ besetzen. Am 3. Dezember 2007 fand ein Vorstellungsgespräch statt, an dem zwei nicht schwerbehinderte Bewerber teilnahmen. Die Schwerbehindertenvertretung wurde an dem Vorstellungsgespräch nicht beteiligt. Sie wurde auch nicht über das Gespräch informiert. Die Schwerbehindertenvertretung forderte die Arbeitgeberin unter dem 13. Dezember 2007 auf, sie nach § 95 SGB IX an der Stellenbesetzung zu beteiligen. Von der Personalmaßnahme seien mittelbar zwei schwerbehinderte Menschen betroffen, die dem Werkstattteam angehörten. Die Arbeitgeberin erklärte mit Schreiben vom 31. März 2008, ein Unterrichtungsrecht der Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung von Leitungspositionen sei nach § 95 Abs. 2 SGB IX nicht generell anzuerkennen. Die Besetzung einer Leitungsposition berühre grundsätzlich nicht die Interessen der schwerbehinderten Menschen in spezifischer Weise. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn auch schwerbehinderte Bewerber zu berücksichtigen seien oder sonstige Aspekte eine Benachteiligung schwerbehinderter Menschen konkret befürchten ließen.

4

Die Schwerbehindertenvertretung ist der Ansicht, sie habe aus § 95 Abs. 2 SGB IX Unterrichtungs- und Anhörungsrechte bei der Entscheidung über die Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion, wenn diesen Stellen mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet sei. Die Beteiligungsrechte aus § 95 Abs. 2 SGB IX bestünden schon dann, wenn sich die Personalmaßnahme in irgendeiner Weise auf die Situation schwerbehinderter Menschen auswirke. Die Schwerbehindertenvertretung habe ihre Rechte auch dann wahrzunehmen, wenn die Besetzung gleiche Auswirkungen auf nicht schwerbehinderte Beschäftigte habe. Gerade die Besetzung von Leitungspositionen könne zumindest mittelbare Folgen für schwerbehinderte Beschäftigte haben.

5

Die Schwerbehindertenvertretung hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vor der Entscheidung zur Besetzung einer Stelle mit Personalleitungsfunktion, die der Mitbestimmung des Personalrats nach § 72 LPVG unterliegt, zu unterrichten und anzuhören, soweit es um die Besetzung einer Stelle geht, der bezüglich der Personalleitungsfunktion mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet ist.

6

Der Beteiligte zu 2. hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er meint, die Besetzung einer Leitungsposition berühre die Angelegenheiten der dieser Stelle zugeordneten schwerbehinderten Menschen nicht iSv. § 95 Abs. 2 SGB IX. Die Vorschrift unterscheide Angelegenheiten, die unmittelbar oder mittelbar die Situation schwerbehinderter Menschen beträfen, von Angelegenheiten, die alle Beschäftigten gleichermaßen angingen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Anträge der Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung nach Klarstellung des Antrags zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schwerbehindertenvertretung ihren Antrag weiter.

8

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

9

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

10

1. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Antrag auf verschiedene Fallgestaltungen der Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion im Dezernat 9 bezieht, denen schwerbehinderte Beschäftigte zugeordnet sind. Er erfasst alle denkbaren Konstellationen und lässt deshalb nichts unbestimmt. Die Frage, ob die geltend gemachten Unterrichtungs- und Anhörungsrechte in allen vom Antrag erfassten Fallgestaltungen bestehen, stellt sich erst bei der Prüfung, ob der Antrag begründet ist (vgl. BAG 7. April 2004 - 7 ABR 35/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 110, 146; siehe zur Prüfung eines sog. Globalantrags in der Begründetheit auch Senat 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 32, EzA GewO § 106 Nr. 4).

11

2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse besteht. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung von Stellen mit Vorgesetztenfunktion gegenüber mindestens einem schwerbehinderten Menschen zu unterrichten und anzuhören ist. Der Antrag ist geeignet, diese Streitfrage zwischen den Beteiligten zu klären.

12

II. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt. Der Beteiligte zu 2. ist nicht verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung vor jeder Entscheidung über die Besetzung von Stellen mit Personalführungsfunktion gegenüber mindestens einem schwerbehinderten Menschen im Dezernat 9 zu unterrichten und anzuhören. Bei solchen Stellenbesetzungen handelt es sich nicht in allen Fällen um Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Dem Antrag kann auch nicht mit Einschränkungen stattgegeben werden.

