Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 19. Okt. 2016 - 9 Ta 213/16
Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der die Erstattung der mit der Wahrnehmung des Gütetermins am 04.07.2016 entstandenen Reisekosten ablehnende Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 19.08.2016- 4 Ca 3228/16 - abgeändert.
Dem Kläger sind seine Fahrtkosten in Höhe von 31,50 € zu erstatten.
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G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet.
31.) Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft. Bei der Entscheidung über die Bewilligung von Reisekosten an mittellose Parteien handelt es sich nach zutreffender Ansicht nicht um eine Tätigkeit der Justizverwaltung, sondern um einen Akt der Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 1975 – IV ARZ (VZ) 29/74 –, BGHZ 64, 139-144, Rn. 5), gegen den die Beschwerde gemäß § 127 ZPO gegeben ist (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 19. August 2013– 13 Ta 213/13 –, Rn. 7, juris; Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Juni 2014 – 5 Ta 70/14 –, Rn. 5, juris).
42.) Die Beschwerde ist auch begründet. Die dem Kläger entstandenen Reisekosten sind zu erstatten. Denn der Kläger ist mittellos.
5a) Die Beurteilung der Mittellosigkeit richtet sich im vorliegenden Fall, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nach der AV des Justizministers NRW vom 26. Mai 2006 (5670 - Z. 14) - JMBl. NRW S. 145 - in der Fassung vom 30. Dezember 2013, wonach mittellosen Parteien, Beschuldigten oder anderen Beteiligten auf Antrag Mittel für die Reise zum Ort einer Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung und für die Rückreise gewährt werden können. Als „mittellos“ ist gemäß Nr. 1 AV anzusehen, wer nicht in der Lage ist, die Kosten zum Ort einer Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung und für die Rückreise aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Das ist hier der Fall. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verfügt er über keine Vermögenswerte und ausweislich des Bescheids des Jobcenters B vom 07.04.2016 bezieht der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
6b) Unerheblich ist, ob dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist und ob seine Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 1975 – IV ARZ (VZ) 29/74 –, BGHZ 64, 139-144). Denn auch in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen, kommt die AV des Justizministers zum Tragen (vgl. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 04. November 2005 – 3 Ta 201/05 –, Rn. 9, juris).
7c) Das Erstattungsgesuch des Klägers kann schließlich nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, er sei nicht mittellos, da er sich die Fahrkarte von B nach K zur Wahrnehmung des Gütetermins aus eigenen Mitteln habe beschaffen können. Denn auch dann, wenn eine Partei Reisekosten selbst ausgelegt hat, ist sie als mittellos anzusehen, wenn sie– wie hier - den Betrag nicht entbehren kann, ohne über das Maß des§ 115 ZPO hinaus belastet zu werden (Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 122 ZPO, Rn. 27).
8d) Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Fahrkarte betrug der Preis seiner Hin- und Rückfahrkarte 2. Klasse der D insgesamt31,50 € und hält sich daher im Kostenrahmen der Nr. 1.1.3 AV.
9Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Annotations
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:
- 1.
- a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge; - b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 2.
- a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist; - b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen; - 4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; - 5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.
(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.