13

1. Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Wird eine Stelle mit Personalführungsfunktion besetzt, muss die Schwerbehindertenvertretung nach dieser Vorschrift beteiligt werden, wenn sich entweder ein schwerbehinderter Mensch um die Stelle bewirbt oder die Aufgabe besondere schwerbehinderungsspezifische Führungsanforderungen stellt. Die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung entfallen ausnahmsweise, wenn die Angelegenheit die Belange schwerbehinderter oder ihnen gleichgestellter behinderter Menschen (§ 68 Abs. 1 SGB IX) in keiner anderen Weise berührt als nicht schwerbehinderte Beschäftigte. Für dieses einschränkende Verständnis sprechen Wortlaut, Zusammenhang und Zweck des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX(im Ergebnis ebenso Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 95 Rn. 30 f.; Esser/Isenhardt in jurisPK-SGB IX § 95 Rn. 17; Masuch in Hauck/Noftz SGB IX Stand Mai 2010 § 95 Rn. 28; vgl. auch Diekmann br 2003, 142; aA Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 95 Rn. 10: mittelbarer Zusammenhang mit bloßer Auswirkung und Ausstrahlung auf einen oder mehrere schwerbehinderte Menschen reicht aus; ähnlich Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 95 Rn. 15).

14

a) „Angelegenheiten“ iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind ua. personelle Einzelmaßnahmen wie Einstellungen, Versetzungen, Ein- oder Umgruppierungen, Abmahnungen und Kündigungen. Das Wort „berühren“ ist mit „betreffen“ gleichzusetzen (vgl. nur Duden Das Synonymwörterbuch 4. Aufl. S. 194). Nach der gesetzlichen Formulierung besteht ein Unterrichtungs- und Anhörungsrecht daher nicht, wenn sich eine Angelegenheit in gleicher Weise auf alle Beschäftigten auswirkt, unabhängig davon, ob sie schwerbehindert sind oder nicht. Die gleiche Mitbetroffenheit „berührt“ weder den einzelnen schwerbehinderten Menschen noch die schwerbehinderten Menschen als Gruppe.

15

b) Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem Gesetzeszusammenhang und -zweck.

16

aa) § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist Teil des in § 99 Abs. 1 SGB IX verankerten Grundsatzes der engen Zusammenarbeit von Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung und Betriebs- oder Personalrat, um die Teilhabechancen schwerbehinderter Menschen sicherzustellen. Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung ist es nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb oder die Dienststelle zu fördern. Sie hat die Interessen der schwerbehinderten Menschen zu vertreten und ihnen beratend und helfend zur Seite zu stehen.

17

bb) Sinn der Unterrichtungs- und Anhörungspflicht aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist es zu vermeiden, dass eine Entscheidung des Arbeitgebers die Belange einzelner schwerbehinderter Menschen oder das gemeinsame Gruppeninteresse beeinträchtigt. Die Schwerbehindertenvertretung soll als Sondervertretung, die für die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zuständig ist (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX),an der Willensbildung des Arbeitgebers mitwirken. Sie soll Gelegenheit haben, den Arbeitgeber aus ihrer fachlichen Sicht auf mögliche, ggf. nicht bedachte Auswirkungen seiner Entscheidung hinzuweisen (vgl. Düwell in LPK-SGB IX § 95 Rn. 30). Die Unterrichtungs- und Anhörungsrechte sollen es ihr ermöglichen, auf eine sachdienliche Behandlung hinzuwirken, wenn die Belange eines schwerbehinderten Menschen oder schwerbehinderter Beschäftigter als Kollektiv für die Entscheidung des Arbeitgebers erheblich sind.

18

cc) Ziel der gesetzlichen Regelungen in § 99 Abs. 1 und § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist es demnach, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen und gleiche Teilhabechancen zu eröffnen. Die spezifischen Belange einzelner schwerbehinderter Menschen oder der schwerbehinderten Menschen als Kollektiv sollen gewahrt werden. Kann sich eine Angelegenheit gleichmäßig und unabhängig von einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung auf alle Beschäftigten oder mehrere Beschäftigte auswirken, braucht der einzelne schwerbehinderte Mensch keine Beratung oder helfende Unterstützung. Auch das kollektive Gruppeninteresse an der Erfüllung der Eingliederungs- oder Interessenvertretungsaufgabe muss durch die Schwerbehindertenvertretung nicht gesondert wahrgenommen werden. Die Vertretung allgemeiner Arbeitnehmerinteressen ist durch das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat oder durch die Personalvertretungsgesetze dem Personalrat zugewiesen (vgl. Düwell in LPK-SGB IX § 95 Rn. 31).

19

2. Die geltend gemachten Unterrichtungs- und Anhörungsrechte stehen der Schwerbehindertenvertretung nach diesen Grundsätzen hier nicht zu.

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a) Das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX besteht, wenn sich ein schwerbehinderter oder gleichgestellter behinderter Mensch um eine Stelle mit Personalführungsfunktion bewirbt. Es handelt sich dann um eine Angelegenheit, die den Bewerber als einzelnen schwerbehinderten Menschen berührt. Die rechtliche und tatsächliche Stellung dieses Bewerbers ist anders als die eines nicht behinderten Bewerbers betroffen. Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX soll er zum Schutz vor Benachteiligung im Bewerbungsverfahren durch die Schwerbehindertenvertretung unterstützt werden. Diese Hilfestellung hat der Gesetzgeber in § 81 Abs. 1 Satz 4, 7, 8 und 9 iVm. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX über das gewöhnliche Maß des Unterrichtungs- und Anhörungserfordernisses hinaus ausgestaltet.

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b) Ist der zu besetzenden Führungsposition mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet, kann es sich um eine Angelegenheit handeln, die die Belange der schwerbehinderten Menschen als Gruppe in spezifischer Weise betrifft. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Sowohl die schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen als auch die nicht schwerbehinderten Beschäftigten müssen sich auf einen neuen Vorgesetzten einstellen. Angesichts der vielfältigen Gründe, aus denen ein Mensch schwerbehindert sein kann, werden die schwerbehinderten Beschäftigten durch die Besetzung nicht zwangsläufig anders betroffen als ihre nicht schwerbehinderten Kollegen. Nicht jede Vorgesetztenweisung iSv. § 106 Satz 1 GewO ist schwerbehinderungsspezifisch, zumal § 106 Satz 3 GewO für die Ermessensausübung nicht Rücksicht auf Schwerbehinderungen, sondern auf jegliche Behinderungen vorgibt. Besonderheiten, die zB darin bestehen können, dass es zu den Aufgaben der Führungskraft gehört, Arbeitsplätze nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX behinderungsgerecht zu gestalten, sind von der Schwerbehindertenvertretung nicht vorgebracht und auch aus dem Ergebnis der Anhörung nicht ersichtlich.

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3. Dem Antrag der Schwerbehindertenvertretung, der als Globalantrag zu verstehen ist, kann auch nicht mit Einschränkungen stattgegeben werden. Der Antrag ist nur begründet, wenn die geltend gemachten Unterrichtungs- und Anhörungsrechte in allen vom Antrag erfassten Fallkonstellationen bestehen. Sonst ist der Antrag insgesamt als unbegründet abzuweisen. Der Senat darf nicht feststellen, dass Unterrichtungs- und Anhörungspflichten unter einschränkenden Voraussetzungen gegeben sind. Ein solcher Ausspruch hielte sich nicht mehr im Rahmen des Antrags (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Er spräche nicht weniger zu als beantragt, sondern etwas anderes (vgl. BAG 7. April 2004 - 7 ABR 35/03 - zu B II 3 b der Gründe, BAGE 110, 146).

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bruse    

        

    Starke    

                 

(1) Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten Menschen mit Behinderungen im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 und 2, die wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind (wesentliche Behinderung) oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe nach § 90 erfüllt werden kann.

(2) Von einer wesentlichen Behinderung bedroht sind Menschen, bei denen der Eintritt einer wesentlichen Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

(3) Menschen mit anderen geistigen, seelischen, körperlichen oder Sinnesbeeinträchtigungen, durch die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind, können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.

(4) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Bestimmungen über die Konkretisierung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe erlassen. Bis zum Inkrafttreten einer nach Satz 1 erlassenen Rechtsverordnung gelten die §§ 1 bis 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung entsprechend.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.